Deutscher Bundestag Vereinbarkeit der Altersgrenze von 30 Lebensjahren in der studentischen Krankenversicherung mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und anderen Rechtsnormen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste © 2012 Deutscher Bundestag WD 9 – 3000-128/12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 2 Vereinbarkeit der Altersgrenze von 30 Lebensjahren in der studentischen Krankenversicherung mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und anderen Rechtsnormen Aktenzeichen: WD 9 – 3000-128/12 Abschluss der Arbeit: 15. November 2012 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 3 1. Einleitung 8 2. Entstehungsgeschichte der Krankenversicherung der Studenten 9 2.1. Einführung der Versicherungspflicht für Studenten durch das KVSG vom 24. Juni 1975 mit Wirkung vom 1. September / 1. Oktober 1975 9 2.2. Neuregelung der studentischen Krankenversicherung durch das Gesundheits-Reformgesetz – GRG vom 20. Dezember 1988 mit Wirkung vom 1. Januar 1989 10 3. Grundstrukturen der studentischen Krankenversicherung nach derzeitigem Recht 11 3.1. Pflichtversicherung der Studenten 11 3.1.1. Allgemeines 11 3.1.2. Versicherter Personenkreis 12 3.1.3. Zeitliche Grenzen der Versicherungspflicht 13 3.1.3.1. Die zeitlichen Grenzen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V als Grundsatz 13 3.1.3.1.1. Normzweck 13 3.1.3.1.2. Begrenzung auf 14 Fachsemester (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 Fall 1 SGB V) 14 3.1.3.1.3. Begrenzung auf die Vollendung des 30. Lebensjahres (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 Fall 2 SGB V) 15 3.1.3.2. Die Verlängerungstatbestände des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 SGB V als Ausnahmeregelungen 16 3.1.3.2.1. Allgemeines 16 3.1.3.2.2. Ausbildungsrelevante Rechtfertigungsgründe (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 Fall 1 SGB V) 18 3.1.3.2.3. Familiäre sowie persönliche Gründe (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 Fall 2 SGB V) 19 3.1.3.2.4. Äußerste Grenze des Überschreitens 19 3.1.3.2.5. Semesterweise Beurteilung 20 3.1.4. Ausnahmen von der Versicherungspflicht 21 3.1.5. Konkurrenzen 21 3.1.5.1. Allgemeines 21 3.1.5.2. Vorrangigkeit der studentischen Versicherung 22 3.1.5.3. Subsidiarität der studentischen Versicherung, insbesondere gegenüber der Familienversicherung 22 3.2. Freiwillige Versicherung der Studenten 23 3.3. Beitragsrecht 24 3.3.1. Beiträge versicherungspflichtiger Studenten 24 3.3.1.1. Beitragspflichtige Einnahmen (§ 236 SGB V) 24 3.3.1.2. Beitragssatz (§ 245 SGB V) 25 3.3.1.3. Beitragstragung (§ 250 Abs. 1 Nr. 3 SGB V) 25 3.3.2. Beiträge freiwillig versicherter Studenten 25 3.3.2.1. Beitragspflichtige Einnahmen (§ 240 SGB V) 26 3.3.2.1.1. Regelungskompetenz des GKV-Spitzenverbandes 26 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 4 3.3.2.1.2. Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds (§ 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V) 26 3.3.2.1.3. Die allgemeine Mindesteinnahmen-Regelung des § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V 27 3.3.2.1.4. Sonderreglung für Auslandsstudenten (§ 240 Abs. 4 Satz 7 SGB V) 28 3.3.2.2. Beitragssatz 28 3.3.2.2.1. Grundsätzliche Geltung des allgemeinen Beitragssatzes nach § 241 SGB V 28 3.3.2.2.2. Geltung des ermäßigten Beitragssatzes nach § 245 Abs. 1 SGB V für freiwillig weiterversicherte Examenskandidaten (§ 245 Abs. 2 SGB V) 28 3.3.2.3. Tragung der Beiträge (§ 250 Abs. 2 SGB V) 29 3.4. Zwischenfazit 29 4. Vereinbarkeit der Altersbegrenzung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V mit anderen Normen 30 4.1. Vereinbarkeit der Altersgrenze des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V mit Normen des einfachen Bundesrechts 30 4.1.1. Vereinbarkeit mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom 14. August 2006 30 4.1.2. Vereinbarkeit mit den sozialrechtlichen Diskriminierungsverboten des SGB 32 4.1.2.1. Das Benachteiligungsverbot des § 19a SGB IV 32 4.1.2.2. Das Benachteiligungsverbot des § 33c SGB I 33 4.2. Vereinbarkeit der Altersgrenze des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V mit höherrangigem Recht 33 4.2.1. Vereinbarkeit mit dem gemeinschaftsrechtlichen Verbot der Altersdiskriminierung nach der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 33 4.2.2. Verfassungsmäßigkeit der Altersbegrenzung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V 34 4.2.2.1. Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG 34 4.2.2.2. Vereinbarkeit mit dem Grundrecht auf freie Berufswahl nach Art. 12 Abs. 1 GG 36 5. Literaturverzeichnis 36 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 5 - Zusammenfassung - Die Krankenversicherung der Studenten (KVdS) ist durch das „Gesetz über die Krankenversicherung der Studenten (KVSG)“ vom 24. Juni 1975 mit Wirkung zum Wintersemester 1975/76 eingeführt worden. Nach § 165 Abs. 1 Nr. 5 Reichsversicherungsordnung – eingefügt durch § 1 Nr. 1 Buchstabe a) des KVSG – unterlagen vom 1. Oktober 1975 an eingeschriebene Studenten der staatlichen und der staatlich anerkannten Hochschulen – Studenten an Fachhochschulen schon ab dem 1. September 1975 – unabhängig von ihrem Alter der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Ausgenommen hiervon waren insbesondere Studenten, für die als Familienangehörige Anspruch auf Familienkrankenpflege bestand. Mit dem „Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz)“ vom 20. Dezember 1988 wurde unter anderem die Krankenversicherung der Studenten mit Wirkung vom 1. Januar 1989 neu geregelt. Dabei wurde die Krankenversicherung der Studenten im Grundsatz zwar beibehalten, die Versicherungspflicht jedoch auf eine Höchstdauer der Fachstudienzeit und ein Höchstalter begrenzt, um Missbräuche zu vermeiden. Seither sind Studenten nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V grundsätzlich nur noch bis zum Abschluss des 14. Fachsemesters, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres versicherungspflichtig. Nach Auffassung des Bundessozialgerichts kann in diesen vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen ein Studium regelmäßig durchgeführt und entweder erfolgreich abgeschlossen oder endgültig aufgegeben werden. Die in § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 SGB V vorgesehene doppelte zeitliche Befristung der Krankenversicherung der Studenten dient nach der Gesetzesbegründung in erster Linie der Vermeidung einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der günstigen Versicherung, mittelbar aber auch dem Ziel, der Tendenz entgegenzuwirken, dass Hochschulstudium zu verlängern. Der Student soll also nicht von sich aus die Möglichkeit haben, durch eine Verlängerung seiner Studienzeit über lange Zeit in den Genuss der günstigen studentischen Krankenversicherung zu kommen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts liegt der gesetzlichen Begrenzung zwar der Gedanke der Missbrauchsabwehr (z.B. durch Dauerstudenten, mehrere Studiengänge oder ältere Studierende ) zu Grunde; die Regelung sei aber nicht auf die Abwehr einer missbräuchlichen Begründung der KVdS beschränkt. Vielmehr habe der Gesetzgeber allgemein geltende Zeitgrenzen durch Höchststudiendauer und Lebensalter eingeführt, die zu einer Begrenzung der kostengünstigen Krankenversicherung der Studenten führe und die Versicherungspflicht wegen Überschreitens der Grenzen grundsätzlich auch dann entfallen lasse, wenn dem Studenten im konkreten Fall ein Missbrauch der KVdS nicht entgegengehalten werden könne. Dementsprechend sei mit einem solchen Ende der Versicherungspflicht in der KVdS ein Vorwurf von Missbrauch nicht verbunden . Um Härten zu vermeiden, hat der Gesetzgeber im Hinblick auf die beiden vorgenannten Begrenzungen Ausnahmeregelungen eingeführt. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 SGB V sind Studenten nach Abschluss des 14. Fachsemesters oder nach Vollendung des 30. Lebensjahres nur versicherungspflichtig , wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs , die Überschreitung der Altersgrenze oder eine längere Fachstudienzeit rechtfertigen. Als Ausnahmetatbestände sind beide Fallgestaltungen allerdings restriktiv zu handhaben. Die gesetzliche Krankenversicherung bietet Studenten während ihres Studiums damit einen ausreichenden und kostengünstigen Krankenversicherungsschutz. Durch die Familienversicherung sind Studenten unter den in § 10 SGB V genannten Voraussetzungen für eine bestimmte Zeit ver- Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 6 sichert, ohne dass insoweit vom Mitglied der Krankenkasse – in der Regel einem Elternteil des Studenten – gesonderte Beiträge zu entrichten wären; anschließend greift die Versicherungspflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V. Innerhalb der bestehenden Altersgrenzen ist die erfolgreiche Durchführung eines Studiums – oder aber auch dessen Abbruch – im Regelfall möglich; für Härtefälle ermöglicht § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 SGB V die weitergehende Gewährung des Krankenversicherungsschutzes . Für die Ermittlung der beitragspflichtigen Einnahmen, den Beitragssatz und die Beitragstragung pflichtversicherter Studenten enthält das SGB V spezielle Vorschriften, die den sozial schwachen Status des Studenten ebenso berücksichtigen wie die Interessen der Krankenkasse am Erhalt der Beiträge. Auf der anderen Seite hat der Student bei Wegfall der Versicherungspflicht wegen Erreichens der Altersgrenze die Möglichkeit der freiwilligen Weiterversicherung nach § 9 SGB V, allerdings zu einem wesentlich höheren Beitrag. Die Altersgrenze von 30 Jahren nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V ist mit dem „Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)“ vom 14. August 2006, mit dem der deutsche Gesetzgeber u.a. das gemeinschaftsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung nach der „Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“ innerstaatlich umgesetzt hat, vereinbar , da in dem hier zu beurteilenden Sachverhalt schon der Anwendungsbereich des AGG nicht eröffnet ist. Nach der Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 1 AGG, mit der nach der Regierungsbegründung zum AGG den Anforderungen der Richtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2002/73/EG im Bereich des Sozialschutzes Rechnung getragen wird, gelten für sämtliche, dem Sozialgesetzbuch (SGB) unterfallenden Berechtigungen und Verpflichtungen ausschließlich die in den einzelnen Büchern des SGB jeweils enthaltenen sozialrechtlichen Diskriminierungsverbote. Dies bedeutet, dass das AGG – wie sich aus einem Umkehrschluss aus § 2 Abs. 2 Satz 1 AGG ergibt – für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch keine Anwendung findet; es wird vielmehr durch die neu in das SGB aufgenommenen Sonderbestimmungen über sozialrechtliche Benachteiligungsverbote in den §§ 33c SGB I, 36 Abs. 2 SGB III, 19a SGB IV und § 36 Satz 3 SGB IX verdrängt. Die in § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V festgelegte Altersgrenze von 30 Jahren verstößt auch nicht gegen diese im SGB spezialgesetzlich geregelten sozialrechtlichen Benachteiligungsverbote, von denen im vorliegenden Zusammenhang allenfalls die Bestimmungen der §§ 19a SGB IV und 33c SGB I in Betracht kommen. Die Bestimmung des § 19a SGB IV, die durch Art. 3 Abs. 9 Nr. 3 des „Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung (GleiBehUmsG)“ vom 14. August 2006 zeitgleich mit dem Inkrafttreten des AGG in das SGB IV eingefügt wurde, ist vorliegend nicht einschlägig, da § 19a SGB IV zwar eine Benachteiligung u.a. aus Gründen des Alters verbietet, der Diskriminierungsschutz nach dieser Vorschrift gegenständlich jedoch auf Leistungen mit dem Ziel der Berufsberatung, der Berufsbildung , der beruflichen Weiterbildung und der Umschulung beschränkt ist. Die Altersgrenze des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V verstößt auch nicht gegen die durch Art. 3 Abs. 7 Nr. 2 GleiBehUmsG mit Wirkung vom 18. August 2006 neu in das SGB I eingefügte Bestimmung des § 33c SGB I, da diese Vorschrift nach der Binnensystematik des SGB zwar uneingeschränkt für alle Sozialleistungsbereiche des SGB – und damit auch für das SGB V – gilt, die hierdurch für die Inanspruchnahme sozialer Rechte begründeten Benachteiligungsverbote aber nur Differenzierungen nach der Rasse, der ethnischen Herkunft oder einer Behinderung betreffen, nicht aber den Differenzierungsgrund des Alters. § 33c Satz 1 SGB I enthält damit kein Verbot, bei der Gewährung von Leistungen an das Alter anzuknüpfen. Zudem trifft § 33c Satz 2 SGB I die ausdrückliche Regelung, dass Leistungsansprüche unmittelbar aus § 33c Satz 1 SGB I nicht abgeleitet wer- Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 7 den können, sondern sich nach den einschlägigen Bestimmungen der besonderen Teile des SGB richten. Gegen die vom Gesetzgeber in § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V festgelegte Altersgrenze von 30 Jahren bestehen schließlich auch keine europa- oder verfassungsrechtliche Bedenken. Dass die Altersbegrenzung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V bei der Umsetzung des gemeinschaftsrechtlichen Verbots der Altersdiskriminierung nach der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 bei der innerstaatlichen Umsetzung dieser Rahmen-Richtlinie durch das GleiBehUmsG unverändert beibehalten worden ist, bleibt hinter den europarechtlichen Vorgaben nicht zurück, da der hier zu beurteilende Sachverhalt schon vom Anwendungsbereich dieser Rahmen-Richtlinie nicht erfasst wird. Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 stellt vielmehr ausdrücklich klar, dass diese Richtlinie nicht für Leistungen jeder Art seitens der staatlichen Systeme oder der damit gleichgestellten Systeme einschließlich der staatlichen Systeme der sozialen Sicherheit oder des sozialen Schutze gilt. Dass bei dem hier in Rede stehenden Sachverhalt bereits der sachliche Anwendungsbereich der Rahmen-Richtlinie nicht eröffnet ist, gilt selbst dann, wenn trotz der Regelung in Art. 3 Abs. 3 der Rahmen- Richtlinie zumindest partiell auch die Gewährung von Sozialleistungen erfasst sein sollte. Denn die Altersgrenze des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V hat keine mittelbar berufsbezogene Regelungswirkung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchstabe a) der Rahmen-Richtlinie. Wollte man ihr ein solche Wirkung gleichwohl beimessen, so wäre die Differenzierung u.a. nach dem Alter gleichwohl durch ein legitimes Gemeinwohlinteresse gerechtfertigt, nämlich die Begrenzung der beitragsermäßigten, günstigen Pflichtversicherung auf Unterdreißigjährige bzw. auf solche Studenten , die das 14. Fachsemester noch nicht überschritten haben, u.a. zur Missbrauchsabwehr bei Langzeitstudenten, denen ein ernsthafter Wille zur Beendigung des Studiums fehlt. Die Altersbegrenzung auf das 30. Lebensjahr in § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V genügt auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen insbesondere des allgemeinen Gleichheitssatzes in Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Vom Bundesverfassungsgericht ist bereits mehrfach entschieden worden, dass es in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers liegt, den Mitgliederkreis der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) einerseits danach abzugrenzen, welcher Personenkreis zur Bildung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich ist, und andererseits danach, welche Personen deren Schutz benötigen. In diesem Zusammenhang hat das Bundesverfassungsgericht stets betont, dass es sich bei der Sicherung der finanziellen Stabilität und damit der Funktionsfähigkeit der GKV um einen überragend wichtigen Gemeinwohlbelang handelt. Der dem Gesetzgeber hierbei eröffnete Rahmen zur typisierenden Ausgestaltung der Pflichtmitgliedschaft in der Studentischen Krankenversicherung wird durch die Regelung in § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V nach – soweit ersichtlich – allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur nicht überschritten. Die für die Einführung einer Altersgrenze bzw. Höchstgrenze der Studiendauer für Studenten sprechenden Sachgründe haben vielmehr ein die Begrenzung rechtfertigendes Gewicht, zumal der Gesetzgeber über den zweiten Halbsatz des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V eine Härteregelung getroffen hat, die es ermöglicht, von der typisierenden generellen Regelung, die dem ersten Halbsatz des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V zu Grunde liegt, abzuweichen und – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – auch über die Vollendung des 30. Lebensjahres hinaus noch eine Pflichtmitgliedschaft in der Studentischen Krankenversicherung anzunehmen. Die Altersgrenze des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V hat schließlich auch keinen die Berufswahl unmittelbar regelnden Charakter und verletzt daher auch nicht das Grundrecht auf freie Berufswahl nach Art. 12 Abs. 1 GG. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 8 1. Einleitung Für Studierende gelten in allen Bereichen der Sozialversicherung Besonderheiten. Vor allem das Fünfte Buch Sozialgesetz (SGB V)1 enthält eine ganze Reihe von Vorschriften, die nur auf Studenten anwendbar und deren Gehalt und Zusammenspiel mitunter nicht einfach zu verstehen sind2. Insbesondere die in § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V geregelte Versicherungspflicht der Studenten wirft eine Vielzahl von Fragen auf und ist gerade in jüngerer Zeit immer wieder Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V sind Studenten versicherungspflichtig, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie auf Grund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, bis zum Abschluss des 14. Fachsemesters, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres. Studenten nach Abschluss des 14. Fachsemesters oder nach Vollendung des 30. Lebensjahres sind nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 SGB V nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze oder eine längere Fachstudienzeit rechtfertigen. Die grundsätzliche zeitliche Begrenzung der Versicherungspflicht der Studenten auf die Vollendung des 30. Lebensjahres in § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V wirft die Frage auf, ob diese Altersgrenze mit dem “Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)“ vom 14. August 20063, mit dem der deutsche Gesetzgeber unter anderem das gemeinschaftsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung nach der „Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“4 innerstaatlich umgesetzt hat, und anderen rechtlichen Benachteiligungsverboten aus Gründen des Alters, insbesondere solchen höherrangigen Rechts, vereinbar ist. Bevor auf diese Frage näher eingegangen werden kann5, sind zunächst die Entstehungsgeschichte6 sowie die Grundstrukturen der studentischen Krankenversicherung nach derzeitiger Rechtslage7 darzustellen . 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Art 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. S. 2477), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 21. Juli 2012 (BGBl. S. 1613) 2 vgl. hierzu etwa die Überblicksdarstellung von Felix, Studenten und gesetzliche Krankenversicherung, in: NZS 2000, 477ff 3 BGBl. I S. 1897 4 ABl. EG vom 2. Dezember 2000 – L 303 S. 16ff 5 Vgl. hierzu eingehend unten zu Gliederungspunkt 4. 6 Vgl. hierzu nachfolgend zu Gliederungspunkt 2. 7 Vgl. hierzu eingehend unten zu Gliederungspunkt 3. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 9 2. Entstehungsgeschichte der Krankenversicherung der Studenten 2.1. Einführung der Versicherungspflicht für Studenten durch das KVSG vom 24. Juni 1975 mit Wirkung vom 1. September / 1. Oktober 1975 Die Krankenversicherung der Studenten ist durch das „Gesetz über die Krankenversicherung der Studenten (KVSG)“ vom 24. Juni 19758 mit Wirkung zum Wintersemester 1975/76 eingeführt worden. Durch die Einbeziehung der Studenten in die gesetzliche Krankenversicherung wurde ein seit Jahren immer drängender werdendes und lange diskutiertes Problem gelöst. Seit Jahren hatten die Studenten und die für den Hochschulbereich verantwortlichen Stellen einen umfassenden und bundeseinheitlichen Krankenversicherungsschutz für die Studenten gefordert, weil der bisherige bei den einzelnen Hochschulen organisierte Schutz allgemein als ungenügend und lückenhaft angesehen worden war: Die Gründe hierfür waren die sehr unterschiedlich ausgestalteten , zum Teil lückenhaften Leistungen des bisherigen Krankenversicherungsschutzes, Doppelversicherungen in erheblichem Umfang durch verschiedene Sicherungssysteme, mangelhafter Schutz von Familienangehörigen sowie eine unterschiedliche Beitragsbelastung bei den verschiedenen Hochschulen. Hinzu kam die sich ständig verschlechternde wirtschaftliche Situation der deutschen Studentenkrankenversicherung (DSVK) mit einem Mitgliederbestand von zuletzt 40 000 Studenten, die infolge Zahlungsunfähigkeit schließlich aufgelöst werden musste9. Der Gesetzgeber ist bei seiner Lösung der Empfehlung der Sachverständigenkommission zur Weiterentwicklung der sozialen Krankenversicherung gefolgt, die in ihren“ Empfehlungen zur Krankenversicherung von Personen in Ausbildung und Beruf“ vom 29. September 1972 angeregt hatte , die eingeschriebenen Studierenden an Hochschulen einschließlich der Fachhochschulen als Pflichtversicherte in die gesetzliche Krankenversicherung einzubeziehen. Nach § 165 Abs.1 Nr. 5 Reichsversicherungsordnung (RVO) – eingefügt durch § 1 Nr. 1 Buchstabe a) des KVSG – unterlagen vom 1. Oktober 1975 an eingeschriebene Studenten der staatlichen und der staatlich anerkannten Hochschulen - Studenten an Fachhochschulen schon ab dem 1. September 1975 - unabhängig von ihrem Alter der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Ausgenommen hiervon waren insbesondere Studenten, für die als Familienangehörige Anspruch auf Familienkrankenpflege bestand. Aufgrund dieser Regelung waren im Jahre 1988 rund 500 000 Studenten versicherungspflichtig10. Die Studenten erhielten die gleichen Leistungen wie die übrigen Versicherten mit Ausnahme der Entgeltersatzleistungen (Kranken- und Mutterschaftsgeld), weil ihnen im Falle von Krankheit und Schwangerschaft/Mutterschaft kein Entgeltausfall entsteht. Die Beiträge, die sich nach dem monatlichen Bedarf im Sinne des Bundesausbildungsförderungsgesetzes errechneten, waren von den Versicherten selbst aufzubringen. Der Bund zahlte den Krankenkassen einen Zuschuss zum Beitrag. Die Versicherung der Studenten wurde von allen Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung durchgeführt11. 8 BGBl. I S. 1536 9 Vgl. Krengel, Das Gesetz über die Krankenversicherung der Studenten, in: BKK 1975, 266 (266 ), Bress, Versicherung der Studenten und Praktikanten, S. 15f 10 BABl 11/1989 S. 11, einschließlich Praktikanten und Auszubildenden ohne Entgelt. 11 Vgl. Bress, Versicherung der Studenten und Praktikanten, S.16f Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 10 2.2. Neuregelung der studentischen Krankenversicherung durch das Gesundheits-Reformgesetz – GRG vom 20. Dezember 1988 mit Wirkung vom 1. Januar 1989 Mit dem“ Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz – GRG)“ vom 20. Dezember 198812 wurde unter anderem die Krankenversicherung der Studenten mit Wirkung vom 1. Januar 1989 neu geregelt. Dabei wurde die Krankenversicherung der Studenten im Grundsatz zwar beibehalten, die Versicherungspflicht jedoch auf eine Höchstdauer der Fachstudienzeit und auf ein Höchstalter begrenzt, um Missbräuche – z. B. durch ein Scheinstudium – zu vermeiden. Seither sind Studenten nach § 5 Abs.1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V grundsätzlich nur noch bis zum Abschluss des 14. Fachsemesters, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres versicherungspflichtig. Der Gesetzgeber hat die Versicherungspflicht von Studenten damit auch im SGB V für einen Zeitraum beibehalten, in dem ein Studium regelmäßig durchgeführt werden kann und typischerweise entweder erfolgreich abgeschlossen oder endgültig aufgegeben wird, nämlich innerhalb von 14 Fachsemestern oder bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres13. In diesem Altersabschnitt nehmen die Studenten Leistungen der Krankenversicherung in unterdurchschnittlichem Maße in Anspruch, weil ihr Gesundheitszustand altersbedingt im Allgemeinen gut ist und beitragsfrei versicherte Familienangehörige (§ 10 SGB V, früher § 205 RVO) seltener und erst im Laufe der Zeit hinzukommen. Die Studenten bleiben, sofern sie nicht familienversichert oder von der Versicherungspflicht befreit sind (§ 5 Abs. 7 Satz 1 i.V.m. § 10 SGB V; § 8 Abs.1 Nr. 5 SGB V), weiterhin in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig, obwohl diese auch heute noch im Kern eine Versicherung der abhängig Beschäftigten ist. Versicherungspflichtige Studenten entrichteten und entrichten niedrige, bundeseinheitlich geregelte Beiträge. Deren Berechnung liegt der Förderbetrag nach dem BAföG bei auswärtiger Unterbringung zu Grunde (früher § 180 Abs. 3b RVO, heute § 236 Abs. 1 Satz 1 SGB V), der mehrfach angehoben wurde und von monatlich 500 DM bei Inkrafttreten des KVSG im Jahre 1975 auf monatlich 725 DM bei Inkrafttreten des SGB V am 1. Januar 1989 angestiegen war. Der Beitragssatz betrug anfangs nur 5 vom Hundert ( § 381a RVO i.d.F. des KVSG), wurde jedoch nach Streichung des ursprünglich neben dem Beitrag gezahlten Bundeszuschusses ( § 381 Abs. 2, 3 RVO i.d.F. des KVSG ) auf sieben Zehntel des durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatzes erhöht (§ 381a RVO i.d.F. des Art. 9 Nr.1 des 2. Haushalts-Strukturgesetzes vom 22. Dezember 198114, später § 245 Abs. 1 SGB V). Das hatte bei Inkrafttreten des SGB V am 1. Januar 1989 einen „Studenten-Beitragssatz“ von 9,0 vom Hundert ergeben. Der monatliche Beitrag war nach diesen Vorschriften zwar von 25 DM im Wintersemester 1975/76 auf 65,25 DM im Wintersemester 1988/89 angestiegen; er war jedoch für eine Vollversorgung immer noch günstig, zumal wenn beitragsfrei versicherte Familienangehörige eines Studenten vorhanden waren. Der Gesetzgeber hat es bei der Verabschiedung des Gesundheits-Reformgesetzes im Jahre 1988 für erforderlich gehalten, die beitragsgünstige KVdS zu begrenzen. Sie hatte in der Vergangenheit Personen angezogen, für die sie nicht gedacht war. In der Rechtsprechung ist etwa der Beginn der Versicherungspflicht bei einem Kläger behandelt worden, der als Staatsangehöriger der Vereinigten Staaten von Amerika erstmals im Alter von 68 Jahren Student und Mitglied der gesetzlichen 12 BGBl. I S. 2477 13 BSG, Urteil vom 30. September 1992 – 12 RK 40/91 – SozR 3- 2500 § 5 SGB V Nr. 4 S. 12 14 BGBl. I S. 1523 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 11 Krankenversicherung geworden war15; ferner die KVds eines selbstständigen Rechtsanwalts, der sich im Alter von 36 Jahren neben seiner Berufstätigkeit für ein weiteres Studium hatte einschreiben lassen16. Der Ausschluss solcher Personen durch die gesetzliche Neuregelung ist im Zusammenhang mit anderen Maßnahmen zu sehen, mit denen die gesetzliche Krankenversicherung wieder mehr auf ihren Kern zurückgeführt worden ist17. Hierzu gehören etwa die Abschaffung der Versicherungspflicht für einige kleine Gruppen von Selbstständigen ( früher § 166 RVO ), die Verdrängung der Versicherungspflicht durch eine hauptberufliche selbstständige Erwerbstätigkeit ( § 5 Abs. 5 SGB V ) oder durch Tatbestände von Versicherungsfreiheit ( § 6 Abs. 3 SGB V ), die Abschaffung einer Reihe von Beitrittsrechten ( früher § 176 RVO ), die Verschärfung der Zugangsvoraussetzungen für die freiwillige Weiterversicherung ( § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V gegenüber 313 Abs. 1 RVO ) sowie die Verdoppelung der Mindestbeiträge für freiwillig Versicherte ( § 240 Abs. 4 SGB V gegenüber § 180 Abs.4 Satz 1 RVO18. Die in § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V vorgesehene Begrenzung der Versicherungspflicht der Studenten auf eine Fachstudienzeit von höchstens 14 Fachsemestern und ein Höchstalter von 30 Jahren dient nach der Gesetzesbegründung19 in erster Linie der Vermeidung einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der günstigen Versicherung; am Rande sollte auch ein möglicher zusätzlicher „Anreiz“ zur Ausdehnung von Studienzeiten genommen werden. 3. Grundstrukturen der studentischen Krankenversicherung nach derzeitigem Recht 3.1. Pflichtversicherung der Studenten 3.1.1. Allgemeines Die Krankenversicherung der Studenten (KVdS) ist gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V sowohl an positive wie an negative Tatbestandsvoraussetzungen geknüpft20 und eröffnet den nicht familienversicherten Studenten – wie bereits erwähnt - eine kostengünstige Krankenversicherung21. Als Student ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V nur versicherungspflichtig, wer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eingeschrieben ist und die Fachstudienzeit von 14 Semestern und/oder die Altersgrenze von 30 Lebensjahren nicht überschreitet, es sei denn, dass besondere Gründe für eine verlängerte Studiendauer gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 SGB V vorliegen22. Dabei ist es gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V unschädlich, wenn der Student 15 Vgl. BSG SozR 2200 § 306 Nr. 16 16 BSG SozR 3-2200 § 165 Nr. 2 17 Vgl. hierzu BSG, Urteil vom 30. September 1992 – 12 RK 40/91 – SozR 3-2500 § 5 SGB V Nr. 4 S.13 18 Vgl. dazu die Urteile des BSG vom 7. November 1991 in BSGE 70, 13 = SozR 3-2500 § 240 Nr. 6 und in SozR 3- 2500 § 240 Nr. 7 19 Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen ( Gesundheits-Reformgesetz – GRG ), in : BT-Drs. 11/2237 S. 159 zu § 5 des Entwurfs 20 Vgl. Felix, in: jurisPK-SGB V, § 5 Rn. 61; Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 5 SGB V Rn. 87 21 Zum Beitragsrecht pflichtversicherter Studenten vgl. näher unten zu Gliederungspunkt 3.3.1 22 Zu den Verlängerungstatbeständen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 SGB V vgl. näher unten zu Gliederungspunkt 3.1.3.2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 12 keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, sofern er nicht auf Grund überoder zwischenstaatlichem Recht einen Anspruch auf Sachleistungen hat23. 