Deutscher Bundestag Früherkennungsuntersuchungen für Kinder in Deutschland - Leistungsangebote der Gesetzlichen Krankenversicherung und landesrechtliche Regelungen zur Steigerung ihrer Inanspruchnahme Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste © 2009 Deutscher Bundestag WD 9 – 3000 - 113/2009 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 2 Früherkennungsuntersuchungen für Kinder in Deutschland - Leistungsangebote der Gesetzlichen Krankenversicherung und landesrechtliche Regelungen zur Steigerung ihrer Inanspruchnahme Aktenzeichen: WD 9 – 3000 - 113/2009 Abschluss der Arbeit: 25. Januar 2010 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 3 Inhaltsverzeichnis Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 4 - Zusammenfassung - 7 1. Einleitung und Problemstellung 12 2. Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten im Säuglings-, Kleinkind- und Jugendalter nach den bundesrechtlichen Bestimmungen der §§ 26, 25 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 2 SGB V i. V. m. den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen 15 2.1. Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres 15 2.1.1. Gesetzliche Grundlage 15 2.1.2. Die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres („Kinder- Richtlinien“) 16 2.2. Jugendgesundheitsuntersuchung 18 2.2.1. Gesetzliche Grundlage 18 2.2.2. Die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur Jugendgesundheitsuntersuchung 18 2.3. Zusammenwirken der Krankenkassen mit den für die Kinder- und Gesundheitspflege durch Landesrecht bestimmten Stellen (§ 26 Abs. 3 SGB V) 20 3. Die derzeitigen gesetzlichen und sonstigen landesrechtlichen Regelungen zur Steigerung der Inanspruchnahme kinderärztlicher Früherkennungsuntersuchungen im Sinne der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen nach § 26 Abs. 2 i. V. m. § 25 Abs. 4 Satz 2 SGB V 21 3.1. Überblick 21 3.1.1. Bundesländer, in denen ein zentrales Einladungs-, Rückmeldeund Erinnerungsverfahren zu den Früherkennungsuntersuchungen ohne gesetzliche Verpflichtung zur Teilnahme etabliert worden ist 22 3.1.2. Bundesländer, in denen eine gesetzliche Verpflichtung zur Teilnahme an kinderärztlichen Früherkennungsuntersuchungen eingeführt worden ist 27 3.1.3. Einrichtung eines Zentrums „Frühe Hilfen für Familien“ auf Landesebene mit der Aufgabe, zur Steigerung der Inanspruchnahme kinderärztlicher Früherkennungsuntersuchungen mit den gesetzlichen Krankenkassen zu kooperieren 29 3.2. Einzelheiten zur Rechtslage in den Bundesländern, in denen ein zentrales Einladungs-, Rückmelde- und Erinnerungsverfahren zu den Früherkennungsuntersuchungen ohne gesetzliche Verpflichtung zur Teilnahme etabliert worden ist 30 3.2.1. Berlin 30 3.2.2. Brandenburg 36 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 5 3.2.3. Bremen 39 3.2.4. Hamburg 43 3.2.5. Mecklenburg-Vorpommern 50 3.2.6. Niedersachsen 54 3.2.7. Nordrhein-Westfalen 59 3.2.8. Rheinland-Pfalz 61 3.2.9. Saarland 69 3.2.10. Sachsen 74 3.2.11. Schleswig-Holstein 78 3.2.12. Thüringen 80 3.3. Einzelheiten zur Rechtslage in den Bundesländern, in denen eine gesetzliche Verpflichtung zur Teilnahme an kinderärztlichen Früherkennungsuntersuchungen eingeführt worden ist 89 3.3.1. Baden-Württemberg 89 3.3.2. Bayern 91 3.3.3. Hessen 93 3.4. Sachsen-Anhalt: Einrichtung eines Zentrums „Frühe Hilfen für Familien“ auf Landesebene mit der Aufgabe, zur Steigerung der Inanspruchnahme kinderärztlicher Früherkennungsuntersuchungen mit den gesetzlichen Krankenkassen zu kooperieren 97 4. Literaturverzeichnis 99 5. Anlagenverzeichnis 99 5.1. Entschließungen des Bundesrates für eine höhere Verbindlichkeit der Früherkennungsuntersuchungen im Sinne des Kindeswohls sowie zur verpflichtenden Teilnahme an diesen Untersuchungen und die diesbezüglichen Stellungnahmen der Bundesregierung 99 5.2. Die bundesrechtlichen Bestimmungen der §§ 25, 26 SGB V und die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres sowie zur Jugendgesundheitsuntersuchung 100 5.3. Die derzeitigen gesetzlichen und sonstigen landesrechtlichen Regelungen zur Steigerung der Inanspruchnahme kinderärztlicher Früherkennungsuntersuchungen 100 5.3.1. Baden-Württemberg 100 5.3.2. Bayern 101 5.3.3. Berlin 101 5.3.4. Brandenburg 101 5.3.5. Bremen 101 5.3.6. Hamburg 102 5.3.7. Hessen 102 5.3.8. Mecklenburg-Vorpommern 102 5.3.9. Niedersachsen 102 5.3.10. Nordrhein-Westfalen 103 5.3.11. Rheinland-Pfalz 103 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 6 5.3.12. Saarland 103 5.3.13. Sachsen 104 5.3.14. Sachsen-Anhalt 104 5.3.15. Schleswig-Holstein 104 5.3.16. Thüringen 105 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 7 - Zusammenfassung - Tragische Einzelfälle extremer Vernachlässigungen und Misshandlungen von Kindern, zugleich aber auch zahlreiche wissenschaftliche Studien und Berichte über Lebenslagen und Entwicklungen von Kindern weisen immer deutlicher darauf hin, dass für eine zunehmende Zahl von Kindern die Erfüllung ihres Rechts auf ein gesundes Aufwachsen und eine gute Förderung ihrer Entwicklung und Entfaltung nicht als selbstverständlich unterstellt werden kann. Offenbar gibt es zunehmend Umstände, die es insbesondere jungen Eltern mit kleinen Kindern schwer machen , mit den Anforderungen des Erziehungs- und Familienalltags zurecht zu kommen. Steigende Anforderungen an die Erziehungskompetenz, soziale Konfliktlagen, psychische Probleme und mangelnde Empathiefähigkeit sind dabei häufig Ursachen von Vernachlässigkeit und Misshandlung von Kindern. Einige der identifizierten Risikofaktoren für Vernachlässigung, Gewalt und Missbrauch sind mit einer deutlich niedrigeren Inanspruchnahme kinderärztlicher Früherkennungsuntersuchungen verknüpft. Insbesondere Familien mit niedrigem sozioökonomischen Status , mit Migrationshintergrund sowie kinderreiche Familien beteiligen sich unterdurchschnittlich an derartigen Vorsorgeuntersuchungen. Der nicht regelmäßige Zugang zu medizinischer Versorgung wird auch als ein Symptom von Vernachlässigung genannt. Die gegebenenfalls erforderlichen Maßnahmen zur Frühbehandlung und Frühförderung bleiben in diesen Fällen aus. Hieraus erwächst ein erhöhtes Maß an öffentlicher Verantwortung für das Aufwachsen der Kinder von Anfang an. Die staatliche Gemeinschaft ist über die konsequente Wahrnehmung des staatlichen Wächteramts im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes durch angemessene Kontrolle und Intervention im Einzelfall hinaus deshalb zunehmend dazu herausgefordert, sich familienunterstützend und familienergänzend durch Förderung und Prävention an der positiven Entwicklung und Entfaltung der Kinder auch in ihrer ersten Lebensphase aktiv zu beteiligen. Zur Verbesserung des Schutzes von Kindern vor Vernachlässigung, Misshandlung und Missbrauch bedarf es verschiedener Lösungsansätze. Neben den vielfältigen Ansätzen zur Stärkung früher Hilfen und zur besseren Vernetzung der für Kinder Verantwortung tragenden staatlichen und nichtstaatlichen Stellen und Institutionen muss die staatliche Gemeinschaft in stärkerem Maße als bisher über die Ausübung der elterlichen Sorge wachen, diese unterstützen und dort, wo sie versagt, eingreifen. Eine besondere Aufmerksamkeit richtet sich dabei auf Kleinkinder und Vorschulkinder, da sie nachweislich in besonderem Maß von Vernachlässigung und Misshandlung betroffen und deshalb auch in besonderer Weise auf präventiven Schutz angewiesen sind. Ein Kernproblem beim Kampf gegen Kindesvernachlässigung, -misshandlung und - missbrauch besteht in der Schwierigkeit, rechtzeitig Anhaltspunkte für Verdachtsfälle zu erkennen und aus ihnen die nötigen Schlüsse zu ziehen. Hier bieten die in § 26 i.V.m. § 25 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) – und damit bundesrechtlich – geregelten Früherkennungsuntersuchungen für Kinder, die sogenannten U-Untersuchungen, eine Lösungsmöglichkeit an, da sie insbesondere in den ersten Lebensjahren vor dem Besuch eines Kindergartens oder vor der Einschulung die einzigen regelhaften Kontakte (potenziell) aller Kinder außerhalb der Familie darstellen. Die nach den „Kinder-Richtlinien“ des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vorgesehenen ingesamt zehn Früherkennungsuntersuchungen (U1 bis U9 einschließlich der neuen – zum 1. Juli 2008 eingeführten – Untersuchung U7a) sind ein wichtiges Angebot an Familien mit Kindern, um Gefährdungen der körperlichen, psychischen oder geistigen Entwicklung von Kindern frühzeitig zu erkennen und ihnen durch die im Einzelfall erforderlichen präventiven Maßnahmen rechtzeitig begegnen zu können. Aufgrund der Häufigkeit und Regelmäßigkeit dieser von den gesetzlichen Krankenkassen kostenlos angebotenen Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 8 Vorsorgeuntersuchungen können damit unter Umständen aber auch Anzeichen für Vernachlässigung , Misshandlung und Missbrauch erkannt werden. Mit seiner Entschließung für eine höhere Verbindlichkeit der Früherkennungsuntersuchungen im Sinne des Kindswohls vom 19. Mai 2006 hat der Bundesrat den Willen aller Bundesländer zum Ausdruck gebracht, die Früherkennungsuntersuchungen zu nutzen, um gesundheitliche Kindeswohlgefährdungen früher zu erkennen und einen Datenaustausch zu ermöglichen, der es den Gesundheits- und Jugendbehörden der Länder und Kommunen ermöglicht, bei Eltern, die Kinder nicht bei Früherkennungsuntersuchungen vorgestellt haben, nachfassen zu können. Dieses Ziel sollte unter anderem dadurch erreicht werden, dass ein verbindliches Einladungswesen installiert wird, um so die Teilnahmequote an den Früherkennungsuntersuchungen zu steigern und die Teilnahmedaten bzw. die Nichtteilnahme für eine erste, grobe Risikoselektion zu nutzen. Mit der Entschließung des Bundesrates zur verpflichtenden Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen vom 15. Dezember 2006 hat der Bundesrat die Bundesregierung aufgefordert, die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen für Kinder in einem Alter von einem halben Jahr bis zu fünfeinhalb Jahren unabhängig von ihrem Versicherungsstatus zur Rechtspflicht erhoben wird und die bundesrechtlichen Voraussetzungen für den Datenaustausch zur Entwicklung eines entsprechenden Meldesystems zu schaffen. Die Bundesregierung hat diese Vorschläge der Länder jedoch nicht aufgegriffen und entsprechende bundesgesetzliche Regelungen abgelehnt. In ihrer Stellungnahme zu der Entschließung des Bundesrates zur verpflichtenden Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen vom 21. März 2007 hat sie geltend gemacht, für Regelungen der allgemeinen Gesundheitsvorsorge stehe den Ländern die alleinige Gesetzgebungskompetenz zu. Vor diesem Hintergrund sind mittlerweile in allen sechzehn Bundesländern landesgesetzliche Regelungen geschaffen worden, mit denen die Landesgesetzgeber jeweils das Ziel verfolgen, im Sinne eines vorsorgenden Gesundheitsschutzes die Teilnahmequoten an den Früherkennungsuntersuchungen im Sinne der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen gem. § 26 i.V.m. § 25 Abs. 4 Satz 2 SGB V zumindest deutlich zu steigern, um durch diese Untersuchungen Krankheiten und Gefährdungen der normalen, altersentsprechenden körperlichen, psychischen und geistigen Entwicklung von Kindern – auch aufgrund von Vernachlässigung, Misshandlung oder sexuellem Missbrauch – möglichst frühzeitig zu erkennen und zu verhindern . Zur Erreichung dieses (gemeinsamen) Zieles sind in den einzelnen Bundesländern jedoch zum Teil unterschiedliche Wege beschritten worden: Die meisten Bundesländer haben sich – wenn auch mit erheblichen Unterschieden im Einzelnen – im Grundsatz für die Etablierung eines von einer zentralen Stelle zu organisierenden verbindlichen Einladungs-, Rückmelde- und Erinnerungswesens entschieden, ohne allerdings gleichzeitig auch eine gesetzliche Verpflichtung zur Teilnahme an den kinderärztlichen Früherkennungsuntersuchungen zu begründen. Grundsätzlich geht es bei diesem „ Modell“ darum, die (nach wie vor freiwillige) Teilnahme möglichst aller in Frage kommender Kinder an den Früherkennungsuntersuchungen sicherzustellen, indem die erfolgte Teilnahme durch ein Melde- /Datenabgleichsystem erfasst wird und bei der dadurch erkennbaren Nichtteilnahme im Rahmen eines abgestuften Verfahrens zunächst eine Aufforderung an die Erziehungsberechtigten ergeht, die versäumte Früherkennungsuntersuchung nachzuholen. Wenn die Erziehungsberechtigten ihre Kinder trotz der amtlichen Erinnerungen gleichwohl nicht untersuchen lassen, wird durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst – auch im Rahmen von Hausbesuchen – eine aufsuchende Beratung über Inhalt und Zweck der Früherkennungsuntersuchung sowie eine subsidiäre Durch- Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 9 führung der noch ausstehenden Früherkennungsuntersuchung durch einen Arzt oder eine Ärztin des Gesundheitsamtes angeboten. Erst wenn die Erziehungsberechtigten auch diese Untersuchung verweigern, soll durch eine Meldung an die mit der Wahrnehmung der Kinder- und Jugendhilfe betrauten Behörden die Möglichkeit verbessert werden, Verdachtsfälle weitergehenden Nachforschungen und gegebenenfalls helfender Interventionen zuzuführen. Landesgesetzliche Regelungen für ein derartiges Einladungs-, Teilnahmekontroll- und Erinnerungswesen sind in Bremen, Nordrhein-Westfalen und im Saarland bereits im Jahr 2007, in Brandenburg, Mecklenburg -Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen im Jahr 2008, in Berlin Ende Dezember 2009 und in Hamburg sowie in Sachsen im Januar 2010 in Kraft getreten. In Niedersachsen dagegen treten die entsprechenden gesetzlichen Regelungen im Wesentlichen erst am 1. April 2010 in Kraft. Anders als in den zuvor genannten Bundesländern haben Baden-Württemberg, Bayern und Hessen eine Teilnahmepflicht an den Früherkennungsuntersuchungen im Sinne der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen nach § 26 Abs. 2 i.V.m. § 25 Abs. 4 Satz 2 SGB V normiert, deren Einhaltung die Personensorgeberechtigten sicherzustellen haben. In diesen Bundesländern gilt Folgendes: In Baden-Württemberg ist diese gesetzliche Verpflichtung zur Teilnahme an kinderärztlichen Früherkennungsuntersuchungen im März 2009 mit dem Ziel eingeführt worden, eine umfassende gesundheitliche Vorsorge für alle Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten. Die Verpflichtung der Personensorgeberechtigten, die Teilnahme ihrer Kinder an den Früherkennungsuntersuchungen sicherzustellen, bezieht sich deshalb – unabhängig vom Versichertenstatus der Personensorgeberechtigten oder ihrer Kinder – nach Art und Umfang auf die Früherkennungsuntersuchungen , wie sie vom Gemeinsamen Bundesausschuss für die Mitglieder der Gesetzlichen Krankenkassen nach § 26 Abs. 2 i.V.m. § 25 Abs. 4 Satz 2 SGB V vorgesehen sind, also auf die U1 bis U9 und die Jugendgesundheitsuntersuchung J1. Der Gesetzgeber des „Kinderschutzgesetzes Baden- Württemberg“ vom 3. März 2009 hat dabei bewusst darauf verzichtet, Sanktionen für eine Nichtteilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen festzulegen. In der Gesetzesbegründung wird diesbezüglich darauf hingewiesen, Sanktionen für eine Nichtteilnahme, z.B. Versagung von Geldleistungen wie dem Landeserziehungsgeld oder eine Ahndung als Ordnungswidrigkeit, seien als kritisch zu betrachten, da die erhebliche Gefahr bestehe, dass für die betroffenen Kinder der Zugang zu nötigen Hilfen weiter erschwert und soziale oder emotionale Problemlagen noch verschärft würden. In Baden-Württemberg gehört es zu den Aufgaben der unteren Gesundheitsbehörden , auf die bestehende Verpflichtung zur Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder und Jugendliche hinzuweisen. Mit dem Ziel, die Inanspruchnahme der Kindervorsorgeuntersuchungen weiter zu steigern, ist flankierend hierzu im März 2009 eine Rahmenvereinbarung mit den gesetzlichen Krankenkassen im Sinne des § 26 Abs. 3 SGB V unterzeichnet worden, in der sich die Krankenkassen verpflichtet haben, die Personensorgeberechtigten künftig über deren Mailingsysteme auf die nächste bevorstehende Früherkennungsuntersuchung hinzuweisen und die Teilnahme im Rahmen ihrer Bonussysteme zu belohnen. In Bayern ist die gesetzliche Verpflichtung der Personensorgeberechtigten, die Teilnahme ihrer Kinder an den Früherkennungsuntersuchungen U1 bis U9 sowie J1 sicherzustellen, um eine umfassende gesundheitliche Vorsorge für alle Kinder zu gewährleisten, bereits im Mai 2008 einführt worden. Nur mit der Verankerung einer gesetzlichen Pflicht und entsprechender Öffentlichkeitsarbeit sei – so wird in der Gesetzesbegründung zum novellierten Bayerischen Gesundheitsdienstund Verbraucherschutzgesetz ausgeführt – eine Steigerung der Teilnahmequote zu erwarten, da Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 10 damit immer auch ein Bewusstseinswandel bewirkt werde. Auch könnten andere Stellen (z.B. Kindertageseinrichtungen, Kinder- und Jugendärzte, Hausärzte, Hebammen, Geburtskliniken) oder Behörden besser auf die Einhaltung einer gesetzlichen Pflicht hinweisen, als nur an die Fürsorge der Eltern zu appellieren. Die Verpflichtung zur Teilnahme an den kinderärztlichen Früherkennungsuntersuchungen besteht auch in Bayern unabhängig vom Versichertenstatus der Personensorgeberechtigten oder ihrer Kinder. Nach dem (novellierten) Bayerischen Gesundheitsdienst - und Verbraucherschutzgesetz gehört es seit Mai 2008 nunmehr zu den Aufgaben der unteren Behörden für Gesundheit, Veterinärwesen, Ernährung und Verbraucherschutz, auf die bestehende Verpflichtung zur Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder und Jugendliche hinzuweisen. Regelungen für die konkrete Ausgestaltung eines Einladungs-, Rückmelde - und Erinnerungsverfahrens trifft dieses Gesetz allerdings nicht. Gleichwohl ist das Fehlen einer zeitgerecht durchgeführten Früherkennungsuntersuchung – anders als in Baden- Württemberg – mit Konsequenzen verbunden: Der Anspruch auf Landeserziehungsgeld nach dem Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetz ist vom Nachweis der Durchführung der jeweiligen altersentsprechenden Früherkennungsuntersuchung U6 bzw. U7 abhängig. Fehlt dieser Nachweis, wird das Landeserziehungsgeld (bis auf eine Härtefallausnahmeregelung) nicht gewährt . Ferner sind nach Einführung der Teilnahmepflicht an den Früherkennungsuntersuchungen Personensorgeberechtigte verpflichtet, bei der Anmeldung ihres Kindes in einer Kindertageseinrichtung einen Nachweis über die Durchführung der zuletzt fälligen Früherkennungsuntersuchung vorzulegen. Darüber hinaus haben die Personensorgeberechtigten in Bayern im Rahmen der von den unteren Behörden für Gesundheit, Veterinärwesen, Ernährung und Verbraucherschutz durchzuführenden Schuleingangsuntersuchung den Nachweis über die vorgeschriebene Teilnahme an der U9-Früherkennungsuntersuchung zu erbringen. In Hessen ist die gesetzliche Verpflichtung der Personensorgeberechtigten, die Teilnahme ihrer Kinder an den Früherkennungsuntersuchungen U1 bis U9 sicherzustellen, bereits zum 1. Januar 2008 eingeführt worden. Nach der Gesetzesbegründung zum Hessischen „Kindergesundheitsschutz -Gesetz“ vom 14. Dezember 2007 stellt die Teilnahmepflicht zwar einen Eingriff in das elterliche Sorgerecht dar; sie sei aber zur Wahrnehmung des staatlichen Wächteramtes nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz gerechtfertigt. Der bisher bestehende Grundsatz der Freiwilligkeit sei nicht geeignet, auszuschließen, dass gerade Kinder aus sogenannten Risikofamilien unter Umständen jahrelang keinen Arzt aufsuchten, der Misshandlungen und Vernachlässigungen ebenso erkennen könne, wie z.B. Sprach- oder Entwicklungsstörungen. Bei der Abwägung zwischen Eltern - und Kinderrechten sei die Teilnahmepflicht eine angemessene Maßnahme. Die Verbindlichkeit der Teilnahme sei geeignet, eine grobe Risikoselektion der betroffenen Kinder zu ermöglichen . Darüber hinaus diene die Verbindlichkeit der Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen U1 bis U9 der besseren Gesundheitsvorsorge dieser Kinder. Ebenso wie in Baden- Württemberg verzichtet allerdings auch das Hessische „Kindergesundheitsschutz-Gesetz“ auf die zwangsweise Durchsetzung der Teilnahme oder eine Bußgeldbewährung. Anders als in Baden- Württemberg und in Bayern sind in Hessen zusätzlich auch die Früherkennungsuntersuchungen auf behandelbare Stoffwechsel- und Hormonerkrankungen nach Anlage 2 der Kinder-Richtlinien verbindlich. Die Personensorgeberechtigten haben die Teilnahme auch an diesen Untersuchungen sicherzustellen. Im übrigen ist mit dem „Kindergesundheitsschutz-Gesetz“ in Hessen ein Teilnahmekontroll- und Erinnerungsverfahren für die verbindlichen Früherkennungsuntersuchungen etabliert worden, das sich allerdings auf die Untersuchungen ab dem dritten Lebensmonat , also auf die U4 bis auf die U9 beschränkt. Nach der Gesetzesbegründung findet dieses Verfahren deshalb nur für die Früherkennungsuntersuchungen nach der Vollendung des zweiten Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 11 Lebensmonats statt, weil vorher die Abstände der Untersuchungen zu gering seien, um ein Erinnerungsverfahren durchzuführen. Mit dem Ende Dezember 2009 in Kraft getretenen „Gesetz zum Schutz des Kindeswohls und zur Förderung der Kindergesundheit (Kinderschutzgesetz)“ vom 9. Dezember 2009 sind nunmehr auch in Sachsen-Anhalt rechtliche Regelungen geschaffen worden, mit denen der Landesgesetzgeber das Ziel verfolgt, die Kindergesundheit unter anderem durch die Steigerung der Inanspruchnahme der Untersuchungsangebote zur Früherkennung von Krankheiten bei Kindern nach § 26 Abs. 1 SGB V zu fördern. Zur Erreichung (auch) dieses gesetzgeberischen Ziels ist vom Ministerium für Gesundheit und Soziales ein Zentrum „Frühe Hilfen für Familien“ auf Landesebene einzurichten, das unter anderem die Aufgabe hat, sich mit der Steigerung der Inanspruchnahme von Früherkennungsuntersuchungen für Kinder zu befassen und hierzu mit den gesetzlichen Krankenkassen kooperieren soll, um auf diesem Wege die Teilnahmequote zu erhöhen. In welcher Form und insbesondere mit welchem Inhalt die im „Kinderschutz-Gesetz“ gesetzlich verankerte Kooperation des Zentrums „Frühe Hilfen für Familien“ mit den gesetzlichen Krankenkassen erfolgen soll, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 12 1. Einleitung und Problemstellung Das gesunde Aufwachsen von Kindern und der effektive Schutz des Kindeswohls entsprechen dem Recht eines jeden Kindes auf Entwicklung und Entfaltung seiner eigenen Persönlichkeit und sind zugleich von elementarer Bedeutung für unsere Gesellschaft. Kinder benötigen eine positive und ihnen zugewandte Lebenswelt, in der sie gesund aufwachsen können und vor Vernachlässigung , Misshandlung und sexuellem Missbrauch geschützt sind. Ein gesundes und geschütztes Aufwachsen von Kindern liegt primär in der Erziehungsverantwortung der Eltern. Die große Mehrheit der Eltern nimmt ihre Aufgaben auch sehr verantwortungsbewusst wahr. In Einzelfällen sind Eltern jedoch überlastet und mit der Erfüllung ihrer Pflichten überfordert. Wissenschaftliche Studien und Berichte über Lebenslagen und Entwicklungen von Kindern sowie tragische Einzelfälle extremer Vernachlässigungen und Misshandlungen deuten darauf hin, dass es einer zunehmenden Anzahl von Eltern nicht gelingt, die für ein gesundes Aufwachsen ihrer Kinder erforderlichen Rahmenbedingungen zu gewährleisten. Offenbar gibt es zunehmend Umstände, die es insbesondere Eltern mit kleinen Kindern schwer machen, mit den Anforderungen des Erziehungs - und Familienalltags zurecht zu kommen. Steigende Anforderungen an die Erziehungskompetenz , soziale Konfliktlagen, psychische Probleme und mangelnde Empathiefähigkeit sind dabei häufig Ursachen von Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern. Einige der identifizierten Risikofaktoren für Vernachlässigung, Gewalt und Missbrauch sind mit einer deutlich niedrigeren Inanspruchnahme kinderärztlicher Früherkennungsuntersuchungen verknüpft. Insbesondere Familien mit niedrigem sozioökonomischen Status, mit Migrationshintergrund sowie kinderreiche Familien beteiligen sich unterdurchschnittlich an derartigen Vorsorgeuntersuchungen . Der nicht regelmäßige Zugang zu medizinischer Versorgung wird auch als ein Symptom von Vernachlässigung genannt. Die gegebenenfalls erforderlichen Maßnahmen zur Frühbehandlung und Frühförderung bleiben in diesen Fällen aus. Hieraus erwächst ein erhöhtes Maß an öffentlicher Verantwortung für das Aufwachsen der Kinder von Anfang an. Eine am Kindeswohl orientierte Pflege und Erziehung sind nicht nur das natürliche Recht der Eltern, sondern nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz1 auch die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz die staatliche Gemeinschaft . Dem Staat kommt damit eine Wächterfunktion zu, die es gebietet, sich schützend vor das Kind zu stellen und Fällen von Kindesvernachlässigung, -misshandlung und -missbrauch wirksam vorzubeugen, auch wenn dies mit Eingriffen in das elterliche Erziehungsrecht verbunden ist. Es gibt kein Elternrecht auf Vernachlässigung von Kindern. Verstärkt wird der staatliche Schutzauftrag durch das in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz gewährleistete Recht auf körperliche Unversehrtheit . In Parallele zum Recht auf Leben ist dieser Garantie über ihre bloße Abwehrfunktion hinausgehend eine grundrechtliche Schutzverpflichtung zu entnehmen, die es gebietet, den Einzelnen vor rechtswidrigen Eingriffen Dritter zu bewahren2. Dies umfasst auch den Schutz vor 1 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 in der Fassung der im Bundesgesetzblatt III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2248) 2 Vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 9. März 1994 – 2 BvL 43/92 - , BVerfGE 90, S. 145 ff Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 13 Vernachlässigung, soweit sie die Gesundheit gefährdet oder beeinträchtigt. Nicht zuletzt fordert auch die UN-Kinderrechtskonvention3 mit Art. 19 Abs. 1 auf, alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs-, Sozial- und Bildungsmaßnahmen zu treffen, um Kinder vor jeder Form körperlicher oder geistiger Gewaltanwendung, Schadenzufügung oder Misshandlung, vor Verwahrlosung oder Vernachlässigung, vor schlechter Behandlung oder Ausbeutung einschließlich des sexuellen Missbrauchs zu schützen, solange sie sich in der Obhut der Eltern oder eines Elternteils, eines Vormunds oder anderen gesetzlichen Vertreters befinden. Zur Verbesserung des Schutzes von Kindern vor Vernachlässigung, Misshandlung und Missbrauch bedarf es verschiedener Lösungsansätze. Neben den vielfältigen Ansätzen zur Stärkung früher Hilfen und zur besseren Vernetzung der für Kinder Verantwortung tragenden staatlichen und nichtstaatlichen Stellen und Institutionen muss die staatliche Gemeinschaft in stärkerem Maße als bisher über die Ausübung der elterlichen Sorge wachen, diese unterstützen und dort, wo sie versagt, eingreifen. Eine besondere Aufmerksamkeit richtet sich dabei auf Kleinkinder und Vorschulkinder, denn sie sind nachweislich in besonderem Maß von Vernachlässigung und Misshandlung betroffen und deshalb auch in besonderer Weise auf präventiven Schutz angewiesen . Ein Kernproblem beim Kampf gegen Kindesvernachlässigung, -misshandlung und - missbrauch besteht in der Schwierigkeit, rechtzeitig Anhaltspunkte für Verdachtsfälle zu erkennen und aus ihnen die nötigen Schlüsse zu ziehen. Hier bieten die Früherkennungsuntersuchungen nach § 26 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V), die so genannten U- Untersuchungen, eine Lösungsmöglichkeit an, da sie insbesondere in den ersten Lebensjahren vor dem Besuch eines Kindergartens oder vor der Einschulung die einzigen regelhaften Kontakte (potenziell) aller Kinder außerhalb der Familie darstellen. Die nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis Vollendung des 6. Lebensjahres („Kinder-Richtlinien“) vorgesehenen zehn Untersuchungen (U1 bis U9 einschließlich der neuen – zum 1. Juli 2008 eingeführten – Untersuchung U7a) sind ein wichtiges Angebot an Familien mit Kindern, um Gefährdungen der körperlichen, psychischen oder geistigen Entwicklung von Kindern frühzeitig zu erkennen und ihnen durch die im Einzelfall erforderlichen präventiven Maßnahmen rechtzeitig begegnen zu können. Aufgrund der Häufigkeit und Regelmäßigkeit der von den gesetzlichen Krankenkassen kostenlos angebotenen Früherkennungsuntersuchungen können damit unter Umständen aber auch Anzeichen für Vernachlässigung , Misshandlung und Missbrauch erkannt werden. Insbesondere bietet die körperliche Untersuchung den wichtigen Vorzug, dass sich mit ihr körperliche Verdachtsmomente für Vernachlässigung, Misshandlung und Missbrauch vergleichsweise deutlich von fachkundiger Seite diagnostizieren und dokumentieren lassen. Die Früherkennungsuntersuchungen als Angebot der Gesundheitsvorsorge werden von sehr vielen Eltern und Sorgeberechtigten bereits jetzt wahrgenommen. Es muss aber davon ausgegangen werden, dass gerade Familien, in denen ein erhöhtes Risiko von Kindesvernachlässigung oder Kindesmisshandlung besteht, diese Termine mitunter nicht wahrnehmen. Der Verzicht auf dieses 3 Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989, von der Bundesrepublik Deutschland am 26. Januar 1990 unterzeichnet (Zustimmung von Bundestag und Bundesrat durch Gesetz vom 17. Februar 1992 – BGBl. II S. 121), am 5. April 1992 für Deutschland in Kraft getreten (Bekanntmachung vom 10. Juli 1992 – BGBl. II S. 990) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 14 kostenlose Angebot kann dazu führen, dass im Einzelfall möglicherweise dringend gebotene Behandlungen oder Präventionsmaßnahmen unterbleiben und dass Anzeichen von Vernachlässigung , Misshandlung oder Missbrauch unentdeckt bleiben. Die Nichtteilnahme an einer Früherkennungsuntersuchung kann – neben anderen Anhaltspunkten – ein Indiz dafür sein, dass die Personensorgeberechtigten der ihnen obliegenden Pflicht zur Pflege ihrer Kinder nicht ausreichend nachkommen. Wie der Bundesrat in seinen Beschlüssen vom 19. Mai 20064 und 15. Dezember 20065 aufgezeigt hat, liegt ein geeignetes Mittel, sowohl ein gesundes Aufwachsen von Kindern zu erreichen als auch Vernachlässigungen und Misshandlungen zu vermeiden, deshalb darin, die Teilnahmequote an den Früherkennungsuntersuchungen zu steigern und die Teilnahmedaten bzw. die Nichtteilnahme für eine erste, grobe Risikoselektion zu nutzen. Mit der „Entschließung des Bundesrates zur verpflichtenden Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen“ vom 15. Dezember 20066 hat der Bundesrat die Bundesregierung deshalb aufgefordert, die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen für Kinder im Alter von einem halben Jahr bis zu fünfeinhalb Jahren unabhängig von ihrem Versicherungsstatus zur Rechtspflicht erhoben wird und die bundesrechtlichen Voraussetzungen für den Datenaustausch zur Entwicklung eines entsprechenden Meldewesens zu schaffen . Eine derartige bundesgesetzliche Regelung ist bislang von der Bundesregierung jedoch abgelehnt worden. Sie hat in ihrer Stellungnahme zu der Entschließung des Bundesrates zur verpflichtenden Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen vom 21. März 2007 vielmehr auf die Handlungskompetenz der Länder im Rahmen der allgemeinen Gesundheitsfürsorge verwiesen7. Vor diesem Hintergrund kommt der Ausschöpfung aller Handlungsmöglichkeiten auf Landesebene zur Verbesserung der gesundheitlichen Vorsorge und des Schutzes von Kindern besondere Bedeutung zu. Bevor der im Mittelpunkt dieser Ausarbeitung stehenden Frage nachgegangen wird, welche gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen zur Steigerung der Inanspruchnahme kinderärztlicher Früherkennungsuntersuchungen in den einzelnen Bundesländern ergriffen worden sind8, sollen nachfolgend9 zunächst die bundesrechtlichen Rahmenbedingungen der in § 26 i. V. m. § 25 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 2 SGB V geregelten Früherkennungsuntersuchungen sowie Art und Umfang dieser Untersuchungen nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen dargestellt werden, da die jeweiligen landesrechtlichen Regelungen in mehrfacher Hinsicht an diese bundesrechtlichen Bestimmungen anknüpfen. 4 Vgl. BR-Drucksache 56/06 (Beschluss); beigefügt als Anlage 1 5 Vgl. BR-Drucksache 898/06 (Beschluss) 6 Vgl. BR-Drucksache 823/06 (Beschluss); beigefügt als Anlage 3 7 Vgl. BR-Drucksache 240/07; beigefügt als Anlage 4 8 Vgl. hierzu nachfolgend unter Gliederungspunkt 3. 9 Vgl. hierzu nachfolgend unter Gliederungspunkt 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 15 2. Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten im Säuglings-, Kleinkind- und Jugendalter nach den bundesrechtlichen Bestimmungen der §§ 26, 25 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 2 SGB V i. V. m. den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen Die in § 26 i. V. m. § 25 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 2 SGB V10 geregelten Früherkennungsuntersuchungen für Kinder haben die Aufgabe, angeborene und erworbene Erkrankungen im Kindesalter zu einem möglichst frühen Zeitpunkt zu erkennen und die betroffenen Kinder rasch einer Behandlung zuzuführen. Zielsetzung ist es, neben der Krankheitsbehandlung die ungestörte Entwicklung des Kindes zu ermöglichen. Die Teilnahme an diesen von den gesetzlichen Krankenkassen kostenlos angebotenen Früherkennungsuntersuchungen ist nach den bundesrechtlichen Regelungen freiwillig. 2.1. Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres 2.1.1. Gesetzliche Grundlage Die gesetzliche Grundlage für Früherkennungsuntersuchungen im Säuglings- und Kleinkindalter findet sich in § 26 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 SGB V. Danach haben versicherte Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres Anspruch auf Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten , die ihre körperliche oder geistige Entwicklung in nicht geringfügigem Maße gefährden. Diese Regelung beruht auf dem Gesundheits-Reformgesetz (GRG) vom 20. Dezember 198811, mit dem der Kreis der Anspruchsberechtigten erheblich ausgeweitet wurde, da gem. § 181 Abs. 1 Nr. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) a. F. bis zum Inkrafttreten des GRG die Untersuchungen zur Früherkennung nur bei Kindern bis zur Vollendung des vierten Lebensjahres stattfanden. Die Altersgrenze wurde auf sechs Jahre heraufgesetzt, um damit eine weitere Untersuchung vor Schulbeginn zu ermöglichen, die für die Früherkennung von Hör- und Sehstörungen, Sprachfehlern oder Haltungsschäden besonders wichtig ist 12. § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB V gewährt bei Erfüllung der Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Untersuchungen zur Früherkennung bei Kindern, die das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Der Anspruch steht dabei nur versicherten Kindern zu. Die Untersuchungen sind Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung (§ 73 Abs. 2 Nr. 3 SGB V). Anders ist dies für die erste Kinderuntersuchung nach der Geburt, wenn sie im Zusammenhang mit der stationären Entbindung erfolgt, es sei denn sie würde durch einen Belegarzt vorgenommen (§ 73 Abs. 6 SGB V). § 26 Abs. 2 i. V. m. § 25 Abs. 3 SGB V stellt Anforderungen hinsichtlich der Feststellungs- und Behandlungsfähigkeit der Krankheit auf. Voraussetzung für die Untersuchungen nach § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist danach, dass 10 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (= Art. 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl I S. 2477, 2482), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2495); auszugsweise beigefügt als Anlage 5 11 BGBl. I, S. 2477, in Kraft getreten am 1. Januar 1989 12 Entwurf - GRG, BT-Drs. 11/2237, S. 170, Begründung zu § 26 SGB V Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 16 1. es sich um Krankheiten handelt, die wirksam behandelt werden können, 2. das Vor- oder Frühstadium dieser Krankheiten durch diagnostische Maßnahmen erfassbar ist, 3. die Krankheitszeichen medizinisch-technisch genügend eindeutig zu erfassen sind, 4. genügend Ärzte und Einrichtungen vorhanden sind, um die aufgefundenen Verdachtsfälle eingehend zu diagnostizieren und zu behandeln. Der Leistungsanspruch umfasst – wie bereits erwähnt – Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten, die in nicht geringfügigem Maße die körperliche, psychische oder geistige Entwicklung von Kindern gefährden. Eine Gefährdung der kindlichen Entwicklung besteht, wenn Störungen des Entwicklungsablaufs allgemein keine völlig fern liegende Möglichkeit darstellen; eine konkrete Gefährdung im Einzelfall muss im Hinblick auf den Zweck der Früherkennungsmaßnahmen nicht vorliegen13. Das Merkmal „nicht geringfügig“ bedingt keine wirkliche Einschränkung des Anspruchs. In fachlich-medizinischer Hinsicht verlaufen die Untersuchungen in der Regel so, dass auch geringe Risiken für die Entwicklung des Kindes nicht nur festgestellt, sondern auch zum Gegenstand nachfolgender Behandlungen gemacht werden14 2.1.2. Die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres („Kinder -Richtlinien“) Das Nähere über Art und Umfang der Untersuchungen nach § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB V sowie die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 25 Abs. 3 SGB V bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss gem. § 26 Abs. 2 i. V. m. § 25 Abs. 4 Satz 2 SGB V in den Richtlinien gem. § 92 Abs. 1 und 4 SGB V („Kinder-Richtlinien“). In diesen Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres („Kinder-Richtlinien“)15 ist festgelegt, dass die Früherkennungsmaßnahmen bei Kindern in den ersten sechs Lebensjahren insgesamt zehn Untersuchungen gemäß den im Untersuchungsheft für Kinder gegebenen Hinweisen, das erweiterte Neugeborenen-Screening nach Anlage 2 der Kinder-Richtlinien und die Früherkennungsuntersuchung von Hörstörungen bei Neugeborenen nach Anlage 6 der Kinder-Richtlinie umfassen16. Diese Untersuchungen können 13 Höfler, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 26 SGB V Rn 3 und § 25 SGB V Rn 2 14 Mrozynski, in: Wannagat, Sozialgesetzbuch, Kommentar zum Recht des Sozialgesetzbuchs, § 26 SGB V Rn 6 15 In der Fassung vom 26. April 1976 (veröffentlicht als Beilage Nr. 28 zum Bundesanzeiger Nr. 214 vom 11. November 1976), zuletzt geändert am 18. Juni 2009, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2009, Nr. 132: S. 3125, in Kraft getreten am 5. September 2009; die aktuelle Fassung der Richtlinien über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres ist im Internet abrufbar unter: http://www.gba .de/downloads/62-492-379/RL_Kinder_2009-06-18_2.pdf (beigefügt als Anlage 6) 16 Vgl. Teil B. der Kinder-Richtlinien Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 17 nur in den jeweils angegebenen Zeiträumen unter Berücksichtigung folgender Toleranzgrenzen in Anspruch genommen werden: Untersuchungsstufe Toleranzgrenze U2 3.-10. Lebenstag U2 3.-14. Lebenstag U3 4.-5. Lebenswoche U3 3.-8. Lebenswoche U4 3.-4. Lebensmonat U4 2.-4½. Lebensmonat U5 6.-7. Lebensmonat U5 5.-8. Lebensmonat U6 10.-12. Lebensmonat U6 9.-14. Lebensmonat U7 21.-24. Lebensmonat U7 20.-27. Lebensmonat U7a 34.-36. Lebensmonat U7a 33.-38. Lebensmonat U8 46.-48. Lebensmonat U8 43.-50. Lebensmonat U9 60.-64. Lebensmonat U9 58.-66. Lebensmonat Die erste Untersuchung (U 1 Neugeborenen-Erstuntersuchung) soll unmittelbar nach der Geburt vorgenommen werden. Ist ein Arzt nicht anwesend, soll die Hebamme diese Untersuchung durchführen. Diese Untersuchung hat im Wesentlichen zum Ziel, lebensbedrohliche Zustände zu erkennen und augenfällige Schäden festzustellen, ggf. notwendige Sofortmaßnahmen einzuleiten 17. Mit den nachfolgenden Untersuchungen – von der Neugeborenen-Untersuchung (U2) vom 3. bis 10. Lebenstag bis zur U9-Untersuchung im 60. bis 64. Lebensmonat – sollen Stoffwechselkrankheiten , Entwicklungs- und Verhaltensstörungen, Krankheiten des Nervensystems und der Sinnesorgane sowie Fehlbildungen oder Krankheiten der übrigen Organe aufgedeckt werden. Die Befunde werden in einem Untersuchungsheft dokumentiert, das jede Mutter bei der Geburt ihres 17 Kinder-Richtlinien, Teil B., S. 5 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 18 Kindes erhält. Wegen der Art und des Umfangs dieser Untersuchungen im Einzelnen wird auf den Teil B. S. 4-10 der Kinder-Richtlinien18 verwiesen. 2.2. Jugendgesundheitsuntersuchung 2.2.1. Gesetzliche Grundlage Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 SGB V haben versicherte Kinder nach Vollendung des zehnten Lebensjahres ferner Anspruch auf eine einmalige Jugendgesundheitsuntersuchung zur Früherkennung von Krankheiten, die ihre körperliche oder geistige Entwicklung in nicht geringfügigem Maße gefährden. Diese Regelung beruht auf einer am 1. Juli 1997 in Kraft getretenen Änderung des § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB V durch Art. 1 Nr. 3 des Zweiten Gesetzes zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. GKV- Neuordnungsgesetz – 2. NOG) vom 23. Juni 199719, mit der diese weitere Untersuchung nach Vollendung des zehnten Lebensjahres eingeführt wurde. Mit dieser Änderung wollte der Gesetzgeber ähnliche Untersuchungen, die verschiedene Krankenkassen seit etwa 1994 auf der Grundlage von Satzungsbestimmungen eingeführt hatten20 und die zum Teil undeutliche Ziele verfolgten , auf eine einheitliche gesetzliche Grundlage21 stellen. 2.2.2. Die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur Jugendgesundheitsuntersuchung Nach § 26 Abs. 2 i. V. m. § 25 Abs. 3 und 4 Satz 2 SGB V bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss auch insoweit in Richtlinien das Nähere über Art und Umfang der Untersuchungen und ob die Voraussetzungen für ihre Einführung erfüllt sind. Diese Richtlinien hat der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen am 26. Juni 1998 beschlossen; sie sind am 28. August 1998 in Kraft getreten22. Die letzte – am 4. September 2008 in Kraft getretene – Änderung dieser Richt- 18 beigefügt als Anlage 6 19 BGBl. I, S. 1520 20 Vgl. die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drs. 13/7264, Teil B zu Art. 1 Nr. 5 21 Satzungsbestimmungen dieses Inhaltes konnten nur auf der Grundlage des § 67 SGB V in der bis zum 30. Juni 1997 geltenden Fassung (Erprobungsregelung auf dem Gebiet der Gesundheitsförderung und Rehabilitation) geschaffen werden. 