Deutscher Bundestag Patientenrechte im Verfassungs- und Krankenversicherungsrecht, ärztlichen Berufs- und Standesrecht sowie im Arzneimittel- und Medizinprodukterecht – Derzeitiger Stand und Reformbemühungen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste © 2010 Deutscher Bundestag WD 9 – 3000-104/10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 2 Patientenrechte im Verfassungs- und Krankenversicherungsrecht, ärztlichen Berufs- und Standesrecht sowie im Arzneimittel- und Medizinprodukterecht – Derzeitiger Stand und Reformbemühungen Aktenzeichen: WD 9 – 3000-104/10 Abschluss der Arbeit: 22. Juli 2010 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 6 2. Begriffsklärungen 8 2.1. Patient 8 2.2. Patientenrechte 8 2.2.1. Materielle und formelle Patientenrechte 9 2.2.2. Individuelle und kollektive Patientenrechte 9 3. Individuelle Patientenrechte 9 3.1. Überblick 9 3.2. Verfassungsrecht 10 3.3. Krankenversicherungsrecht (SGB V und SGB I) 11 3.3.1. Materielle Patientenrechte 11 3.3.1.1. Recht auf medizinische Versorgung (§§ 11-62 SGB V) 11 3.3.1.2. Wahlrecht zwischen Sachleistung und Dienstleistung (Kostenerstattung) nach § 13 SGB V 11 3.3.1.2.1. Normtext (Auszug) 11 3.3.1.2.2. Erläuterungen 12 3.3.1.3. Recht auf Qualität (§ 2 SGB V) 13 3.3.1.3.1. Normtext 13 3.3.1.3.2. Erläuterungen 14 3.3.1.4. Datenschutzrechtliche Erhebung und Weitergabe von Patientendaten (§ 73 Abs. 1b SGB V) 14 3.3.1.4.1. Normtext (Auszug) 14 3.3.1.4.2. Erläuterungen 15 3.3.1.5. Patientenschutz bei Verordnung besonderer Arzneimittel (§ 73d SGB V) 15 3.3.1.5.1. Normtext (Auszug) 15 3.3.1.5.2. Erläuterungen 16 3.3.1.6. Recht auf freie Arztwahl (§ 76 SGB V) 17 3.3.1.6.1. Normtext 17 3.3.1.6.2. Erläuterungen 18 3.3.2. Rechte des Patienten auf Information, Aufklärung, Beratung und Unterstützung 19 3.3.2.1. Anspruch des Patienten gegenüber dem Vertragsarzt auf „wirtschaftliche“ Beratung/Aufklärung bei der Arzneimitteltherapie (§ 73 Abs. 5 S. 3 SGB V) 19 3.3.2.2. Informationsrechte gegenüber den Krankenkassen (§§ 14, 15 SGB I)19 3.3.2.2.1. Anspruch auf Beratung (§ 14 SGB I) 19 3.3.2.2.2. Anspruch auf Auskunft (§ 15 SGB I) 20 3.3.2.3. Informationspflichten der Krankenkassen 21 3.3.2.3.1. Aufklärungspflicht (§ 13 SGB I) 21 3.3.2.3.2. Informationspflichten als Nebenpflichten aus dem Sozialrechtsverhältnis 21 3.3.2.3.3. Umsetzung der Informationspflichten 21 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 4 3.3.2.4. Beratung und Unterstützung von Patienten durch die Krankenkassen bei Behandlungsfehlern (§ 66 SGB V) 22 3.3.2.4.1. Normtext 22 3.3.2.4.2. Erläuterungen 22 3.3.2.5. Informationsrechte der Patienten gegenüber den Krankenkassen und den Leistungserbringern (§ 305 SGB V) 23 3.3.2.5.1. Normtext 23 3.3.2.5.2. Erläuterungen 24 3.3.2.6. Institutionelle Förderung und Vorhaltung unabhängiger Beratungsund Informationsangebote zur Stärkung der Patientenautonomie 25 3.3.2.6.1. Förderung von Einrichtungen zur Verbraucher- und Patientenberatung (§ 65b SGB V) 25 3.3.2.6.2. Förderung von gesundheitsbezogenen Selbsthilfegruppen und – organisationen (§ 20c SGB V) 26 3.3.2.6.3. Verpflichtung des – vom Gemeinsamen Bundesausschuss getragenen – Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zur Bereitstellung gesundheitsbezogener Informationen für die Bevölkerung (§ 139a Abs. 3 Nr. 6 SGB V) 27 3.4. Ärztliches Berufs- und Standesrecht 28 3.5. Arzneimittelrecht 29 3.5.1. Schutz von Patienten durch das Verbot des Inverkehrbringens bedenklicher Arzneimittel (§ 5 AMG) 29 3.5.1.1. Normtext 29 3.5.1.2. Erläuterungen 29 3.5.2. Verbote des Herstellens oder Inverkehrbringens von Arzneimitteln zum Schutz der Patienten vor Täuschung (§ 8 AMG) 30 3.5.2.1. Normtext 30 3.5.2.2. Erläuterungen 30 3.5.3. Schutz von Patienten bei der klinischen Prüfung von Arzneimitteln (§ 40 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 AMG) 31 3.5.3.1. Normtext (Auszug) 31 3.5.3.2. Erläuterungen 31 3.5.4. Schutz von Patienten durch Arzneimittelhaftung (§§ 84-94a AMG, insbesondere §§ 84 und 84a AMG) 32 3.6. Medizinprodukterecht 32 3.6.1. Schutz des Patienten als Zweck des Medizinproduktegesetzes (§ 1 MPG) 32 3.6.2. Verbote zum Schutz von Patienten (§ 4 MPG) 33 3.6.2.1. Normtext 33 3.6.2.2. Erläuterungen 33 3.6.3. Schutz von Patienten bei der klinischen Prüfung eines Medizinproduktes (§§ 20, 21 MPG) 34 3.6.3.1. Allgemeine Voraussetzungen (§ 20 MPG) 34 3.6.3.2. Besondere Voraussetzungen (§ 21 MPG) 36 3.6.4. Haftung im Zusammenhang mit Medizinprodukten 37 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 5 4. Kollektive Patientenrechte (Patientenpartizipation) 38 4.1. Überblick 38 4.2. Krankenversicherungsrecht 39 4.2.1. Amt, Aufgabe und Befugnisse der oder des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen oder Patienten (§ 140h SGB V) 39 4.2.1.1. Normtext 39 4.2.1.2. Erläuterungen 39 4.2.2. Beteiligung von Patientenverbänden (§§ 140f und 140g SGB V) 40 4.2.2.1. Norminhalte der §§ 140f und 140g SGB V 40 4.2.2.2. Beteiligungsberechtigung 41 4.2.2.2.1. Maßgebliche Patientenorganisationen 41 4.2.2.2.2. Benennung und Entsendung sachkundiger Personen 42 4.2.2.3. Art der Beteiligung 43 4.2.2.4. Beteiligungsgegenstände 43 4.2.2.5. Umsetzung in der Praxis – Erste Erfahrungen 44 4.2.2.6. Kontrollmöglichkeiten 44 4.2.3. Beteiligung von Patientenverbänden und der oder des Patientenbeauftragten der Bundesregierung nach Maßgabe des § 137a Abs. 3 SGB V 45 4.2.3.1. Normtext (Auszug) 45 4.2.3.2. Erläuterungen 46 4.2.4. Beteiligung von Patientenverbänden und der oder des Patientenbeauftragten der Bundesregierung nach Maßgabe des § 139a Abs. 5, § 139b SGB V 46 4.2.4.1. Normtexte 46 4.2.4.2. Erläuterungen 48 4.3. Arzneimittelrecht (§ 25 Abs. 6 Satz 4 AMG) 49 5. Handlungsbedarf – ausgewählte Stellungnahmen und Beiträge 50 5.1. Expertise von Professor Dr. Dieter Hart 50 5.2. Forderungen des Bundesverbandes der Verbraucherzentrale 51 5.3. Patientenrechtskatalog der Bundesarbeitsgemeinschaft der Patientinnenstellen 51 5.4. Pläne der Fraktionen des Deutschen Bundestages hinsichtlich eines Patientenschutzgesetzes 52 6. Literaturverzeichnis 53 7. Anlagen 57 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 6 1. Einleitung1 Ansätze zur Stärkung der Patientenrechte hat es in der Politik bereits seit Beginn der 1990er Jahre gegeben: schon in seinem Jahresgutachten 1992 hat der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen festgestellt, dass die Rechte der Patienten in Deutschland zwar in vielfacher Hinsicht Beachtung fänden; zur konsequenten Umsetzung des geltenden Rechts hat er indes eine Zusammenfassung durch eine – zunächst deklaratorische – Patientenrechtscharta eingefordert , um die vor allem von der Judikatur entwickelten Patientenrechte kenntlich und zugänglich zu machen und dem Patienten damit die notwendigen Kenntnisse über Art und Ausmaß seiner Rechte zu vermitteln. In den Folgejahren nahm sich insbesondere die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) der Thematik an. Basierend auf einem Rechtsgutachten der Professoren Robert Francke und Dieter Hart2 beschloss die 72. Gesundheitsministerkonferenz vom 9./10. Juni 1999 in Trier mit einem einstimmigen Beschluss das Dokument „Patientenrechte in Deutschland heute3“ Die Bundesärztekammer veröffentlichte wenig später, am 30. September 1999, ihren Entwurf einer „Charta der Patientenrechte4“. Allerdings erwiesen sich die beiden Papiere als nicht allgemein konsensfähig. Sie wurden wechselseitig von Ärzte- und von Patientenseite abgelehnt. Auch die Bundesregierung hatte in der Koalitionsvereinbarung 1998 eine Stärkung der Patienteninteressen zum erklärten Ziel ihrer Politik gemacht. So hieß es im Koalitionsvertrag: „Zu den notwendigen Strukturreformen zählen […] eine Stärkung der Patientenrechte, des Patientenschutzes und der Qualitätssicherung.5“ Offen gelassen wurde jedoch, mit welchen Mitteln (Gesetz , deklaratorische Charta, Selbstverpflichtung, Empfehlungen, Informationskampagne etc.) eine Stärkung der Patientenrechte erreicht werden sollte.6 Im Juni 2002 hat das Bundesministerium der Justiz in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die mit der Erarbeitung einer einheitlichen deutschen Patientencharta betraut wurde. Unterstützt wurde das Vorha- 1 Zur Vertiefung vgl. etwa Bollweg/Brahms, „Patientenrechte in Deutschland“ – Neue Patientencharta, in: NJW 2003, S. 1506; Kluth, in: Fischer/Kluth/Lilie, Rechtsgutachten „Ansätze für eine Stärkung der Patientenrechte im deutschen Recht – Bestandsaufnahme und Handlungsperspektiven“, erstellt im Auftrag der Enquete- Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“ des Deutschen Bundestages, S. 2; vgl. ferner Hanika, Patientencharta : Stärkung der Rechte der Patienten bei der Reform der Gesundheitssysteme in Europa – Herausforderung für Deutschland?!, in: MedR 1999, S. 149; Hart, in: Rieger/Dahm/Steinhilper (Hrsg.), Heidelberger Kommentar zum Arztrecht, Krankenhausrecht, Medizinrecht, Ordner 1, Patientenrechte, Rn. 1-2; Katzenmeier, Individuelle Patientenrechte – Selbstbindung oder Gesetz, in: JR 2002, S. 444-449; Lilie, Patientenrechte im deutschen Recht, in: Böse/Sternberg-Lieben (Hrsg.), Grundlagen des Straf- und Strafverfahrensrechts, Festschrift für Knut Amelung, S. 481 ff; Steffen, Mehr Schutz für die Patientenrechte durch ein Patientenschutzgesetz oder eine Patienten-Charta?, in: MedR 2002, S. 190-192. 2 Francke/Hart, Charta der Patientenrechte, 1. Auflage, Baden-Baden 1999. 3 „Patientenrechte in Deutschland heute“, Beschluss der 72. Gesundheitsministerkonferenz vom 9./10. Juni 1999, dieser Ausarbeitung beigefügt als Anlage 1. 4 Der Entwurf der Charta der Bundesärztekammer ist dieser Ausarbeitung als Anlage 2 beigefügt. 5 Koalitionsvereinbarung SPD und Bündnis90/Die Grünen „Aufbruch und Erneuerung – Deutschlands Weg ins 21. Jahrhundert“ vom 20. Oktober 2000, S. 35. 6 Bollweg/Brahms, „Patientenrechte in Deutschland“ – Neue Patientencharta, in: NJW 2003, S. 1506. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 7 ben von der 75. Gesundheitsministerkonferenz vom 20./21. Juni 2002, die es durch einen entsprechenden Beschluss begrüßte und sich – ebenso wie die Justizministerkonferenz – durch die Entsendung von Vertretern beteiligte. Die Arbeitsgruppe wurde sorgfältig und repräsentativ besetzt. Der Vorsitzende der Arbeitsgruppe war der Präsident des Bundesgerichtshofes a.D., Dr. h.c. Karlmann Geiß, die Teilnehmer Vertreter der Patienten-, Ärzte- und Krankenhausverbände, der gesetzlichen Krankenkassen und der privaten Versicherer sowie ein gemeinsamer Vertreter der freien Wohlfahrtsverbände. Die Arbeiten schritten zügig voran – sie konnten am 16. Oktober 2002 mit der Überreichung des Dokuments „Patientenrechte in Deutschland7“ an das Bundesministerien für Justiz und das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung abgeschlossen werden. Die Patientencharta „Patientenrechte in Deutschland“ fasst die verstreuten und durch Richterrecht konkretisierten Rechte und Pflichten im Behandlungsverhältnis querschnittsartig zusammen . Sie befasst sich inhaltlich mit den wichtigsten Rechtsfragen im Zusammenhang mit einem Behandlungsverhältnis und bemüht sich um eine einfache, dem juristischen und medizinischen Laien verständliche Sprache sowie um einen anwenderfreundlichen Aufbau. Sie ist allerdings kein Gesetz und erhebt auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ihr Ziel ist auch nicht die Fortentwicklung des bestehenden Rechts. Es handelt sich bei der Charta vielmehr um ein Papier, in dem die Rechte der Patienten auf der Grundlage des seinerzeit geltenden Rechts – deklaratorisch und ohne Nennung konkreter Rechtsgrundlagen – zusammengefasst werden.8 Die Gründe für das zunehmende Interesse an der Weiterentwicklung der Patientenrechte sowie die Forderung nach entsprechenden Maßnahmen auch des Gesetzgebers sind vielfältig. Hervorzuheben sind etwa der Übergang vom paternalistischen zum aufgeklärten Arzt-Patient- Verhältnis, die allgemeine Steigerung der Sensibilität für die rechtlichen und ethischen Anforderungen an Eingriffe in die körperliche Sphäre sowie im Umgang mit persönlichen Daten, die Entwicklung neuer – und mit nicht restlos erforschten Risiken verbundenen – Behandlungsmethoden , die zunehmende Komplexität des Gesundheitswesens mit hoher Arbeits- und Verantwortungsteilung und erheblicher Technisierung, Probleme im Bereich der Finanzierung des Gesundheitswesens mit gerade für den Patienten undurchsichtigen Strukturen der Kostensteuerung und Risikoverteilung, die überwiegende Verankerung von Patientenrechten in der richterlichen Rechtsfortbildung mit der Folge des Fehlens von formulierten, einsehbaren Rechtstexten und der damit zusammenhängenden – für Arzt wie Patient – schwierigen Orientierung sowie schließlich die zunehmende Europäisierung des Gesundheitswesens und seiner rechtlichen Rahmenbedingungen .9 Die Darstellung von Patientenrechten ist aufgrund der Vielgestaltigkeit des Gesundheitssystems, das in ein privates und in ein öffentliches Krankenversicherungssystem und eine Vielzahl von Trägern von Gesundheitseinrichtungen aufgeteilt ist und die daran anknüpfende Vielzahl der 7 Bekanntmachung des Dokuments „Patientenrechte in Deutschland“, vom 26. November 2002, in: Bundesanzeiger , herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz, Jahrgang 54, 24. Dezember 2002, Nummer 240b, dieser Ausarbeitung beigefügt als Anlage 3. 