3.1.2. Versicherter Personenkreis Die Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V erfasst – wie bereits erwähnt - Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind. In der Regel fallen Studenteneigenschaft und Immatrikulation, d. h. die Einschreibung als Student zusammen. Wer als Student eingeschrieben ist, erfüllt – soweit die zeitlichen Grenzen der Versicherungspflicht24 gewahrt sind – grundsätzlich die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V. Ob der Betreffende sein Studium ernsthaft betreibt, wird im Rahmen der KVdS nicht geprüft25. Das Risiko einer rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme der KVdS wird zum einen begrenzt durch die im Gesetz enthaltenen zeitlichen Vorgaben; zum anderen verhindert § 5 Abs. 7 SGB V, dass Beschäftigte sich formal einschreiben lassen, um so in den Genuss der in der Regel kostengünstigeren Versicherung zu gelangen26. Student ist, wer sich an einer Hochschule einer wissenschaftlichen Ausbildung oder Bildung unterzieht. Solange sich die Tätigkeit des eingeschriebenen Studenten nur in einem vorbereitenden Stadium befindet, ist diese Voraussetzung nicht erfüllt. Deshalb werden etwa Besucher studienvorbereitender Sprachkurse27 ebenso wenig von § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V erfasst wie Studienkollegiaten, die in Eignungsverfahren die fachliche Eignung für das angestrebte Studium erwerben oder aber bestätigt erhalten möchten28. Insoweit genügt die Einschreibung allein nicht zur Begründung der KVdS. Der Student muss an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eingeschrieben sein. Versicherungspflicht besteht damit für Studierende der in § 1 Hochschulrahmengesetz (HRG)29 genannten Einrichtungen, also vor allem der Universitäten und Fachhochschulen, aber auch aller anderen Einrichtungen des Bildungswesen , die nach Maßgabe des jeweiligen Landesrechts staatliche Hochschulen sind. Die staatliche Anerkennung ist in den §§ 70f HRG geregelt. 23 Vgl. hierzu Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 5 SGB V Rn. 91; abweichend von § 3 SGB IV (Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – [Art. 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845] in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 [BGBl. I S. 3710, 3973, BGBl. 2011 I S. 363], zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 12. April 2012 [BGBl. I S. 579]) sind Studenten also auch dann versicherungspflichtig, wenn sie sich im Ausland aufhalten. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Student anderweitige Ansprüche hat und deshalb aus dem Blickwinkel des Krankenversicherungsrechts als nicht sozial schutzbedürftig eingestuft wird. Das Bundessozialgericht hat jüngst entschieden, dass bei Auslandsaufenthalten die gesetzliche Krankenversicherung Studierender erhalten bleiben kann (BSG, Urteil vom 26. August 2008 – B 12 KR 22/08 B); das Gericht stellt im Wesentlichen auf die Sicherung der finanziellen Stabilität und Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung als überragend wichtige Gemeinwohlbelange ab (vgl. hierzu auch BVerfG vom 4. Februar 2001 – 1 BVR 1103/03 - SozR 4- 2500, § 5 SGB V Nr. 1 Rn. 17). 24 Vgl. hierzu eingehend unten zu Gliederungspunkt 3.1.3 25 Vgl. Felix, in: jurisPK-SGB V, § 5 Rn. 62; Just, in: Becker/Kingreen , § 5 SGB V Rn. 37; anderer Ansicht Ulmer in Beck-OK § 5 Rn. 26 26 Vgl. Felix, in: jurisPK-SGB V, § 5 Rn. 62; Just, in: Becker/Kingreen , § 5 SGB V Rn. 37 27 BSG , Urteil vom 29. September 1992 - 12 RK 15/92 - SozR 3-2500 § 5 SGB V Rn. 2; kritisch Kruse, in: Hänlein/Kruse, LPK- SGB V, § 5 Rn. 42 28 BSG, Urteil vom 29. September 1992 - 12 RK 16/92 - SozR 3-2500 § 5 SGB V Nr. 3 29 Hochschulrahmengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Januar 1999 (BGBl. I S. 18), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 12. April 2007 (BGBl. I S. 506) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 13 3.1.3. Zeitliche Grenzen der Versicherungspflicht 3.1.3.1. Die zeitlichen Grenzen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V als Grundsatz 3.1.3.1.1. Normzweck Vor dem ersten 1. Januar 1989 war die Versicherungspflicht von Studenten zeitlich unbegrenzt. Durch das Gesundheits-Reformgesetz – GRG vom 20. Dezember 198830 wurde die Versicherungspflicht der Studenten – wie bereits erwähnt – mit Wirkung zum 1. Januar 198931 grundsätzlich auf die Zeit bis zum Abschluss des 14. Fachsemesters und längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres begrenzt (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V). Nach Auffassung des Bundessozialgerichts 32 kann in diesen vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen ein Studium regelmäßig durchgeführt und entweder erfolgreich abgeschlossen oder endgültig aufgegeben werden33. Diese doppelte zeitliche Befristung der KVdS dient nach der Gesetzesbegründung34 in erster Linie der Vermeidung einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der günstigen Versicherung, mittelbar aber auch dem Ziel, der Tendenz entgegenzuwirken, das Hochschulstudium zu verlängern. Der Student soll also nicht von sich aus die Möglichkeit haben, durch eine Verlängerung seiner Studienzeit über lange Zeit in den Genuss der günstigen studentischen Krankenversicherung zu kommen 35. Nur in begründeten Ausnahmefällen soll dies möglich sein36. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts37 liegt der gesetzlichen Begrenzung zwar der Gedanke der Missbrauchsabwehr (z. B. durch Dauerstudenten, mehrere Studiengänge oder ältere Studierende) zu Grunde; die Regelung sei aber nicht auf die Abwehr einer missbräuchlichen Begründung der KVdS beschränkt . Vielmehr habe der Gesetzgeber allgemein geltende Zeitgrenzen durch Höchststudiendauer und Lebensalter eingeführt, die zu einer Begrenzung der kostengünstigen Krankenversicherung der Studenten führe und die Versicherungspflicht wegen Überschreitens der Grenzen grundsätzlich auch dann entfallen lasse, wenn dem Studenten im konkreten Fall ein Missbrauch 30 Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz – GRG) vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477 31 Vgl. zu Übergangsregelungen Art. 56 Abs. 6 GRG 32 Vgl. BSG, Urteil vom 30. September 1992 - 12 RK 40/91 - SozR 3-2500 § 5 SGB V Nr. 4 = BSGE 71,150 = NZS 1993,111 = NJW 1993,957 33 Zustimmend die Literatur , vgl. z.B. Felix, in: jurisPK-SGB V, § 5 Rn. 65; Felix, Studenten und gesetzliche Krankenversicherung , in: NZS 2000, 477 (478); Kruse, in: Hänlein/Kruse, LPK- SGB V, § 5 Rn. 39; Baier in: Wagner /Knittel, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 5 SGB V Rn. 34 34 Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz - GRG), in: BT- Drs. 11/2237 S. 159 zu § 5 des Entwurfs 35 Vgl. z.B. Gerlach, in: Hauck/Noftz, § 5 SGB V Rn. 367 36 Vgl. hierzu nachfolgen zu Gliederungspunkt 3.1.3.2. 37 Vgl. BSG, Urteil vom 30. September 1992 – 12 RK 40/91 - SozR 3-2500 § 5 SGB V Nr. 4; BSG, Urteil vom 30. September 1992 – 12 RK 35/91 - SozR 3- 2500 § 5 SGB V Nr. 5 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 14 der KVdS nicht entgegengehalten werden könne38. Dementsprechend sei mit einem solchen Ende der Versicherungspflicht in der KVdS ein Vorwurf von Missbrauch nicht verbunden39. 3.1.3.1.2. Begrenzung auf 14 Fachsemester (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 Fall 1 SGB V) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V gilt in erster Linie die Grenze von 14 Fachsemestern. Der Begriff des „Fachsemesters“ wird im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht näher erläutert. Vereinzelt wird die Auffassung vertreten, dass bei der Ermittlung der Anzahl der Fachsemester die Studienzeiten insgesamt zu berücksichtigen sind, d. h. Semester mit unterschiedlichen Studiengängen zu addieren sind40. Nach überwiegender Rechtsauffassung41 bezieht sich die Begrenzung auf 14 Fachsemester jedoch immer nur auf die in ein und demselben Studienfach absolvierten Semester. Deshalb sind Fachsemester, die in unterschiedlichen Studiengängen zurückgelegt wurden, nicht zusammenzurechnen. Zu dieser Auslegung gelangt auch das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 9. Februar 199342. Fachsemester, die in unterschiedlichen Studiengängen zurückgelegt wurden, dürfen daher nicht zusammengerechnet werden. Dies ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes, der – im Gegensatz zum Referentenentwurf des GRG, in dem noch von 18 Studiensemestern die Rede war – auf Fachsemester und gerade nicht auf Studiensemester abstellt43. Hat der Student also beispielsweise nach dem Abitur zunächst einige Semester Medizin, dann einige Semester Politologie studiert, um sich dann endgültig dem Jurastudium zuzuwenden, beginnt die Zählung der maßgeblichen Semester mit jedem Studienwechsel neu44. Allerdings ist neben der Fachsemesterzahl immer die Altersgrenze zu beachten: Mit Vollendung des 30. Lebensjahres endet die KVdS, so dass im vorher benannten Beispiel der betroffene Student während seines Jurastudiums möglicherweise nicht mehr von § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V erfasst ist, obwohl er sich noch nicht im 15. Fachsemester des Jurastudiums befindet . Zum gleichen Studiengang gehören Semester in den Fächern, die gegebenenfalls zu einem gemeinsamen Abschluss benötigt werden. So haben beispielsweise Lehramtsstudenten oft mehrere Fächer zu studieren, die nicht parallel, sondern nur nacheinander studiert werden können. Diese verschiedenen Fächer gehören selbstverständlich zu einem Studiengang45. Sofern in einem 38 Zustimmend die Literatur, vgl. z.B. Baier, in: Wagner/Knittel, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 5 SGB V Rn. 34; Felix, Studenten und gesetzliche Krankenversicherung in: NZS 2000 S. 477 (478) 39 Vgl. BSG, Urteil vom 30. September 1992 - 12 RK 40/91 - SozR 3-2500 § 5 Nr. 4 S. 14 40 Vgl. Sommer, in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 5 SGB V Rn. 201 41 Vgl. etwa Zimmermann, in: Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrechts, § 4 Rn. 28; Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht § 5 SGB V Rn. 94; Felix, Studenten und gesetzliche Krankenversicherung, in: NZS 2000, S. 477 (478); Baier, in: Wagner/Knittel, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 5 SGB V Rn. 35; Gerlach, in: Hauck/Noftz, § 5 SGB V Rn. 368; Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen vom 21. März 2006 zur Kranken- und Pflegeversicherung der Studenten, Praktikanten ohne Arbeitsentgelt, der zur Berufsausbildung Beschäftigten ohne Arbeitsentgelt und der Auszubildenden des Zweiten Bildungswegs unter Ziffer 1.1.1, abrufbar im Internet unter: http://www.vdek.com/arbeitgeber/Informationen/kvds/rdschr_kvds_21032006.pdf 42 USK 9304 43 Vgl. Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 5 SGB V Rn. 94; Felix, Studenten und gesetzliche Krankenversicherung, in: NZS 2000, 477 (478) 44 Vgl. etwa Felix, in: jurisPK-SGB V § 5 Rn. 66 45 Vgl. etwa Gerlach, in: Hauck/Noftz, § 5 SGB V Rn. 368; Bress, Versicherung der Studenten und Praktikanten, S. 70 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 15 Erststudium bereits mehr als 14 Fachsemester absolviert worden sind und die Krankenversicherungspflicht deshalb geendet hat, tritt bei Aufnahme eines Zweitstudiums erneut Krankenversicherungspflicht ein, es sei denn, dass das 30. Lebensjahr bereits vollendet ist und keine Verlängerungstatbestände im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 SGB V vorliegen46. Welche Semester als Fachsemester anzusehen sind, ergibt sich aus den jeweiligen Hochschulgesetzen der Länder. In der Regel werden hier alle Semester einschließlich der Praxissemester, nicht aber Urlaubssemester angerechnet. Für Urlaubssemester bedeutet dies, dass bei bestehender Immatrikulation zwar die Versicherungspflicht in dieser Zeit weiterbesteht, dieses Semester jedoch nicht auf die Höchstdauer der Fachstudienzeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V angerechnet wird. Mitzählen können allerdings nur solche Zeiten, die dem Grunde nach zur Versicherungspflicht in der Studentischen Krankenversicherung führen. Da dies beispielsweise bei Gasthörern nicht der Fall ist, sind bereits zurückgelegte Semester als Gasthörer für die Beurteilung der Höchstdauer der Versicherungspflicht unschädlich47. Mitzuzählen sind auch Zeiten, in denen die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V dem Grunde nach bestanden hätte, aber durch eine Vorrangversicherung (§ 5 Abs. 7 S. 1 SGB V), eine Familienversicherung (§ 5 Abs. 7 S. 1 SGB V) oder eine hauptberuflich selbstständige Erwerbstätigkeit ( § 5 Abs. 5 SGB V) verdrängt wurde. Entsprechendes gilt für Zeiten, in denen die Versicherungspflicht nur deshalb nicht bestanden hat, weil im Hinblick auf § 6 Abs. 3 SGB V Versicherungsfreiheit bestand oder eine Befreiung von der Krankenversicherungsplicht nach anderen Vorschriften als § 5 Abs. 1 Nr. 5 SGB V vorlag. Es würde dem Sinn und Zweck der Vorschrift sowie der Gleichbehandlung der Studenten untereinander widersprechen, wenn solche Zeiten auf die Höchstdauer der Versicherungspflicht nicht angerechnet würden. Bei der Anrechnung ist allerdings auch hier zu prüfen, ob es sich um Fachsemester desselben Studiengangs handelt48. 3.1.3.1.3. Begrenzung auf die Vollendung des 30. Lebensjahres (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 Fall 2 SGB V) Als zweite Begrenzung hat der Gesetzgeber in § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V vorgeschrieben, dass die Versicherungspflicht als Student längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres bestehen bleibt. Diese Altersbegrenzung, wie auch die nachfolgend beschriebenen Verlängerungstatbestände in § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 SGB V, sind § 10 Abs. 3 Bundesausbildungsförderungsgesetz 49 entnommen. Die Altersgrenze ist für diejenigen gedacht, die ihr 14. Fachsemester, aus welchen Gründen auch immer, vor Vollendung ihres 30. Lebensjahres noch nicht absolviert ha- 46 Vgl. Ziffer 1.1.1 des Gemeinsamen Rundschreibens der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 21. März 2006; Bress, Versicherung der Studenten und Praktikanten, S. 72; Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht , § 5 SGB V Rn. 94; Baier, in: Wagner/Knittel, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 5 SGB V Rn. 35; Zimmermann, in: Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrechts, § 4 Rn. 28 47 Vgl. Gerlach, in: Hauck/Noftz, § 5 SGB V Rn. 369 48 Vgl. Gerlach, in: Hauck/Noftz, § 5 SGB V Rn. 370 49 Bundesgesetz über die individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1952, 2012 I S. 197), zuletzt geändert durch Art. 31 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2854) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 16 ben50. Die Altersgrenze von 30 Jahren bildet eine absolute Grenze, die neben die Fachsemestergrenze tritt, also auch dann greift, wenn die Höchststudiendauer von 14 Fachsemestern noch nicht erreicht ist51. Die Altersgrenze ist mit Vollendung des 30. Lebensjahres erreicht und führt zum Ende der Versicherungspflicht zum folgenden Semesterende. 