22 Veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 159 (S. 12723 und 12724) vom 27. August 1998 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 19 linien erfolgte am 19. Juni 200823. Der Bundesausschuss hat die Untersuchung nach Vollendung des zehnten Lebensjahres als „Jugendgesundheitsuntersuchung“ bezeichnet. Der mit der Erarbeitung der Richtlinien beauftragte Arbeitsausschuss „Prävention“ des Bundesausschusses orientierte sich bei seinen Beratungen an einem Konzept des Arbeitskreises „Prävention im Jugendalter“ des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung, dem jugendmedizinische Experten aus Klinik und Praxis angehören. In das Konzept sind ferner die Erfahrungen eingebracht worden, die in einigen Bereichen mit der satzungsmäßig eingeführten Untersuchung sowie im internationalen Bereich gemacht wurden24. Ziel der Jugendgesundheitsuntersuchung ist nach Ziff. 1 der Richtlinien die Früherkennung von Erkrankungen, die die körperliche, geistige und soziale Entwicklung in nicht geringfügigem Maße gefährden. Insbesondere wird auch beabsichtigt, durch Früherkennung psychischer und psychosozialer Risikofaktoren eine Fehlentwicklung in der Pubertät zu verhindern. Darüber hinaus sind individuell auftretende gesundheitsgefährdende Verhaltensweisen frühzeitig zu erkennen. Über die hierdurch vermittelte gesundheitliche Gefährdung ist der Jugendliche frühzeitig aufzuklären. Durch die Jugendgesundheitsuntersuchung sollen mögliche Gefahren für die Gesundheit der Anspruchsberechtigten dadurch abgewendet werden, dass bei aufgefundenen Verdachtsfällen eine eingehende Diagnostik, Beratung und erforderlichenfalls eine rechtzeitige Behandlung erfolgt. Anamnese und körperliche Untersuchung beschränken sich dabei auf diejenigen Störungen und Verhaltensauffälligkeiten, die schon in einem frühen Stadium einer Behandlung und Beratung zugeführt werden können bzw. von Bedeutung sind für die soziale Integration des Jugendlichen. Der einmalige Anspruch auf die Jugendgesundheitsuntersuchung beginnt nach Ziff. 2 der Richtlinien mit dem vollendeten 13. und endet mit dem vollendeten 14. Lebensjahr. Die Untersuchung kann auch 12 Monate vor und nach diesem Zeitintervall durchgeführt werden (Toleranzgrenze). Dies ist aus jugendmedizinischer Sicht sinnvoll, da die Verläufe der körperlichen und seelischen Entwicklung erhebliche, auch interindividuelle Unterschiede zeigen. Dem Arzt ist somit eine größere Flexibilität gegeben, diese Maßnahme dem Jugendlichen zu einem Zeitpunkt anzubieten, der aus medizinischen, psychologischen und sozialen Gesichtspunkten individuell angemessen ist25. Die Jugendgesundheitsuntersuchung umfasst nach Ziff. 3 der Richtlinien eine differenzierte Anamneseerhebung und eine klinisch-körperliche Untersuchung. Die ärztlichen Maßnahmen der Jugendgesundheitsuntersuchung richten sich im Rahmen der Anamnese auf die Feststellung einer auffälligen seelischen oder schulischen Entwicklung (z. B. Schulleistungsprobleme), eines gesundheitsgefährdenden Verhaltens (z. B. Rauchen, Alkohol- und Drogenkonsum) und auf das Vorliegen chronischer Erkrankungen. Im Zentrum der klinisch-körperlichen Untersuchungen 23 Veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 133 (S. 3236) vom 19. Juni 2008; die aktuelle Fassung der Jugendgesundheitsuntersuchungs -Richtlinie ist im Internet abrufbar unter: http://www.g-ba.de/downloads/62-492- 281/RL_Jugend_2008-06-19.pdf (Anlage 7) 24 Vgl. Gerlach in: Hauck/Noftz, SGB V, Gesetzlichen Krankenversicherung, Kommentar, § 26 Rn 16 25 Vgl. Gerlach, in: Hauck/Noftz, SGB V, Gesetzlichen Krankenversicherung, Kommentar, § 26, Rn 18 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 20 stehen die Erhebung der Körpermaße, verfrühte oder verzögerte Pubertätsentwicklung, Störungen des Wachstums und der körperlichen Entwicklung, arterielle Hypertonie, Erkrankungen der Hals-/Brust-, Bauchorgane und Auffälligkeiten des Skelettsystems. Schließlich ist bei jedem Jugendlichen der Impfstatus zu erheben und dieser ggf. zur Nachimpfung zu motivieren. Nach Abschluss der Maßnahmen hat der Arzt den Jugendlichen über das Ergebnis der durchgeführten Untersuchung zu informieren und mit ihm die möglichen Auswirkungen im Hinblick auf die weitere Lebensgestaltung zu erörtern. Dabei soll der Arzt insbesondere das individuelle Risikoprofil des Jugendlichen ansprechen und diesen auf die Möglichkeiten und Hilfen zur Vermeidung und zum Abbau gesundheitsschädigender Verhaltungsweisen hinweisen. Wird im Verlauf der zuvor genannten Untersuchungen das Vorliegen einer Erkrankung entdeckt oder ein Krankheitsverdacht erhoben, so soll der Arzt dafür Sorge tragen, dass die betroffenen Jugendlichen im Rahmen der Krankenbehandlung einer weitergehenden gezielten Diagnostik oder Therapie zugeführt werden. 2.3. Zusammenwirken der Krankenkassen mit den für die Kinder- und Gesundheitspflege durch Landesrecht bestimmten Stellen (§ 26 Abs. 3 SGB V) Mit dem Ziel der Steigerung der Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen sind die gesetzlichen Krankenkassen gem. § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB V seit dem 1. Januar 2009 verpflichtet, mit den für die Kinder- und Gesundheitspflege durch Landesrecht bestimmten Stellen der Länder auf eine Inanspruchnahme der Leistungen nach § 26 Abs. 1 SGB V hinzuwirken. Zur Durchführung der Maßnahmen nach § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB V haben die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen mit den Stellen der Länder nach Satz 1 gemeinsame Rahmenvereinbarungen zu schließen (§ 26 Abs. 3 Satz 2 SGB V). Die vorgenannte Regelung des § 26 Abs. 3 SGB V wurde durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV- OrgWG) vom 15. Dezember 200826 mit Wirkung vom 1. Januar 2009 eingeführt27. In der Gesetzesbegründung zu § 26 Abs. 3 in der Fassung des GKV-OrgWG28 wird ausgeführt, das gesunde Aufwachsen von Kindern, das Erkennen von Risiken und der Schutz vor Gefährdungen seien Ausdruck einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung, der sich alle staatlichen Stellen im Rahmen ihrer Zuständigkeit zu stellen hätten. Maßnahmen zur Verbesserung des Kindeswohls und Gesundheitsschutzes fielen primär in die Zuständigkeit der Länder. Hierzu zählten unter anderem Einladungs-, Rückmelde- und Erinnerungssysteme der Länder zu den Früherkennungsuntersuchungen . Allerdings trage die gesetzliche Krankenversicherung bei der Inanspruchnahme von Früherkennungsuntersuchungen eine Mitverantwortung. Dies folge aus deren grundsätzlicher Verpflichtung, auf die Inanspruchnahme der Angebote der gesetzlichen Krankenkassen – hier der Früherkennungsuntersuchungen – hinzuwirken. Wirksame Maßnahmen seien zum Beispiel 26 BGBl. I S. 2426 27 Zum Inkrafttreten des § 26 Abs. 3 SGB V am 1. Januar 2009 vgl. Art. 7 Abs. 1 GKV-OrgWG. 28 Vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung , Enwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG), in: BT-Drs. 16/9559, S. 17 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 21 schriftliche Hinweise auf anstehende Früherkennungsuntersuchungen, die von einem Großteil der Krankenkassen bereits bisher auf freiwilliger Basis durchgeführt würden. Ein Rückmeldesystem über die Inanspruchnahme der Leistung sei dagegen allein Aufgabe der Länder. Um die Maßnahmen der Länder und der gesetzlichen Krankenversicherung im Interesse einer wirksamen Sicherung des Kindeswohls zu bündeln und aufeinander abzustimmen, haben die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen mit den nach Landesrecht zuständigen Stellen der Länder Rahmenvereinbarungen zu schließen29. Dabei bleibt die eigenständige Zuständigkeit der Verwaltungsträger für ihre jeweiligen Aufgaben erhalten. 3. Die derzeitigen gesetzlichen und sonstigen landesrechtlichen Regelungen zur Steigerung der Inanspruchnahme kinderärztlicher Früherkennungsuntersuchungen im Sinne der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen nach § 26 Abs. 2 i. V. m. § 25 Abs. 4 Satz 2 SGB V 3.1. Überblick Mit seiner Entschließung für eine höhere Verbindlichkeit der Früherkennungsuntersuchungen im Sinne des Kindeswohls vom 19. Mai 200630 hat der Bundesrat – wie bereits erwähnt31 – den Willen aller Bundesländer zum Ausdruck gebracht, die Früherkennungsuntersuchungen zu nutzen, um gesundheitliche Kindeswohlgefährdungen früher zu erkennen und einen Datenaustausch zu ermöglichen, der es den Gesundheits- und Jugendbehörden der Länder und Kommunen ermöglicht , bei Eltern, die ihre Kinder nicht bei Früherkennungsuntersuchungen vorgestellt haben, nachfassen zu können. Dieses Ziel sollte unter anderem dadurch erreicht werden, dass ein verbindliches Einladungswesen installiert wird, um so die Teilnahmequote an den Früherkennungsuntersuchungen zu steigern und die Teilnahmedaten bzw. die Nichteilnahme für eine erste , grobe Risikoselektion zu nutzen. Mit der Entschließung des Bundesrates zur verpflichtenden Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen vom 15. Dezember 200632 hat der Bundesrat die Bundesregierung aufgefordert, die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen für Kinder im Alter von einem halben Jahr bis zu fünfeinhalb Jahren unabhängig von ihrem Versicherungsstatus zur Rechtpflicht erhoben wird und die bundesrechtlichen Voraussetzungen für den Datenaustausch zur Entwicklung eines entsprechenden Meldesystems zu schaffen. Die Bundesregierung hat diese Vorschläge der Länder jedoch nicht aufgegriffen und entsprechende bundesgesetzliche Regelungen abgelehnt. In ihrer Stellungnahme zu der Entschließung des Bundesrates zur verpflichtenden Teilnahme an Früher- 29 vgl. die Gesetzesbegründung zu § 26 Abs. 3 Satz 2 SGB V in BT-Drs. 16/9559, S. 17 30 vgl. BR-Drs. 56/06 (Bschluss); beigefügt als Anlage 1 31 vgl. oben zu Gliederungspunkt 1 32 vgl. BR-Drs. 23/06 (Beschluss); beigefügt als Anlage 3 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 22 kennungsuntersuchungen vom 21. März 200733 hat sie – wie bereits erwähnt34 – geltend gemacht , für Regelungen der allgemeinen Gesundheitsvorsorge stehe den Ländern die alleinige Gesetzgebungskompetenz zu. Vor diesem Hintergrund sind mittlerweile in allen Bundesländern landesrechtliche Regelungen geschaffen worden, mit denen die Landesgesetzgeber das Ziel verfolgen, im Sinne eines vorsorgenden Gesundheitsschutzes die Teilnahmequoten an den Früherkennungsuntersuchungen im Sinne der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen gem. § 26 i.V.m. § 25 Abs. 4 Satz 2 SGB V zumindest deutlich zu steigern, um durch diese Untersuchungen Krankheiten und Gefährdungen der normalen, altersentsprechenden körperlichen, psychischen und geistigen Entwicklung von Kindern – auch aufgrund von Vernachlässigung, Misshandlung oder sexuellem Missbrauch – möglichst frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. Zur Erreichung dieses (gemeinsamen) Zieles wurden und werden in den einzelnen Bundesländern jedoch zum Teil unterschiedliche Wege beschritten. 3.1.1. Bundesländer, in denen ein zentrales Einladungs-, Rückmelde- und Erinnerungsverfahren zu den Früherkennungsuntersuchungen ohne gesetzliche Verpflichtung zur Teilnahme etabliert worden ist Die meisten Bundesländer haben sich – wenn auch zum Teil mit erheblichen Unterschieden im Einzelnen – im Grundsatz für die Etablierung eines von einer zentralen Stelle zu organisierenden verbindlichen Einladungs-, Rückmelde- und Erinnerungswesens entschieden, ohne allerdings gleichzeitig auch eine gesetzliche Verpflichtung zur Teilnahme an den kinderärztlichen Früherkennungsuntersuchungen zu begründen. Grundsätzlich geht es bei diesem „Modell“ darum, die (nach wie vor freiwillige) Teilnahme möglichst aller in Frage kommender Kinder an den Früherkennungsuntersuchungen sicherzustellen, indem die erfolgte Teilnahme durch ein Melde- /Datenabgleichsystem erfasst wird und bei der dadurch erkennbaren Nichtteilnahme im Rahmen eines abgestuften Verfahrens zunächst eine Aufforderung ergeht, die versäumte Früherkennungsuntersuchung nachzuholen. Wenn die Erziehungsberechtigten ihre Kinder trotz der amtlichen Erinnerungen gleichwohl nicht untersuchen lassen, wird durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst – auch im Rahmen von Hausbesuchen – eine aufsuchende Beratung über Inhalt und Zweck der Früherkennungsuntersuchung sowie eine subsidiäre Durchführung der noch ausstehenden Früherkennungsuntersuchung durch einen Arzt oder eine Ärztin des Gesundheitsamtes angeboten. Erst wenn die Erziehungsberechtigten auch diese Untersuchung verweigern, soll durch eine Meldung an die mit der Wahrnehmung der Kinder- und Jugendhilfe betrauten Behörden die Möglichkeit verbessert werden, Verdachtsfälle weitergehenden Nachforschungen und gegebenenfalls helfenden Interventionen zuzuführen. Landesgesetzliche Regelungen für ein derartiges Einladungs-, Teilnahmekontroll- und Erinnerungswesen sind in Bremen, Nordrhein- Westfalen und im Saarland bereits im Jahr 2007, in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen im Jahr 2008, in Berlin Ende Dezember 2009 33 vgl. BR-Drs. 240/07 34 vgl. oben zu Gliederungspunkt 1 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 23 und in Hamburg sowie in Sachsen im Januar 2010 in Kraft getreten. Das Niedersächsische Gesetz über das Einladungs- und Meldewesen für Früherkennungsuntersuchungen von Kindern (NFrüherk UG) vom 28. Oktober 2009 tritt dagegen im Wesentlichen erst am 1. April 2010 in Kraft. In einigen der vorgenannten Länder (z.B. in Brandenburg, Bremen, Niedersachsen, Rheinland- Pfalz, Schleswig-Holstein, Thüringen und im Saarland) lädt die in den Landesgesetzen spezifisch benannte (zentrale) Stelle alle Kinder entsprechend ihrem Alter zeitnah bereits im Vorfeld zu den jeweils anstehenden Früherkennungsuntersuchungen (zumeist ab der U4 bis zur U9) ein; die Meldebehörden übermitteln an die für das Einladungswesen zuständigen Stellen die hierzu benötigten Meldedaten. Ob eine Inanspruchnahme erfolgt oder nicht, wird darüber kontrolliert, dass die Ärztinnen oder Ärzte die durchgeführte Untersuchung unverzüglich (so z.B. in Brandenburg , Bremen, Niedersachsen und im Saarland) bzw. innerhalb von drei (z.B. in Rheinland- Pfalz und in Thüringen[bei einer U3 bis U6]) bzw. fünf (z.B. in Schleswig-Holstein und Thüringen [bei einer U7 bis U9]) Arbeitstagen der zuständigen zentralen Stelle melden. Stellt die zentrale Stelle bei dem sich daran anschließenden Datenabgleich zwischen Meldedaten und Meldungen über durchgeführte Früherkennungsuntersuchungen fest, dass eine Untersuchung versäumt wurde, erinnert sie die gesetzliche Vertreterin oder den gesetzlichen Vertreter des eingeladenen Kindes zeitnah an die noch ausstehende Früherkennungsuntersuchung, um sie erneut zur Teilnahme an der Früherkennungsuntersuchung zu motivieren. An die Personensorgeberechtigten gerichtete Erinnerungsschreiben, die versäumte Früherkennungsuntersuchung nachzuholen, sind auch in den Bundesländern vorgesehen, in denen – anders als in den zuvor genannten Ländern – nicht bereits im Vorfeld zu den anstehenden Früherkennungsuntersuchungen eine Einladung erfolgt, sondern erst nach dem Datenabgleich zwischen Meldedaten und ärztlichen Meldungen über durchgeführte Früherkennungsuntersuchungen. Erinnerungsverfahren mit erstmaliger Einladung bei Nichtteilnahme eines Kindes an der jeweiligen Früherkennungsuntersuchung sind z.B. in Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen einführt worden. Wird die versäumte Früherkennungsuntersuchung trotz ein- oder zweimaliger Aufforderung (bzw. Einladung und/oder Erinnerung) der Personensorgeberechtigten, diese noch durchführen zu lassen, innerhalb der in Abschnitt B. der „Kinder-Richtlinien“ des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen festgelegten Toleranzgrenzen gleichwohl nicht nachgeholt, hat die in dem jeweiligen Land benannte zentrale Stelle hinsichtlich der Kinder, deren Teilnahme an einer Früherkennungsuntersuchung nicht ärztlich bescheinigt worden ist, bestimmte personenbezogene Daten des Kindes und der gesetzlichen Vertreter an andere Behörden weiterzuleiten. Diese Datenübermittlung erfolgt - je nach Bundesland – entweder an das zuständige Gesundheitsamt, das seinerseits – auch im Rahmen von Hausbesuchen – eine aufsuchende Beratung über Inhalt und Zweck der Früherkennungsuntersuchung sowie eine subsidiäre Durchführung der noch ausstehenden Früherkennungsuntersuchung durch einen Arzt oder eine Ärztin des Gesundheitsamtes anbietet (so z.B. in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen und im Saarland ), oder (direkt) an das zuständige Jugendamt (so in Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein- Westfalen und Thüringen). Zum Teil erfolgt die Datenübermittlung auch an den zuständigen Landkreis oder die kreisfreie Stadt, damit diese geeignete und angemessene Maßnahmen ergreifen können, um auf eine erhöhte Teilnahmerate hinzuwirken (so z.B. in Brandenburg und Schleswig -Holstein). In Bremen besteht die Besonderheit, dass das Gesundheitsamt bereits selbst zentrale Stelle ist. Erhält das Gesundheitsamt trotz der Erinnerung innerhalb einer angemessenen Frist keine Rückmeldung einer niedergelassenen Ärztin oder eines niedergelassenen Arztes über die Durchführung der Früherkennungsuntersuchung bei dem betreffenden Kind, nimmt es gezielt Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 24 Kontakt mit der gesetzlichen Vertreterin oder dem gesetzlichen Vertreter auf und bietet einen Hausbesuch und gleichzeitig die Durchführung der Früherkennungsuntersuchung während dieses Hausbesuches an. Wird eine Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchung ohne hinreichende und nachgewiesene Gründe abgelehnt, teilt das Gesundheitsamt dies unverzüglich dem Jugendamt mit. Auch in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen und im Saarland übermittelt das Gesundheitsamt dem Jugendamt die entsprechenden Daten und Informationen , wenn die Hilfsangebote des Gesundheitsamtes zur Durchführung einer Früherkennungsuntersuchung oder einer vergleichbaren Untersuchung vom gesetzlichen Vertreter nicht wahrgenommen werden und/oder dem Gesundheitsamt (gewichtige) Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Wohls des Kindes bzw. für die Vernachlässigung, den Missbrauch oder die Misshandlung eines Kindes bekannt geworden sind. Demgegenüber werden die Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen – wie bereits erwähnt – direkt, dass heißt ohne Einschaltung des Gesundheitsamtes, von der in dem jeweiligen Land benannten zentralen Stelle informiert, wenn dieser trotz Einladung und/oder Erinnerung auch nach Ablauf einer bestimmten Frist keine Rückmeldung über die Teilnahme an der jeweiligen Früherkennungsuntersuchung vorliegt. Welche Aufgaben sich für das jeweilige Jugendamt nach einer entsprechenden Mitteilung des Gesundheitsamtes oder der Zentralen Stelle ergeben, ist im Wesentlichen in der bundesrechtlichen Bestimmung des § 8a SGB VIII zum Schutzauftrag des Jugendamtes bei Kindeswohlgefährdung geregelt. Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes bekannt, so hat es gem. Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte abzuschätzen. Dabei sind die Personensorgeberechtigten sowie das Kind einzubeziehen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes nicht in Frage gestellt wird (§ 8a Abs. 1 Satz 2 SGB VIII). Hält das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen nach den Bestimmungen des SGB VIII für geeignet und notwendig, so hat es diese den Personensorgeberechtigten oder den Erziehungsberechtigten anzubieten (§ 8a Abs. 1 Satz 3 SGB VIII). Nach § 8a Abs. 2 Satz 1 SGB VIII ist in Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach dem SGB VIII erbringen, sicherzustellen, dass deren Fachkräfte den Schutzauftrag nach Abs. 1 in entsprechender Weise wahrnehmen und bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos eine insoweit erfahrene Fachkraft hinzuziehen. Insbesondere ist die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte bei den Personensorgeberechtigten oder den Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten, und das Jugendamt informieren, falls die angenommenen Hilfen nicht ausreichend erscheinen, um die Gefährdung abzuwenden (§ 8a Abs. 2 Satz 2 SGB VIII). Hält das Jugendamt das Tätigwerden des Familiengerichts für erforderlich, so hat es das Gericht anzurufen; dies gilt auch, wenn die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten nicht bereit oder in der Lage sind, bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos mitzuwirken (§ 8a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII). Besteht eine dringende Gefahr und kann die Entscheidung des Gerichts nicht abgewartet werden, so ist das Jugendamt gem. § 8a Abs. 3 Satz 2 SGB VIII verpflichtet , das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen. Vor dem Hintergrund der bundesgesetzlichen Vorschrift des § 8a SGB VIII kann es nicht überraschen , dass die Bundesländer in ihren gesetzlichen und sonstigen landesrechtlichen Bestimmungen zur Steigerung der Inanspruchnahme kinderärztlicher Früherkennungsuntersuchungen mangels Gesetzgebungskompetenz da Länder insoweit entweder keine oder letztlich nur als deklaratorisch zu qualifizierende Regelungen zur Aufgabenwahrnehmung durch die Jugendämter vorse- Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 25 hen, wenn und soweit diese aufgrund der Datenübermittlung durch die oben genannten Stellen über Informationen verfügen, die unter Umständen ein Einschreiten des Jugendamtes erfordern. Dementsprechend ist in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen auf entsprechende Regelungen gänzlich verzichtet worden. In Bremen und Niedersachsen wird lediglich darauf hingewiesen, dass das Jugendamt berechtigt ist, die ihm übermittelten Daten zum Zwecke der Durchführung der Aufgaben nach § 8a SGB VIII zu verarbeiten. Nach der Rechtslage in Hamburg prüft das zuständige Fachamt Jugend- und Familienhilfe aufgrund der ihm übermittelten Daten unverzüglich, ob die Familien der nicht als teilnehmend gemeldeten Kinder Hilfen zur Erziehung erhalten und ergreift in diesen Fällen die notwendigen und geeigneten Maßnahmen . Die personenbezogenen Daten der nicht als teilnehmend gemeldeten Kinder, deren Familien keine Hilfen zur Erziehung erhalten, werden demgegenüber von dem zuständigen Fachamt Jugend- und Familienhilfe an das für den Wohnsitz der gesetzlichen Vertreterin oder des gesetzlichen Vertreters zuständige Fachamt Gesundheit übermittelt. Das Fachamt Gesundheit setzt sich sodann auf der Grundlage der ihm übermittelten Daten unverzüglich mit der gesetzlichen Vertreterin oder dem gesetzlichen Vertreter des Kindes in Verbindung und wirkt in geeigneter Weise auf die Inanspruchnahme von Früherkennungsuntersuchungen hin. In Nordrhein-Westfalen hat der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe in eigener Zuständigkeit zu entscheiden, ob gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes vorliegen und welche Maßnahmen gegebenenfalls geeignet und notwendig sind. Hierbei können die übermittelten Daten als weiterer Indikator herangezogen werden. Die Zusammenarbeit insbesondere mit den Trägern des öffentlichen Gesundheitsdienstes und anderen Behörden, Trägern, Einrichtungen und Personen, die Verantwortung des Kindeswohls tragen, wird empfohlen. In Rheinland-Pfalz prüfen die Jugendämter aufgrund der ihnen übermittelten Daten unverzüglich, ob ein Hilfebedarf vorliegt und stellen die notwendigen und geeigneten Maßnahmen zur frühen Förderung und zum Schutz von Kindern zur Verfügung. Im Saarland wird lediglich darauf hingewiesen, dass das Jugendamt nach der Informationsweitergabe durch das Gesundheitsamt die weiteren erforderlichen Maßnahmen in eigener Zuständigkeit trifft. Gewissermaßen als Vorstufe zum Programm des § 8a SGB VIII prüfen die schleswig-holsteinischen Jugendämter, ob gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung vorliegen, bieten geeignete und notwendige Hilfen an, schalten erforderlichenfalls das Familiengericht ein oder nehmen das Kind in Obhut, wenn eine dringende Gefahr besteht und die familiengerichtliche Entscheidung nicht abgewartet werden kann. In Thüringen schließlich hat das Jugendamt die ihm übermittelten Daten im Rahmen der Erfüllung seines Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdungen nach § 8a SGB VIII zu berücksichtigen und in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen. In der Gesetzesbegründung zu dieser Bestimmung wird darauf hingewiesen, die Tatsache, dass ein Kind an einer Früherkennungsuntersuchung – trotz ausdrücklicher Einladung, Erinnerung und Aufforderung zur Nachholung – nicht teilgenommen habe, könne zwar ein Hinweis darauf sein, dass die Personensorgeberechtigten den zuförderst ihnen obliegenden Fürsorgepflichten nicht hinreichend nachgekommen seien. Da die Nichtteilnahme an einer Früherkennungsuntersuchung für Kinder aber unterschiedliche Ursachen haben könne, könne sich aus der Nichtteilnahme allein kein gewichtiger Anhaltspunkt für eine Kindeswohlgefährdung ergeben, der nach § 8a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII die Wahrnehmung des staatlichen Schutzauftrages auslöse. Es müssten vielmehr zusätzliche Umstände vorliegen, um „gewichtige Anhaltspunkte“ für eine Kindeswohlgefährdung zu begründen. Der entsprechenden Bestimmung komme deshalb lediglich klarstellende Funktion zu. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 26 Eine Evaluation des jeweiligen Einladungs-, Rückmelde- und Erinnerungsverfahrens zur Steigerung der Inanspruchnahme kinderärztlicher Früherkennungsuntersuchungen ist ausdrücklich vorgesehen in Berlin, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen. Insoweit gilt Folgendes: In Berlin ist zwei Jahre nach Beginn der Arbeit der Zentralen Stelle durch einen von der für das Gesundheitswesen zuständigen Senatsverwaltung zu beauftragenden Dritten eine Evaluation durchzuführen. Die Evaluationsergebnisse sind in einem Bericht zusammenzustellen und von der für das Gesundheitswesen zuständigen Senatsverwaltung zu veröffentlichen. Die Evaluation ist im Abstand von drei Jahren zu wiederholen. In Bremen hat zwei Jahre nach dem Inkrafttreten des dortigen Kindeswohlgesetzes eine Evaluation des Einladungsverfahrens zu erfolgen, um den Nutzen dieses Verfahrens zu ermitteln und festzustellen, ob dieses neue Verfahren zu einer verbesserten Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen U4 bis U9 geführt hat. In Niedersachsen hat die Landesregierung die Auswirkungen des dortigen Gesetzes über das Einladungs - und Meldewesen für Früherkennungsuntersuchungen von Kindern bis zum 1. Dezember 2014 zu überprüfen. In Nordrhein-Westfalen berichtet das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium der Landesregierung bis zum 31. Dezember 2011 über die Erfahrungen mit dem (neuen) Meldeverfahren. In Rheinland-Pfalz ist nicht nur eine regelmäßige Berichtspflicht der Zentralen Stelle unter Beifügung statistischer Daten vorgeschrieben, sondern auch eine qualitative Auswertung anhand eines Berichts über die Umsetzung und die Auswirkungen sowie den Weiterentwicklungsbedarf der Maßnahmen zum Schutz von Kindeswohl und Kindergesundheit auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Evaluation sowie entsprechender Beiträge insbesondere des Landesamts für Soziales, Jugend und Versorgung und der Zentralen Stelle sowie der Gesundheitsämter und der Jugendämter. Auch in Sachsen soll eine Evaluation durchgeführt werden , die neben einem Vergleich der Teilnahmequote vor und nach der Durchführung des behördlichen Einladungswesens auch die Erfassung und Auswertung der Verdachtsfälle, die Folgerungen für die Ausgestaltung der Gesundheitsvorsorge sowie eine Kosten-/Nutzenbetrachtung des Sächsischen Kindergesundheits- und Kinderschutzgesetzes enthalten soll. Auch das Gesetz zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen in Schleswig- Holstein statuiert eine Berichtspflicht. Danach legt die Landesregierung dem Landtag in jeder Legislaturperiode einen Bericht zur Situation von Kindern und Jugendlichen bei Gefahren für ihr körperliches, geistiges oder seelisches Wohl vor. Der Bericht soll neben einer Situationsanalyse eine Darstellung der Umsetzung des Gesetzes in Schleswig-Holstein sowie Vorschläge zur Verbesserung und Weiterentwicklung des Kinderschutzes in Schleswig-Holstein enthalten. In Thüringen schließlich übermittelt das Vorsorgezentrum für Kinder als zentrale Stelle dem für das Gesundheitswesen zuständigen Ministerium im ersten Quartal eines jeden Jahres einen Bericht über das Arbeitsergebnis des Vorjahres. Dieser Bericht soll eine differenzierte Auswertung über die Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen, insbesondere nach Alter und Geschlecht des Kindes, nach regionaler Verteilung und Staatsangehörigkeit in anonymisierter Form beinhalten. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 27 3.1.2. Bundesländer, in denen eine gesetzliche Verpflichtung zur Teilnahme an kinderärztlichen Früherkennungsuntersuchungen eingeführt worden ist Anders als in den zuvor genannten Bundesländern35 haben Baden-Württemberg, Bayern und Hessen eine Teilnahmepflicht an den Früherkennungsuntersuchungen im Sinne der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen nach § 26 Abs. 2 i.V.m. § 25 Abs. 4 Satz 2 SGB V normiert, deren Einhaltung die Personensorgeberechtigten sicherzustellen haben. Hier gilt Folgendes: In Baden-Württemberg ist die gesetzliche Verpflichtung zur Teilnahme an kinderärztlichen Früherkennungsuntersuchungen im März 2009 mit dem Ziel einführt worden, eine umfassende gesundheitliche Vorsorge für alle Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten. Die Verpflichtung der Personensorgeberechtigten, die Teilnahme ihrer Kinder an den Früherkennungsuntersuchungen sicherzustellen, bezieht sich deshalb – unabhängig vom Versichertenstatus der Personensorgeberechtigten oder ihrer Kinder – nach Art und Umfang auf die Früherkennungsuntersuchungen, wie sie vom Gemeinsamen Bundesausschuss für die Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen nach § 26 Abs. 2 i.V.m. § 25 Abs. 4 Satz 2 SGB V vorgesehen werden, also auf die U1 bis U9 und die J1. Der Gesetzgeber des „Kinderschutzgesetzes Baden-Württemberg“ vom 3. März 2009 hat allerdings bewusst darauf verzichtet, Sanktionen für eine Nichtteilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen festzulegen. In der Gesetzesbegründung wird diesbezüglich darauf hingewiesen , Sanktionen für eine Nichtteilnahme, z.B. Versagung von Geldleistungen wie dem Landeserziehungsgeld oder eine Ahnung als Ordnungswidrigkeit, seien als kritisch zu betrachten, da die erhebliche Gefahr bestehe, dass für die betroffenen Kinder der Zugang zu nötigen Hilfen weiter erschwert und soziale oder emotionale Problemlagen noch verschärft würden. In Baden- Württemberg gehört es zu den Aufgaben der unteren Gesundheitsbehörden, auf die bestehende Verpflichtung zur Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder und Jugendliche hinzuweisen. Mit dem Ziel, die Inanspruchnahme der Kindervorsorgeuntersuchungen weiter zu steigern, ist flankierend hierzu im März 2009 eine Rahmenvereinbarung mit den Gesetzlichen Krankenkassen im Sinne des § 26 Abs. 3 SGB V36 unterzeichnet worden, in der sich die Krankenkassen verpflichtet haben, die Personensorgeberechtigten künftig über deren Mailingsysteme auf die nächste bevorstehende Früherkennungsuntersuchung hinzuweisen und die Teilnahme im Rahmen ihrer Bonussysteme zu belohnen. Werden Früherkennungsuntersuchungen versäumt, bieten die Gesundheitsämter die kostenfreie Nachholung an. In Bayern ist die gesetzliche Verpflichtung der Personensorgeberechtigten, die Teilnahme ihrer Kinder an den Früherkennungsuntersuchungen U1 bis U9 sowie J1 sicherzustellen, um eine umfassende gesundheitliche Vorsorge für alle Kinder zu gewährleisten, bereits im Mai 2008 eingeführt worden. Nur mit der Verankerung einer gesetzlichen Pflicht und entsprechender Öffent- 35 vgl. oben zu Gliederungspunkt 3.1.1 36 Zur Regelung des § 26 Abs. 3 SGB V vgl. oben zu Gliederungspunkt 2.3 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 28 lichkeitsarbeit sei – so wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt – eine Steigerung der Teilnahmequote zu erwarten, da damit immer auch ein Bewusstseinswandel bewirkt werde. Auch könnten andere Stellen (z.B. Kindertageseinrichtungen, Kinder- und Jugendärzte, Hausärzte, Hebammen , Geburtskliniken) oder Behörden besser auf die Einhaltung einer gesetzlichen Pflicht hinweisen, als nur an die Fürsorge der Eltern zu appellieren. Die Verpflichtung zur Teilnahme an den kinderärztlichen Früherkennungsuntersuchungen besteht auch in Bayern unabhängig vom Versichertenstatus der Personensorgeberechtigten oder ihrer Kinder. Nach dem (novellierten) Bayerischen Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetz gehört es seit Mai 2008 nunmehr zu den Aufgaben der unteren Behörden für Gesundheit, Veterinärwesen, Ernährung und Verbraucherschutz, auf die bestehende Verpflichtung zur Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder und Jugendliche hinzuweisen. Regelungen für die konkrete Ausgestaltung eines Einladungs-, Rückmelde- und Erinnerungsverfahrens trifft dieses Gesetz allerdings nicht. Gleichwohl ist das Fehlen einer zeitgerecht durchgeführten Früherkennungsuntersuchung – anders als in Baden-Württemberg – mit Konsequenzen verbunden: Der Anspruch auf Landeserziehungsgeld nach dem Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetz ist vom Nachweis der Durchführung der jeweiligen altersentsprechenden Früherkennungsuntersuchung U6 bzw. U7 abhängig. Fehlt dieser Nachweis, wird das Landeserziehungsgeld (bis auf eine Härtefallausnahmeregelung) nicht gewährt. Ferner sind nach Einführung der Teilnahmepflicht an den Früherkennungsuntersuchungen Personensorgeberechtigte verpflichtet, bei der Anmeldung ihres Kindes in einer Kindertageseinrichtung , beispielsweise in einer Krippe oder auch im Kindergarten, einen Nachweis über die Durchführung der zuletzt fälligen Früherkennungsuntersuchung vorzulegen. Darüber hinaus haben die Personensorgeberechtigten in Bayern im Rahmen der von den unteren Behörden für Gesundheit, Veterinärwesen, Ernährung und Verbraucherschutz durchzuführenden Schuleingangsuntersuchung den Nachweis über die vorgeschriebene Teilnahme an der U9- Früherkennungsuntersuchung zu erbringen. Dieser Nachweis wird damit zu einem Bestandteil der Schuleingangsuntersuchung. Wird der Nachweis über die vorgeschriebene Teilnahme an der U9-Früherkennungsuntersuchung nicht erbracht, haben die betroffenen Kinder an einer schulärztlichen Untersuchung teilzunehmen. Diese schulärztliche Untersuchung ersetzt die nicht durchgeführte U9-Früherkennungsuntersuchung. Wird letztlich auch die schulärztliche Untersuchung verweigert, haben die Eltern also wiederholt gegen ihre gesetzlichen Pflichten zum Schutze des Kindes verstoßen, erfolgt eine Mitteilung an das zuständige Jugendamt, das unter Heranziehung der Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu prüfen hat, ob gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung im Sinne des § 8a SGB VIII vorliegen. In Hessen ist die gesetzliche Verpflichtung der Personensorgeberechtigten, die Teilnahme ihrer Kinder an den Früherkennungsuntersuchungen U1 bis U9 sicherzustellen, bereits zum 1. Januar 2008 eingeführt worden. Nach der Gesetzesbegründung zum „Kindergesundheitsschutz-Gesetz“ vom 14. Dezember 2007 stellt die Teilnahmepflicht zwar einen Eingriff in das elterliche Sorgerecht dar; sie sei aber zur Wahrnehmung des staatlichen Wächteramtes nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz gerechtfertigt. Der bisher bestehende Grundsatz der Freiwilligkeit sei nicht geeignet, auszuschließen, dass gerade Kinder aus sogenannten Risikofamilien unter Umständen jahrelang keinen Arzt aufsuchten, der Misshandlungen und Vernachlässigungen ebenso erkennen könne, wie z.B. Sprach- oder Entwicklungsstörungen. Bei der Abwägung zwischen Eltern- und Kinderrechten sei die Teilnahmepflicht eine angemessene Maßnahme. Die Verbindlichkeit der Teilnahme sei geeignet, eine grobe Risikoselektion der betroffenen Kinder zu ermöglichen. Darüber hinaus diene die Verbindlichkeit der Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen U1 bis U9 der besseren Gesundheitsvorsorge dieser Kinder. Ebenso wie in Baden-Württemberg verzichtet allerdings auch das Hessische „Kindergesundheitsschutz-Gesetz“ vom 14. Dezember 2007 auf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 29 die zwangsweise Durchsetzung der Teilnahme oder eine Bußgeldbewährung. Anders als in Baden -Württemberg und Bayern sind in Hessen zusätzlich auch die Früherkennungsuntersuchungen auf behandelbare Stoffwechsel- und Hormonerkrankungen nach Anlage 2 der Kinder- Richtlinien verbindlich. Die Personensorgeberechtigten haben die Teilnahme an diesen Untersuchungen sicherzustellen. Nach der Gesetzesbegründung ist es gerechtfertigt, auch das Neugeborenenscreening in den Kreis der verbindlichen Untersuchungen mitaufzunehmen, um zentral überwachen zu können, ob bei allen Kindern die „Screening-Untersuchung“ der Neugeborenen auch durchgeführt wurde und ob alle positiv gescreenten Kinder rechtzeitig einer adäquaten Diagnostik und Therapie zugeführt wurden. Dies sei beim Stoffwechsel- und Hormonscreenig von extrem hoher Bedeutung, da kranke Kinder, die nur wenige Tage oder Wochen zu spät erkannt und therapiert würden, schwere geistige und körperliche Schäden davontragen könnten. Im Übrigen ist mit dem „ Kindergesundheitschutz-Gesetz“ in Hessen ein Teilnahmekontroll- und Erinnerungsverfahren für die verbindlichen Früherkennungsuntersuchungen etabliert worden, das sich allerdings auf die Untersuchungen ab dem 3. Lebensmonat (U4 bis U9) beschränkt. Nach der Gesetzesbegründung findet dieses Verfahren deshalb nur für die Früherkennungsuntersuchungen nach der Vollendung des zweiten Lebensmonats statt, weil vorher die Abstände der Untersuchungen zu gering seien, um ein Erinnerungsverfahren durchzuführen. Wird der Aufforderung , die Teilnahme innerhalb einer angemessenen Frist sicherzustellen, nicht Folge geleistet, informiert das Hessische Kindervorsorgezentrum als Zentrale Stelle unverzüglich das zuständige Jugendamt. Eine Regelung der Pflichten des Jugendamtes sieht das Kindergesundheitsschutz- Gesetz allerdings nicht vor. In der Gesetzesbegründung wird diesbezüglich zu Recht darauf hingewiesen , dies sei verfassungsrechtlich unzulässig, aber auch nicht notwendig, weil der Bundesgesetzgeber in § 8a SGB VIII die Pflichten des Jugendamtes bei einem Verdacht auf Gefährdung des Kindeswohls abschließend geregelt habe, sodass für den Landesgesetzgeber insoweit keine Gesetzgebungskompetenz bestehe. Das Jugendamt müsse im Rahmen seines gesetzlichen Schutzauftrags nach Übermittlung der entsprechenden Daten tätig werden und prüfen, welche Maßnahmen eingeleitet werden müssten, um das Kindeswohl zu gewährleisten und Kinder vor Vernachlässigung , Misshandlung, Missbrauch und Gewalt zu schützen. Da bei einer Nichteilnahme an einer Pflichtuntersuchung trotz Erinnerung ein Verstoß gegen eine zugunsten des Kindeswohls bestehende Rechtspflicht vorliege, sei in jedem Fall wenigstens ein Gefahrerforschungseingriff geboten, um eine Gefährdung des Kindeswohls auszuschließen. 3.1.3. Einrichtung eines Zentrums „Frühe Hilfen für Familien“ auf Landesebene mit der Aufgabe , zur Steigerung der Inanspruchnahme kinderärztlicher Früherkennungsuntersuchungen mit den gesetzlichen Krankenkassen zu kooperieren Mit dem Ende Dezember 2009 in Kraft getretenen „Gesetz zum Schutz des Kindeswohls und zur Förderung der Kindergesundheit (Kinderschutzgesetz)“ vom 9. Dezember 2009 sind nunmehr auch in Sachsen-Anhalt rechtliche Regelungen geschaffen worden, mit denen der Landesgesetzgeber das Ziel verfolgt, die Kindergesundheit unter anderem durch die Steigerung der Inanspruchnahme der Untersuchungsangebote zur Früherkennung von Krankheiten bei Kindern nach § 26 Abs. 1 SGB V zu fördern. Zur Erreichung (auch) dieses gesetzgeberischen Ziels ist vom Ministerium für Gesundheit und Soziales eine Zentrum „Frühe Hilfen für Familien“ auf Landesebene einzurichten, das unter anderem die Aufgabe hat, sich mit der Steigerung der Inanspruchnahme von Früherkennungsuntersuchungen für Kinder zu befassen und hierzu mit den gesetzlichen Krankenkassen kooperieren soll, um auf diesem Wege die Teilnahmequote zu erhöhen. Diese Regelung geht auf die Beschlussempfehlung des (federführenden) Ausschusses für Soziales Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 30 zurück, mit der dieser Ausschuss von der im Gesetzentwurf der Landesregierung noch vorgesehenen Einrichtung eines zentralen Teilnahmekontroll- und Erinnerungsdienstes für kinderärztliche Früherkennungsuntersuchungen Abstand genommen hat. Ausschlaggebend hierfür waren erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken des Datenschutzbeauftragten und des Ausschusses für Recht und Verfassung, insbesondere hinsichtlich der mit der Einrichtung einer zentralen Früherkennungsstelle verbundenen umfänglichen Erfassung von Daten. In welcher Form und insbesondere mit welchem Inhalt die im Kinderschutzgesetz gesetzlich verankerte Kooperation des Zentrums „Frühe Hilfen für Familien“ mit den gesetzlichen Krankenkassen erfolgen soll, ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen. 3.2. Einzelheiten zur Rechtslage in den Bundesländern, in denen ein zentrales Einladungs-, Rückmelde- und Erinnerungsverfahren zu den Früherkennungsuntersuchungen ohne gesetzliche Verpflichtung zur Teilnahme etabliert worden ist 3.2.1. Berlin Die gesetzlichen Grundlagen für die Einrichtung eines zentralen Einladungs- und Rückmeldesystems mit dem Ziel, im Sinne eines vorsorgenden Gesundheitsschutzes die Inanspruchnahme von kinderärztlichen Früherkennungsuntersuchungen deutlich zu steigern, sind in Berlin mit dem „Berliner Gesetz zum Schutz und Wohl des Kindes“ vom 17. Dezember 200937 geschaffen worden , das nach seinem Artikel X am 31. Dezember 2009 in Kraft getreten ist. Art. 1 dieses Gesetzes enthält das „Gesetz zur Förderung von Kindern und des Kinderschutzes (Berliner Kinderschutzgesetz – KiSchuG)“, das in seinem Ersten Teil (§§ 1 bis 2) die Inhalte und Ziele des Gesetzes sowie einige Begriffsbestimmungen regelt und in seinem Zweiten Teil (§§ 3 – 7) Regelungen vorsieht , mit denen in Berlin ein zentrales Einladungswesen und Rückmeldeverfahren zur Förderung der Teilnahme an kinderärztlichen Früherkennungsuntersuchungen gesetzlich verankert worden ist. Hierzu gehört insbesondere auch die Einführung von Mitteilungs- und Kooperationsverpflichtungen . Im Einzelnen sieht das „Berliner Kinderschutzgesetz – KiSchuG“ insoweit Folgendes vor: Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 KiSchuG ist es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Kindern- und Jugendlichen eine gesunde Entwicklung zu ermöglichen und sie vor Gefährdungen für ihr Wohl zu schützen. Öffentliche Einrichtungen und Stellen sowie Einrichtungen und Dienste anderer Träger der gesundheitlichen, sozialen und pädagogischen Betreuung und Förderung von Kindern oder Jugendlichen haben gem. § 1 Abs. 1 Satz 2 KiSchuG im Rahmen ihrer Aufgaben und der bestehenden Gesetze darauf hinzuwirken, den Kinderschutz zu gewährleisten. Ziel des Gesetzes ist es, Kindern und Jugendlichen eine gesunde Entwicklung zu ermöglichen und sie vor Gefährdungen für ihr Wohl zu schützen (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KiSchuG). Dazu soll gem. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 KiSchuG unter anderem die Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen von Kindern mit Berliner Wohnsitz gesteigert werden. Kind im Sinne des Berliner Kinderschutzgesetzes ist gem. § 2 Nr. 1 KiSchuG, wer noch nicht 14 Jahre alt ist. Personensorgeberechtigter ist, 37 Gesetz und Verordnungsblatt für Berlin (GVBl.) S. 875 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 31 wem allein oder gemeinsam mit einer anderen Person nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches die Personensorge zusteht (§ 2 Nr. 3 KiSchuG). Im § 3 KiSchuG wird die Nutzung und Übermittlung der für das Einladungswesen und Rückmeldeverfahren nach § 6 KiSchuG bedeutsamen Screening-Identitätsnummer geregelt. Nach dieser Bestimmung gilt Folgendes: Zusammen mit dem gelben Untersuchungsheft für Kinder gemäß Anlage 1 der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres („Kinder- Richtlinien“) in der jeweils geltenden Fassung erhalten alle Neugeborenen von den Geburtseinrichtungen , Hebammen und Entbindungspflegern im Land Berlin einen mit einer eindeutigen Screening-Identitätsnummer (Screening-ID) gekennzeichneten Dokumentationsbogen nach dem Muster der Anlage zum Berliner Kinderschutzgesetz (§ 3 Abs. 1 Satz 1 KiSchuG). Diese Screening -ID wird gem. § 3 Abs. 1 Satz 2 KiSchuG mit den Angaben nach § 5 Abs. 2 KiSchuG aus der Screening-Karte an das Neugeborenen-Screening-Labor Berlin übermittelt und sowohl für das Verfahren des erweiterten Neugeborenen-Screenings nach den „Kinder-Richtlinien“ als auch für das Einladungswesen und Rückmeldeverfahren nach § 6 KiSchuG verwendet. Die Personensorgeberechtigten des Neugeborenen sind von den Geburtseinrichtungen, Hebammen und Entbindungspflegern im Land Berlin in der Regel vor der Geburt des Kindes, spätestens aber vor der Durchführung des Neugeborenenstoffwechsel- und Hörscreenings eingehend unter Verwendung eines von der für das Gesundheitswesen zuständigen Senatsverwaltung einheitlich vorzugebenden Informationsblattes zu Sinn, Zweck und Ziel des Neugeborenenstoffwechsel- und Hörscreenings und des Einladungswesens und Rückmeldeverfahrens nach § 6 KiSchuG sowie über die mit den Verfahren verbundene Verarbeitung personenbezogener Daten, insbesondere die Verwendung der Screening-ID, aufzuklären (§ 3 Abs. 2 Satz 1 KiSchuG). Die Einwilligung in die Durchführung des Neugeborenenstoffwechsel- und Hörscreenings und die Aushändigung des Informationsblattes sind gem. § 3 Abs. 2 Satz 2 KiSchuG mit Unterschrift zumindest eines Personensorgeberechtigten zu dokumentieren. § 4 KiSchuG regelt die Einrichtung einer Zentralen Stelle, die das Einladungswesen und Rückmeldeverfahren nach § 6 KiSchuG durchzuführen hat. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 wird diese Zentrale Stelle bei der Charité-Universitätsmedizin Berlin eingerichtet. Nach der Gesetzesbegründung38 ist die Charité-Universitätsmedizin Berlin aufgrund der unbestritten hohen Kompetenz im Bereich der Kinderheilkunde und der Neonatologie am besten geeignet, die Aufgaben fach- und sachgerecht wahrzunehmen. Die Zentrale Stelle untersteht gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 KiSchuG der Rechtsund Fachaufsicht der für das Gesundheitswesen zuständigen Senatsverwaltung. Leiterin oder Leiter der Zentralen Stelle kann nach § 4 Abs. 1 Satz 3 nur eine Ärztin oder ein Arzt sein. Die Kosten der Zentralen Stelle trägt das Land Berlin, soweit sie nicht von anderen Stellen getragen werden (§ 4 Abs. 1 Satz 4). Die Zentrale Stelle führt das Einladungswesen und Rückmeldeverfahren nach § 6 durch und darf die für diese Zwecke erforderlichen personenbezogenen Daten der betroffenen Kinder und deren Personensorgenberechtigten verarbeiten (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Ki- SchuG). Diese Daten dürfen gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 KiSchuG nicht zu einem anderem als dem der Erhebung und Speicherung zugrunde liegendem Zweck sowie für die in § 7 KiSchuG genannten 38 vgl. Abgeordnetenhaus Berlin, Vorlage – zur Beschlussfassung – Berliner Gesetz zum Schutz und Wohl des Kindes, Drucksache 16/2154 vom 20. Februar 2009, S. 18 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 32 Zwecke weiterverarbeitet werden. Die Datenbestände der Zentralen Stelle sind getrennt von den sonstigen Datenbeständen der Charité-Universitätsmedizin Berlin zu halten und durch besondere technische und organisatorische Maßnahmen vor unbefugter Verarbeitung zu schützen (§ 4 Abs. 2 Satz 3 KiSchuG). Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 KiSchuG wird bei der Zentralen Stelle eine Vertrauensstelle als räumlich, organisatorisch und personell getrennte Einheit eingerichtet. Sie hat die Aufgabe, die Nutzung der Screening-ID nach § 3 Abs. 1 sowohl für das Neugeborenenstoffwechsel- und Hörscreening als auch für das Einladungswesen und Rückmeldeverfahren nach § 6 zu ermöglichen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 KiSchuG). Nach § 5 Abs. 2 KiSchuG hat das Neugeborenen-Screening-Labor Berlin innerhalb von 4 Wochen nach der Geburt von den am Neugeborenenstoffwechsel- und Hörscreening teilnehmenden Kindern die dem Kind zugeordnete Screening-ID, den Namen, Vornamen und das Geburtsdatum des Kindes und der Mutter sowie die Anschrift eines Personensorgeberechtigten an die Vertrauensstelle zu übermitteln. Die Zentrale Stelle übermittelt gem. § 5 Abs. 3 KiSchuG die in § 6 Abs. 2 KiSchuG vorgesehenen Meldedaten der Kinder sowie den Namen, Vornamen und das Geburtsdatum der Mutter innerhalb einer angemessenen Frist vor Ablauf des in den „Kinder-Richtlinien“ für die Unterstufe U4 festgelegten Untersuchungsintervalls an die Vertrauensstelle . Die Vertrauensstelle führt die Daten nach § 5 Abs. 2 und 3 zusammen und übergibt den mit der Screening-ID gekennzeichneten Meldedatensatz an die Zentrale Stelle (§ 5 Abs. 4 Ki- SchuG). Nach § 5 Abs. 5 Satz 1 KiSchuG darf die Vertrauensstelle die für ihre Aufgaben erforderlichen personenbezogenen Daten der betroffenen Kinder und deren Personensorgeberechtigten verarbeiten. Diese Daten dürfen nicht zu einem anderen als dem der Erhebung und Speicherung zugrunde liegenden Zweck weiterarbeitet werden (§ 5 Abs. 5 Satz 2 KiSchuG). Sie sind gem. § 5 Abs. 5 Satz 3 KiSchuG unverzüglich nach dem in Abs. 4 vorgesehenen Datenabgleich zu löschen. § 6 KiSchuG regelt die Aufgaben der Zentralen Stelle und den Ablauf des von ihr zur organisierenden Einladungswesens und Rückmeldeverfahrens. Im Einzelnen sieht diese Bestimmung in den Absätzen 1 bis 8 Folgendes vor: Nach Abs. 1 Satz 1 hat die Zentrale Stelle die Aufgabe, die Teilnahme der Kinder an einer in den „Kinder-Richtlinien“ für ihr jeweiliges Alter vorgesehenen Früherkennungsuntersuchung der Untersuchungsstufen mit Beginn des 3. Lebensmonats bis zum vollendeten 10. Lebensjahr unabhängig von ihrem Versichertenstatus zu sichern. Zu diesem Zweck ermittelt die Zentrale Stelle gem. Abs. 1 Satz 2 durch Abgleich mit den nach den Absätzen 2 und 4 übermittelten Daten die Kinder, für die innerhalb einer angemessenen Frist vor Ablauf des in den „Kinder-Richtlinien“ für das Neugeborenenstoffwechsel- und Hörscreening und die jeweiligen Untersuchungsstufen zwischen Beginn des 3. Lebensmonats und dem vollendeten 10. Lebensjahrs festgelegten Untersuchungsintervalls keine Screenig-Karten oder keine Untersuchungsbescheinigungen nach Abs. 4 eingegangen sind. Gem. Abs. 1 Satz 3 lädt die Zentrale Stelle die Personensorgeberechtigten der nach Satz 2 ermittelten Kinder ein, die Kinder zu den Früherkennungsuntersuchungen vorzustellen und informiert dabei über Inhalt und Zweck der Früherkennungsuntersuchungen sowie den weiteren Verfahrensablauf bei Nichtteilnahme an der Früherkennungsuntersuchung (Einladung). Zugleich informiert die Zentrale Stelle die Personensorgeberechtigten derjenigen Kinder, für die bisher keine Screening-ID von der Vertrauensstelle ermittelt wurde, über Inhalt und Zweck des Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 33 Neugeborenenstoffwechsel- und Hörscreenings (Abs. 1 Satz 4). Die Einladungen gem. Abs. 1 Satz 3 sollen nach der Gesetzesbegründung 39 zeitlich im letzten Drittel der in den „Kinderrichtlinien“ genannten Toleranzgrenzen versendet werden. Sie seien – so wird in der Gesetzesbegründung40 weiter ausgeführt – in den wichtigsten Migrantensprachen zu fassen. Die Zentrale Stelle könne sich hierbei unter anderem der Zusammenarbeit mit dem Gemeindedometscherdienst Berlin bedienen . Abs. 2 Satz 1 regelt die melderechtliche Datenübermittlung zur Erfüllung der Aufgabe nach dem „Berliner Kinderschutzgesetz“. Nach dieser Bestimmung sind der Zentralen Stelle regelmäßig elektronisch auf der Grundlage des Geburtsregistereintrags des Kindes vor Beginn des in den „Kinder-Richtlinien“ für die jeweilige Untersuchungsstufe zwischen Beginn des 3. Lebensmonats und Vollendung des 10. Lebensjahrs festgelegten Untersuchungsintervalls die in Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 8 näher bezeichneten aktuellen Daten der Kinder der jeweiligen Altersstufe durch die Meldebehörde zur Verfügung zu stellen. Die Zentrale Stelle führt gemäß Abs. 2 Satz 2 den jeweils aktuellen Meldedatensatz mit dem bestehenden Datensatz einschließlich Screening-ID zusammen und aktualisiert diesen. Nach Abschluss des Verfahrens für die letzte in den „Kinder- Richtlinien“ vorgesehene rückgemeldete Vorsorgeuntersuchung sind die Daten vollständig zu löschen (Abs. 2 Satz 3). Ist ein Meldedatensatz keiner Screening-ID zuzuordnen, so werden der Dokumentationsbogen nach § 3 Abs.1 Satz 1 und das Informationsblatt nach § 3 Abs. 2 Satz 1 von der Zentralen Stelle an die Personensorgeberechtigten verschickt (§ 6 Abs. 3). Abs. 4 regelt die ärztliche Befugnis und Verpflichtung zur Übermittlung der personenbezogenen Daten, die zur Erfüllung der Aufgaben nach dem Berliner Kinderschutzgesetz erforderlich sind. Nach Satz 1 dieser Bestimmung sind Ärztinnen und Ärzte, die eine Früherkennungsuntersuchung der Untersuchungsstufen zwischen Beginn des 3. Lebensmonats und Ende des 10. Lebensjahres durchgeführt haben, befugt und verpflichtet, der Zentralen Stelle mittels eines von der für das Gesundheitswesen zuständigen Senatsverwaltung einheitlich vorzugebenden Rückmeldebogens unverzüglich die in Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 näher bezeichneten Daten für Kinder mit Berliner Wohnsitz zu übermitteln. Hierzu gehören die Screening-ID oder bei Nichtvorliegen der Screening-ID die Angaben nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 3, 5 und 6 sowie die Bezeichnung der durchgeführten Früherkennungsuntersuchung. Eine Einwilligung der Personensorgeberechtigten in die Datenübermittlung ist dabei nicht erforderlich41. Durch die Dokumentation der ärztlichen Rückmeldungen wird die Zentrale Stelle in die Lage versetzt, die individuelle Inanspruchnahme einer Früherkennungsuntersuchung festzustellen und durch Vergleich mit den nach § 6 Abs. 1 Satz 3 versandten Einladungen insbesondere diejenigen Kinder zu ermitteln, die an der jeweiligen Früherkennungsuntersuchung noch nicht teilgenommen haben42. Abs. 4 Satz 2 beschreibt das notwendige Verfahren, sofern die Früherkennungsuntersuchung außerhalb des Landes Berlin durchgeführt wird. In diesen Fällen sollen die Personensorgeberechtigten des untersuchten Kin- 39 vgl. Drucksache 16/2154 S. 20 40 vgl. Drucksache. 16/2154 S. 20 41 vgl. die Gesetzesbegründung zu § 6 Abs. 4 Satz 1 in Drucksache. 16/2154 S. 20 42 vgl. Drucksache. 16/2154 S. 20 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 34 des sich die Untersuchung unter Angabe der in Abs. 4 Satz 1 genannten Daten bescheinigen lassen (Untersuchungsbescheinigung) und die Bescheinigung der Zentralen Stelle übermitteln. Hintergrund dieser Regelung ist nach der Gesetzesbegründung43 der gesetzliche Anspruch, die Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen lückenlos zu erfassen und die Personensorgeberechtigten , deren Kinder nicht an einer Früherkennungsuntersuchung teilnehmen, individuell ansprechen und zur Wahrnehmung der jeweiligen Früherkennungsuntersuchung bewegen zu können. Im Übrigen sei – so wird in der Gesetzesbegründung44 weiter ausgeführt – mangels länderübergreifender Regelungen die Bestimmung nach Abs. 4 Satz 2 erforderlich und angemessen. Nach Abs. 5 Satz 1 hat die Zentrale Stelle diejenigen Kinder zu ermitteln, zu denen innerhalb einer angemessenen Frist nach Absendung der Einladung keine Untersuchungsbescheinigungen im Sinne des Abs. 4 eingegangen sind. Um diesen Kindern eine Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen noch innerhalb der in den „Kinder-Richtlinien“ festgelegten Toleranzgrenzen zu ermöglichen, muss die Zentrale Stelle die individuelle Inanspruchnahme der Untersuchungen feststellen, mithin die nach den Absätzen 2 und 4 von den Meldebehörden und den Ärztinnen und Ärzten übermittelten Daten, miteinander abgleichen (Abs. 5 Satz 1). Nur auf diese Weise ist es möglich, die Personensorgeberechtigten eines Kindes, die der Einladung nicht gefolgt sind, individuell anzusprechen. Im Übrigen kann nach Ablauf der in den „Kinder- Richtlinien“ geregelten Toleranzgrenzen die jeweilige Früherkennungsuntersuchung nicht mehr in Anspruch genommen werden45. Zu den nach Abs. 5 Satz 1 ermittelten Kindern übermittelt die Zentrale Stelle gem. Abs. 5 Satz 2 dem Gesundheitsamt des Bezirkes, in dem sich der Hauptwohnsitz des Kindes befindet, oder, falls ein Hauptwohnsitz im Land Berlin nicht besteht, dem Gesundheitsamt des Bezirkes, in dem sich der Wohnsitz des Kindes befindet, die in § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 3,5,6 und 8 genannten personenbezogenen Daten und die Bezeichnung der unterbliebenen Früherkennungsuntersuchung. Die Übermittlung der Daten nach Satz 2 erfolgt schriftlich mit verschlossenem Umschlag oder auf elektronischem Weg; dabei ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die Daten nicht von Unbefugten zur Kenntnis genommen werden können (Abs. 5 Satz 3). Nach Abs. 6 Satz 1 hat das zuständige Gesundheitsamt, d.h. eine geeignete Fachkraft des zuständigen Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes46, die Personensorgeberechtigen des nach Abs. 5 Satz 1 ermittelten Kindes nach schriftlicher Ankündigung unter Hinweis auf die Freiwilligkeit aufzusuchen, um Inhalt und Zweck der Früherkennungsuntersuchungen zu erläutern (Hausbesuch ). Im Rahmen des Hausbesuches soll auf die Möglichkeit hingewiesen werden, die versäumte Früherkennungsuntersuchung (sofern die jeweilige Toleranzgrenze für die Durchführung der Untersuchung noch nicht abgelaufen ist) bei einer/einem niedergelassenen Kinderärztin /Kinderarzt noch durchführen zu lassen bzw. eine ärztliche Untersuchung beim Kinder- und Jugendgesundheitsdienst der Gesundheitsämter durchführen zu lassen, wenn die jeweilige Tole- 43 vgl. Drucksache. 16/2154 S. 20 44 vgl. Drucksache. 16/2154 S. 20 45 vgl. die Gesetzesbegründung zu § 6 Abs. 5 Satz 1 in Drucksache. 16/2154 S- 21 46 vgl. die Gesetzesbegründung in Drucksache. 16/2154 S. 21 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 35 ranzgrenze für die Durchführung der Untersuchung bereits verstrichen ist47. Ein Hausbesuch erfolgt gem. Abs. 6 Satz 2 nicht, wenn die Personensorgeberechtigten nachvollziehbare Gründe nennen, weshalb die jeweilige Früherkennungsuntersuchung nicht durchgeführt worden ist und dem Gesundheitsamt keine Anhaltspunkte einer Kindeswohlgefährdung vorliegen. Über den Hausbesuch ist ein Protokoll anzufertigen (Abs. 6 Satz 3). Die Gesundheitsämter haben gem. Abs. 6 Satz 4 die ihnen von der Zentralen Stelle übermittelten und die sonstigen in diesem Zusammenhang gespeicherten personenbezogenen Daten spätestens drei Jahre nach ihrer Speicherung zu löschen, soweit nicht im Einzelfall die Kenntnis der Daten für die Erfüllung der Aufgaben der Gesundheitsämter aus zwingenden Gründen über diesen Zeitpunkt hinaus erforderlich ist. Abs. 7 regelt den weiteren Verfahrensablauf, insbesondere die notwendige Meldung des Kinderund Jugendgesundheitsdienstes an die Koordinierungsstelle Kinderschutz des Jugendamtes. Danach gilt Folgendes: Werden bei dem Hausbesuch nach Abs. 6 gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen wahrgenommen und ist ein Tätigwerden erforderlich, um eine Gefährdungseinschätzung vorzunehmen oder eine Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen abzuwenden, und sind die Personensorgeberechtigten nicht bereit oder in der Lage, hieran mitzuwirken, so ist das Gesundheitsamt nach Satz 1 befugt und verpflichtet , dies unverzüglich dem zuständigen Jugendamt (Koordinierungsstelle Kinderschutz) mitzuteilen. Zu diesem Zweck übermittelt das Gesundheitsamt den Anlass und den Grund der Meldungen nach Satz 1 und die in Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 3, 5, 6 und 8 genannten personenbezogenen Daten (Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 und 2). Im Zusammenhang mit der Übermittlung der Daten nach Satz 2 darf das Gesundheitsamt dem Jugendamt Namen, Anschriften, Telefonnummern und sonstige eine Kontaktaufnahme ermöglichende Daten übermitteln (Abs. 7 Satz 3). Die in Absatz 7 Satz 2 und 3 aufgeführten Daten dienen nach der Gesetzesbegründung48 dem notwendigen Informationsaustausch und sind insbesondere für die Verwendung des berlineinheitlichen Erst-Check- Bogens der Jugend- und Gesundheitsämter sowie auch bei den Meldungen über die Berliner Hotline Kinderschutz erforderlich. Nach Abs. 7 Satz 4 ist sicherzustellen, dass die Daten nicht von Unbefugten zur Kenntnis genommen werden können. Ist ein Kind in einem anderen Bundesland in einem verbindlichen Einladungswesen zu den Früherkennungsuntersuchungen erfasst, so können die Personensorgeberechtigten das Kind gem. § 6 Abs. 8 bei der Zentralen Stelle vom verbindlichen Einladungswesen für die Früherkennungsuntersuchung im Land Berlin abmelden, wenn sie einen entsprechenden Nachweis darüber vorlegen . Abschließend ist noch auf die Regelung des § 7 KiSchuG hinzuweisen, derzufolge eine Evaluation des Einladungswesens und Rückmeldeverfahrens zu erfolgen hat. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Bestimmung ist zwei Jahre nach Beginn der Arbeit der Zentralen Stelle durch einen von der für das Gesundheitswesen zuständigen Senatsverwaltung zu beauftragenden Dritten eine Evaluation durchzuführen. Die Evaluationsergebnisse sind in einem Bericht zusammenzustellen und von der für das Gesundheitswesen zuständigen Senatsverwaltung zu veröffentlichen (Abs. 1 Satz 2). 47 vgl. die Gesetzesbegründung zu § 6 Abs. 6 Satz 1 in Drucksache. 16/2154 S. 21 48 vgl. Drucksache. 16/2154 S.22 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 36 Die Evaluation ist gem. Abs. 1 Satz 3 im Abstand von drei Jahren zu wiederholen. Grundlage sind anonymisierte Einzeldaten aus folgenden Bereichen, und zwar: 1. einer Geschäftsstatistik der Zentralen Stelle auf der Ebene „ Lebensweltlich Orientierter Räume“ (LOR), 2. Mitteilung der Zentralen Stelle an die Gesundheitsämter nach Bezirken, 3. Mitteilung der Gesundheitsämter zu den durchgeführten Hausbesuchen und 4. Mitteilungen der Gesundheitsämter an die Jugendämter auf der Ebene der Bezirke (§ 7 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 bis 4). Die nach Abs. 1 für die Evaluation bereit zu stellenden Daten sind gem. § 7 Abs. 2 KiSchuG halbjährlich an die mit der Gesundheitsberichterstattung nach § 5 des Gesundheitsdienst-Gesetzes vom 25. Mai 200649 befasste Stelle zu übermitteln. 3.2.2. Brandenburg In Brandenburg wurden die gesetzlichen Grundlagen für den Aufbau eines zentralen Einladungsund Rückmeldewesens zur Steigerung der Teilnahmequoten an Früherkennungsuntersuchungen im Rahmen einer am 30.April 2008 in Kraft getretenen Novellierung des Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst im Land Brandenburg vom 23. April 200850 geschaffen. Die maßgeblichen Regelungen hierzu finden sich in § 7 i. V. m. § 6 Abs. 2 Satz 3 des Brandenburgischen Gesundheitsdienstgesetzes (BbgGDG)51. Im Einzelnen gilt danach Folgendes: § 7 Abs. 1 Satz 1 BbgGDG verpflichtet die Träger des Öffentlichen Gesundheitsdienstes zur Verbesserung der allgemeinen Gesundheitsvorsorge von Kindern und Jugendlichen sowie zur Prävention und Früherkennung von Kindesvernachlässigung und -misshandlung darauf hinzuwirken , dass die Teilnahmerate an den Früherkennungsuntersuchungen nach § 26 SGB V bei den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten gesteigert wird. Neben einem weitflächigen Ausbau des Systems früher Hilfen, den Untersuchungen aller Kinder im Alter vom 30. bis 42. Lebensmonat durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst, einer breit angelegten Öffentlichkeits- und Elternbildungsarbeit und einer besseren Kooperation der für die Kindergesundheit Verantwortung Tragenden sei – so wird in der Gesetzesbegründung52 ausgeführt – auch die Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte ein geeignetes Mittel, um Störungen der körperlichen, psychischen und geistigen Entwicklung von Kindern frühzeitig zu erkennen und geeignete therapeutische Maßnahmen rechtzeitig einleiten zu können. Im Verlaufe einer Früherkennungsuntersuchung könnten im Einzelfall auch körperliche Symptome nach Misshandlung oder durch Vernachlässigung diagnostiziert werden. Bei Kindern, die nicht an Früherkennungsuntersuchungen teilnähmen, könnten entsprechende Anzeichen gerade nicht festgestellt werden. Da die Teilnahmerate mit zunehmendem Alter der Kinder zurückgehe, solle 49 GVBl. S. 450, zuletzt geändert durch Art. III des Gesetzes vom 22. Oktober 2008 (GVBl. S. 292, 293) 50 Verkündet als Artikel 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und der Krankenhausplanung vom 23. April 2008 (GVBl. I S. 95) 51 beigefügt als Anlage 11 52 Gesetzentwurf der Landesregierung, Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst im Land Brandenburg (Brandenburgisches Gesundheitsdienstgesetz – BbgGDG), in: Landtagsdrucksache 4/5286 zu § 7 Abs. 1 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 37 – so wird in der Gesetzesbegründung weiter ausgeführt53 – für alle Kinder im Land Brandenburg vom 9. bis zum vollendeten 66. Lebensmonat (entsprechend den Früherkennungsuntersuchungen U6 bis U9) unabhängig vom Versicherungsstatus ein Einladungswesen zu diesen Untersuchungen bzw. zu den entsprechenden ärztlichen Untersuchungen etabliert und ein zentraler Einladungsdienst organisiert werden. Dementsprechend wird in § 7 Abs. 1 Satz 2 BbgGDG festgelegt, dass das Landesgesundheitsamt als Zentrale Stelle alle Kinder entsprechend ihrem Alter zeitnah jeweils zu den für Kinder im Alter vom vollendeten neunten bis zum vollendeten 66. Lebensmonat und nach Vollendung des zehnten Lebensjahres vorgesehenen Untersuchungen nach § 26 SGB V oder, soweit die Kinder nicht gesetzlich versichert sind, zu entsprechenden ärztlichen Untersuchungen einlädt. Die im Gesetzentwurf der Landesregierung noch nicht vorgesehene Einbeziehung auch der Früherkennungsuntersuchung nach Vollendung des zehnten Lebensjahres (J1) in das gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 BbgGDG zu organisierende Einladungswesen geht auf die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie54 zurück. Zur Begründung hat der Ausschuss dabei geltend gemacht, die Aufnahme der in § 26 SGB V vorgesehenen Untersuchung nach Vollendung des zehnten Lebensjahres (J1) in das Einladungswesen sei geboten, um die sehr niedrige Teilnahmerate der vergangenen Jahre von 12 bis 15 % zu erhöhen. Dies sei die einzige Vorsorgeuntersuchung in einem Alter (vom 12. Geburtstag bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres) in dem Jugendliche eine Reihe wichtiger Veränderungen durchmachen würden. Nach § 7 Abs. 1 Satz 3 BbgGDG haben die Meldebehörden durch Übermittlung der in § 6 Abs. 2 Satz 3 BbgGDG genannten Daten sicherzustellen, dass das Landesgesundheitsamt als Zentrale Stelle ab dem 1. Juni 2008 über die aktuellen – für die Einladung erforderlichen – Daten der Kinder , die zwischen sieben und 58 oder zwischen 144 und 150 Lebensmonate alt sind, verfügt. Zu den nach § 7 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 6 Abs. 2 Satz 3 BbgGDG zu übermittelnden Daten gehören der Familienname einschließlich früherer Namen, die Vornamen, Tag und Ort der Geburt, Geschlecht und die gegenwärtige Anschrift des Kindes im Alter vom 28. bis 40. Lebensmonat sowie der Vor- und Familienname und die Anschrift der gesetzlichen Vertreter. Durch das Versenden der Einladungen direkt an die Kinder werden Doppeleinladungen bei getrennt lebenden Eltern vermieden. Die Datenweitergabe durch die Meldebehörden an das Landesgesundheitsamt ist nach der Gesetzesbegründung55 für das Ziel, alle Kinder zu den Früherkennungsuntersuchungen einzuladen und damit die Teilnahmerate zu erhöhen, unerlässlich und stelle das mildeste Mittel dar. Durch anderweitige Maßnahmen, wie beispielsweise verstärkte Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit , sei dieses Ziel nicht, jedenfalls nicht in gleichem Maße, zu erreichen. Öffentlichkeitskampagnen seien anonym und sollten eine breite Basis informieren, Einladungen würden die Sorgeberechtigten individuell ansprechen und erinnerten an die Teilnahme an der anstehenden Früherkennungsuntersuchung. Damit könne dem überwiegenden Allgemeininteresse an einer gesunden Entwicklung der Kinder und dem Schutz vor Vernachlässigung und Misshandlung als öffentliche Aufgabe Rechnung getragen werden. 53 Vgl. Landtagsdrucksache 4/5286 zu § 7 Abs. 1 54 Vgl. Landtagsdrucksache 4/5849 S. 13 55 Vgl. Landtagsdrucksache 4/5286 zu § 7 Abs. 1 BbgGDG Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 38 § 7 Abs. 2 BbgGDG regelt die Rückmeldung über durchgeführte Früherkennungsuntersuchungen durch die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte an das Landesgesundheitsamt. Nach dieser Bestimmung übermitteln Ärztinnen und Ärzte, die eine Untersuchung nach § 7 Abs. 1 BbgGDG im neunten bis 13., 20. bis 27. oder 43. bis 50. Lebensmonat durchgeführt haben, dem Landesgesundheitsamt unverzüglich nach erfolgter Untersuchung die im § 7 Abs. 1 Satz 3 BbgGDG genannten Daten. Die Verpflichtung der Vertragsärztinnen und -ärzte zur (unverzüglichen) Rückmeldung personenbezogener Daten wird in der Gesetzesbegründung56 als geeignet, erforderlich und angemessen angesehen, da bei einem System, das ausschließlich auf Freiwilligkeit beruhe, nicht mit einer vollständigen Rückmeldung gerechnet werden könne. Zudem stehe die Verpflichtung aufgrund des tatsächlich zu erwartenden geringen Aufwandes bei der Datenweitergabe nicht außer Verhältnis zum Erfolg der Maßnahme. Die zu meldenden Daten seien auch nicht als besonders sensibel einzustufen, da lediglich die Teilnahme an einer Früherkennungsuntersuchung – ohne jeglichen Bezug zu den Untersuchungsergebnissen – weitergegeben werde. Weiterhin enthielten mit dieser Bestimmung die Ärztinnen und Ärzte Rechtssicherheit dahingehend, dass die Weitergabe der Informationen an das Landesgesundheitsamt insbesondere im Rahmen des § 203 Strafgesetzbuch (StGB) als befugte Weitergabe zu behandeln und somit zulässig sei. Auf eine gesonderte ausdrückliche Einwilligung der Eltern könne verzichtet werden. Das Landesgesundheitsamt werde zusammen mit der Einladung ein vorbereitetes Rückmeldeformular mit den individuellen Daten des Kindes verschicken, welches dann die Ärztin oder der Arzt nach der Untersuchung an die Zentrale Stelle zur Bestätigung der Teilnahme zurücksende. Die Datenweitergabe stelle zudem keinen unzulässigen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht dar, da die weitergegebenen Daten keine gesundheitsbezogenen persönlichen Einzelangaben enthielten, sondern nur die durchgeführte Früherkennungsuntersuchung bestätigten. Während alle Kinder in dem in § 7 Abs. 1 Satz 2 BbgGDG genannten Alter eingeladen werden, beschränkt sich die Rückmeldung an das Landesjugendamt gemäß § 7 Abs. 2 BbgGDG lediglich auf drei Untersuchungen (U6, U7, U8). Eine weitere Rückmeldung für die durchgeführte Untersuchung im Alter vom 58. bis 66. Lebensmonat wird nach der Gesetzesbegründung als nicht notwendig angesehen. Der Zeitraum der U9 korrespondiere in Brandenburg mit den Schuleingangsuntersuchungen, die nach § 6 Abs. 2 BbgGDG der Öffentliche Gesundheitsdienst durchführe. Der Öffentliche Gesundheitsdienst erreiche den gesamten Jahrgang der Einschüler, kontrolliere hierbei die Inanspruchnahme und wirke auf die Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen hin57. § 7 Abs. 3 BbgGDG legt fest, dass das Landesgesundheitsamt diejenigen Kinder erneut zu einer Früherkennungsuntersuchung nach § 26 SGB V bzw. zu einer entsprechenden ärztlichen Untersuchung einlädt, bei denen vor Ablauf des Untersuchungszeitraums nicht bekannt ist, ob sie ärztlich untersucht worden sind. Hierzu erfolgt im Landesgesundheitsamt ein Datenabgleich der Rückmeldungen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte mit den nach § 7 Abs. 1 Satz 3 BbgGDG übermittelten Daten der Meldebehörden58. Kinder, die sich aufgrund einer schweren chronischen Erkrankung oder Behinderung in kontinuierlicher ärztlicher Behandlung befinden, erhalten gemäß § 7 Abs. 3 BbgGDG keine zweite Einladung, wenn die behandelnde Ärztin oder 56 Vgl. Landtagsdrucksache 4/5286 zu § 7 Abs. 2 BbgGDG 57 Vgl. Landtagsdrucksache 4/5286 zu § 7 Abs. 2 BbgGDG 58 Vgl. Landtagsdrucksache 4/5286 zu § 7 Abs. 3 BbgGDG Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 39 der behandelnde Arzt eine entsprechende Meldung dem Landesgesundheitsamt übermittelt hat. Auch hier soll die Rückmeldung neben den notwendigen persönlichen Daten des Kindes lediglich beinhalten, dass das Kind sich in ständiger ärztlicher Betreuung befindet59. Die in § 7 Abs. 4 BbgGDG getroffene Regelung sieht vor, dass die jeweils örtlich zuständige untere Gesundheitsbehörde (Gesundheitsamt) die weitere Betreuung übernimmt, wenn trotz eines zweiten Einladungsschreibens nach § 7 Abs. 3 BbgGDG bei einzelnen Kindern weiterhin nicht bekannt ist, ob sie an einer altersentsprechenden Früherkennungsuntersuchung gemäß § 26 SGB V teilgenommen haben. Hierzu werden gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 3 BbgGDG der Familienname einschließlich früherer Namen, Vornamen, Tag und Ort der Geburt, Geschlecht , die gegenwärtige Anschrift des Kindes sowie Vor- und Familienname und Anschrift der gesetzlichen Vertreter dem zuständigen Landkreis oder der zuständigen kreisfreien Stadt durch das Landesgesundheitsamt weitergegeben. Die Zulässigkeit der Datenweitergabe ergibt sich dabei aus § 16 Abs. 4 BbgGDG. Die Entscheidung, welche Maßnahmen zur nachhaltigen Steigerung der Teilnahmequoten an den Früherkennungsuntersuchungen geeignet und angemessen sind, liegt nach § 7 Abs. 4 Satz 2 BbgGDG im Verantwortungsbereich der Kommunen. Ob beispielsweise eine verstärkte Aufklärungsarbeit und Beratung der Eltern durch das Gesundheitsamt, ein weiteres Einladungsschreiben an die Eltern, aufsuchende Beratung durch Hausbesuche, das Angebot einer eigenen Untersuchung oder andere Aktivitäten erfolgen sollen, kann nach der Gesetzesbegründung 60 bedarfs- und situationsgerecht durch die Kommune ausgestaltet werden. Die Erfahrung habe gezeigt, dass gerade die niederschwelligen Angebote des Öffentlichen Gesundheitsdienstes diejenigen seien, mit denen Sorgeberechtigte in vielen Fällen auf freiwilliger Basis erreicht werden könnten. Durch das Aufsuchen der Familien könne vermieden werden, dass Informationen an Behörden der Kinder- und Jugendhilfe weitergegeben würden, obwohl Früherkennungsuntersuchungen stattgefunden hätten und lediglich Meldungen unterblieben seien. Ergäben sich bei den Maßnahmen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes Anhaltspunkte für eine Vernachlässigung des Kindes, könnten solche Verdachtsfälle weitergehenden Nachforschungen und entsprechenden Hilfen durch die Kinder- und Jugendhilfe zugeführt werden61. 3.2.3. Bremen Im Bundesland Bremen ist ein Einladungs- und Rückmeldewesen für Früherkennungsuntersuchungen durch das am 16. Mai 2007 in Kraft getretene Gesetz zur Sicherung des Kindeswohls und zum Schutz vor Kindesvernachlässigung (Kindeswohlgesetz – KiWG) vom 30. April 200762 eingeführt worden. Die Änderung des Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst im Lande Bremen (Gesundheitsdienstgesetz – ÖGDG) vom 27. März 199563 durch Art. 1 des Kin- 59 Vgl. die Gesetzesbegründung in Landtagsdrucksache 4/5286 zu § 7 Abs. 3 BbgGDG 60 Vgl. Landtagsdrucksache 4/5286 zu § 7 Abs. 4 BbgGDG 61 Vgl. Die Entwurfsbegründung zu § 7 Abs. 4 BbgGDG in Landtagsdrucksache 4/5286 62 Brem.GBl. S. 317 63 Brem.GBl. S. 175, zuletzt geändert durch Nr. 2.1 der Bekanntmachung über die Änderung von Zuständigkeiten vom 31. März 2009 (Brem.GBl. S. 129 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 40 deswohlgesetzes vom 30. April 200764 dient dem Ziel, die im SGB V verankerten Früherkennungsuntersuchungen für Kinder ergänzend zu nutzen. Früherkennungsuntersuchungen seien – so heißt es in der Gesetzesbegründung65– ein Angebot an Familien mit Kindern, um eine Gefährdung der körperlichen, psychischen oder geistigen Entwicklung von Kindern frühzeitig zu erkennen und ihnen durch präventive Maßnahmen zu begegnen. Bei Eltern, die der Gesundheitsfürsorge weniger aufgeschlossen gegenüber stünden, sei es geboten, sie zur Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen zu motivieren66. Die Nichtinanspruchnahme einer Früherkennungsuntersuchung könne – so wird in der Gesetzesbegründung67 weiter ausgeführt – ein Hinweis auf Unterversorgung eines Kindes sein, in jedem Fall bleibe das Präventionsangebot ungenutzt. Deshalb sei es geboten, zukünftig Eltern, die ihr Kind nicht zu einer Früherkennungsuntersuchung vorstellen würden, gesondert anzusprechen68. Zielsetzungen des Kindeswohlgesetzes sind die Erhöhung der Inanspruchnahme von Früherkennungsuntersuchungen durch die Organisation eines Einladungswesens für alle Kinder unabhängig vom Versichertenstatus, die Erreichung von Risikofamilien, die zeitnahe und gezielte Kontaktaufnahme mit diesen Familien und das Einleiten weiterer begleitender Hilfen für die betreffenden Familien durch die zuständigen Stellen69. Zur Umsetzung dieser Ziele wurde durch Art. 1 Nr. 3 des Kindeswohlgesetzes vom 30. April 2007 insbesondere ein neuer § 14a in das Gesundheitsdienstgesetz (ÖGDG)70 eingefügt, der die Aufgaben des Gesundheitsamtes im Zusammenhang mit der Gewährleistung der Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen regelt. Im Einzelnen gilt nach dieser Bestimmung Folgendes : Nach § 14a Abs. 1 Satz 1 ÖGDG lädt das zuständige Gesundheitsamt die gesetzliche Vertreterin oder den gesetzlichen Vertreter jedes Kindes, dessen Früherkennungsuntersuchung U4 bis U9 nach § 26 i. V. m. § 25 Abs. 4 Satz 2 SGB V bevorsteht, zur Teilnahme des Kindes an der jeweiligen Früherkennungsuntersuchung durch eine niedergelassene Ärztin oder einen niedergelassenen Arzt schriftlich ein. Satz 1 gilt entsprechend für Kinder, die nicht gesetzlich krankenversichert sind, für deren vergleichbare Früherkennungsuntersuchungen (§ 14a Abs. 1 Satz 2 ÖGDG). Nach der Gesetzesbegründung71 sind die Kinder- und Jugendgesundheitsdienste der Gesundheitsämter aufgrund ihres umfangreichen und in der Bevölkerung akzeptierten Angebots sowie ihrer langjährigen Erfahrungen mit insbesondere gesundheitlich und sozial benachteiligten Bürgern besonders geeignet, in dem Spannungsfeld zwischen Förderung des Kindeswohls und staat- 64 Brem.GBl. S. 317 65 Vgl. Landtagsdrucksache 16/1365 S. 4 66 Vgl. Landtagsdrucksache 16/1365 S. 4 67 Vgl. Landtagsdrucksache 16/1365 S. 4 68 Vgl. Landtagsdrucksache 16/1365 S. 4 69 Vgl. Landtagsdrucksache 16/1365 S. 4 70 beigefügt als Anlage 12 71 Vgl. Landtagsdrucksache 16/1365 S. 5 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 41 licher Wahrnehmung des Kinderschutzes einen Beitrag zu leisten. Daher übertrage Abs. 1 dem zuständigen Gesundheitsamt die Aufgabe, die gesetzliche Vertreterin oder den gesetzlichen Vertreter jedes Kindes, dessen Früherkennungsuntersuchung bevorstehe, hierzu einzuladen. Die ausdrückliche Einladung soll die Eltern an die ihnen bekannten Termine der Früherkennungsuntersuchungen erinnern und sie zusätzlich motivieren, ihr Kind von einer niedergelassenen Ärztin oder einem niedergelassenen Arzt untersuchen zu lassen. Die Einladung erfolgt dabei jeweils (nur) zu den Früherkennungsuntersuchungen U4 bis U9. Die Früherkennungsuntersuchungen U1 bis U3, die in den ersten sechs Lebenswochen des Kindes durchzuführen sind, würden – so wird in der Gesetzesbegründung dargelegt72 – im Land Bremen ganz überwiegend wahrgenommen, so dass insoweit das aufwändige Einladungs- und Erinnerungsverfahren nicht erforderlich erscheine und im Übrigen im Hinblick auf die geringen Zeiträume zwischen den Untersuchungen auch nicht praktikabel sei. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit kann das Einladungsverfahren gemäß § 14a Abs. 1 Satz 3 ÖGDG zentral von einem Gesundheitsamt im Lande Bremen insgesamt wahrgenommen werden. Die Einladung hierzu kann auch im Rahmen anderer Früherkennungs- und Vorsorgeprogramme für Kinder im Lande Bremen erfolgen (§ 14a Abs. 1 Satz 4 ÖGDG). § 14a Abs. 2 ÖGDG verpflichtet die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, die eine Früherkennungsuntersuchung nach Abs. 1 Satz 1 und 2 durchgeführt haben, dem Gesundheitsamt unverzüglich einen Rückmeldebogen zu übersenden, der eine Reihe personenbezogener Daten enthält. Hierzu gehören der Familien- und Vorname des Kindes, Tag und Ort der Geburt des Kindes, das Datum der Durchführung der Früherkennungsuntersuchung sowie die Bezeichnung der durchgeführten Früherkennungsuntersuchung (§ 14a Abs. 2 Nr. bis 8 ÖGDG). Eine derartige Meldung ist zur Identifikation derjenigen Kinder erforderlich, die in dem jeweiligen Untersuchungszeitraum an den Früherkennungsuntersuchungen U4 bis U9 teilgenommen haben. Bei der hier vorzunehmenden Abwägung zwischen dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung einerseits und andererseits der Verpflichtung des Gemeinwesens, alles zu tun, um Kinder zu fördern und vor Vernachlässigung oder Misshandlung zu schützen, ist laut Gesetzesbegründung73 letzterer der Vorrang einzuräumen. Hervorzuheben ist, dass mit der Einführung einer Meldepflicht nach § 14a Abs. 2 ÖGDG die Früherkennungsuntersuchung selbst nicht verpflichtend ist, da die Eltern nicht verpflichtet werden, ihr Kind untersuchen zu lassen. Mit der Regelung in § 14a Abs. 2 ÖGDG wurde lediglich ein Verfahren installiert, mit dem die Eltern festgestellt werden, die ihr Kind nicht haben untersuchen lassen, um die Gründe hierfür mit diesen abzuklären und sicherzustellen , dass in diesen Fällen das Kindeswohl gewahrt wird. Auf Grund der Meldepflicht nach 14a Abs. 2 ÖGDG können die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte die Datenübermittlung an das Gesundheitsamt nicht unter Berufung auf die ärztliche Schweigepflicht verweigern74. In § 14a Abs. 3 ÖGDG ist der nächste Schritt des Einladungsverfahrens geregelt. Über den Abgleich der Adressaten der Einladungsschreiben nach § 14a Abs. 1 ÖGDG mit den Rückmeldungen nach § 14a Abs. 2 ÖGDG ist es dem Gesundheitsamt möglich, diejenigen Kinder festzustellen, die nicht an der Früherkennungsuntersuchung teilgenommen haben (vgl. § 14a Abs. 3 Satz 1 ÖGDG). 