8 Bollweg/Brahms, „Patientenrechte in Deutschland“ – Neue Patientencharta, in: NJW 2003, S. 1506. 9 Kluth, in: Fischer/Kluth/Lilie, Rechtsgutachten „Ansätze für eine Stärkung der Patientenrechte im deutschen Recht – Bestandsaufnahme und Handlungsperspektiven“, erstellt im Auftrag der Enquete – Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“ des Deutschen Bundestages, S. 3. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 8 Gesetze mit der weiteren Folge unterschiedlicher Gesetzgebungszuständigkeiten kaum einheitlich möglich10. Die vorliegende Untersuchung beschränkt sich – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – im Wesentlichen auf eine Darstellung der Patientenrechte im Verfassungs- und Krankenversicherungsrecht , ärztlichen Berufs- und Standesrecht sowie Arzneimittel- und Medizinprodukterecht. 2. Begriffsklärungen11 Die nachstehenden Begriffsklärungen dienen einerseits der sprachlichen Klärung und Differenzierung , andererseits bieten sie die Gelegenheit, vor dem Einstieg in die einzelnen Problemzusammenhänge allgemein auf eine Reihe von Systematisierungen und Differenzierungen hinzuweisen . 2.1. Patient Der Begriff des Patienten kann in einem engeren und in einem weiteren Sinne verstanden werden . Unter einem Patienten im engeren, formalen Sinne ist ein Mensch zu verstehen, der in einem medizinischen bzw. ärztlichen Behandlungsverhältnis steht und dabei Leistungen des Medizin - und Gesundheitssystems in Anspruch nimmt. Patient im weiteren Sinne ist ein Mensch, der vor oder außerhalb eines konkreten bzw. aktuellen Behandlungsverhältnisses Leistungen des Gesundheitssystems in Anspruch nimmt, wobei Beratungs- und Informationsleistungen eingeschlossen sind. Der enge und der weite Patientenbegriff stehen in einem ambivalenten Verhältnis zu den Begriffen Kranker und Gesunder. Nicht jeder, der sich in einem ärztlichen Behandlungsverhältnis befindet , ist ein Kranker (Beispiele: Routine- und Vorsorgeuntersuchungen, Schwangerschaftsabbruch , Organspende etc.). Der Patient im engeren Sinne schließt deshalb auch den Gesunden ein bzw. auch gesunde Menschen können Patienten im engeren Sinne sein. Das gleiche gilt für den Patienten im weiteren Sinn, denn Beratungs- und Informationsleistungen können sowohl von Gesunden als auch von Kranken in Anspruch genommen werden. 2.2. Patientenrechte Wenn von Patientenrechten die Rede ist, so wird dabei an ein sehr weites Verständnis vom Patienten angeknüpft, welches sowohl den engen als auch den weiten Patientenbegriff einschließt. Während der enge Patientenbegriff das Behandlungsverhältnis aufgreift, bezieht sich der weite Patientenbegriff auf die Stellung und die Interessen des Patienten. Patienten haben mehrere unterschiedliche sachliche Bezugspunkte. Zum einen sollen sie die Sicherheit und Qualität des Patienten gewährleisten, zum anderen betreffen sie den Schutz der Autonomie und der Selbstbestimmung des Patienten in der medizinischen Behandlung; schließlich können sie die Stellung des Patienten im politischen System stärken. Man kann insofern von 10 Vgl. Lilie, Patientenrechte im deutschen Recht, in: Böse/Sternberg-Lieben (Hrsg.), Grundlagen des Straf- und Strafverfahrensrechts, Festschrift für Knut Amelung, S. 485. 11 Vgl. zu diesem Gliederungspunkt nur Kluth, in: Fischer/Kluth/Lilie, Rechtsgutachten „Ansätze für eine Stärkung der Patientenrechte im deutschen Recht – Bestandsaufnahme und Handlungsperspektiven“, erstellt im Auftrag der Enquete – Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“ des Deutschen Bundestages, S. 5 bis 7. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 9 vier Bezugspunkten und Zielen sprechen: 1. Integritätsschutz im weiteren, finalen Sinne der Achtung und Wiederherstellung körperlicher Integrität und Funktionsfähigkeit, das heißt Gesundheit, 2. Qualitätssicherung als unerlässliche Ergänzung des Integritätsschutzes, 3. Autonomieschutz, bezogen auf das Individuum als Privatsubjekt und 4. die Stärkung der politischen Partizipation, bezogen auf das Individuum als Bürger. 2.2.1. Materielle und formelle Patientenrechte Von praktischer und theoretischer Bedeutung ist weiterhin die Unterscheidung zwischen materiellen und formellen Patientenrechten. Unter materiellen Patientenrechte werden solche verstanden , die sich auf den Inhalt eines Behandlungsvertrages, d.h. alle Aspekte der Leistungserbringung und Behandlung im weiteren Sinne, beziehen. Es handelt sich hierbei um individuelle, d.h. dem einzelnen Patienten zustehende Rechte. Hingegen werden mit dem Begriff der formellen Patientenrechte solche Rechte bezeichnet, die den Patienten das Recht auf Inanspruchnahme von individueller und institutioneller Unterstützung geben, wie etwa das Recht zur Anrufung einer Schlichtungsstelle oder der Inanspruchnahme einer Patientenberatung. Auch diese Rechte sind in der Regel als individuelle Rechte ausgestaltet. 2.2.2. Individuelle und kollektive Patientenrechte Wie bereits erwähnt sind die materiellen und formellen Patientenrechte in der Regel als individuelle Rechtspositionen ausgestaltet, sie stehen also dem einzelnen Patienten zu. Darüber hinaus haben sich aber zunehmend auch kollektive Patientenrechte entwickelt, bei denen es um die Wahrnehmung von Gruppeninteressen in institutioneller Form, etwa der Bürgerbeteiligung im Gesundheitswesen oder um Qualitätssicherung geht.12 3. Individuelle Patientenrechte 3.1. Überblick Individuelle Patientenrechte sind eingebettet in eine auf Beteiligung und Einbeziehung angelegte, konzeptionell partnerschaftliche Arzt-Patient-Beziehung. Man spricht gelegentlich von einem „therapeutischen Arbeitsbündnis“, in dem sich (sowohl rechtlich als auch ethisch) Integritätsund Selbstbestimmungsinteressen des Patienten und ärztliche Therapiefreiheit vereinen. Medizinisch entspricht einer solchen Orientierung der Arzt-Patient-Beziehung das Konzept des sog. shared decision-making als einem gemeinsamen Kommunikations- und Entscheidungsmodell. Einbeziehung auf der individuellen Ebene von Arzt-Patient-Beziehungen bedeutet in erster Linie Information und Beratung zur Befähigung einer selbstbestimmten Entscheidung des Patienten. Individuelle Patientenrechte richten sich innerhalb dieser Begründung auf die Gewährleistung angemessener Information und Beratung (Aufklärung, Autonomierechte), standardgemäßer und sicherer Behandlung (Qualitätsrechte), guter Organisation von Qualität, Sicherheit und Informa- 12 Kluth, in: Fischer/Kluth/Lilie, Rechtsgutachten „Ansätze für eine Stärkung der Patientenrechte im deutschen Recht – Bestandsaufnahme und Handlungsperspektiven“, erstellt im Auftrag der Enquete – Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“ des Deutschen Bundestages, S. 7. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 10 tion, standardgemäße Dokumentation, Einsicht in die Behandlungsunterlagen (Einsichtsrechte) und schließlich Vertraulichkeit und Datenschutz.13 3.2. Verfassungsrecht14 Der verfassungsrechtliche Anknüpfungspunkt für die grundlegenden Patientenrechte, aus denen sich dann weitere ableiten lassen, ist die in Art. 1 Abs. 1 GG15 verbürgte Unantastbarkeit der Würde des Menschen. Für den Patientenschutz verfassungsrechtlich relevante Normen sind weiterhin Art. 2 Abs. 1 GG bezüglich der freien Entfaltung der Persönlichkeit, Art. 2 Abs. 2 GG im Zusammenhang mit dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit und Art. 104 Abs. 1 GG zum Schutze seelischer und körperlicher Unversehrtheit. Die Gewährleistung von Sicherheit und Qualität der medizinischen Behandlung und Versorgung als zweiter zentraler Bezugspunkt von Patientenrechten folgt aus dem durch Art. 2 Abs. 2 Satz 2 geschützten Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Das Recht auf Autonomie und Selbstbestimmung des Patienten in der medizinischen Versorgung folgt aus dem durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verbürgten Selbstbestimmungsrecht. Aus der Autonomie und dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten resultiert zudem das Recht des Patienten, über seine Krankheit sowie über Chancen und Risiken der Behandlung aufgeklärt zu werden. Im Rahmen dieser Aufklärung müssen dem Patienten auch Informationen über verschiedene Behandlungsmethoden und Versorgungsstrukturen gegeben werden, weil das Selbstbestimmungsrecht verlangt, dass der Patient sich zwischen verschiedenen möglichen Behandlungsmethoden entscheiden können soll.16 Aus der verfassungsrechtlich gewährleisteten Autonomie des Patienten folgt schließlich die Pflicht zur Dokumentation der Behandlung und das Recht auf eine Einsichtnahme in die Krankenunterlagen .17 13 Hart, in: Rieger/Dahm/Steinhilper (Hrsg.), Heidelberger Kommentar zum Arztrecht, Krankenhausrecht, Medizinrecht , Ordner 1, Patientenrechte Rn. 4. 14 Zur Vertiefung Hanika, Patientencharta: Stärkung der Rechte der Patienten bei der Reform der Gesundheitssysteme in Europa – Herausforderungen für Deutschland?!, in: MedR 1999, S. 157, 158; Kluth, in: Fischer /Kluth/Lilie, Rechtsgutachten „Ansätze für eine Stärkung der Patientenrechte im deutschen Recht – Bestandsaufnahme und Handlungsperspektiven“, erstellt im Auftrag der Enquete – Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“ des Deutschen Bundestages, S. 20 ff.; Lilie, Patientenrechte im deutschen Recht, in: Böse /Sternberg-Lieben (Hrsg.), Grundlagen des Straf- und Strafverfahrensrechts, Festschrift für Knut Amelung, S. 474 ff.; Schneider, Patientenrechte, in: MedR 2000, S. 497. 15 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2248). 16 Hanika, Patientencharta: Stärkung der Rechte der Patienten bei der Reform der Gesundheitssysteme in Europa – Herausforderungen für Deutschland?!, in: MedR 1999, S. 157. 17 Hanika, Patientencharta: Stärkung der Rechte der Patienten bei der Reform der Gesundheitssysteme in Europa – Herausforderungen für Deutschland?!, in: MedR 1999, S. 158; Lilie, Patientenrechte im deutschen Recht, in: Böse /Sternberg-Lieben (Hrsg.), Grundlagen des Straf- und Strafverfahrensrechts, Festschrift für Knut Amelung, S. 475. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 11 3.3. Krankenversicherungsrecht (SGB V18 und SGB I19) 3.3.1. Materielle Patientenrechte 3.3.1.1. Recht auf medizinische Versorgung20 (§§ 11-62 SGB V21) Das deutsche Gesundheitssystem berechtigt den gesetzlich Krankenversicherten, die für die Verhütung von Krankheiten, ihre Früherkennung und Behandlung notwendige medizinische Versorgung in Anspruch zu nehmen. Die (Sach-)Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sind in den §§ 11, 20 ff. SGB V geregelt und sehr umfangreich. Die medizinische Versorgung muss im Bundesgebiet flächendeckend gewährleistet sein. Dies wird unter anderem durch eine entsprechende Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigungen, etwa gemäß § 99 SGB V, sichergestellt .22 Leistungsansprüche aus der gesetzlichen Krankenversicherung haben die bei den gesetzlichen Krankenkassen versicherten Patienten. Die gesetzliche Krankenversicherung gewährleistet für die bei ihr versicherten Personen die Inanspruchnahme von ärztlichen und zahnärztlichen Leistungen sowie von Krankenhausleistungen etwa bei Krankheit, Schwangerschaft, Sterilisation, zur Empfängnisregelung, Früherkennung von Krankheiten und Zahnprophylaxe. Der Leistungsanspruch umfasst die ärztliche und pflegerische Behandlung sowie die für die Behandlung notwendigen Sachleistungen wie etwa Arzneimittel, Verband-, Heil-, und Hilfsmittel.23 3.3.1.2. Wahlrecht zwischen Sachleistung und Dienstleistung (Kostenerstattung) nach § 13 SGB V 3.3.1.2.1. Normtext (Auszug) „§ 13 Kostenerstattung 18 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 14. April 2010 (BGBl. S. 410). 