Qualitätssicherung und Transparenz im Rahmen der Gesundheitsreform unter besonderer Berücksichtigung des Datenschutzes - Ausarbeitung - © 2007 Deutscher Bundestag WD 9 - 130/07 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Qualitätssicherung und Transparenz im Rahmen der Gesundheitsreform unter besonderer Berücksichtigung des Datenschutzes Ausarbeitung WD 9 – 130/07 Abschluss der Arbeit: 27. September 2007 Fachbereich WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 3 - 1. Einleitung Die folgende Ausarbeitung befasst sich mit einigen Aspekten der Qualitätssicherung und Transparenz, die im Zuge der Gesundheitsreform vorgenommen bzw. gestärkt wurden . In diesem Zusammenhang wird auch auf datenschutzrechtliche Besonderheiten eingegangen. Schließlich werden der Ausarbeitung ein paar einschlägige Aufsätze zum Thema Neue Technologien und Datenschutz beigefügt. 2. Rechtliche Grundlagen im Rahmen der Gesundheitsreform Gesundheitsreform 2000 und Fallpauschalengesetz Mit dem Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 wurde das Gesundheitssystem stärker nach den Bedürfnissen der Patienten ausgerichtet. Eine leistungsorientierte Vergütung in Krankenhäusern wurde durch das Fallpauschalengesetz vom 23. April 2004 in die Wege geleitet. Gesundheitsreform 2004 Grundlage der Gesundheitsreform bildet das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz; GMG). Dieses Gesetz besteht aus einer Sammlung von Änderungen, die an anderen Gesetzen vollzogen werden. Somit wurden die Weichen für eine Neuorientierung der medizinischen Versorgung für bessere Qualität in effizienteren Strukturen gestellt. 2.3. Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz - AVWG und das Gesetz zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetz (Vertragsarztrechtsänderungsgesetz – VÄndG) Das AVWG, das am 1. Mai 2006 in Kraft getreten ist, beinhaltet Maßnahmen zu einer sofortigen Senkung der Arzneimittelausgaben und setzt wichtige Impulse zur Stärkung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung. Das Gesetz zur Änderung des Vertragsarztrechts (Vertragsarztrechtsänderungsgesetz - VÄndG), das am 1. Januar 2007 in Kraft getreten ist, enthält zahlreiche Erleichterungen der vertrags(zahn)ärztlichen Leistungserbringung.1 1 Bundesministerium für Gesundheit. Im Internet abrufbar unter: [www.die-gesundheitsreform.de/gesetze _meilensteine/gesetze/index.html]. - 4 - 2.4. Gesundheitsreform 2007 Das „Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung“ (GKV-WSG), das am 2. Februar 2007 im Bundestag verabschiedet wurde und dem der Bundesrat am 16. Februar 2007 zugestimmt hat, ist am 1. April 2007 in Kraft getreten.2 Grundlage für dieses Gesetz sind die von der Großen Koalition am 2./3. Juli 2006 verabschiedeten Eckpunkte für eine Gesundheitsreform sowie die am 4. Oktober 2006 von den Koalitionsspitzen beschlossenen Änderungen.3 Die Gesundheitsreform 2007 beinhaltet Reformen in wesentlich vier Bereichen: • die Einführung einer Krankenversicherungspflicht für alle (ab 2009) • eine Reform der Versorgungsstrukturen und der Kassenorganisation • eine Reform der Finanzierungsordnung • eine Reform der privaten Krankenversicherung Als Ziele dieser Strukturreformen werden die Verbesserung der Versorgungsqualität, die Erhöhung der Wirtschaftlichkeit durch mehr Transparenz, einen intensiveren Wettbewerb und weniger Bürokratie sowie die Ausweitung der Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten der Versicherten formuliert. 4 3. Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen Einen wesentlichen Eckpunkt der Gesundheitsreform stellt die Sicherung der Qualität im Gesundheitswesen dar. Als Teilaspekt von Qualitätsmanagement5 bezweckt sie eine bedarfsgerechte und wirtschaftliche Patientenversorgung auf hohem Niveau. Unter dem Begriff Qualitätssicherung im medizinischen Sinne versteht man konkrete Maßnahmen, die eine gute Qualität der medizinischen Versorgung gewährleisten sollen. Vordergründig geht es darum, Arzte, Krankenhäuser und andere Leistungserbringer zur Transparenz zu verpflichten, um Vergleichbarkeit herzustellen und somit die Voraussetzung für einen Wettbewerb um Qualität zu schaffen. Zudem ist es erforderlich, Mindestanforderungen zu setzen sowie Prüfungsinstanzen einzurichten.6 2 BGBl. I 2007, S. 378. 3 AOK-Bundesverband. Im Internet abrufbar unter: [http://www.aok-bv.de/politik/reformwerkstatt/ reform2006/index.html]. 4 Bundesministerium für Gesundheit. Im Internet abrufbar unter: [http://www.die-gesundheitsreform .de/gesetze_meilensteine/gesetze/gesundheitsreform_2007/index.html]. 5 Der Begriff umfasst die Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung. 6 Redaktionsbüro Gesundheit. Ein Service des Bundesministeriums für Gesundheit. Im Internet abrufbar unter: [http://www.die-gesundheitsreform.de/glossar/az.html#ids Stichwort: Qualitätssicherung]. - 5 - 3.1. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat als übergeordnetes Gremium die Aufgabe , die Anforderungen an die Qualitätssicherung, d.h. die konkreten Anforderungen für den einzelnen Arzt oder das einzelne Krankenhaus, festzulegen.7 Im Zuge der Gesundheitsreform am 1. Juni 2004 wurde das IQWiG als eine Einrichtung der Stiftung für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen gegründet, welches im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) oder des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) tätig ist.8 Die Aufgabe dieses unabhängigen wissenschaftlichen Instituts besteht darin, den Nutzen medizinischer Leistungen für den Patienten zu untersuchen und damit mehr Transparenz zu schaffen. Dazu zählen unter anderem die Bewertung von Operations- und Diagnoseverfahren, Arzneimitteln sowie Behandlungsleitlinien . Auf der Basis der evidenzbasierten Medizin erarbeitet das IQWiG außerdem die Grundlagen für neue Disease Management Programme (DMP) - strukturierte Behandlungsprogramme für chronisch Kranke. Mithin stehen Qualität und Wirtschaftlichkeit auf dem Prüfstand. Das Institut erforscht, was therapeutisch und diagnostisch möglich bzw. zweckmäßig ist und informiert Ärzte und Patienten darüber.9 Durch die Gesundheitsreform 2007 wurde der G-BA verpflichtet künftig, sektorenübergreifende Richtlinien für die vertragsärztliche Versorgung und die Krankenhausversorgung zu erlassen. So wird der gesetzliche Anspruch gestärkt, die Anforderungen an die Qualitätssicherung möglichst einheitlich festzulegen. Sektorenbezogene Regelungen sind nur noch in dem Fall zulässig, soweit die Qualität der Versorgung nur auf diese Weise angemessen gesichert werden kann. Darüber hinaus soll der G-BA im Zusammenhang mit der Gestaltung und Durchführung der Qualitätssicherung durch ein unabhängiges wissenschaftliches Institut unterstützt werden.10 3.2. Ambulante Qualitätssicherung Mit dem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) wurden 2004 die niedergelassenen Vertragsärzte aufgefordert, ein so genanntes einrichtungsinternes Qualitätsmanagement einzuführen (§ 135a Abs. 2 SGB V). Die Rahmenvorgaben für die Gestaltung des systematischen Qualitätsmanagements für Arztpraxen wurden vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) festgelegt. Niedergelassenen Ärzten steht es frei, im Rahmen der Vorgaben des G-BA ein eigenes Qualitätsmanagement-System zu entwickeln oder aber 7 Redaktionsbüro Gesundheit. Ein Service des Bundesministeriums für Gesundheit. Im Internet abrufbar unter: [http://www.die-gesundheitsreform.de/glossar/az.html#ids Stichwort: Qualitätssicherung]. 