72 Vgl. Landtagsdrucksache 16/1365 S. 5 73 Vgl. Landtagsdrucksache 16/1365 S. 5 74 Vgl. die Gesetzesbegründung zu § 14a Abs. 2 in: Landtagsdrucksache 16/1365 S. 5 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 42 Soweit für ein eingeladenes Kind keine Rückmeldung vorliegt, erinnert das Gesundheitsamt gemäß § 14a Abs. 3 Satz 2 ÖGDG zeitnah die gesetzliche Vertreterin oder den gesetzlichen Vertreter dieses Kindes schriftlich an die Durchführung der Früherkennungsuntersuchung, um sie erneut zur Teilnahme an der Früherkennungsuntersuchung zu motivieren. Da die einzelnen Früherkennungsuntersuchungen innerhalb unterschiedlicher Zeiträume durchgeführt werden, sieht das Gesetz keine genaue Festlegung der Erinnerungsfrist vor75. Geht auch nach der Erinnerung gemäß § 14a Abs. 3 ÖGDG innerhalb angemessener Frist keine Rückmeldung einer niedergelassenen Ärztin oder eines niedergelassenen Arztes beim Gesundheitsamt ein, wendet sich das Gesundheitsamt im Rahmen eines abgestuften Interventionsmechanismus erneut an die gesetzliche Vertreterin oder den gesetzlichen Vertreter der Kinder, deren Teilnahme an der Früherkennungsuntersuchung nicht bescheinigt worden ist (§ 14a Abs. 4 ÖGDG). Mit dieser gezielten Kontaktaufnahme soll noch einmal versucht werden, die gesetzliche Vertreterin oder den gesetzlichen Vertreter dazu zu bewegen, die Früherkennungsuntersuchung durchführen zu lassen. Gleichzeitig bietet das Gesundheitsamt einen Hausbesuch bei der gesetzlichen Vertreterin oder dem gesetzlichen Vertreter an, um diesen im persönlichen Gespräch von der Sinnhaftigkeit der Durchführung der Früherkennungsuntersuchung zu überzeugen. Dabei bietet es nach § 14a Abs. 4 ÖGDG auch an, während eines solchen Hausbesuchs die anstehende Früherkennungsuntersuchung durch eine Ärztin oder einen Arzt des Gesundheitsamtes selbst durchzuführen. Dieses Angebot soll nochmals dazu beitragen, Sinn und Zweck der Früherkennungsuntersuchungen zu verdeutlichen und deren unkomplizierte Durchführung auf freiwilliger Basis zu ermöglichen76. Durch das aktive Zugehen auf die Betroffenen könne – so heißt es in der Gesetzesbegründung77 – auch vermieden werden, dass Verdachtsmeldungen an andere zuständige Ämter erfolgen, obwohl die Früherkennungsuntersuchungen nur aufgrund von Versehen oder anderen nachvollziehbaren Gründen nicht erfolgt seien. Lehnt die gesetzliche Vertreterin oder der gesetzliche Vertreter den Hausbesuch oder die Durchführung der Früherkennungsuntersuchung ohne hinreichende und nachgewiesene Gründe ab, teilt das Gesundheitsamt dies unverzüglich dem Jugendamt mit (vgl. § 14a Abs. 5 Satz 1 ÖGDG), damit dieses auf eigener Rechtsgrundlage spezifische Hilfen und Maßnahmen einleiten kann. Absatz 5 Satz 2 führt die Daten auf, die hierzu vom Gesundheitsamt an das Jugendamt übermittelt werden dürfen, und regelt in Satz 3 die Zweckbestimmung dieser Daten. Nach dieser Bestimmung ist das Jugendamt berechtigt, die nach Abs. 5 Satz 1 und 2 übermittelten Daten zum Zwecke der Durchführung der Aufgaben nach § 8a SGB VIII zu verarbeiten. § 14a Abs. 6 ÖGDG enthält den Anspruch des Gesundheitsamtes gegenüber der Meldebehörde auf rechtzeitige Übermittlung der für die Aufgaben nach § 14a Abs. 1 bis 5 erforderlichen Daten. § 14a Abs. 7 ÖGDG beinhaltet eine spezielle Regelung zur Löschung der beim Gesundheitsamt für die Durchführung der Aufgaben nach Abs. 1 bis 5 gespeicherten Daten. Nach dieser Bestimmung sind die zur Durchführung der Aufgaben nach Abs. 1 bis 5 erhobenen Daten zu löschen, sobald sie für die 75 Vgl. die Gesetzesbegründung in Drucksache 16/1365 S. 5 76 Vgl. die Gesetzesbegründung in Landtagsdrucksache 16/1365 S. 6 77 Vgl. Landtagsdrucksache 16/1365 S. 6 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 43 Durchführung dieser Aufgaben nicht mehr erforderlich sind, spätestens jedoch mit Vollendung des siebenten Lebensjahres des betreffenden Kindes. Hinzuweisen ist darüber hinaus noch auf die durch Art. 1 Nr. 4 des Kindeswohlgesetzes in das Gesundheitsdienstgesetz eingefügte Bestimmung des neuen § 42a. Nach dieser Vorschrift erfolgt zwei Jahre nach dem 16. Mai 2007, dem Datum des Inkrafttretens des Kindeswohlgesetzes, eine Evaluation des in § 14a ÖGDG geregelten Einladungsverfahrens, um den Nutzen dieses Verfahrens zu ermitteln und festzustellen, ob dieses neue Verfahren zu einer verbesserten Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen U4 bis U9 geführt hat78. Abschließend ist noch auf die durch Art. 2 des Kindeswohlgesetzes erfolgte Änderung der Verordnung zur Durchführung des Meldegesetzes, insbesondere zur Durchführung von regelmäßigen Datenübermittlungen der Meldebehörden (MeldDÜV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Juni 199079 hinzuweisen. Durch die Einfügung eines neues Absatzes 5 in § 13 der MeldDÜV80 wurde konkret geregelt, welche Daten im einzelnen von den Meldebehörden an die Gesundheitsämter zu übermitteln sind, damit die Gesundheitsämter in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben nach dem neuen § 14a des Gesundheitsdienstgesetzes wahrzunehmen. 3.2.4. Hamburg Mit dem am 1. Januar 2010 in Kraft getretenen „ Gesetz zur Neustrukturierung und Optimierung der gesundheitlichen Vorsorge im Vorschulalter“ vom 15. Dezember 200981 sind nunmehr auch in der Freien und Hansestadt Hamburg die gesetzlichen Grundlagen für die Einführung eines Erinnerungs- und Meldewesens mit Nachkontrolle zur Steigerung der Inanspruchnahme kinderärztlicher Früherkennungsuntersuchungen geschaffen worden. Durch Art. 1 Nr. 3 dieses Gesetzes wurde in das „Hamburgische Gesundheitsdienstgesetz“ vom 18. Juli 200182 ein (neuer) § 7a eingefügt , der die Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder regelt. Nach der Gesetzesbegründung 83 bezweckt die als § 7a in das Hamburgische Gesundheitsdienstgesetz (HmbGDG) aufgenommene Regelung, im Rahmen einer zweijährigen Modellphase die gesundheitliche Vorsorge von Kindern durch die termingerechte Teilnahme an den Kinderfrüherkennungsuntersu- 78 Vgl. die Gesetzesbegründung in Landtagsdrucksache 16/1365 S. 6 79 Brem.GBl. S. 175, zuvor zuletzt geändert durch die Verordnung vom 25. Februar 2005 (Brem.GBL. S. 51) 80 beigefügt als Anlage 13 81 HmbGVBl. S. 507 82 Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst in Hamburg (Hamburgisches Gesundheitsdienstgesetz) vom 18. Juli 2001 (HmbGVBl. S. 201), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Umsetzung der Föderalismusreform im Heimrecht vom 15. Dezember 2009 (HmbGVBl. S. 494, 505) 83 vgl. Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft, Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 1. April 2009 „Neustrukturierung des gesundheitlichen Vorsorgeangebots für Kinder im Vorschulalter“ – Drs. 19/2463 -, in: Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, Drs. 19/4331 vom 13. Oktober 2009, S. 2 und 6 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 44 chungen U6 (10. bis 12. Lebensmonat) und U7 (21. bis 24. Lebensmonat) zu optimieren sowie die Früherkennung von Risiken für das Kindeswohl zu verbessern. Die im Jahre 2008 im Rahmen der Schulärztlichen Untersuchung erfassten Daten hätten gezeigt, dass sich die Teilnahmerate von 97% bei der Früherkennungsuntersuchung U1 bis zur U7 auf 90% reduziere. Mit der Einführung eines Erinnerungs- und Meldewesens für die Kinderfrüherkennungsuntersuchungen U6 und U7 soll erreicht werden, dass eine Zentrale Stelle jährlich voraussichtlich 33.000 Kinder bzw. deren gesetzliche Vertreter / -innen in Hamburg an die Teilnahme an den U6 und U7 Untersuchungen erinnert, um eine noch bessere Inanspruchnahme dieser von den gesetzlichen Krankenkassen kostenlos angebotenen Früherkennungsuntersuchungen für Kinder zu erreichen. Gleichzeitig soll überprüft werden, ob über ein derartiges Erinnerungs- und Meldewesen Kinderschutzfälle entdeckt werden, die den Jugendhilfebehörden bislang verborgen geblieben sind. Die in § 7a HmbGDG vorgesehenen Maßnahmen zur Steigerung der Teilnahme an den Kinderfrüherkennungsuntersuchungen stellen nach der Gesetzesbegründung84 neben den bereits bestehenden und bewährten Angeboten und Maßnahmen einen wichtigen Baustein zur Verbesserung der gesundheitlichen Vorsorge sowie des Schutzes von Kindern dar. Die Früherkennungsuntersuchung solle – so wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt – Kinder im Alter zwischen dem ersten und zweiten Lebensjahr erreichen, da gerade ab der U6 die zeitlichen Abstände zu den jeweiligen Folgeuntersuchungen deutlich größer würden und die Teilnahmeraten an diesen Untersuchungen abnähmen. Jedes Kind habe ein Recht auf Entwicklung und Förderung seiner Gesundheit sowie auf Schutz vor Gefährdungen seines körperlichen und geistigen Wohlbefindens. Der Gewährleistung eines wirksamen Kinderschutzes und der Prävention von Kindesvernachlässigung und -misshandlung werde in Hamburg hohe Priorität beigemessen. Die Nichtteilnahme an Kinderfrüherkennungsuntersuchungen, trotz mehrmaliger Erinnerung, könne in Einzelfällen ein Indiz für eine unzureichende Wahrnehmung der Fürsorgepflicht der Eltern sein, die somit ihrer Erziehungsverantwortung nicht gerecht würden. Dies rechtfertige eine zeitnahe Meldung an die für den Kinderschutz zuständigen Stellen, wenn die Früherkennungsuntersuchung nicht in Anspruch genommen worden sei85. Im Einzelnen gilt nach der Änderung des Hamburgischen Gesundheitsdienstgesetzes (HmbGDG) durch Art. 1, 2 und 3 des Gesetzes zur Neustrukturierung und Optimierung der gesundheitlichen Vorsorge im Vorschulalter vom 15. Dezember 200986 für die Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen U6 und U7 Folgendes: Um bei flächendeckenden Früherkennungsuntersuchungen den Bevölkerungsbezug herzustellen, ist es notwendig, auf Daten der Meldebehörden zurückzugreifen und die Anspruchsberechtigten unter Beachtung des Datenschutzes anzuschreiben. Mit der Neuregelung in § 6a HmbGDG87 wird daher bestimmt, dass zur Durchführung von Früherkennungsuntersuchungen die Daten von allen von der Maßnahme Betroffenen von den Meldebehörden erhoben und an die durchführenden 84 vgl Drucksache. 19/4331 S. 6 85 vgl. die Gesetzesbegründung in Drucksache. 19/4331 S. 2, 6 86 HmbGVBl S. 507 87 eingefügt durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Neustrukturierung und Optimierung der gesundheitlichen Vorsorge im Vorschulalter vom 15. Dezember 2009 (HmbGVBl. S. 507) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 45 Stellen weitergegeben werden dürfen. Mit der Verarbeitung personenbezogener Daten, die für die Durchführung von Maßnahmen der Früherkennung erforderlich sind, wird nach Maßgabe des § 3 Abs. 2 HmbGDG88 eine öffentlich-rechtliche Einrichtung (Zentrale Stelle) beauftragt (§ 6a Satz 1 HmbGDG). Die Zentrale Stelle ist gem. § 6a Satz 2 HmbGDG befugt, die für die jeweiligen Maßnahmen der Früherkennung erforderlichen Daten bei den Meldebehörden zu verarbeiten. Näheres zur Übermittlung der Daten wird in § 12 der Meldedatenübermittlungsverordnung vom 9. September 199789 geregelt. Nach der Gesetzesbegründung90 kann es für unterschiedliche Früherkennungsuntersuchungen wie Kinderfrüherkennungsuntersuchungen und Mammographiescreening verschiedene Zentrale Stellen geben. Die Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder ist – wie bereits erwähnt – in § 7a HmbGDG geregelt91. Danach gilt Folgendes: Gemäß Abs. 1 dieser Bestimmung ermittelt die Zentrale Stelle nach § 6a HmbGDG die Kinder im Alter von neun Monaten bis zum Alter von siebenundzwanzig Monaten, die nicht an einer für ihr jeweiliges Alter gem. § 26 Abs. 1 und § 25 Abs. 4 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vorgesehenen Früherkennungsuntersuchung (U6 und U7) oder, soweit die Kinder nicht gesetzlich krankenversichert sind, an einer gleichwertigen Früherkennungsuntersuchung teilnehmen. Zur Durchführung der Aufgaben der Zentralen Stelle nach dem Hamburgischen Gesundheitsdienstgesetz übermitteln die Meldebehörden der Zentralen Stelle gem. § 7a Abs. 2 Satz 1 vier Wochen vor Beginn des Untersuchungszeitraumes der Früherkennungsuntersuchung U6 oder U7 elektronisch die für die jeweiligen Erinnerungsschreiben erforderlichen Daten aller zu diesem Zeitpunkt in Hamburg lebenden Kinder, die aufgrund ihres Alters an diesen Untersuchungen teilnehmen können. Nach § 7a Abs. Satz 2 erinnert die Zentrale Stelle schriftlich die gesetzliche Vertreterin oder den gesetzlichen Vertreter eines Kindes an die Teilnahme an den Kinderfrüherkennungsuntersuchungen für die Altersstufe neun Monate bis zum Alter von siebenundzwanzig Monaten (U6 und U7). In der Gesetzesbegründung92 wird hierzu ausgeführt, nach den bisherigen Erfahrungen würden Kinderfrüherkennungsuntersuchungen – mit Unterschieden von Untersuchungsstufe zu Untersuchungsstufe – für die U6 und U7 im Durchschnitt von mehr als 90 % der Betroffenen wahrgenommen. Je nach Entwicklung der Teilnehmerquoten und unter Berücksichtigung des Zieles einer fristgerechten Teilnahme sei es jedoch geboten, alle gesetzlichen Vertreter an die Früherkennungsuntersuchung zu erinnern. Dies betreffe die Kinder für den Zeitraum zwi- 88 Nach dieser Bestimmung kann der Öffentliche Gesundheitsdienst öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Einrichtungen mit der Wahrnehmung von Aufgaben, die nicht zur Eingriffsverwaltung gehören, betrauen und mit der Verarbeitung personenbezogener Daten beauftragen, wobei er sich am Subsidaritätsprinzip orientiert. 89 HmbGVBl. S. 453, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Neustrukturierung und Optimierung der gesundheitlichen Vorsorge im Vorschulalter vom 15. Dezember 2009 (HmbGVBl. S. 507, 508) 90 vgl. Drucksache. 19/4331 S. 6 91 Zum Außer-Kraft-Treten dieser Bestimmung am 1. Januar 2012 vgl. Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes zur Neustrukturierung und Optimierung der gesundheitlichen Vorsorge im Vorschulalter vom 15. Dezember 2009 (HmbGVBl. S. 507, 508) 92 vgl. Drucksache. 19/4331 S. 6 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 46 schen dem neunten und dem siebenundzwanzigsten Lebensmonat. Mit dem Einladungsschreiben zur Früherkennungsuntersuchung erhalten die gesetzlichen Vertreterinnen oder Vertreter eine Postkarte mit einem zur Identifizierung des Kindes dienenden Strichcode, die den Ärztinnen oder Ärzten vorgelegt werden soll (§ 7a Abs. 2 Satz 3). Um den erforderlichen Datenabgleich durchführen zu können, bedarf die Zentrale Stelle der Meldung durch die die Früherkennung durchführenden Ärztinnen und Ärzte, ferner der Meldedaten der zuständigen Einwohnermeldebehörden. Zu diesem Zweck verpflichtet § 7a Abs. 3 Satz 1 Ärztinnen und Ärzte, die eine Früherkennungsuntersuchung nach Abs. 1 durchgeführt haben, die der Einladung beigefügte Postkarte mit dem zur Identifizierung des Kindes dienenden Strichcode mit ihrem Praxisstempel zu versehen und sie unverzüglich (spätestens innerhalb einer Woche 93) der Zentralen Stelle zu übersenden. Wird die Früherkennungsuntersuchung eines in Hamburg gemeldeten Kindes durch eine Ärztin oder einen Arzt außerhalb Hamburgs durchgeführt, sollen die gesetzlichen Vertreterinnen oder Vertreter des untersuchten Kindes sich die Untersuchung auf der von der Zentralen Stelle bereitgestellten Postkarte bescheinigen lassen und diese anschließend der Zentralen Stelle übermitteln (§ 7a Abs. 3 Satz 2). Die Zentrale Stelle gleicht gem. § 7a Abs. 4 Satz 1 die Daten nach Abs. 2 und die Daten nach Absatz 3 miteinander ab. Über diesen Abgleich der Adressaten der Erinnerungsschreiben mit den Rückmeldungen der Ärztinnen und Ärzte ist es der Zentralen Stelle möglich, diejenigen Kinder festzustellen, deren Teilnahme an der Früherkennungsuntersuchung nicht bestätigt wurde, und damit weitere Schritte einzuleiten. Nach Abs. 4 Satz 2 erinnert die Zentrale Stelle mit Fristsetzung die gesetzlichen Vertreterinnen oder gesetzlichen Vertreter der Kinder im Alter von neun Monaten bis zum Alter von siebenundzwanzig Monaten, deren Postkarten nach Abs. 2 bei der Zentralen Stelle nach Ablauf des Untersuchungszeitraumes nicht eingegangen sind, daran, die Früherkennungsuntersuchung nachzuholen. Die gespeicherten Daten sind gem. Abs. 4 Satz 3 zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die verantwortliche Stelle nicht mehr erforderlich ist, in der Regel also nach Feststellung, dass die Früherkennungsuntersuchung stattgefunden hat94, ansonsten spätestens drei Monate nach Ablauf der Toleranzfrist, die vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für die Früherkennungsuntersuchung verbindlich festgelegt wird. Liegt für eine Früherkennungsuntersuchung, die für Kinder im Alter von neun bis zum Alter von siebenundzwanzig Monaten vorgesehen ist, auch nach dem zweiten Erinnerungsschreiben innerhalb der Frist nach Abs. 4 keine vom Arzt / oder der Ärztin bestätigte Teilnahme an der Kinderfrüherkennungsuntersuchung vor, übermittelt die Zentrale Stelle dem für den Wohnsitz der gesetzlichen Vertreterin oder des gesetzlichen Vertreters zuständigen Fachamt Jugend- und Familienhilfe die in § 7a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 10 näher aufgeführten personenbezogenen Daten. Das zuständige Fachamt Jugend- und Familienhilfe ist gem. § 7a Abs. 5 Satz 2 berechtigt, diese Daten zum Zwecke der Durchführung der Aufgaben nach Abs. 6 zu verarbeiten. In der Gesetzesbegrün- 93 vgl. die Entwurfsbegründung in Drucksache. 19/4331 S. 6 94 vgl. Drucksache. 19/4331 S. 6 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 47 dung95 wird hierzu ausgeführt, aufgrund der Teilnahmeraten und Erfahrungen aus anderen Bundesländern sei von etwa 1.000 Fällen pro Jahr auszugehen, die gemeldet würden. Nach § 7a Abs. 6 Satz 1 prüft das zuständige Fachamt Jugend- und Familienhilfe aufgrund der ihm übermittelten Daten unverzüglich, ob die Familien der nicht als teilnehmend gemeldeten Kinder Hilfen zur Erziehung erhalten und ergreift in diesen Fällen die notwendigen und geeigneten Maßnahmen. Die in Abs. 5 genannten Daten der nicht als teilnehmend gemeldeten Kinder, deren Familien keine Hilfen zur Erziehung erhalten, werden gem. Abs. 6 Satz 2 von dem zuständigen Fachamt Jugend- und Familienhilfe an das für den Wohnsitz der gesetzlichen Vertreterin oder des gesetzlichen Vertreters zuständige Fachamt Gesundheit übermittelt. Mit der Unterrichtung des zuständigen Fachamtes Jugend- und Familienhilfe soll nach der Gesetzesbegründung96 die Indizwirkung einer Nichtteilnahme zur Prüfung genutzt werden, ob Eltern der ihnen obliegenden Fürsorgepflicht ausreichend nachkommen. Das zuständige Fachamt Jugend- und Familienhilfe werde so unmittelbar informiert, dass in Einzelfällen möglicherweise der gesundheitlichen Vorsorge nicht ausreichend nachgekommen werde, und könne gezielt darauf hinwirken. Das zuständige Fachamt Gesundheit ist berechtigt, die Daten nach Abs. 5 zum Zwecke der Durchführung der Aufgaben zu nutzen97. Das Fachamt Gesundheit setzt sich gem. § 7a Abs. 6 Satz 3 auf der Grundlage der ihm übermittelten Daten nach Abs. 5 unverzüglich mit der gesetzlichen Vertreterin oder dem gesetzlichen Vertreter des Kindes in Verbindung und wirkt in geeigneter Weise auf die Inanspruchnahme von Früherkennungsuntersuchungen hin. Nach der Gesetzesbegründung 98 hat das Fachamt Gesundheit die Nichtteilnehmenden hierfür zu einem Gespräch einzuladen . Erschienen die Nichteilnehmenden nicht zu diesem Termin, habe ein Hausbesuch zu erfolgen. Sei der Hausbesuch nicht erfolgreich, weil die Nichteilnehmenden nicht erreicht werden könnten, erfolge eine gemeinsame Abstimmung mit dem Fachamt für Jugend- und Familienhilfe . Zum Verfahren im Einzelnen sollen in Abstimmung mit allen Beteiligten noch Detailregelungen getroffen werden. Für die Evaluation des Einladungswesens ist vorgesehen, sowohl die Daten der Zentralen Stelle zu nutzen als auch die Daten, die von den Allgemeinen Sozialen Diensten und den Fachämtern Gesundheit erfasst werden. Die Gesamtheit dieser Daten soll im Rahmen der Evaluation ausgewertet werden. Ziel ist es, die Wirksamkeit des Modells zu überprüfen und mit den gewonnenen Erkenntnissen die gesundheitliche Vorsorge von Kindern und den Kinderschutz in Hamburg weiter zu verbessern99. 95 vgl. Drucksache. 19/4331 S. 2 96 vgl. Drucksache. 19/4331 S. 7 97 vgl. die Gesetzesbegründung zu § 7a Abs. 6 in Drucksache. 19/4331 S. 7 98 Drucksache. 19/4331 S. 7 99 Drucksache. 19/4331 S. 211 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 48 Ergänzend ist noch auf Art. 2 des Gesetzes zur Neustrukturierung und Optimierung der gesundheitlichen Vorsorge im Vorschulalter vom 15. Dezember 2009100 hinzuweisen, mit dem die Bestimmung des § 12 der Meldedatenübermittlungsverordnung vom 9. September 1997101 mit Wirkung vom 1. Januar 2010 geändert worden ist. § 12 Abs. 3 Satz der Meldedatenübermittlungsverordnung bestimmt nunmehr die regelmäßige Übermittlung von im Melderegister gespeicherten Daten der in Hamburg mit alleiniger Wohnung oder Hauptwohnung gemeldeten Kinder im Alter von neun bis siebenundzwanzig Monaten sowie deren gesetzlichen Vertreter an die nach § 7a Abs. 1 HmbGDG eingerichtete Zentrale Stelle zur Ermittlung der zu den Früherkennungsuntersuchungen U6 und U7 anstehenden Kinder. Die Übermittlung der Daten zur U6 erfolgt gem. Abs. 3 Satz 2 28 Tage vor der Vollendung des 9. und zur U7 28 Tage vor Vollendung des 20. Lebensmonats . Sollte eine zweite Erinnerung oder die Benachrichtigung des zuständigen Fachamts Jugendund Familienhilfe notwendig werden, ruft die Zentrale Stelle für diese Kinder die aktuellen Meldedaten erneut bei den Meldebehörden ab und aktualisiert ihren Datenbestand (§ 12 Abs. 3 Satz 3 Meldedatenübermittlungsverordnung). Inhaltlich werden diejenigen Daten übermittelt, die nach § 7a Abs. 1 HmbGDG zum Zweck der Durchführung der Früherkennungsuntersuchungen verarbeitet werden dürfen und für die Aufgabenerledigung erforderlich sind. Die technischen Einzelheiten sind zwischen der von der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz zu benennenden Zentralen Stelle und dem Fachbereich Meldewesen des Bezirksamtes Harburg abzustimmen102. Abschließend ist noch auf Art. 3 Nr. 1.1 des Gesetzes zur Neustrukturierung und Optimierung der gesundheitlichen Vorsorge im Vorschulalter vom 15. Dezember 2009103 hinzuweisen, mit dem die Bestimmung des § 4 Abs. 2 des Hamburger Kinderbetreuungsgesetzes (KibeG) vom 27. April 2004104 mit Wirkung vom 1. Januar 2010105 geändert worden ist. Nach der bis Ende 2009 geltenden (alten) Fassung des § 4 Abs. 2 KibeG hatte der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst in Tageseinrichtungen für alle Kinder unter anderem eine einmalige ärztliche Untersuchung auf Seh- und Hörstörungen sowie motorische und Sprachauffälligkeiten in der Regel im vierten Lebensjahr durchzuführen, soweit diese Gesundheitsvorsorge nicht im Einzelfall durch Maßnahmen nach § 4 Abs. 2 KibeG entbehrlich war. Nach Aufnahme der Früherkennungsuntersuchung U7a in die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres („Kinder- Richtlinien“) mit Wirkung vom 1. Juli 2008 bestand damit in Hamburg seit diesem Zeitpunkt ein 100 HmbGVBl. S. 507, 508 101 Verordnung über regelmäßige Datenübermittlungen und automatisierte Abrufe aus dem Melderegister (Meldedatenübermittlungsverordnung ) vom 9. September 1997 (HmbGVBl. S. 453), zuletzt geändert durch die sechste Verordnung zur Änderung der Meldedatenübermittlungsverordnung vom 17. März 2009 (HmbGVBl. S. 65) 102 vgl. Drucksache. 19/4331 S. 7 103 HmbGVBl. S. 507, 508 104 HmbGVBl. S. 211, zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. September 2009 (HmbGVBl. S. 333) 105 vgl. Art. 4 Abs. 1 des Gesetzes zur Neustrukturierung und Optimierung der gesundheitlichen Vorsorge im Vorschulalter vom 15. Dezember 2009 (HmbGVBl. S. 507, 508) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 49 doppeltes ärztliches Untersuchungsangebot für Kinder zwischen dem 34. und 36. Lebensmonat in Kindertagesstätten, da das Untersuchungsfenster der neu eingeführten U7a zeitlich mit dem bis Ende 2009 bestehenden ärztlichen Untersuchungsangebot nach dem Hamburger Kinderbetreuungsgesetz zusammenfiel. Der Öffentliche Gesundheitsdienst führte also seither Untersuchungen durch, die sich inhaltlich mit dem Untersuchungsumfang der durch die GKV finanzierten U7a deckten. Mit der Neufassung des § 4 Abs. 2 KibeG ist dieses bisherige Angebot für ärztliche Untersuchungen in Kindertagesstätten mit Wirkung vom 1. Januar 2010 entfallen. Nach der Gesetzesbegründung106 ist die Durchführung der Früherkennungsuntersuchungen für Kinder zwischen dem 34. und 36. Lebensmonat durch den niedergelassenen Kinderarzt der Familie im Hinblick auf die vorrangige Zuständigkeit des Regelsystems mit der kontinuierlichen Betreuung und ggf. erfolgreichen Behandlung dem bisherigen ärztlichen Untersuchungsangebot des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes nach § 4 Abs. 2 KibeG alter Fassung fachlich deutlich vorzuziehen. Die Aufrechterhaltung des bisherigen ärztlichen Untersuchungsangebotes nach dem KibeG sei daher fachlich nicht mehr begründet und als Doppeluntersuchung zudem unwirtschaftlich. Bei Aufnahme in die Kindertagesstätte sind die Sorgeberechtigten gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 KibeG auch weiterhin verpflichtet, durch Vorlage des Untersuchungsheftes für Kinder nach § 26 SGB V oder einer entsprechenden ärztlichen Bescheinigung den Nachweis über eine altersentsprechend durchgeführte Gesundheitsvorsorge des Kindes zu erbringen. Die Kindertagesstätten verfügen damit über wesentliche Gesundheitsinformationen der zu betreuenden Kinder. Sofern sich hieraus oder aus der Betreuung der Kinder ein Bedarf für eine Unterstützung bei gesundheitlichen Fragen ergeben, steht der Öffentliche Gesundheitsdienst nach § 4 Abs. 2 Satz 2 KibeG neuer Fassung auch weiterhin als Ansprechpartner zur Verfügung. Nach dieser Bestimmung berät und unterstützt der Öffentliche Gesundheitsdienst die Träger von Kindertageseinrichtungen bei der Erhaltung und Förderung der Gesundheit der Kinder nach Maßgabe des § 7 Abs. 2 des Hamburgischen Gesundheitsdienstgesetzes. Indem § 4 Abs. 2 Satz 2 KibeG ausdrücklich auf die Regelung des § 7 Abs. 2 HmbGDG Bezug nimmt, wird zum Ausdruck gebracht, dass der Öffentliche Gesundheitsdienst zur Früherkennung von Krankheiten, Behinderungen oder Entwicklungsverzögerungen und -störungen zur Ergänzung Vorsorgeuntersuchungen bei den Kindern und Jugendlichen durchzuführen hat, deren Erziehungsberechtigte vorrangige Angebote nicht wahrgenommen haben. Der Öffentliche Gesundheitsdienst wird damit auch weiterhin ärztliche Untersuchungen durchführen, wenn diesbezüglich im Einzelfall Bedarf ersichtlich wird. Damit enthält § 4 Abs. 2 Satz 2 KibeG neuer Fassung keine neue Aufgabenzuweisung, sondern stellt im Wesentlichen klar, dass das nach den Regelungen des Hamburgischen Gesundheitsdienstgesetzes ohnehin bestehende Untersuchungsangebot des Öffentlichen Gesundheitsdienstes auch auf Kinder, die in Kindertagesstätten betreut werden, anzuwenden ist107. 106 vgl. Drs. 19/4331 S. 2 107 vgl. die Gesetzesbegründung in Drucksache. 19/4331 S. 3 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 50 3.2.5. Mecklenburg-Vorpommern Die gesetzlichen Grundlagen für den Aufbau eines Teilnahmekontroll- und Erinnerungswesens zur Steigerung der Inanspruchnahme kinderärztlicher Früherkennungsuntersuchungen sind in Mecklenburg-Vorpommern durch das am 23. Oktober 2008 in Kraft getretene Dritte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst vom 15. Oktober 2008108 geschaffen worden. Durch Art. 1 Nr. 3 dieses Gesetzes wurde in das Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGDG M-V) vom 19. Juli 1994109 ein (neuer) § 15b110 eingefügt, der die Förderung der Teilnahme an Kinderuntersuchungen nach § 26 SGB V regelt. Im Einzelnen gilt danach Folgendes: Nach § 15b Abs. 1 Satz 1 ÖGDG M-V ist das Landesamt für Gesundheit und Soziales Mecklenburg -Vorpommern die Servicestelle zur Förderung der Teilnahme an Kinderuntersuchungen. Nach der Gesetzesbegründung111 wird durch diese Regelung deutlich, dass die Servicestelle eine nicht selbständige Organisationseinheit im Landesamt für Gesundheit und Soziales Mecklenburg -Vorpommern ist. Gleichwohl sei sichergestellt, dass nur einem begrenzten und exakt bestimmbaren Personenkreis Zugriff auf personenbezogene Daten erlaubt sei. Die Servicestelle hat gemäß § 15b Abs. 1 Satz 2 ÖGDG M-V die Aufgabe festzustellen, inwieweit die Kinderuntersuchungen nach § 26 Abs. 1 SGB V i. V. m. den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres – also die in den Kinder-Richtlinien vorgesehenen Kinderuntersuchungen U2 bis U9 – in Anspruch genommen wurden. Dazu ermittelt die Servicestelle die gesetzlich krankenversicherten und die nicht gesetzlich krankenversicherten Kinder in dem für die Kinderuntersuchungen U2 bis U9 nach Abschnitt B der Kinder-Richtlinien maßgeblichen Alter (§ 15b Abs. 1 Satz 3 ÖGDG M-V). Die über Satz 3 des § 15b Abs. 1 ÖGDG M-V erfolgte Klarstellung dahingehend , dass neben den gesetzlichen krankenversicherten auch die nicht gesetzlich krankenversicherten Kinder in dem für die jeweiligen Früherkennungsuntersuchungen maßgeblichen Alter zu ermitteln sind, wird im Gesetzentwurf112 mit dem für alle betroffenen Kinder geltenden Schutzgedanken des Gesetzes begründet. Auch wenn die Kinderuntersuchungen nach § 26 SGB V und den Kinder-Richtlinien zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehörten und unmittelbar nur von gesetzlich krankenversicherten Kindern im Sinne eines Rechtsanspruchs beansprucht werden könnten, unterschieden sie ihrem Inhalt nach nicht zwischen gesetzlich und gesetzlich nicht krankenversicherten Kindern. Die Unterscheidung zwischen gesetz- 108 GVOBl. M-V S. 374 109 GVOBl. M-V S. 747, zuvor zuletzt geändert durch das Gesetz vom 3. Juli 2006 (GVOBl. M-V S. 523) 110 beigefügt als Anlage 17 111 Vgl. Landtagsdrucksache 5/1280 S. 10 112 Vgl. Landtagsdrucksache 5/1280 S. 11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 51 lich und nicht gesetzlich krankenversicherten Kindern nach diesem Gesetz sei vielmehr allein rechtstechnischer Natur. Die erstmalige Feststellung über die Inanspruchnahme einer Kinderuntersuchung erfolgt nach § 15b Abs. 1 ÖDGD M-V bereits mit der zwischen dem dritten bis (spätestens ) 14. Lebenstag durchzuführenden Kinderuntersuchung U2, da die Untersuchungen im ersten Lebensjahr – wie es in der Gesetzesbegründung113 heißt – besondere Bedeutung für die Gesundheit des Kindes hätten. Auch sei die Nichtteilnahme bereits an der U2 ein starker Indikator für einen gesteigerten Hilfebedarf, dem schnellstmöglich und ohne weiteren Zeitverzug entsprochen werden solle. Die Verantwortung der Servicestelle nach § 15b Abs. 1 ÖGDG M-V endet mit der U9 (58. bis maximal 66. Lebensmonat) als der letzten Kinderuntersuchung nach § 26 SGB V vor der Untersuchung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 ÖGDG M-V (sog. Einschulungsuntersuchung). Nach § 15b Abs. 2 Satz 1 ÖDGD M-V sind Ärzte sowie Krankenhäuser, die eine Kinderuntersuchung gemäß Abs. 1 eines Kindes mit gewöhnlichem Aufenthalt in Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt haben, verpflichtet, der Servicestelle innerhalb von 14 Tagen nach Durchführung einer Kinderuntersuchung in schriftlicher oder elektronischer Form den Familien- und Vornamen des Kindes, den Tag und den Ort der Geburt des Kindes, das Geschlecht und die Hauptwohnung des Kindes sowie die Bezeichnung der durchgeführten Kinderuntersuchung zu übermitteln . Der Inhalt und Umfang sowie die Reihenfolge der nach dieser Bestimmung an die Servicestelle zu meldenden Daten erfolgt in Anlehnung an die Regelungen des Landesmeldegesetzes114 (Datenübermittlung an andere Behörden, § 31 Landesmeldegesetz)115. Nach § 15b Abs. 2 Satz 3 ÖGDG M-V legt das Ministerium für Soziales und Gesundheit im Einvernehmen mit dem Innenministerium und nach Anhörung des Landesbeauftragten für den Datenschutz Mecklenburg- Vorpommern die Einzelheiten zum Inhalt und zur Form der Übermittlung von Daten fest. Hierzu ist nach der Gesetzesbegründung eine Abstimmung mit der Krankenhausgesellschaft Mecklenburg -Vorpommern, der Kassenärztlichen Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern sowie der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern vorzunehmen116. Nach § 15b Abs. 3 Satz 1 ÖGDG M-V sind die Meldebehörden angehalten, der Servicestelle für jedes Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt in Mecklenburg-Vorpommern regelmäßig die zur Durchführung der Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlichen Daten nach § 15b Abs. 2 Nr. 1 bis 5 ÖGDG M-V zu übermitteln. Darüber hinaus übermitteln die Meldebehörden gemäß § 15b Abs. 3 Satz 2 ÖGDG M-V den Vor- und Familiennamen (jetziger Name mit Namensbestandteilen) sowie die gegenwärtige Anschrift der und/oder des Sorgeberechtigten des Kindes. Über diese Bestimmungen erfolgt eine Ausgestaltung der Regelung des § 31 Landesmeldegesetz. Die in Abs. 2 Nr. 1 bis 5 und in Abs. 3 Satz 2 des § 15b ÖGDG M-V genannten Daten sind „zur Erfüllung“ von „in der Zuständigkeit des Empfängers liegenden Aufgaben“ im Sinne des § 31 Abs. 1 Landesmelde- 113 Vgl. Landtagsdrucksache 5/1280 S. 11 114 Meldegesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Landesmeldegesetz – LMG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. Januar 2007 (GVOBl. M-V . 34), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes vom 1. Dezember 2008 (GVOBl. M-V S. 461) 115 Vgl. Landtagsdrucksache 5/1280 S. 11 116 Vgl. Landtagsdrucksache 5/1280 S. 11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 52 gesetz erforderlich. Dabei berücksichtigt die in Bezugnahme des gewöhnlichen Aufenthaltes des Kindes den Umstand, dass auch nicht in Mecklenburg-Vorpommern geborene Kinder mit der Aufnahme des gewöhnlichen Aufenthaltes im Land vom Schutzbereich des Gesetzes erfasst sind. Zudem werden über die Bezugnahme auf den gewöhnlichen Aufenthalt auch solche Kinder erfasst , die zu einem späteren Zeitpunkt als ihrer Geburt ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land einrichten117. Durch einen Abgleich der von den Ärzten und Krankenhäusern nach § 15b Abs. 2 ÖGDG M-V gemeldeten Daten mit denen nach Abs. 3 stellt die Servicestelle fest, welches Kind nicht an einer Kinderuntersuchung nach Abs. 1 teilgenommen hat (§ 15b Abs. 4 Satz 2 ÖGDG M-V). § 15b Abs. 4 Satz 3 und 4 ÖGDG M-V enthalten organisatorische und verfahrensrechtlich Regelungen zum Datenschutz, mit denen konkret festgelegt wird, welche Daten wie lange gespeichert werden dürfen und wann sie zu löschen sind. Satz 3 bestimmt, dass die in § 15b Abs. 4 Satz 2 ÖGDG M- V genannten Daten zu löschen sind, wenn ihre Verarbeitung für die Servicestelle nicht mehr erforderlich ist. Die nach Abs. 2 Satz 1 von den Ärzten und Krankenhäusern erhobenen Daten sind spätestens sechs Monate nach ihrer Übermittlung, die nach Abs. 3 von den Meldebehörden an die Servicestelle übermittelten Daten sind demgegenüber spätestens mit Vollendung des sechsten Lebensjahres des Kindes zu löschen (§ 15b Abs. 4 Satz 4 ÖGDG M-V). Stellt die Servicestelle fest, dass ein Kind nicht in dem für die Untersuchungsstufe vorgesehenen Zeitraum an einer für sein Alter vorgesehenen Kinderuntersuchung nach Abs. 1 teilgenommen hat, so erinnert sie die Sorgeberechtigte und/oder den Sorgeberechtigten schriftlich an diese Untersuchung (§ 15b Abs. 5 Satz 1 ÖGDG M-V). Die Erinnerung soll nach der Gesetzesbegründung118 mit Hinweisen auf die Bedeutung der (versäumten) Kinderuntersuchung für die Gesundheit des Kindes versehen werden. Bis zur Kinderuntersuchung U5 nach Abschnitt B der Kinder- Richtlinien weist die Servicestelle nach Feststellung der Nichtteilnahme allein auf die nächstfolgende Kinderuntersuchung hin. Erst ab Versäumnis der Teilnahme an der U6 erinnert die Servicestelle daran, die versäumte Kinderuntersuchung nachzuholen (§ 15b Abs. 5 Satz 2 ÖGDG M- V). Auch diese Anregung soll mit weiteren Hinweisen versehen werden. Diese Zweiteilung ist dem Umstand geschuldet, dass die nach den Kinder-Richtlinien vorgesehenen Zeiträume (Zeitfenster ), innerhalb derer die Kinderuntersuchungen U2 bis einschließlich U5 vorgenommen werden müssen, derart kurz sind, dass die Kinderuntersuchungen nach Durchführung und Einhaltung aller für die Feststellung nach Abs. 1 erforderlichen Schritte (Datenmeldungen nach Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 an die Servicestelle, Datenabgleich nach Abs. 4 Satz 2 und Erinnerungsschreiben an die Personen, die zur Personensorge des Kindes berechtigt sind, durch die Servicestelle) nicht mehr nachgeholt werden können119. Ab der U6 sind diese Untersuchungszeiträume nach den Kinder-Richtlinien großzügiger bemessen, so dass eine versäumte Kinderuntersuchung selbst bei Durchführung aller für die Feststellung nach Abs. 1 erforderlichen Schritte nachgeholt werden kann. Dementsprechend sieht das ÖGDG M-V in § 15b Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 vor, dass die 117 Vgl. Landtagsdrucksache 5/1280 S. 12 118 Vgl. Landtagsdrucksache 5/1280 S. 12 119 Vgl. die Gesetzesbegründung zu § 15b Abs. 5 Satz 2 in Landtagsdrucksache 5/1280 S. 13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 53 Servicestelle ab der Kinderuntersuchung U6 an die Nachholung der versäumten Kinderuntersuchung erinnert. Unterbleibt trotz der Erinnerung (en) nach Abs. 5 entweder eine Teilnahme an der nächstfolgenden Kinderuntersuchung oder wird die versäumte Kinderuntersuchung innerhalb der in Abschnitt B der Kinder-Richtlinien festgelegten Toleranzgrenzen nicht nachgeholt, ist die Servicestelle nach § 15b Abs. 6 ÖGDG M-V unter Bezeichnung der nicht durchgeführten Untersuchung zur Meldung der in Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 und in Abs. 3 Satz 2 genannten Daten an das jeweils örtlich zuständige Gesundheitsamt verpflichtet. Mit der Meldung von Daten an das örtlich zuständige Gesundheitsamt erlischt die Zuständigkeit der Servicestelle. Auf der Grundlage dieser Meldung wird das Gesundheitsamt in die Lage versetzt, seinen Aufgaben nach dem Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGDG M-V) nachzukommen. Zu Inhalt und Umfang der zu meldenden Daten gelten die Ausführungen zu Abs. 2 und 3. Die Bezeichnung der nicht durchgeführten Kinderuntersuchung erfolgt im Hinblick auf das sich anschließende Beratungsangebot des Gesundheitsamtes120. Auf der Grundlage der Unterrichtung durch die Servicestelle nach Abs. 6 bietet das zuständige Gesundheitsamt gemäß § 15b Abs. 7 Satz 1 ÖGDG M-V jeder zur Personensorge berechtigten Person des Kindes, welches nicht an einer Kinderuntersuchung teilgenommen hat, aufsuchende Hilfe im Sinne von § 2 Abs. 2 ÖGDG M-V an und gibt Hinweise auf Leistungen dieses Gesetzes sowie auf andere unterstützende Maßnahmen. Insbesondere berät das zuständige Gesundheitsamt über den Inhalt und Zweck der Früherkennungsuntersuchungen und weist auf den Sinn der Durchführung einer ausstehenden Untersuchung durch eine Ärztin oder einen Arzt hin (§ 15b Abs. 7 Satz 2 ÖGDG M-V). Bei Bedarf vermittelt es hierzu die notwendigen Kontakte (§ 15b Abs. 7 Satz 3 ÖGDG M-V). Reagieren die zur Personensorge des Kindes berechtigten Personen auf Angebote des Gesundheitsamtes nicht oder gewinnen dessen Mitarbeiter oder Beauftragte (z. B. Familienhebammen ) im Rahmen der Kontaktaufnahme Anhaltspunkte für eine Misshandlung, Vernachlässigung oder einen sexuellen Missbrauch eines Kindes, nimmt das zuständige Gesundheitsamt gemäß § 15b Abs. 7 Satz 4 ÖGDG M-V sofort Kontakt mit dem zuständigen Jugendamt auf, damit dieses unverzüglich zum Schutze des Kindes tätig wird. Diese enge gesetzlich vorgesehene Kooperation zwischen Kinder- und Jugendhilfe und Öffentlichem Gesundheitsdienst ist nach der Gesetzesbegründung121 erforderlich, um einen effektiven Kinderschutz sicherzustellen. Außerdem schaffe die Regelung Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für die Verantwortlichen des Gesundheitsamtes im Hinblick auf die Weitergabe von Daten an andere Stellen. Abschließend ist noch auf Art. 3 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst vom 15. Oktober 2008122 hinzuweisen. Nach dieser Bestimmung ist die Geltungsdauer dieses Gesetzes – und damit auch die des § 15b ÖGDG M-V – auf fünf Jahre begrenzt, um die Wirkungen, die das Gesetz zum Schutz des Kindeswohls entfaltet, zu evaluieren . 