3.1.3.2. Die Verlängerungstatbestände des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 SGB V als Ausnahmeregelungen 3.1.3.2.1. Allgemeines Um Härten zu vermeiden, hat der Gesetzgeber im Hinblick auf die beiden vorgenannten Begrenzungen Ausnahmeregelungen eingeführt. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 SGB V sind Studenten nach Abschluss des 14. Fachsemesters oder nach Vollendung des 30. Lebensjahres nur versicherungspflichtig , wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs , die Überschreitung der Altersgrenze oder eine längere Fachstudienzeit rechtfertigen. Als Ausnahmetatbestände sind beide Fallgestaltungen allerdings restriktiv zu handhaben52. Die Hinweise in der Gesetzesbegründung53 auf Verlängerungstatbestände, z. B. Erkrankung, Behinderung , Schwangerschaft, Nichtzulassung zur gewählten Ausbildung im Auswahlverfahren, Eingehen einer insgesamt mindestens achtjährigen Dienstverpflichtung als Soldat oder Polizeivollzugsbeamter im Bundesgrenzschutz auf Zeit bei einem Dienstbeginn vor Vollendung des 22. Lebensjahres, Betreuung von Behinderten oder aus anderen Gründen auf Hilfe angewiesenen Kindern, sind für die Praxis in dieser Form wenig hilfreich54. Teilweise sind sie willkürlich gewählt . Erwartungsgemäß ist es deshalb in diversen Sachverhalten zu Gerichtsverfahren gekommen , in denen sich die Sozialgerichte mit der Auslegung der Verlängerungstatbestände in § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 SGB V zu befassen hatten. Das Bundessozialgericht hat dabei die Möglichkeiten des Überschreitens der Alters- und Zeitgrenzen restriktiv und zum Teil sehr individuell beurteilt55. 50 Vgl. Sommer, in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 5 SGB V Rn. 201 51 Vgl. etwa Zimmermann, in: Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrechts, § 4 Rn. 28; Felix, in: jurisPK- SGB V, § 5 Rn. 66 52 Vgl. BSG, Urteil vom 30. September 1992 – 12 RK 40/91 – BSGE 71, 150 = SozR 3-2500, § 5 SGB V Nr. 4; LSG- Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. August 2008 - L 9 KR 680/07; Felix, in: jurisPK-SGB V, § 5 Rn. 67; Felix, Studenten und gesetzliche Krankenversicherung, in: NZS 2000, 477 (478); Baier, in: Wagner/Knittel Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 5 SGB V Rn. 36, Just, in: Becker/Kingreen, § 5 SGB V Rn. 38 53 Vgl. den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheit-Reformgesetz - GRG) in: BT- Drs. 11/2237 S. 159 54 Vgl. Gerlach, in: Hauck/Noftz, § 5 SGB V Rn. 374 55 Vgl. hierzu näher die in der Kommentarliteratur zusammengestellte Rechtsprechung etwa bei Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 5 SGB V Rn. 95ff; Felix, in: jurisPK-SGB V, § 5 Rn. 67f; Felix Studenten und gesetzliche Krankenversicherung, in: NZS 2000, 477 (478f); Just, in: Becker/Kingreen, § 5 SGB V RN. 38f; Gerlach, in: Hauck/Noftz, § 5 SGB V Rn. 377ff; Baier, in: Wagner/Knittel Soziale Krankenversicherung /Pflegeversicherung, § 5 SGB V Rn. 38ff Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 17 Als grundlegende Voraussetzung müssen die Gründe, die die Krankenversicherung der Studenten für das 30. Lebensjahr bzw. über das 14. Fachsemester hinaus rechtfertigen, im Allgemeinen von solcher Art und solchem Gewicht sein, dass sie nicht nur aus der Sicht des Einzelnen, sondern auch bei objektiver Betrachtungsweise die Aufnahme des Studiums oder seinen Abschluss verhinderten oder als unzumutbar erscheinen ließen; ein Fachstudium aufzuschieben oder zu unterbrechen, weil dies dem Betroffenen zweckmäßig oder sinnvoll erscheint, reicht demgegenüber nicht aus56. Dabei ist unerheblich, ob die Hinderungsgründe bereits der Aufnahme des Studiums entgegenstanden oder in dessen Verlauf eingetreten sind und ob das Studium daher nicht aufgenommen, unterbrochen oder verzögert wurde57. Darüber hinaus muss in beiden Fallgestaltungen – Art der Ausbildung bzw. persönliche oder familiäre Gründe – nachweislich eine direkte Kausalität zwischen dem Hinderungsgrund und dem Überschreiten der Alters- und Zeitgrenze gegeben sein. Selbst wenn objektiv betrachtet eine Hinderungszeit vorliegt, ist nach Auffassung des Bundessozialgerichts die Ursächlichkeit dann nicht gegeben, wenn in dem fraglichen Zeitraum neben der Hinderungszeit noch andere, längere Zeiten der Nichtverhinderung vorliegen58. Es ist deshalb konkret im Einzelfall zu prüfen, ob und in welchem zeitlichen Umfang beispielsweise eine Erkrankung tatsächlich die Ursache der Grenzüberschreitung ist. Die Grenze wird also nicht einfach um die Hinderungszeit, d. h. die Zeit der Erkrankung, hinausgeschoben59. In jedem Fall dürfen die zeitlichen Grenzen nur insoweit überschritten werden, als es durch die Art der Ausbildung oder die persönlichen bzw. familiären Gründe gerechtfertigt ist60. Die Altersgrenze von 30 Jahren kann nur um sog. Hinderungszeiten überschritten werden, die vor Vollendung des 30. Lebensjahres gelegen haben61. Ob Ursächlichkeit besteht, hängt von den jeweiligen Umständen ab und lässt sich kaum verallgemeinern. Entscheidend sind vor allem die Dauer der Hinderungszeit und ihr Verhältnis zur Dauer etwaiger Nichthinderungszeiten. Kausalität wird zu verneinen sein, wenn Nichthinderungszeiten gegenüber den Hinderungszeiten überwiegen oder sogar, wenn die Nichthinderungszeiten zwar nicht überwiegen, aber absolut gesehen eine erhebliche Länge (z.B. mehrere Jahre) aufweisen. Auch auf die zeitliche Lage der Hinderungszeiten zum Studium kann es ankommen. Sind sie innerhalb des Studiums oder unmittelbar vor dem Studium aufgetreten, ist die Ursächlichkeit eher gegeben. Haben Nichthinderungsgründe demgegenüber nur früher bestanden und sind sie vom Studium durch Nichthinderungszeiten getrennt, ist die Kausalität gefährdet62. Die Verlängerungstatbestände des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 SGB V sind der Regelung des § 10 Abs. 3 BAföG nachgebildet. Indes ist die Versicherungspflicht in der KVdS nicht mit der Förderung nach dem BAföG verknüpft, so dass nicht jedes geförderte Studium, das im Anschluss an den ebenfalls geförderten Zweiten Bildungsweg nach Vollendung des 30. Lebensjahres aufgenommen wird, Versicherungspflicht in der KVdS begründet63. Umgekehrt ist eine Verlängerung 56 Vgl. BSG, Urteil vom 30. September 1992 - 12 RK 40/01 - SozR 3-2500 § 5 SGB V Nr. 4 57 Vgl. Baier, in: Wagner/Knittel, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 5 SGB V Rn. 36 58 Vgl. BSG, Urteil vom 30. September 1992 - 12 RK 50/9 - SozR 3-2500 § 5 SGB V Nr. 6 59 Vgl. hierzu BSG, Urteil vom 30. September 1992 - 12 RK 50/91 - SozR 3-2500 § 5 SGB V Nr. 6 60 Vgl. Felix, in: jurisPK-SGB V, § 5 Rn. 68 61 Vgl. BSG, Urteil vom 30. September 1992 - 12 RK 3/91 - SozR 3-2500 § 5 SGB V Nr. 8 62 Vgl. Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 5 SGB V Rn. 100 63 Vgl. BSG, Urteil vom 30. September 1992 - 12 RK 3/91 - SozR 3-2500 § 5 SGB V Nr. 8 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 18 nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil BAföG-Leistungen über die Altersgrenze hinaus nicht mehr gewährt werden64. Die Art der Ausbildung sowie persönliche bzw. familiäre Gründe können grundsätzlich sowohl eine längere Fachstudienzeit als auch das Überschreiten der Altersgrenze rechtfertigen, soweit nicht einzelne Hinderungsgründe (z. B. Nichtzulassung) sachnotwendig nur für die Altersgrenze gelten können65. Mehrere anzuerkennende Hinderungsgründe können kumulativ berücksichtigt werden66. 3.1.3.2.2. Ausbildungsrelevante Rechtfertigungsgründe (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 Fall 1 SGB V) Die Art der Ausbildung kommt als Grund für das Weiterbestehen von Versicherungspflicht hauptsächlich dann in Betracht, wenn es um die Versicherungspflicht nach dem 14. Fachsemester geht. Das Überschreiten auch der Altersgrenze von 30 Jahren wird sich demgegenüber selten mit der Art der Ausbildung rechtfertigen lassen67. Das Überschreiten der 14 Fachsemester ist durch die Art der Ausbildung bedingt, wenn sich das betreffende Studium fachlich bedingt bis zu dieser Grenze nicht bewältigen lässt. Das kann bei sehr zeitaufwändigen Studienanforderungen , insbesondere in ungewöhnlichen Studiengängen, der Fall sein oder wenn der Abschluss ein mehrgleisiges Studium erfordert68. Maßgeblich ist dabei, ob sich das konkrete Studium bei planvollem Vorgehen und zügiger Durchführung innerhalb von 14 Fachsemestern erfolgreich abschließen lässt oder nicht. Allein die Tatsache, dass ein größerer Teil der Studenten mehr als 14 Fachsemester benötigt, ist für sich allein kein Rechtfertigungsgrund69. Einen Anhaltspunkt kann bieten, wie lange das betreffende Studium nach dem BAföG gefördert wird70. Nicht durch die Art der Ausbildung gerechtfertigt ist das Überschreiten der Altersgrenze von 30 Jahren, wenn ein Studium erst mit 29 Jahren begonnen wurde, weil der betreffende Studiengang vorher nicht bestand 71. Ein Überschreiten der Altersgrenze ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil ein abgeschlossenes Studium im Ausland in Deutschland generell nicht anerkannt und daher hier ein weiteres Studium aufgenommen wird72. 64 Vgl. Gerlach, in: Hauck/Noftz, § 5 SGB V Rn. 376 65 Vgl. BSG, Urteil vom 30. September 1992 - 12 RK 8/91 - SozR 3-2500 § 5 SGB V Nr. 7; in dieser Entscheidung hat das Bundessozialgericht allerdings Zweifel geäußert, ob die Art der Ausbildung nur ein Überschreiten der Höchstdauer der Fachstudienzeit oder auch ein Überschreiten der Altersgrenze rechtfertigen könne, dies bisher aber noch nicht entschieden. 66 Vgl. Baier, in: Wagner/Knittel, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 5 SGB V Rn. 37 67 Vgl. Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 5 SGB V Rn. 96 68 Vgl. Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 5 SGB V Rn. 96; Felix, in: jurisPK-SGB V, § 5 Rn. 67; Baier, in: Wagner/Knittel, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 5 SGB V Rn. 38 69 Vgl. Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 5 SGB V Rn. 96; Baier, in: Wagner/Knittel, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 5 SGB V Rn. 38 70 Vgl. Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 5 SGB V Rn. 96 71 Vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 1997 - 12 RK 39/96 - SozR 3-2500 § 5 SGB V Nr. 32 72 Vgl. LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 22. August 2000 – L 1/KR 14/00 – Breithaupt 2000,993 = BeckRS 2007 40598 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 19 3.1.3.2.3. Familiäre sowie persönliche Gründe (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 Fall 2 SGB V) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 Fall 2 SGB V können auch familiäre oder73 persönliche Gründe eine Überschreitung der Grenzen von 14 Fachsemestern bzw. 30 Lebensjahren rechtfertigen. Die Differenzierung zwischen persönlichen und familiären Gründen bringt zum Ausdruck, dass die Verzögerung des Studiums in der Person des Studenten, aber auch in seiner familiären Situation begründet sein kann74. Es muss sich um nachvollziehbare Gründe handeln, die einen zeitgemäßen Abschluss des Studiums als unmöglich oder jedenfalls als unzumutbar erscheinen lassen75. Der Gesetzgeber hat in § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 SGB V beispielhaft die Konstellation des Erwerbs der Zugangsvoraussetzungen zum Studium in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs genannt76. Als Verzögerungstatbestand anerkannt hat die Rechtsprechung auch die Zeit der Nichtzulassung zum Studium im Auswahlverfahren77. Denkbar sind zudem eine Erkrankung , Behinderung und Schwangerschaft78 oder Zeiten einer Kinderbetreuung jedenfalls bis zur Dauer der gesetzlichen Elternzeit79. Nicht anerkannt wurden dagegen Zeiten einer Berufsausbildung zwischen Abitur und Aufnahme des Studiums80, nach Versagung eines Studienplatzes81 oder während der Kinderbetreuung82. Auch die Zeit der Arbeitslosigkeit zwischen Abschluss eines Studiums und Aufnahme eines Aufbaustudiums83 ist kein Grund, der eine Überschreitung der Grenzen rechtfertigt. 3.1.3.2.4. Äußerste Grenze des Überschreitens Bisher nicht geklärt ist die Frage, ob es für das Überschreiten der zeitlichen Grenzen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V eine äußerste Grenze gibt. Das Bundessozialgericht hat bisher entschieden , dass die KVdS – bei Vorliegen anzuerkennender Hinderungsgründe – erstmals auch nach Vollendung des 30. Lebensjahres beginnen kann84. Würde nach einer solchen Überschreitung der Altersgrenze diese völlig ausgeschaltet und nur noch die Grenze der Fachstudiendauer gelten, die ihrerseits wiederum durch Hinderungsgründe verlängerbar wäre, so könnte die KVdS aus- 73 Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts genügen familiäre „oder“ persönliche Gründe (BSG, Urteil vom 30. September 1992 – 12 RK 40/91 – BSGE 71, 150 = SozR 3-2500 § 5 SGB V Nr. 4) 74 Vgl. Baier, in: Wagner/Knittel, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 5 SGB V Rn. 39 75 Vgl. Felix, in: jurisPK-SGB V, § 5 Rn. 67 76 Vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 30. September 1992 – 12 RK 3/91 – SozR 3-2500 § 5 SGB V Nr.8: wird der Zweite Bildungsweg so spät beschritten, dass das anschließende Studium erst nach Vollendung des 30. Lebensjahres aufgenommen werden konnte, ist die Überschreitung der Altersgrenze von 30 Jahren in der Regel nicht gerechtfertigt. 77 BSG, Urteil vom 30. September 1992 – 12 RK 50/91 – SozR 3-2500 § 5 SGB V Nr.6 78 Vgl. Felix, in: jurisPK-SGB V, § 5 Rn. 67; vgl. hierzu auch die Gesetzesbegründung in: BT Drs. 11/2237, S. 159 79 Vgl. Felix, in: jurisPK-SGB V, § 5 Rn. 67 80 Vgl. BSG, Urteil vom 30. September 1992 – 12 RK 40/91 – BSGE 71,150 = SozR 3-2500 § 5 SGB V Nr. 4; vgl. auch BSG vom 6. November 2003 – B 12 KR 17/03 B 81 Vgl. BSG, Urteil vom 30. September 1992 – 12 RK 50/91 – SozR 3-2500 § 5 SGB V Nr.6 82 Vgl. BSG, Urteil vom 30. Juni 1993 – 12 RK 6/93 – SozR 3-2500 § 5 SGB V Nr. 13 83 Vgl. BSG, Urteil vom 30. September 1992 – 12 RK 8/91 – SozR 3-2500 § 5 SGB V Nr.7 84 Vgl. BSG, Urteil vom 30. September 1992 – 12 RK 3/91 – SozR 3-2500 § 5 SGB V Nr.8 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 20 ufern: sie würde unter Umständen das „Studentenalter“ bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres unbegrenzt verlassen und sogar noch in vorgerücktem Alter begründet werden und erhalten bleiben können85. Ob dieses im Sinne des Gesetzes liegt, erscheint allerdings fraglich. Eine so weitgehende Ausdehnung der KVdS könnte allenfalls deshalb hinnehmbar sein, weil sie bei der gebotenen strengen Prüfung der dann erforderlichen extrem langen Hinderungszeiten sehr selten sein und wohl nur bei schweren Behinderungen vorkommen dürfte86. Andererseits könnte man aus der „Überschreitung“ der Altersgrenze des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V herleiten, dass die KVdS jedenfalls vor Vollendung des 30. Lebensjahres begonnen haben muss87, wenn sie jenseits dieser Grenze noch bestehen soll. Ein anderer Weg wäre, die Vorschrift sinngemäß so zu verstehen, dass die Altersgrenze von 30. Lebensjahren äußerstenfalls um diejenige Dauer überschritten werden darf, in der zwischen dem Abituralter (19 Jahre) und der Altersgrenze der KVdS (30 Jahre) Hinderungszeiten vorgelegen haben, höchstens also um elf Jahre (bei durchgehenden Hinderungszeiten vom 19. bis zum 30. Lebensjahr). Vorbild für eine solche Auffassung wäre etwa die Regelung in § 10 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 SGB V am Ende (dort über 25 Jahre hinaus ). Auch soweit dann die KVdS nicht mehr bestehen sollte, bliebe der Betreffende nicht ohne Krankenversicherungsschutz. In Betracht käme etwa eine Familienversicherung nach § 10 Abs. 2 Nr. 4 SGB V, ein Beitrittsrecht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 4 SGB V, äußerstenfalls eine Auffangversicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung oder nach § 193 Abs. 3 VVG88 in der privaten Krankenversicherung89. 