8 Vgl. die gesetzliche Grundlagen des Instituts: §§ 139a-c, 35b SGB V. 9 IQWiG. Im Internet abrufbar unter: [http://www.iqwig.de/ueber-uns.21.html]. 10 Redaktionsbüro Gesundheit. Ein Service des Bundesministeriums für Gesundheit. Im Internet abrufbar unter: [http://www.die-gesundheitsreform.de/glossar/az.html#ids Stichwort: Qualitätssicherung]. - 6 - auf bereits ausgearbeitete Konzepte zurückzugreifen. Eine Zertifizierung von Arztpraxen ist gesetzlich nicht erforderlich. Trotzdem sind auch solche freiwilligen Bemühungen der Einrichtungen anzuerkennen, da sie nach Außen das Engagement zu mehr Qualität verdeutlichen.11 3.3. Stationäre Qualitätssicherung Zusätzlich zu den allgemeinen Forderungen des fünften Sozialgesetzbuches (SGB V), wonach die Leistungen wirksam, ausreichend, notwendig und zweckmäßig sein sowie qualitativ dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen müssen (vgl. § 137 SGB V), sind vor allem folgende Qualitätsregularien für Krankenhäuser bundesweit von Bedeutung: - Verpflichtung zu internem Qualitätsmanagement - Teilnahme an externer Qualitätssicherung - Anfertigung eines Qualitätsberichts - Erfüllung von Mindestmengen - Erfüllung anderer Strukturanforderungen Weitere Qualitätsregularien betreffen Krankenhäuser, die sich bspw. im Rahmen von Disease Management Programmen oder integrierten Versorgungsverträgen besonderen Anforderungen unterworfen haben.12 Das „Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung“ von 2007 (GKV-WSG) sieht in § 137 Richtlinien und Beschlüsse zur Qualitätssicherung vor. Danach bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss für die vertragsärztliche Versorgung und für zugelassene Krankenhäuser durch Richtlinien insbesondere 1. die verpflichtenden Maßnahmen der Qualitätssicherung […] sowie die grundsätzlichen Anforderungen an ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement und 2. Kriterien für die indikationsbezogene Notwendigkeit und Qualität der durchgeführten diagnostischen und therapeutischen Leistungen […] (vgl. § 137 Abs. 1 Nr.1 und 2 GKV-WSG). 3.3.1. Verpflichtung zu internem Qualitätsmanagement Krankenhäuser und stationäre Einrichtungen für Vorsorge und Rehabilitation sind bereits seit Inkrafttreten des Gesundheitsreformgesetzes 2000 gemäß § 135a SGB V ver- 11 Redaktionsbüro Gesundheit. Ein Service des Bundesministeriums für Gesundheit. Im Internet abrufbar unter: [http://www.die-gesundheitsreform.de/gesundheitssystem/zukunft_entwickeln/qualitaetsmanagement /pdf/grundlagen_qualitaetsmanagement.pdf]. 12 Klauber, Jürgen / Robra, Bernt-Peter / Schellschmidt, Henner (2007): Krankenhausreport 2006, Schwerpunkt: Krankenhausmarkt im Umbruch, Stuttgart, S. 188 f. - 7 - pflichtet, ein internes Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln.13 Darüber hinaus wurde festgelegt, dass Krankenhäusern, die ihren Verpflichtungen zur Qualitätssicherung nicht nachkommen, Vergütungsabschläge drohen. Krankenhäuser sind verpflichtet, ein Qualitätsmanagement einzuführen, das den Prinzipien des umfassenden Qualitätsmanagements in Krankenhäusern folgt. Dabei sollen insbesondere folgende Elemente