AUSARBEITUNG Thema: Freiwillig Versicherte in der GKV - Fragen zur Beitragsfestsetzung für hauptberuflich selbständig Erwerbstätige Fachbereich IX Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Abschluss der Arbeit: 12. Januar 2005 Reg.-Nr.: WF IX - 221/04 Ausarbeitungen von Angehörigen der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung des einzelnen Verfassers und der Fachbereichsleitung. Die Ausarbeitungen sind dazu bestimmt, das Mitglied des Deutschen Bundestages, das sie in Auftrag gegeben hat, bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 2 - Inhaltsverzeichnis Seite 1. Beitragspflichtige Einnahmen freiwilliger Mitglieder 3 2. Beitragsverfahren 4 3. Untersuchungsgrundsatz und Beweismittel 5 4. Mitwirkung und Anzeige des Versicherten 6 5. Zeitpunkt der Einkommensüberprüfung 6 6. Aufhebung eines Beitragsbescheides 7 6.1. Allgemeines 7 6.2. Neuregelung zugunsten des Versicherten (§§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X, 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V) 8 6.3. Neuregelung zulasten des Versicherten (§§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 SGB V) 9 6.3.1. Rückwirkende Aufhebung eines Beitragsbescheides wegen Verletzung der Mitteilungspflicht (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X) 9 6.3.2. Rückwirkende Aufhebung eines Beitragsbescheides wegen nachträglicher Einkommenserzielung (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X) 11 6.4. Rückabwicklung 12 7. Beitragsbemessung unter Vorbehalt 12 8. Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt 13 - 3 - 1. Beitragspflichtige Einnahmen freiwilliger Mitglieder Für freiwillig versicherte Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgt die Beitragsbemessung nach § 240 SGB V 1, wobei die Satzung der jeweiligen Krankenkasse die beitragspflichtigen Einnahmen festlegt und sicherzustellen hat, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt (§ 240 Abs. 1 Satz und 2 SGB V). Darüber hinaus hat die Satzung der Krankenkasse mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds heranzuziehen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Nach den Erläuterungen in der Begründung zu Art. 1 § 249 Abs. 1 des Entwurfs eines Gesundheitsreform-Gesetzes (jetzt § 240 Abs. 1 SGB V) sind unter der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit alle Einnahmen und Geldmittel zu verstehen, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, ohne Rücksicht auf ihre steuerrechtliche Behandlung 2. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit freiwillig versicherter Selbständiger richtet sich nach dem Gesamteinkommen (vgl. § 16 SGB IV 3). Das Gesamteinkommen umfasst insbesondere das Arbeitseinkommen. Zum Arbeitseinkommen zählen wiederum Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Als Arbeitseinkommen ist nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der seit dem 1. Januar 1995 gültigen Fassung der steuerrechtliche Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit zu sehen, der als solcher dem Steuerbescheid entnommen werden kann. Für Selbständige ist unter Einnahmen im Sinne des § 240 SGB V also das Arbeitseinkommen nach § 15 Abs. 1 SGB IV und damit der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit zu verstehen 4. Die Beitragsbemessung aus Einnahmen, die daneben unabhängig von der selbständigen Erwerbstätigkeit erzielt werden, bleibt hiervon unberührt . 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I, S. 2477, 2482), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 15. Dezember 2004 (BGBl I, S. 3445) 2 BT-Drucksache 11/2237 S. 225 3 Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) vom 23. Dezember 1976 (BGBl I S. 3845), zuletzt geändert durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes vom 15. Dezember 2004 (BGBl I S. 3445) 4 Bundessozialgericht (BSG) vom 26. September 1996, Az: 12 RK 46/95, in: SozR 3-2500, § 240 SGB V Nr. 27 - 4 - 2. Beitragsverfahren Durch das Gesundheitsstrukturgesetz 5 hat der Gesetzgeber die Beitragsfestsetzung für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind, konkretisiert, indem er eine andere Systematik bei der Feststellung der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einführte (§ 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Zunächst gilt für diesen Personenkreis grundsätzlich der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze als beitragspflichtige Einnahme, also der Höchstbeitrag. Zu einer niedrigeren Einstufung kann es nur dann kommen, wenn durch das Mitglied geringere Einnahmen nachgewiesen werden, wobei selbst bei Nachweis niedrigerer Einnahmen oder Negativeinkünfte mindestens der 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße für die Beitragsbemessung maßgebend bleibt 6; ein Unterschreiten dieser Grenze ist also nicht möglich. Hauptberuflich Selbständige haben demnach von vornherein ohne Prüfung der beitragspflichtigen Einnahmen den Höchstbeitrag zu zahlen, es sei denn, niedrigere beitragspflichtige Einnahmen werden nachgewiesen. In der Ausschussbegründung zu § 240 Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB V 7 heißt es dazu: „Wenn ein Selbständiger die Beitragsbemessung auf der Grundlage der vollen Beitragsbemessungsgrenze nicht akzeptieren möchte, hat er entsprechende Nachweise, z.B. durch Vorlage des Einkommensteuerbescheides, zu führen. Beitragskorrekturen für die Vergangenheit können allerdings nicht vorgenommen werden, weil die Krankenkassen die Einnahmen sonst nicht verlässlich vorausschätzen können“. Die Krankenkassen haben im Rahmen ihrer Beratungs- und Belehrungspflicht den Versicherten darüber aufzuklären, dass durch den Nachweis niedrigerer Einnahmen der Versicherungsbeitrag reduziert werden kann. In der Vergangenheit bestanden erhebliche Meinungsunterschiede darüber, ob Krankenkassen im Rahmen der Beitragsfestsetzung berechtigt sind, einen Steuerbescheid des Finanzamtes vom Mitglied fordern zu dürfen. Hierzu hat das Bundessozialgericht 8 klärend festgestellt, dass für die Beitragsbemessung hauptberuflich Selbständiger außer dem am Einkommensteuerrecht ausgerichteten Arbeitseinkommen derzeit kein gesetzlich oder anderweitig geregeltes System der Einkommensermittlung zur Verfügung steht, das verwaltungsmäßig durchführbar wäre und ohne unzumutbare Benachteiligung dieses Personenkreises verwirklicht werden könnte. So scheide eine objektive Ermittlung des Einkommens Selbständiger ohne die Heranziehung amtlicher Unterlagen der Finanzverwaltung aus. Denn anders als den Finanzämtern stehe den Krankenkassen 5 Art. 1 Nr. 137 des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I S. 2266, 2294) 6 Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist die Mindesteinnahmen-Grenze des § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V mit dem Grundgesetz vereinbar (Urteil vom 26. September 1996, BSGE 79, 133 = SozR 3-2500, § 240 SGB V Nr. 27); das Bundesverfassungsgericht hat dies bestätigt (Beschluss vom 22. Mai 2001 1 BvL 4/96, BVerfGE 103, 392 = SozR 3-2500, § 240 SGB V Nr. 39) 7 BT-Drucksache 12/3937, S. 17 8 Urteil vom 26. September 1996 - 12 RK 46/95, in: SozR 3-2500, § 240 SGB V Nr. 27 - 5 - weder rechtlich noch organisatorisch ein Instrumentarium zur Verfügung, das sie in die Lage versetze, die Höhe der Einnahmen der Versicherten aus selbständiger Tätigkeit festzustellen. Folglich seien die Krankenkassen beim Nachweis der Einnahmen freiwillig versicherter Selbständiger nicht nur auf deren Angaben, sondern vor allem auf die von ihnen vorgelegten amtlichen Unterlagen, insbesondere die Einkommensteuerbescheide der Finanzämter, angewiesen. Sofern also niedrigere Beiträge geltend gemacht werden, dürfen Krankenkassen nach der Rechtssprechung des Bundessozialgerichts nicht nur, sondern müssen sie vielmehr einen Steuerbescheid vom Mitglied fordern. Erklärungen eines Steuerberaters 9 zählen hingegen nicht zu den amtlichen Unterlagen, da Steuerberater ausschließlich als private Interessenvertreter des Mitglieds tätig werden . Ohnehin dürfen Krankenkassen auf den Einkommensteuerbescheid nicht zugunsten von Erklärungen des Mitglieds oder seines Beauftragten wie z.B. seines Steuerberaters verzichten. Insofern ist der Ermessensspielraum der Krankenkassen bei der Beweismittelerhebung erheblich eingeschränkt. 