Deutscher Bundestag Zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte unter besonderer Berücksichtigung der Kostenfrage Sachstand Wissenschaftliche Dienste © Deutscher Bundestag WD 9 – 3000-203/10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 – 3000-203/10 Seite 2 Zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte unter besonderer Berücksichtigung der Kostenfrage Aktenzeichen: WD 9 – 3000-203/10 Abschluss der Arbeit: Datum 25. November 2010 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 – 3000-203/10 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Chronologie und aktueller Planungs- und Umsetzungsstand zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte 4 1.1. Chronologie 4 1.2. Aktuelle Entwicklungen 5 2. Kosten der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte 6 3. Anlagenverzeichnis 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 – 3000-203/10 Seite 4 1. Chronologie und aktueller Planungs- und Umsetzungsstand zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte 1.1. Chronologie1 1. Januar 2004 Inkrafttreten des GKV-Modernierungsgesetzes (GMG), das die gesetzliche Grundlage für die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) und die Schaffung der dafür erforderlichen Infrastruktur in Deutschland bildet. 28. Oktober 2004 Einigung der gemeinsamen Selbstverwaltung und des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherheit auf das weitere Vorgehen zur Einführung der eGK. 11. Januar 2005 Unterzeichnung des Gesellschaftervertrages über die Etablierung einer Betriebsorganisation der Selbstverwaltung (gematik GmbH). 28. Juni 2005 Inkrafttreten des Gesetzes zur Organisationsstruktur der Telematik im Gesundheitswesen. 9. November 2006 Inkrafttreten der Verordnung über die Testmaßnahmen für die Einführung der eGK, mit der die Testphase durch Ersatzvornahme des Bundesministeriums für Gesundheit geregelt wird. 11. Oktober 2006 Inkrafttreten der Verordnung zur Änderung der Verordnung über Testmaßnahmen für die Einführung der eGK, mit der die Voraussetzungen für eine zügige Fortführung der Testphase geschaffen werden. Dezember 2005 Beginn der Labortests bei der gematik GmbH. Dezember 2006 Beginn der Feldtests mit Echtdaten, beginnend in ausgewählten Testregionen. 8. August 2007 Beschluss der Gesellschafterversammlung zum sogenannten „Roll-Out“ der eGK.2 1 Angaben bis zum 19. April 2010 nach Angaben des BMG, eingestellt auf: http://www.bmg.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Standardartikel/E/Glossar-Elektronische- Gesundheitskarte/Eckpunkte,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Eckpunkte.pdf (Stand 25. November 2010). 2 Hierbei handelt es sich um eine Testreihe, in der Arzt- und Zahnarztpraxen sowie Krankenhäuser mit neuen Kartenlesegeräten ausgestattet werden, die sowohl die bisherige Krankenversichertenkarte als auch die neue Gesundheitskarte einlesen können. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 – 3000-203/10 Seite 5 15. Dezember 2008 Beschluss der Gesellschafter der gematik zu einem zielgerichteten und konsolidierten Vorgehen hinsichtlich des Online-Roll-Outs, in das zunächst die Versichertenstammdaten sowie die Kommunikation zwischen den Leistungsträgern einbezogen werden. 20. August 2009 Inkrafttreten der 2. Verordnung zur Änderung der Verordnung über Testmaßnahmen für die Einführung der eGK, mit der weitere rechtliche Vorgaben zur Durchführung der Testphase festgelegt werden. 26. Oktober 2009 Unterzeichnung des Koalitionsvertrages zwischen CDU, CSU und FDP mit Festlegung des Aufbaus einer Telematikinfrastruktur und einer Bestandsaufnahme der Organisationsstrukturen für die Projektsteuerung (gematik GmbH, Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, BMG) sowie Auswertung der Erfahrungen aus den Testregionen. 19. April 2010 Festlegung der im Rahmen der Bestandsaufnahme erzielten Ergebnisse durch die Gesellschafter der gematik. 30.07.2010 Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften , mit dem die Krankenkassen unter anderem verpflichtet werden, Dienste anzubieten, mit denen die Leistungserbringer die Gültigkeit und die Aktualität der Daten bei den Krankenkassen online überprüfen und auf der eGK aktualisieren können. 10. November 2010 Beschlussfassung des Deutschen Bundestages über das Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-FinG), mit dem die gesetzlichen Krankenkassen verpflichtet werden, bis Ende 2011 die eGK an mindestens 10 % der Versicherten auszugeben. Falls dies nicht vollzogen wird, reduzieren sich nach § 4 Absatz 6, Satz 1 in der Fassung des GKV-FinG die Verwaltungsausgaben im Jahr 2012 gegenüber dem Jahr 2010 um 2 Prozent. 