eingeführt werden: Patientenorientierung, Mitarbeiterorientierung und –beteiligung, Verantwortung und Führung, Wirtschaftlichkeit, Prozessorientierung, Zielorientierung und Flexibilität, Fehlervermeidung und Umgang mit Fehlern, kontinuierlicher Verbesserungsprozess. Ob die Krankenhäuser bei der Einführung des internen Qualitätsmanagements ein bestimmtes Modell verfolgen, oder gar eine Zertifizierung ihres Qualitätsmanagement-Systems anstreben, bleibt diesen überlassen.14 3.3.2. Teilnahme an externer Qualitätssicherung Die bisher bedeutsamste Qualitätsregulierung für Krankenhäuser in Deutschland stellt die so genannte externe, d.h. einrichtungsübergreifende, vergleichende Qualitätssicherung dar. Zur Beteiligung an solchen Maßnahmen verpflichtete der Gesetzgeber die Krankenhäuser im Jahr 1989 (§ 137 SGB V). Da die weitere Ausgestaltung nach § 112 SGB V Vertragslösungen auf Länderebene vorbehalten war, kam es in der Folge zu unterschiedlich verbindlichen und umfassenden Programmen der externen Qualitätssicherung . Mit der Einführung der Vergütung nach Pauschalen und Sonderentgelten 1996 war klar, dass eine bundeseinheitliche Qualitätssicherung für die derart finanzierten Leistungen notwendig wurde, die bundesweit in der Verantwortung der Selbstverwaltung gestaltet werden sollte. In der Folge gründete die Selbstverwaltung die Servicestelle Qualitätssicherung (SQS) und beauftragte sie mit der Durchführung der externen Qualitätssicherung. Die Beteiligung der Krankenhäuser blieb jedoch uneinheitlich, bis der Gesetzgeber der Selbstverwaltung ermöglichte, bei Nicht-Teilnahme Vergütungsabschläge zu erheben. Seit 2004 steht die externe Qualitätssicherung in der Verantwortung des G-BA, der die bereits etablierte Nachfolgeorganisation der SQS, die Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung (BQS) mit der Geschäftsführung beauftragt hat. So sind seit dem Jahr 2006 die Krankenhäuser verpflichtet, für alle Patienten, die in 24 Leistungsbereichen (z.B. Mammachirurgie, Lebertransplantation) behandelt werden, elektronische Dokumentationen zur Versorgungsqualität zu erstellen und – je nach Leis- 13 Redaktionsbüro Gesundheit. Ein Service des Bundesministeriums für Gesundheit. Im Internet abrufbar unter: [http://www.die-gesundheitsreform.de/gesundheitssystem/zukunft_entwickeln/qualitaetsmanagement /pdf/grundlagen_qualitaetsmanagement.pdf]. 14 Klauber, Jürgen / Robra, Bernt-Peter / Schellschmidt, Henner (2007): Krankenhausreport 2006, Schwerpunkt: Krankenhausmarkt im Umbruch, Stuttgart, S. 189 f. - 8 - tungsbereich – entweder direkt an die BQS oder an die im jeweiligen Bundesland zuständige Stelle zu liefern. Daraufhin erstellt die BQS jährlich Vergleichsstatistiken nach Ländern sowie bundesweit, in denen die Behandlungs- und Ergebnisdaten der Kliniken der Bundesrepublik miteinander sowie mit jeweils definierten Referenzwerten für die Soll-Qualität zu insgesamt 184 Qualitätszielen verglichen werden (vgl. http://www.bqsonline .de). Auf diese Weise können Schwachstellen bei der Behandlung aufgedeckt und Verbesserungen eingeleitet werden. Auffällige Krankenhäuser werden im Rahmen des strukturierten Dialoges aufgefordert, ihre abweichenden Ergebnisse zu begründen.15 Schließlich sind bereits über 500 Krankenhäuser nach dem freiwilligen KTQ (Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen) zertifiziert worden.16 3.3.3. Anfertigung eines Qualitätsberichts Des Weiteren fasst der Gemeinsame Bundesausschuss für zugelassene Krankenhäuser Beschlüsse über Inhalt, Umfang und Datenformat