120 Vgl. Landtagsdrucksache 5/1280 S. 13 zu § 15b Abs. 6 121 Vgl. Landtagsdrucksache 15/1280 S. 13 122 GVOBl. M-V S. 974 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 54 3.2.6. Niedersachsen In Niedersachsen sind die gesetzlichen Grundlagen für den Aufbau eines kontrollierenden Einladungs - und Meldewesens durch das „Niedersächsische Gesetz über das Einladungs- und Meldewesen für Früherkennungsuntersuchungen von Kindern (NFrüherkUG)“ geschaffen worden, das als Art. 1 des „Gesetzes zur Förderung der Gesundheit und Verbesserung des Schutzes von Kindern in Niedersachsen“ vom 28. Oktober 2009123 verkündet worden ist, nach Art. 3 Abs. 1 allerdings erst am 1. April 2010 in Kraft tritt. Im Einzelnen gilt nach dem NFrüherkUG Folgendes: § 1 beschreibt die Zielsetzung des Gesetzes. Es soll die Gesundheit von Kindern fördern und den Kinderschutz weiter verbessern (§ 1 Satz 1). Dazu soll erreicht werden, dass Kinder in größerem Maß als bisher an Gesundheitsuntersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten teilnehmen, die ihre körperliche oder geistige Entwicklung in nicht geringfügigem Maß gefährden (§ 1 Satz 2). Zusätzlich wird nach § 1 Satz 3 die Verbesserung des Kinderschutzes dadurch angestrebt, dass den örtlichen Trägern der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe Daten der Kinder zur Verfügung gestellt werden, die nicht untersucht worden sind. Diese Informationen können als Ansatzpunkt für die Möglichkeit zur Kontrolle und helfender Intervention genutzt werden124. Die Einladungen zur Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen sind in § 2 geregelt. Mit Satz 1 dieser Bestimmung wird der zuständigen Behörde die Aufgabe zugewiesen, die gesetzlichen Vertreterinnen oder Vertreter der Kinder, die in Niedersachsen mit der alleinigen Wohnung oder mit der Hauptwohnung gemeldet sind und deren Früherkennungsuntersuchung nach Abschnitt B der Kinder-Richtlinien bevorsteht, zu einer solchen Untersuchung einzuladen. Das Einladungsverfahren soll ermöglichen, dass alle Kinder an den vorgesehenen Untersuchungen auch tatsächlich teilnehmen. Die Meldebehörden übermitteln die für die Einladung notwendigen Daten an die zuständige Behörde125. Diese lädt die gesetzlichen Vertreterinnen oder Vertreter schriftlich ein, ihr Kind zur vorstehenden Früherkennungsuntersuchung einer Ärztin oder einem Arzt vorzustellen. Dadurch sollen die gesetzlichen Vertreterinnen oder Vertreter auf die Bedeutung dieser Untersuchungen hingewiesen und zur Teilnahme ihrer Kinder motiviert werden. Die Einladung muss spätestens zu Beginn des vorgesehenen Untersuchungszeitraums die gesetzlichen Vertreterinnen oder Vertreter erreicht haben126. § 2 Satz 2 bestimmt, dass die zuständige Behörde bei ihren Einladungen davon ausgehen sollte, welche Früherkennungsuntersuchungen in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 SGB V bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres vorgesehen sind. Wegen dieser offenen Regelung ist nach der Geset- 123 Nds.GVBl. S. 400; beigefügt als Anlage 18 124 Vgl. die Gesetzesbegründung in Landtagsdrucksache 16/755 S. 12 zu § 1 125 Vgl. Art. 2 des Gesetzes zur Förderung der Gesundheit und Verbesserung des Schutzes von Kindern in Niedersachsen vom 28. Oktober 2009 126 Vgl. die Gesetzesbegründung zu § 2 Satz 1 in Landtagsdrucksache 16/755 S. 13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 55 zesbegründung127 im Weiteren eine Vorgabe für die zuständige Behörde durch das zuständige Fachministerium erforderlich, zu welchen Untersuchungen eingeladen wird. Dies habe den Vorteil , dass Änderungen der Kinder-Richtlinien durch den Gemeinsamen Bundesausschuss unverzüglich nachvollzogen werden könnten. Bei Bedarf könne öffentlich bekannt gemacht werden, zu welchen Untersuchungen die zuständige Behörde einlädt. Die Landesregierung plane, das Einladungs - und Meldeverfahren für die Untersuchungen U5 bis U8 entsprechend den Kinder- Richtlinien durchzuführen. Regelungen zur Rückmeldung über die bei dem jeweiligen Kind vorgenommene Früherkennungsuntersuchung finden sich in § 3 NFrüherkUG. Abs. 1 Satz 1 verpflichtet Ärztinnen und Ärzte, der zuständigen Behörde unverzüglich nach Durchführung einer Früherkennungsuntersuchung eine Untersuchungsbestätigung zu übermitteln. Gleichzeitig wird damit die befugte Offenbarung der dem Arztgeheimnis (§ 203 StGB) unterliegenden Daten geregelt, so dass es einer Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht nicht bedarf. Auf Grund der Rückmeldepflicht können die Ärztinnen und Ärzte die Datenübermittlung auch nicht unter Berufung auf die ärztliche Schweigepflicht verweigern128. Zu den nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 an die zuständige Behörde zu übermittelnden Daten gehören der Familien- und Vorname des untersuchten Kindes, Tag und Ort der Geburt und das Geschlecht des Kindes sowie die gegenwärtige Anschrift der gesetzlichen Vertreterin oder des gesetzlichen Vertreters und die Bezeichnung der durchgeführten Früherkennungsuntersuchung. Einzelne Befunde werden demgegenüber nicht mitgeteilt. Nach der Gesetzesbegründung129 ist der Umfang der zu übermittelnden Daten damit auf das notwendige Maß beschränkt, das eine zuverlässige Identifikation des Kindes und der gesetzlichen Vertreterinnen oder Vertreter gewährleistet. § 3 Abs. 1 Satz 2 gibt allerdings denjenigen Eltern, die zwar eine Untersuchung, jedoch keine Datenübermittlung durch die Ärztin oder den Arzt wünschen, die Möglichkeit, der Datenübermittlung zu widersprechen. Diese Regelung schließt eine Übermittlung gegen den erklärten Willen der Eltern aus. In diesen Fällen können die Personensorgeberechtigten die Übermittlung der Daten an die zuständige Behörde selbst vornehmen. Wenn sie dies versäumen oder bewusst unterlassen, treten gleichwohl die Folgen des § 4 Abs. 2 ein. Der örtliche Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe erhält von der zuständigen Behörde eine Information darüber, dass eine Meldung über die Teilnahme nicht vorliegt130. Durch die vorgenannten Regelungen wird das aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ableitbare Recht der betroffenen Eltern (und der Kinder) auf informationelle Selbstbestimmung 131 beeinträchtigt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts132 ist eine solche Beschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung dann zulässig, wenn sie 127 Vgl. Landtagsdrucksache 16/755 S. 13 128 Vgl. Landtagsdrucksache 16/755 S. 13f 129 Vgl. Landtagsdrucksache 16/755 S. 14 130 Vgl. Landtagsdrucksache 16/755 S. 14 131 Vgl. grundlegend BVerfGE 65,1 ff 132 Siehe zum Beispiel BVerfGE 78, 77 (85) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 56 von hinreichenden Gründen des Gemeinwohls gerechtfertigt wird, das gewählte Mittel zur Erreichung des Zwecks geeignet und erforderlich ist und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist. Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund wird in der Gesetzesbegründung zu § 3 Abs. 1 NFrüherkUG133 geltend gemacht, gemeinwohlorientiertes Ziel des Gesetzes sei es, die Kindergesundheit zu fördern und Kinder vor Vernachlässigung und Misshandlung besser zu schützen. Ob die fraglichen Datenflüsse geeignet und erforderlich seien, um die genannten Ziele zu erreichen, lasse sich mangels entsprechender Erfahrungen nur prognostisch beurteilen. So sei schwer einzuschätzen, wie viele Kinder durch die neuen Einladungen und Erinnerungen zusätzlich ärztlich untersucht und wie viele Meldungen die örtlichen Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe mit welcher Aussagekraft erhalten würden. Insbesondere mit Blick auf das hochrangige Ziel, den Kinderschutz zu verbessern, müsse aus der Sicht der Landesregierung die eher geringe Beeinträchtigung des Rechts der Eltern auf informationelle Selbstbestimmung hinter dem Bemühen zurücktreten, nicht nur mehr Kindern mehr gesundheitliche und ärztliche Fürsorge zukommen zu lassen, sondern auch mehr Kinder rechtzeitig vor Vernachlässigung und Gewalt zu schützen. Weil die Rückmeldepflicht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 nur für in Niedersachsen tätige ärztliche Personen gelten kann, werden mit den Bestimmungen des § 3 Abs. 2 die gesetzlichen Vertreterinnen oder Vertreter aufgefordert, der zuständigen Behörde unverzüglich eine Meldung über die vorgenommene Früherkennungsuntersuchung zu übermitteln, falls die Untersuchung von einer außerhalb Niedersachsens tätigen ärztlichen Person vorgenommen worden ist. Zu diesem Zweck sollen sich die gesetzlichen Vertreterinnen oder Vertreter von der untersuchenden Ärztin oder von dem untersuchenden Arzt eine Bescheinigung über die Untersuchung ausstellen lassen. Nach § 4 Abs. 1 ermittelt die zuständige Behörde in einem weiteren Verfahrensschritt diejenigen Kinder, deren gesetzliche Vertreterinnen oder Vertreter der Einladung zu der jeweiligen Früherkennungsuntersuchung nicht gefolgt sind. Zu diesem Zweck gleicht sie die Adressaten der Einladungsschreiben nach § 2 mit den Rückmeldungen nach § 3 ab. Liegt der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist eine Rückmeldung nach § 3 nicht vor, so erinnert sie die gesetzliche Vertreterin oder den gesetzlichen Vertreter schriftlich an die noch ausstehende Früherkennungsuntersuchung (§ 4 Abs. 1). Nach der Gesetzesbegründung134 sollen die gesetzlichen Vertreterinnen oder Vertreter auf diese Weise erneut zur Teilnahme an der Untersuchung motiviert werden. Durch diese gestufte Vorgehensweise werde außerdem vermieden, dass Verdachtsmeldungen an andere Behörden erfolgten, obwohl Früherkennungsuntersuchungen nur versehentlich oder aus sonstigen nachvollziehbaren Gründen bisher nicht erfolgt seien. Hierbei sei zum einen zu beachten, dass voreilige, ungerechtfertigte Erinnerungen unterblieben, und zum anderen, dass den gesetzlichen Vertreterinnen oder Vertretern ausreichend Zeit verbleibe, die Untersuchung im Anschluss an das Erinnerungsschreiben nachholen zu lassen. Daher sei es geboten , dass die Erinnerungen zeitnah nach Ablauf der in den Kinder-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses genannten Untersuchungszeiträume (ohne Toleranzgrenzen) erfolgten. 133 Vgl. Landtagsdrucksache 16/755 S. 14 134 Vgl. Landtagsdrucksache 16/755 S. 15 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 57 Somit verbleibe zumindest ein Monat (bei der U7 verblieben drei Monate, bei der U7a und der U8 jeweils 2 Monate), um die Untersuchung nachzuholen. Geht auch nach der Erinnerung innerhalb einer angemessenen Frist keine Untersuchungsbestätigung einer Ärztin oder eines Arztes bei der zuständigen Behörde ein, informiert sie gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 den zuständigen örtlichen Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe über diesen Sachverhalt und übermittelt die erforderlichen Daten. Dabei ist das Ende des Anspruchszeitraums einschließlich der Toleranzgrenzen abzuwarten. In der Gesetzesbegründung135 wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, die Übermittlung der Daten alleine stelle dabei nicht schon automatisch einen gewichtigen Anhaltspunkt für die Gefährdung des Wohls eines Kindes im Sinne des § 8a SGB VIII dar. So könne etwa das bewusste Widersprechen der gesetzlichen Vertreterin oder des gesetzlichen Vertreters gegen die Übermittlung der Daten durch die untersuchende Ärztin oder den untersuchenden Arzt gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 zu einer entsprechenden Meldung trotz Teilnahme an der Früherkennungsuntersuchung geführt haben. Die örtlichen Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe können aufgrund der ihnen übermittelten Daten im Rahmen ihrer kinder- und jugendhilferechtlichen Zuständigkeit (eigener Wirkungskreis ) tätig werden. Diese richten sich nach den einschlägigen kinder- und jugendhilferechtlichen Vorschriften. § 4 Abs. 2 Satz 2 regelt die Zweckbestimmung der übermittelten Daten. Nach dieser Bestimmung ist der Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe berechtigt, die übermittelten Daten für seine Aufgaben nach dem SGB VIII zu verarbeiten. Die Datenverarbeitung ist in § 5 geregelt. Um sicherzustellen, dass alle Kinder im Rahmen des Einladungswesens nach den §§ 2 bis 4 von der zuständigen Behörde berücksichtigt werden, ist es notwendig, dass sie über die Daten aller betroffenen Kinder verfügt. Die Regelung in § 5 Abs. 1 ermächtigt die zuständige Behörde daher, die für das Einladungswesen erforderlichen Daten dieser Kinder zu verarbeiten. Sie wird damit in die Lage versetzt, die Termine der anstehenden Früherkennungsuntersuchungen der einzelnen Kinder zu überwachen und rechtzeitig eine Einladung an die gesetzlichen Vertreterinnen oder Vertreter zu versenden. Dieser Datenbestand wird nach der Gesetzesbegründung136 mit Hilfe der kommunalen Melderegister aufgebaut und laufend aktualisiert. Der erstmalige Aufbau erfolge auf der Grundlage des § 29 Abs. 1 des Niedersächsischen Meldegesetzes (NMG)137. Die zuständige Behörde werde hierfür zu einem bestimmten Stichtag die erforderlichen Daten bei den Meldebehörden anfordern. Die Vorschrift des § 5 Abs. 2 dient dem Schutz personenbezogener Daten. Danach sind die in § 5 Abs. 1 genannten Daten zu löschen, sobald sie für die Durchführung der §§ 2 bis 4 nicht mehr erforderlich sind. Diese Regelung knüpft an § 17 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes138 an, wonach personenbezogene 135 Vgl. Landtagsdrucksache 16/755 S. 16 136 Vgl. Landtagsdrucksache 16/755 S. 17 137 Niedersächsisches Meldegesetz (NMG) in der Fassung vom 25. Januar 1998 (Nds. GVBl. S. 56), zuletzt geändert durch Art. 1 des Änderungsgesetzes vom 12. Oktober 2006 (Nds.GVBl. S. 444) 138 Niedersächsisches Datenschutzgesetz (NDSG) in der Fassung vom 29. Januar 2002 (Nds. GVBl. S. 22), zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes zur Modernisierung des niedersächsischen Beamtenrechts vom 25. März 2009 (Nds. GVBl. S. 72) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 58 Daten zu löschen sind, wenn die verarbeitende Stelle ihre Aufgaben auch ohne diese Daten erfüllen kann. Dies ist spätestens dann der Fall, wenn die erfassten Kinder ihr siebtes Lebensjahr vollendet haben (§ 5 Abs. 2). Nach § 6 hat die Landesregierung die Auswirkungen des Niedersächsischen Gesetzes über das Einladungs- und Meldewesen für Früherkennungsuntersuchungen von Kindern vom 28. Oktober 2009 (NFrüherkUG) bis zum 1. Dezember 2014 zu überprüfen. In der Gesetzesbegründung wird hierzu ausgeführt139, mit dem einzuführenden Einladungs- und Meldewesen betrete Niedersachsen Neuland. Zwar hätten einige Bundesländer vergleichbare Regelungen bereits verabschiedet, belastbare Daten, mit denen verlässlich beurteilt werden könne, ob der verhältnismäßig große Aufwand den gewünschten Erfolg haben werde, lägen jedoch noch nicht vor. Für die Überprüfung der Auswirkungen des Gesetzes nach § 6 seien Kriterien für die in § 1 genannten Ziele des Gesetzes zu entwickeln. Abschließend ist noch auf die (neue) Bestimmung des § 11a der Niedersächsischen Verordnung über regelmäßige Datenübermittlungen der Meldebehörden vom 24. September 1986140 hinzuweisen , in der die Datenübermittlungen an die zuständige Behörde nach dem Niedersächsischen Gesetz über das Einladungs- und Meldewesen für Früherkennungsuntersuchungen von Kindern vom 28. Oktober 2009 geregelt sind. Diese Bestimmung geht auf Art. 2 des Gesetzes zur Förderung der Gesundheit und Verbesserung des Schutzes von Kindern in Niedersachsen vom 28. Oktober 2009141 zurück und tritt gemäß Art. 3 Abs. 2 dieses Gesetzes abweichend von Art. 3 Abs. 1 bereits am 1. Februar 2010 in Kraft. Nach § 11a Abs. 1 Satz 1 dieser Verordnung sind der zuständigen Behörde nach dem Niedersächsischen Gesetz über das Einladungs- und Meldewesen für Früherkennungsuntersuchungen von Kindern zur Durchführung dieses Gesetzes bestimmte personenbezogene Daten von Kindern, die das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet haben, zu übermitteln, um die Behörde in die Lage zu versetzen, den für die Aufgabenerfüllung erforderlichen Datenbestand mit Hilfe der kommunalen Meldebehörden aufzubauen und laufend zu aktualisieren . Nach der Gesetzesbegründung142 wird die zuständige Behörde ihren Datenbestand über alle Kinder, die das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erstmalig an Hand der Daten der kommunalen Melderegister aufbauen, die von ihr auf der Grundlage des § 29 Abs. 1 des Niedersächsischen Meldegesetzes (NMG) zu einem bestimmten Stichtag bei den Meldebehörden angefordert werden. Damit die zuständige Behörde ihre Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen kann, ist dieser Datenbestand dauerhaft aktuell zu halten. Da für diese regelmäßigen Datenübermittlungen gemäß § 29 Abs. 4a NMG eine Rechtsgrundlage zu schaffen ist, regelt der neu eingefügte § 11a der Verordnung, welche Anlässe eine Datenübermittlung auslösen und welche Daten konkret zu ermitteln sind. Hierfür sind zum einen regelmäßig Mitteilungen der Meldebehörden über „Neuzugänge “ aufgrund von Zuzügen und Geburten erforderlich (§ 11a Abs. 1). Zum anderen muss die zuständige Behörde über Änderungen der bereits übermittelten Daten, z. B. bei Sterbefällen, 139 Vgl. Landtagsdrucksache 16/755 S. 18 140 Nds.GVBl. S. 306, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 28. Oktober 2009 (Nds. GVBl. S. 400) 141 Nds. GVBl. S. 400; beigefügt als Anlage 18 142 Vgl. Landtagsdrucksache 16/755 S. 18 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 59 Wegzügen, Namensänderungen oder Änderung der gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter informiert werden. Dieser Informationsfluss wird in § 11a Abs. 2 geregelt, wonach im Fall von Änderungen der in Abs. 1 genannten Daten sowie im Sterbefall die zuständige Behörde entsprechend zu informieren ist. 3.2.7. Nordrhein-Westfalen Die rechtlichen Grundlagen des in Nordrhein-Westfalen Ende 2007 eingeführten Teilnahmekontroll - und Erinnerungswesens zur Steigerung der Teilnahmequote an den Früherkennungsuntersuchungen nach § 26 SGB V finden sich in § 32a des Heilberufsgesetzes (HeilBerG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 2000143 und der „Verordnung zur Datenmeldung der Teilnahme an Kinderfrüherkennungsuntersuchungen/U-Untersuchungen (U-Untersuchung- TeilnahmedatenVO – UTeilnahmeDatVO)“ vom 10. September 2008144. Im Einzelnen gilt danach Folgendes: Nach § 32a Satz 1 HeilberG, der durch Art. 1 Nr. 15 des Gesetzes zur Regelung der Berufsanerkennung EU- und Drittstaatenangehöriger für den Bereich der nichtakademischen Heilberufe und zur Änderung anderer Gesetze und Verordnungen vom 20. November 2007145 mit Wirkung vom 7. Dezember 2007146 in das Heilberufsgesetz eingefügt wurde, sind Ärztinnen und Ärzte, die bei Kindern im Alter von einem halben bis zu fünfeinhalb Jahren eine Früherkennungsuntersuchung gemäß § 26 SGB V durchgeführt haben, verpflichtet, der Zentralen Stelle nach erfolgter Untersuchung die in § 32a Satz 1 Nr. 1 bis 5 HeilberG genannten personenbezogenen Daten zu übermitteln . Hierzu gehören der Vor- und Familienname, ggf. frühere Namen des Kindes, das Datum und der Ort der Geburt, das Geschlecht, die gegenwärtige Anschrift des Kindes sowie Datum und Bezeichnung der durchgeführten Früherkennungsuntersuchung. Das Untersuchungsergebnis wird dagegen nicht mitgeteilt. Die Einzelheiten zum Datenumfang, zum Verfahren der Datenmeldungen einschließlich der Einrichtung einer zentralen Meldestelle und des Datenabgleichs sowie des Verfahrens nach § 31 Abs. 5 Meldegesetz NRW147 sind in der auf der Ermächtigungsgrundlage des § 32a Satz 2 HeilberG erlassenen Verordnung zur Datenmeldung der Teilnahme an Kinderfrüherkennungsuntersuchungen /U-Untersuchungen vom 10. September 2008 geregelt148, die am 13. 143 GVBl. NRW S. 403, ber. S. 650, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Regelung der Berufsanerkennung EUund Drittstaatenangehöriger für den Bereich der nichtakademischen Heilberufe und zur Änderung anderer Gesetze und Verordnungen vom 20. November 2007 (GVBl. NRW S. 572), auszugsweise beigefügt als Anlage 19 144 GVBl. NRW S. 609; beigefügt als Anlage 20 145 GVBl. NRW S. 572 146 Vgl. Art. 23 des Berufsanerkennungsänderungsgesetzes 147 Meldegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Meldegesetz NRW – MG NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. September 1997 (GVBl. NRW S. 332, ber. S. 386), zuletzt geändert durch Art. 1 des Änderungsgesetzes vom 5. April 2005 (GVBl. NRW S. 263) 148 GVBl. NRW S. 609 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 60 September 2008149 in Kraft getreten ist. Nach dieser U-Untersuchung-TeilnahmedatenVO gilt Folgendes : § 1 dieser Verordnung regelt die Datenübermittlung durch die Meldebehörden. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Bestimmung melden die Meldebehörden zum Zweck der Feststellung der Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen U5 bis U9 der in § 3 der Verordnung genannten Zentralen Stelle, also dem Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit, bis zum 1. November 2008 die in Nr. 1 bis 8 näher genannten personenbezogenen Daten der zum Stichtag 30. September 2008 zwischen 6 und 66 Monate alten Kinder, die zugleich mit alleiniger Wohnung oder Hauptwohnung im Melderegister registriert sind. Für nach dem 1. April 2008 geborene Kinder, für erstmalig erfasste Kinder sowie für alle Veränderungen übermitteln die Meldebehörden ab dem 1. Oktober 2008 regelmäßig mindestens einmal im Monat die Daten nach Satz 1 (§ 1 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung ). In Konkretisierung der gesetzlichen Meldepflicht gemäß § 32a Satz 1 Heilberufsgesetz regelt § 2 der Verordnung die Datenübermittlung durch die Ärztinnen und Ärzte. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift übermitteln Ärztinnen und Ärzte, die eine Früherkennungsuntersuchung nach § 26 SGB V oder, soweit die Kinder nicht gesetzlich krankenversichert sind, eine vergleichbare Früherkennungsuntersuchung durchgeführt haben, dem Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit als der Zentralen Stelle für die in § 1 Abs. 1 der Verordnung genannten Kinder innerhalb von fünf Werktagen die in Nr. 1 bis 5 des § 2 Abs. 1 näher bezeichneten personenbezogenen Daten. Die Datenübermittlung erfolgt dabei in gesicherter schriftlicher Form oder durch Datenübertragung über gesicherte Datenübertragungswege (§ 2 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung). Das Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit als Zentrale Stelle im Sinne der U- TeilnahmeDatVO (vgl. § 3 Abs. 1 der Verordnung) ermittelt die Kinder, die nicht an den Früherkennungsuntersuchungen teilgenommen haben, indem sie die nach § 1 der Verordnung von den Meldebehörden übermittelten Daten mit denen abgleicht, die ihr nach § 2 der Verordnung durch die Ärztinnen oder Ärzte übermittelt worden sind (§ 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 der Verordnung). Sofern keine Mitteilung über die Teilnahme erfolgt, erinnert die Zentrale Stelle die Personensorgeberechtigten des Kindes über die Anschrift des Kindes rechtzeitig, spätestens eine Woche vor Beendigung des Untersuchungszeitraums, daran, die Früherkennungsuntersuchung durchführen zu lassen (§ 3 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung). Die betroffenen Personensorgeberechtigten haben gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung einen Auskunftsanspruch gegenüber der Zentralen Stelle über die Meldungen nach § 2 Abs. 1. Nach § 3 Abs. 4 der Verordnung sind die Daten nach dem letztmaligen Datenabgleich zu löschen. Erfolgt auch innerhalb von bis zu vier Wochen nach Erinnerung für die jeweilige Früherkennungsuntersuchung keine Mitteilung über die Teilnahme, informiert die Zentrale Stelle den für den Wohnsitz des Kindes zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe (§ 4 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung). Hierzu übermittelt sie für diejenigen Kinder, für die keine Mitteilungen vorliegen, die in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 9 der Verordnung näher bezeichneten personenbezogenen Daten . Die Übermittlung der Daten erfolgt dabei schriftlich oder durch Datenübertragung in gesi- 149 Vgl. § 5 Satz 1 der Verordnung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 61 cherter Form (§ 4 Abs. 2 der Verordnung). Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung entscheidet der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe sodann in eigener Zuständigkeit, ob gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes vorliegen und welche Maßnahmen ggf. geeignet und notwendig sind. Hierbei können die übermittelten Daten als weiterer Indikator herangezogen werden (§ 4 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung). Dabei empfiehlt sich gemäß § 4 Abs. 3 Satz 3 der Verordnung die Zusammenarbeit insbesondere mit den Trägern des öffentlichen Gesundheitsdienstes und anderen Behörden, Trägern, Einrichtungen und Personen, die Verantwortung für das Kindeswohl tragen. In § 5 Satz 2 der Verordnung wird schließlich festgelegt, dass das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium der Landesregierung bis zum 31. Dezember 2011 über die Erfahrungen mit dem Meldeverfahren zu berichten hat. 3.2.8. Rheinland-Pfalz In Rheinland-Pfalz sind die gesetzlichen Grundlagen für die Einrichtung eines zentralen Einladungs - und Erinnerungsdienstes zur Steigerung der Inanspruchnahme kinderärztlicher Früherkennungsuntersuchungen durch das am 21. März 2008 in Kraft getretene „Landesgesetz zum Schutz von Kindeswohl und Kindergesundheit (LKindSchuG)“ vom 7. März 2008150 geschaffen worden. Danach gilt Folgendes: § 1 Abs. 3 Nr. 3 bis 4 LKindSchuG beschreibt die Ziele dieses Gesetzes. Neben der frühen Förderung des Kindeswohls durch möglichst niederschwellige, frühzeitige und allgemeine Förderung und bedarfsgerechte Unterstützung der Eltern im Wege einer verstärkten Nutzung vorhandener Ressourcen bei freien Trägern und Kommunen und der Verbesserung des Schutzes von Kindern vor Vernachlässigung, Missbrauch oder Misshandlung mit gezielten Strategien von Wahrnehmung und Intervention durch ein gesetzlich geregeltes Verfahren zum lokalen Netzwerkaufbau als Aufgabe der Jugendämter soll die positive gesundheitliche Entwicklung von Kindern gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 4 LKindSchuG durch eine möglichst hundertprozentige Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen sichergestellt werden. Hierzu sieht das Gesetz in seinem Teil 3 (§§ 5 bis 10 LKindSchuG) die Einrichtung eines zentralen Einladungs- und Erinnerungsdienstes vor, und zwar für alle Kinder unabhängig vom Versichertenstatus. Dieser beruht auf der möglichst lückenlosen Erfassung der Inanspruchnahme von Früherkennungsuntersuchungen, der zeitnahen und gezielten Kontaktaufnahme mit den Familien, deren Kinder nicht an einer Früherkennungsuntersuchung teilgenommen haben, durch die örtlichen Gesundheitsämter und dem Angebot erforderlicher begleitender Hilfen der Jugendämter für die betreffenden Familien. Ziel ist neben einer deutlichen Steigerung der Inanspruchnahme der vorgesehenen Früherkennungsuntersuchungen auch, Erkenntnisse über möglichen Hilfebedarf derjenigen Familien zu gewinnen, die trotz mehrfacher Aufforderung nicht an den jeweils anstehenden Früherkennungsuntersuchungen teilgenommen haben151. Insbesondere die Jugendämter könnten – so wird in der Gesetzesbe- 150 GVBl. S. 52; beigefügt als Anlage 21 151 Gesetzentwurf der Landesregierung, Landesgesetz zum Schutz von Kindeswohl und Kindergesundheit (LKind- SchuG), in: Landtagsdrucksache 15/1620 S. 16 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 62 gründung152 geltend gemacht – dies prüfen und in den Fällen aktiv werden, in denen bei den betreffenden Familien Maßnahmen zur Gewährleistung des Kindeswohls angezeigt seien. Die im LKindSchuG vorgesehenen Maßnahmen zur Steigerung der Inanspruchnahme der Angebote zur Früherkennung von Krankheiten und Entwicklungsrückständen stellen nach der Gesetzesbegründung 153 keinen unvertretbaren Eingriff in die Entscheidungsfreiheit der Eltern, medizinische Früherkennungsuntersuchungen bei ihren Kinder durchführen zu lassen, dar. Sie sähen keinen Zwang zur Teilnahme vor; es erfolgten erforderlichenfalls mehrfache Informationen an die Eltern, verbunden mit der Aufforderung zur Teilnahme an den jeweils anstehenden Früherkennungsuntersuchungen . Die damit verbundene Weitergabe und Nutzung personenbezogener Daten tangiere zwar das informationelle Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Personen; dies sei allerdings durch den damit verfolgten Zweck im Interesse einer positiven gesundheitlichen Entwicklung der Kinder gerechtfertigt. Zudem ergäben sich aus dem organisierten Einladungssystem zusätzliche Möglichkeiten der Wahrnehmung von Anhaltspunkten für mögliche Kindeswohlgefährdungen . Der Staat sei im Hinblick auf sein „Wächteramt“ über das Kindeswohl auf Informationen angewiesen, die ihm ein Eingreifen bei konkreten Kindeswohlgefährdungen ermöglichten . Eine Verstärkung staatlicher Mitwirkung im Zusammenhang mit der Auswertung des Teilnahmeverhaltens an Früherkennungsuntersuchungen diene der Erfüllung früher Hilfen und dem Schutz von Kindern vor Vernachlässigung, Missbrauch oder Misshandlung gerade in einem Alter, in dem diese aufgrund ihrer Unselbständigkeit besonders schutzbedürftig seien und andere mögliche Kontrollmechanismen wie ihm Rahmen von Schule oder Kindertagesstätte regelhaft noch nicht zur Verfügung stünden bzw. nicht in Anspruch genommen würden. Im Einzelnen gilt nach Teil 3 (§§ 5 bis 10) des Landesgesetzes zum Schutz von Kindeswohl und Kindergesundheit (LKindSchuG) vom 7. März 2008 Folgendes: § 5 des Gesetzes trifft Regelungen zur Einrichtung einer Zentralen Stelle und deren Aufgaben. In Abs. 1 wird festgelegt, dass eine Zentrale Stelle das vorgesehene Einladungsverfahren zu bestimmten Früherkennungsuntersuchungen für Kinder nach § 26 SGB V oder, soweit Kinder nicht gesetzlich krankenversichert sind, zu vergleichbaren Früherkennungsuntersuchungen sowie die weiteren im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen organisiert und abwickelt. Die Zentrale Stelle ist beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung eingerichtet worden. Ihre Aufgabe ist es insbesondere, die gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter der Kinder im Rahmen eines koordinierten Einladungswesens auf die jeweils gemäß dem Lebensalter der Kinder unmittelbar bevorstehenden Früherkennungsuntersuchungen hinzuweisen und zur Teilnahme aufzufordern. Ziel ist es, die Inanspruchnahme deutlich zu erhöhen und im Interesse aller in Betracht kommenden Kinder eine möglichst vollständige Teilnahme zu erreichen. Darüber hinaus hat die Zentrale Stelle gemäß § 5 Abs. 1 die Aufgabe, diejenigen Kinder zu ermitteln, zu denen keine Untersuchungsbestätigungen eingegangen sind und in den in § 8 Abs. 1 vorgesehenen Fällen die zuständigen Gesundheitsämter zu unterrichten. 152 Vgl. Landtagsdrucksache 15/1620 S. 16 153 Vgl. Landtagsdrucksache 15/1620 S. 16 f Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 63 In § 5 Abs. 2 Satz 1 wird zur Klarstellung geregelt, dass die Zentrale Stelle der Rechts- und Fachaufsicht des Landesamts für Soziales, Jugend und Versorgung untersteht und nicht etwa unmittelbar dem Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen unterstellt ist. Die Zentrale Stelle kann sich gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 mit Zustimmung des fachlich zuständigen Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen zur Erfüllung der ihr nach dem Landeskinderschutzgesetz (LKindSchuG) obliegenden Aufgaben einer anderen öffentlichen Stelle, z. B. einer medizinischen Einrichtung oder eines Rechenzentrums bedienen. Auf Grundlage der vorgenannten Vorschrift wurde das Einladungs- und Erinnerungswesen dem Zentrum für Kindervorsorge Rheinland-Pfalz im Universitätsklinikum Homburg übertragen. Im Hinblick auf die mit einer solchen Aufgabendelegation verbundenen datenschutzrechtlichen Fragestellungen wird mit § 5 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ausdrücklich vorgeschrieben, dass im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung durch eine „andere öffentliche Stelle“ die Bestimmungen des § 4 Abs. 1 bis 3 des Landesdatenschutzgesetzes154 zur Auftragsdatenverarbeitung entsprechende Anwendung finden. Sobald eine Übertragung erfolgt ist, gelten die die Zentrale Stelle betreffenden Regelungen des Landeskinderschutzgesetzes gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 unmittelbar für die andere öffentliche Stelle, d. h., dass z. B. die Datenübermittlung durch die Meldebehörden nach § 6 an die „auftragnehmende Stelle“ und nicht an die Zentrale Stelle und auch die Unterrichtung der gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter im Rahmen des Einladungsverfahrens nach § 7 Abs. 1 durch die „auftragnehmende Stelle“ erfolgt. § 5 Abs. 3 bestimmt schließlich, dass das Land, soweit keine anderweitige Kostentragung erfolgt, die bei der Zentralen Stelle (oder der „auftragnehmenden Stelle“) anfallenden Kosten (z. B. die Portokosten im Rahmen der Versendung der Einladungsschreiben) trägt. Zur Durchführung des Einladungsverfahrens durch die Zentrale Stelle sind dieser nach § 6 Abs. 1 die erforderlichen aktuellen personenbezogenen Meldedaten durch die Meldebehörden des Landes zur Verfügung zu stellen. Die Angaben zur Staatsangehörigkeit gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 9 sollen es ermöglichen, im Rahmen der Einladungsschreiben zur besseren Verständlichkeit gegebenenfalls auch „muttersprachliche Texte“ beizufügen; darüber hinaus können im Rahmen der vorgesehenen statistischen Auswertung möglicherweise bei bestimmten Ausländergruppen verstärkt bestehende Defizite im Hinblick auf die Inanspruchnahme von Früherkennungsuntersuchungen ermittelt und geeignete Abhilfemaßnahmen entwickelt werden155. Bei einer Auskunftssperre nach § 34 Abs. 8 und 9 des Meldegesetzes156 (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 10 LKindSchuG) wird in der Praxis sichergestellt, dass die Versendung des Einladungsschreibens zur Früherkennungsuntersuchung erst nach vorheriger Abstimmung mit der örtlich zuständigen Meldebehörde erfolgt; alternativ kommt in diesem Fall auch in Betracht, dass die Versendung des Schreibens im Wege der sog. Datenmittlung durch Meldebehörden selbst erfolgt. Diese Verfahrensweise stellt sicher, dass es durch die Versendung des Einladungsschreibens nicht zu einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Belange der Betroffenen kommt, denn nur die örtlich zuständige Meldebehörde 154 Landesdatenschutzgesetz (LDSG) vom 5. Juli 1994 (GVBl. S. 293), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 17. Juni 2008 (GVBl. S. 99) 155 Vgl. die Gesetzesbegründung in Landtagsdrucksache 15/1620 S. 21 156 Meldegesetz (MG) vom 22. Dezember 1982 (GVBl. S. 463), zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 26. November 2008 (GVBl. S. 294) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 64 kennt die Hintergründe, die zu der Eintragung einer Auskunftssperre geführt haben und kann daher beurteilen, wie das Einladungsverfahren im konkreten Fall sachgerecht durchgeführt werden kann157. § 6 Abs. 2 stellt klar, dass die landesweit ermittelten, in Abs. 1 Nr. 1 bis 10 aufgeführten Meldedaten auch im Rahmen eines automatisierten Abrufverfahrens bereitgestellt werden können. Die vorgesehene Verfahrensweise gewährleistet, dass nur auf die Meldedaten der Kinder (und ihrer gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter), bei denen Früherkennungsuntersuchungen anstehen, zugegriffen werden kann158. § 7 Abs. 1 regelt den grundsätzlichen Ablauf des von der Zentralen Stelle zu organisierenden Einladungsverfahrens. Nach Satz 1 dieser Bestimmung unterrichtet die Zentrale Stelle auf der Grundlage der nach § 6 übermittelten Daten die gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter der in Betracht kommenden, in Rheinland-Pfalz gemeldeten Kinder rechtzeitig vor anstehenden Früherkennungsuntersuchungen schriftlich über den Inhalt und den Zweck sowie die Möglichkeiten zur Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen. Diese individuelle, auf das Lebensalter und die bevorstehende Früherkennungsuntersuchung abgestimmte Einladung der Zentralen Stelle an die gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter soll diese umfassend informieren und aufklären. Dazu zählt auch die Aufklärung über die Bedeutung der Früherkennungsuntersuchungen für ein gesundes Aufwachsen der Kinder und der Appell an die gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter zur Teilnahme gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2. Den gesetzlichen Vertreterinnen und Vertretern müssen nach § 7 Abs. 1 Satz 3 bereits im Rahmen der Einladung die nach dem Landeskinderschutzgesetz vorgesehenen Verfahrensabläufe bei Inanspruchnahme bzw. Nichtinanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen dargelegt werden. Dabei geht es nach der Gesetzesbegründung 159 vor allem um Informationen zur Dokumentation der Inanspruchnahme durch die Zentrale Stelle und zur Weitergabe von Daten an die Gesundheits- und Jugendämter. Die gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter können so genau einschätzen, welche Folgen insbesondere eine Nichtteilnahme nach sich ziehen wird. Bei Bedarf sollen Personen, deren Herkunftssprache nicht deutsch ist, die erforderlichen Informationen in ihrer Herkunftssprache zur Verfügung gestellt werden. Zur Sicherstellung des weiteren Controllingverfahrens übermitteln die Ärztinnen und Ärzte, die die Früherkennungsuntersuchungen durchführen, nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 der Zentralen Stelle innerhalb von 3 Arbeitstagen nach der Früherkennungsuntersuchung in schriftlicher Form oder auf elektronischem Weg eine Untersuchungsbestätigung mit Angabe des Datums und der Untersuchungsstufe der Früherkennungsuntersuchung. Die Ärztinnen und Ärzte sind gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 zur Übersendung dieser Untersuchungsbestätigung verpflichtet; eine Einwilligung der gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter ist nicht erforderlich. Durch die Dokumentation der Rückmeldungen kann die Zentrale Stelle die individuelle Inanspruchnahme feststellen und durch Vergleich mit den verschickten Einladungsschreiben insbesondere diejenigen Kinder ermitteln, deren gesetzliche Vertreterinnen und Vertreter der Einladung nicht gefolgt sind. Der Datenschutz muss dabei gewährleistet sein; im Falle einer elektronischen Übermittlung 157 Vgl. die Gesetzesbegründung in Landtagsdrucksache 15/1620 zu § 6 Abs. 1 Nr. 10 LKindSchuG S. 21 158 Vgl. Landtagsdrucksache 15/1620 S. 21 159 Vgl. Landtagsdrucksache 15/1620 S. 22 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 65 der Daten sind anerkannte Techniken der Datenverschlüsselung anzuwenden. Die verlässliche Authentifizierung der Absenderin oder des Absenders der Daten ist dabei zu gewährleisten160. Dementsprechend bestimmt § 7 Abs. 2 Satz 2, dass die Zentrale Stelle unter Berücksichtigung der Anforderungen des Datenschutzes die Einzelheiten zum Inhalt und zur Form der Übermittlung festzulegen hat; dabei ist insbesondere sicherzustellen, dass die Daten nicht von Unbefugten zur Kenntnis genommen werden können (§ 7 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2). Die Zentrale Stelle und die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz können gemäß § 7 Abs. 2 Satz 3 eine Vereinbarung über eine pauschale Abgeltung des mit der Übermittlung der Untersuchungsbestätigungen verbundenen Aufwands durch das Land schließen. Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 legt das fachlich zuständige Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen diejenigen Früherkennungsuntersuchungen fest, bei denen das Einladungsverfahren nach den Absätzen 1 und 2 des § 7 durchgeführt wird. Eine entsprechende Festlegung im Landeskinderschutzgesetz selbst wurde vom Gesetzgeber als nicht zweckmäßig angesehen; zum einen könnten sich – so wird in der Gesetzesbegründung161 geltend gemacht – die Festlegungen des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennungsuntersuchungen ändern, zum anderen könne sich in der Umsetzungspraxis ergeben, dass anderweitige Festlegungen sinnvoll seien. Darüber hinaus wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass es angesichts der zum Teil kurzen zeitlichen Fristen der Abfolge der Früherkennungsuntersuchungen nicht praktikabel sei, zu allen im Rahmen des Früherkennungsprogramms vorgesehenen Untersuchungen ein Einladungsverfahren durch die Zentrale Stelle zu organisieren. Dies gelte insbesondere für die ersten drei Früherkennungsuntersuchungen (U1 bis U3) in den ersten Lebenstagen und Lebenswochen der neugeborenen Kinder, deren Inanspruchnahme heute bereits bei fast 100 % liege162. Nach § 7 Abs. 3 Satz 2 kann das fachlich zuständige Ministerium für Arbeit , Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen festlegen, dass das Einladungsverfahren in den Fällen wiederholt wird, in denen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes keine Untersuchungsbestätigungen nach Abs. 2 bei der Zentralen Stelle eingegangen sind. Es kann gemäß § 7 Abs. 3 Satz 3 auch festlegen, dass bei bestimmten Früherkennungsuntersuchungen nur das in § 7 Abs. 1 beschriebene Verfahren ohne Untersuchungsbestätigung durchgeführt wird. Diese Regelung zielt insbesondere auf die sog. Jugendgesundheitsuntersuchung (J1), die im Alter zwischen 13 und 14 Jahren vorgesehen ist. Für diese Früherkennungsuntersuchung soll nach der Gesetzesbegründung 163 ebenfalls ein Einladungsverfahren organisiert werden. Hintergrund hierfür sei die Tatsache der bisher äußerst unbefriedigenden Beteiligungsrate an dieser wichtigen Untersuchung, die weit unter 30 % liege. Bei Nichtinanspruchnahme dieser Untersuchung sollen jedoch keine weitergehenden Maßnahmen durch die Gesundheits- oder Jugendämter ergriffen werden. Insofern könne auch auf eine Rückmeldung (Untersuchungsbestätigung) der behandelnden Ärztinnen und Ärzte bezüglich der Inanspruchnahme dieser J1-Untersuchung verzichtet werden. 