3. Untersuchungsgrundsatz und Beweismittel Die Krankenkassen sind verpflichtet, Ermittlungen von Amts wegen anzustellen (§ 20 Abs. 1 SGB X 10). Entsprechend diesem Untersuchungsgrundsatz haben sie unter Wahrung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung die Einkommensverhältnisse der freiwilligen Mitglieder regelmäßig und zeitnah auch im Interesse des Mitgliedes regelmäßig zu prüfen, damit die Einnahmen rechtzeitig und vollständig erhoben werden können (§ 76 Abs. 1 SGB IV). Zu den Möglichkeiten, die den Krankenkassen hierfür zur Verfügung stehen, gehört auch das Auskunftsrecht gegenüber den Finanzbehörden (§ 21 Abs. 4 SGB X). Darüber hinaus sind Finanzbehörden unter Durchbrechung des Steuergeheimnisses gegenüber den Krankenkassen ebenfalls berechtigt (§ 31 Abs. 2 AO 11), Auskünfte über Einkommens- oder Vermögensverhältnisse zu erteilen, soweit es für die Durchführung des Verwaltungsverfahrens erforderlich ist. Eigens hierfür erforderliche Ermittlungen brauchen die Finanzämter allerdings nicht anzustellen; sie greifen auf die ihnen zur Verfügung stehenden Unterlagen zurück. Zu den Finanzbehörden im Sinne des § 21 Abs. 4 SGB X zählen insbesondere die Finanzämter (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 FVG 12); nur sie werden in amtlicher Funktion tätig. 9 Gender-Hinweis: Soweit in der Ausarbeitung aus Gründen der Vereinfachung der Darstellung im Singular nur die männliche Form verwandt wird, ist selbstverständlich auch die weibliche gemeint. 10 Sozialgesetzbuch (SGB) Zehntes Buch (X) - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) i.d.F. der Neubekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl I S. 130), zuletzt geändert durch Art. 0 des Gesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl I S. 3302) 11 Abgabenordnung (AO) vom 16. März 1976 (BGBl I S. 613; 1977 I S. 269) i.d.F. der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl I S. 3866), zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl I S. 3310) 12 Gesetz über die Finanzverwaltung (FVG) vom 30. August 1971 (BGBl I S. 1426, 1427), zuletzt geändert durch Art. 19 des Gesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl I S. 3310) - 6 - 4. Mitwirkung und Anzeige des Versicherten Die Krankenkasse ist bei der Festsetzung der Bemessungsgrundlage auch auf die Mitwirkung des Mitglieds angewiesen. Daher sind Veränderungen in den Verhältnissen, die für die Feststellung der Beitragspflicht erheblich sind, vom Mitglied der Krankenkasse unverzüglich, also ohne schuldhaftes Verzögern, mitzuteilen (§ 206 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V). Ebenso hat das Mitglied auf Verlangen der Krankenkasse alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen und ggf. durch Unterlagen zu belegen. Kommt das Mitglied seinen Mitteilungspflichten nicht nach, ist der Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllt (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGB V). Weigert sich das Mitglied, seine beitragspflichtigen Einnahmen nachzuweisen, obwohl entsprechende Unterlagen vorliegen, hat das Mitglied darüber hinaus die sich daraus ergebenen Nachteile zu tragen 13. Die Festsetzung der beitragspflichtigen Einnahmen besitzt nur so lange Gültigkeit, bis ein neuer Einkommensteuerbescheid vorliegt. Eine schnelle Weiterleitung des Einkommensteuerbescheides an die Krankenkasse liegt daher auch im Interesse des Mitglieds selbst. Verringerungen der Beitragsbemessung aufgrund eines vom Mitglied geführten Nachweises können nämlich - wie bereits erwähnt - nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden (§ 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V). Mit der gesetzlichen Festschreibung dieses Grundsatzes sollte nach der Gesetzesbegründung - wie bereits dargelegt - klargestellt werden, dass rückwirkende Beitragskorrekturen zugunsten des Versicherten nicht möglich sind, weil die Krankenkassen die Einnahmen sonst nicht verlässlich vorausschätzen können 14. 5. Zeitpunkt der Einkommensüberprüfung Die Beitragsfestsetzung freiwillig selbständiger Mitglieder hat grundsätzlich nach den aktuellen Einnahmen zu erfolgen. Demnach müsste die Krankenkasse Verwaltungsverfahren zur Ermittlung der Einkommensverhältnisse laufend durchführen, ggf. Monat für Monat. Dies wäre unökonomisch und verwaltungspraktisch nicht umsetzbar; der Aufwand wäre unangemessen hoch. Dennoch muss unabhängig von der bestehenden Mitteilungspflicht des Mitglieds (§ 206 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V) von der Krankenkasse zumindest in einem angemessenen Zeitraum eine Einkommensüberprüfung durchgeführt werden. Allgemein durchgesetzt hat sich in der Verwaltungspraxis eine im jährlichen Abstand durchgeführte Überprüfung 15. Der Einkommensteuerbescheid ergeht naturgemäß immer nachträglich und damit zeitlich verzögert. Dennoch hat die Krankenkasse von