3.1.3.2.5. Semesterweise Beurteilung Bei der Prüfung der Ausnahmeregelungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 SGB V ist grundsätzlich semesterweise zu verfahren90. In der KVdS hat wie im Studium das Semester als Zeiteinheit zentrale Bedeutung. Dieses zeigt sich außer in § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V (14 Fachsemester) auch in den Regelungen über den Beginn (§ 186 Abs. 7 SGB V) und über das Ende (§ 190 Abs. 9 SGB V) der KVdS sowie über die semesterweise Beitragszahlung (§ 254 SGB V). Wenn in der KVdS teilweise sogar eine semesterübergreifende Beurteilung geboten ist91, sollte das Semester hier ebenfalls als kleinste zeitliche Einheit angesehen werden. Das hat auch den Vorteil größerer Praktikabilität für sich. Demnach ist zu prüfen, ob ein Hinderungsgrund zum Ausfall mindestens eines vollen Semesters (oder mehrerer voller Semester) geführt hat; andernfalls ist er unbeachtlich. Liegt eine nach Semestern berechnete Hinderungszeit vor und ist die Kausalität für die Grenzüberschreitung gegeben 92, ist die Grenze um so viele volle Semester hinauszuschieben, wie volle Semester 85 Vgl. Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 5 SGB V Rn. 101 86 Vgl. Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 5 SGB V Rn. 101 87 Anders jedoch BSG, Urteil vom 30. September 1992 – 12 RK 3/91 – SozR 3-2500 § 5 SGB V Nr. 8 88 Gesetz über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz – VVG) vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2631), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 79 des Gesetzes vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 3044) 89 Vgl. Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 5 SGB V Rn. 101 90 Vgl. Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 5 SGB V Rn. 102; Felix, Studenten und gesetzliche Krankenversicherung, in: NZS 2000,477 (479) 91 BSG, Urteil vom 23. Juni 1994 – 12 RK 25/93 – BSGE 74, 271 (273) = SozR 3-2500 § 8 SGB V Nr. 1 = NZS 1995, 321 92 Vgl. hierzu oben zu Gliederungspunkt 3.1.3.2.1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 21 an Hinderungszeit anzuerkennen und für die Überschreitung ursächlich geworden sind93. Im Hinblick auf die fast durchgehende Anknüpfung der Krankenversicherung der Studenten an das Semester erscheint es daher sachgerecht, bei Erreichen der Altersgrenze von 30 Jahren im Verlauf eines Semesters § 190 Abs. 9 SGB V jedenfalls entsprechend anzuwenden, so dass die Versicherungspflicht einen Monat nach Ende des Semesters endet, in dem der Student das 30. Lebensjahr vollendet hat94. 3.1.4. Ausnahmen von der Versicherungspflicht Auch wenn die in § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V genannten Voraussetzungen erfüllt sind, besteht in bestimmten Fällen keine Versicherungspflicht des Studenten. Gemäß § 5 Abs. 5 SGB V ist er zunächst dann nicht versicherungspflichtig, wenn er hauptberuflich selbstständig erwerbstätig ist. § 5 Abs. 5 SGB V schließt generell hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige vom Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung aus; sie sollen neben einer solchen Erwerbstätigkeit auch dann nicht versicherungspflichtig werden, wenn sie auf Grund von § 5 Abs. 1 SGB V versicherungspflichtig wären – sog. absolute Versicherungsfreiheit. Hauptberuflich ist die selbstständige Erwerbstätigkeit dann, wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her das Studium übersteigt und den Mittelpunkt der beruflichen Aktivitäten darstellt95. Zu beachten ist außerdem § 6 SGB V, der die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung regelt. Von Bedeutung ist hier vor allem § 6 Abs. 3 SGB V, der bestimmt, dass die nach § 6 Abs. 1 SGB V oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von § 6 Abs. 2 SGB V und § 7 SGB V (Versicherungsfreiheit bei geringfügiger Beschäftigung) versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen auch dann versicherungsfrei bleiben, wenn sie eine der § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 SGB V genannten Voraussetzungen erfüllen, also beispielsweise ein Studium aufnehmen. Für Studenten gilt das nicht, solange sie in ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind96. Schließlich ist zu beachten, dass sich Studenten gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 5 SGB V unter bestimmten Voraussetzungen von der Versicherungspflicht befreien lassen können. 3.1.5. Konkurrenzen 3.1.5.1. Allgemeines § 5 Abs. 6 bis 8 SGB V regelt den Vorrang bzw. die Subsidiarität der versicherungspflichtbegründenden Tatbestände des § 5 Abs. 1 Nr. 1-12 SGB V. Erfüllt also der Student die Voraussetzungen mehrerer Tatbestände, ist zu klären, welche dieser Tatbestände letztlich maßgeblich für die Ver- 93 Vgl. Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 5 SGB V Rn. 102 94 Vgl. Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 5 SGB V Rn. 102; Felix, Studenten und gesetzlichen Krankenversicherung, in: NZS 2000, 477 (479) 95 Vgl. hierzu Baier, in: Wagner/Knittel, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 5 SGB V Rn. … 96 § 6 Abs. 3 Satz 2 SGB V nimmt Bezug auf die für sog. Werkstudenten geltende Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V; Werkstudenten sind nach wie vor als Studenten versicherungspflichtig, sie sind jedoch in ihrer Beschäftigung versicherungsfrei. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 22 sicherungspflicht ist. Dies hat u.a. maßgebliche Bedeutung für Fragen der Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung97. 3.1.5.2. Vorrangigkeit der studentischen Versicherung Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 10 SGB V sind Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten, sowie zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigte, versicherungspflichtig98. § 5 Abs. 7 Satz 2 SGB V bestimmt, dass die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V dieser Versicherungspflicht vorgeht. Nach § 5 Abs. 8 a Satz 1 SGB V ist die Versicherungspflicht als Student gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V auch gegenüber der Auffang-Versicherungspflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V vorrangig . 3.1.5.3. Subsidiarität der studentischen Versicherung, insbesondere gegenüber der Familienversicherung Gemäß § 5 Abs. 7 Satz 1 SGB V ist als Student nicht versicherungspflichtig, wer nach § 5 Abs. 1- 8, 11 oder 12 SGB V versicherungspflichtig ist. Damit geht der Versicherungspflicht als Student jede Versicherungspflicht nach anderen Vorschriften vor. Ist eine Person also beispielsweise gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V als Angestellter gegen Arbeitsentgelt beschäftigt, so ist er grundsätzlich 99 nach dieser Vorschrift versicherungspflichtig. Die gleichzeitige Durchführung eines Studiums und das Vorliegen der in § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V genannten Voraussetzungen sind dann unerheblich ; maßgeblich sind ausschließlich die für Beschäftigte geltenden Vorschriften. § 5 Abs. 7 Satz 1 SGB V kommt jedoch nur dann zur Anwendung, wenn eine Versicherungspflicht beispielsweise nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V besteht. Bei Studierenden ist insoweit die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V zu beachten, die die Versicherungsfreiheit sogenannter Werkstudenten in ihrer Beschäftigung bestimmt. Arbeitet ein Student neben seinem Studium, um sich seinen Unterhalt zu verdienen, ist er unter bestimmten Voraussetzungen in dieser Beschäftigung versicherungsfrei , d.h. § 5 Abs. 7 Satz 1 SGB V kommt in diesem Fall nicht zum Tragen, weil überhaupt keine Kollision zwischen den Nr. 1 und 9 besteht. Subsidiär ist die studentische Krankenversicherung gemäß § 5 Abs. 7 Satz 1 SGB V auch gegenüber der Familienversicherung nach § 10 SGB V. Unter den in § 10 Abs. 1 bis 4 SGB V genannten Voraussetzungen sind Studenten als Kinder des Mitglieds der Krankenkasse – in der Regel eines Elternteils – versichert, wobei entscheidend ist, dass aufgrund des die gesetzliche Krankenversicherung prägenden Solidaritätsprinzips für versicherte Familienangehörige gemäß § 3 Satz 3 SGB V keine Beiträge erhoben werden. Die Vorschrift des § 10 SGB V geht davon aus, dass Ehegatten, Lebenspartner und Kinder des Mitglieds, deren Lebensunterhalt vom Erwerbseinkommen des Mitglieds bestritten wird und für die im Krankheitsfall das Mitglied im Rahmen seiner Unterhaltspflichten entstandene Aufwendungen tragen müsste, den Schutz der gesetzlichen Kranken- 97 Zu den für Studenten geltenden Besonderheiten vgl. eingehend unten zu Gliederungspunkt 3.3. 98 Ausführlich hierzu Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 5 SGB V Rn. 106ff; Baier, in: Wagner/Knittel, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 5 SGB V Rn. 48ff 99 Zu beachten sind allerdings § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V (Versicherungsfreiheit) und § 7 SGB V (Versicherungsfreiheit bei geringfügiger Beschäftigung) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 23 versicherung erhalten sollen100. Dabei begründet § 10 SGB V zwar ein eigenständiges Versicherungsverhältnis des Familienangehörigen, jedoch nicht dessen Mitgliedschaft. Eine Familienversicherung kann deshalb nicht Grundlage einer weiteren Familienversicherung sein. Vergleicht man die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V einerseits und die des § 10 SGB V andererseits, so ergeben sich deutliche Divergenzen. Zunächst fällt auf, dass Studenten als Kinder, die sich im Sinne des § 10 Abs. 2 Nr. 3 SGB V in Berufsausbildung befinden, grundsätzlich nur bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres versichert sind101, während die Altersgrenze in § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V mit 30. Jahren angesetzt ist. Insoweit entfällt also die vorrangige Familienversicherung gegebenenfalls ab einem bestimmten Alter, so dass die studentische Krankenversicherung relevant werden kann. Nicht familienversichert ist aber beispielsweise auch ein Student, der nebenher arbeitet und dabei ein Einkommen erzielt, das die in § 10 Abs. 1 Nr. 5 SGB V genannte Grenze übersteigt. Unterschiede zwischen beiden Vorschriften bestehen auch im Hinblick auf die Notwendigkeit eines Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts im Inland. Zu beachten ist schließlich § 10 Abs. 3 SGB V, der verhindern soll, dass Kinder aufgrund der Mitgliedschaft des minderverdienenden Elternteils und einer entsprechend geringen Beitragsleistung familienversichert sind, während der besserverdienende Elternteil keiner gesetzlichen Krankenkasse angehört. In der Praxis ist daher immer zunächst zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Familienversicherung erfüllt sind. Ist dies der Fall, wird § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V verdrängt ; die studentische Krankenversicherung kann aber im Verlaufe des Studiums zu einem späteren Zeitpunkt relevant werden. 3.2. Freiwillige Versicherung der Studenten Hat der Student das 14. Fachsemester abgeschlossen oder das 30. Lebensjahr vollendet und liegen keine Gründe für ein Weiterbestehen der Versicherungspflicht im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 SGB V vor, endet die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V. Der Student hat in diesem Fall die Wahl, ob er einen Vertrag mit einem privaten Krankenversicherungsunternehmen abschließt oder sich bei seiner gesetzlichen Krankenkasse nach Maßgabe des § 9 SGB V freiwillig weiterversichert102. Für Studenten ist vor allem § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V von Bedeutung. Nach dieser Bestimmung können der gesetzlichen Krankenversicherung Personen beitreten, die als Mitglieder aus der Versicherung ausgeschieden sind und in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden mindestens 24 Monate oder unmittelbar vor dem Ausscheiden ununterbrochen mindestens 12 Monate versichert waren (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 SGB V). § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB V dürfte im Fall von Studenten demgegenüber nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen, denn wenn die Familienversicherung infolge der kürzer bemessenen zeitlichen Grenzen103 endet, lebt in der Regel zunächst die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V wieder auf, so dass letztlich Familienversicherung, studentische Krankenversicherung und freiwillige Krankenversicherung ineinander übergehen können104. Nach – erfolgreichem – Abschluss des Studiums 100 Vgl. Baier, in: Wagner/Knittel, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 10 SGB V Rn 3 101 Zu den sog. Verzögerungstatbeständen vgl. Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 10 SGB V Rn. 33 102 Zu den beitragsrechtlichen Konsequenzen einer freiwilligen Versicherung nach § 9 Abs. 1 SGB V vgl. näher unter zu Gliederungspunkt 3.3.2 103 Vgl. hierzu oben zu Gliederungspunkt 3.1.5.3 104 Vgl. Felix, Studenten und gesetzliche Krankenversicherung, in: NZS 2000, 477 (485) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 24 kommt im Übrigen die Anwendung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 SGB V in Betracht, die Personen betrifft, die erstmals eine Beschäftigung im Inland aufnehmen und nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V versicherungsfrei sind. Der freiwillige Beitritt zur gesetzlichen Krankenversicherung ist im Falle des § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V der Krankenkasse innerhalb von drei Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft anzuzeigen (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 SGB V). 