19 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (Artikel 1 des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015), zuletzt geändert durch Artikel 7 Absatz 5 des Gesetzes vom 7. Juli 2009 (BGBl. I S. 1707). 20 Vgl. zur Vertiefung Francke/Hart, Charta der Patientenrechte: Rechtsgutachten zur Vorbereitung einer Charta der Patientenrechte gemäß dem Beschluss der 70. GMK, S. 104-109; Hanika, Patientencharta: Stärkung der Rechte der Patienten bei der Reform der Gesundheitssysteme in Europa – Herausforderungen für Deutschland?!, in: MedR 1999, S. 158; Kluth, in: Fischer/Kluth/Lilie, Rechtsgutachten „Ansätze für eine Stärkung der Patientenrechte im deutschen Recht – Bestandsaufnahme und Handlungsperspektiven“, erstellt im Auftrag der Enquete – Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“ des Deutschen Bundestages, S. 318 f.. 21 Der Text der §§ 11-62 ist dieser Ausarbeitung als Anlage 4 beigefügt. 22 Kluth, in: Fischer/Kluth/Lilie, Rechtsgutachten „Ansätze für eine Stärkung der Patientenrechte im deutschen Recht – Bestandsaufnahme und Handlungsperspektiven“, erstellt im Auftrag der Enquete – Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“ des Deutschen Bundestages, S. 318. 23 Francke/Hart, Charta der Patientenrechte: Rechtsgutachten zur Vorbereitung einer Charta der Patientenrechte gemäß dem Beschluss der 70. GMK, S. 104. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 12 (1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht. (2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren , dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Der Versicherte hat die erfolgte Beratung gegenüber dem Leistungserbringer schriftlich zu bestätigen. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Abs. 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln . Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Jahr gebunden. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt dem Deutschen Bundestag über das Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. März 2009 einen Bericht über die Erfahrungen mit den durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung in dieser Vorschrift bewirkten Rechtsänderungen vor. […]“ 3.3.1.2.2. Erläuterungen Die Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse werden überwiegend in Natur, d.h. als Dienstoder Sachleistung, erbracht. Dies gilt für die ärztliche Behandlung, für die zahnärztliche Behandlung , für die Krankenhausbehandlung sowie für die Versorgung mit Arzneimitteln, Heil- und Hilfsmitteln. In diesen Fällen hat der Versicherte einen Anspruch darauf, dass die Krankenkasse ihm die notwendige Behandlung tatsächlich verschafft. Wenn die Versorgung durch die Krankenkasse nicht in Natur verschafft werden kann, tritt an die Stelle dieses Sachleistungsanspruchs ein Kostenerstattungsanspruch.24 Nach § 13 Abs. 1 SGB V darf die Krankenkasse die Kostenerstattung nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen gewähren. Die Vorschrift untermauert damit den Sachleistungsgrundsatz und macht die Kostenerstattung zur Ausnahme. Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 SGB V können alle Versicherten anstelle der Sach- oder Dienstleistung die Kostenerstattung wählen. Dafür müssen sie die Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen (§ 13 Abs. 2 Satz 2 SGB V). Die Pflicht der Krankenkassen, die Versicherten vor ihrer Wahl zu beraten, ist mit dem 1. April 2007 durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz25 abgeschafft worden. Nunmehr muss der Leistungserbringer (vorher) darüber informieren, dass Kosten, die die Krankenkasse nicht übernimmt, 24 Francke/Hart, Charta der Patientenrechte: Rechtsgutachten zur Vorbereitung einer Charta der Patientenrechte gemäß dem Beschluss der 70. GMK, S. 105, 106. 25 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 378), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 15. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2426). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 13 vom Versicherten zu tragen sind (§ 13 Abs. 2 Satz 3 SGB V). Die erfolgte Beratung ist schriftlich zu bestätigen (§ 13 Abs. 2 Satz 4 SGB V). Gleichzeitig sind die Wahlmöglichkeiten der Versicherten ausgeweitet worden. Nach der bis Ende März 2007 geltenden Rechtslage bestand nur die Alternative , entweder für alle Behandlungen Kostenerstattung zu wählen oder die Wahl auf den Bereich der ambulanten Behandlung zu beschränken. Das jetzt geltende Recht hingegen ermöglicht es den Versicherten, für vier bestimmte Leistungssektoren vom Sachleistungsprinzip abzuweichen (§ 13 Abs. 2 Satz 5 SGB V). Seit dem 1. Januar 2004 dürfen unter näher bestimmten Voraussetzungen auch nicht zugelassene Leistungserbringer in Anspruch genommen werden (§ 13 Abs. 2 Sätze 6 und 7 SGB V). Die Höhe des Erstattungsanspruchs ist nach § 13 Abs. 2 Satz 9 SGB V grundsätzlich auf den Betrag beschränkt, den die Krankenkasse bei der Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte.26 3.3.1.3. Recht auf Qualität27 (§ 2 SGB V) 3.3.1.3.1. Normtext „§ 2 Leistungen (1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arzneiund Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. (2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen können auf Antrag auch als Teil eines trägerübergreifenden Persönlichen Budgets erbracht werden; § 17 Abs. 2 bis 4 des Neunten Buches in Verbindung mit der Budgetverordnung und § 159 des Neunten Buches finden Anwendung. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern. (3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen. (4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.“ 26 Francke/Hart, Charta der Patientenrechte: Rechtsgutachten zur Vorbereitung einer Charta der Patientenrechte gemäß dem Beschluss der 70. GMK, S. 106; Helbig, jurisPK-SGB V, § 13 Rn. 17, 18. 27 Zur Vertiefung vgl. Hanika, Patientencharta: Stärkung der Rechte der Patienten bei der Reform der Gesundheitssysteme in Europa – Herausforderungen für Deutschland?!, in: MedR 1999, S. 158; Kluth, in: Fischer /Kluth/Lilie, Rechtsgutachten „Ansätze für eine Stärkung der Patientenrechte im deutschen Recht – Bestandsaufnahme und Handlungsperspektiven“, erstellt im Auftrag der Enquete – Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“ des Deutschen Bundestages, S. 319; Kranich/ Böcken, Patientenrechte und Patientenunterstützung in Europa – Anregungen und Ideen für Deutschland –, S. 81. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 14 3.3.1.3.2. Erläuterungen Der Patient hat Anspruch auf eine gute fachärztliche Tätigkeit in Anamnese, Diagnostik und Therapie . Der haftungsrechtliche Sorgfaltsmaßstab bestimmt sich nach dem anerkannten und gesicherten Standard der medizinischen Wissenschaft zum Zeitpunkt der Behandlung. Das Sozialgesetzbuch verlangt in § 2 Abs. 1 SGB V insofern eine ärztliche Behandlung, die ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist, das Maß des Notwendigen nicht überschreitet, in Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht, den medizinischen Fortschritt berücksichtigt und human ist.28 Neben dem ausreichenden Angebot an qualifizierten Leistungserbringern in Gesundheitsberufen kommt auch der Qualität der medikamentösen Versorgung eine große Bedeutung zu. Der Patient hat ein Recht darauf, mit qualitativ einwandfreien Arzneimitteln bzw. Medizinprodukten behandelt zu werden; das gleiche gilt für die verwendeten Geräte und Anlagen.29 Die Qualität der ärztlichen Versorgung – als Ausfluss des durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit – wird in der Bundesrepublik Deutschland insbesondere auch dadurch sichergestellt, dass jede Ärztin und jeder Arzt Mitglied der Ärztekammer seines Bundeslandes ist, deren vornehmliche Aufgabe darin besteht, für Weiterbildung und Qualitätssicherung zu sorgen.30 3.3.1.4. Datenschutzrechtliche Erhebung und Weitergabe von Patientendaten (§ 73 Abs. 1b SGB V) 3.3.1.4.1. Normtext (Auszug) „§ 73 Vertragsärztliche Versorgung […](1b) Ein Hausarzt darf mit schriftlicher Einwilligung des Versicherten, die widerrufen werden kann, bei Leistungserbringern, die einen seiner Patienten behandeln, die den Versicherten betreffenden Behandlungsdaten und Befunde zum Zwecke der Dokumentation und der weiteren Behandlung erheben. Die einen Versicherten behandelnden Leistungserbringer sind verpflichtet, den Versicherten nach dem von ihm gewählten Hausarzt zu fragen und diesem mit schriftlicher Einwilligung des Versicherten, die widerrufen werden kann, die in Satz 1 genannten Daten zum Zwecke der bei diesem durchzuführenden Dokumentation und der weiteren Behandlung zu übermitteln; die behandelnden Leistungserbringer sind berechtigt, mit schriftlicher Einwilligung des Versicherten, die widerrufen werden kann, die für die Behandlung erforderlichen Behandlungsdaten und Befunde bei dem Hausarzt und anderen Leistungserbringern zu erheben und für die Zwecke der von ihnen zu erbringenden Leistungen zu verarbeiten und zu nutzen. Der Hausarzt darf die ihm nach den Sätzen 1 und 2 übermittelten Daten nur zu dem Zweck verarbeiten 28 Kranich/ Böcken, Patientenrechte und Patientenunterstützung in Europa – Anregungen und Ideen für Deutschland –, S. 81. 29 Kluth, in: Fischer/Kluth/Lilie, Rechtsgutachten „Ansätze für eine Stärkung der Patientenrechte im deutschen Recht – Bestandsaufnahme und Handlungsperspektiven“, erstellt im Auftrag der Enquete – Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“ des Deutschen Bundestages, S. 319. 30 Hanika, Patientencharta: Stärkung der Rechte der Patienten bei der Reform der Gesundheitssysteme in Europa – Herausforderungen für Deutschland?!, in: MedR 1999, S. 158. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 15 und nutzen, zu dem sie ihm übermittelt worden sind; er ist berechtigt und verpflichtet, die für die Behandlung erforderlichen Daten und Befunde an die den Versicherten auch behandelnden Leistungserbringer mit dessen schriftlicher Einwilligung, die widerrufen werden kann, zu übermitteln . § 276 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 bleibt unberührt. Bei einem Hausarztwechsel ist der bisherige Hausarzt des Versicherten verpflichtet, dem neuen Hausarzt die bei ihm über den Versicherten gespeicherten Unterlagen mit dessen Einverständnis vollständig zu übermitteln; der neue Hausarzt darf die in diesen Unterlagen enthaltenen personenbezogenen Daten übermitteln. […]“ 3.3.1.4.2. Erläuterungen § 73 Abs. 1b SGB V ermächtigt die Hausärzte und andere Leistungserbringer, Patientendaten zu erheben und weiterzugeben, um so die Koordinationsfunktion des Hausarztes zu gewährleisten.31 Patientendaten sind die notwendigen Behandlungsdaten aus der eigenen Untersuchung bzw. Behandlung des Versicherten und die wesentlichen Behandlungsdaten und Befunde über den Versicherten, die zum Zwecke der Dokumentation bei den Vertragsärzten, welche den Versicherten weiterbehandeln, erhoben wurden.32 Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen für die Datenerhebung und Datennutzung durch den an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt geschaffen. Auch der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Leistungserbringer ist verpflichtet, den Versicherten nach dem von ihm gewählten Hausarzt zu befragen und dem gegebenenfalls gewählten Hausarzt die Behandlungsdaten und Befunde zum Zwecke der hausärztlichen Dokumentation sowie der weiteren Behandlung zur Verfügung zu stellen. Wie die Koordination soll auch die Dokumentation, d.h. die Zusammenführung, Bewertung und Aufbewahrung der wesentlichen Behandlungsdaten, Befunde und Berichte aus der ambulanten und stationären Versorgung unwirtschaftliche, medizinisch nicht indizierte (Doppel-)Untersuchungen verhindern. Deshalb sind die Patientendaten aus der ambulanten und stationären Versorgung zu dokumentieren und weiterbehandelnden Vertragsärzten sowie Krankenhausärzten im Rahmen der berufs- und datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu übermitteln.33 3.3.1.5. Patientenschutz bei Verordnung besonderer Arzneimittel (§ 73d SGB V) 3.3.1.5.1. Normtext (Auszug) „§ 73d Verordnung besonderer Arzneimittel (1) Die Verordnung von Arzneimitteln, insbesondere von Spezialpräparaten mit hohen Jahrestherapiekosten oder mit erheblichem Risikopotenzial, bei denen auf Grund ihrer besonderen Wirkungsweise zur Verbesserung der Qualität ihrer Anwendung, insbesondere hinsichtlich der Patientensicherheit sowie des Therapieerfolgs besondere Fachkenntnisse erforderlich sind, die über das Übliche hinausgehen (besondere Arzneimittel), erfolgt durch den behandelnden Arzt in Abstimmung mit einem Arzt für besondere Arzneimitteltherapie nach Absatz 2 oder durch diesen Arzt. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 31 Adolf, jurisPK-SGB V, § 73 Rn. 88. 32 Adolf, jurisPK-SGB V, § 73 Rn. 70. 33 Hencke, in: Peters, KV (SGB V), § 73 Rn. 6c. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 16 6 das Nähere insbesondere zu Wirkstoffen, Anwendungsgebieten, Patientengruppen, zur qualitätsgesicherten Anwendung und zu den Anforderungen an die Qualifikation der Ärzte nach Absatz 2 für die jeweiligen Arzneimittel. In den Richtlinien ist das Nähere zur Abstimmung des behandelnden Arztes mit einem Arzt nach Absatz 2 zu regeln. In den Richtlinien soll vorgesehen werden, dass die erstmalige Verordnung sowie eine Wiederholung der Verordnung nach Ablauf einer bestimmten Frist von einem Arzt nach Absatz 2 erfolgt, soweit dies zur Gewährleistung der Patientensicherheit, des Therapieerfolgs oder der Wirtschaftlichkeit erforderlich ist. In den Richtlinien sind angemessene Fristen für die Abstimmung des behandelnden Arztes mit einem Arzt für besondere Arzneimitteltherapie nach Satz 1 unter Berücksichtigung des indikationsspezifischen Versorgungsbedarfs vorzusehen sowie das Nähere zur Verordnung ohne vorherige Abstimmung nach Satz 1 in Notfällen. (2) Ärzte für besondere Arzneimitteltherapie sind im Rahmen der Versorgung der Versicherten tätige Ärzte, die die Voraussetzungen der nach Absatz 1 beschlossenen Richtlinien erfüllen; sie werden durch die Kassenärztliche Vereinigung im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen bestimmt, sofern sie ihre Beziehungen zur pharmazeutischen Industrie einschließlich Art und Höhe von Zuwendungen offen legen. Kommt eine Einigung nach Satz 1 zweiter Halbsatz nicht in angemessener Frist zustande und sind hierdurch bessere Ergebnisse für die Versorgung hinsichtlich der Patientenversorgung und der Wirtschaftlichkeit zu erwarten, kann die Krankenkasse nach vorheriger Ausschreibung durch Vertrag die Wahrnehmung der Aufgabe eines Arztes für besondere Arzneimitteltherapie auf einzelne der nach Satz 1 bestimmten Ärzte beschränken. Die Krankenkasse hat einen Vertrag nach Satz 2 der Kassenärztlichen Vereinigung spätestens zwei Monate vor Vertragsbeginn mitzuteilen. Verträge nach Satz 2 können jeweils mit Wirkung ab Beginn eines Kalenderjahres mit Gültigkeit von mindestens zwei Jahren vereinbart werden. Abweichend von Satz 1 zweiter Halbsatz kann die Krankenkasse nach den §§ 116b und 117 tätige Ärzte mit deren Einvernehmen zu Ärzten für besondere Arzneimitteltherapie bestimmen. Ärzte des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung können nicht zu Ärzten für besondere Arzneimitteltherapie bestimmt werden. […]“ 3.3.1.5.2. Erläuterungen Die Norm des § 73d SGB V ist durch Art. 1 Nr. 27 des GKV-WSG mit Wirkung vom 1. April 2007 eingeführt worden. Sie soll eine indikationsgerechte Anwendung und eine gezielte Kontrolle bei sehr teuren oder nebenwirkungsintensiven Medikamenten gewährleisten. Zu diesem Zweck wurde die ärztliche Verordnung bestimmter Arzneimittel an besondere Bedingungen geknüpft: sie muss unter Einbeziehung von Ärzten für besondere Arzneimitteltherapie (Zweitmeinungs- Verfahren) erfolgen. Der Gemeinsame Bundesausschuss wurde ermächtigt, für die betroffenen Medikamente das Verfahren und die Qualifikation der Ärzte zu bestimmen.34 In § 73d Abs. 1 SGB V wird definiert, für welche Arzneimittel das Sonderverfahren bei der Verordnung (Zweitmeinung bzw. Verordnung durch Ärzte für besondere Arzneimitteltherapie) gilt. Welche Wirkstoffgruppen bei welchen Indikatoren besondere Arzneimittel im Sinne des Satzes 1 sind, hat der Gemeinsame Bundesausschuss in den Arzneimittelrichtlinien festzulegen (§ 73d Abs. 1 Satz 2 SGB V), ferner die Qualifikationsanforderungen der Ärzte für besondere Arzneimitteltherapie bezogen auf die jeweiligen Arzneimittel. Die Ärzte für besondere Arzneimitteltherapie müssen nach § 73d Abs. 2 Satz 1 SGB V die in den Arzneimittelrichtlinien definierten Voraussetzungen erfüllen und durch die Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den 34 Adolf, jurisPK-SGB V, § 73d Rn. 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 17 Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen bestimmt werden; außerdem müssen sie ihre Beziehungen zu den Arzneimittelherstellern offenlegen.35 3.3.1.6. Recht auf freie Arztwahl36 (§ 76 SGB V) 3.3.1.6.1. Normtext „§ 76 Freie Arztwahl (1) Die Versicherten können unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten, den medizinischen Versorgungszentren, den ermächtigten Ärzten, den ermächtigten oder nach § 116b an der ambulanten Versorgung teilnehmenden Einrichtungen, den Zahnkliniken der Krankenkassen , den Eigeneinrichtungen der Krankenkassen nach § 140 Abs. 2 Satz 2, den nach § 72a Abs. 3 vertraglich zur ärztlichen Behandlung verpflichteten Ärzten und Zahnärzten, den zum ambulanten Operieren zugelassenen Krankenhäusern sowie den Einrichtungen nach § 75 Abs. 9 frei wählen. Andere Ärzte dürfen nur in Notfällen in Anspruch genommen werden. Die Inanspruchnahme der Eigeneinrichtungen der Krankenkassen nach § 140 Abs. 1 und 2 Satz 1 richtet sich nach den hierüber abgeschlossenen Verträgen. Die Zahl der Eigeneinrichtungen darf auf Grund vertraglicher Vereinbarung vermehrt werden, wenn die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 Satz 1 erfüllt sind. (2) Wird ohne zwingenden Grund ein anderer als einer der nächsterreichbaren an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Einrichtungen oder medizinische Versorgungszentren in Anspruch genommen, hat der Versicherte die Mehrkosten zu tragen. (3) Die Versicherten sollen den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt innerhalb eines Kalendervierteljahres nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Der Versicherte wählt einen Hausarzt. Der Arzt hat den Versicherten vorab über Inhalt und Umfang der hausärztlichen Versorgung (§ 73) zu unterrichten; eine Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung hat er auf seinem Praxisschild anzugeben. (3a) Die Partner der Verträge nach § 82 Abs. 1 haben geeignete Maßnahmen zu vereinbaren, die einer unkoordinierten Mehrfachinanspruchnahme von Vertragsärzten entgegenwirken und den Informationsaustausch zwischen vor- und nachbehandelnden Ärzten gewährleisten. (4) Die Übernahme der Behandlung verpflichtet die in Absatz 1 genannten Personen oder Einrichtungen dem Versicherten gegenüber zur Sorgfalt nach den Vorschriften des bürgerlichen Vertragsrechts . (5) Die Versicherten der knappschaftlichen Krankenversicherung können unter den Knappschaftsärzten und den in Absatz 1 genannten Personen und Einrichtungen frei wählen. Die Absätze 2 bis 4 gelten entsprechend.“ 35 Adolf, jurisPK-SGB V, § 73d Rn. 7. 36 Vgl. zur Vertiefung Auktor, in: Kruse/Hänlein, Kommentar zum SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung, § 76; Hanika, Patientencharta: Stärkung der Rechte der Patienten bei der Reform der Gesundheitssysteme in Europa – Herausforderungen für Deutschland?!, in: MedR 1999, S. 158; Hencke, in: Peters, KV (SGB V), § 76; Hesral, in: jurisPK-SGB V, § 76; Kluth, in: Fischer/Kluth/Lilie, Rechtsgutachten „Ansätze für eine Stärkung der Patientenrechte im deutschen Recht – Bestandsaufnahme und Handlungsperspektiven“, erstellt im Auftrag der Enquete – Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“ des Deutschen Bundestages, S. 320; Klückmann, in: Noftz/Engelhard/Flint u.a., Kommentar zum SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung –, § 76; Kranich/ Böcken, Patientenrechte und Patientenunterstützung in Europa – Anregungen und Ideen für Deutschland –, S. 79 f.; Schneider, Patientenrechte, in: MedR 2000, S. 500. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 18 3.3.1.6.2. Erläuterungen Nach § 76 Abs. 1 SGB V können Versicherte unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten, den medizinischen Versorgungszentren, den ermächtigten Ärzten, den ermächtigten oder gemäß § 116b SGB V an der ambulanten Versorgung teilnehmenden Einrichtungen, den Zahnkliniken der Krankenkassen, den vertraglich zur ärztlichen Behandlung verpflichteten Ärzten oder Zahnärzten sowie den zum ambulanten Operieren zugelassenen Krankenhäusern frei wählen. § 76 SGB V statuiert insofern den Grundsatz der freien Arztwahl für die Versicherten im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung bzw. für die knappschaftliche Krankenversicherung. Aus der Sicht der Versicherten spielt die freie Arztwahl eine große Rolle und ist Ausdruck seiner „Patientensouveränität “ und autonomen Selbstverantwortung. Der Regelung kommt damit eine Abgrenzungsfunktion in positiver und negativer Hinsicht zu: Einerseits wird rechtlich die Wahlmöglichkeit unter allen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und (ärztlich geleiteten) Einrichtungen sowie den übrigen in § 76 Abs. 1 Satz 1 aufgeführten medizinischen Versorgungseinrichtungen bestimmt, andererseits wird die Wahlmöglichkeit aber auf diese beschränkt , um so der Ausuferung des Wahlrechts vorzubeugen. So ist eine Beschränkung der freien Arztwahl durch eine Regelung im Gesamtvertrag oder Bundesmantelvertrag , die die Inanspruchnahme eines zugelassenen Vertragsarztes von der Überweisung durch einen anderen Vertragsarzt abhängig macht etwa dann zulässig, wenn aufgrund des spezialisierten Versorgungsangebotes eines Gebietsarztes ein direkter Zugang der Versicherten nicht sinnvoll erscheint.37 Daneben existieren weitere Begrenzungen des Teilnahmerechts der Leistungserbringer. Bestimmte Vertragsarztgruppen etwa dürfen Leistungen nur nach Überweisung durch die übrigen Vertragsarztgruppen erbringen. Beachtlich ist auch die Bindung des Vertragsarztes an die inneren Grenzen seiner Zulassung in Gestalt der Bindung an die Grenzen des Weiterbildungsgebietes, die Beschränkung auf den gewählten Versorgungsbereich (hausärztliche oder fachärztliche Versorgung) und die Beschränkungen, wie sie in den Gebührenordnungen festgelegt sind. Schließlich können nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte , insbesondere auch Krankenhäuser, soweit es nicht ambulante Behandlungen bzw. Operationen betrifft, nur in Notfällen für die ambulante Versorgung in Anspruch genommen werden.38 Umgekehrt dürfen die Beschränkungsmöglichkeiten aber nicht zu weit gehen. Suchte etwa der Gesetzgeber im Wege der Änderung des § 76 SGB V die gesetzlich Krankenversicherten zu verpflichten , im Behandlungsfall zunächst den Hausarzt aufzusuchen, oder folgte er der Zielvorstellung , den Patienten langfristig an einen Arzt zu binden, ginge damit für den Versicherten ein Stück Privatautonomie verloren. Aus Sicht des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherungen wäre damit eine Einschränkung der Rechte der gesetzlich Krankenversicherten gegenüber den Privatpatienten verbunden. Einem solchen Vorhaben wäre schon deshalb eine Absage zu erteilen , weil es zu einer Vertiefung der Unterschiede zwischen privat und gesetzlich versicherten Patienten führen würde.39 37 Auktor, in: Kruse/Hänlein, Kommentar zum SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung, § 76 Rn. 4 unter Bezugnahme auf BSGE 43, 247; BSGE 58, 18. 38 Klückmann, in: Noftz/Engelhard/Flint u.a., Kommentar zum SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung –, § 76 Rn. 9-10. 39 Schneider, Patientenrechte, in: MedR 2000, S. 500. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 19 3.3.2. Rechte des Patienten auf Information, Aufklärung, Beratung und Unterstützung 3.3.2.1. Anspruch des Patienten gegenüber dem Vertragsarzt auf „wirtschaftliche“ Beratung /Aufklärung bei der Arzneimitteltherapie40 (§ 73 Abs. 5 S. 3 SGB V) § 73 Abs. 5 SGB V regelt: „Der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt und die ermächtigte Einrichtung sollen bei der Verordnung von Arzneimitteln die Preisvergleichsliste nach § 92 Abs. 2 beachten. Sie können auf dem Verordnungsblatt oder in dem elektronischen Verordnungsdatensatz ausschließen , dass die Apotheken ein preisgünstigeres wirkstoffgleiches Arzneimittel anstelle des verordneten Mittels abgeben. Verordnet der Arzt ein Arzneimittel, dessen Preis den Festbetrag nach § 35 oder § 35a überschreitet, hat der Arzt den Versicherten auf die sich aus seiner Verordnung ergebende Pflicht zur Übernahme von Mehrkosten hinzuweisen“. § 73 Abs. 5 S. 3 SGB V verpflichtet den Arzt bei der Verordnung von Arzneimitteln, deren Preis den Festbetrag nach §§ 35, 35a SGB V überschreitet, den Versicherten auf die sich daraus ergebende Pflicht zur Übernahme von Mehrkosten hinzuweisen. Dies setzt eine entsprechende Information des Arztes voraus, die nach § 92 Abs. 2 SGB V durch die Preisvergleichsliste erfolgen sollte. Die Preisvergleichsliste ist ebenso wie die Krankenhausvergleichsliste für die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen eine verbindliche Informationsquelle. Die Informationspflicht des Arztes beschränkt sich auf eine Mitteilung über die Pflicht zur Übernahme von Mehrkosten durch den Versicherten. Sie umfasst aber nicht die Angabe einer exakten Höhe dieser Mehrkosten, die schon wegen der wesentlich erweiterten Möglichkeit der Krankenkassen zum Abschluss den Apotheker bindender Rabattvereinbarungen nicht erfolgen kann; insoweit kann der Arzt den Versicherten auf die Auskunft des Apothekers verweisen, der in der Regel schneller über Preisänderungen informiert wird.41 3.3.2.2. Informationsrechte gegenüber den Krankenkassen42 (§§ 14, 15 SGB I) 3.3.2.2.1. Anspruch auf Beratung (§ 14 SGB I) § 14 SGB I besagt: „Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.“ 40 Zur Vertiefung vgl. Francke/Hart, Charta der Patientenrechte: Rechtsgutachten zur Vorbereitung einer Charta der Patientenrechte gemäß dem Beschluss der 70. GMK, S. 189 f.; Hencke, in: Peters, KV (SGB V), § 73; Hess, in: Leitherer (Hrsg.), Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Band 1, § 73 SGB V. 41 Hencke, in: Peters, KV (SGB V), §7 3 Rn. 35; Hess, in: Leitherer (Hrsg.), Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht , Band 1, § 73 SGB V, Rn. 39. 42 Zur Vertiefung vgl. Francke/Hart, Charta der Patientenrechte: Rechtsgutachten zur Vorbereitung einer Charta der Patientenrechte gemäß dem Beschluss der 70. GMK, S. 193 ff.; Schneider, Patientenrechte, in: MedR 2000, S. 500. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 20 Die in § 14 SGB I normierte Beratungspflicht des Leistungsträgers besteht nur innerhalb der durch Gesetz und Recht gezogenen Grenzen. Ihr Inhalt und ihr Umfang erstrecken sich auf den jeweiligen individuellen Bedarf auf Seiten des Versicherten. Sie umfasst eine Fürsorge- und Betreuungspflicht , die verständnisvolle Förderung des um Rat Suchenden sowie die Erteilung sachdienlicher Hinweise auf Gestaltungsmöglichkeiten, mittels derer ihm zu den ihm zustehenden Leistungen verholfen wird. Die Beratung muss, gemessen an dem für den Sozialversicherungsträger erkennbaren Beratungsbedarf, zutreffend, vollständig und verständlich sein und den Beratenen in die Lage versetzen, seine weiteren Dispositionen ohne Schwierigkeiten daran auszurichten . Sie muss zudem der besonderen Situation, in der sie erbeten und erteilt wird, Rechnung tragen. Selbst in zeit- und kostenaufwändigen Beratungsfällen darf sich der Leistungsträger seiner Beratungspflicht grundsätzlich nicht dadurch entziehen, dass er dem Ratsuchenden lediglich andere Möglichkeiten benennt.43 3.3.2.2.2. Anspruch auf Auskunft (§ 15 SGB I) Ansprüche des Patienten auf Auskunft regeln die Absätze 1-3 des § 15 SGB I; diese lauten: „(1) Die nach Landesrecht zuständigen Stellen, die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung sind verpflichtet, über alle sozialen Angelegenheiten nach diesem Gesetzbuch Auskünfte zu erteilen. (2) Die Auskunftspflicht erstreckt sich auf die Benennung der für die Sozialleistungen zuständigen Leistungsträger sowie auf alle Sach- und Rechtsfragen, die für die Auskunftssuchenden von Bedeutung sein können und zu deren Beantwortung die Auskunftsstelle im Stande ist. (3) Die Auskunftsstellen sind verpflichtet, untereinander und mit den anderen Leistungsträgern mit dem Ziel zusammenzuarbeiten, eine möglichst umfassende Auskunftserteilung durch eine Stelle sicherzustellen.“ Die Pflicht zur Auskunftserteilung dient in erster Linie dem Schutz und den Interessen des Einzelnen . Gegenstand des Auskunftsersuchens können nur Fragen sein, die das eigene Sozialrechtsverhältnis der Auskunftssuchenden betreffen. Die Auskunft umfasst alle Angelegenheiten des SGB und behandelt alle Sach- und Rechtsfragen der Auskunftssuchenden. Unter „Rechtsfragen “ sind die Rechte und Pflichten nach dem SGB I sowie den besonderen Teilen des SGB zu verstehen. „Sachfragen“ dagegen sind alle Fragen nach den Mitteln und Wegen zur Bewältigung aktueller sozialer Probleme der Auskunftssuchenden (z.B. Alkohol- oder Drogenabhängigkeit). Die Kranken- und Pflegekassen sind nur auf Anfrage zur Auskunft verpflichtet, sie dürfen sich aber nicht immer nur auf die Beantwortung der vom Auskunftssuchenden gestellten Fragen beschränken . Der Auskunftsanspruch entsteht mit der Anfrage des Auskunftssuchenden.44 43 Schneider, Patientenrechte, in: MedR 2000, S. 500. 44 Francke/Hart, Charta der Patientenrechte: Rechtsgutachten zur Vorbereitung einer Charta der Patientenrechte gemäß dem Beschluss der 70. GMK, S. 195. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 21 3.3.2.3. Informationspflichten der Krankenkassen 3.3.2.3.1. Aufklärungspflicht (§ 13 SGB I) § 13 SGB I lautet: „Die Leistungsträger, ihre Verbände und die sonstigen in diesem Gesetzbuch genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen sind verpflichtet, im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Bevölkerung über die Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch aufzuklären.“ Aus der Aufklärungspflicht der Krankenkassen nach § 13 SGB I ergibt sich eine wesentliche Ausprägung von Patientenrechten, soweit der Aufgabenbereich des SGB in Frage steht. Jedermann – „die Bevölkerung“ – hat danach das Recht, von der jeweiligen Krankenkasse über Bestehen und Reichweite seiner Rechte im Krankenversicherungsverhältnis in Kenntnis gesetzt zu werden. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes räumt dem Adressaten einer Aufklärung, wenngleich nur in Ausnahmefällen, die Möglichkeit des Rückgriffs ein: hat er aufgrund einer unvollständigen, unrichtigen oder missverständlichen Allgemeininformation eine ihm vorteilhafte Disposition unterlassen oder eine ihm nachteilige Rechtshandlung vorgenommen, werden die Voraussetzungen für den sozialrechtlichen „Herstellungsanspruch“ als erfüllt angesehen.45 3.3.2.3.2. Informationspflichten als Nebenpflichten aus dem Sozialrechtsverhältnis Die §§ 13-15 SGB I regeln die sozialrechtlichen Informationspflichten nicht abschließend. Vielmehr haben die Krankenkassen eine über die positivierten Aufklärungs-, Beratungs- und Auskunftspflichten hinausgehende Betreuungspflicht als Nebenpflicht aus dem zwischen ihnen und den Versicherten bestehenden Sozialleistungsverhältnis. Diese Pflicht trägt der Informationsabhängigkeit der Berechtigten im Hinblick auf die Realisierung ihrer Rechtstellung Rechnung. Das Ziel der Betreuungspflicht ist es, eine Informationslage zu schaffen, die dem einzelnen eine freie und selbstständige Entscheidung über die Gestaltung seines Sozialleistungsverhältnisses erlaubt. Dies ist umso wichtiger, je mehr von den Versicherten eigenverantwortliches Handeln erwartet wird. Die Betreuungspflicht beinhaltet die Verpflichtung der Sozialleistungsträger, die Interessen der Versicherten zu wahren, indem sie diese dabei unterstützt, sachgerechte und für sie sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Aus der Betreuungspflicht erwächst den Sozialleistungsträgern damit die Aufgabe, die Versicherten umfangreich zu beraten. Der über die Informationspflichten der §§ 13-15 SGB I hinausgehende Gehalt der Betreuungspflicht besteht darin, im konkreten Sozialleistungsverhältnis auch nicht nachgefragte Beratung zu gewährleisten, sobald ein Bedarf ersichtlich wird.46 3.3.2.3.3. Umsetzung der Informationspflichten Die Sozialleistungserbringer nehmen ihre Aufklärungs-, Beratungs- und Auskunftspflichten auf unterschiedliche Weise wahr. Ein Blick auf die Tätigkeit der Krankenkassen in diesem Bereich ergibt ein buntes Feld von Maßnahmen, die der Information, Beratung und Aufklärung dienen. Unter den Maßnahmen, die der Aufklärung dienen sollen, finden sich etwa regelmäßige Mitglie- 45 Schneider, Patientenrechte, in: MedR 2000, S. 500 unter Bezugnahme auf BSGE 67, 90, 92 ff.; 72, 80, 83. 46 Francke/Hart, Charta der Patientenrechte: Rechtsgutachten zur Vorbereitung einer Charta der Patientenrechte gemäß dem Beschluss der 70. GMK, S. 196, 197. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 22 derzeitschriften, in denen vielfältige Informationen enthalten sind, spezielle Beratungsblätter zu eingegrenzten Themenbereichen, Rundbriefe, die sich aufgrund bestimmter aktueller Anlässe eines Themas annehmen sowie Beratungsseiten in Datennetzen. Zur Beratung und Auskunft werden schließlich Angebote bereit gehalten wie der Einsatz von besonders geschulten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Versichertentelefone sowie besondere Sprechstunden.47 3.3.2.4. Beratung und Unterstützung von Patienten durch die Krankenkassen bei Behandlungsfehlern 48 (§ 66 SGB V) 3.3.2.4.1. Normtext „§ 66 Unterstützung der Versicherten bei Behandlungsfehlern Die Krankenkassen können die Versicherten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen, die bei der Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen aus Behandlungsfehlern entstanden sind und nicht nach § 116 SGB X auf die Krankenkassen übergehen, unterstützen.“ 3.3.2.4.2. Erläuterungen Die Vorschrift des § 66 SGB V wurde durch das Gesundheits-Reformgesetzes (GRG49) vom 20. Dezember 1988 in das SGB V eingefügt und ist seitdem unverändert geblieben. Die Entscheidung, ob der Versicherte unterstützt werden soll, steht im Ermessen der Krankenkassen. Da dieses Ermessen zumeist in Abschätzung von Aufwand, Erfolgsaussicht und der Berechtigung nach Grund und Höhe des Schadensersatzanspruches ausgeübt wird, war nach Einschätzung der Fraktionen von SPD und Bündnis90/Die Grünen in ihrem Entwurf zum GRG grundsätzlich von einer generell ablehnenden Grundhaltung der Krankenkassen bei Unterstützungsanfragen der Versicherten auszugehen50. Im Übrigen bleibt der mit dem Wort „Unterstützung“ umrissene Anwendungsbereich ungenau und ist für die Kennzeichnung des Aufgabenbereiches der Vorschrift wenig hilfreich. Eine „Unterstützung “ beschränkt sich nach allgemeiner Ansicht nämlich lediglich darauf, dass die Kasse den Versicherten über die ihr aus dem einzelnen konkreten Behandlungsgeschehen im Zusammenhang mit der Vermittlung von Versicherungsleistungen bekannt gewordenen Informationen unterrichtet und ihm auf diese Weise Hilfestellung zur Realisierung seiner eigenen Ansprüche 47 Francke/Hart, Charta der Patientenrechte: Rechtsgutachten zur Vorbereitung einer Charta der Patientenrechte gemäß dem Beschluss der 70. GMK, S. 197. 48 Vgl. zur Vertiefung Flint, in: Noftz/Engelhard/Flint u.a., Kommentar zum SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung –, § 66, dieser Ausarbeitung beigefügt als Anlage 5; Koch, in: jurisPK-SGB V, § 66, beigefügt als Anlage 6; Krauskopf, in: Wagner/Knittel/Baier, Kommentar zur Sozialen Krankversicherung und Pflegeversicherung, § 66 SGB V; Marburger, Leistungen der Krankenkassen nach § 66 SGB V, in: ZfS 2007, S. 113; Roters, in: Leitherer (Hrsg.), Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Band 1, § 66 SGB V; Schneider, Patientenrechte, in: MedR 2000, S. 501; Schrinner, Patientenrechte – Unterstützung der Versicherten bei Behandlungsfehlern, in: Die Ersatzkasse 2004, S. 484-486. 49 Gesundheits-Reformgesetz vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2477), zuletzt geändert durch Artikel 105 des Gesetzes vom 27. April 1993 (BGBl. I S. 512). 50 Kruse, in: Kruse/Hänlein (Hrsg.), Kommentar zum Sozialgesetzbuch V – Gesetzliche Krankenversicherung –, § 66 Rn. 