dem für die zurückliegende Zeit 13 BSG vom 9. Februar 1993 - 12 RK 69/92, in: SozR 3-2500, § 240 SGB V Nr. 14 14 BT-Drucksache 12/3937 S. 17 15 Krauskopf, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung / Pflegeversicherung, Kommentar, Loseblattwerk , Stand: Mai 2004, § 240 Randnummer 41 - 7 - maßgeblichen letzten Steuerbescheid auszugehen. Damit aber fallen das tatsächliche Einkommen des laufenden Jahres und das vom letzten Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Einkommen häufig auseinander. Insofern hinkt die Beitragsbemessung der tatsächlichen Einkommensentwicklung hinterher. Das ist - nicht zuletzt wegen der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 26. September 1996 16 - in Kauf zu nehmen , bedeutet aber nicht, dass eine Korrektur der aktuellen Beitragsfestsetzung bzw. eine Neubestimmung des Beitrags nicht erfolgen darf 17. 6. Aufhebung eines Beitragsbescheides 6.1. Allgemeines Nachfolgend soll der Frage nachgegangen werden, unter welchen Voraussetzungen die Krankenkasse die rechtliche Befugnis hat, einen Beitragsbescheid für hauptberuflich selbständig Erwerbstätige mit Wirkung für die Vergangenheit oder die Zukunft aufzuheben , wenn und soweit in den tatsächlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Auszugehen ist dabei von der Feststellung, dass Beitragsfestsetzungen (Beitragsbescheide) der Krankenkassen Verwaltungsakte i. S. d. § 31 SGB X sind - und zwar gleichgültig, in welcher Form sie ergehen. Soweit es sich um Bescheide handelt, die wiederkehrend zu entrichtende Beiträge (also nicht bloß eine einmalig abgegrenzte Beitragsschuld) zum Gegenstand haben , handelt es sich unstreitig auch um Verwaltungsakte mit Dauerwirkung 18. Nur um diese Art von Verwaltungsakten soll hier gehen. Unter rückwirkenden Beitragsfestsetzungen werden Bescheide verstanden, die bereits erlassene Beitragsbescheide mit Dauerwirkung aufheben und die Beitragsverpflichtung des Versicherten mit Wirkung für die Vergangenheit neu regeln. Ergibt die Neuregelung , dass in der Vergangenheit zu geringe Beiträge gezahlt worden sind, stellt sich die Frage einer Nachforderung entgangener Beiträge. Kommt es hingegen zur Feststellung einer überhöhten Beitragszahlung, muss die Erstattung der in der Vergangenheit zu Unrecht eingenommenen Beiträge geprüft werden. Nicht Gegenstand der nachfolgenden Ausführungen ist mithin die Frage der Zulässigkeit einer rückwirkenden Beitragsbemessung ohne Aufhebung eines vorangegangenen Beitragsbescheides. Da deshalb davon ausgegangen werden soll, dass es sich in allen hier zu prüfenden Fällen stets um Eingriffe der Verwaltung in wirksame und ggf. bestandskräftig gewordene Beitragssatzfestsetzungen handelt, hat sich die Frage der Zulässigkeit derartiger Beitragsneuregelungen an den entsprechenden verfahrungsrechtlichen Bestimmungen der §§ 44 - 48 SGB X zu orientieren. Ganz unproblematisch ist die Anwendung dieser Normen aller- 16 12 RK 46/95, in: SozR 3-2500, § 240 SGB V Nr. 27 17 Urteil des Bundessozialgerichts vom 27. November 1984 - Az 12 RK 70/82, in: BSGE 57, 240 ff. 18 vgl. etwa Bundessozialgericht vom 26.09.1991 4 RK 5/91, in: SozR 3-3100, § 48 SGB X Nr. 13 = BSGE 69, 255 m.w.N. - 8 - dings nicht. Die gesetzgeberische Konzeption der §§ 44 - 48 SGB X ist (auch wenn in § 44 SGB X die Beitragserhebung ausdrücklich genannt wird) vornehmlich am Leistungsrecht - und dort am Rentenrecht - ausgerichtet 19, so dass die Anwendung der §§ 44 ff SGB X auf beitragsrechtliche Sachverhalte einige Schwierigkeiten bereitet. Die nachfolgende Darstellung beschränkt sich dabei auf die Fälle, in denen der Beitragsbescheid , um dessen Aufhebung es geht, zwar im Zeitpunkt seines Erlasses rechtmäßig war, durch eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse später aber rechtswidrig geworden ist (das Einkommen, das bei der Beitragsbemessung zugrunde gelegt worden ist, hat sich im nachhinein erhöht oder gemindert). Die Korrektur dieser „gewordenen“ Rechtswidrigkeit regelt § 48 SGB X 20. Diese Fallkonstellation dürfte für die Verwaltungspraxis der Krankenkassen die wohl häufigste und rechtlich bedeutsamste sein. Hier taucht zentral die Frage auf, inwieweit die Kasse mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse die Beitragsbemessung neu regeln darf. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X lässt eine rückwirkende Neuregelung von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung nur dann zu, wenn - die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X), - der Versicherte einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X), - der Versicherte Einkommen erzielt hat, das zum Wegfall oder zur Minderung „des Anspruchs“ geführt haben würde (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X), oder - der Versicherte vom Wegfall oder Ruhen „des Anspruchs“ gewusst oder grob fahrlässig nicht gewusst hat (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Ansonsten kommt nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X nur eine Neuregelung für die Zukunft in Betracht. 6.2. Neuregelung zugunsten des Versicherten (§§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X, 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V) Als rechtliche Grundlage für die rückwirkende Neuregelung eines Beitragsbescheides zugunsten eines freiwillig Versicherten, der hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist, kommt nur § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X in Betracht. Nach dieser Bestimmung scheint bei tatsächlich niedrigerem Einkommen die Korrektur des Beitragsbescheides keine Probleme zu bereiten, so dass hiernach eine Erstattung überhöhter Beiträge seitens der Krankenkasse grundsätzlich möglich sein müsste. 19 vgl. etwa Schikorski, Rückwirkende Beitragsfestsetzungen bei freiwillig Versicherten in der GKV, in: Wege zur Sozialversicherung (WzS), Zeitschrift, 1993, S. 289 (290) m.w.N. 20 vgl. etwa Schikorski, a.a.O. (s. Fn. 18) S. 294 - 9 - Anders als im Falle des Erlasses eines Zugunstenbescheides nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist die rückwirkende Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X wegen nachträglich eingetretener Unrichtigkeit des Bescheides jedoch eine Ermessensentscheidung . Hat die Krankenkasse bei Erlass des früheren Bescheides den Beitrag aufgrund des von ihr durchgeführten Amtsermittlungsverfahrens zutreffend festgesetzt und damit ursprünglich einen rechtmäßigen Bescheid erlassen, darf sie grundsätzlich mit den Einnahmen aus dieser Beitragsfestsetzung rechnen und muss sich der Versicherte auf eine Beitragszahlung in dieser Höhe auch einstellen. Eine Änderung der Beitragsfestsetzung braucht die Krankenkasse demgemäß ermessensfehlerfrei dann nur für die Zukunft vorzunehmen. Dies hatte schon das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 27. November 1984 21 entschieden und im Urteil vom 25. April 1991 22 erneut bestätigt. Es ist daher Sache des Versicherten, eine nachträglich zu seinen Ungunsten eingetretene Unrichtigkeit der Beitragsbemessung durch rechtzeitige Information der Kasse mittels entsprechenden Nachweises korrigieren zu lassen. Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber mit § 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V - wie bereits erwähnt - hinsichtlich freiwillig Versicherter, die hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind, die klare Regelung getroffen, dass Veränderungen der Beitragsbemessung aufgrund eines vom Versicherten geführten Nachweis nur zum ersten Tag des auf die Vorlage des Nachweises folgenden Monats wirksam werden können 23. Nach dieser Vorschrift ist für die hier in Rede stehende Fallgestaltung das der Krankenkasse in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X eingeräumte Ermessen auf Null reduziert. Da somit eine rückwirkende Aufhebung des Beitragsbescheides rechtlich nicht möglich ist, kommt eine Beitragserstattung nach § 26 Abs. 2 SGB IV nicht in Betracht. 6.3. Neuregelung zulasten des Versicherten (§§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 SGB V) Soweit ein tatsächlich höheres Einkommen erzielt wird als ursprünglich festgestellt, richtet sich die Beurteilung einer rückwirkenden Beitragskorrektur nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 SGB X. 6.3.1. Rückwirkende Aufhebung eines Beitragsbescheides wegen Verletzung der Mitteilungspflicht (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X) Beitragsbescheide dürfen nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X mit Rückwirkung zulasten des Beitragsschuldners wegen einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse (höheres Einkommen) aufgehoben werden, wenn der Versicherte eine rechtliche Mitteilungspflicht schuldhaft verletzt hat. 21 12 RK 70/82, in: BSGE 57, 