eines im Abstand von zwei Jahren zu veröffentlichenden strukturierten Qualitätsberichts der zugelassenen Krankenhäuser, in dem der Stand der Qualitätssicherung dargestellt wird […]. Der Bericht hat auch Art und Anzahl der Leistungen des Krankenhauses auszuweisen und ist in einem für die Abbildung aller Kriterien geeigneten standardisierten Datensatzformat zu erstellen. Er ist über den in dem Beschluss festgelegten Empfängerkreis hinaus von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen im Internet zu veröffentlichen (vgl. § 137 Abs. 3 Nr. 4 GKV-WSG). Zum Zweck der Erhöhung der Transparenz und Qualität der stationären Versorgung können die Kassenärztlichen Vereinigungen sowie die Krankenkassen und ihre Verbände die Vertragsärzte und die Versicherten auf der Basis der eben beschriebenen Qualitätsberichte auch vergleichend über die Qualitätsmerkmale der Krankenhäuser informieren und Empfehlungen aussprechen (vgl. § 137 Abs. 3 GKV-WSG).17 4. Grundprinzipien des Datenschutzes Im Zentrum jeder rechtsstaatlichen Ordnung stehen Wert und Würde der menschlichen Person (vgl. Art. 1 und 2 Grundgesetz, GG). In dieser Werteordnung ist auch das 15 Klauber, Jürgen / Robra, Bernt-Peter / Schellschmidt, Henner (2007): Krankenhausreport 2006, Schwerpunkt: Krankenhausmarkt im Umbruch, Stuttgart, S. 189; Gemeinsamer Bundesausschuss: Gemeinsame Pressemitteilung des Bundesministeriums für Gesundheit und des Gemeinsamen Bundesausschusses v. 2. Mai 2007. Im Internet abrufbar unter: [http://www.g-ba.de/informationen/aktuell /pressemitteilungen/186/]. 16 Gemeinsamer Bundesausschuss: Gemeinsame Pressemitteilung des Bundesministeriums für Gesundheit und des Gemeinsamen Bundesausschusses v. 2. Mai 2007. Im Internet abrufbar unter: [http://www.g-ba.de/informationen/aktuell/pressemitteilungen/186/]. 17 Bereits mit dem Fallpauschalengesetz 2002 hat der Gesetzgeber alle Kliniken verpflichtet, strukturiert über ihre Leistungen und die Qualität der medizinischen Versorgung zu berichten. - 9 - Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung enthalten, d. h. die „Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen.“ Als Maßstäbe für die formaljuristische Zulässigkeit und den Umfang des Umgangs mit personenbezogenen Daten lassen sich folgende Grundprinzipien formulieren: - Rechtsgrundlage: Die Verarbeitung personenbezogener Daten gilt als grundsätzlich verboten und ist nur zulässig, wenn eine Rechtsvorschrift sie erlaubt oder der Betroffene eingewilligt hat (vgl. § 4 Datenschutzgesetz). - Zweckgebundenheit: Hierbei besteht die Forderung darin, dass sich der Verarbeitungs - oder Bekanntgabezweck nicht vom Erhebungszweck unterscheiden darf. - Verhältnismäßigkeit: Nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit darf nur ein Minimum an personenbezogenen Daten erhoben und verarbeitet werden. Im Allgemeinen werden in diesem Zusammenhang auch die Begriffe Datensparsamkeit und Datenvermeidung verwendet. Eine Vorratshaltung an Daten ist demzufolge unzulässig . - Integrität: Hierbei muss die durchgängige Richtigkeit der Daten und ihrer Interpretation sichergestellt werden, um Fehlinterpretationen zu vermeiden, die aus der Zusammenführung personenbezogener Daten aus verschiedenen Quellen resultieren können. - Sicherheit: Personenbezogene Daten müssen sowohl durch technische als auch Zugriffe auf hochsensible Daten sollten daher beschränkt sein und nur verschlüsselt gespeichert und übertragen werden. - Transparenz: Der Betroffene hat ein Auskunftsrecht, d. h. er muss jederzeit die Möglichkeit