3.3. Beitragsrecht 3.3.1. Beiträge versicherungspflichtiger Studenten Für die Ermittlung der beitragspflichtigen Einnahmen, den Beitragssatz und die Beitragstragung pflichtversicherter Studenten enthält das SGB V spezielle Vorschriften, die den sozial schwachen Status des Studenten ebenso berücksichtigen wie die Interessen der Krankenkasse am Erhalt der Beiträge. Im Einzelnen gilt insoweit Folgendes: 3.3.1.1. Beitragspflichtige Einnahmen (§ 236 SGB V) Als beitragspflichtige Einnahmen der Studenten gilt gemäß § 236 Abs. 1 Satz 1 SGB V ein Dreißigstel des Betrages, der als monatlicher Bedarf nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 BAföG für Studenten festgesetzt ist, die nicht bei ihren Eltern wohnen. Dabei wird der monatliche Bedarf mangels Einkommen aus versicherungspflichtiger Tätigkeit als fiktive beitragspflichtige Einnahme festgesetzt105; es ist also unerheblich, ob der Versicherte die Leistungen nach dem BAfög tatsächlich in voller Höhe, gekürzt oder überhaupt nicht erhält. Die Regelung in § 236 SGB V sichert den als schutzbedürftig anzusehenden Studenten ohne Entgelt damit einen kostengünstigen Versicherungsschutz . Konkret bedeutet dies nach derzeitiger Rechtslage Folgendes: Die Summe zu § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG beträgt 373 Euro, die zu § 13 Abs. 2 BAföG 224 Euro für nicht bei den Eltern wohnende Studierende. Berechnung: 373 Euro + 224 Euro = 597 Euro/30 = 19,90 Euro. Änderungen des Bedarfsbetrags sind aus Gründen der Verwaltungsökonomie106 gemäß § 236 Abs. 1 Satz 2 SGB V erst vom Beginn des auf die Änderung folgenden Semesters zu berücksichtigen. Aufgrund der in § 236 Abs. 2 Satz 1 SGB V enthaltenen Verweisungen sind Renten (§ 228 SGB V), Versorgungsbezüge (§ 229 Abs. 1 SGB V) und Arbeitseinkommen (§ 15 SGB IV107) bei Studenten grundsätzlich beitragspflichtige Einnahmen. Nach § 236 Abs. 2 Satz 2 SGB V sind für Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen Beiträge allerdings nur zu entrichten, soweit sie die nach § 236 Abs. 1 SGB V zu bemessenden Beiträge übersteigen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts 108 ist diese Vorschrift auf den Eigenanteil der Beiträge aus Renten entsprechend anzuwenden. Der Bestimmung des § 236 Abs. 2 Satz 2 SGB V liegt die Erwägung zu Grunde, dass 105 Vgl. etwa Rixen, in: Becker/Kingreen, § 236 SGB V Rn. 2; Peters, in: jurisPK-SGB V, § 236 Rn. 18; Felix, Studenten und gesetzliche Krankenversicherung, in: NZS 2000, 477 (479) 106 Vgl. die Begründung zum GRG in: BT- Drs. 11/2237, S. 424? 107 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (Art. 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 ,BGBl. I S. 3710 (3973),2011 I S. 363, zuletzt geändert durch Art. 12 a des Gesetzes vom 19. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2192) 108 Vgl. BSG SozR 3-2500 § 236 SGB V Nr. 2 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 25 diese Einnahmen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten nicht steigern, weil sie im Rahmen des BAföG leistungsmindernd109 angerechnet werden110. 3.3.1.2. Beitragssatz (§ 245 SGB V) Für die nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V versicherungspflichtigen Studenten ist auch der Beitragssatz gesondert geregelt. Als Beitragssatz gelten gemäß § 245 Abs. 1 SGB V sieben Zehntel des allgemeinen Beitragssatzes nach § 241 SGB V. Dies bedeutet konkret: Der allgemeine Beitragssatz beträgt nach § 241 SGB V 15,5 %; 7/10 davon sind 10,85 %. Die beitragspflichtigen Einnahmen der Studenten betragen gemäß § 236 Abs. 1 SGB V – wie soeben dargelegt – 597 Euro. 10,85 % von 597 Euro sind 64,77 Euro ( = Monatsbeitrag ). Änderungen des allgemeinen Beitragssatzes sind auch auf den Studenten-Beitragssatz anzuwenden111. Ob der reduzierte Beitragssatz nach § 245 Abs. 1 SGB V nur für die fiktiven Einnahmen nach § 236 Abs. 1 SGB V oder für alle beitragspflichtigen Einnahmen nach § 236 Abs. 2 SGB V gilt, ist nicht ausdrücklich geregelt. Die nicht auf bestimmte Einnahmen beschränkte Fassung des § 245 Abs. 1 SGB V und das Fehlen einer § 244 Abs. 1 Satz 2 SGB V entsprechenden Regelung sprechen dafür, dass der Beitragssatz auf alle beitragspflichtigen Einnahmen der Studenten anzuwenden ist112. Verbreitet besteht allerdings die Auffassung, dieser Beitragssatz sei nur auf die beitragspflichtigen Einnahmen nach § 236 Abs. 1 SGB V anzuwenden; die §§ 247,248 SGB V seien im Verhältnis zu § 245 SGB V als lex specialis zu werten und die dort geregelten Beitragssätze auch auf beitragspflichtige Renten, Versorgungsbezüge und auf Arbeitseinkommen (§ 236 Abs. 2 SGB V i. V. m. § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2-4 SGB V) der Studenten anzuwenden113. 3.3.1.3. Beitragstragung (§ 250 Abs. 1 Nr. 3 SGB V) Auch hinsichtlich der Beitragstragung gilt für Studenten eine Sonderregelung. Sie tragen ihren Beitrag gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 3 SGB V allein. Dabei erfasst die Regelung nur die fiktiven beitragspflichtigen Einnahmen nach § 236 Abs. 1 SGB V. 3.3.2. Beiträge freiwillig versicherter Studenten Für die Ermittlung der beitragspflichtigen Einnahmen und den Beitragssatz freiwillig weiterversicherter Studenten enthält das SGB V grundsätzlich keine Sonderregelungen. Vielmehr gelten hier die auch für alle sonstigen freiwilligen Mitglieder maßgeblichen beitragsrechtlichen Bestimmungen , nicht aber die - pflichtversicherte Studenten privilegierenden - Vorschriften der §§ 236,245 SGB V. Lediglich für freiwillige Mitglieder, die als Studenten an einer ausländischen staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eingeschrieben sind und für freiwillig weiterversicherte Examenskandidaten sieht das SGB V einige Sonderregelungen vor, die eine beitrags- 109 Vgl. insbesondere § 21 Abs. 3 BAföG 110 Vgl. Rixen, in: Becker/Kingreen, § 236 SGB V Rn. 2; Hebeler, in: Hänlein/Kruse LPK-SGB V, § 236 Rn. 2 111 Vgl. Baier, in: Wagner/Knittel, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 245 SGB V Rn. 5 112 Vgl. Baier, in: Wagner/Knittel, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 245 SGB V Rn. 6 113 So etwa Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 245 SGB V Rn. 8; Ulmer in Beck OK SGB V, § 245 Rn. 3 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 26 rechtliche Gleichstellung dieser Studenten mit pflichtversicherten Inlandsstudenten sicherstellen sollen. Dies führt bei freiwillig weiterversicherten Studenten im Verhältnis zu pflichtversicherten Inlandsstudenten im Ergebnis zu einem wesentlich höheren Beitrag. Im Einzelnen gilt insoweit Folgendes: 3.3.2.1. Beitragspflichtige Einnahmen (§ 240 SGB V) 3.3.2.1.1. Regelungskompetenz des GKV-Spitzenverbandes Die beitragspflichtigen Einnahmen freiwilliger Mitglieder, also die Bemessungsgrundlage, nach der sich – zusammen mit dem Beitragssatz – der Beitrag richtet, sind in § 240 SGB V geregelt. Diese Vorschrift gilt für alle freiwilligen Mitglieder der GKV und damit auch für freiwillig versicherte Studenten. Nach § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. § 240 SGB V überlässt die Regelung der Bemessungsgrundlagen damit der Regelungskompetenz des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, dessen Normsetzungsermessen jedoch durch die gesetzlichen Bestimmungen des § 240 SGB V begrenzt wird114. In Ausgestaltung der Ermächtigungsnorm des § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V hat der GKV-Spitzenverband „Einheitliche Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) vom 27. Oktober 2008, zuletzt geändert am 30. Mai 2011, vorgelegt115. Sie enthalten für alle Krankenkassen verpflichtende Vorgaben zur einheitlichen Bemessung und Erhebung der Beiträge zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung freiwilliger Mitglieder. Es handelt sich bei diesen Bestimmungen um abstrakt-generelle Regelungen sui generis, die das unabgeschlossene Spektrum der Rechtsquellen und Normsetzungsbefugnisse der GKV erweitern116. 3.3.2.1.2. Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds (§ 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V) Die Festlegung der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder muss nach § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V sicherstellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Dies ist ein Erfordernis des in der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Solidaritätsprinzips, wonach jedes Mitglied zur Finanzierung der Aufgaben der Krankenkasse nach seinen wirtschaftlichen Möglichkeiten beiträgt117. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bestimmt sich insoweit nach den Einnahmen und Geldmitteln, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, ohne Rücksicht auf die steuerliche Behandlung118. Welche beitragspflichtigen Einnahmen zur Ermittlung der gesamten 114 Vgl. etwa Rixen, in: Becker/Kingreen, § 240 SGB VRn. 2 115 Abrufbar im Internet unter: http://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/- grundprinzipien_1/finanzierung/beitragsbemessung/Grundsaetze_Beitragsbemessung_Freiwillige__- 30052011.pdf 116 Vgl. Rixen, in: Becker/Kingreen, § 240 SGB V Rn. 2 mit weiteren Nachweisen 117 Vgl. Gerlach, in: Hauck/Noftz, § 240 SGB V Rn. 45 118 Vgl. die Gesetzesbegründung zum GRG in: BT- Drs. 11/2237 S. 225 zu Art. 1 § 249 Abs. 1 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 27 wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen sind, wird vom GKV-Spitzenverband in § 3 Abs. 1 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler konkretisiert. Zu den beitragspflichtigen Einkünften der freiwillig Versicherten zählen danach das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung. 3.3.2.1.3. Die allgemeine Mindesteinnahmen-Regelung des § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V Der Grundsatz der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gemäß § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V wird durch die gesetzlich festgelegte Mindestbemessungsgrundlage des § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V eingeschränkt119. Eine darüber hinausgehende Einrichtung von weiteren Mindestbemessungsgrundlagen ist auch durch Festlegung des GKV-Spitzenverbandes im Rahmen seiner Regelungskompetenz des § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht möglich120. Nach § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V gilt - vorbehaltlich der in den Sätzen 2 bis 8 geregelten Ausnahmen – als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag mindestens der 90. Teil der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV, was in § 3 Abs. 3 der vorgenannten Grundsätze des GKV-Spitzenverbandes wiederholt wird. Aus dieser Regelung ergibt sich als beitragspflichtige Einnahme für den Monat zu dreißig Tagen (vgl. § 223 Abs. 2 Satz 2 SGB V) ein Drittel der monatlichen Bezugsgröße121. Das führt – multipliziert mit dem allgemeinen Beitragssatz von 15,5 vom Hundert gemäß § 241 SGB V – für die GKV ab dem 1. Januar 2012 zu einem monatlichen Mindestbeitrag in Höhe von 135,62 Euro 122. Infolge der Fiktion von Mindesteinnahmen werden hier Beiträge von Mitgliedern erhoben, obwohl bei ihnen – wie etwa bei Studenten – Einnahmen nicht oder nicht in dieser Höhe vorhanden sind. Das trägt dem Versicherungsprinzip Rechnung: Auch wer keine oder nur geringe Einnahmen hat, soll gewisse Beiträge entrichten und nicht kostenlos krankenversichert sein123. Die Rechtsprechung hat die mit dem Inkrafttreten des SGB V am 1. Januar 1989 vorgenomme Verdoppelung der Mindestbeiträge nicht beanstandet124. Ein Unterschreiten der gesetzlichen Mindestgrenze durch den Spitzenverband Bund oder durch eine Krankenkasse ist unzulässig, soweit nicht das Gesetz selbst in § 240 Abs. 4 Satz 2 bis 8 SGB V Ausnahmen zulässt. Anderseits dürfen keine höheren Mindesteinnahmen als die gesetzlich festgelegten bestimmt, Mindestgrenze und Mindestbeitrag also nicht angehoben werden125. 119 Vgl. etwa Gerlach, in: Hauck/Noftz, § 240 SGB V Rn. 122; Rixen, in: Becker/Kingreen, § 240 SGB V Rn. 9 120 Vgl. Gerlach, in: Hauck/Noftz, § 240 SGB V Rn. 122 121 Vgl. Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 240 SGB V Rn. 50 122 Vgl. Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 240 SGB V Rn. 50 123 Vgl. Rixen, in: Becker/Kingreen, § 240 SGB V Rn. 9; Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 240 SGB V Rn. 50 124 Vgl. BSGE 70, 13 = SozR 3-2500 § 240 SGB V Nr. 6; BSG SozR 3- 2500 § 240 SGB V Nr. 7; BSG SozR 3-2300 § 240 Nr. 2 und Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts in SozR 3-2300 § 240 Nr. 3 125 So zunächst für eine Rückwirkung BSGE 70,149 = SozR 3-2500 § 240 SGB V Nr. 8, dann allgemein für Selbstständige BSGE 71,137 = SozR 3-2500 § 240 SGB V Nr. 9 = NZS 1993, 77 und für Sozialhilfeempfänger BSGE 71, 237 = SozR 3-2500 § 240 SGB V Nr. 12 = NZS 1993,309 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 28 3.3.2.1.4. Sonderreglung für Auslandsstudenten (§ 240 Abs. 4 Satz 7 SGB V) Nach § 240 Abs. 4 Satz 7 SGB V gilt für freiwillige Mitglieder, die als Studenten an einer ausländischen staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eingeschrieben sind, § 236 SGB V (beitragspflichtige Einnahmen versicherungspflichtiger Studenten126) in Verbindung mit § 245 Abs. 1 SGB V (ermäßigter Beitragssatz für versicherungspflichte Studenten127) entsprechend. Das führt im Allgemeinen zu einem wesentlich niedrigeren Beitrag als dem Mindestbeitrag, der sich nach Satz 1 des § 240 Abs. 4 SGB V ergeben hätte128 und der dem Gesetzgeber für diese Gruppe als zu hoch erschien. Die Regelung des § 240 Abs. 4 Satz 7 SGB V geht auf Art. 1 Nr. 157 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26. März 2007129 zurück und ist mit Wirkung vom 1. April 2007 in Kraft getreten. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten Studenten, die an ausländischen staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben waren, kein Anrecht auf diese Vergünstigung. Der Gesetzgeber des GKV- Wettbewerbsstärkungsgesetzes hat die beitragsrechtliche Gleichstellung dieser Auslandsstudenten mit pflichtversicherten Inlandsstudenten im Hinblick auf die immer weiter fortschreitende internationale Verflechtung der Wirtschafts- und Arbeitsbeziehungen und die zunehmende Mobilität der Studenten130 für erforderlich gehalten. Weil Auslandsstudenten nur gleichbehandelt, nicht aber privilegiert werden sollen, unterliegt die Bemessung der Beiträge hier den gleichen Einschränkungen wie bei Inlandsstudenten131. 3.3.2.2. Beitragssatz 3.3.2.2.1. Grundsätzliche Geltung des allgemeinen Beitragssatzes nach § 241 SGB V Für freiwillig versicherte Inlandsstudenten gilt - wie bereits erwähnt - grundsätzlich nicht der für versicherungspflichtige Studenten maßgebliche ermäßigte Beitragssatz nach § 245 Abs. 1 SGB V132, sondern der allgemeine Beitragssatz gemäß § 241 SGB V in Höhe von 15,5 Prozent der nach § 240 SGB V beitragspflichtigen Einnahmen. 3.3.2.2.2. Geltung des ermäßigten Beitragssatzes nach § 245 Abs. 1 SGB V für freiwillig weiterversicherte Examenskandidaten (§ 245 Abs. 2 SGB V) Gemäß § 245 Abs. 2 SGB V gilt der ermäßigte Beitragssatz nach § 245 Abs. 1 SGB V auch für Personen , deren Mitgliedschaft in der studentischen Krankenversicherung nach § 190 Abs. 9 SGB V endete und die sich gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V freiwillig weiterversichert haben, bis zu der das Studium abschließenden Prüfung, jedoch längstens für die Dauer von sechs Monaten. 