240 ff. 22 12 RK 40/90, in: BSGE 68, 264 ff. 23 Soweit ersichtlich wird diese gesetzgeberische Entscheidung weder in der Rechtssprechung noch in der sozialrechtlichen Literatur problematisiert oder in Frage gestellt; insbesondere werden keine verfassungsrechtlichen Bedenken erhoben. - 10 - Eine Verletzung der Mitteilungspflicht im beitragsrechtlichen Bereich ist zunächst ohne weiteres in den Fällen anzunehmen, in denen die Kasse konkret vom Versicherten Auskünfte über seine Einkommensverhältnisse zum Zweck der richtigen Beitragseinstufung verlangt und der Versicherte hierauf unrichtige Angaben macht. Das Auskunftsverlangen der Kasse ist materiellrechtlich aus § 206 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V und verfahrensrechtlich durch das Amtsermittlungsprinzip nach den §§ 20, 21 SGB V begründet. Hiernach hat der Versicherte an der Aufklärung des Sachverhaltes mitzuwirken und ist der Kasse gegenüber verpflichtet, seine Angaben vollständig und richtig zu machen. Eine Verletzung dieser Pflicht würde den Tatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X erfüllen. Fraglich könnte sein, ob der Versicherte von sich aus, ohne besonders von der Kasse hierzu aufgefordert worden zu sein, eine Änderung seiner für die Beitragsbemessung wesentlichen Einkommensverhältnissen mitzuteilen hat, wenn sich hieraus eine höhere Beitragsbemessung ergäbe. Diesbezüglich ist zunächst bereits in verfahrenrechtlicher Hinsicht festzustellen, dass der Versicherte als Verfahrensbeteiligter nach § 21 Abs. 2 SGB X verpflichtet ist, ihm bekannte Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Diese Verpflichtung kann sich auch nicht allein auf konkret von der Kasse eingeleitete Amtsermittlungshandlungen (Abfragen etc.) beziehen, sondern muss für das Beitragsschuldverhältnis als solches gelten, das ja verwaltungsrechtlich ein Dauerverfahren darstellt, welches von der Kasse in Permanenz geführt und gestaltet wird. Des weiteren ist festzustellen, dass - wie bereits erwähnt - vor allem (auch) materiellrechtlich nach § 206 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V eine Verpflichtung des Versicherten besteht, von sich aus und unaufgefordert Änderungen in seinen Einkommensverhältnissen , wenn diese beitragsrelevant sind, der Kasse mitzuteilen. § 206 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V lässt sich daher als die dem § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I 24 entsprechende beitragsrechtliche Mitwirkungsbestimmung ansehen. Dass den Versicherten eine Rechtspflicht zum Tätigwerden trifft, entspricht auch allgemeinen sozialrechtlichen Grundsätzen. Diesbezüglich ist ergänzend auf folgendes hinzuweisen: Das gesamte Sozialrecht ist, wie es das SGB konzipiert hat, einerseits von einem engen und vertrauensvollen Zusammenwirken der Sozialleistungsträger untereinander geprägt, damit die zustehenden Sozialleistungen möglichst vollständig und wirksam den Anspruchsberechtigten zufließen (vgl. §§ 11 - 17, 33 SGB I). Dem korrespondieren andererseits auf Empfängerseite die erwähnten Mitwirkungs- und Auskunftspflichten nach den §§ 60 ff SGB I und § 206 SGB V. Der Grundgedanke dieses wechselseitigen Obliegenheitsgeflechts besteht darin, angesichts stets knapper Finanzmittel der Allgemeinheit (und bezüglich der Sozialversicherungsträger angesichts solidarischer Finanzie- 24 Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil (SGB I) - vom 11. Dezember 1975 (BGBl I S. 3015), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl I S. 3242) - 11 - rungsverfahren) die sozialrechtlichen Vollzüge nicht unter falschen sozialen - und damit auch beitragsrechtlichen - Voraussetzungen ablaufen zu lassen. Mit der Solidarpflicht wäre es unvereinbar, einerseits die für alle Körperschaftsmitglieder gleichen Versicherungsleistungen in Anspruch zu nehmen, andererseits den Versicherungsträger nicht auf die geänderten Grundlagen der eigenen Beitragsbemessung (als Voraussetzung der solidarischen Leistungsfinanzierung) hinzuweisen. Es ist daher im Ergebnis festzustellen, dass den Beitragspflichtigen nach § 206 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V eine selbständige Mitteilungspflicht hinsichtlich der die Beitragsbemessung beeinflussenden Verhältnisse trifft, der er unaufgefordert nachzukommen hat und deren Verletzung den objektiven Aufhebungstatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X