1.2. Aktuelle Entwicklungen Nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) haben die bisherigen Tests gezeigt , dass die eGK die Funktionen der bisherigen Krankenversichertenkarte übernehmen kann. Dies sei die entscheidende Voraussetzung für die Ausgabe von Gesundheitskarten durch die Krankenkassen.3 3 Nach BMG, Fragen und Antworten zur elektronischen Gesundheitskarte, eingestellt auf: http://www.bundesgesundheitsministerium.de/cln_160/nn_1168248/SharedDocs/Standardartikel/DE/AZ/E/Glo ssar-Elektronische-Gesundheitskarte/Fragen-Antworten.html#doc1873504bodyText1 (Stand 22. November 2010). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 – 3000-203/10 Seite 6 Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, Daniel Bahr, erklärte am 10. November 2010 im Deutschen Bundestag, dass die Bundesregierung eine Bestandsaufnahme der bisherigen Pläne für eine eGK vorgenommen habe. Im Rahmen dieser Bestandsaufnahme seien Pläne, die aufgrund des Datenschutzes und der Praktikabilität sowie aus Umsetzungsgründen kurzfristig nicht umsetzbar seien, ad acta gelegt worden. Dies betreffe ebenfalls alle Pläne, bei denen es um die Speicherung medizinischer Daten gehe. Bei der so modifizierten eGK gehe es vor allem um ein sicheres Versichertenstammdatenmanagement, also um Informationen, die derzeit auf der aktuellen Krankenversichertenkarte gespeichert seien. Die Bundesregierung greife so die Kritik von Datenschützern und Datenschutzbeauftragten an der bisherigen Versicherungskarte auf. Durch neue technische Standards der neuen Versicherungskarte könne ein Missbrauch der Versicherungskarte eingedämmt werden. Weiterhin sei geplant, eine sichere Arzt-zu-Arzt- Kommunikation aufzubauen. Diese Kommunikation solle im Zuge der Einführung der eGK verbessert und eine sichere Datenübermittlung gewährleistet werden.4 2. Kosten der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte Zuständig für die Einführung eGK sind gemäß § 291a Absatz 7 SGBV die Organisationen der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, die auch die Kosten der Einführung und des Betriebes zu tragen haben. Im Jahr 2004 wurde von den Organisationen der Selbstverwaltung daher ein Planungsauftrag vergeben. Darin werden die Kosten für den Aufbau der Telematikinfrastruktur, zu der insbesondere auch die eGK zählt, nach Angaben des BMG auf bis zu 1,4 Mrd. Euro beziffert . Die Betriebskosten für das erste Jahr nach der Einführung werden mit 147,9 Mio. Euro prognostiziert . Das BMG geht davon aus, dass die Kosten für den Aufbau der Telematik-Plattform durch den Nutzen, den die von der eGK unterstützten Anwendungen ermöglichen, refinanziert werden können. Dies werde durch von der Selbstverwaltung in Auftrag gegebene Gutachten, die sich mit speziellen Kosten-Nutzen-Aspekten befasst hätten, bestätigt. Darüber hinaus werde die eGK durch die schnellere Verfügbarkeit von Notfall- und sonstigen Behandlungsdaten zu einer wesentlichen Verbesserung der Versorgungsqualität führen, die sich finanziell nur sehr schwer oder gar nicht bewerten lasse. Über die Höhe der Kosten, die mit der Einführung der eGK verbunden sind, aber auch im Hinblick auf den zu erwartenden Nutzen, werden in der Literatur divergierende Angaben gemacht, wobei bei den Berechnungen unterschiedliche Paradigmen zu Grund gelegt werden. Eine Ausarbeitung des Fachbereichs WD 9 vom 17. Juni 2010 im Zusammenhang mit den zu erwartenden Kosten beziehungsweise dem Nutzen der eGK, in der entsprechende Studien zusammengefasst werden, ist in der Anlage 1 beigefügt. Aktuellere Daten zu den Kosten der Einführung der eGK liegen nicht vor. 4 Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll 17/70, Stenographischer Bericht, 70. Sitzung, Berlin, Mittwoch 10. November 2010, TOP 1, Befragung der Bundesregierung, Thema: Strategie zur digitalen Zukunft Deutschlands, Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs im Gesundheitsministerium, Daniel Bahr, auf eine Frage der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, eingestellt auf: http://www.bundestag.de/dokumente/protokolle/plenarprotokolle/plenarprotokolle/17070.txt (Stand 23. November 2010). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 – 3000-203/10 Seite 7 3. Anlagenverzeichnis Gründler, Werner, Kosten-Nutzen-Betrachtungen zur elektronischen Gesundheitskarte, Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages, Fachbereich WD 9 (WD 9- 3000/098-10) Anlage 1 Deter, Gerhard, Schanze, Marina, Deutscher Bundestag, Aktueller Begriff 086/09, Die elektronische Gesundheitskarte, Oktober 2009. Anlage 2 Bullinger, Gyde Maria, Gerzon, Marina, Die Elektronische Gesundheitskarte, Rechtslage sowie Pro- und Contra-Argumente, Sachstand 3000-040/09 des Fachbereichs WD 9, Deutscher Bundestag , 10. März 2009. Anlage 3