126 Vgl. hierzu oben zu Gliederungspunkt 3.3.1.1 127 Vgl. hierzu oben zu Gliederungspunkt 3.3.1.2 128 Vgl. hierzu vorstehend zu Gliederungspunkt 3.3.2.1.2 129 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV- Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) vom 26. März 2007, BGBl. I S. 378 130 Vgl. die Gesetzesbegründung in: BT Drs. 16/42 S. 111 und in BT Drs. 16/4247 S. 53f jeweils zu Art. 1 Nr. 157 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) 131 Vgl. Bernsdorff, in: jurisPK-SGB V, § 240 Rn. 40 132 Zum ermäßigten Beitragssatz für versicherungspflichtige Studenten vgl. oben zu Gliederungspunkt 3.3.1.2 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 29 Nach § 190 Abs. 9 SGB V endet die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Studenten einen Monat nach Ablauf des Semesters, für das sie sich zuletzt eingeschrieben oder zurückgemeldet haben . Die Beitragssatzermäßigung gemäß § 245 Abs. 1 SGB V gilt damit auch für diese ehemaligen Studenten in der Vorbereitungszeit vor ihrer Abschlussprüfung (insbesondere Examenskandidaten )133. Aus der ausdrücklichen Bezugnahme auf § 190 Abs. 9 SGB V folgt, dass § 245 Abs. 2 SGB V nicht anwendbar ist, wenn die Versicherungspflicht als Student wegen Erreichens der Höchststudiendauer von 14 Fachsemestern oder des Höchstlebensalters von 30 Jahren gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V endet und keine hinreichenden Gründe im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 SGB V vorliegen, die diese Überschreitung rechtfertigen134. Dies folgt auch aus der Gesetzesbegründung zum GRG135. Grund für die mit der Regelung des § 245 Abs. 2 SGB V geltende Erstreckung der Beitragssatzermäßigung auf Personen in der Vorbereitung der das Studium abschließenden Prüfung ist hiernach, dass die soziale Situation der Prüfling mit der der Studenten vergleichbar ist. Entscheidend für die Anwendbarkeit des § 245 Abs. 2 SGB V ist, dass der ehemalige Student eine das Studium abschließende Prüfung noch abzulegen hat und dazu nach der Prüfungsordnung berechtigt ist. Außerdem muss er gewillt sein, die studiumsabschließende Prüfung zu absolvieren . Als studiumsabschließende Prüfung im Sinne dieser Vorschrift gilt der nach der jeweiligen Prüfungsordnung für das konkrete Prüfungsziel (etwa Bachelor, Master, Magister, Diplom, Staatsexamina ) vorgesehene letzte Prüfungsschritt. Es muss allerdings nicht der frühestmögliche Prüfungstermin gewählt werden. Der Prüfungstermin muss auch nicht innerhalb der Sechs-Monats- Frist des § 190 Abs. 9 SGB V liegen; allerdings ist nach § 245 Abs. 2 letzter Halbsatz SGB V die Beitragssatzermäßigung des § 245 Abs. 1 SGB V hier längstens für sechs Monate anwendbar. 3.3.2.3. Tragung der Beiträge (§ 250 Abs. 2 SGB V) Nach § 250 Abs. 2 SGB V tragen freiwillige Mitglieder und damit auch freiwillig versicherte Studenten den Beitrag allein. 3.4. Zwischenfazit Die gesetzliche Krankenversicherung bietet Studenten während ihres Studiums einen ausreichenden und kostengünstigen Krankenversicherungsschutz136. Durch die Familienversicherung sind Studenten unter den in § 10 SGB V genannten Voraussetzungen für eine bestimmte Zeit versichert , ohne dass insoweit vom Mitglied der Krankenkasse – in der Regel einem Elternteil des Studenten – gesonderte Beiträge zu entrichten wären; anschließend greift die Versicherungspflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V. Innerhalb der bestehenden Altersgrenzen ist die erfolgreiche Durchführung eines Studiums – oder aber auch dessen Abbruch – im Regelfall möglich; für Härtefälle ermöglicht § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 SGB V die weitergehende Gewährung des Kranken- 133 Vgl. die Begründung zum GRG in: BT- Drs. 11/2237, 226 134 Vgl. Baier, in: Wagner/Knittel, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 245 SGB V Rn. 7; Propp, in: jurisPK-SGB V, § 245 Rn. 25 135 Vgl. BT- Drs. 11/2237, S. 226 136 Zu beachten ist allerdings, dass Studenten gemäß § 44 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 1 SGB V weder über § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V noch als Familienversicherte gemäß § 10 SGB V Anspruch auf Krankengeld haben; im Übrigen haben sie Anspruch auf alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 30 versicherungsschutzes. Für die Ermittlung der beitragspflichtigen Einnahmen, den Beitragssatz und die Beitragstragung pflichtversicherter Studenten enthält das SGB V spezielle Vorschriften, die den sozial schwachen Status des Auszubildenden ebenso berücksichtigen wie die Interessen der Krankenkasse am Erhalt der Beiträge. Auf der anderen Seite hat der Student bei Wegfall der Versicherungspflicht – beispielsweise wegen Erreichens der Altersgrenzen – die Möglichkeit der freiwilligen Weiterversicherung nach § 9 SGB V, allerdings zu einem wesentlich höheren Beitrag. 4. Vereinbarkeit der Altersbegrenzung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V mit anderen Normen Nachfolgend ist nun der Frage nachzugehen, ob die Altersgrenze von 30 Jahren nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V mit anderen Normen, insbesondere mit solchen höherrangigen Rechts, vereinbar ist. 4.1. Vereinbarkeit der Altersgrenze des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V mit Normen des einfachen Bundesrechts 4.1.1. Vereinbarkeit mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom 14. August 2006 Das „ Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)“ vom 14. August 2006 wurde als Artikel 1 des „Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung“ ( GleiBehUmsG ) vom selben Tag verkündet137 und mit Wirkung zum 18. August 2006138 in Kraft getreten. Mit diesen Gesetzen hat der deutsche Gesetzgeber unter anderem das gemeinschaftsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung nach der „Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“139 innerstaatlich umgesetzt. Das AGG verfolgt unter anderem das Ziel, Benachteiligungen aus Gründen des Alters zu verhindern oder zu beseitigen (§ 1 AGG). Ein Verstoß der in § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V festgelegten Altersgrenze von 30 Jahren gegen Bestimmungen des AGG kommt jedoch von vornherein nur dann in Betracht, wenn in dem hier zu beurteilenden Sachverhalt der Anwendungsbereich des AGG eröffnet ist. Dies ist indes nicht der Fall: Nach der Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 1 AGG, mit der nach der Regierungsbegründung zum AGG140 den Anforderungen der Richtlinien 2000/43/EG141, 2000/78/EG142 und 2002/73/EG143 im 137 BGBl. I S. 1897 138 Vgl. Art. 4 des Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung 139 ABl EG vom 2. Dezember 2000 - L 303 S. 16ff 140 Vgl. BTDrs. 16/1780 S. 32 141 Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (ABl. EG Nr. L 180 S. 22) 142 Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG Nr. L 303 S. 16) 143 Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 31 Bereich des Sozialschutzes Rechnung getragen wird, gelten für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) – und damit auch für solche nach dem SGB V – ausschließlich die dort durch Art. 3 des GleiBehUmsG neu eingefügten Benachteiligungsverbote der §§ 33c SGB I144 und § 19a SGB IV. Diese Bestimmungen werden ihrerseits durch zwei weitere – in § 2 Abs. 2 Satz 1 AGG allerdings nicht genannte – Vorschriften, die §§ 36 Abs. 2 SGB III145, 36 Satz 3 SGB IX146, ergänzt, die ebenfalls durch Art. 3 des GleiBehUmsG in einzelne Leistungsgesetze des Sozialgesetzbuchs eingefügt worden sind und weitere sozialrechtliche Diskriminierungsverbote enthalten. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 AGG gelten somit für sämtliche, dem SGB unterfallenden Berechtigungen und Verpflichtungen ausschließlich die in den einzelnen Büchern des SGB jeweils enthaltenen sozialrechtlichen Diskriminierungsverbote147. Dies bedeutet, dass das AGG – wie sich aus einem Umkehrschluss aus § 2 Abs. 2 Satz 1 AGG ergibt148 - für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch keine Anwendung findet; es wird vielmehr durch die neu in das SGB aufgenommenen Sonderbestimmungen über sozialrechtliche Benachteiligungsverbote in den §§ 33c SGB I, 36 Abs. 2 SGB III, 19a SGB IV und § 36 Satz 3 SGB IX verdrängt149. Im Ergebnis nichts anderes gilt, wenn man mit einer im Schrifttum zum Teil vertretenen Auffassung die §§ 33c SGB I und 19a SGB IV als spezialgesetzliche Ausformungen der Benachteiligungsverbote gemäß § 7 Abs. 1 AGG und § 19 Abs. 1 AGG ansieht150. Das AGG findet auf öffentlich-rechtliche Leistungen – wie dargelegt – aber schon im Ausgangspunkt keine Anwendung151. Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass die Altersgrenze von 30 Jahren in § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V nicht gegen Regelungen des AGG verstößt, da gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 AGG schon der Anwendungsbereich dieses Gesetzes nicht eröffnet ist. Dass der Diskriminierungsschutz hinsichtlich der Inanspruchnahme sozialer Rechte nach dem SGB gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 AGG nicht dem AGG, sondern den Bestimmungen der §§ 33c SGB I, Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. EG Nr. L 269 S. 15) 144 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil - (Art. 1 des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015), zuletzt geändert durch Art. 11 des Gesetzes vom 23. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2246) 145 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (Art. 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 23. Oktober 2012 (BGBl. I S.2246) 146 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – (Art. 1 des Gesetzes vom 19. Juni 2001, BGBl. I S. 1046), zuletzt geändert durch Art. 13 Abs. 26 des Gesetzes vom 12. April 2012 (BGBl. I S. 579) 147 Vgl. Eichenhofer, in: Däubler/Bertzbach, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, § 2 Rn. 105 148 Vgl. Adomeit/Mohr, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), § 2 Rn. 179 149 Vgl. den Gesetzesentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in: BT-Drs. 16/1780, S. 32; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. Juni 2010 - L 16 KR 271/09, Rn. 44 (juris); BSG, Urteil vom 25. Juni 2009 – B 3 KR 7/08 R - SozR 4-2500 § 27a SGB V Nr. 8 Rn. 18; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 20. Mai 2009 - L 13 R 561/08 - Rn. 31 (juris); Schlachter, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 2 AGG Rn. 15; Meinel/Heyn/Herms, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, § 2 Rn. 54; Roloff, in: Beckcher Online -Kommentar Arbeitsrecht, § 2 AGG Rn. 20; Adomeit/Mohr, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), § 2 Rn. 171 150 So Bauer/Göpfert/Krieger, § 2 AGG Rn. 45 151 Vgl. Adomeit/Mohr, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), § 2 Rn. 179 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 32 36 Abs. 2 SGB III, 19a SGB IV, 36 Satz 3 SGB IX überantwortet ist, die Regelungen des AGG mithin von diesen sozialrechtlichen Sonderregelungen verdrängt werden, gilt allerdings nur hinsichtlich des materiell-rechtlichen Diskriminierungsschutzes. Die Vorschriften des AGG etwa über die Antidiskriminierungsstelle (§§ 25ff AGG) sind hingegen auch im sozialrechtlichen Kontext zu beachten. Deshalb kann sich jeder an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wenden, der der Ansicht ist, wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt worden zu sein – und zwar auch hinsichtlich der Inanspruchnahme sozialer Rechte nach dem SGB152. 4.1.2. Vereinbarkeit mit den sozialrechtlichen Diskriminierungsverboten des SGB Die in § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V festgelegte Altersgrenze von 30 Jahren verstößt auch nicht gegen die im SGB spezialgesetzlich geregelten sozialrechtlichen Benachteiligungsverbote, von denen im vorliegenden Zusammenhang allenfalls die Bestimmungen der §§ 19a SGB IV und § 33c SGB I in Betracht kommen. 4.1.2.1. Das Benachteiligungsverbot des § 19a SGB IV Die Bestimmung des § 19a SGB IV wurden durch Art. 3 Abs. 9 Nr. 3 des Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung (GleiBehUmsG) vom 14. August 2006153 zeitgleich mit dem Inkrafttreten des AGG in das SGB IV eingefügt und ist im Zuge der Bekanntmachung der Neufassung des SGB IV vom 12. November 2009154 nicht geändert worden. Nach Satz 1 dieser Vorschrift darf bei der Inanspruchnahme von Leistungen, die den Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Berufsberatung, der Berufsbildung , der beruflichen Weiterbildung, der Umschulung einschließlich der praktischen Berufserfahrung betreffen, niemand aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt werden. Gemäß § 19a Satz 2 SGB IV können Ansprüche nur insoweit geltend gemacht oder hergeleitet werden, als deren Voraussetzungen und Inhalt durch die Vorschriften der besonderen Teile des SGB im Einzelnen bestimmt sind. Gegen das hierdurch begründete Benachteiligungsverbot verstößt der altersbezogene Ausschluss aus der Studentischen Krankenversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V jedoch in keiner Weise. Das Verbot der Benachteiligung u.a. aus Gründen des Alters nach § 19a SGB IV ist im vorliegenden Zusammenhang ersichtlich nicht einschlägig, da der Diskriminierungsschutz nach dieser Vorschrift gegenständlich auf Leistungen mit dem Ziel der Berufsberatung, der Berufsbildung, der beruflichen Weiterbildung und der Umschulung beschränkt ist155. 152 Vgl. Gutzeit, in: jurisPK-SGB IV, § Rn. 4; Thüsing, in: Münchener Kommentar-BGB, § 27 AGG Rn. 13, der zu Recht drauf hinweist, die Zuständigkeit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes reiche über den Anwendungsbereich des Gesetzes hinaus; vgl. ferner Seewald, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 33c SGB I Rn. 55 153 BGBl. I S. 1897 154 BGBl. I S. 3710 155 Vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Februar 2008 - L 5 KR 93/07 - juris Rn. 34; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Juni 2010 - L 16 KR 271/09 - juris Rn. 44; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 20. Mai 2009 - L 13 R 561/08 - juris Rn. 31; BSG, Urteil vom 25. Juni 2009 - B 3 KR 7/08 R – SozR 4-2500 § 27a SGB V Nr. 8 Rn. 18; Bigge, in: Eichenhofer/Wenner, Kommentar zum Sozialgesetzbuch I, IV, X, § 19a SGB IV Rn. 4; Gutzeit, in: jurisPK-SGB IV, § 19a SGB IV Rn. 5 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 33 4.1.2.2. Das Benachteiligungsverbot des § 33c SGB I Die Altersgrenze des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V verstößt auch nicht gegen die durch Art. 3 Abs. 7 Nr. 2 GleiBehUmsG mit Wirkung vom 18. August 2006 neu in das SGB I eingefügte Bestimmung des § 33c SGB I, da diese Vorschrift nach der Binnensystematik des SGB zwar uneingeschränkt für alle Sozialleistungsbereiche des SGB – und damit auch für das SGB V – gilt (vgl. § 37 Satz 2 SGB I), die hierdurch für die Inanspruchnahme sozialer Rechte begründeten Benachteiligungsverbote aber nur Differenzierungen nach der Rasse, der ethnischen Herkunft oder einer Behinderung betreffen , nicht aber den Differenzierungsgrund des Alters (§ 33c Satz 1 SGB I). § 33c Satz 1 SGB I enthält damit kein Verbot, bei der Gewährung von Leistungen an das Alter anzuknüpfen156. Zudem trifft § 33c Satz 2 SGB I die ausdrückliche Regelung, dass Leistungsansprüche unmittelbar aus § 33c Satz 1 SGB I nicht abgeleitet werden können, sondern sich nach den einschlägigen Bestimmungen der besonderen Teile des SGB richten. 