grundsätzlich erfüllen kann. Besteht daher objektiv eine derartige selbständige Mitteilungspflicht des Versicherten, bleibt, wenn der Versicherte dieser Mitteilungspflicht nicht nachkommt, nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X die „Verschuldensfrage“ zu prüfen: war etwa dem Versicherten nicht bekannt, dass es für die Beitragsbemessung überhaupt auf seine Einkommensverhältnisse ankommt, könnte die Anwendbarkeit dieser Bestimmung, die eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung fordert, bereits ausscheiden. Eine derartige Unkenntnis dürfte aber gerade bei dem Kreis der freiwillig Versicherten in der Regel zu verneinen sein, da sie im Rahmen des vorangegangenen Beitragsfestsetzungsverfahrens zumindest auf ihre Mitteilungspflicht (§ 206 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V) hingewiesen worden sein dürften. Beitragsrelevante Einkommenserhöhungen gegenüber der letzten Beitragsfestsetzung dürften den freiwillig Versicherten nicht erst mit Erlass des neuen Steuerbescheides, sondern grundsätzlich spätestens bei der Anfertigung der Steuererklärung bekannt sein. 6.3.2. Rückwirkende Aufhebung eines Beitragsbescheides wegen nachträglicher Einkommenserzielung (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X) Die rückwirkende Aufhebung eines Beitragsbescheides wegen nachträglicher Einkommenserzielung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X scheidet aus. Nach dieser Bestimmung soll - wie bereits erwähnt - der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Da die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser auf Leistungen zugeschnittenen Regelung in Fällen unrichtig werdender Beitragsbemessungen infolge geänderter Einkommensverhältnisse schon dem Wortlaut nach nicht vorliegen, kommt allenfalls eine analoge Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X in Betracht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts 25 ist eine analoge Anwendung des § 48 Abs. 1 Nr. 3 SGB X auf das Problem 25 vgl. neuerdings Urteil vom 16. Oktober 2002 - B 10 LW 5/01 R in: SozR 3-5868, § 3 ALG Nr. 5 mit weiteren Nachweisen - 12 - unrichtig gewordener Beitragsbemessungen infolge geänderter Einkommensverhältnisse jedoch nicht zulässig, da diese Vorschrift den Zweck verfolgt, Doppelleistungen zu vermeiden, Leistungen in derartigen Fällen aber nicht im Streit stehen, so dass es sich verbietet, diese Vorschrift entsprechend anzuwenden. Eine Beitragsnachforderung auf der Grundlage des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X ist danach ausgeschlossen. 6.4. Rückabwicklung Da die rückwirkende Aufhebung eines Beitragsbescheides zugunsten eines freiwilligen Mitglieds, das hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist, nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X wegen der in § 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V getroffenen Regelung rechtlich nicht möglich ist, scheidet eine Erstattung von Beiträgen auf der Grundlage des § 26 Abs. 2 SGB IV von vornherein aus. Nach dieser Bestimmung sind zwar „zu Unrecht entrichtete Beiträge“ zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs aufgrund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat. Beiträge sind jedoch dann nicht ohne rechtlichen Grund erbracht und daher nicht nach § 26 SGB IV zu erstatten, wenn für sie eine Rechtsgrundlage in Gestalt eines wirksamen Verwaltungsaktes (Beitragsbescheides) besteht, der losgelöst von den ihm zugrunde liegenden Normen einen selbständigen Verpflichtungsgrund bildet 26. Soweit Beitragbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X zulasten des Versicherten zurückgenommen worden sind und das Beitragschuldverhältnis für die Vergangenheit durch den neuen Bescheid neu geregelt wurde, ist die nunmehr festgesetzte Beitragsschuld maßgebend. Soweit hiernach höhere Beiträge geschuldet werden, hat der Versicherte deshalb die Differenzbeträge nachzuzahlen. Analog § 50 Abs. 3 SGB X sind die nachzuzahlenden Beiträge durch schriftlichen Bescheid festzusetzen. Für diesen durch Bescheid festgestellten Nacherhebungsanspruch dürfte hinsichtlich der Verjährung der § 25 SGB IV gelten. Entstehen der Krankenkasse infolge einer Verletzung der Mitteilungspflichten des Versicherten zusätzliche Aufwendungen, kann sie nach § 206 Abs. 2 SGB V Erstattung verlangen. 