WD 9 - 3000 - 004/20 (11. Februar 2020) © 2020 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. 1. Vorbemerkung Am 1. Juli 2019 ist die Richtlinie (EU) 2019/1158 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige und zur Aufhebung der Richtlinie 2010/18/EU des Rates (im Folgenden: Richtlinie) in Kraft getreten. Art. 4 dieser Richtlinie begründet einen Anspruch auf zehn Arbeitstage Vaterschaftsurlaub von Vätern oder nach nationalem Recht gleichgestellten Elternteilen. Gemäß Art. 20 Abs. 6 der Richtlinie können die Mitgliedsstaaten im Hinblick auf die Erfüllung der Anforderungen aus Art. 4 der Richtlinie bereits bestehende nationale Regelungen berücksichtigen, soweit die Mindestanforderungen der Richtlinie erfüllt werden. Im Folgenden soll ein Überblick über bestehende Regelungen zur Freistellung aus Anlass der Geburt erfolgen. 2. Anspruch auf Sonderurlaub aus Anlass der Geburt Ein ausdrücklich so bezeichneter Anspruch auf Sonderurlaub aus Anlass der Geburt eines Kindes bzw. Vaterschaftsurlaub besteht im deutschen Recht derzeit nicht. § 616 S. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ermöglicht die Gewährung von Sonderurlaub, wenn „der zur Dienstleistung Verpflichtete für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.“ Konkrete Gründe für die Gewährung werden nicht genannt. Eine Orientierung können aber Tarifverträge wie beispielsweise der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TvÖD) bieten. Dieser sieht in § 29 unter anderem einen Anspruch auf Sonderurlaub von einem Tag anlässlich der Niederkunft der Ehefrau oder der Lebenspartnerin im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartG) vor. Andere Vereinbarungen gewähren einen Anspruch auf Sonderurlaub auch für Unverheiratete . So sieht die Verordnung über den Sonderurlaub für Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte sowie für Richterinnen und Richter des Bundes (Sonderurlaubsverordnung - SUrlV) einen Anspruch auf Sonderurlaub von einem Tag anlässlich der Niederkunft der Ehefrau, der Lebenspartnerin oder der mit der Beamtin oder dem Beamten in ehe- oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebenden Lebensgefährtin vor. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Anspruch auf Urlaub und Elternzeit nach der Geburt eines Kindes Kurzinformation Anspruch auf Urlaub und Elternzeit nach der Geburt eines Kindes Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Auch individuelle arbeitsvertragliche Regelungen und Einzelfallvereinbarungen sind möglich. 3. Elternzeit Darüber hinaus gewähren §§ 15 ff. des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld - und Elternzeitgesetz - BEEG) einen Anspruch auf Elternzeit bis zur Vollendung des dritten Lebensjahrs des Kindes. Anspruchsberechtigt sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die mit ihrem eigenen Kind in einem Haushalt leben und dieses selbst betreuen und erziehen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1a, Nr. 2 BEEG). Die Elternzeit kann von jedem Elternteil allein oder von beiden Elternteilen gemeinsam genommen werden. Auch eine anteilige Verteilung ist möglich (§ 15 Abs. 3 BEEG). Besteht kein eigenes Sorgerecht, ist die Zustimmung des Sorgeberechtigten erforderlich (§ 15 Abs. 1 S. 2 BEEG). Mutter im rechtlichen Sinne ist die Frau, die das Kind geboren hat (§ 1591 BGB) und Vater der Ehegatte der Mutter im Zeitpunkt der Geburt oder der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist (§ 1592 BGB). Nur im Falle einer Annahme als Kind können andere Personen Eltern des Kindes im rechtlichen Sinne sein (§ 1754 BGB). Im Falle einer gleichgeschlechtlichen Beziehung ist § 15 Abs. 1 Nr. 1a, Nr. 2 BEEG auf die Partnerin der Mutter bzw. den Partner des Vaters daher in der Regel nicht anwendbar. Ein Anspruch auf Elternzeit besteht aber auch dann, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer mit einem mit dem Zweck der Annahme als Kind in den Haushalt aufgenommenem Kind oder einem Kind des Ehegatten, der Ehegattin, des Lebenspartners oder der Lebenspartnerin in einem Haushalt leben (§15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 b, Nr. 2 i.V.m. § 1 Abs. 3 S. 1 BEEG), so dass auch in gleichgeschlechtlichen Beziehungen ein Anspruch auf Elternzeit besteht. Allerdings beschränkt sich der Anspruch auf Elternzeit nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 b, Nr. 2 i.V.m. § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BEEG nach der Gesetzesbegründung auf Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes . Unverheiratete bzw. nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft mit einem Elternteil des Kindes lebende Personen haben in der Folge nur dann einen Anspruch auf Elternzeit, wenn sie selbst ebenfalls rechtlicher Elternteil des Kindes sind. Quellen: – Richtlinie (EU) 2019/1158 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige und zur Aufhebung der Richtlinie 2010/18/EU des Rates . – Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Januar 2015 (BGBl. I S. 33), zuletzt geändert durch Artikel 36 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451). – Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2911). – Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst vom 13. September 2005, zuletzt geändert durch Änderungstarifvertrag Nr. 16 vom 18. April 2018. – Sonderurlaubsverordnung vom 1. Juni 2016 (BGBl. I S. 1284), geändert durch Artikel 44 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2652). – Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes, 20. Juni 2006, BT-Drs. 16/1889. – Schrader, Daniela, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching (Hrsg.), BeckOK Arbeitsrecht, 54. Edition, Stand: 01.12.2019, Kommentierung zu § 15 BEEG. – Velikova, Silvia, in: Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath (Hrsg.), Arbeitsrecht, 4. Auflage 2017, Kommentierung zu § 15 BEEG.