haben, sich Klarheit darüber zu verschaffen, wo, welche Daten durch wen bearbeitet werden. - Verantwortung: Der Betroffene muss jederzeit auf die Einhaltung des Rechtsgrundsatzes von „Treu und Glauben“ vertrauen und davon ausgehen können, dass seine Daten ausschließlich zu dem von ihm angenommenen Zweck bearbeitet werden.18 5. Mögliche Konflikte zwischen Qualitätssicherung und Datenschutz Insbesondere bei der externen Qualitätssicherung sowie der Erstellung von Qualitätsberichten spielt der Datenschutz eine entscheidende Rolle. Um die Ergebnisse unterschiedlicher Krankenhäuser vergleichen zu können, werden in den Kliniken für bestimmte Leistungen, u.a. alle qualitätsrelevanten Daten der Patienten erfasst und geprüft .19 Nach Angaben der BQS enthalten die an diese Einrichtung übermittelten Daten 18 Vgl. Hafner, Martin (2002): Datenschutz im Data Warehousing, St. Gallen. Im Internet abrufbar unter: [http://web.iwi.unisg.ch] 19 Redaktionsbüro Gesundheit. Ein Service des Bundesministeriums für Gesundheit. Im Internet abrufbar unter: [http://www.die-gesundheitsreform.de/glossar/az.html#ids Stichwort: Qualitätssicherung]. - 10 - ebenfalls sensible Informationen über Patienten und Krankenhäuser.20 Auch zur Grundlage der Qualitätssicherung der stationären Versorgung mit Routinedaten der AOK zählen Diagnosen und Prozeduren, die gemäß § 301 SGB V von den Kliniken zur Abrechnung eines Krankenhausfalls übermittelt werden. Angaben zum Überleben werden den Versichertenstammdaten entnommen.21 Schließlich können auch neue Technologien, wie z.B. die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte, die zukünftig die Krankenversicherungskarte in Deutschland ersetzen und zur Verbesserung von Wirtschaftlichkeit, Qualität und Transparenz der Behandlung beitragen soll, zu datenschutzrechtlichen Problemen führen. Nach Ansicht ihrer Befürworter soll sie die Datenübermittlung zwischen medizinischen Leistungserbringern, Krankenkassen, Apotheken und Patienten in Zukunft kostengünstiger gestalten, vereinfachen und beschleunigen. Schon in der Testphase werden neben den administrativen Daten (wie zum Beispiel Name, Geburtsdatum und Kennzeichen der Krankenkasse) und dem elektronischen Rezept auch die freiwilligen medizinischen Anwendungen des Notfalldatensatzes und der Arzneimitteldokumentation, die für eine sichere Arzneimitteltherapie wichtig sind, eingeführt. Sofern die Einführung dieser neuen Karte flächendeckend erfolgt ist und die damit verbundenen Computernetzwerke zuverlässig und sicher arbeiten, können weitere Ausbaustufen folgen. Das wichtigste langfristige Ziel ist die elektronische Patientenakte.22 6. Lösungsmöglichkeiten Das Datenschutzgesetz schützt nur personenbezogene Daten. Daher können die eben genannten Konflikte regelmäßig dadurch gelöst werden, indem die Daten hinreichend anonymisiert, verschlüsselt und oder pseudonymisiert werden. So nutzt die Qualitätssicherung der stationären Versorgung mit Routinedaten ausschließlich anonymisierte Routinedaten der AOK.23 Die BQS verpflichtet nach eigenen Angaben seine Mitarbeiter vertraglich zur Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen und setzt sogar ein mehrstufiges Sicherungsverfahren ein: - Verschlüsselung: Die Daten aus Krankenhäusern und Landesgeschäftsstellen werden prinzipiell verschlüsselt übermittelt. Die BQS setzt hierbei mit Triple DES (Data Encryption Standard) ein Verschlüsselungsverfahren mit besonders hohem Standard ein. Dieses Verfahren wird auch für den elektronischen Zahlungsverkehr der 20 Gemeinsamer Bundesausschuss. BQS-Qualitätsbericht 2006, S. 169. Im Internet abrufbar unter: [http://www.bqs-online.com/public/news/archiv/2007/august/22082007]. 