160 Vgl. Landtagsdrucksache 15/1620 S. 22 161 Vgl. Landetagsdrucksache 15/1620 S. 22 162 Vgl. Landtagsdrucksache 15/1620 S. 22 163 Vgl. Landtagsdrucksache 15/1620 S. 22 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 66 Auf der Grundlage der vorgenannten gesetzlichen Regelungen in § 7 Abs. 3 Satz 1 bis 3 hat das fachlich zuständige Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen entsprechende Festlegungen zur „Unterrichtung der gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter über anstehende Früherkennungsuntersuchungen für Kinder“ getroffen und gemäß § 7 Abs. 3 Satz 4 im Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz bekannt gemacht164. Nach Nr. 1 dieser Bekanntmachung vom 4. April 2008 wird das in § 7 Abs. 1 und 2 LKindSchuG vorgesehene Verfahren der Unterrichtung der gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter über anstehende Früherkennungsuntersuchungen für Kinder mit Untersuchungsbestätigung bei Früherkennungsuntersuchungen der Untersuchungsstufen U4 bis U9 durchgeführt; es wird in den Fällen wiederholt, in denen bis zum Ablauf des jeweiligen Untersuchungszeitraumes keine Untersuchungsbestätigung eingegangen ist. Bei der Früherkennungsuntersuchung der Untersuchungsstufe J1 (Jugendgesundheitsuntersuchung ) wird gemäß Nr. 2 der Bekanntmachung demgegenüber nur das in § 7 Abs. 1 LKindSchuG vorgesehene Verfahren der Unterrichtung der gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter über die anstehende Früherkennungsuntersuchung für Kinder ohne Untersuchungsbestätigung durchgeführt . Die Unterrichtung der Gesundheitsämter ist in § 8 LKindSchuG geregelt. Abs. 1 dieser Vorschrift soll sicherstellen, dass in den Fällen, in denen bei der Zentralen Stelle trotz Einladung und gegebenenfalls Erinnerungsschreiben an die gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter keine Untersuchungsbestätigung eingegangen ist, das jeweils zuständige Gesundheitsamt innerhalb angemessener Frist durch die Zentrale Stelle über diesen Sachverhalt informiert wird. Zu diesem Zweck ermittelt die Zentrale Stelle durch Abgleich mit den seitens der Meldebehörden übermittelten Daten diejenigen Kinder, zu denen – in den Fällen des § 7 Abs. 3 Satz 2 auch nach Wiederholung des Verfahrens –, innerhalb angemessener Zeit keine Untersuchungsbestätigungen eingegangen sind (§ 8 Abs. 1 Satz 1). Zu diesen übermittelt sie gemäß Abs. 1 Satz 2 dem Gesundheitsamt, in dessen Dienstbezirk das jeweilige Kind seine Wohnung, bei mehreren Wohnungen seine Hauptwohnung hat, unverzüglich die in § 6 Abs. 1 genannten personenbezogenen Daten zusammen mit der Angabe, zu welchen Früherkennungsuntersuchungen (Untersuchungsstufe) keine Untersuchungsbestätigung eingegangen ist. Im Rahmen dieser Information können nach der Gesetzesbegründung 165 auch Angaben zu früheren nicht wahrgenommenen Früherkennungsuntersuchungen übermittelt werden, was insbesondere in den Fällen angezeigt ist, in denen ein anderes Gesundheitsamt zuständig geworden ist. In Satz 3 des Absatzes 1 wird darüber hinaus geregelt, dass, sofern nach Weitergabe der Information über die Nichtinanspruchnahme einer Früherkennungsuntersuchung durch die Zentrale Stelle an das jeweilige Gesundheitsamt doch noch nachträglich eine Untersuchungsbestätigung bei der Zentralen Stelle eingeht, diese Information ebenfalls unverzüglich an die Gesundheitsämter weitergeleitet wird. Die Übermittlung der Daten erfolgt dabei schriftlich mit verschlossenem Umschlag oder auf elektronischem Weg; dabei ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die Daten im Rahmen der Übermittlung nur den mit dieser Aufgabe betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Gesundheitsamtes zur Kenntnis gelangen (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 4). § 8 Abs. 2 weist den Gesundheitsämtern die Aufgabe zu, sich auf der 164 Bekanntmachung des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen vom 4. April 2008, in: Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz vom 21. April 2008 Nr. 13, S. 625; beigefügt als Anlage 22 165 Vgl. Landtagsdrucksache 15/1620 S. 22 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 67 Grundlage der ihnen nach Abs. 1 Satz 2 übermittelten Daten unverzüglich mit den gesetzlichen Vertreterinnen oder Vertretern der betroffenen Kinder in Verbindung zu setzen und in geeigneter Weise auf die Nachholung der versäumten Früherkennungsuntersuchung hinzuwirken. Durch die entsprechende Nachmeldung an das Gesundheitsamt nach Abs. 1 Satz 3 ist auch dort eine nachträgliche Erfassung der Inanspruchnahme möglich. Die Unterrichtung der Jugendämter ist im § 9 geregelt. Nach dieser Bestimmung gilt Folgendes: In den Fällen, in denen die Kontaktaufnahme nach § 8 Abs. 2 durch die Gesundheitsämter erfolglos geblieben ist oder sich zumindest nicht sicher feststellen lässt, ob die Früherkennungsuntersuchung doch noch durchgeführt wurde, weil keine nachträgliche Untersuchungsbestätigung bei der Zentralen Stelle eingegangen ist, übermitteln die Gesundheitsämter gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 den Jugendämtern, in deren Bezirk die jeweiligen Kinder ihre Wohnung, bei mehreren Wohnungen ihre Hauptwohnung haben, unverzüglich die in § 6 Abs. 1 genannten personenbezogenen Daten zusammen mit der Angabe, welche Früherkennungsuntersuchungen (Untersuchungsstufe) betroffen sind. Die Information der Jugendämter erfolgt nach § 9 Abs. 1 Satz 2 darüber hinaus unverzüglich, wenn sich bei der Durchführung der Maßnahmen nach § 8 Abs. 2, das heißt bei den Recherchen der Gesundheitsämter, Anhaltspunkte für die Vernachlässigung, den Missbrauch oder die Misshandlung eines Kindes ergeben haben, damit das Jugendamt schnellstmöglich die erforderlichen Maßnahmen im Rahmen der Jugendhilfe in die Wege leiten kann. Im Zusammenhang mit der Übermittlung der Daten nach Abs. 1 Satz 1 und der Unterrichtung nach Abs. 1 Satz 2 können die Gesundheitsämter den Jugendämtern gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 aus Gründen der Praktikabilität auch weitere personenbezogene Daten, die ihnen bei der Durchführung der Maßnahmen nach § 8 Abs. 2 bekannt geworden sind, insbesondere Namen, Anschriften und Telefonnummern und sonstige eine Kontaktaufnahme ermöglichende Daten sowie Gründe für die Nichtteilnahme an Früherkennungsuntersuchungen übermitteln, damit diese nicht mühsam durch das Jugendamt neu ermittelt werden müssen166. Abs. 1 Satz 4 weist aus Gründen des Datenschutzes darauf hin, dass im Rahmen der Datenübermittlung an das Jugendamt die Daten nicht von Unbefugten zur Kenntnis genommen werden dürfen. Gemäß § 9 Abs. 2 haben die Jugendämter aufgrund der ihnen übermittelten Daten im Rahmen ihrer jugendhilferechtlichen Zuständigkeit unverzüglich zu prüfen, ob ein Hilfebedarf vorliegt und gegebenenfalls die notwendigen und geeigneten Maßnahmen zur frühen Förderung und zum Schutz von Kindern zur Verfügung zu stellen; diese richten sich nach den einschlägigen jugendhilferechtlichen Vorschriften. § 10 LKindSchuG fasst wichtige Datenschutzbestimmungen zum Bereich Früherkennungsuntersuchungen zusammen. Insoweit gilt Folgendes: § 10 Abs. 1 Satz 1 bestimmt, dass die Datenbestände der beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung (oder bei einer anderen öffentlichen Stelle) eingerichteten Zentralen Stelle getrennt von den sonstigen Datenbeständen des Landesamts (oder der anderen öffentlichen Stelle) zu halten und durch besondere technische und organisatorische Maßnahmen vor unbefugter Verarbeitung zu schützen sind. Damit wird nach der Gesetzesbegründung167 insbesondere einer 166 Vgl. Landtagsdrucksache 15/1620 S. 23 167 Vgl. Landtagsdrucksache 15/1620 S. 23 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 68 strengen Zweckbindung der bei der Zentralen Stelle anfallenden personenbezogenen Daten Rechnung getragen; sie dürfen nicht für andere Zwecke, zum Beispiel des öffentlichen Gesundheitsdienstes , genutzt werden. In den Fällen, in denen eine Untersuchungsbestätigung bei der Zentralen Stelle eingegangen ist, bedarf es keiner längerfristigen Aufbewahrung der personenbezogenen Daten zu der betreffenden Früherkennungsuntersuchung. Abs. 1 Satz 2 sieht daher vor, dass die Zentrale Stelle die bei ihr zu einer Früherkennungsuntersuchung gespeicherten personenbezogenen Daten spätestens sechs Monate nach Eingang der Untersuchungsbestätigung zu löschen hat. Für die übrigen Fälle legt Abs. 1 Satz 3 fest, dass die Zentrale Stelle die bei ihr gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen hat, sobald diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich sind. Die Löschung muss spätestens ein Jahr nach der Einladung zur letzten nach § 7 Abs. 3 vom fachlich zuständigen Ministerium festgelegten Früherkennungsuntersuchung erfolgen (§ 10 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2). Zu diesem Zeitpunkt könne – so wird in der Gesetzesbegründung 168 ausgeführt – mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass eine weitere Datenvorhaltung durch die Zentrale Stelle unter keinen Umständen mehr erforderlich sei. Nach § 10 Abs. 2 haben die Gesundheitsämter die ihnen von der Zentralen Stelle übermittelten und die sonstigen in diesem Zusammenhang gespeicherten personenbezogenen Daten spätestens drei Jahre nach ihrer Speicherung zu löschen. Zu diesem Zeitpunkt könne – so heißt es in der Gesetzesbegründung169 – in aller Regel davon ausgegangen werden, dass die Daten auch zu „Beweiszwecken “ nicht mehr erforderlich seien; die relativ kurze Frist beuge der Vorhaltung dauerhafter Dateien über das Inanspruchnahmeverhalten von Früherkennungsuntersuchungen bei den Gesundheitsämtern vor. Eine zeitlich darüber hinausgehende Aufbewahrung der Daten müsse allerdings in begründeten Einzelfällen möglich sein, zum Beispiel wenn diese Angaben im Zusammenhang mit eingeleiteten Maßnahmen oder festgestellten Fällen von Vernachlässigung, Missbrauch oder Misshandlung von Kindern oder damit zusammenhängenden Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren auch weiterhin benötigt würden. Dementsprechend sieht § 10 Abs. 2 vor, dass die bei den Gesundheitsämtern gespeicherten personenbezogenen Daten auch nach Ablauf von drei Jahren nach ihrer Speicherung aufgewahrt werden können, soweit im Einzelfall die Kenntnis dieser Daten für die Erfüllung der Aufgaben der Gesundheitsämter aus zwingenden Gründen über diesen Zeitpunkt hinaus erforderlich ist. Die Jugendämter haben gemäß § 10 Abs. 3 die ihnen von den Gesundheitsämtern übermittelten und die sonstigen in diesem Zusammenhang, zum Beispiel im Rahmen der Prüfung nach § 9 Abs. 2, gespeicherten personenbezogenen Daten spätestens drei Jahre nach ihrer Speicherung zu löschen, wenn sie nach Prüfung des Einzelfalls gemäß § 9 Abs. 2, ob ein Hilfebedarf besteht oder ein Verdacht auf Vernachlässigung, Missbrauch oder Misshandlung von Kindern vorliegt, entschieden haben, keine weitergehenden Maßnahmen einzuleiten. Auch hier ist in begründeten Ausnahmefällen, zum Beispiel bei laufenden Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren, eine zeitlich darüber hinausgehende Datenaufbewahrung zulässig (vgl. § 10 Abs. 3 Halbsatz 2). 168 Vgl. Landtagsdrucksache 15/1620 S. 23 169 Vgl. Landtagsdrucksache 15/1620 S. 23 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 69 In § 10 Abs. 4 wird geregelt, dass die für die jeweilige Stelle geltenden sonstigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen ergänzend Anwendung finden; dies gilt beispielsweise für Auskunftsrechte Betroffener. Abschließend ist noch auf § 15 Nr. 1 des Landesgesetzes zum Schutz von Kindeswohl und Kindergesundheit (LKindSchuG) vom 7. März 2008170 hinzuweisen. Mit dieser Bestimmung wurde in § 5 Abs. 3 des Landesgesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGdG) vom 17. November 1995171 ein neuer Satz 2 eingefügt, der im Zusammenhang mit der Darstellung der allgemeinen Aufgaben der Gesundheitsämter die Verpflichtung der Gesundheitsämter regelt, über die Untersuchungsangebote zur Früherkennung von Krankheiten insbesondere für Kinder zu informieren und auf deren Inanspruchnahme hinzuwirken. Nach der Gesetzesbegründung172 werden die Gesundheitsämter damit auch in ihrem „Spezialgesetz“ ausdrücklich in diesen wichtigen präventiven gesundheitspolitischen Bereich einbezogen und nicht nur zur Information über Früherkennungsuntersuchungen, sondern auch zu Maßnahmen zur Verbesserung des Inanspruchnahmeverhaltens verpflichtet. Die Aufgaben der Gesundheitsämter nach dem Landesgesetz zum Schutz von Kindeswohl und Kindergesundheit (LKindSchuG) bleiben gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 ÖGdG unberührt. 3.2.9. Saarland Die gesetzlichen Grundlagen für den Aufbau eines Teilnahmekontroll- und Erinnerungswesens zur Förderung der Teilnahme an kinderärztlichen Früherkennungsuntersuchungen sind im Saarland – als erstem Bundesland – mit dem am 6. April 2007 in Kraft getretenen „Gesetz Nr. 1612 zum Schutz von Kindern vor Vernachlässigung, Missbrauch und Misshandlung“ vom 7. Februar 2007173 geschaffen worden. Durch Art. 1 Nr. 4 dieses Gesetzes wurde in das Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst (Gesundheitsdienstgesetz – ÖGDG) vom 19. Mai 1999174 ein (neuer) § 8a eingefügt, der die Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder nach § 26 SGB V regelt. Nach der Gesetzesbegründung175 bezweckt die in § 8a ÖGDG getroffene Regelung, durch Erinnerungsschreiben an die Erziehungsberechtigten die Teilnahmequote an den Früherkennungsuntersuchungen zu erhöhen, um Kinder einem Mindestschutz durch eine vom Gemeinwesen vorgehaltene ärztliche Kontrolle zu unterstellen. Im Rahmen eines abgestuften Mechanismus 170 GVBl. S. 52 171 GVBl. S. 485, zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. September 2009 (GVBl. S. 333); auszugsweise beigefügt als Anlage 23 172 Vgl. Landtagsdrucksache 15/1620 S. 25 173 Amtsblatt des Saarlandes S. 742 174 Amtsblatt des Saarlandes S. 844, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Änderung des Bestattungsgesetzes und weiterer Vorschriften vom 1. Juli 2009 (Amtsblatt des Saarlandes S. 1240); auszugsweise beigefügt als Anlage 24 175 Vgl. Landtagsdrucksache 13/1140 S. 6 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 70 wird den Erziehungsberechtigten, wenn sie ihre Kinder trotz der Erinnerungen nicht den Früherkennungsuntersuchungen zuführen, die unmittelbare Untersuchung durch den öffentlichen Gesundheitsdienst angedient. Erst wenn die Erziehungsberechtigten diese Untersuchung verweigern , wird durch eine Meldung an die mit der Wahrnehmung der Kinder- und Jugendhilfe betrauten Behörden die Möglichkeit verbessert, Verdachtsfälle weitergehenden Nachforschungen und gegebenenfalls helfenden Interventionen zuzuführen. Die gesetzlichen Regelungen in § 8a ÖGDG werden durch die auf der Ermächtigungsgrundlage des § 8a Abs. 8 ÖGDG vom Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales erlassenen Verordnung über die Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder vom 12. April 2007176 konkretisiert, die am 26. April 2007 in Kraft getreten ist. Im Einzelnen gilt nach den vorgenannten Bestimmungen Folgendes: Nach § 8a Abs. 1 Satz 1 ermittelt eine Zentrale Stelle die Kinder im Alter von bis zu fünfeinhalb Jahren, die nicht an einer für ihr jeweiliges Alter gemäß §§ 26 Abs. 1 und 25 Abs. 4 Satz 2 SGB V vorgesehenen Früherkennungsuntersuchung (einschließlich Neugeborenenscreening) oder, soweit die Kinder nicht gesetzlich krankenversichert sind, an einer gleichwertigen Früherkennungsuntersuchung teilnehmen. Mit der Anknüpfung an die in den §§ 26 Abs. 1 und 25 Abs. 4 Satz 2 SGB V vorgesehenen Früherkennungsuntersuchungen wird nach der Gesetzesbegründung zu § 8a Abs. 1 Satz 1 ÖGDG177 sichergestellt, dass – wünschenswerte – Änderungen der Häufigkeit und inhaltlichen Ausgestaltung der Früherkennungsuntersuchungen im Hinblick auf die Einbeziehung des neuen Schutzzwecks „Schutz vor Vernachlässigung, Misshandlung und Missbrauch “ in den Kinder-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen ohne weitere gesetzliche Änderung in das saarländische Landesrecht übernommen werden können. Die Zentrale Stelle wird gemäß § 8a Abs. 1 Satz 2 ÖGDG beim Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg eingerichtet. Sie trägt die Bezeichnung „Zentrum für Kindervorsorge“ (§ 8a Abs. 1 Satz 3 ÖGDG). Das Zentrum für Kindervorsorge ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 der oben genannten Verordnung über die Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder vom 12. April 2007 eine öffentlich- rechtliche Stelle. Die Fachaufsicht nimmt das Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales wahr (§ 1 Abs. 1 Satz 2 der VO). § 8a Abs. 1 Satz 4 ÖGDG ermächtigt das Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales, die Wahrnehmung der Aufgaben der Zentralen Stelle durch Verwaltungsakt oder öffentlich- rechtlichen Vertrag auf Dritte zu übertragen, wenn der oder die Dritte die Gewähr für eine sachgerechte Wahrnehmung der Aufgaben bietet. Dabei kommt gegebenenfalls auch eine kostenschonende Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern durch die Inanspruchnahme einer gemeinsamen Zentralen Stelle in Betracht178. In dem Verwaltungsakt oder öffentlich- rechtlichen Vertrag sind gemäß § 8a Abs. 1 Satz 5 ÖGDG Regelungen zur Kostenerstattung und zur Aufsicht durch das Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales zu treffen. Um den erforderlichen Datenabgleich durchführen zu können, bedarf die Zentrale Stelle der Meldung durch die die Früherkennungsuntersuchung durchführenden Ärztinnen und Ärzte sowie Hebammen und Entbindungspfleger, ferner der Meldedaten der zuständigen Einwohnermeldebe- 176 Amtsblatt des Saarlandes S. 910; beigefügt als Anlage 25 177 Vgl. Landtagsdrucksache 13/1140 S. 7 178 Vgl. Landtagsdrucksache 13/1140 S. 7 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 71 hörden. Zu diesem Zweck verpflichtet § 8a Abs. 2 Satz 1 ÖGDG die Ärztinnen und Ärzte sowie Hebammen und Entbindungspfleger, die eine Früherkennungsuntersuchung nach § 8a Abs. 1 ÖGDG durchgeführt haben, der Zentralen Stelle unverzüglich die in Nr. 1 bis 8 aufgeführten personenbezogenen Daten zu übermitteln. Diese Regelung enthält eine Befugnisnorm in Sinne des § 203 StGB. Die Meldung über die Durchführung der jeweiligen Früherkennungsuntersuchung muss gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung innerhalb von 3 Arbeitstagen an das Zentrum für Kindervorsorge erfolgen. Die Meldung über die Durchführung des Neugeborenenscreenings hat dagegen taggleich zu erfolgen (§ 5 Abs. 1 Satz 3 der VO). Sind behinderte oder chronisch kranke Kinder in ständiger ärztlicher Betreuung und ist innerhalb des Untersuchungszeitraums einer Früherkennungsuntersuchung deren Durchführung aus wichtigem Grund nicht möglich, hat der behandelnde Arzt gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung diesen Umstand dem Zentrum für Kindervorsorge innerhalb von 3 Arbeitstagen nach Ende des Untersuchungszeitraums mitzuteilen . Die Behinderung oder chronische Erkrankung ist dabei nicht mitzuteilen (§ 5 Abs. 2 Satz 2 der VO). Nach § 8a Abs. 3 Satz 1 ÖGDG übermitteln die Meldebehörden der Zentralen Stelle – also dem Zentrum für Kindervorsorge – zur Durchführung ihrer Aufgaben nach dem ÖGDG regelmäßig die erforderlichen Daten. Diese Datenübermittlung an die für Früherkennungsuntersuchungen für Kinder zuständige Zentrale Stelle wird in § 3 der VO dahingehend konkretisiert, dass die Meldebehörden die in § 14 der Meldedaten-Übermittlungsverordnung179 festgelegten Daten wöchentlich vor Beginn des jeweiligen Untersuchungszeitraums einer Früherkennungsuntersuchung an das Zentrum für Kindervorsorge zu übermitteln haben. Das Zentrum für Kindervorsorge führt den Abgleich der Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen durch. Dazu gleicht es die Daten der Meldebehörden nach § 3 der Verordnung mit den Daten der Meldungen der Ärztinnen und Ärzte, Geburtshelfer und Entbindungspfleger nach § 5 der Verordnung ab (§ 8a Abs. 3 Satz 2 ÖGDG i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung). Der Datenabgleich erfolgt nach § 6 Abs. 2 der VO elektronisch mittels eines automatisierten Verfahrens. Nach § 8a Abs. 3 Satz 3 ÖGDG sind die Daten zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die verantwortliche Stelle nicht mehr erforderlich ist, ansonsten spätestens nach fünfeinhalb Jahren. § 8a Abs. 4 Satz 1 ÖGDG ermächtigt die Zentrale Stelle, die gesetzliche Vertreterin und/oder den gesetzlichen Vertreter des Kindes, dessen Früherkennungsuntersuchung bevorsteht, zur Teilnahme an der Früherkennungsuntersuchung einzuladen. Hierbei handelt es sich um eine „Kann- Bestimmung“. In der Gesetzesbegründung180 wird hierzu ausgeführt, dass nach bisherigen Erfahrungen Früherkennungsuntersuchungen – mit Unterschieden von Untersuchungsstufe zu Untersuchungsstufe – im Durchschnitt von mehr als 90 % der Betroffenen wahrgenommen würden. Je nach Entwicklung der Teilnahmequoten und unter Berücksichtigung des Zieles einer fristgerechten Teilnahme könne es jedoch geboten sein, schon im Vorfeld des jeweiligen Termins alle Erziehungsberechtigten oder bestimmte Teilgruppen oder die Betroffenen bestimmter Untersuchungsstufen zur Zuführung ihrer Kinder zu den anstehenden Früherkennungsuntersuchungen einzuladen und nicht erst nach Versäumung der Untersuchung hieran zu erinnern. Die Möglichkeit zur Einladung im Vorfeld nach § 8a Abs. 4 Satz 1 ÖGDG ist dabei nicht auf die Früherken- 179 Verordnung über die Zulassung der regelmäßigen Übermittlung von Daten aus dem Melderegister an Behörden oder sonstige öffentliche Stellen (Meldedaten-Übermittlungsverordnung – MeldDÜV) vom 8. Mai 2007 (Amtsblatt des Saarlandes S. 1138); auszugsweise beigefügt als Anlage 26 180 Vgl. Landtagsdrucksache 13/1140 S. 8 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 72 nungsuntersuchungen für den Zeitraum zwischen dem ersten halben und dem fünfeinhalbten Lebensjahr beschränkt. Bleibt eine Arztmeldung über die erfolgte Teilnahme an einer Früherkennungsuntersuchung , die für die Altersstufe von der Vollendung des ersten halben Jahres bis zur Vollendung von fünfeinhalb Jahren vorgesehen ist, nach dem dafür vorgesehen Zeitraum aus, lädt das Zentrum für Kindervorsorge die gesetzliche Vertreterin und/oder den gesetzlichen Vertreter mit Wohnsitz im Saarland durch ein erstes Erinnerungsschreiben ein, die jeweilige Untersuchung nachzuholen (§ 8a Abs. 4 Satz 2 i. V. m. § 6 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung). Diese Erinnerung ist obligatorisch. Die Frist zum Versenden der ersten erinnernden Einladung nach Ablauf des Untersuchungszeitraums beträgt eine Woche (§ 6 Abs. 3 Satz 2 der VO). Erfolgt binnen zwei Wochen nach Absendung des ersten Erinnerungsschreibens keine Rückmeldung über die erfolgte Teilnahme, erinnert das Zentrum für Kindervorsorge die gesetzliche Vertreterin und/oder den gesetzlichen Vertreter mit Wohnsitz im Saarland gemäß § 6 Abs. 4 der VO ein zweites Mal an die ausstehende Früherkennungsuntersuchung. Wird eine Früherkennungsuntersuchung, die für die Altersstufe vor Vollendung des ersten halben Lebensjahres vorgesehen ist, versäumt oder wird eine Früherkennungsuntersuchung, die für die Altersstufe von der Vollendung des ersten halben Lebensjahres bis zur Vollendung von fünfeinhalb Lebensjahren vorgesehen ist, trotz zweimaliger Einladung nach § 8a Abs. 4 Satz 2 ÖGDG i. V. m. § 6 Abs. 4 der VO nicht nachgeholt, übermittelt die Zentrale Stelle – also das Zentrum für Kindervorsorge – dem zuständigen Gesundheitsamt die in § 8a Abs. 5 Nr. 1 bis 7 ÖGDG näher bezeichneten personenbezogenen Daten unter Bezeichnung der unterbliebenen Früherkennungsuntersuchung (§ 8a Abs. 5 i. V. m. § 7 der VO). Im Hinblick auf die in § 8a Abs. 4 und 5 ÖGDG getroffene Unterscheidung zwischen vor oder nach der Vollendung des ersten halben Lebensjahres versäumten Früherkennungsuntersuchungen wird in der Gesetzesbegründung181 ausgeführt, Kinder bedürften im ersten halben Lebensjahr besonderen Schutzes. Würden Früherkennungsuntersuchungen in diesem Zeitraum versäumt, könne für Kinder unmittelbare Gefahr drohen. Dies rechtfertige es, dass ohne zeitraubendes Einladungswesen eine zeitnahe Meldung an das Gesundheitsamt erfolge, wenn die Früherkennungsuntersuchung versäumt werde. Die Durchführung eines Erinnerungswesens sei in diesem Zeitraum nicht geeignet, den gebotenen Schutz zu gewährleisten, da aufgrund der kurzen Intervalle zwischen den einzelnen Untersuchungen, der zeitlichen Verzögerung durch die Datenmeldungen und den Datenabgleich, das Erinnerungswesen und die Nachkontrolle nicht in der medizinisch gebotenen Schnelle zu gewährleisten sei. Erst ab dem ersten halben Lebensjahr werde der Meldung an die Gesundheitsämter deshalb die erfolglose zweimalige Erinnerung durch die Zentrale Stelle vorgeschaltet. In § 8a Abs. 6 ÖGDG wird geregelt, dass das zuständige Gesundheitsamt der nach § 8a Abs. 5 ÖGDG gemeldeten gesetzlichen Vertreterin und/oder dem gesetzlichen Vertreter eine Beratung über den Inhalt und Zweck der Früherkennungsuntersuchung sowie eine subsidiäre Durchführung der ausstehenden Früherkennungsuntersuchung durch eine Ärztin oder einen Arzt anzubieten hat. Die Erfahrung zeige – so heißt es in der Gesetzesbegründung182 –, dass der öffentliche Gesundheitsdienst ein niederschwelliges Angebot darstelle, mit dem Erziehungsberechtigte in 181 Vgl. Landtagsdrucksache 13/1140 S. 7 182 Vgl. Landtagsdrucksache 13/1140 S. 8 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 73 vielen Fällen auf freiwilliger Basis zu erreichen seien. Das Aufsuchen und das Angebot der subsidiären Durchführung solle nochmals dazu beitragen, auf den Zweck der Früherkennungsuntersuchungen hinzuweisen, für die Teilnahme zu werben und eine unkomplizierte Wahrnehmung zu ermöglichen. Ferner könne auf diese Weise vermieden werden, dass Verdachtsmeldungen an die Kinder- und Jugendbehörden erfolgten, obwohl die Früherkennungsuntersuchungen nur aufgrund von Versehen oder Zustellfehlern unterblieben seien. Die aufsuchende Beratung durch das Gesundheitsamt sowie das Angebot einer subsidiären Durchführung der ausstehenden Früherkennungsuntersuchung durch eine Ärztin oder einen Arzt gemäß § 8a Abs. 6 ÖGDG werden in § 8 der VO näher geregelt. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Bestimmung nimmt das Gesundheitsamt umgehend schriftlich in der in § 4 Abs. 2 der VO beschriebenen Form und gegebenenfalls telefonisch Kontakt zur gesetzlichen Vertreterin und/oder zum gesetzlichen Vertreter des betroffenen Kindes mit Wohnsitz im Saarland auf. Es weist auf die ausstehende Teilnahme sowie den Inhalt und Zweck der Früherkennungsuntersuchung hin (Abs. 1 Satz 2). Die gesetzlichen Vertreter werden um eine umgehende Vorstellung des Kindes bei einer niedergelassenen Ärztin oder bei einem niedergelassenen Arzt mit Vorlage des Schreibens und Rückmeldeformular an das Gesundheitsamt gebeten (Abs. 1 Satz 3). Zugleich wird gemäß § 8 Abs. 1 Satz 4 der VO um umgehende telefonische oder persönliche Kontaktaufnahme mit dem Gesundheitsamt gebeten und ein Hausbesuch zu einem festgelegten Termin für den Fall angekündigt, dass eine Kontaktaufnahme innerhalb von fünf Arbeitstagen nicht erfolgt. Kommt eine Kontaktaufnahme des Gesundheitsamtes zur gesetzlichen Vertreterin und/oder zum gesetzlichen Vertreter innerhalb von fünf Arbeitstagen nach Eingang der Meldung durch das Zentrum für Kindervorsorge nicht zustande, erfolgt gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 der VO die aufsuchende Beratung durch das Gesundheitsamt zum angekündigten Termin. Ist die gesetzliche Vertreterin und/oder der gesetzliche Vertreter nicht anzutreffen, wird ein weiterer angekündigter Hausbesuch innerhalb von fünf Arbeitstagen durchgeführt (§ 8 Abs. 2 Satz 2 der VO). Kommt eine Kontaktaufnahme mit der gesetzlichen Vertreterin und/oder dem gesetzlichen Vertreter zustande, erfolgt aber dennoch innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der Meldung durch das Zentrum für Kindervorsorge keine Rückmeldung über die durchgeführte Untersuchung, wird durch eine nochmalige aufsuchende Beratung innerhalb von fünf Arbeitstagen auf die Teilnahme an der Früherkennungsuntersuchung hingewiesen (§ 8 Abs. 3 der VO). Die Versuche zur Kontaktaufnahme sind gemäß § 8 Abs. 4 der VO vom Gesundheitsamt in geeigneter Weise zu dokumentieren . Für den Fall, dass ein Besuch bei einer niedergelassenen Ärztin bzw. einem niedergelassenen Arzt aus wichtigem Grund nicht möglich ist, bietet das Gesundheitsamt nach § 8 Abs. 5 der VO subsidiär die Durchführung der Untersuchung durch eine Ärztin bzw. einen Arzt des Gesundheitsamtes an. Erfolgt trotz des Angebots nach § 8a Abs. 6 ÖGDG bzw. der vorgenannten Maßnahmen nach § 8 der Verordnung binnen drei Wochen nach Eingang der Meldung durch das Zentrum für Kindervorsorge keine Kontaktaufnahme oder keine Rückmeldung über die durchgeführte Früherkennungsuntersuchung des Kindes, übermittelt das Gesundheitsamt die in § 8a Abs. 7 Nr. 1 bis 8 des Gesundheitsdienstgesetzes im Einzelnen genannten personenbezogenen Daten an das für den Wohnsitz der gesetzlichen Vertreterin und/oder des gesetzlichen Vertreters zuständige Jugendamt (§ 8a Abs. 7 ÖGDG i. V. m. § 9 Abs. 1 der VO). Nach der Gesetzesbegründung183 beinhaltet 183 Vgl. Landtagsdrucksache 13/1140 S. 9 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 74 die Meldung an das Jugendamt nach § 8a Abs. 7 ÖGDG lediglich die Meldung eines Verdachtsanzeichens . Dieses müsse nicht notwendig zur Ergreifung von Schutzmaßnahmen nach den §§ 42ff SGB VIII führen. Regelmäßig werde es jedoch Anlass für das Jugendamt sein, dem Anzeichen nachzugehen und den Sachverhalt aufzuklären. Im Anschluss daran seien etwaige Interventionen nach dem Instrumentarium des Kinder- und Jugendhilferechts zu prüfen. Dementsprechend wird in § 9 Abs. 2 der Verordnung festgelegt, dass das Jugendamt die weiteren erforderlichen Maßnahmen in eigener Zuständigkeit trifft. Aufgrund ihres „Neuheitscharakters184“ gilt die Regelung des § 8a ÖGDG zunächst zeitlich befristet . Nach Art. 2 Satz 2 des Gesetzes Nr. 1612 zum Schutz von Kindern vor Vernachlässigung, Missbrauch und Misshandlung vom 7. Februar 2007185 tritt sie am 31. Dezember 2010 außer Kraft. Gleiches gilt für die Verordnung über die Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder vom 12. April 2007186 (vgl. § 10 Satz 2 der VO). 3.2.10. Sachsen In Sachsen wurden die gesetzlichen Grundlagen für die Einrichtung eines behördlichen Teilnahmekontroll - und Erinnerungsverfahrens zur Steigerung der Inanspruchnahme kinderärztlicher Früherkennungsuntersuchungen durch das „Sächsische Kindergesundheits- und Kinderschutzgesetz (SächsKiSchG)“ vom 19. Juni 2009 geschaffen, das als Art. 1 des „Gesetzes zur Förderung der Teilnahme von Kindern an Früherkennungsuntersuchungen“ vom 19. Juni 2009 am 10. Juli 2009 verkündet worden ist187. Das Sächsische Kindergesundheits- und Kinderschutzgesetz, dessen zentrale Regelungen in § 2 SächsKiSchG am 11. Januar 2010 in Kraft getreten sind188, basiert auf einem formalisierten Einladungswesen bei den Gesundheitsbehörden mit der Zielrichtung, Eltern über die noch durchzuführenden Früherkennungsuntersuchungen (U4 bis U8) ihrer Kinder zu informieren, sofern ihre Kinder an einer solchen Untersuchung noch nicht teilgenommen haben189. Um dieses zu ermöglichen , haben die niedergelassenen Ärzte, die eine Früherkennungsuntersuchung in den Untersuchungsstufen U4 bis U8 durchgeführt haben, die erforderlichen personenbezogenen Daten an die zuständige Behörde, die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen, zu melden. Diese gleicht die 184 Vgl. die Gesetzesbegründung in Landtagsdrucksache 13/1140 S. 9 185 Amtsblatt des Saarlandes S. 742 186 Amtsblatt des Saarlandes S. 910 187 Sächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt (SächsGVBl.) S. 379; beigefügt als Anlage 27 188 Vgl. Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes zur Förderung der Teilnahme von Kindern an Früherkennungsuntersuchungen vom 19. Juni 2009 (SächsGVBl. S. 379, 381); die übrigen Bestimmungen des SächsKiSchG sind gemäß Art. 4 Abs. 1 bereits am 11. Juli 2009 in Kraft getreten. 189 Gesetzentwurf der Staatsregierung, Gesetz zur Förderung der Teilnahme von Kindern an Früherkennungsuntersuchungen , in: Landtagsdrucksache 4/14409 S. 1 (Vorblatt) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 75 Daten der ärztlichen Meldungen mit den ihr von der Sächsischen Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung (SAKD) übermittelten Einwohnermeldedaten ab. Wenn Kinder erkennbar nicht an der Vorsorgeuntersuchung teilgenommen haben, informiert die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen das jeweilige Gesundheitsamt. Das Gesundheitsamt erinnert den gesetzlichen Vertreter an die noch ausstehende Früherkennungsuntersuchung. Nimmt das Kind auch nach der Erinnerung an keiner Untersuchung teil, bietet das Gesundheitsamt gesundheitliche Aufklärung und im Bedarfsfall sogar aufsuchende Beratung an, die sich auch auf Leistungen anderer Behörden und Hilfsangebot Dritter (z.B. Familienhebammen) erstrecken können. Bei begründetem Bedarf bietet das Gesundheitsamt die Vornahme der Untersuchung an. Der Weg über ein formalisiertes Einladungswesen belässt die Verantwortlichkeit für die Personensorge zuvörderst bei den Eltern. Das Land Sachsen beschränkt sich hierbei auf sein von der Verfassung vorgegebenes „Wächteramt“190. Im Einzelnen stellt sich das Teilnahmekontroll- und Erinnerungswesen zur Steigerung der Inanspruchnahme kinderärztlicher Früherkennungsuntersuchungen nach dem Sächsischen Kindergesundheits - und Kinderschutzgesetz (SächsKiSchG) wie folgt dar: Nach § 1 Abs. 4 Satz 1 SächsKiSchG sollen zur Förderung der gesundheitlichen Vorsorge und des gesunden Aufwachsens sowie zum Schutz vor Kindeswohlgefährdungen alle Kinder mit Wohnsitz im Freistaat Sachsen an den bis zu einem Alter von vier Jahren vorgesehenen Früherkennungsuntersuchungen nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres (Kinder-Richtlinien) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. April 1976191, zuletzt geändert durch Beschluss vom 19. Juni 2008192, in der jeweils geltenden Fassung, teilnehmen. Zu diesem Zweck sollen die gesetzlichen Vertreter, deren Kinder nicht an Früherkennungsuntersuchungen teilgenommen haben, von den Gesundheitsbehörden erinnert und zur Teilnahme aufgefordert werden (§ 1 Abs. 4 Satz 2 SächsKiSchG). In der Gesetzesbegründung193 wird diesbezüglich ausgeführt, die nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern vorgesehenen Untersuchungen seien ein anerkanntes und bewährtes Instrument, um eine Fehlentwicklung bei Kindern zu erkennen und ihr gesundes Aufwachsen bestmöglich zu begleiten. Die von § 1 Abs. 4 SächsKiSchG umfassten Früherkennungsuntersuchungen (U1 bis U8) eigneten sich ganz besonders gut, um eventuell vorliegende Erkrankungen, Auffälligkeiten und Bedarfe in der frühen kindlichen Entwicklung zu erkennen, aber auch um eine mögliche Überforderung von Eltern oder Risikofamilien wahrzunehmen und geeignete Hilfsangebote zu unterbreiten, so dass eine Erweiterung um die Untersuchungsstufe U 9 aus medizinischer Sicht nicht erforderlich sei. Durch die frühe Vorsorge könne Entwicklungsverzögerungen oder drohenden Behinderungen durch entsprechende Frühbehandlung oder Frühförderung entgegengetreten werden194. Der Staat trete hier aber nicht an die Stelle 190 Gesetzentwurf der Staatsregierung, Gesetz zur Förderung der Teilnahme von Kindern an Früherkennungsuntersuchungen , in: Landtagsdrucksache 4/14409 S. 1 191 Beilage Nr. 28 zum Bundesanzeiger Nr. 214 vom 11. November 1976 192 Bundesanzeiger S. 3484 193 Vgl. Landtagsdrucksache 4/14409 S. 2 194 Vgl. Landtagsdrucksache 4/14409 S. 1f Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 76 der Eltern. Er beschränke sich vielmehr auf sein von der Verfassung des Freistaates Sachsen195 durch Art. 9 vorgegebenes „Wächteramt“ und belasse die Verantwortlichkeit für die Personensorge bei den Eltern196. Nach § 2 Abs. 2 SächsKiSchG sind die Ärzte, welche bei einem Kind eine Früherkennungsuntersuchung in den Untersuchungsstufen U4 bis U8 durchgeführt haben – unabhängig vom jeweiligen Versicherungsstatus des Kindes – verpflichtet, der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen als der nach § 7 SächsKiSchG zuständigen Behörde innerhalb von fünf Werktagen nach Durchführung einer Früherkennungsuntersuchung in schriftlicher oder elektronischer Form die in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 SächsKiSchG aufgeführten personenbezogenen Daten des Kindes und des gesetzlichen Vertreters unter Bezeichnung der durchgeführten Früherkennungsuntersuchung zu übermitteln. Diese Übermittlung schafft die Voraussetzung für die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen, festzustellen, ob und welche Kinder noch nicht entsprechend ihrer Altersstufe an einer Früherkennungsuntersuchung teilgenommen haben. Nach der Gesetzesbegründung197 ist die zügige Mitteilung der durchgeführten Früherkennungsuntersuchungen notwendig, weil hier schnelle Handlungserfordernisse bestünden. Bei allen Früherkennungsuntersuchungen bestünden enge Toleranzgrenzen, innerhalb derer die Untersuchungen aussagekräftig nur durchgeführt werden könnten. Insoweit verblieben den Gesundheitsämtern auch nur kurze Handlungszeiten. Wenn die Meldungen der Ärzte nicht zügig eingingen, bestehe die Gefahr, dass möglicherweise Situationen , die Hilfe erforderten, zu spät erkannt würden oder auch Eltern grundlos mit Verfahren konfrontiert würden, die überflüssig seien, weil die entsprechende Untersuchung bereits absolviert worden sei. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 SächsKiSchG übermittelt die Sächsische Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung (SAKD) zum Zwecke der Durchführung der Früherkennungsuntersuchungen U4 bis U8 die in § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 6 bis 8 und 18 des Sächsischen Meldegesetzes198 genannten Daten und die gegenwärtige Anschrift aller Kinder, die das Alter von 4, 7, 12, 24, 36 oder 48 Monaten erreicht haben, im Wege des automatisierten Abrufverfahrens frühestens fünf Werktage nach Ablauf des für die jeweilige Untersuchungsstufe maßgebenden Untersuchungszeitraumes und vor Ablauf der in § 2 Abs. 4 Satz 1 SächsKiSchG genannten Toleranzgrenzen an die zuständige Behörde, also die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen. Liegt der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen nach einem Abgleich der von ihr nach § 2 Abs. 1 bei der SAKD abgerufenen Daten und ihr nach § 2 Abs. 2 von den Ärzten übermittelten Daten keine Mitteilung über eine Teilnahme des Kindes an einer für seine Altersstufe entsprechende Früherkennungsuntersuchung vor, teilt sie dies unter Bezeichnung der nicht durchgeführten Untersuchung und der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 genannten Daten dem zuständigen Gesundheitsamt unverzüglich mit (§ 2 Abs. 3 Satz 2 SächsKiSchG). Eine unverzügliche Mitteilung erfolgt gemäß § 2 Abs. 3 Satz 3 195 Verfassung des Freistaates Sachsen vom 27. Mai 1992 (SächsGVBl. S. 243) 196 Vgl. Landtagsdrucksache 4/14409 S. 2 197 Vgl. Landtagsdrucksache 4/14409 S. 3 198 SächsMG in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Juli 2006 (SächsGVBl. S. 388), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 11. Dezember 2008 (SächsGVBl. S. 938, 939) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 77 SächsKiSchG auch dann, wenn die Information über eine durchgeführte Früherkennungsuntersuchung erst nach der Mitteilung an das Gesundheitsamt über die Nichtteilnahme bei der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen eingeht. Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 SächsKiSchG erinnert das Gesundheitsamt die im Freistaat Sachsen ansässigen gesetzlichen Vertreter des Kindes unter Hinweis auf die in Abschnitt B der Kinder- Richtlinien festgelegten Toleranzgrenzen schriftlich an die nicht durchgeführte Früherkennungsuntersuchung und weist gleichzeitig auf den Zweck ihrer Durchführung hin. Liegt dem Gesundheitsamt zwei Wochen nach Ablauf der in Abschnitt B der Kinder-Richtlinien festgelegten Toleranzgrenze keine Meldung nach § 2 Abs. 3 Satz 3 SächsKiSchG vor, bietet es den im Freistaat Sachsen ansässigen gesetzlichen Vertretern des Kindes gesundheitliche Aufklärung und Beratung an. Nach der Gesetzesbegründung199 bietet sich als eine Beratungsleistung gegebenenfalls sogar eine aufsuchende Hilfe (Hausbesuch) an. Diese Art der Hilfegewährung ermögliche in der Regel eine unmittelbare Kommunikation mit den Eltern. Das Gesundheitsamt sei damit in der Lage, im direkten Gespräch auf die Vorteile einer Früherkennungsuntersuchung für das gesunde Aufwachsen des Kindes hinzuweisen. Gleichzeitig könne es auch in Erfahrung bringen, aus welchen Beweggründen der gesetzliche Vertreter bislang von einer Teilnahme an der Untersuchung Abstand genommen habe. Die Kenntnis dieser Gründe bilde eine wichtige Grundlage für die Entscheidung des Gesundheitsamtes für sein weiteres Vorgehen. Im Zuge der Hilfeleistungen kann das Gesundheitsamt gemäß § 2 Abs. 4 Satz 3 SächsKiSchG dem gesetzlichen Vertreter weiterhin Kontakt zu (Kinder-) Ärzten vermitteln oder aber die Früherkennungsuntersuchung des Kindes in Absprache mit dem gesetzlichen Vertreter in begründeten Einzelfällen selbst oder durch einen Beauftragten durchführen. Werden die Hilfeangebote des Gesundheitsamtes zur Durchführung einer der Früherkennungsuntersuchung vergleichbaren Untersuchung vom gesetzlichen Vertreter nicht wahrgenommen und sind dem Gesundheitsamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls des Kindes bekannt geworden, soll das Gesundheitsamt dies gemäß § 2 Abs. 5 SächsKiSchG unter der Bezeichnung der nicht durchgeführten Untersuchung und der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 genannten Daten dem zuständigen Jugendamt unverzüglich mitteilen. Diese Sollvorschrift ermöglicht es dem Gesundheitsamt im Einzelfall, atypische Fälle zu berücksichtigen und gegebenenfalls sogar von einer Mitteilung abzusehen200. Auf der Grundlage der dem Jugendamt übermittelten personenbezogenen Daten sowie gegebenenfalls weiterer dem Amt bekannter Umstände trifft das Jugendamt eine Entscheidung, ob und inwieweit Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung vorliegen, die ein Einschreiten im konkreten Fall erforderlich machen201. Begleitend zum SächsKiSchG soll eine Evaluation durchgeführt werden, die neben einem Vergleich der Teilnahmequote vor und nach der Durchführung des behördlichen Einladungswesens auch die Erfassung und Auswertung der Verdachtsfälle, die Folgerungen für die Ausgestaltung 199 Vgl. Landtagsdrucksache 4/14409 S. 3 200 Vgl. die Gesetzesbegründung in Landtagsdrucksache 4/14409 S. 4 201 Vgl. Landtagsdrucksache 4/14409 S. 4 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 78 der Gesundheitsvorsorge sowie eine Kosten-/Nutzenbetrachtung des Gesetzes enthalten soll202. Zu diesem Zweck stellt die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen gemäß § 3 Satz 1 SächsKiSchG die Erkenntnisse aus den nach § 2 Abs. 2 Nr. 2, 3 und 6 erhobenen und abgeglichenen Daten dem Staatsministerium für Soziales anonymisiert zur Verfügung. § 3 Satz 2 SächsKiSchG regelt die Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen zur Löschung der von ihr erhobenen und abgeglichenen Daten. Nach dieser Bestimmung sind die nach § 2 Abs. 1 erhobenen Daten zwölf Monate nach ihrer Übermittlung und die nach § 2 Abs. 2 Nr. 1, 4 und 5 erhobenen Daten mit Vollendung des vierten Lebensjahres des Kindes zu löschen. In § 4 SächsKiSchG wird das Staatsministerium für Soziales ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Einzelheiten des Verfahrens und der Organisation zur Durchführung der Datenübermittlung nach § 2 Abs. 2 sowie den §§ 3 und 5 zu regeln. Von dieser Verordnungsermächtigung ist – soweit ersichtlich – bislang jedoch noch kein Gebrauch gemacht worden. 