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 23 bietet.51 Laut Schneider orientiert sich die in § 66 SGB V getroffene Regelung zwar an der Gewährleistung von Patientenrechten. Indessen erscheine sie weder erforderlich noch systemgerecht. Nicht erforderlich sei sie schon deshalb, weil die Krankenkasse ihrem Versichertem bereits aus dem Sozialversicherungsverhältnis zur Erteilung der erforderlichen Informationen und Auskünfte verpflichtet sei. Gemessen an der Berechtigung der Kasse, ihre Versicherten im Rahmen des § 66 SGB V lediglich nach Ermessen zu unterstützen, schmälere die Vorschrift zudem das Auskunftsrecht des Versicherten und schränke damit sein Patientenrecht auf Informationen ohne Not ein. Die ihr beigelegte rechtspolitische Absicht werde damit gerade infolge ihrer Existenz ins Gegenteil verkehrt. Über die vorgenannten Bedenken hinaus sei die Vorschrift systemwidrig in das SGB V eingebunden, weil ihre normative Verankerung im Zehnten Abschnitt des SGB V über die „Weiterentwicklung der Versorgung“ wenig nachvollziehbar sei.52 Dennoch haben viele Krankenkassen von der durch § 66 SGB V eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht und sich so durch Leistungen profilieren können. Die Krankenversicherungen bieten den Versicherten Leistungen im Rahmen des sog. Behandlungsfehlermanagements an. An diesem Behandlungsfehlermanagement haben die Krankenkassen aber auch deshalb ein eigenes Interesse , weil es zugleich der Fehlerprophylaxe dient und damit zur Patientensicherheit beiträgt.53 3.3.2.5. Informationsrechte der Patienten gegenüber den Krankenkassen und den Leistungserbringern 54 (§ 305 SGB V) 3.3.2.5.1. Normtext „§ 305 Auskünfte an Versicherte (1) Die Krankenkassen unterrichten die Versicherten auf deren Antrag über die im jeweils letzten Geschäftsjahr in Anspruch genommenen Leistungen und deren Kosten. Die Kassenärztlichen und die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen übermitteln den Krankenkassen in den Fällen des Satzes 1 die Angaben über die von den Versicherten in Anspruch genommenen ärztlichen und zahnärztlichen Leistungen und deren Kosten für jeden Versicherten gesondert in einer Form, die eine Kenntnisnahme durch die Krankenkassen ausschließt. Die Krankenkassen leiten die Angaben an den Versicherten weiter. Eine Mitteilung an die Leistungserbringer über die Unterrichtung des Versicherten ist nicht zulässig. Die Krankenkassen können in ihrer Satzung das Nähere über das Verfahren der Unterrichtung regeln. (2) Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Einrichtungen und medizinischen Versorgungszentren haben die Versicherten auf Verlangen schriftlich in verständlicher Form, direkt im Anschluss an die Behandlung oder mindestens quartalsweise spätestens vier Wochen nach Ablauf des Quartals, in dem die Leistungen in Anspruch genommen worden sind, 51 Schneider, Patientenrechte, in: MedR 2000, S. 501. 52 Schneider, Patientenrechte, in: MedR 2000, S. 501. 53 Flint, in: Noftz/Engelhard/Flint u.a., Kommentar zum SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung –, § 66, Rn. 4,5. 54 Zur Vertiefung vgl. Didong, in: jurisPK-SGB V, § 305 – die Kommentierung ist dieser Ausarbeitung beigefügt als Anlage 7; Ross, in: Kruse/Hänlein, Kommentar zum SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung, § 305. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 24 über die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Leistungen und deren vorläufige Kosten (Patientenquittung ) zu unterrichten. Satz 1 gilt auch für die vertragszahnärztliche Versorgung. Der Versicherte erstattet für eine quartalsweise schriftliche Unterrichtung nach Satz 1 eine Aufwandspauschale in Höhe von 1 Euro zuzüglich Versandkosten. Das Nähere regelt die Kassenärztliche Bundesvereinigung. Die Krankenhäuser unterrichten die Versicherten auf Verlangen schriftlich in verständlicher Form innerhalb von vier Wochen nach Abschluss der Krankenhausbehandlung über die erbrachten Leistungen und die dafür von den Krankenkassen zu zahlenden Entgelte . Das Nähere regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft durch Vertrag. Kommt eine Regelung nach den Sätzen 4 und 6 bis zum 30. Juni 2004 nicht zu Stande, kann das Bundesministerium für Gesundheit das Nähere durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen. (3) Die Krankenkassen informieren ihre Versicherten auf Verlangen umfassend über in der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassene Leistungserbringer einschließlich medizinische Versorgungszentren und Leistungserbringer in der integrierten Versorgung sowie über die verordnungsfähigen Leistungen und Bezugsquellen, einschließlich der Informationen nach § 73 Abs. 8, § 127 Abs. 3. Die Krankenkasse hat Versicherte vor deren Entscheidung über die Teilnahme an besonderen Versorgungsformen in Wahltarifen nach § 53 Abs. 3 umfassend über darin erbrachte Leistungen und die beteiligten Leistungserbringer zu informieren. § 69 Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend .“ 3.3.2.5.2. Erläuterungen Die Vorschrift des § 305 SGB V dient der Stärkung des Kostenbewusstseins der Versicherten und der Herstellung von Transparenz über Angebote, Leistungen, Kosten und Qualität. Sie soll dem Versicherten mehr Eigenverantwortung übertragen und damit zu einer Verbesserung von Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen beitragen.55 Absatz 1 der Regelung enthält die Verpflichtung der Krankenkassen, ihren Versicherten auf Antrag Auskunft über die in Anspruch genommenen Leistungen und deren Kosten im jeweils letzten Geschäftsjahr zu erteilen. Da die Krankenkasse nicht über die ärztlich erbrachten Leistungen informiert ist, regelt Absatz 1 weiterhin die Übermittlung der betreffenden Angaben durch die Kassenärztlichen Vereinigungen und deren Geheimhaltung gegenüber der Krankenkasse. Auch eine Mitteilung über die Auskunftserteilung an die Leistungserbringer wird in Absatz 1 ausgeschlossen . Absatz 2 der Norm sieht eine eigene Unterrichtungspflicht der Ärzte, ärztlich geleiteten Einrichtungen und medizinischen Versorgungszentren durch eine Patientenquittung gegenüber den Versicherten vor. Die Verpflichtung besteht nur, wenn der Versicherte die Ausstellung der Patientenquittung verlangt. Absatz 2 enthält weiterhin Bestimmungen über die Kostentragung für die Patientenquittung und die Regelungsbefugnis der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Weiterhin beschreibt Absatz 2 eine Informationsverpflichtung der Krankenhäuser, wobei das Nähere vertraglich zu regeln ist. Absatz 3 begründet eine Informationspflicht der Krankenkassen über zugelassene Leistungserbringer, verordnungsfähige Leistungen und deren Bezugsquellen sowie über die Teilnahme an besonderen Versorgungsformen in Wahltarifen.56 55 Didong, in: jurisPK-SGB V, § 305 Rn. 7. 56 Didong, in: jurisPK-SGB V, § 305 Rn. 6. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 25 3.3.2.6. Institutionelle Förderung und Vorhaltung unabhängiger Beratungs- und Informationsangebote zur Stärkung der Patientenautonomie 3.3.2.6.1. Förderung von Einrichtungen zur Verbraucher- und Patientenberatung57 (§ 65b SGB V) Der Normtext des § 65b (Förderung von Einrichtungen zur Verbraucher- und Patientenberatung) lautet: „(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen fördert mit jährlich insgesamt 5.113.000 Euro je Kalenderjahr im Rahmen von Modellvorhaben Einrichtungen zur Verbraucher- oder Patientenberatung , die sich die gesundheitliche Information, Beratung und Aufklärung von versicherten zum Ziel gesetzt haben und die von dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen als förderungsfähig anerkannt wurden. Die Förderung einer Einrichtung zur Verbraucher- oder Patientenberatung setzt deren Nachweis über ihre Neutralität und Unabhängigkeit voraus. § 63 Abs. 5 Satz 2 und § 65 gelten entsprechend. (2) Die Finanzierung der Fördermittel nach Absatz 1 Satz 1 erfolgt durch eine Umlage der Krankenkassen gemäß dem Anteil ihrer Mitglieder an der Gesamtzahl aller Mitglieder der Krankenkassen . Die Zahl der Mitglieder der Krankenkassen ist nach dem Vordruck KM6 der Statistik über die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung jeweils zum 1. Juli eines Jahres zu bestimmen . Das Nähere zur Vergabe der Fördermittel bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen .“ Nach § 65b SGB V haben die Spitzenverbände der Krankenkassen mit jährlich insgesamt 5113000 Euro je Kalenderjahr im Rahmen von Modellvorhaben Einrichtungen zur Verbraucherund Patientenberatung zu fördern. Förderungswürdig sind solche Einrichtungen, „die sich die gesundheitliche Information, Beratung und Aufklärung von Versicherten zum Ziel gesetzt haben“ und die den „Nachweis über ihre Neutralität und Unabhängigkeit“ erbracht haben. Der Förderungsbetrag ist anteilsmäßig im Umlageweg bei den jeweiligen Krankenkassen einer Kassenart zu erheben.58 § 65b ist nach Auffassung von Schneider rechtspolitisch verfehlt, systemwidrig sowie verfassungsrechtlich zumindest fragwürdig59: Rechtspolitisch sei die Vorschrift deshalb verfehlt, weil im Gesetzgebungsverfahren die Notwendigkeit der Förderung mit keinem Wort dargetan worden sei. Zudem sei sie bereits ihrem Wortlaut nach derart unbestimmt, dass der Aufgabenbereich der 57 Zur Vertiefung vgl. Flint, in: Noftz/Engelhard/Flint u.a., Kommentar zum SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung –, § 65b, dieser Ausarbeitung beigefügt als Anlage 8; Francke/Mühlenbruch, Patientenberatung in Deutschland – Zum Ende der ersten Förderphase nach § 65b SGB V, in: GesR 2004, S. 161-166, beigefügt als Anlage 9; Krause/Schaeffer, Unabhängige Patientenberatung und Nutzerinformationen in Deutschland – Resultate des dreijährigen Modellvorhabens nach § 65b SGB V, in: GGW 2005, S. 14-22; Krauskopf, in: Wagner /Knittel/Baier, Kommentar zur Sozialen Krankversicherung und Pflegeversicherung, § 65b SGB V; Kruse, in: LPK-SGB V, § 65b, beigefügt als Anlage 10; Prognos AG, Unabhängige Patientenberatung in Deutschland – Wissenschaftliche Begleitung des Modellverbundes nach § 65b SGB V –, Kurzfassung des zweiten Zwischenberichts , Berlin Januar 2010, im Internet abrufbar unter: www.unabhaengige-patientenberatung.de; beigefügt als Anlage 11; Schneider, Patientenrechte, in: MedR 2000, S. 500, 501; 58 Schneider, Patientenrechte, in: MedR 2000, S. 500, 501. 59 Schneider, Patientenrechte, in: MedR 2000, S. 501. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 26 als förderungswürdig in Betracht kommenden Organisationen praktisch nicht einzugrenzen sei. Gerade hier unterliege die Vorschrift insoweit erheblichen Bedenken, als Gegenstand der Förderung wohl auch solche Einrichtungen sein könnten, deren Zielsetzung in der rechtlichen Beratung von Versicherten oder in der Wahrnehmung von Aufgaben auf dem Gebiet des Wettbewerbsrecht liege. Insofern sei die Regelung geeignet, die normative Ausgewogenheit des Systems der vertragsärztlichen Versorgung zu unterlaufen. Systemwidrig sei § 65b SGB V, weil durch die Förderung von Einrichtungen zur Verbraucherund Patientenberatung Aufgaben gegenüber Versicherten und für Versicherte wahrgenommen werden sollten. Dazu bedürfe es der Förderung Dritter aber nicht. Bereits die §§ 13 ff. SGB I verpflichteten die Krankenkassen gegenüber ihren Versicherten umfassend zur Aufklärung, Beratung und Information und es sei davon auszugehen, dass sie diesem Auftrag voll gerecht würden. Überdies sei die normative Verankerung der Regelung im Zehnten Abschnitt des SGB V über die „Weiterentwicklung der Versorgung“ kaum nachvollziehbar. Verfassungsrechtlichen Bedenken müsse die Norm begegnen, weil mit der Förderung von Einrichtungen zur Verbraucher- und Patientenberatung deren Aufgabenkreis gesetzlich nicht näher fixiert und darüber hinaus die Förderung keinesfalls mehr mit dem den gesetzlichen Krankenkassen gesetzlich zugewiesenen Aufgabenkreis in Einklang zu bringen sei; dies sei nicht mehr der „Sozialversicherung“ im Sinne des Art. 74 GG zuzurechnen. Aus der Sicht der Finanzierung der gesetzlichen Krankversicherung müsse schließlich die Zweckentfremdung von Solidarmitteln gerügt werden. Die Förderung von Einrichtungen zur Verbraucher- und Patientenberatung möge zwar politisch opportun erscheinen. Halte der Gesetzgeber die rechtliche Vorhaltung kollektiver Patientenschutzorganisationen für erforderlich, so sei ihm dies auch unbenommen – allerdings im Wege der Finanzierung aus Steuermitteln, nicht dagegen durch Zweckentfremdung von Solidarbeiträgen und nicht durch die Inanspruchnahme der institutionellen Ressourcen der gesetzlichen Krankenkassen.60 3.3.2.6.2. Förderung von gesundheitsbezogenen Selbsthilfegruppen und –organisationen61 (§ 20c SGB V) § 20c Förderung zur Selbsthilfe (Auszug): „(1) Die Krankenkassen und ihre Verbände fördern Selbsthilfegruppen und -organisationen, die sich die gesundheitliche Prävention oder die Rehabilitation von Versicherten bei einer der im Verzeichnis nach Satz 2 aufgeführten Krankheiten zum Ziel gesetzt haben, sowie Selbsthilfekontaktstellen im Rahmen der Festlegungen des Absatzes 3. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen beschließt ein Verzeichnis der Krankheitsbilder, bei deren gesundheitlicher Prävention oder Rehabilitation eine Förderung zulässig ist; sie haben die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Vertretungen der für die Wahrnehmung der Interessen der Selbsthilfe maßgeblichen Spitzenorganisationen zu beteiligen. Selbsthilfekontaktstellen müssen für eine Förderung ihrer 60 Schneider, Patientenrechte, in: MedR 2000, S. 501. 61 Hierzu ausführlich Förderung der gesundheitsbezogenen Selbsthilfe durch die öffentliche Hand und die Sozialversicherungsträger – Rechtsgrundlagen und Förderpraxis, Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, WD9 3000-002/08; Pitschas, Zur Rolle des „Patienten“ im Wandel des Gesundheitssystems. Stärkt die Gesundheitsreform 2007 die verfassungsverbürgte Patientenkompetenz?, in: VSSR 2007, S. 319-334. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 27 gesundheitsbezogenen Arbeit themen-, bereichs- und indikationsgruppenübergreifend tätig sein. […]“ Selbsthilfeorganisationen sind Organisationen mit überregionaler Interessensvertretung, meist größeren Mitgliederzahlen, teilweise mit hauptamtlichem Personal, bestimmter Rechtsform (zumeist eingetragener Verein), stärkeren Kontakten zu Behörden, Sozialleistungsträgern, Trägern der Freien Wohlfahrtspflege, Leistungserbringern etc. Als Aufgaben der Selbsthilfeorganisationen sind beispielhaft zu nennen: Interessensvertretung im gesundheits- und sozialpolitischen Bereich , Herausgabe von Medien zur Information und Unterstützung der betroffenen Menschen sowie der ihnen angeschlossenen Untergliederungen, Durchführung von Lehrgängen, Seminaren, Konferenzen und Fachtagungen. Neben Dienstleistungen für die eigenen Mitglieder erbringen sie Beratungs- und Informationsleistungen für Dritte.62 Durch die Förderung der organisierten Selbsthilfe in § 20c SGB V wird eine Rechtspflicht der Krankenkassen normiert. Diese Stärkung der Selbsthilfeförderung trägt dem gesteigerten Stellenwert der Selbsthilfebewegung Rechnung. Der Zweck der Förderung liegt darin, bei Prävention und Rehabilitation die vielfältigen Möglichkeiten der Selbsthilfe von Versicherten zur Ergänzung der professionellen Gesundheitsdienste zu nutzen. Die Selbsthilfe der Versicherten entspricht in besonderer Weise dem für jede Krankenversicherung unerlässlichen Prinzip der Eigenverantwortung , wonach die Versicherten für ihre Gesundheit mitverantwortlich sind und unter anderem durch gesundheitsbewusste Lebensführung den Eintritt von Krankheit oder Behinderung vermeiden sollen. Die insbesondere – aber nicht nur – bei chronischen Krankheiten vorhandenen Selbsthilfepotenziale sollen genutzt werden, vor allem durch Informationen über die Krankheit, Unterstützung beim Umgang mit der Krankheit, aber auch durch den Austausch mit anderen Betroffenen .63 3.3.2.6.3. Verpflichtung des – vom Gemeinsamen Bundesausschuss getragenen – Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zur Bereitstellung gesundheitsbezogener Informationen für die Bevölkerung64 (§ 139a Abs. 3 Nr. 6 SGB V) Normtext des § 139a Abs. 3 Nr. 6 SGB V (Auszug): „Das Institut wird zu Fragen von grundsätzlicher Bedeutung für die Qualität und Wirtschaftlichkeit der im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erbrachten Leistungen insbesondere auf folgenden Gebieten tätig […]: Nr. 6. Bereitstellung von für alle Bürgerinnen und Bürger verständlichen allgemeinen Informati- 62 Förderung der gesundheitsbezogenen Selbsthilfe durch die öffentliche Hand und die Sozialversicherungsträger – Rechtsgrundlagen und Förderpraxis, Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, WD9 3000-002/08, S. 9. 63 Becker, in: Leitherer (Hrsg.), Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Band 1, § 20c SGB V Rn. 2. 64 Vgl. zur Vertiefung Bastian/Sawicki, Die Förderung von Patienteninformationen und Patientenbeteiligung durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Kapitel 8, S. 69-77, beigefügt als Anlage 12; Pitschas, Information der Leistungserbringer und Patienten im rechtlichen Handlungsrahmen von G-BA und IQWiG: Voraussetzungen und Haftung, in: MedR 2008, S. 34-41, beigefügt als Anlage 13. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 28 onen zur Qualität und Effizienz in der Gesundheitsversorgung sowie zu Diagnostik und Therapie von Krankheiten mit erheblicher epidemiologischer Bedeutung. […]“ § 139a SGB V ist durch Art. 1 Nr. 112 des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG65) vom 14. November 2003 mit Wirkung zum 1. April 2004 eingefügt worden. § 139a Abs. 3 Nr. 6 SGB überträgt dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen die Schaffung einer Informationsplattform für die Bevölkerung. Sie soll die im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses durchgeführten Methodenbewertungen in eine verständliche (d.h. auch möglichst barrierefreie) allgemeine Information zur Qualität und Effizienz in der Gesundheitsversorgung umsetzen. Um eine möglichst breite Informationsbasis zu schaffen hat der Gemeinsame Bundesausschuss in seinem Generalauftrag das IQWiG grundsätzlich beauftragt, eine Gesundheitsinformation zur Qualität und Effizienz der Gesundheitsversorgung eigenverantwortlich herauszugeben . Auf diesem Auftrag basiert der vom IQWiG jeweils in das Internet eingestellte „Gesundfuchs “ als Informationsplattform für Patienten (www.iqwig.de). Unberührt hiervon bleibt die Zuständigkeit des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 91 Abs. 2 Satz 2 SGB V, dem IQWiG einen Auftrag zur Erstellung einer Patienteninformation zu Diagnose und Therapie einer Krankheit von erheblicher epidemiologischer Bedeutung zu erteilen, dessen Ergebnis vom Gemeinsamen Bundesausschuss vergleichbar einem Richtlinienbeschluss zu vertreten ist.66 3.4. Ärztliches Berufs- und Standesrecht67 Während der Bund gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG für die Zulassung zum ärztlichen Heilberuf zuständig ist, unterfällt das Recht der (ärztlichen) Berufsausübung gemäß Art. 70 Abs. 1 GG der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder. Dem Bundesrecht unterfallen danach etwa Regelungen zur Erteilung und zum Verlust der Approbation, also solche Regelungen, die den Zugang oder die Befugnis zur Ausübung des ärztlichen Heilberufes betreffen. Für die inhaltliche Gestaltung der Berufsausübung (nach Erteilung der Approbation) sind aber die Länder zuständig . Hierzu gehört auch das Standesrecht, also die Regelungen der einzelnen Berufspflichten der Ärzte.68 Dementsprechend haben die jeweiligen Länder die Heilberufs-Kammergesetzeerlassen, in welchen die gesetzlichen Regelungen über die ärztlichen Heilberufe enthalten sind. Die Heilberufs- Kammergesetze der Länder normieren – neben einer Generalpflichtenklausel – die einzelnen Berufspflichten jedoch nur in Grundzügen (etwa die Pflicht, am ärztlichen Bereitschaftsdienst teilzunehmen und sich beruflich fortzubilden). Im Übrigen erhalten sie Ermächtigungen für die Landesärztekammern, die Berufspflichten der Ärztinnen und Ärzte in den Berufsordnungen zu bestimmen. Die Berufsordnungen werden von den Vertreterversammlungen der Landesärztekammern als Satzungen beschlossen und sind daher unmittelbar geltendes Recht für alle Kammermitglieder . Sie enthalten die Konkretisierungen der gesetzlichen Generalklauseln und der 65 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) vom 14. November 2003 (BGBl. I S. 2190). 66 Hess, in: Leitherer (Hrsg.), Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Band 1, § 139a SGB V Rn. 14. 67 Hierzu ausführlich etwa Herberer, Das ärztliche Berufs- und Standesrecht, S. 265-269; Laufs, in: Laufs/Uhlenbruck/Kern, Handbuch des Arztrechts, S. 161-166; 68 Vgl. Herberer, Das ärztliche Berufs- und Standesrecht, S. 265. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 29 bereits im Gesetz in ihren Grundzügen umrissenen Einzelpflichten sowie die möglichen Sanktionen bei ihrer Verletzung.69 Der Deutsche Ärztetag hat eine Musterberufsordnung beschlossen, an welcher sich die einzelnen Berufsordnungen der Länder orientieren, um so ein möglichst einheitliches Berufsrecht innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten. Eine Verpflichtung der Landesärztekammern , sich an diese Musterberufsordnung zu halten, besteht jedoch nicht, da das ärztliche Berufsrecht – wie bereits erwähnt – Landesrecht ist. Die Musterberufsordnung entfaltet also keine unmittelbare Wirkung; dies geschieht erst durch die Berufsordnungen der Länder.70 Konkrete Regelungen zu den Patientenrechten bzw. den Pflichten der Ärzte gegenüber den Patienten finden sich etwa in den §§ 7-12 der Musterberufsordnung (§ 7: Behandlungsgrundsätze und Verhaltensregeln, § 8: Aufklärungspflicht, 9: Schweigepflicht, § 10: Dokumentationspflichten , § 11: Ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden und § 12: Honorar- und Vergütungsabsprachen ).71 3.5. Arzneimittelrecht72 3.5.1. Schutz von Patienten durch das Verbot des Inverkehrbringens bedenklicher Arzneimittel (§ 5 AMG73) 3.5.1.1. Normtext „§ 5 Verbot bedenklicher Arzneimittel (1) Es ist verboten, bedenkliche Arzneimittel in den Verkehr zu bringen oder bei einem anderen Menschen anzuwenden. (2) Bedenklich sind Arzneimittel, bei denen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse der begründete Verdacht besteht, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen.“ 3.5.1.2. Erläuterungen Das AMG verbietet in § 5 das Inverkehrbringen und die Anwendung von bedenklichen Arzneimitteln . Bedenklich sind Arzneimittel gemäß § 5 Abs. 2 AMG dann, wenn bei ihnen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse der begründete Verdacht besteht, dass sie 69 Herberer, Das ärztliche Berufs- und Standesrecht, S. 265, 266. 70 Herberer, Das ärztliche Berufs- und Standesrecht, S. 266. 71 Vgl. die als Anlage 14 dieser Ausarbeitung beigefügte Musterberufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte, Eisenach 1997. 72 Vgl. zur Einführung etwa Deutsch, Deregulierung und Patientenschutz im Arzneimittelrecht, VersR 2004, S. 937-944; Rehmann/Greve, Kommentar zum AMG, Einführung. 73 Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz – AMG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394), zuletzt geändert durch Art. 9 Abs. 1 Versicherungsvertrag- Reformgesetz vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2631). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 30 bei bestimmungsgemäßen Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen. Das Verbot umfasst alle Arzneimittel, unabhängig davon, ob ihnen bereits eine Zulassung erteilt wurde oder ob sie sich noch im Prüfungsstadium befinden, und es dient dem Schutz der Patienten . Ein Verstoß gegen diese Vorschrift stellt nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 AMG einen Straftatbestand dar und führt zu einer Haftung des Inverkehrbringers bzw. des Anwenders.74 3.5.2. Verbote des Herstellens oder Inverkehrbringens von Arzneimitteln zum Schutz der Patienten vor Täuschung (§ 8 AMG) 3.5.2.1. Normtext „§ 8 Verbote zum Schutz vor Täuschung (1) Es ist verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die 1. durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind, 1a. hinsichtlich ihrer Identität oder Herkunft falsch gekennzeichnet sind (gefälschte Arzneimittel, gefälschte Wirkstoffe) oder 2. in anderer Weise mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn a) Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen oder Wirkstoffen eine Aktivität beigelegt werden, die sie nicht haben, b) fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann oder dass nach bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten, c) zur Täuschung über die Qualität geeignete Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Arzneimittels oder Wirkstoffs mitbestimmend sind. (2) Es ist verboten, Arzneimittel in den Verkehr zu bringen, deren Verfalldatum abgelaufen ist.“ 3.5.2.2. Erläuterungen Die Bestimmung dient dem Verbraucherschutz. Der Verbraucher soll vor mangelhaften, minderwertigen oder mit irreführenden Angaben versehenen sowie insbesondere auch gefälschten Arzneimitteln geschützt werden. § 8 AMG bezieht sich auf Arzneimittel aller Art. Da es sich um einen Gefährdungstatbestand handelt, ist allein anhand objektiver Kriterien zu ermitteln, ob der Tatbestand des § 8 AMG erfüllt ist. Auf einen Willen des Verletzers oder ein Unrechtsbewusstsein kommt es insofern nicht an. Das Verbot richtet sich an alle, die Arzneimittel in Verkehr bringen, also nicht nur an die Hersteller und pharmazeutischen Unternehmer, sondern auch an Großhändler, Apotheker, Ärzte und Händler.75 74 Dieners/Heil, in: Dieners/Reese, Handbuch des Pharmarechts, S. 56; siehe auch Rehmann/Greve, Kommentar zum AMG, § 5 Rn. 1-2. 