7. Beitragsbemessung unter Vorbehalt Nicht immer liegt zum Zeitpunkt der Beitragsfestsetzung ein Einkommensteuerbescheid vor. Dies gilt insbesondere in der Phase der Existenzgründung. Bei erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit kann in der Regel erst nach erheblich zeitlicher Verzögerung mit der Erteilung eines Einkommensteuerbescheides gerechnet werden. Andererseits ist gerade in einer Situation finanzieller Ungewissheit das Interesse des Existenzgründers an einer möglichst günstigen Beitragsfestsetzung verständlicherweise 26 vgl. Baier, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung / Pflegeversicherung, Kommentar, Loseblattwerk , Stand: Mai 2004, § 26 SGB IV Randnr. 10 mit Nachweisen aus der Rechtssprechung des Bundessozialgerichts - 13 - besonders hoch. Für eine niedrigere Beitragseinstufung kann dann, soweit (noch) keine amtlichen Unterlagen vorliegen, ausnahmsweise auf qualifizierte und nachvollziehbare Nachweise des Steuerberaters zurückgegriffen werden. Soweit das Mitglied seine beitragspflichtigen Einnahmen glaubhaft nachweist, ist dies ebenfalls nicht zu beanstanden. Ein derartiges Verfahren wird bis zur Vorlage eines Steuerbescheides maximal 3 Jahre toleriert 27. Auch ein Vorauszahlungsbescheid des Finanzamtes als Einkommensnachweis wäre zunächst ausreichend; verlangt werden kann er aber nicht. Ebenso dürfte eine gewissenhafte Schätzung des Einkommens zulässig sein. Dies scheint schon deshalb geboten, weil Beiträge am 15. des Folgemonats in dem die selbständige Tätigkeit ausgeführt wird, fällig werden (§ 23 SGB IV). Parallel hierzu sind aufgrund der gleichwohl eingeschränkten Aussagekraft der vorgelegten Unterlagen bzw. der vorgenommenen Schätzung zusätzliche Ermittlungen der Krankenkasse bei den Finanzämtern erforderlich (§ 21 Abs. IV SGB X). Aufgrund der in der Regel aber auch dort (noch) fehlenden Unterlagen, dürften die Krankenkassen von einer derartigen Verwaltungspraxis wohl absehen. Vielmehr sollte der zu erlassene Beitragsbescheid im beiderseitigen Interesse lediglich vorläufig, also unter Vorbehalt erteilt werden 28. 8. Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt Ein Verwaltungsakt darf allerdings nur dann mit einer Nebenbestimmung versehen werden, wenn dies durch eine Rechtsvorschrift zugelassen ist oder die Nebenbestimmung sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden (§ 32 Abs. 1 SGB X). Die Bedeutung einer Nebenbestimmung zu einem Verwaltungsakt liegt vor allem darin, dass dadurch der Verwaltungsakt in seiner Bestandskraft relativiert und die Rücknahme bzw. der Widerruf erleichtert wird, insbesondere Vertrauensschutzgesichtspunkte unberücksichtigt bleiben können (§ 45 SGB X). Die hier in Frage kommende Vorschrift des § 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V bestimmt zwar, dass bei einer von Satz 2 abweichenden Beitragsbemessung das Mitglied beweispflichtig ist, sagt aber nicht, dass dies ein amtlicher Nachweis sein muss. Insofern ist ein amtlicher Nachweis nicht gesetzliche Voraussetzung für die Gültigkeit der Beitragsbemessung . Eine Nebenbestimmung in Form einer Vorbehaltsregelung ist danach weder durch Rechtsvorschrift zugelassen, noch gibt es eine gesetzliche Voraussetzung an den Beitragsbescheid, der diese Vorbehaltsregelung fordert. Auch wenn man dieser formalen Betrachtung folgt, steht diese Feststellung einem zulässigen Widerrufsvorbehalt jedoch nicht entgegen. Nach der Vorschrift des § 32 Abs. 2 Nr. 3 SGB X darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßen Ermessen mit dem Vorbehalt eines Widerrufs erlassen werden. Ob danach eine Verwaltungsentscheidung unter dem Vorbehalt eines sol- 27 vgl. Erdmann, Der Nachweis beitragspflichtiger Einnahmen freiwillig versicherter Selbständiger in der GKV, in: Die Beiträge zur Sozial- und Arbeitslosenversicherung, Spezialfachzeitschrift für das Beitragsrecht der Sozial- und Arbeitslosenversicherung, 2004, S. 1 (5) 28 vgl. Erdmann a.a.O. (wie FN 26); Bundesversicherungsamt, Tätigkeitsbericht 2000, S. 13 - 14 - chen Widerrufs steht, ist durch Auslegung zu ermitteln. Hierbei ist der objektive Empfängerhorizont heranzuziehen 29. Wenn nämlich der durchschnittlich verständige Versicherte aufgrund einer Erklärung davon ausgehen muss, dass die Krankenkasse unter bestimmten Voraussetzungen die getroffene Entscheidung aufheben und eine neue fällen wird, so ist von einem Widerrufsvorbehalt auszugehen.