3.2.11. Schleswig-Holstein Die rechtlichen Grundlagen für die Etablierung eines behördlichen Einladungs- und Erinnerungswesens zur Steigerung der Inanspruchnahme kinderärztlicher Früherkennungsuntersuchungen sind in Schleswig-Holstein durch das am 1. April 2008 in Kraft getretene „Gesetz zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen in Schleswig- Holstein“ vom 13. Dezember 2007203 geschaffen worden. Durch Art. 2 dieses Gesetzes wurde in das Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst (Gesundheitsdienst-Gesetz – GDG) vom 14. Dezember 2001204 ein (neuer) § 7a eingefügt, der die Förderung der Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder nach § 26 SGB V regelt. Im Einzelnen gilt danach Folgendes: Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 GDG dient die Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen nach § 26 Abs. 1 SGB V der Sicherung eines gesunden Aufwachsens und der Vermeidung einer Gefährdung von Kindern. § 7a Abs. 1 Satz 2 GDG weist der Zentralen Stelle nach § 2 des Gesetzes zur Durchführung von Reihenuntersuchungen (RUG) vom 13. Juli 2006205 die Aufgabe zu, durch die Ermittlung der Kinder im Alter vom dritten Lebensmonat bis zu fünfeinhalb Jahren, die nicht an einer für ihr jeweiliges Alter gemäß §§ 26 Abs. 1 und 25 Abs. 4 Satz 2 SGB V vorgesehenen Früherkennungsuntersuchung oder, soweit die Kinder nicht gesetzlich krankenversichert sind, an einer gleichwertigen Früherkennungsuntersuchung teilnehmen, eine umfassende Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen zu sichern. Wird die Früherkennungsuntersuchung durch eine Ärztin oder einen Arzt außerhalb Schleswig-Holsteins durchgeführt, sollen die gesetzlichen 202 Vgl. Landtagsdrucksache 4/14409 S. 4 203 GVOBl. Schl.-H. 2008 S. 2 204 GVOBl. Schl.-H. S. 398, zuvor zuletzt geändert durch Art. 87 der Landesverordnung zur Anpassung von Rechtsvorschriften an geänderte Zuständigkeiten der obersten Landesbehörden und geänderte Ressortbezeichnungen (GVOBl. Schl.-H. S. 487, ber. 2006 S. 241); auszugsweise beigefügt als Anlage 29 205 GVOBl. Schl.-H. S. 160; beigefügt als Anlage 30 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 79 Vertreter des untersuchten Kindes sich die Untersuchung auf einem von der Zentralen Stelle bereitgestellten Formular bescheinigen lassen, das sie anschließend der Zentralen Stelle übermitteln (§ 7a Abs. 1 Satz 3 GDG). Zentrale Stelle ist nach § 2 Satz 1 der am 1. April 2008 in Kraft getretenen Landesverordnung zur Durchführung von Kinderfrüherkennungsuntersuchungen vom 10. Januar 2008206 das Landesamt für soziale Dienste. Es nimmt gemäß § 2 Satz 2 dieser Verordnung die Aufgaben nach § 7a des Gesundheitsdienst-Gesetzes (GDG) wahr. Nach 7a Abs. 3 Satz 1 GDG haben die Meldebehörden zur Durchführung ihrer Aufgaben nach dem Gesundheitsdienst-Gesetz dem Landesamt für soziale Dienste als der Zentralen Stelle im Sinne des § 7a GDG elektronisch vier Wochen vor Beginn des in den Richtlinien zur Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres (Kinder- Richtlinien) für die jeweilige Untersuchung festgelegten Untersuchungsintervalls (U4 bis U9) die personenbezogenen Daten nach § 7a Abs. 2 Nr. 1 bis 4 GDG der zu dem Zeitpunkt lebenden Kinder und gegebenenfalls den Sterbetag und -ort zu übermitteln. Auf der Grundlage der ihr durch die Meldebehörden nach § 7a Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 bis 4 GDG übermittelten Daten lädt die Zentrale Stelle gemäß § 7a Abs. 4 Satz 1 GDG die in § 7a Abs. 2 Nr. 4 GDG genannten gesetzlichen Vertreter eines Kindes, dessen Früherkennungsuntersuchung für die Altersstufe vom dritten Lebensmonat bis zur Vollendung von fünfeinhalb Lebensjahren (U4 bis U9) bevorsteht , zur Teilnahme an der Früherkennungsuntersuchung ein. § 7a Abs. 2 GDG verpflichtet die Ärztinnen und Ärzte, die eine Früherkennungsuntersuchung nach § 7a Abs. 1 GDG (U4 bis U9) durchgeführt haben, der Zentralen Stelle innerhalb von fünf Arbeitstagen die in Nr. 1 bis 6 näher bezeichneten Daten zu übermitteln. Hierzu gehören der Vorund Familienname des Kindes, gegebenenfalls der frühere Name des Kindes, der Tag der Geburt des Kindes, der Name und die Anschrift der gesetzlichen Vertreterin und/oder des gesetzlichen Vertreters des Kindes sowie das Datum der Durchführung der Früherkennungsuntersuchung und die Bezeichnung der durchgeführten Früherkennungsuntersuchung. Eine derartige Meldung ist zur Identifikation derjenigen Kinder erforderlich, die in dem jeweiligen Untersuchungszeitraum an der Früherkennungsuntersuchung U4 bis U9 teilgenommen haben. Die Zentrale Stelle gleicht diese Daten und die ihr nach § 7a Abs. 3 Satz 1 GDG von den Meldebehörden übermittelten miteinander ab, um diejenigen Kinder zu ermitteln, die an der jeweiligen Früherkennungsuntersuchung noch nicht teilgenommen haben (§ 7a Abs. 3 Satz 2 GDG). Nach § 7a Abs. 4 Satz 2 GDG erinnert die Zentrale Stelle mit Fristsetzung die in § 7a Abs. 2 Nr. 4 GDG genannten gesetzlichen Vertreter eines Kindes, das nicht an einer Früherkennungsuntersuchung U4 bis U9 teilgenommen hat, daran, diese Früherkennungsuntersuchung nachzuholen. Wird eine Früherkennungsuntersuchung trotz Einladung und einmaliger Erinnerung nicht nachgeholt , übermittelt die Zentrale Stelle gemäß § 7a Abs. 5 Satz 1 GDG den Kreisen und kreisfreien Städten die in § 7a Abs. 2 Nr. 1 bis 4 GDG genannten Angaben und die Bezeichnung der unterbliebenen Früherkennungsuntersuchung. Die Kreise und kreisfreien Städte sind berechtigt, diese Daten zum Zwecke der Durchführung der Aufgaben nach § 7a Abs. 6 GDG zu verarbeiten (§ 7a Abs. 5 Satz 2 GDG). Die der Zentralen Stelle nach 7a Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 GDG von den Ärztinnen und Ärzten bzw. den Meldebehörden übermittelten Daten sind gemäß § 7a Abs. 3 Satz 3 206 GVOBl. Schl.-H. S. 70; beigefügt als Anlage 31 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 80 GDG zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die Zentrale Stelle nicht mehr erforderlich ist, ansonsten spätestens drei Monate nach Abschluss des Einladungs- und Erinnerungsverfahrens. Die Kreise und kreisfreien Städte bieten im Falle des vorgenannten § 7a Abs. 5 GDG der gesetzlichen Vertreterin und/oder dem gesetzlichen Vertreter des Kindes eine Beratung über den Inhalt und Zweck der Früherkennungsuntersuchung sowie die Durchführung der ausstehenden Früherkennungsuntersuchung durch eine Ärztin oder einen Arzt an (§ 7a Abs. 6 Satz 1 GDG). Gegebenenfalls stellen sie gemäß § 7a Abs. 6 Satz 2 GDG hierzu mit Einverständnis dieser Personen die notwendigen Kontakte her. Besteht auch dann noch keine Bereitschaft, die Früherkennungsuntersuchung durchführen zu lassen, prüft das Jugendamt gemäß § 7a Abs. 6 Satz 3 GDG, ob gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls des Kindes vorliegen und bietet geeignete und notwendige Hilfen an. Erforderlichenfalls ist das Familiengericht einzuschalten (§ 7a Abs. 6 Satz 4 GDG). Besteht eine dringende Gefahr und kann die Entscheidung des Gerichts nicht abgewartet werden, nimmt das Jugendamt das Kind in Obhut (§ 7a Abs. 6 Satz 5 GDG). 3.2.12. Thüringen In Thüringen wurden die gesetzlichen Grundlagen für die Einrichtung eines zentralen Einladungs - und Erinnerungsverfahrens zur Steigerung der Inanspruchnahme kinderärztlicher Früherkennungsuntersuchungen durch das am 31. Dezember 2008 in Kraft getretene „Thüringer Gesetz zur Förderung der Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder (ThürFKG)“ vom 16. Dezember 2008 geschaffen, das als Art. 1 des Thüringer Gesetzes zur Weiterentwicklung des Kinderschutzes vom 16. Dezember 2008 am 30. Dezember 2008 verkündet worden ist207. Die gesetzlichen Regelungen des ThürFKG werden durch die auf der Ermächtigungsgrundlage des § 2 Abs. 2 ThürFKG vom Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit erlassenen „Thüringer Verordnung über die Errichtung und die Aufgaben des Vorsorgezentrums für Kinder“ vom 13. August 2009208 konkretisiert, die am 29. August 2009 in Kraft getreten ist. Im Einzelnen gilt nach den vorgenannten Bestimmungen Folgendes: § 1 ThürFKG beschreibt den Zweck des Gesetzes. Nach dieser Bestimmung soll zur gesundheitlichen Vorsorge die Teilnahme aller in Thüringen wohnhaften Kinder im Alter von vier Wochen bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres an den nach § 26 Abs. 1 und § 25 Abs. 4 Satz 2 SGB V i. V. m. den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres (Kinder-Richtlinien) in der Fassung vom 26. April 1976209 in der jeweils geltenden Fassung vorgesehenen Früherkennungsuntersuchungen oder vergleichbaren Früherkennungsuntersuchungen gefördert sowie die Früherkennung von Risiken für das Kindeswohl fortentwickelt werden. Nach der Gesetzesbegründung 210 verfolgt das ThürFKG damit den in Art. 19 Abs. 1 der Verfassung des Freistaats Thü- 207 GVBl. S. 553; beigefügt als Anlage 32 208 GVBl. S. 738; beigefügt als Anlage 33 209 Beilage Nr. 28 zum Bundesanzeiger Nr. 214 vom 11. November 1976 210 Vgl. Landtagsdrucksache 4/4249 S. 16 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 81 ringen211 normierten Schutzauftrag, Kindern eine gesunde geistige, körperliche und psychische Entwicklung zu ermöglichen und sie vor körperlicher und seelischer Vernachlässigung, Misshandlung , Missbrauch und Gewalt zu schützen. Die Teilnahme der in § 1 ThürFKG genannten Kinder an den Früherkennungsuntersuchungen von der U3 an oder an vergleichbaren Früherkennungsuntersuchungen stelle eine wichtige Möglichkeit dar, Gefährdungen der körperlichen, geistigen und seelischen Entwicklung von Kindern frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. Ziel müsse daher die Förderung einer möglichst hundertprozentigen Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen sein, auch wenn bereits die überwiegende Mehrheit der Personensorgeberechtigten dieses Vorsorgeangebot für eine gesunde Entwicklung ihres Kindes nutze212. In das nach den Vorschriften des ThürFKG organisierte Einladungs- und Erinnerungsverfahren werden die Früherkennungsuntersuchungen U1 und U2 sowie die vergleichbaren Früherkennungsuntersuchungen nicht eingebunden. Grund hierfür ist nach der Gesetzesbegründung213, dass die U1 unmittelbar nach der Geburt durch den anwesenden Arzt, die Hebamme oder den Entbindungspfleger durchgeführt werde. Die Mehrzahl der Thüringer Frauen entbinde im Krankenhaus (rund 97%) oder ambulant unter Anwesenheit eines Fachmannes bzw. einer Fachfrau. Auch die U2 zwischen dem 3. und 10. Lebenstag des Kindes werde in rund 90% der Fälle noch im Krankenhaus durchgeführt. Zudem sei das Einladungs- und Erinnerungsverfahren für die U2 aufgrund der kurzen Abfolge der beiden Früherkennungsuntersuchungen U1 und U2 sowie der nur kurzen Toleranzzeit für die U2 (bis zum 14. Lebenstag) in der Praxis nicht realisierbar. Die im ThürFKG vorgesehenen Maßnahmen zur Steigerung der Inanspruchnahme der Angebote zur Früherkennung von Krankheiten und Entwicklungsrückständen stellen nach der Gesetzesbegründung 214 keinen unvertretbaren Eingriff in die Entscheidungsfreiheit der Personensorgeberechtigten , medizinische Früherkennungsuntersuchungen bei ihren Kindern durchführen zu lassen , dar. Sie sähen keinen Zwang zur Teilnahme vor, es erfolge bei Nichtteilnahme an einer Früherkennungsuntersuchung von der U3 an oder an einer vergleichbaren Früherkennungsuntersuchung innerhalb des in den Kinder-Richtlinien für die Untersuchungsstufe vorgesehenen Zeitraumes lediglich eine Information an die Personensorgeberechtigten, verbunden mit der Aufforderung , die versäumte Früherkennungsuntersuchung innerhalb der in den Kinder-Richtlinien vorgesehenen Toleranzgrenze nachzuholen. Zudem ergebe sich aus dem organisierten Einladungs - und Erinnerungsverfahren bei versäumter Früherkennungsuntersuchung von der U3 an und bei versäumter vergleichbarer Früherkennungsuntersuchung die Möglichkeit der Wahrnehmung von Anhaltspunkten für mögliche Kindeswohlgefährdungen. Eine Verstärkung der staatlichen Mitwirkung im Zusammenhang mit der Auswertung des Teilnahmeverhaltens an Früherkennungsuntersuchungen diene der Erfüllung früher Hilfen und dem Schutz von Kindern vor Vernachlässigung, Missbrauch oder Misshandlung gerade in einem Alter, in dem diese aufgrund 211 Verfassung des Freistaates Thüringen vom 25. Oktober 1993 (GVBl. S. 625), zuletzt geändert durch Art. 1 des Vierten Änderungsgesetzes vom 11. Oktober 2004 (GVBl. S. 745) 212 Vgl. Landtagsdrucksache 4/4249 S. 16 213 Vgl. Landtagsdrucksache 4/4249 S. 3, 16 214 Vgl. Landtagsdrucksache 4/4249 S. 17 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 82 ihrer Unselbständigkeit besonders schutzbedürftig seien und andere mögliche Kontrollmechanismen , wie im Rahmen von Schule oder Kindertageseinrichtung, noch nicht zur Verfügung stünden. Insbesondere in den ersten Lebensjahren vor dem Besuch eines Kindergartens stellten die Früherkennungsuntersuchungen die einzigen regelhaften Kontakte der Außenwelt mit Kindern dar, so dass dieses Vorsorgeprogramm auch ein sinnvoller Baustein für die frühe Prävention von Kindesvernachlässigung und -misshandlung sein könne. Die damit verbundene Weitergabe und Nutzung personenbezogener Daten tangiere zwar das informationelle Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Personen nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes und Art. 6 Abs. 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen, sei aber durch den damit verfolgten Zweck, der Sicherstellung einer positiven gesundheitlichen Entwicklung gerechtfertigt. Es gebe auch kein milderes Mittel, mit dem die Risikoselektion von Problemfällen vorgenommen werden könne215. § 2 Abs. 1 ThürFKG regelt die Errichtung eines Vorsorgezentrums für Kinder sowie dessen Aufgaben . Das nach Satz 1 dieser Bestimmung durch das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium zu errichtende Vorsorgezentrum für Kinder ist gemäß § 1 Satz 1 der oben genannten Verordnung vom 13. August 2009216 beim Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz errichtet worden. Es nimmt gemäß § 1 Satz 2 der VO die Aufgaben nach dem Thüringer Gesetz zur Förderung der Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder unter ärztlicher Leitung wahr. Die Aufgaben des Vorsorgezentrums für Kinder nach dem ThürFKG werden in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 5 ThürFKG aufgelistet. Nach dieser Bestimmung hat es die Aufgabe, (1.) die Personensorgeberechtigten von Kindern im Alter bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres zu einer für ihr Alter nach § 26 Abs. 1 und § 25 Abs. 4 Satz 2 SGB V i. V. m. den Kinder -Richtlinien vorgesehenen Früherkennungsuntersuchung von der U3 an oder einer vergleichbaren Früherkennungsuntersuchung einzuladen, (2.) Kinder im Alter bis zu Vollendung des 6. Lebensjahres zu ermitteln, die nicht an einer für ihr Alter nach Nummer 1 vorgesehenen Früherkennungsuntersuchung innerhalb des in den Kinder-Richtlinien für die jeweilige Untersuchungsstufe vorgesehenen Zeitraumes teilgenommen haben und (3.) die Personensorgeberechtigten der unter Nr. 2. genannten Kinder an die jeweils anstehende Früherkennungsuntersuchung zu erinnern und zum Nachholen der Untersuchung innerhalb des für die Früherkennungsuntersuchung in den Kinder-Richtlinien vorgesehenen Zeitraums unter Berücksichtigung der Toleranzgrenze aufzufordern (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 ThürFKG). Wird dieser Aufforderung trotz Erinnerung nicht Folge geleistet, hat das Vorsorgezentrum für Kinder gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 das zuständige Jugendamt mit dem Ziel zu informieren, in den Fällen aktiv zu werden, in denen bei den betreffenden Familien Maßnahmen zur Gewährleistung des Kindeswohls angezeigt sind. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ThürFKG hat das Vorsorgezentrum für Kinder darüber hinaus auch die Teilnahme am Neugeborenen-Screening auf angeborene Stoffwechsel- und Hormonstörungen sowie am Neugeborenen-Hörscreening zu überwachen. Nach der Gesetzesbegründung217 dient 215 Vgl. Landtagsdrucksache 4/4249 S. 17 216 Thüringer Verordnung über die Errichtung und die Aufgaben des Vorsorgezentrums für Kinder vom 13. August 2009 (GVBl. S. 738) 217 Vgl. Landtagsdrucksache 4/4249 S. 18 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 83 diese Überwachungsaufgabe dem Ziel, sicherzustellen, dass weitgehend alle in Thüringen Neugeborenen in den Genuss dieser für eine gesunde Entwicklung bedeutsamen Vorsorgeuntersuchungen kommen, bzw., wenn eine diesbezügliche gesundheitliche Störung festgestellt wird, die medizinisch erforderlichen Maßnahmen umgehend eingeleitet werden. Kinderschutz ziele letztlich auf die bestmögliche Förderung von Kindergesundheit ab. Deshalb sei es geboten, nicht nur die Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen, sondern auch die an dem Neugeborenen- Screening zu fördern. Die dem Vorsorgezentrum für Kinder gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ThürFKG im Rahmen des Neugeborenen-Screenings übertragenen Überwachungsaufgaben werden in § 6 der Thüringer Verordnung über die Errichtung und die Aufgaben des Vorsorgezentrums für Kinder vom 13. August 2009218 näher konkretisiert. Gemäß Abs. 1 Satz 1 dieser Bestimmung unterstützt das Vorsorgezentrum für Kinder nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ThürFKG die Ärzte bei der qualitätsgerechten Durchführung des Neugeborenen-Screenings auf angeborene Stoffwechsel - und Hormonstörungen sowie des Neugeborenen-Hörscreenings. Mit Zustimmung der Personensorgeberechtigten überwacht es die ordnungsgemäße Durchführung notwendiger Kontrolluntersuchungen sowie die Teilnahmeraten am Screening (§ 6 Abs. 1 Satz 2 der VO). Das Vorsorgezentrum für Kinder trägt gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 der VO zu einer umfassenden Information der Personensorgeberechtigten über das Screening bei und lädt sie bei einer ungenügenden Beteiligung zu den Untersuchungen ein. Nach § 6 Abs. 2 der VO arbeitet das Vorsorgezentrum für Kinder eng mit Geburtshelfern und Hebammen zusammen, um die Teilnahme am Neugeborenen- Screening – sowie auch an den Kinder-Früherkennungsuntersuchungen – zu befördern. Zur Durchführung des Einladungs- und Erinnerungsverfahrens zu den Früherkennungsuntersuchungen hat das Landesrechenzentrum gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 11 Thür FKG i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 1 der VO dem Vorsorgezentrum für Kinder aus den nach § 34 Abs. 2 Satz 4 des Thüringer Meldegesetzes219 vorzuhaltenden Spiegelregistern i. V. m. § 20a der Thüringer Meldeverordnung vom 4. Dezember 2006220 einmal wöchentlich auf elektronischem Wege die erforderlichen aktuellen personenbezogenen Meldedaten zu den Kindern im Alter bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres zu übermitteln. Die Angaben zur Staatsangehörigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 7 ThürFKG sollen es nach der Gesetzesbegründung221 ermöglichen, im Rahmen des Einladungs- und Erinnerungsschreibens zur besseren Verständlichkeit gegebenenfalls auch „muttersprachliche Texte“ beizufügen. Darüber hinaus könnten aufgrund dieser Daten im Rahmen der vorgesehenen statistischen Auswertung gemäß § 11 ThürFKG möglicherweise verstärkt bestehende Defizite im Hinblick auf das Inanspruchnahmeverhalten von Früherkennungsuntersuchungen ermittelt und diesen durch geeignete Abhilfemaßnahmen begegnet werden. Um sicherzustellen, dass möglichst alle anspruchsberechtigten Kinder in den Genuss der für ihre gesunde Entwicklung wichtigen Früherkennungsuntersuchungen kommen, lädt das Vorsorge- 218 GVBl. S. 738 219 Thüringer Gesetz über das Meldewesen (Thüringer Meldegesetz) vom 26. Oktober 2006 (GVBl. S. 525), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 16. Dezember 2008 (GVBl. S. 561) 220 GVBl. S.562 in der jeweils geltenden Fassung 221 Vgl. Landtagsdrucksache 4/4249 S. 18 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 84 zentrum für Kinder auf der Grundlage der ihm durch das Landesrechenzentrum übermittelten personenbezogenen Daten nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ThürFKG die Personensorgeberechtigten eines Kindes, dessen Früherkennungsuntersuchung von der U3 an oder eine vergleichbare Früherkennungsuntersuchung bevorsteht, rechtzeitig ein und motiviert sie zur Teilnahme an der Früherkennungsuntersuchung (§ 4 Satz 1 ThürFKG i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 1 der VO). Die Einladung erfolgt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 der VO zu Beginn der nach den Kinder-Richtlinien für die jeweilige Untersuchungsstufe vorgesehenen unteren Toleranzgrenze des Untersuchungszeitraums . Werden die Daten nach § 3 Abs. 1 ThürFKG nicht zeitgerecht übermittelt, so erfolgt die Einladung unverzüglich nach deren Eingang, sofern die Teilnahme an der Früherkennungsuntersuchung in dem nach den Kinder-Richtlinien vorgesehenen Zeitraum noch möglich ist (§ 2 Abs. 1 Satz 3 der VO). Bereits mit dem Einladungsschreiben zur U3 oder zu der vergleichbaren Früherkennungsuntersuchung sind die Personensorgeberechtigten gemäß § 4 Satz 2 ThürFKG i. V. m. § 2 Abs. 2 der VO über die Bedeutung des Früherkennungsprogramms, das Einladungs- und Erinnerungsverfahren sowie über die mit der Nichtteilnahme an einer Früherkennungsuntersuchung verbundenen Konsequenzen umfassend zu informieren. Mit dem Einladungsschreiben zur Früherkennungsuntersuchung erhalten die Personensorgeberechtigten gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 der VO die vom untersuchenden Arzt auszufüllenden Formulare zur Bestätigung der Teilnahme an der Früherkennungsuntersuchung. Um die Kinder ermitteln zu können, die trotz der Einladung nicht an der jeweils anstehenden Früherkennungsuntersuchung von der U3 an oder an einer vergleichbaren Früherkennungsuntersuchung teilgenommen haben, übermitteln die Ärzte, die eine Früherkennungsuntersuchung nach § 1 ThürFKG durchgeführt haben, die in § 3 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 ThürFKG näher bezeichneten personenbezogenen Daten des Kindes, bei einer U3 bis U6 innerhalb von drei Werktagen und bei einer U7 bis U9 innerhalb von fünf Werktagen, per Fax an das Vorsorgezentrum für Kinder (§ 3 Abs. 2 ThürFKG i. V. m. § 3 Abs. 2 Satz 1 der VO). Steht diese Möglichkeit nicht zur Verfügung, kann der Versand gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 der VO auf dem Postweg erfolgen. Eine elektronische Übermittlung ist nur über gesicherte Datenübertragungswege unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen möglich. Die differenzierte Festlegung der Meldefrist von drei bzw. fünf Werktagen in § 3 Abs. 2 ThürFKG und § 3 Abs. 2 Satz 1 der VO ist aufgrund der unterschiedlich langen Toleranzzeiten (für eine U3 bis U6 – zwei bzw. vier Wochen; für eine U7 bis U9 – zwei bzw. drei Monate), innerhalb derer die Früherkennungsuntersuchung nachgeholt werden muss, erforderlich222. Die Ärzte sind nach § 3 Abs. 2 ThürFKG zur Übersendung der Untersuchungsbestätigung verpflichtet. Einer Einwilligung der Personensorgeberechtigten bedarf es dazu nicht. Wird die Früherkennungsuntersuchung durch einen Arzt außerhalb Thüringens durchgeführt, sollen die Personensorgeberechtigten des untersuchten Kindes sich die Untersuchung auf dem von dem Vorsorgezentrum für Kinder bereitgestellten Formular bescheinigen lassen , das sie anschließend umgehend dem Vorsorgezentrum für Kinder übermitteln sollen (§ 5 Abs. 3 ThürFKG i. V. m. § 3 Abs. 3 Satz 1 der VO). Die Personensorgeberechtigten sind mit dem Einladungsschreiben darüber zu informieren (§ 3 Abs. 3 Satz 2 der VO). Die Regelung des § 3 Abs. 3 ThürFKG soll nach der Gesetzesbegründung223 sicherstellen, dass die Personensorgebe- 222 Vgl. Landtagsdrucksache 4/4249 S. 19 223 Vgl. Landtagsdrucksache 4/4249 S. 20 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 85 rechtigten in Kenntnis der Konsequenzen bei der Nichtteilnahme in eigener Verantwortung auch die Früherkennungsuntersuchungen zur Meldung bringen, die ein Arzt außerhalb von Thüringen durchgeführt hat. Damit werde ein unnötiges Tätigwerden des Vorsorgezentrums für Kinder und letztlich auch des Jugendamtes verhindert. Das Vorsorgezentrum für Kinder gleicht gemäß § 5 Abs. 1 ThürFKG i. V. m. § 4 Abs. 1 der VO spätestens eine Woche nach Ablauf des in den Kinder-Richtlinien für die jeweilige Untersuchungsstufe vorgesehenen Regelzeitraums die vom Landesrechenzentrum nach § 3 Abs. 1 ThürFKG übermittelten Daten mit den nach § 3 Abs. 2 ThürFKG eingegangenen ärztlichen Meldungen und den von den Personensorgeberechtigten übermittelten ärztlichen Teilnahmebestätigungen nach § 3 Abs. 2 ThürFKG ab und ermittelt diejenigen Kinder, die nicht an der jeweiligen für das Alter des Kindes vorgesehenen Früherkennungsuntersuchung von U3 an oder einer vergleichbaren Früherkennungsuntersuchung innerhalb des in den Kinder-Richtlinien für die Untersuchungsstufe vorgesehenen Zeitraumes teilgenommen haben. Gleichzeitig mit der Ermittlung nach § 5 Abs. 1 ThürFKG i. V. m. § 4 Abs. 1 der VO stellt das Vorsorgezentrum für Kinder die Kinder fest, die sowohl an der aktuellen als auch an der vorhergehenden Früherkennungsuntersuchung nicht teilgenommen haben. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 ThürFKG kann das Vorsorgezentrum für Kinder die vom Landesrechenzentrum nach § 3 Abs. 1 ThürFKG übermittelten Daten auch für den Datenabgleich zur Feststellung der Teilnahme am Neugeborenen-Screening auf angeborene Stoffwechsel- und Hormonstörungen sowie am Neugeborenen-Hörscreening verwenden . Das Vorsorgezentrum schreibt die Personensorgeberechtigten an, informiert über die große Bedeutung dieser Vorsorgeuntersuchungen für die gesunde Entwicklung ihrer Kinder und fordert zur Teilnahme an den Untersuchungen auf (§ 5 Abs. 2 Satz 2 ThürFKG). Nach § 6 Satz 1 ThürFKG i. V. m. § 4 Abs. 3 Satz 1 der VO erinnert das Vorsorgezentrum für Kinder die Personensorgeberechtigten eines Kindes, das nicht an einer Früherkennungsuntersuchung von der U3 an oder einer vergleichbaren Früherkennungsuntersuchung teilgenommen hat, schriftlich an die versäumte Früherkennungsuntersuchung und fordert sie auf, diese innerhalb der in den Kinder-Richtlinien vorgesehenen oberen Toleranzgrenze des Untersuchungszeitraumes nachzuholen. Das Erinnerungsschreiben des Vorsorgezentrums für Kinder an die Personensorgeberechtigten ist nach der Gesetzesbegründung224 auf das jeweilige Lebensalter und die versäumte Früherkennungsuntersuchung abzustimmen. Die Personensorgeberechtigten seien dabei nochmals über die nach dem Gesetz vorgesehenen Verfahrensabläufe bei Nichtinanspruchnahme der versäumten Früherkennungsuntersuchung zu informieren. Nur so könnten die Personensorgeberechtigten auch genau einschätzen, welche Folgen eine Nichtteilnahme nach sich ziehen werde. Nach § 6 Satz 2 ThürFKG i. V. m. § 4 Abs. 3 Satz 2 der VO unterbleibt die Erinnerung, wenn die vorhergehende Früherkennungsuntersuchung trotz Einladung und Erinnerung nicht wahrgenommen worden ist. Gemäß § 4 Abs. 5 der VO ermittelt das Vorsorgezentrum für Kinder spätestens zwei Wochen nach Ablauf der für die jeweilige Früherkennungsuntersuchung in den Kinder-Richtlinien vorgesehenen oberen Toleranzgrenze diejenigen Kinder, die trotz Erinnerung nicht an der Früherkennungsuntersuchung teilgenommen haben. 224 Vgl. Landtagsdrucksache 4/4249 S. 20 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 86 Wird eine Früherkennungsuntersuchung von der U3 an oder eine vergleichbare Früherkennungsuntersuchung trotz Einladung und Erinnerung nicht innerhalb des für diese vorgesehenen Zeitraumes unter Berücksichtigung der Toleranzgrenze nachgeholt, übermittelt das Vorsorgezentrum für Kinder nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 1 ThürFKG dem zuständigen Jugendamt die personenbezogenen Daten nach § 3 Abs. 1 ThürFKG unter Bezeichnung der unterbliebenen Früherkennungsuntersuchung. Werden zwei aufeinanderfolgende Früherkennungsuntersuchungen nicht wahrgenommen, erfolgt die Meldung an das zuständige Jugendamt, ohne dass die Personensorgeberechtigten an die zweite versäumte Früherkennungsuntersuchung erinnert werden (§ 7 Abs. 1 Satz 2 ThürFKG). Die Datenübermittlung an das Jugendamt erfolgt gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 der VO einmal wöchentlich auf elektronischem Wege. Auch wenn kein Kind die Früherkennungsuntersuchung versäumt hat, teilt das Vorsorgezentrum für Kinder diesen Sachverhalt den Jugendämtern mit (§ 5 Abs. 1 Satz 2 der VO). Sofern die Weitergabe der Information über die Nichtteilnahme durch das Vorsorgezentrum für Kinder an das jeweilige Jugendamt bereits erfolgt ist, hat das Vorsorgezentrum die nachträglich eingehende ärztliche Meldung über eine durchgeführte Früherkennungsuntersuchung unverzüglich ebenfalls auf elektronischem Wege an das Jugendamt weiterzuleiten (§ 5 Abs. 2 der VO). In begründeten Fällen einer Nichtteilnahme , wie bei einer schweren Erkrankung oder einem längeren Krankenhausaufenthalt des Kindes, kann das Vorsorgezentrum für Kinder bei Vorliegen einer entsprechenden ärztlichen Bestätigung gemäß § 7 Abs. 2 ThürFKG von der Weitergabe an das Jugendamt absehen. Nach § 8 ThürFKG hat das Jugendamt die ihm übermittelten Daten im Rahmen der Erfüllung seines Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdungen nach § 8a SGB VIII zu berücksichtigen und in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen. In der Gesetzesbegründung zu dieser Bestimmung225 wird darauf hingewiesen, die Tatsache, dass ein Kind an einer Früherkennungsuntersuchung – trotz ausdrücklicher Einladung, Erinnerung und Aufforderung zur Nachholung – nicht teilgenommen habe, könne zwar ein Hinweis dafür sein, dass die Personensorgeberechtigten den zuvörderst ihnen obliegenden Fürsorgepflichten nicht hinreichend nachgekommen seien. Da die Nichtteilnahme an einer Früherkennungsuntersuchung für Kinder aber unterschiedliche Ursachen haben könne (so könne es beispielsweise sein, dass die Eltern die Schreiben der Zentralen Stelle nicht erhalten hätten, weil sie länger im Urlaub seien, das Kind chronisch krank und daher ständig unter ärztlicher Aufsicht sei oder die Eltern die Früherkennungsuntersuchung aus grundsätzlichen Erwägungen ablehnten), könne sich aus der Nichtteilnahme allein kein gewichtiger Anhaltspunkt für eine Kindeswohlgefährdung ergeben, der nach § 8a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII die Wahrnehmung des staatlichen Schutzauftrages auslöse. Es müssten vielmehr zusätzliche Umstände vorliegen, um „gewichtige Anhaltspunkte“ für eine Kindeswohlgefährdung zu begründen. Das könne beispielsweise der Fall sein, wenn die Familie dem Jugendamt bereits als Risikofamilie bekannt sei oder wenn zu der Familie weitere Hinweise auf eine mögliche Kindesvernachlässigung oder Misshandlung eingegangen seien. § 8 ThürFKG stelle somit klarstellend fest, dass auch die Mitteilung über eine nicht erfolgte Teilnahme an einer Früherkennungsuntersuchung im Rahmen der Erfüllung eines Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdungen gemäß § 8a SGB VIII zu berücksichtigen sei mit der Folge, dass die Tatsache der Nichtteilnahme an einer Früherkennungsuntersuchung dem Jugendamt Anlass zur Prüfung gebe, ob gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung im Einzelfall vorliegen. Liegt nach Einschätzung der zuständigen 225 Vgl. Landtagsdrucksache 4/4249 S. 21f Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 87 Fachbehörde des Jugendamtes eine Gefährdung des Kindeswohls vor, hat das Jugendamt entsprechend § 8a Abs. 1 Satz 3 SGB VIII den Personensorgeberechtigten die zur Abwendung der Kindeswohlgefährdung geeigneten und notwendigen Hilfen anzubieten. Dies schließt gemäß § 8a Abs. 4 SGB VIII bei Bedarf auch das Tätigwerden von Einrichtungen der Gesundheitshilfe ein. Hält das Jugendamt das Tätigwerden des Familiengerichts für erforderlich, so hat es zudem dieses anzurufen; bei dringender Gefahr hat es das Kind in Obhut zu nehmen. § 9 ThürFKG fasst wichtige Datenschutzbestimmungen zum Bereich Früherkennungsuntersuchungen zusammen. Abs. 1 Satz 1 legt fest, dass die beteiligten Einrichtungen (Vorsorgezentrum für Kinder, Jugendämter) die zur Durchführung der Aufgaben übermittelten Datenbestände getrennt von den übrigen Datenbeständen zu halten und durch besondere technische und organisatorische Maßnahmen vor unbefugtem Zugriff und unbefugter Verarbeitung zu schützen haben. Das Vorsorgezentrum zeichnet dabei auch für die technischen und organisatorischen Maßnahmen verantwortlich. Die anfallenden personenbezogenen Daten dürfen dabei nur für die im ThürFKG genannten Zwecke genutzt werden. Im Falle einer elektronischen Übermittlung der Daten sind gemäß § 9 Abs. 2 ThürFKG anerkannte Techniken der Datenverschlüsselung anzuwenden . § 9 Abs. 1 Satz 2 ThürFKG legt fest, dass das Vorsorgezentrum für Kinder und die Jugendämter die bei ihnen gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen haben, sobald diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach dem ThürFKG nicht mehr erforderlich sind. Da dies in der Regel nach Klärung einer Nichtteilnahme an der nach den Kinder-Richtlinien zwischen dem 58. und 66. Lebensmonat vorgesehenen Früherkennungsuntersuchung oder einer vergleichbaren Früherkennungsuntersuchung der Fall ist, sind die Daten spätestens nach Vollendung des 6. Lebensjahres des Kindes zu löschen226. Die ärztlichen Bescheinigungen über die durchgeführten Früherkennungsuntersuchungen nach § 3 Abs. 2 ThürFKG sind gemäß § 9 Abs. 1 der VO durch das Vorsorgezentrum für Kinder spätestens nach zwei Jahren zu vernichten. Nach § 11 Satz 1 ThürFKG übermittelt das Vorsorgezentrum für Kinder dem für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium im ersten Quartal eines jeden Jahres einen Bericht über das Arbeitsergebnis des Vorjahres. Dieser Bericht soll gemäß § 11 Satz 2 ThürFKG eine differenzierte Auswertung über die Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen, insbesondere nach Alter und Geschlecht des Kindes, nach regionaler Verteilung und Staatsangehörigkeit in anonymisierter Form beinhalten. Abschließend ist noch auf Artikel 2 des Thüringer Gesetzes zur Weiterentwicklung des Kinderschutzes vom 16. Dezember 2008227 hinzuweisen, mit dem das Thüringer Erziehungsgeldgesetz in der Fassung vom 3. Februar 2006228 mit Wirkung zum 31. Dezember 2008 geändert worden ist. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Thüringer Erziehungsgeldgesetzes229 hängt der Anspruch auf Landeser- 226 Vgl. die Gesetzesbegründung zu § 9 Abs. 1 Satz 2 ThürFKG in Landtagsdrucksache 4/4249 S. 22 227 GVBl. S. 553, 555 228 GVBl. S. 46 229 geändert durch Art. 2 Nr. 1 des Thüringer Gesetzes zur Weiterentwicklung des Kinderschutzes vom 16. Dezember 2008 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 88 ziehungsgeld nunmehr unter anderem vom Nachweis der Teilnahme des Kindes an der in den Kinder-Richtlinien zwischen dem 20. und 27. Lebensmonat vorgesehenen Früherkennungsuntersuchung (U7) oder an einer vergleichbaren Früherkennungsuntersuchung ab. Fehlt dieser Nachweis , wird das Landeserziehungsgeld nicht gewährt. Lediglich in besonderen Fällen, insbesondere bei längerem Krankenhausaufenthalt des Kindes, kann gemäß § 1 Abs. 2 des Thüringer Erziehungsgeldgesetzes von dem Nachweis nach Abs. 1 Nr. 3 abgesehen werden. Die Änderung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 1 des Thüringer Erziehungsgeldgesetzes wird mit einer Vernachlässigung der elterlichen Pflichten bzw. einer mangelnden Erziehungsleistung der Eltern begründet, da das Versäumen der Früherkennungsuntersuchung zwischen dem 20. und 27. Lebensmonat des Kindes ein Indiz für eine Kindesvernachlässigung sein könne. Mangelnde Erziehungsleistung , die in der Nichtteilnahme an dieser Früherkennungsuntersuchung zum Ausdruck komme, führe deshalb zum Verlust des Anspruchs auf Thüringer Erziehungsgeld, es sei denn, es liege gemäß § 1 Abs. 2 des Gesetzes ein besonderer Fall vor. Mit der Neufassung des § 3a des Thüringer Erziehungsgeldgesetzes230 hat der Gesetzgeber dafür gesorgt, dass der Verlust des Anspruchs auf Thüringer Erziehungsgeld nicht gleichzeitig auch zum Verlust eines Anspruchs auf einen Kinderbetreuungsplatz nach dem Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetz 231 führt. In der Gesetzesbegründung232 wird zu Recht darauf hingewiesen, dass der Verlust des Betreuungsplatzes nicht als angemessene Folge elterlicher Erziehungsdefizite angesehen werden kann und eine derartige Regelung dem Kindeswohl zuwider laufen kann. Daher wurde die schon bisher bestehende, allein auf Fälle des § 8a SGB VII bezogene Sonderregelung in § 3a Thüringer Erziehungsgeldgesetz zum Entfallen des Anspruchs auf Erziehungsgeld bei gleichzeitig weiter bestehendem Anspruch auf einen Betreuungsplatz entsprechend erweitert. Zudem setzt die Aufnahme eines Kindes in eine Kindertageseinrichtung ohnehin gemäß § 16 Abs. 1 des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes eine ärztliche oder amtsärztliche Untersuchung voraus. 230 Vgl. Art. 2 Nr. 2 des Thüringer Gesetzes zur Weiterentwicklung des Kinderschutzes vom 16. Dezember 2008 231 Thüringer Gesetz über die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege als Ausführungsgesetz zum Achten Buch Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe – (Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetz ) vom 16. Dezember 2005 (GVBl. S. 365, ber. 2006, S. 51), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule vom 16. Dezember 2008 (GVBl. S. 556) 232 Vgl. Landtagsdrucksache 4/4249 S. 24 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 89 3.3. Einzelheiten zur Rechtslage in den Bundesländern, in denen eine gesetzliche Verpflichtung zur Teilnahme an kinderärztlichen Früherkennungsuntersuchungen eingeführt worden ist Eine gesetzliche Verpflichtung der Personensorgeberechtigten, die Teilnahme ihrer Kinder an den Früherkennungsuntersuchungen im Sinne der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen nach § 26 Abs. 2 i. V. m. § 25 Abs. 4 Satz 2 SGB V sicherzustellen, ist nach derzeitiger Rechtslage – wie bereits erwähnt - nur in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen eingeführt worden. Im Einzelnen gilt insoweit Folgendes: 3.3.1. Baden-Württemberg Die Verpflichtung zur Teilnahme an kinderärztlichen Früherkennungsuntersuchungen ist in Baden -Württemberg durch das am 7. März 2009 in Kraft getretene „Kinderschutzgesetz Baden- Württemberg“ vom 3. März 2009233 eingeführt worden. Mit dem Ziel, eine umfassende gesundheitliche Vorsorge für alle Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten, verankert § 1 Abs. 1 Satz 1 Kinderschutzgesetz Baden-Württemberg die Verpflichtung der Personensorgeberechtigten, die Teilnahme ihrer Kinder an den Früherkennungsuntersuchungen im Sinne der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (Kinder-Richtlinien) nach § 26 Abs. 2 i. V. m. § 25 Abs. 4 Satz 2 SGB V sicherzustellen. Die Verpflichtung nach dieser Bestimmung besteht dabei unabhängig vom Versichertenstatus der Personensorgeberechtigten oder ihrer Kinder (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Kinderschutzgesetz Baden-Württemberg). Sie bezieht sich nach Art und Umfang auf die Früherkennungsuntersuchungen , wie sie vom Gemeinsamen Bundesausschuss für die Mitglieder der Gesetzlichen Krankenkassen nach § 26 Abs. 2 i. V. m. § 25 Abs. 4 Satz 2 SGB V vorgesehen werden, also auf die U1 bis U9 und die J1. Der Gesetzgeber des Kinderschutzgesetzes Baden-Württemberg hat allerdings bewusst darauf verzichtet, Sanktionen für eine Nichtteilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen festzulegen. In der Gesetzesbegründung234 wird diesbezüglich darauf hingewiesen , Sanktionen für eine Nichtteilnahme, z. B. Versagung von Geldleistungen wie dem Landeserziehungsgeld oder eine Ahndung als Ordnungswidrigkeit seien als kritisch zu betrachten , da die erhebliche Gefahr bestehe, dass für die betroffenen Kinder der Zugang zu nötigen Hilfen weiter erschwert und soziale oder emotionale Problemlagen noch verschärft würden. Die Teilnahmeverpflichtung an den Früherkennungsuntersuchungen gemäß § 1 Abs. 1 Kinderschutzgesetz Baden-Württemberg ergänzt die bereits bestehende Verpflichtung des Nachweises der letzten altersentsprechenden Früherkennungsuntersuchung oder einer anderen ärztlichen Untersuchung vor Eintritt in eine Kindertageseinrichtung nach § 4 des Kindertagesbetreuungsgesetzes (KiTaG)235 i. V. m. den Richtlinien des Kultusministeriums und des Ministeriums für Ar- 233 Gesetz zum präventiven Schutz der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Baden-Württemberg (Kinderschutzgesetz Baden-Württemberg) vom 3. März 2009 (GBl. S. 82); beigefügt als Anlage 8 234 Vgl. Landtagsdrucksache 14/3587 S. 7 235 Gesetz über die Betreuung und Förderung von Kindern in Kindergärten, anderen Tageseinrichtungen und der Kindertagespflege (Kindertagesbetreuungsgesetz – KiTaG) in der Fassung vom 19. März 2009 (GBl. S. 161) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 90 beit und Soziales über die ärztliche Untersuchung nach § 4 KiTaG. Auch nach der Neukonzeption der Einschulungsuntersuchung ist vorgesehen, – in Weiterentwicklung der schon bisher bestehenden Rechtslage – sowohl im vorletzten als auch im letzten Jahr vor der Einschulung bei den Kindern die Teilnahme an der letzten altersentsprechenden Früherkennungsuntersuchung zu überprüfen. Im Ergebnis stellt dies ebenfalls eine nahtlose Stärkung der durch das Kinderschutzgesetz eingeführten Teilnahmepflicht an den Früherkennungsuntersuchungen dar. § 1 Abs. 3 Kinderschutzgesetz Baden-Württemberg konkretisiert die besonderen Aufgaben der unteren Gesundheitsbehörden im Hinblick auf Kinder und Jugendliche. Hervorzuheben ist im vorliegenden Zusammenhang die Regelung in Satz 3 dieses Absatzes, der zufolge es auch zu den Aufgaben der unteren Gesundheitsbehörden gehört, auf die nach § 1 Abs. 1 Kinderschutzgesetz bestehende Verpflichtung zur Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder und Jugendliche hinzuweisen. Mit dem Ziel, die Inanspruchnahme der Kindervorsorgeuntersuchungen weiter zu steigern ist auf Initiative des Ministeriums für Arbeit und Soziales Baden- Württemberg flankierend zu den vorgenannten Regelungen im März 2009 eine Rahmenvereinbarung mit den Gesetzlichen Krankenkassen im Sinne des § 26 Abs. 3 SGB V236 unterzeichnet worden , in der sich die Krankenkassen verpflichtet haben, die Personensorgeberechtigten künftig über deren Mailingsysteme auf die nächste bevorstehende Früherkennungsuntersuchung hinzuweisen und die Teilnahme im Rahmen ihrer Bonussysteme zu belohnen237. Werden Früherkennungsuntersuchungen entgegen § 1 Abs. 1 Kinderschutzgesetz nicht innerhalb der in den Kinder-Richtlinien festgesetzten Toleranzgrenzen durchgeführt, gelten sie gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kinderschutzgesetz als versäumt. Werden Früherkennungsuntersuchungen versäumt und kann die nächste reguläre Früherkennungsuntersuchung nach den Toleranzgrenzen der Kinder-Richtlinien erst in einem Monat oder später erfolgen, sind die Personensorgeberechtigten verpflichtet, die letzte für die Altersstufe des Kindes vorgesehene Früherkennungsuntersuchung nachholen zu lassen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Kinderschutzgesetz). Sie können hierzu ihr Kind dem für sie zuständigen Gesundheitsamt vorstellen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 Kinderschutzgesetz). Das nach § 2 Abs. 1 Kinderschutzgesetz von den Personensorgeberechtigten aufgesuchte Gesundheitsamt führt gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Kinderschutzgesetz nach seiner Wahl entweder durch eigenes qualifiziertes Personal die Nachholung der versäumten Früherkennungsuntersuchung selbst durch oder beauftragt einen Dritten mit der Nachholung der versäumten Früherkennungsuntersuchung , wenn der Dritte die Gewähr für eine sachgerechte Wahrnehmung der Aufgabe bietet . Hinsichtlich aller weiteren im Kinderschutzgesetz Baden-Württemberg getroffenen Regelungen wird auf die als Anlage 8 beigefügte Materialie verwiesen. 