21 Wissenschaftliches Institut der AOK (2007): Qualitätssicherung der stationären Versorgung mit Routinedaten (QSR) – Abschlussbericht -, Bonn, S. 21. 22 Bundesministerium für Gesundheit. Im Internet abrufbar unter: [http://www.die-gesundheitskarte .de/fragen_und_antworten/anwendungen/details/daten_zukunft_egk.html]. 23 Wissenschaftliches Institut der AOK (2007): Qualitätssicherung der stationären Versorgung mit Routinedaten (QSR) – Abschlussbericht -, Bonn, S. 21 - 11 - Banken angewendet, um sicherzustellen, dass der elektronische Datenaustausch nicht abgehört wird. - Anonymisierung: Die übermittelten Daten selbst werden durch eine personenanonymisierte Übermittlung gesichert: Schon das Krankenhaus übermittelt Patientendaten nur unter anonymisierten Identifikationsnummern. Nur das exportierende Krankenhaus ist in der Lage, die Zuordnung einer anonymisierten Identifikationsnummer zu einem Patienten aufzulösen. - Pseudonymisierung: Die Landesgeschäftsstelle für Qualitätssicherung pseudonymisiert das Krankenhaus, bevor dessen Daten an die BQS gesendet werden. Nur die exportierende Landesgeschäftsstelle für Qualitätssicherung ist in der Lage, die Zuordnung eines pseudonymisierten Krankenhauses aufzulösen. Im Zusammenhang mit der elektronischen Gesundheitskarte wurden die datenschutzrechtlichen Bestimmungen nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit intensiv mit dem Bundesbeauftragten für Datenschutz diskutiert und abgestimmt. Demnach gelten für die eGK vier datenrechtliche Prinzipien (vgl. auch insbesondere §§ 4, 6 Datenschutzgesetz): - Erstens: Die Datenhoheit der Patienten und der Grundsatz der Freiwilligkeit der Speicherung von Gesundheitsdaten müssen gewahrt werden. - Zweitens: Die Patienten müssen selbst darüber entscheiden können, welche ihrer Gesundheitsdaten aufgenommen und welche gelöscht werden. - Drittens: Die Patienten müssen selbst darüber entscheiden können, ob und welche Daten sie einem Leistungserbringer zugänglich machen. - Viertens: Die Patienten müssen das Recht haben, die über sie gespeicherten Daten zu lesen.24 7. Anlagen - Bundesministerium für Gesundheit (2006): Sicherung der Qualität im Gesundheitswesen . Maßnahmen, Verantwortliche, Ansprechpartner, Januar 2006, Berlin. 411.pdf ]. - Anlage 1- - Informationstechnische Servicestelle der Gesetzlichen Krankenversicherung GmbH (ITSG): Sicher, Flexibel und Effizient: Datenaustausch im Gesundheitswesen. ITSG: Dienstleistungen und Produkte zur Standardisierung und Normierung. Im Internet abrufbar unter [http://www.itsg.de/upload/ITSG_Brosch%C3%/BCre_neu_ 411.pdf ]. - Anlage 2 - 24 Bundesministerium für Gesundheit. Im Internet abrufbar unter: [http://www.diegesundheitsreform .de/glossar/datenschutz_gesundheitskarte.html]. - 12 - - Redaktionsbüro Gesundheit. Ein Service des Bundesministeriums für Gesundheit. Stichwort: Datentransparenz. Im Internet unter: [http://www.die-gesundheitsreform. de/glossar/az.html#ids]. - Anlage 3 - - Redaktionsbüro Gesundheit. Ein Service des Bundesministeriums für Gesundheit. Gesundheitskarte Aktuell. Informationen zum Thema Datensicherheit. Im Internet unter: [http://www.die-gesundheitsreform.de/glossar/az.html#ids]. - Anlage 4 - - Ortgies, Martin: Wie sicher sind die Daten der Versicherten im Gesundheitswesen?, Data Systems GmbH. Im Internet unter: [http://www.datasystems.de/fileadmin/pdf/ ITSC-Zertifizierung.pdf]. - Anlage 5 -