WD 9 - 3000 - 109/20 (17. November 2020) © 2020 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsi chtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Der Gesetzgeber hat mit §§ 218a, 219 Strafgesetzbuch (StGB)1 in Verbindung mit dem Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG)2 auf der Basis der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts3 Ausnahmen von der grundsätzlichen Strafbarkeit des Schwangerschaftsabbruchs gemäß § 218 StGB geschaffen, die seit langem kontrovers diskutiert werden. Das „Herzstück“4 bilden dabei die Regelungen zur Konfliktberatung nach § 219 StGB i. V. m. dem SchKG. Die Straflosigkeit eines Schwangerschaftsabbruchs gemäß § 218a StGB ist gebunden an die vorherige Beratung bei einer anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle nach Maßgabe von § 219 StGB. Weitergehende Regelungen zu Inhalt und Durchführung der Beratung und darüber hinaus auch zur Anerkennung der Beratungsstellen finden sich im SchKG. Nach § 5 Abs. 1 SchKG ist die nach § 219 StGB notwendige Beratung „ergebnisoffen“ zu führen. Während sie dem Schutz des ungeborenen Kindes dienen soll, soll sie gleichzeitig ermutigen und Verständnis wecken, nicht belehren oder bevormunden. Da zum Schutz des ungeborenen Lebens die Mitwirkung der Schwangeren erforderlich ist, soll die Schwangere als „Bundesgenossin im Ringen um den Schutz des Lebens ihres ungeborenen Kindes“5 gewonnen werden. Die Beratung kann trotz dieses Ziels ergebnisoffen sein, da sie nur die Voraussetzungen zu einer eigenen Über- 1 Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 9. Oktober 2020 (BGBl. I S. 2075). 2 Gesetz zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten (Schwangerschaftskonfliktgesetz) vom 27. Juli 1992 (BGBl. I S. 1398), zuletzt geändert durch Artikel 13a des Gesetzes vom 14. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2789). 3 Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 28. Mai 1993, 2 BvF2/90 u. a., BGBl. I S. 820. 4 Gropp, Walter, Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch (MüKoStGB), 3. Auflage 2017, StGB, § 219, Rn. 1. 5 Gropp, Walter, MüKoStGB, 3. Auflage 2017, StGB, § 219, Rn. 7. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Zur Anerkennung von Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz Kurzinformation Zur Anerkennung von Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz Fachbereich WD 9 (Gesundheit. Familie, Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 zeugungsbildung der Schwangeren bieten kann, die Überzeugungsbildung jedoch eine eigenständige Leistung der Frau darstellt. So kann die Beratungsregelung nicht vorschreiben, zu welcher Überzeugung die Schwangere auf Grund der Beratung zu gelangen hat.6 Im Rahmen der Konfliktberatung ist gemäß § 5 Abs. 2 SchKG jede nach Sachlage erforderliche medizinische, soziale und juristische Information zu vermitteln und sind Unterstützungsangebote zu machen. Um dies zu gewährleisten, kann die Beratung nur durch nach § 9 SchKG staatlich anerkannte Beratungsstellen durchgeführt werden. Für die Bereitstellung und damit auch die Anerkennung sind gemäß § 8 SchKG die Länder zuständig. Eine Beratungsstelle darf gemäß § 9 SchKG nur anerkannt werden, wenn sie insbesondere über hinreichend qualifiziertes und der Zahl nach ausreichendes Personal verfügt und sicherstellt, dass zur Durchführung der Beratung erforderlichenfalls kurzfristig eine ärztlich, fachärztlich, psychologisch, sozialpädagogisch, sozialarbeiterisch oder juristisch ausgebildete Fachkraft hinzugezogen werden kann. Zudem muss die Einrichtung mit allen Stellen zusammenarbeiten, die öffentliche und private Hilfen für Mutter und Kind gewähren. Sie darf mit keiner Einrichtung, in der Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden, derart organisatorisch oder durch wirtschaftliche Interessen verbunden sein, dass ein materielles Interesse der Beratungseinrichtung an der Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen nicht auszuschließen wäre. § 11 SchKG enthält eine Übergangsregelung bezüglich der Beratungsstellen, die vor der Schaffung des SchKG aufgrund von II.4 der Entscheidungsformel des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Mai 19937 anerkannt wurden. Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Urteil Kriterien für die Anerkennung formuliert, die in § 9 SchKG durch den Gesetzgeber übernommen wurden. Eine solche Anerkennung steht derjenigen nach dem SchKG gleich. *** 6 Gropp, Walter, MüKoStGB, 3. Auflage 2017, StGB, § 219, Rn. 8. 7 Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Mai 1993, 2 BvF2/90 u. a., BGBl. I S. 820.