236 Zur Regelung des § 26 Abs. 3 SGB V vgl. oben zu Gliederungspunkt 2.3 237 Pressemitteilung des Ministeriums für Arbeit und Soziales des Landes Baden-Württemberg vom 6. März 2009: Kinderschutzgesetz Baden-Württemberg tritt in Kraft Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 91 3.3.2. Bayern In Bayern ist die gesetzliche Verpflichtung der Personensorgeberechtigten, die Teilnahme ihrer Kinder an den Früherkennungsuntersuchungen im Sinne der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses gemäß § 26 i. V. m. § 25 Abs. 4 Satz 2 SGB V sicherzustellen, in Artikel 14 Abs. 1 des „Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes (GDVG)“ vom 24. Juli 2003238 geregelt. Diese Bestimmung geht auf das am 16. Mai 2008 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes und des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen vom 6. Mai 2008239 zurück, mit dem ein (neuer) Artikel 14 in das Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetz eingefügt worden ist. Mit der Einführung einer landesrechtlichen Pflicht der Personensorgeberechtigten, die Teilnahme ihrer Kinder an Früherkennungsuntersuchungen (derzeit U1 bis U9 sowie J 1) sicherzustellen, verfolgt der Gesetzgeber nach der Gesetzesbegründung240 das Ziel, eine umfassende gesundheitliche Vorsorge für alle Kinder zu gewährleisten. Diese Untersuchungen seien ein anerkanntes und bewährtes Instrument zur Früherkennung und gesundheitlichen Prävention. Sie eröffneten im frühen Kindesalter die Möglichkeit der Diagnose gesundheitlicher Fehlentwicklungen. Darüber hinaus könnten bei der Wahrnehmung und Überprüfung des Entwicklungsstandes von jungen Menschen auch Gefährdungen identifiziert werden. Nur mit der Verankerung einer gesetzlichen Pflicht und entsprechender Öffentlichkeitsarbeit sei eine Steigerung der Teilnahmequote zu erwarten , da damit immer auch ein Bewusstseinswandel bewirkt werde. Auch könnten – so wird in der Gesetzesbegründung weiter ausgeführt – andere Stellen (z. B. Kindertageseinrichtungen, Kinder- und Jugendärzte, Hausärzte, Hebammen, Geburtskliniken) oder Behörden besser auf die Einhaltung einer gesetzlichen Pflicht hinweisen, als nur an die Fürsorge der Eltern zu appellieren . Die in Artikel 14 Abs. 1 GDVG normierte Verpflichtung zur Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder und Jugendliche gilt für alle Personensorgeberechtigten unabhängig vom Versichertenstatus. Sie bezieht sich nach Art und Umfang auf die Früherkennungsuntersuchungen , wie sie vom Gemeinsamen Bundesausschuss für die Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen nach § 26 SGB V i. V. m. § 25 Abs. 4 Satz 2 SGB V vorgesehen werden241. Nach Artikel 14 Abs. 4 Satz 3 GDVG gehört es nunmehr zu den Aufgaben der unteren Behörden für Gesundheit , Veterinärwesen, Ernährung und Verbraucherschutz auf die gemäß Artikel 14 Abs. 1 GDVG bestehende Verpflichtung zur Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder und Jugendliche hinzuweisen. Regelungen für die konkrete Ausgestaltung eines Einladungs-, Rück- 238 Gesetz über den öffentlichen Gesundheits- und Veterinärdienst, die Ernährung und den Verbraucherschutz sowie die Lebensmittelüberwachung (Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetz – GDVG) vom 24. Juli 2003 (GVBl. S. 452), zuletzt geändert durch § 22 des Gesetzes vom 27. Juli 2009 (GVBl. S. 400); auszugsweise beigefügt als Anlage 9 239 Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt S. 158 240 Vgl. Landtagsdrucksache 15/9366 S. 6 f 241 Vgl. die Gesetzesbegründung in Landtagsdrucksache 15/9366 S. 7 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 92 melde- und Erinnerungswesens trifft das Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetz (GDVG) allerdings nicht. Mit der in Artikel 14 Abs. 1 GDVG normierten gesetzlichen Pflicht ist eine verbindliche Grundlage für betroffene Institutionen geschaffen worden, die Einhaltung dieser Pflicht auch einzufordern . So hängt in Bayern nach Artikel 1 Abs. 1 Nr. 4 Buchstaben a bis c des Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetzes (BayLErzGG) vom 9. Juli 2007242 der Anspruch auf Landeserziehungsgeld vom Nachweis der Durchführung der jeweiligen altersentsprechenden Früherkennungsuntersuchungen (U 6 bzw. U 7) ab. Fehlt dieser, wird das Landeserziehungsgeld (bis auf eine Härtefall- Ausnahmeregelung in Artikel 2 Abs. 2 BayErzGG) nicht gewährt. Ferner sind nach Einführung der Teilnahmepflicht an den Früherkennungsuntersuchungen Personensorgeberechtigte verpflichtet , bei der Anmeldung ihres Kindes in einer Kindertageseinrichtung, beispielsweise in einer Krippe oder auch im Kindergarten, einen Nachweis über die Durchführung der zuletzt fälligen Früherkennungsuntersuchung vorzulegen. Personensorgeberechtigte, deren Kinder bisher nicht an einer entsprechenden Gesundheitsuntersuchung teilgenommen haben, werden vom pädagogischen Fachpersonal der Kindertageseinrichtung über die Verpflichtung in Kenntnis gesetzt und gebeten, die Untersuchungen nachzuholen. Dabei arbeiten die Kindertageseinrichtungen eng mit den Gesundheitsämtern zusammen. Bereits seit 2006 ist die Gesundheitserziehung als ausdrückliches Bildungs- und Erziehungsziel in der Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetzes (AVBayKiBiG) vom 5. Dezember 2005243 geregelt. Ergeben sich Anhaltspunkte für die konkrete Gefährdung des Wohles eines Kindes, hat die pädagogische Fachkraft nach den Vorschriften der AVBayKiBiG auf die Inanspruchnahme geeigneter Hilfen seitens der Eltern hinzuwirken und erforderlichenfalls den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe hinzuzuziehen. Auf den Verbleib des Kindes in der Kindertageseinrichtung hat die Nichtvorlage eines Nachweises über die Durchführung der zuletzt fälligen Früherkennungsuntersuchung keinen Einfluss. Gemäß Artikel 14 Abs. 5 Satz 4 GDVG haben die Personensorgeberechtigten im Rahmen der nach Artikel 80 Satz 1 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (Bay- EUG)244 von den unteren Behörden für Gesundheit, Veterinärwesen, Ernährung und Verbraucherschutz durchzuführenden Schuleingangsuntersuchung den Nachweis über die nach Artikel 14 Abs. 1 GDVG vorgeschriebene Teilnahme an der U 9-Früherkennungsuntersuchung vorzulegen. Dieser Nachweis wird damit zu einem Bestandteil der Schuleingangsuntersuchung. Das Gesundheitsamt soll – wie bereits erwähnt – gemäß Artikel 14 Abs. 4 Satz 3 GDVG über diese Teilnahmeverpflichtung informieren und möglichst auf die Inanspruchnahme hinwirken. Der Termin der Schuleingangsuntersuchung ist auf den Termin für die Durchführung der U9 - 242 Gesetz zur Neuordnung des Bayerischen Landeserziehungsgeldes (Bayerisches Landeserziehungsgeldgesetz - Bay- LErzGG) vom 9. Juli 2007 (GVBl. S. 442), zuletzt geändert durch Art. 14 des Haushaltsgesetzes 2009/2010 vom 14. April 2009 (GVBl. S. 86) 243 GVBl. S. 633, zuletzt geändert durch § 1 der Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes vom 18. August 2008 (GVBl. S. 584) 244 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai 2000 (GVBl. S. 414), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Juli 2008 (GVBl. S. 467) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 93 Früherkennungsuntersuchung (Alter des Kindes zwischen 60 und 64 Monaten) abgestimmt. Mit Ablauf dieses Zeitfensters kann die U9-Früherkennungsuntersuchung nicht mehr nachgeholt werden. Wird der Nachweis über die nach Artikel 14 Abs. 1 GDVG vorgeschriebene Teilnahme an der U9-Früherkennungsuntersuchung nicht erbracht, haben die betroffenen Kinder an einer schulärztlichen Untersuchung teilzunehmen (Art. 14 Abs. 5 Satz 5 GDVG). Diese schulärztliche Untersuchung ersetzt die nicht durchgeführte U9-Früherkennungsuntersuchung. Es wird damit sichergestellt, dass das Kind auch dann, wenn die Teilnahme an der U9-Früherkennungsuntersuchung – unabhängig von den Gründen hierfür – von den Personensorgeberechtigten versäumt wurde, von einem Arzt untersucht wird. Wird letztlich auch die schulärztliche Untersuchung verweigert, haben die Eltern also wiederholt gegen ihre gesetzlichen Pflichten zum Schutze des Kindes verstoßen, erfolgt gemäß Artikel 14 Abs. 5 Satz 6 GDVG eine Mitteilung an das zuständige Jugendamt. Eine Verweigerung in diesem Sinne setzt voraus, dass die Personensorgeberechtigten die Erfüllung der Pflicht aus Artikel 14 Abs. 5 Satz 5 GDVG nachhaltig gegenüber dem zuständigen Gesundheitsamt ablehnen. In solchen Fällen muss das Jugendamt eingebunden werden, das dann im Rahmen seiner Aufgaben und Befugnisse tätig zu werden hat. In der Erfüllung seines Schutzauftrags hat das Jugendamt gemäß Artikel 14 Abs. 5 Satz 7 GDVG unter Heranziehung der Personensorgeberechtigten oder der Erziehungsberechtigten (insbesondere) festzustellen, ob gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung im Sinne des § 8a SGB VIII245 bestehen. Einzelheiten werden in einer Rechtsverordnung der beteiligten Staatsministerien nach Artikel 34 Abs. 1 Nr. 11 GDVG geregelt (Art. 14 Abs. 5 Satz 8 GDVG). 3.3.3. Hessen In Hessen ist die Verbindlichkeit von Früherkennungsuntersuchungen durch das am 1. Januar 2008 in Kraft getretene „Kindergesundheitsschutz-Gesetz“ vom 14. Dezember 2007246 eingeführt worden. Nach § 1 Abs. 1 Kindergesundheitsschutz-Gesetz ist zur Verbesserung der gesundheitlichen Vorsorge für alle in Hessen wohnhaften Kinder die Teilnahme an den bis zum Alter von fünfeinhalb Jahren vorgesehenen Früherkennungsuntersuchungen nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres („Kinder-Richtlinien“) in der jeweils geltenden Fassung verbindlich. Die Verbindlichkeit der Früherkennungsuntersuchungen U1 – U9 gilt für alle Kinder, unabhängig davon, wie sie krankenversichert sind. Die Personensorgeberechtigten haben gemäß § 1 Abs. 3 Kindergesundheitsschutzgesetz die Teilnahme an diesen Untersuchungen sicherzustellen. 245 Achtes Buch Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe – ( Art. 1 des Gesetzes vom 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3134), zuletzt geändert durch Art. 12 des Gesetzes vom 6. Juli 2009 (BGBl I S. 1196) 246 GVBl. I S. 856, verkündet als Art. 1 des Hessischen Gesetzes zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes für Kinder vom 14. Dezember 2007 (GVBl. I S. 856); beigefügt als Anlage 15 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 94 Nach der Gesetzesbegründung247 stellt die Teilnahmepflicht zwar einen Eingriff in das elterliche Sorgerecht dar; sie sei aber zur Wahrnehmung des staatlichen Wächteramtes nach Artikel 6 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz gerechtfertigt. Der bisher bestehende Grundsatz der Freiwilligkeit sei nicht geeignet, auszuschließen, dass gerade Kinder aus so genannten Risikofamilien unter Umständen jahrelang keinen Arzt aufsuchten, der Misshandlungen und Vernachlässigungen ebenso erkennen könne, wie z. B. Sprach- oder Entwicklungsstörungen. Bei der Abwägung zwischen Eltern- und Kinderrechten sei die Teilnahmepflicht eine angemessene Maßnahme. Auch die Ausgestaltung des Verfahrens und die Frage der Durchsetzung seien bei der Prüfung der Angemessenheit zu berücksichtigen. Deshalb verzichte das Kindergesundheitsschutz-Gesetz auch auf die zwangsweise Durchsetzung der Teilnahme oder eine Bußgeldbewährung. Da mit dem Eintritt der Schulpflicht die Kinder stärker in die öffentliche Wahrnehmung rückten, reiche es aber aus, die Teilnahmepflicht nach § 1 Abs. 1 Kindergesundheitsschutz-Gesetz bei fünfeinhalb Jahren enden zu lassen. Der Eingriff sei auch verhältnismäßig. Die Verbindlichkeit der Teilnahme sei geeignet, eine grobe Risikoselektion der betroffenen Kinder zu ermöglichen. Darüber hinaus diene die Verbindlichkeit der Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen U1 bis U9 der besseren Gesundheitsvorsorge dieser Kinder. Anders als in Baden-Württemberg und Bayern sind in Hessen nach § 1 Abs. 2 Kindergesundheitsschutz -Gesetz über die in § 1 Abs. 1 des Gesetzes genannten Vorsorgeuntersuchungen hinaus auch die Früherkennungsuntersuchungen auf behandelbare Stoffwechsel- und Hormonerkrankungen nach Anlage 2 der Kinder-Richtlinien verbindlich. Die Personensorgeberechtigten werden nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Kindergesundheitsschutz-Gesetz durch die verantwortliche Person nach § 4 Abs. 2 (Ärztinnen und Ärzte sowie Hebammen und Entbindungspfleger) über Inhalt und Zweck dieser Untersuchung informiert. Die Personensorgeberechtigten haben die Teilnahme an den Untersuchungen nach Abs. 2 sicherzustellen (§ 1 Abs. 3 Kindergesundheitsschutz-Gesetz). Nach der Gesetzesbegründung248 ist es gerechtfertigt, auch das Neugeborenenscreening in den Kreis der verbindlichen Untersuchungen mit aufzunehmen, um zentral überwachen zu können, ob bei allen Kindern die „Screening-Untersuchung“ der Neugeborenen auch durchgeführt wurde und ob alle positiv gescreenten Kinder rechtzeitig einer adäquaten Diagnostik und Therapie zugeführt wurden. Dies sei beim Stoffwechsel- und Hormonscreening von extrem hoher Bedeutung, da kranke Kinder, die nur wenige Tage oder Wochen zu spät erkannt und therapiert würden, schwere geistige und körperliche Schäden davontragen könnten. In § 3 Kindergesundheitsschutz-Gesetz werden die Aufgaben des Hessischen Kindervorsorgezentrums beschrieben. Hervorzuheben ist insoweit Folgendes: Absatz 1 dieser Bestimmung regelt die zentrale Aufgabe, nämlich den Datenabgleich über die Teilnahme an den verbindlichen Früherkennungsuntersuchungen. Nach Abs. 1 Satz 1 stellt das Hessische Kindervorsorgezentrum jeweils unmittelbar nach Ablauf der für die jeweilige Früherkennungsuntersuchung nach § 1 Abs. 1 Kindergesundheitsschutz-Gesetz in den Kinder- Richtlinien vorgesehenen Frist fest, welche Kinder nicht an den nach der Vollendung des zwei- 247 Vgl. Landtagsdrucksache 16/7796 S. 6 248 Vgl. Landtagsdrucksache 16/7796 S. 7 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 95 ten Lebensmonats vorgesehenen Untersuchungen teilgenommen haben, und fordert die Personensorgeberechtigten auf, die Teilnahme innerhalb einer angemessenen Frist sicherzustellen. Gemäß Abs. 1 Satz 2 kann es die Aufforderung wiederholen. Dieses Verfahren findet nach der Gesetzesbegründung249 nur für die Untersuchungen ab dem 3. Lebensmonat (U4 bis U9) statt, weil vorher die Abstände der Untersuchungen zu gering seien, um ein Erinnerungsverfahren durchzuführen. Die Angemessenheit der Frist für die Personensorgeberechtigten richtet sich nach der in Abschnitt B der Kinder-Richtlinien genannten Toleranzgrenze für die Durchführung der jeweiligen Untersuchung. Wird der Aufforderung, die Teilnahme innerhalb einer angemessenen Frist sicherzustellen, nicht Folge geleistet, informiert das Hessische Kindervorsorgezentrum unverzüglich das zuständige Jugendamt (§ 3 Abs. 1 Satz 3 Kindergesundheitsschutz-Gesetz). Eine Regelung der Pflichten des Jugendamtes sieht das Kindergesundheitsschutz-Gesetz allerdings nicht vor. In der Gesetzesbegründung wird diesbezüglich zu Recht darauf hingewiesen, dies sei verfassungsrechtlich unzulässig, aber auch nicht notwendig250. In § 8a SGB VIII habe der Bundesgesetzgeber die Pflichten des Jugendamtes bei einem Verdacht auf Gefährdung des Kindeswohls abschließend geregelt, so dass für den Landesgesetzgeber insoweit keine Gesetzgebungskompetenz bestehe. Das Jugendamt müsse im Rahmen seines gesetzlichen Schutzauftrags nach Übermittlung der Daten tätig werden und prüfen, welche Maßnahmen eingeleitet werden müssten, um das Kindeswohl zu gewährleisten und Kinder vor Vernachlässigung, Misshandlung, Missbrauch und Gewalt zu schützen. Da bei einer Nichtteilnahme an einer Pflichtuntersuchung trotz Erinnerung ein Verstoß gegen eine zugunsten des Kindeswohls bestehende Rechtspflicht vorliege , sei in jedem Fall wenigstens ein Gefahrerforschungseingriff geboten, um eine Gefährdung des Kindeswohls auszuschließen. In § 3 Abs. 2 bis 4 Kindergesundheitsschutz-Gesetz werden die Aufgaben des Hessischen Kindervorsorgezentrums bei der Durchführung der Screening-Untersuchungen (Neugeborenen- Stoffwechsel/Hormonscreening nach § 1 Abs. 2 Kindergesundheitsschutz-Gesetz) geregelt. Nach Abs. 2 Satz 1 führt das Hessische Kindervorsorgezentrum die Laboruntersuchungen nach § 1 Abs. 2 (und 4) durch, stellt fest, welche Kinder nicht an den Untersuchungen nach § 1 Abs. 2 teilgenommen haben, und wirkt durch Beratung der Personensorgeberechtigten auf die Teilnahme hin. Die Verantwortung und die Aufgaben des verantwortlichen Einsenders nach § 7 der Anlage 2 der Kinder-Richtlinien bleiben unberührt (§ 3 Abs. 2 Satz 2 Kindergesundheitsschutz- Gesetz). Gemäß § 3 Abs. 3 berät das Hessische Kindervorsorgezentrum bei Untersuchungen nach § 1 Abs. 2 (und 4) die verantwortlichen Einsender und auf Wunsch die Personensorgeberechtigen von Kindern mit auffälligen Befunden in ärztlichen Fragen und wirkt dabei insbesondere auf die Durchführung einer geeigneten Abklärungsuntersuchung oder die Einleitung einer Therapie hin. In § 4 Kindergesundheitsschutz-Gesetz werden die Melde- und Übermittlungspflichten der Untersuchungspersonen über die Durchführung der Früherkennungsuntersuchungen nach § 1 Abs. 1 und 2 Kindergesundheitsschutz-Gesetz geregelt. Danach gilt Folgendes: 249 Vgl. Landtagsdrucksache 16/7796, S. 7 250 Vgl. Landtagsdrucksache 16/7796, S. 8 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 96 Nach Abs. 1 dieser Bestimmung übermitteln Ärztinnen und Ärzte, die eine nach der Vollendung des zweiten Lebensmonats vorgesehene Früherkennungsuntersuchung nach § 1 Abs. 1 durchführen , dem Hessischen Kindervorsorgezentrum spätestens fünf Werktage nach der Untersuchung die in Nr. 1 bis 5 genannten personenbezogenen Daten unter Bezeichnung der Art und des Datums der durchgeführten Früherkennungsuntersuchung. Diese Meldepflicht ist erforderlich, damit das Hessische Kindervorsorgezentrum feststellen kann, welche Kinder nicht an der Untersuchung teilgenommen haben. Mit der Bestimmung wird klargestellt, dass das Meldeverfahren unbeschadet der bestehenden Teilnahmepflicht für alle Untersuchungen nach § 1 Kindergesundheitsschutz -Gesetz nur für die Untersuchungen durchgeführt wird, bei denen die Intervalle so beschaffen sind, dass die Personensorgeberechtigten überhaupt durch eine Erinnerung sinnvoll erreicht werden können251. § 4 Abs. 2 Kindergesundheitsschutz-Gesetz regelt die Übermittlungspflichten im Rahmen des Neugeborenen-Stoffwechsel- und Hormon-screenings. Nach Satz 1 dieser Vorschrift übermitteln Ärztinnen und Ärzte sowie Hebammen und Entbindungspfleger, die die für die Untersuchungen nach § 1 Abs. 2 erforderlichen Blutproben entnehmen, diese unverzüglich dem Hessischen Kindervorsorgezentrum. Wenn die Personensorgeberechtigten eine Teilnahme ablehnen, übermitteln die in Satz 1 genannten Personen dem Hessischen Kindervorsorgezentrum unverzüglich auch die in § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 genannten Daten. Mit der in § 4 Abs. 3 Kindergesundheitsschutz-Gesetz getroffenen Regelung hat der Gesetzgeber eine Befugnis der Untersuchungspersonen eingeführt, im Falle eines Verdachts auf Kindeswohlgefährdung das Jugendamt zu informieren. Stellen Ärztinnen und Ärzte sowie Hebammen und Entbindungspfleger bei einer Untersuchung nach § 1 Abs. 1 oder einer sonstigen Untersuchung tatsächliche Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Wohls des Kindes fest, sind sie befugt, dem zuständigen Jugendamt hiervon Mitteilung zu machen. Bisher musste dies im Einzelfall durch eine Rechtsgüterabwägung geklärt werden (vgl. § 9 Abs. 2 der Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte in Hessen252). Mit dieser Neuregelung soll nach der Gesetzesbegründung253 eine Erhöhung der Rechtssicherheit für die betroffenen Berufsgruppen erreicht werden. Abschließend ist noch auf die mit Wirkung vom 1. Januar 2008 durch Artikel 2 des Hessischen Gesetzes zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes für Kinder vom 14. Dezember 2007254 in die Meldedaten-Übermittlungsverordnung (MeldDÜVO) vom 6. Juli 2006255 eingefügte Vorschrift des § 18a MeldDÜVO hinzuweisen. Durch diesen neuen § 18a MeldDÜVO werden die Meldebehörden verpflichtet, dem Hessischen Kindervorsorgezentrum nach § 3 des Kindergesundheitsschutz- 251 Vgl. Landtagsdrucksache 16/7796, S. 8 252 Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte in Hessen vom 2. September 1998 (Hessisches Ärzteblatt 10/1998, S. I – VIII), zuletzt geändert am 1. Dezember 2008 (Hessisches Ärzteblatt 1/2009 S. 74) 253 Vgl. Landtagsdrucksache 16/7796, S. 8 254 GVBl. I S. 856 255 Verordnung über regelmäßige Datenübermittlungen der Meldebehörden (Meldedaten-Übermittlungsverordnung – MeldDÜVO-) vom 6. Juli 2006 (GVBl. I S. 427), zuletzt geändert durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Meldedaten-Übermittlungsverodnung vom 22. September 2008 (GVBl. I S. 883); auszugsweise beigefügt als Anlage 16 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 97 Gesetzes die für einen Abgleich mit den Daten nach § 4 Abs. 1 des Kindergesundheitsschutz- Gesetzes notwendigen Daten zu übermitteln. Das Hessische Kindervorsorgezentrum kann dadurch diejenigen Kinder feststellen, die nicht an den verbindlichen Untersuchungen nach § 1 des Kindergesundheitsschutz-Gesetzes teilgenommen haben. Da die Daten nur für Kinder bis zu einem Alter von fünfeinhalb Jahren abgeglichen werden sollen, ist die Datenübermittlung insoweit auf diesen Personenkreis beschränkt. Hinsichtlich aller weiteren im Kindergesundheitsschutz-Gesetz getroffenen Regelungen wird auf die als Anlage 15 beigefügte Unterlage verwiesen. 3.4. Sachsen-Anhalt: Einrichtung eines Zentrums „Frühe Hilfen für Familien“ auf Landesebene mit der Aufgabe, zur Steigerung der Inanspruchnahme kinderärztlicher Früherkennungsuntersuchungen mit den gesetzlichen Krankenkassen zu kooperieren Mit dem am 22. Dezember 2009 in Kraft getretenen „Gesetz zum Schutz des Kindeswohls und zur Förderung der Kindergesundheit (Kinderschutzgesetz)“ vom 9. Dezember 2009256 sind nunmehr auch in Sachsen-Anhalt rechtliche Regelungen geschaffen worden, mit denen der Landesgesetzgeber das Ziel verfolgt, die Kindergesundheit unter anderem durch die Steigerung der Inanspruchnahme der Untersuchungsangebote zur Früherkennung von Krankheiten bei Kindern nach § 26 Abs. 1 SGB V zu fördern. In § 1 Abs. 1 Kinderschutzgesetz wird in allgemeiner Form die Intention des Gesetzes beschrieben . Nach Satz 1 dieser Bestimmung hat jedes Kind das Recht auf Leben, körperliche und seelische Unversehrtheit, freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung. Es ist das Recht und die besondere Pflicht der Eltern, hierfür Sorge zu tragen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Kinderschutzgesetz). Über ihre Betätigung wacht gemäß § 1 Abs. 1 Satz 3 Kinderschutzgesetz die staatliche Gemeinschaft. Sie hat die Aufgabe, Eltern frühzeitig bei der Wahrnehmung ihrer Verantwortung für Pflege, Bildung und Erziehung ihrer Kinder zu unterstützen, Risiken für das gesunde Aufwachsen von Kindern rechtzeitig zu begegnen und bei konkreten Gefährdungen des Kindeswohls konsequent durch wirksame Hilfen für den notwendigen Schutz zu sorgen (§ 1 Abs. 1 Satz 4 Kinderschutzgesetz). Ziele des Gesetzes sind die Förderung der Kindergesundheit unter anderem durch die Steigerung der Inanspruchnahme der Untersuchungsangebote zur Früherkennung von Krankheiten bei Kindern (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 Kinderschutzgesetz) und die Früherkennung von Risiken für das Kindeswohl sowie die konsequente Sicherstellung der erforderlichen Hilfen durch eine Vernetzung von Hilfen des Gesundheitswesens und der Kinder- und Jugendhilfe sowie anderen dem Kinderschutz und der Familienhilfe dienenden Einrichtungen , Institutionen und Behörden (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 Kinderschutzgesetz). 256 verkündet als Art. 1 des Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes von Kindern vom 9. Dezember 2009 (GVBl. LSA S. 644); zum In-Kraft-Treten dieses Gesetzes am 22. Dezember 2009 vgl. Art. 7; beigefügt als Anlage 28 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 98 Zur Erreichung dieser gesetzgeberischen Ziele ist neben den Lokalen Netzwerken Kinderschutz auf kommunaler Ebene (vgl. § 3 Kinderschutzgesetz) vom Ministerium für Gesundheit und Soziales ein Zentrum „Frühe Hilfen für Familien“ auf Landesebene einzurichten. Dieses Zentrum soll die Lokalen Netzwerke auf verschiedenen Wegen unterstützen und dadurch zu einer qualitativen Weiterentwicklung des Kinderschutzes im Land beitragen. Darüber hinaus hat das Zentrum „Frühe Hilfen für Familien“ insbesondere die Aufgabe, sich mit der Steigerung der Inanspruchnahme von Früherkennungsuntersuchungen für Kinder nach § 26 Abs. 1 SGB V zu befassen und soll hierzu mit den gesetzlichen Krankenkassen kooperieren, um auf diesem Wege die Teilnahmequote zu erhöhen (§ 5 Abs. 2 Nr. 7 Kinderschutzgesetz). Die vorgenannten Regelungen in § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 7 Kinderschutzgesetz gehen auf die Beschlussempfehlung des (federführenden ) Ausschusses für Soziales zurück257, mit denen dieser Ausschuss von der im Gesetzentwurf der Landesregierung zu § 5 noch vorgesehenen Einrichtung eines zentralen Teilnahmekontroll - und Erinnerungsdienstes für kinderärztliche Früherkennungsuntersuchungen258 Abstand genommen hat. Ausschlaggebend hierfür waren erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken des Datenschutzbeauftragten und des Ausschusses für Recht und Verfassung, insbesondere hinsichtlich der mit der Einrichtung einer zentralen Früherkennungsstelle verbundenen umfänglichen Erfassung von Daten259. In welcher Form und insbesondere mit welchem Inhalt die in § 5 Abs. 2 Nr. 7 Kinderschutzgesetz gesetzlich verankerte Kooperation des Zentrums „Frühe Hilfen für Familien“ mit den gesetzlichen Krankenkassen erfolgen soll, ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen260. Denkbar erscheint z. B. die Einführung eines Bonusmodells, das mit den Bonussystemen der gesetzlichen Krankenkassen zusammengeführt wird. Ein solches Bonusmodell könnte ein Belohnungssystem für die Personensorgeberechtigten vorsehen, deren Kinder an allen Früherkennungsuntersuchungen bis einschließlich der Untersuchungsstufe U9 teilgenommen haben. Um eine Evaluation gewährleisten zu können, müsste ein solches Programm allerdings eine mindestens fünfjährige Laufzeit haben. Ein heute geborenes Kind müsste während der Gesamtlaufzeit des Programms die Untersuchungsstufen U1 bis U9 durchlaufen können. Erst danach könnte geprüft werden, ob diese Maßnahme zu einer Erhöhung der Teilnahmequoten führt. 257 Vgl. die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes von Kindern und zur Förderung der frühkindlichen Bildung – Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 5/1331 – , in: Landtagsdrucksache 5/2267 vom 5. November 2009 258 Vgl. den Gesetzentwurf der Landesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes von Kindern und zur Förderung der frühkindlichen Bildung, in: Landtagsdrucksache 5/1331 vom 18. Juni 2008 259 Vgl. die diesbezüglichen Ausführungen des Berichterstatters des Ausschusses für Soziales zu Tagesordnungspunkt 12 (Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes von Kindern und zur Förderung der frühkindlichen Bildung) anlässlich der 66. Sitzung des Landtags von Sachsen-Anhalt, in: Plenarprotokoll 5/66 vom 12. November 2009, S. 4283 260 Neben der – bereits erwähnten – Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales in Landtagesdrucksache 5/2267 vom 5. November 2009 fehlt es – zumindest bislang – an einem entsprechenden Bericht des Ausschusses . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 99 4. Literaturverzeichnis Hauck/Noftz (2010). Sozialgesetzbuch, Gesamtkommentar, begründet von Karl Hauck, fortgeführt von Wolfgang Noftz, SGB V: Gesetzliche Krankenversicherung, Loseblattwerk, Stand: Januar 2010, Erich Schmidt Verlag, Berlin Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht (2009). Herausgegeben von Stephan Leitherer, Stand: 63. Ergänzungslieferung, 1. Oktober 2009, Verlag C. H. Beck, München Meysen, Thomas / Schönecker, Lydia / Kindler, Heinz (2009). Frühe Hilfen im Kinderschutz: Rechtliche Rahmenbedingungen und Risikodiagnostik in der Kooperation von Gesundheits- und Jugendhilfe, Juventa Verlag Weinheim und München Nothhafft, Susanne (2009). Landesgesetzliche Regelungen im Bereich des Kinderschutzes bzw. der Gesundheitsvorsorge, Informationszentrum Kindesmisshandlung / Kindesvernachlässigung im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, herausgegeben vom Deutschen Jugendinstitut e.V., München 2008, aktualisiert 2009; abrufbar im Internet unter http://www.dji.de/izkk/BewertungLaenderrecht2009Gesamt.pdf Wannagat (2008). Sozialgesetzbuch, Kommentar zum Recht des Sozialgesetzbuchs, Loseblattwerk , Stand: 108. Ergänzungslieferung, Februar 2008, Carl Heymanns Verlag Köln / München 5. Anlagenverzeichnis 5.1. Entschließungen des Bundesrates für eine höhere Verbindlichkeit der Früherkennungsuntersuchungen im Sinne des Kindeswohls sowie zur verpflichtenden Teilnahme an diesen Untersuchungen und die diesbezüglichen Stellungnahmen der Bundesregierung Entschließung des Bundesrates für eine höhere Verbindlichkeit der Früherkennungsuntersuchungen im Sinne des Kindeswohls, Beschluss vom 19. Mai 2006, in: BR-Drs. 56/06 (Beschluss) – Anlage 1– Stellungnahme der Bundesregierung zu der Entschließung des Bundesrates für eine höhere Verbindlichkeit der Früherkennungsuntersuchungen im Sinne des Kindeswohls, in: BR-Drs. 864/06 vom 21. November 2006 – Anlage 2– Entschließung des Bundesrates zur verpflichtenden Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen , Beschluss vom 15. Dezember 2006, in: BR-Drs. 823/06 (Beschluss) – Anlage 3 – Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 100 Stellungnahme der Bundesregierung zu der Entschließung des Bundesrates zur verpflichtenden Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen, in: BR-Drs. 240/07 vom 3. April 2007 – Anlage 4– 5.2. Die bundesrechtlichen Bestimmungen der §§ 25, 26 SGB V und die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres sowie zur Jugendgesundheitsuntersuchung Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) – Gesetzliche Krankenversicherung – (= Art. 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 477), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2495), Auszug hier: §§ 25 und 26 – Anlage 5 – Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres („Kinder-Richtlinien“) in der Fassung vom 26. April 1976 (veröffentlicht als Beilage Nr. 28 zum Bundesanzeiger Nr. 214 vom 11. November 1976), zuletzt geändert am 18. Juni 2009 (veröffentlicht im Bundesanzeiger 2009 Nr. 132, S. 3125), in Kraft getreten am 5. September 2009, abrufbar im Internet unter: http://www.g-ba.de/downloads/62-492-379/RL_Kinder_2009-06-18_2.pdf – Anlage 6 – Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur Jugendgesundheitsuntersuchung vom 26. Juni 1998 (veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 159 vom 27. August 1998), in Kraft getreten am 28. August 1998, zuletzt geändert am 19. Juni 2008 (veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 133, S. 3236), in Kraft getreten am 4. September 2008; abrufbar im Internet unter: http://www.g-ba.de/downloads/62-492-281/RL_Jugend_2008-06-19.pdf – Anlage 7 – 5.3. Die derzeitigen gesetzlichen und sonstigen landesrechtlichen Regelungen zur Steigerung der Inanspruchnahme kinderärztlicher Früherkennungsuntersuchungen 5.3.1. Baden-Württemberg Gesetz zum präventiven Schutz der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Baden- Württemberg (Kinderschutzgesetz Baden-Württemberg) vom 3. März 2009 (GvBl. S. 82) in seiner derzeit gültigen Fassung; abrufbar im Internet über: http://beck-online.beck.de – Anlage 8 – Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 101 5.3.2. Bayern Artikel 14 des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheits- und Veterinärdienst, die Ernährung und den Verbraucherschutz sowie die Lebensmittelüberwachung (Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetz – GDVG) vom 24. Juli 2003 [Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt (GVBl.) S. 452], zuletzt geändert durch § 22 des Gesetzes vom 27. Juli 2009 (GVBl. S. 400); abrufbar im Internet unter: http://beck-online.beck.de – Anlage 9 – 5.3.3. Berlin Berliner Gesetz zum Schutz und Wohl des Kindes, vom 17. Dezember 2009 in: Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin, S. 875 – Anlage 10 – 5.3.4. Brandenburg §§ 6 und 7 des Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst im Land Brandenburg (Brandenburgisches Gesundheitsdienstgesetz – BbgGDG) vom 23. April 2008 (verkündet als Artikel 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und der Krankenhausplanung vom 23. April 2008 [Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg Teil I S. 95]) in seiner derzeit gültigen Fassung; abrufbar im Internet über: http://beck-online.beck.de – Anlage 11 – 5.3.5. Bremen § 14a des Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst im Lande Bremen Gesundheitsdienstgesetz – ÖGDG vom 27. März 1995, Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen (Brem.GBl.) S. 175, zuletzt geändert durch Nr. 2.1 der Bekanntmachung über die Änderung von Zuständigkeiten vom 31. März 2009 (Brem.GBl. S. 129); abrufbar im Internet unter: http://beck-online.beck.de – Anlage 12 – § 13 der Verordnung zur Durchführung des Meldegesetzes, insbesondere zur Durchführung von regelmäßigen Datenübermittlungen der Meldebehörden (MeldDÜV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Juni 1990 (Neubekanntmachung der MeldDÜV vom 12. Mai 1987 [BremGBl. S. 163]), zuletzt geändert durch Art. 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesundheitsdienstgesetzes vom 16. Dezember 2008 (Brem.GBl. 2009, S. 22); abrufbar im Internet unter: http://beckonline .beck.de – Anlage 13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 102 5.3.6. Hamburg Gesetz zur Neustrukturierung und Optimierung der gesundheitlichen Vorsorge im Vorschulalter, vom 15. Dezember 2009, in: HmbGVBl. S. 507 – Anlage 14 – 5.3.7. Hessen Kindergesundheitsschutz-Gesetz vom 14. Dezember 2007 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen Teil I [GVBl. I] S. 856), verkündet als Artikel 1 des Hessischen Gesetzes zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes für Kinder vom 14. Dezember 2007 (GVBl. I, S. 856) in seiner derzeit gültigen Fassung; abrufbar im Internet über: http://beck-online.beck.de – Anlage 15 – § 18a der Verordnung über regelmäßige Datenübermittlungen der Meldebehörden (Meldedaten- Übermittlungsverordnung - MeldDÜVO) vom 6. Juli 2006 (GVBl. I, S. 427), zuletzt geändert durch die Zweite Änderungsverordnung vom 22. September 2008 (GVBL. I, S. 883); abrufbar im Internet über: http://beck-online.beck.de – Anlage 16 – 5.3.8. Mecklenburg-Vorpommern § 15b des Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst im Land Mecklenburg-Vorpommern (Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst – ÖGDG M-V) vom 19. Juli 1994 (Gesetz- und Verordnungsblatt für Mecklenburg-Vorpommern [GVOBl. M-V] S. 747), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst vom 15. Oktober 2008 (GVOBl. M-V S. 374); abrufbar im Internet über: http://beckonline .beck.de – Anlage 17 – 5.3.9. Niedersachsen Gesetz zur Förderung der Gesundheit und Verbesserung des Schutzes von Kindern in Niedersachsen vom 28. Oktober 2009, in: Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt (Nds GVBl.) S. 400 – Anlage 18 - Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 103 5.3.10. Nordrhein-Westfalen § 32a des Heilberufsgesetzes (HeilBerG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 2000 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen [GV.NRW.] S. 403, ber S. 650), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes zur Regelung der Berufsanerkennung EU– und Drittstaatenangehöriger für den Bereich der nichtakademischen Heilberufe und zur Änderung anderer Gesetze und Verordnungen vom 20. November 2007 (GV.NRW. S. 572); abrufbar im Internet über: http://beck-online.beck.de – Anlage 19 – Verordnung zur Datenmeldung der Teilnahme an Kinderfrüherkennungsuntersuchung/U- Untersuchungen (U-Untersuchungen-TeilnahmedatenVO – UTeilnahmeDatVO) vom 10. September 2008 (GV.NRW. S. 609) in ihrer derzeit gültigen Fassung; abrufbar im Internet über: http://sgv.im.nrw.de – Anlage 20 – 5.3.11. Rheinland-Pfalz Landesgesetz zum Schutz von Kindeswohl und Kindergesundheit (LKindSchuG) vom 7. März 2008 in seiner derzeit gültigen Fassung, in: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Rheinland -Pfalz, S. 52 – Anlage 21 – Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen des Landes Rheinland-Pfalz, Unterrichtung der gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter über anstehende Früherkennungsuntersuchungen für Kinder, Bekanntmachung vom 4. April 2008, in: Staatsanzeiger für Rheinland -Pfalz Nr. 13 vom 21. April 2008, S. 625 – Anlage 22 – § 5 des Landesgesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGdG) vom 17. November 1995 (GVBl. S. 584), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. September 2009 (GVBl. S. 333); abrufbar im Internet über: http://beck-online.beck.de – Anlage 23 – 5.3.12. Saarland § 8a des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst (Gesundheitsdienstgesetz - ÖGDG -) vom 19. Mai 1999 (Amtsblatt des Saarlandes [Amtsbl.] S. 844), zuletzt geändert durch Artikel 3 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 104 des Gesetzes zur Änderung des Gestattungsgesetzes und weiterer Vorschriften vom 1. Juli 2009 (Amtsbl. S. 1240); abrufbar im Internet über: http://beck-online.beck.de – Anlage 24 – Verordnung über die Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder vom 12. April 2007 (Amtsblatt S. 910) in ihrer derzeit gültigen Fassung; abrufbar im Internet über: http://beckonline .beck.de – Anlage 25 – § 14 der Verordnung über die Zulassung der regelmäßigen Übermittlung von Daten aus dem Melderegister an Behörden oder sonstige öffentliche Stellen (Meldedaten- Übermittlungsverordnung – MeldDÜV) vom 8. Mai 2007 (Amtsbl. S. 1138) in ihrer derzeit gültigen Fassung; abrufbar im Internet über: http://beck-online.beck.de – Anlage 26 – 5.3.13. Sachsen Gesetz zur Förderung der Teilnahme von Kindern an Früherkennungsuntersuchungen vom 19. Juni 2009 in seiner derzeit gültigen Fassung, in: Sächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt (SächsGVBl.) S. 379. – Anlage 27 – 5.3.14. Sachsen-Anhalt Gesetz zur Verbesserung des Schutzes von Kindern vom 9. Dezember 2009, in: Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Sachsen-Anhalt (GVBl. LSA) S. 644. – Anlage 28 – 5.3.15. Schleswig-Holstein § 7a des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst (Gesundheitsdienst-Gesetz – GDG -) vom 14. Dezember 2001 (Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein [GVOBl.Schl.-H] S. 398), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen in Schleswig-Holstein vom 13. Dezember 2007 (GVOBl.Schl.-H. 2008 S. 2); abrufbar im Internet über: http://beck-online.beck.de – Anlage 29 – Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 113/2009 Seite 105 Gesetz zur Durchführung von Reihenuntersuchungen (RUG) vom 13. Juli 2006 (GVOBlSchl.-H. S. 160); abrufbar im Internet über: http://beck-online.beck.de – Anlage 30 – Landesverordnung zur Durchführung von Kinderfrüherkennungsuntersuchungen vom 10. Januar 2008 (GVOBl. Schl.-H. S. 70); abrufbar im Internet über: http://beck-online.beck.de – Anlage 31 – 5.3.16. Thüringen Thüringer Gesetz zur Förderung der Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder (ThürFKG) vom 16. Dezember 2008 (Gesetz- und Verordnungsblatt für den Freistaat Thüringen [GVBl.] S. 553), verkündet als Artikel 1 des Thüringer Gesetzes zur Weiterentwicklung des Kinderschutzes vom 16. Dezember 2008 (GVBl. S. 553) in seiner derzeit gültigen Fassung; abrufbar im Internet über: http://beck-online.beck.de – Anlage 32 – Thüringer Verordnung über die Errichtung und die Aufgaben des Vorsorgezentrums für Kinder vom 13. August 2009, in: Gesetz- und Verordnungsblatt für den Freistaat Thüringen (GVBl.), S. 738 – Anlage 33 –