4.2. Vereinbarkeit der Altersgrenze des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V mit höherrangigem Recht Gegen die vom Gesetzgeber in § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V festgelegte Altersgrenze von 30 Jahren bestehen auch keine europa- oder verfassungsrechtlichen Bedenken. Insoweit mögen die nachfolgenden Hinweise genügen. 4.2.1. Vereinbarkeit mit dem gemeinschaftsrechtlichen Verbot der Altersdiskriminierung nach der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 Dass die Altersbegrenzung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V bei der Umsetzung des gemeinschaftsrechtlichen Verbots der Altersdiskriminierung nach der “Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“157 bei der innerstaatlichen Umsetzung dieser Rahmen- Richtlinie durch das GleiBehUmsG158 unverändert beibehalten worden ist, bleibt hinter den europarechtlichen Vorgaben nicht zurück, da der hier zu beurteilende Sachverhalt schon vom Anwendungsbereich dieser Rahmen-Richtlinie nicht erfasst wird159. Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 stellt vielmehr ausdrücklich klar, dass diese Richtlinie nicht für Leistungen jeder Art seitens der staatlichen Systeme oder der damit gleichgestellten Systeme einschließlich der staatlichen Systeme der sozialen Sicherheit oder des sozialen Schutzes gilt. Dass bei dem hier in Rede stehenden Sachverhalt bereits der sachliche Anwendungsbereich der Rahmen-Richtlinie nicht eröffnet ist, gilt selbst dann, wenn trotz der Regelung in Art. 3 Abs. 3 der Rahmen-Richtlinie zumindest partiell auch die Gewährung von Sozialleis- 156 Vgl. etwa Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Februar 2008 – L 5 KR 93/07 - juris Rn. 34; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Juni 2010 - L 16 KR 271/09 - juris Rn. 44; BSG, Urteil vom 25. Juni 2009 - B 3 KR 7/08 R – SozR 4-2500 § 27a SGB V Nr. 8 Rn. 18; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 20. Mai 2009 - L 13 R 561/08 - juris Rn. 31; Gutzeit,in: jurisPK-SGB IV, § 19a Rn. 5 157 ABl. EG vom 2. Dezember 2000 – L 303 S. 16ff 158 BGBl. I S. 1897 159 Vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Juni 2010 - L 16 KR 271/09 - juris Rn. 45; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Februar 2008 - L 5 KR 93/07 - juris Rn. 35; BSG, Urteil vom 25. Juni 2009 - B 3 KR 7/08 R - SozR 4-2500 § 27a SGB V Nr. 8 Rn. 19-20 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 34 tungen erfasst sein sollte160. Denn die Altersgrenze des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V hat keine mittelbar berufsbezogene Regelungswirkung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchstabe a) der Rahmen- Richtlinie („Bedingungen – einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen - für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit, unabhängig vom Tätigkeitsfeld und beruflicher Position, einschließlich des beruflichen Aufstiegs“)161. Wollte man ihr eine solche Wirkung gleichwohl beimessen, so wäre die Differenzierung u.a. nach dem Alter gleichwohl durch ein legitimes Gemeinwohlinteresse gerechtfertigt, nämlich die Begrenzung der beitragsermäßigten, günstigen Pflichtversicherung auf Unterdreißigjährige bzw. auf solche Studenten , die das 14. Fachsemester noch nicht überschritten haben, u.a. zur Missbrauchsabwehr bei Langzeitstudenten, denen ein ernsthafter Wille zur Beendigung des Studiums fehlt162. Da die „Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft“163 nach ihrem Regelungsgehalt – Rasse/ethnische Herkunft – den vorliegenden Fall – Alter - ebenfalls nicht erfassen kann, ist zusammenfassend festzustellen, dass die Altersbegrenzung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstößt und keine Verpflichtung des bundesdeutschen Gesetzgebers existiert, das Verbot der Altersdiskriminierung für die einzelnen Teile des Sozialgesetzbuches zu regeln164. 4.2.2. Verfassungsmäßigkeit der Altersbegrenzung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V Die Altersbegrenzung auf das 30. Lebensjahr in § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V genügt schließlich auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen insbesondere des allgemeinen Gleichheitssatzes in Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG)165. 4.2.2.1. Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG Vom Bundesverfassungsgericht ist bereits mehrfach entschieden worden, dass es in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers liegt, den Mitgliederkreis der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) einerseits danach abzugrenzen, welcher Personenkreis zur Bildung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich ist, und andererseits danach, welche Personen deren Schutz 160 In diesem Sinne Bieback, Beziehen sich die Diskriminierungsverbote der Rahmenrichtline 2000/78/EG auch auf das deutsche Sozialrecht?, in: ZESAR 2006 S. 143 (145); ähnlich Husmann, Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und seine Auswirkungen auf das Sozialrecht (Teil I), in: ZESAR 2007, S. 13 (15) 161 Vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Juni 2010 - L 16 KR 271/09 - juris Rn. 45; BSG, Urteil vom 25. Juni 2009 - B 3 KR 7/08 R - SozR 4-2500 § 27a SGB V Nr. 8 Rn. 19-20 162 Vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Juni 2010 - L 16 KR 271/09 - juris Rn. 45; zu den Gründen für die zeitlichen Grenzen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V vgl. oben eingehend zu Gliederungspunkt 3.1.3.1 163 ABl. L 180 vom 19. Juli 2000, S. 22ff 164 Vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Juni 2010 - L 16 KR 271/09 - juris Rn. 45; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Februar 2008 - L 5 KR 93/07 - juris Rn. 35; Baier, in: Wagner/Knittel, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 5 SGB V Rn. 34 165 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III ,Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 11. Juli 2012 (BGBl. I S. 1478) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 35 benötigen. In diesem Zusammenhang hat das Bundesverfassungsgericht stets betont, dass es sich bei der Sicherung der finanziellen Stabilität und damit der Funktionsfähigkeit der GKV um einen überragend wichtigen Gemeinwohlbelang handelt166. Der dem Gesetzgeber hierbei eröffnete Rahmen zur typisierenden Ausgestaltung der Pflichtmitgliedschaft in der Studentischen Krankenversicherung wird durch die Regelung in § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V nach – soweit ersichtlich - allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung167 und Literatur168 nicht überschritten. Die für die Einführung einer Altersgrenze bzw. Höchstgrenze der Studiendauer für Studenten sprechenden Sachgründe, die oben169 im Einzelnen dargelegt worden sind, haben vielmehr ein die Begrenzung rechtfertigendes Gewicht, zumal der Gesetzgeber über den zweiten Halbsatz des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V eine Härteregelung getroffen hat170, die es ermöglicht, von der typisierenden generellen Regelung, die dem ersten Halbsatz des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V zu Grunde liegt, abzuweichen und – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – auch über die Vollendung des 30. Lebensjahres hinaus noch eine Pflichtmitgliedschaft in der Studentischen Krankenversicherung anzunehmen 171. Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 30. September 1992172 ausgeführt, der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sei durch die Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V nicht verletzt, weil die Begrenzung der Krankenversicherung der Studenten nach dem Alter und nicht nur nach der Fachstudienzeit nicht zu einer sachwidrigen Ungleichbehandlung führe. Zwar sei nach dem Referentenentwurf des GRG eine Begrenzung der KVdS lediglich nach der Dauer der Studienzeit (18 Semester) vorgesehen gewesen. Doch habe sich der Gesetzgeber, der die Anknüpfungspunkte seiner Regelung grundsätzlich selbst wählen könne, auch dafür entscheiden können, neben einer Begrenzung nach der (Fach-)Studienzeit von nur 14 Semestern eine Altersgrenze von 30 Jahren einzuführen. Dies werde dadurch gerechtfertigt, dass in dem Altersabschnitt unterhalb dieser Grenze Leistungen der Krankenversicherung unterdurchschnittlich in Anspruch genommen würden, weil der Gesundheitszustand im Allgemeinen gut sei und beitragsfrei versicherte Familienangehörige seltener und erst im Laufe der Zeit hinzukämen. Besonderheiten , die sich bei einzelnen Studenten höheren Alters ergäben, habe der Gesetzgeber bei einer verallgemeinernden Regelung unberücksichtigt lassen dürfen. 166 Vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 4. Februar 2004 – 1 BvR 1103/03 - SozR 4-2500 § 5 SGB V Nr. 1 Rn. 17; BVerfGE 103, 172 (184f) = SozR 3-5520 § 25 Nr. 4 unter Bezugnahme auf BVerfGE 70,1 (30); 82,209 (230) = SozR 2200 § 376d RVO Nr. 1 167 Vgl. BSG, Urteil vom 30. September 1992 – 12 RK 35/91 - SozR 3-2500 § 5 SGB V Nr. 5 S. 19f; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Juni 2010 – L 16 KR 271/09 – juris Rn. 46 168 Vgl. etwa Felix, in: jurisPK-SGB V § 5 Rn. 65; Baier, in: Wagner/Knittel, Soziale Krankenversicherung /Pflegeversicherung, § 5 SGB V Rn. 14; Zimmermann, in: Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrecht , § 4 Rn. 28 in Fußnote 86; Peters ,in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 5 SGB V Rn. 92; Felix , Studenten und gesetzliche Krankenversicherung ,in: NZS 2000, 477 (478) 169 Vgl. oben zu Gliederungspunkt 3.1.3.1 170 Zu den Verlängerungstatbeständen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 SGB V vgl. eingehend oben zu Gliederungspunkt 3.1.2.3 171 Vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Juni 2010 – L 16 KR 271/09 – juris Rn. 46 172 12 RK 35/91 – SozR 3-2500 § 5 SGB V Nr. 5 S. 19f Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 36 4.2.2.2. Vereinbarkeit mit dem Grundrecht auf freie Berufswahl nach Art. 12 Abs. 1 GG Die Altersgrenze des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V hat schließlich auch keinen die Berufswahl unmittelbar regelnden Charakter und verletzt daher nicht das Grundrecht auf freie Berufswahl nach Art. 12 Abs. 1 GG. 5. Literaturverzeichnis Adomeit, Klaus/Mohr, Jochen, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), Kommentar zum AGG und zu anderen Diskriminierungsverboten, 2. Auflage, Richard Boorberg Verlag , Stuttgart /München/Hannover 2011 Bauer, Jobst-Hubertus/Göpfert, Burkard/Krieger, Steffen, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Kommentar, 3. Auflage, Verlag C. H. Beck, München 2011 Becker, Ulrich/Kingreen, Thorsten, SGB V: Gesetzliche Krankenversicherung, Kommentar, 3. Auflage, Verlag C. H. Beck, München 2012 Beck’scher Online-Kommentar Arbeitsrecht, herausgegeben von Christian Rolfs, Richard Giesen, Ralf Kreikebohm und Peter Udsching, Edition 25, Stand: 1. September 2012 Bieback, Karl-Jürgen, Beziehen sich die Diskriminierungsverbote der Rahmenrichtlinie 2000/78/EG auch auf das deutsche Sozialrecht?, in: Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht (ZESAR), 2006, S. 143-149 Bress, Dieter, Versicherung der Studenten und Praktikanten, 4. Auflage, Asgard-Verlag Dr. Werner Hippe GmbH, Sankt Augustin 2006 Däubler, Wolfgang/Bertzbach, Martin, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Handkommentar, 2. Auflage, Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2008 Eichenhofer, Eberhard/Wenner, Ulrich, Kommentar zum Sozialgesetzbuch I, IV, X, Luchterhand, Köln 2012 Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, herausgegeben von Rudi Müller-Glöge, 12. Auflage, Verlag C. H. Beck, München 2012 Felix, Dagmar, Studenten und gesetzliche Krankenversicherung, in: Neue Zeitschrift für Sozialrecht (NZS), 2000, S. 477- 485 Hänlein, Andreas/Kruse, Jürgen/Schuler, Rolf, Sozialgesetzbuch V: Gesetzliche Krankenversicherung , Lehr- und Praxiskommentar, 4. Auflage, Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2012 Hauck, Karl/Noftz, Wolfgang, SGB V: Gesetzliche Krankenversicherung, Kommentar, Loseblattwerk , Aktualisierungsstand: 06/11, Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG, Berlin 2011 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-128/12 Seite 37 Husmann, Manfred, Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und seine Auswirkungen auf das Sozialrecht (Teil I), in: Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht (ZESAR) 2007, S. 13-20 jurisPraxisKommentar SGB I: Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – mit VO (EG) 883/2004, herausgegeben von Thomas Voelzke, 2. Auflage, juris GmbH, Saarbrücken 2012 jurisPraxisKommentar SGB IV: Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung –, herausgegeben von Rainer Schlegel, 2. Auflage, juris GmbH, Saarbrücken 2011 jurisPraxisKommentar SGB V: Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung –, herausgegeben von Klaus Engelmann und Rainer Schlegel, 2. Auflage, juris GmbH, Saarbrücken 2012 Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, herausgegeben von Stephan Leitherer, Loseblattwerk , Stand: 74. Ergänzungslieferung 1. Juni 2012, Verlag C. H. Beck, München 2012 Krengel, Wolfgang, Das Gesetz über die Krankenversicherung der Studenten, in: Die Betriebskrankenkasse (BKK), Zeitschrift des Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen, 1975, S. 266- 271 Meinel, Gernod/Heyn, Judith/Herms, Sascha, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitsrechtlicher Kommentar, 2. Auflage, Verlag C. H. Beck, München 2010 Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 1: Allgemeiner Teil, §§ 1- 240/ProstG/AGG, 6. Auflage, Verlag C. H. Beck, München 2012 Peters, Horst, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II – Sozialgesetzbuch V, Ausführliche Erläuterungen zum Fünften Buche des Sozialgesetzbuchs und zu weiteren die Krankenversicherung betreffenden Gesetzen, Loseblattwerk, 19. Auflage Bearbeitungsstand: 78. Ergänzungslieferung , 1. Januar 2012, Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2012 Schaller, Joachim, Die studentische Krankenversicherung nach der „Gesundheitsreform“, in: Zentralblatt für Sozialversicherung, Sozialhilfe und Versorgung (ZfS), Zeitschrift für das Recht der Sozialen Sicherheit, 1990, S. 33-54 Schleusener, Aino/Suckow, Jens/Voigt, Burkhard, AGG, Kommentar zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz , 3. Auflage, Luchterhand, Köln 2011 Sodan, Helge, Handbuch des Krankenversicherungsrechts, Verlag C. H. Beck, München 2010 Wagner, Regine/Knittel, Stefan (Hrsg.), Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Kommentar , Loseblattwerk, Stand: Juni 2012, Verlag C. H. Beck, München 2012