75 Rehmann/Greve, Kommentar zum AMG, § 1 Rn. 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 31 3.5.3. Schutz von Patienten bei der klinischen Prüfung von Arzneimitteln (§ 40 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 AMG)76 3.5.3.1. Normtext (Auszug) „§ 40 Allgemeine Voraussetzungen der klinischen Prüfung (1) Der Sponsor, der Prüfer und alle weiteren an der klinischen Prüfung beteiligten Personen haben bei der Durchführung der klinischen Prüfung eines Arzneimittels bei Menschen die Anforderungen der guten klinischen Praxis nach Maßgabe des Artikels 1 Abs. 3 der Richtlinie 2001/20/EG einzuhalten. Die klinische Prüfung eines Arzneimittels bei Menschen darf vom Sponsor nur begonnen werden, wenn die zuständige Ethik-Kommission diese nach Maßgabe des § 42 Abs. 1 zustimmend bewertet und die zuständige Bundesoberbehörde diese nach Maßgabe des § 42 Abs. 2 genehmigt hat. Die klinische Prüfung eines Arzneimittels darf bei Menschen nur durchgeführt werden, wenn und solange […] 3. die betroffene Person a) volljährig und in der Lage ist, Wesen, Bedeutung und Tragweite der klinischen Prüfung zu erkennen und ihren Willen hiernach auszurichten, b) nach Absatz 2 Satz 1 aufgeklärt worden ist und schriftlich eingewilligt hat, soweit in Absatz 4 oder in § 41 nichts Abweichendes bestimmt ist und c) nach Absatz 2a Satz 1 und 2 informiert worden ist und schriftlich eingewilligt hat; die Einwilligung muss sich ausdrücklich auch auf die Erhebung und Verarbeitung von Angaben über die Gesundheit beziehen […].“ 3.5.3.2. Erläuterungen Die Vorschriften über die Durchführung klinischer Prüfungen von Arzneimitteln sind von großer Bedeutung. Sofern nicht auf anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial zurückgegriffen werden kann, bilden die Ergebnisse durchgeführter klinischer Prüfungen einen wesentlichen Teil der vorzulegenden Zulassungsunterlagen nach § 22 Abs. 2 Nr. 3 AMG, ohne die eine Zulassung eines Arzneimittels nicht in Betracht kommt. Die Durchführung klinischer Prüfungen am Menschen darf nur bei Wahrung der Menschenrechte und der Würde des Menschen im Hinblick auf eine Anwendung von Biologie und Medizin erfolgen.77 Die klinische Prüfung dient der Arzneimittelsicherheit, denn allein aus Versuchen im Labor oder an Tieren kann auf die Wirkung des Arzneimittels und die Unbedenklichkeit seiner Anwendung beim Menschen nicht mit hinreichender Sicherheit geschlossen werden. Da die Prüfung der Wirkung eines noch nicht zugelassenen Arzneimittels durch die Anwendung beim Menschen mit besonderen Gefahren verbunden ist, muss vor der Einleitung einer entsprechenden Prüfung festgestellt werden, ob die Prüfung des Präparats beim Menschen unter Berücksichtigung erkennbarer Risiken zu rechtfertigen ist und ferner, ob die nach dem Stand der wissenschaftliche Erkenntnis notwendigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden, um vermeidbare Risiken für die 76 Hierzu ausführlich Heil/Lützeler, in: Dieners/Reese, Handbuch des Pharmarechts, § 4 Klinische Prüfung, S. 189- 254, dieser Ausarbeitung beigefügt als Anlage 15; Kloesel/Cyran, in: Feiden/Pabel (Hrsg.), Kommentar zum AMG, § 40; Rehmann/Greve, Kommentar zum AMG, vor §§ 40-42a, S. 272-298. 77 Rehmann/Greve, Kommentar zum AMG, vor §§ 40-42a Rn. 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 32 Probanden auszuschließen. Aus ethischen Erwägungen heraus ist ferner auszuschließen, dass entsprechende Prüfungen ohne eine ausreichende Aufklärung des Probanden durchgeführt werden .78 Ein weiteres ethisches Gebot ist die Wahrung der Autonomie der Prüfungsteilnehmer. Diese müssen freiwillig und in Kenntnis aller entscheidungserheblichen Umstände in die Teilnahme einwilligen.79 3.5.4. Schutz von Patienten durch Arzneimittelhaftung (§§ 84-94a AMG, insbesondere §§ 84 und 84a AMG) Im Zusammenhang mit dem Schutz von Patienten durch Arzneimittelhaftung sei auf die dieser Ausarbeitung als Anlage beigefügte geschlossene Darstellung durch Voit/Moelle im Handbuch des Pharmarechts80 verwiesen. 3.6. Medizinprodukterecht 3.6.1. Schutz des Patienten als Zweck des Medizinproduktegesetzes (§ 1 MPG81) § 1 MPG lautet: „Zweck dieses Gesetzes ist es, den Verkehr mit Medizinprodukten zu regeln und dadurch für die Sicherheit, Eignung und Leistung der Medizinprodukte sowie die Gesundheit und den erforderlichen Schutz der Patienten, Anwender und Dritter zu sorgen.“ Das MPG ist eine Reaktion des deutschen Gesetzgebers auf europarechtliche Vorschriften, die vor allem der Bildung eines einheitlichen Marktes für Medizinprodukte im Bereich des europäischen Wirtschaftsraumes dienen sollen. Immerhin trifft das MPG Regelungen zu medizinischer und technischer Sicherheit von über 300 000 medizinischen Produkten. Bis zum Erlass des MPG galten für medizinische Produkte die unterschiedlichsten Gesetze wie etwa das AMG, das Lebensmittel - und Bedarfsgegenständegesetz, das Gerätesicherheitsgesetz, die Röntgenverordnung, die Strahlenschutzverordnung und das Eichgesetz.82 Das MPG verfolgt zwei große Ziele: Zum einen soll es für einen hohen technischen Standard der Medizinprodukte sorgen und damit zugleich dem Schutz des Verbrauchers, Anwenders und Nutzers dienen. Andererseits dient es auch dem Schutz des Patienten. Der Zweck des MPG ist es, den Verkehr mit Medizinprodukten zu regeln, also dem freien Warenverkehr zu dienen. Gleichzeitig soll es für Sicherheit, Eignung und Leistung der Medizinprodukte sowie die Gesundheit und den erforderlichen Schutz der Patienten, Anwender und Dritter sorgen . An Medizinprodukte ist die Forderung zu stellen, dass sie bei vernünftiger Nutzen-Risiko- Abwägung medizinisch und technisch unbedenklich sind, dass sie den medizinischen Zweck, 78 Rehmann/Greve, Kommentar zum AMG, vor §§ 40-42a Rn. 2. 79 Hierzu ausführlich Heil/Lützeler, in: Dieners/Reese, Handbuch des Pharmarechts, S. 207 ff. 80 Voit/Moelle, Arzneimittelhaftung, in: Dieners/Reese, Handbuch des Pharmarechts, § 13 Arzneimittelhaftung, S. 799-842, dieser Ausarbeitung beigefügt als Anlage 16. 81 Medizinproduktegesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. August 2002 (BGBl. I S. 3146), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2326). 82 Deutsch/Lippert/Ratzel/Tag, Kommentar zum MPG, Einleitung, S. 45. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 33 den ihnen der Hersteller beigibt, auch wirklich erfüllen können und dass sie die erforderliche Qualität besitzen, Patienten, Anwender und Dritte bei bestimmungsgemäßer Anwendung vor Schäden zu bewahren.83 3.6.2. Verbote zum Schutz von Patienten (§ 4 MPG) 3.6.2.1. Normtext „§ 4 Verbote zum Schutz von Patienten, Anwendern und Dritten (1) Es ist verboten, Medizinprodukte in den Verkehr zu bringen, zu errichten, in Betrieb zu nehmen , zu betreiben oder anzuwenden, wenn 1. der begründete Verdacht besteht, dass sie die Sicherheit und die Gesundheit der Patienten, der Anwender oder Dritter bei sachgemäßer Anwendung, Instandhaltung und ihrer Zweckbestimmung entsprechender Verwendung über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaften vertretbares Maß hinausgehend unmittelbar oder mittelbar gefährden oder 2. das Datum abgelaufen ist, bis zu dem eine gefahrlose Anwendung nachweislich möglich ist. (2) Es ist ferner verboten, Medizinprodukte in den Verkehr zu bringen, wenn sie mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn 1. Medizinprodukten eine Leistung beigelegt wird, die sie nicht haben, 2. fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann oder dass nach bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten, 3. zur Täuschung über die in den grundlegenden Anforderungen nach § 7 festgelegten Produkteigenschaften geeignete Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Medizinproduktes mitbestimmend sind.“ 3.6.2.2. Erläuterungen § 4 MPG geht auf die Richtlinie 93/42 und 90/385/EWG zurück und enthält zwei unterschiedliche Verbotstatbestände: zum einen das präventiv wirkende Verbot nach Abs. 1, zum anderen das Verbot der Täuschung nach Abs. 2. Das präventive (generelle) Verbot des Abs. 1 dient der Abwehr von Gefahren, die von Medizinprodukten für Patienten, Anwender und Dritte ausgehen können. Das Verbot ist insoweit zwar ein generelles, aber eines, das durch weitere Merkmale einschränkend konkretisiert wird. Ein Verbot zur Abwehr jeglicher, von Medizinprodukten ausgehenden Gefahren ist weder notwendig noch sinnvoll, weil nicht alle Risiken und nicht jedwede gesundheitliche Beeinträchtigung durch Medizinprodukte ausgeschlossen werden kann; es wäre überdies nicht verhältnismäßig. Letztlich geht es darum, das Risiko, welches mit dem Einsatz von Medizinprodukten verbunden sein kann, in Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf ein vertretbares Maß zu reduzieren. Je höher die Wahrscheinlichkeit einer schweren Schädigung ist, umso größer ist danach die Not- 83 Lippert, in: Deutsch/Lippert/Ratzel/Tag, Kommentar zum MPG, Einl. S. 46, § 1 Rn. 1, 8; Kiesecker/Kamps, Medizinprodukte , Qualitätssicherung im Labor und eichpflichtige Gegenstände in der Arztpraxis, in: MedR 2009, S. 404. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 34 wendigkeit umfangreicher Schutzvorkehrungen.84 Das Täuschungsverbot des Abs. 2 dagegen will den Anwender von Medizinprodukten vor dem Inverkehrbringen irreführend bezeichneter Medizinprodukte schützen. Ergänzend tritt das Verbot irreführender Angaben oder Aufmachung hinzu. § 4 Abs. 2 AMG bestimmt nicht abschließend, sondern nur beispielhaft, wann nach Auffassung des Gesetzgebers eine derartige Irreführung vorliegt . Die Irreführung kann daher etwa auch darin liegen, dass zur Täuschung über die grundlegenden Anforderungen eines Medizinproduktes Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Produktes mitbestimmend sind. Mit Bezeichnung ist der Name des Medizinproduktes gemeint, der eine Gattungs-, eine Herkunfts- aber auch eine Phantasiebezeichnung sein kann; Angaben hingegen sind mündliche oder schriftliche Erklärungen über das Produkt. Das Verbot richtet sich außer an den Hersteller auch an den Importeur und an den Händler.85 3.6.3. Schutz von Patienten bei der klinischen Prüfung eines Medizinproduktes (§§ 20, 21 MPG) 3.6.3.1. Allgemeine Voraussetzungen (§ 20 MPG) Parallel zu den bereits besprochenen §§ 40 ff. AMG finden sich auch im MPG Regelungen zum Schutz von Patienten im Zusammenhang mit der klinischen Prüfung von Medizinprodukten. In diesem Zusammenhang besagt § 20 MPG (Allgemeine Voraussetzungen zur klinischen fung86): „(1) Mit der klinischen Prüfung eines Medizinproduktes darf in Deutschland erst begonnen werden , wenn die zuständige Ethik-Kommission diese nach Maßgabe des § 22 zustimmend bewertet und die zuständige Bundesoberbehörde diese nach Maßgabe des § 22a genehmigt hat. Bei klinischen Prüfungen von Medizinprodukten mit geringem Sicherheitsrisiko kann die zuständige Bundesoberbehörde von einer Genehmigung absehen. Das Nähere zu diesem Verfahren wird in einer Rechtsverordnung nach § 37 Absatz 2a geregelt. Die klinische Prüfung eines Medizinproduktes darf bei Menschen nur durchgeführt werden, wenn und solange 1. die Risiken, die mit ihr für die Person verbunden sind, bei der sie durchgeführt werden soll, gemessen an der voraussichtlichen Bedeutung des Medizinproduktes für die Heilkunde ärztlich vertretbar sind, 1a. ein Sponsor oder ein Vertreter des Sponsors vorhanden ist, der seinen Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat, 2. die Person, bei der sie durchgeführt werden soll, ihre Einwilligung hierzu erteilt hat, nachdem sie durch einen Arzt, bei für die Zahnheilkunde bestimmten Medizinprodukten auch durch einen Zahnarzt, über Wesen, Bedeutung und Tragweite der klinischen Prüfung aufgeklärt worden ist und mit dieser Einwilligung zugleich erklärt, dass sie mit der im Rahmen der klinischen Prüfung erfolgenden Aufzeichnung von Gesundheitsdaten und mit der Einsichtnahme zu Prüfungszwecken durch Beauftragte des Auftraggebers oder der zuständigen Behörde einverstanden ist, 84 Lippert, in: Deutsch/Lippert/Ratzel/Tag, Kommentar zum MPG, § 4 Rn. 3. 85 Lippert, in: Deutsch/Lippert/Ratzel/Tag, Kommentar zum MPG, § 4 Rn. 18, 19. 86 vgl. hierzu auch Deutsch, in: Deutsch/Lippert/Ratzel/Tag, Kommentar zum MPG, § 20. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 35 3. die Person, bei der sie durchgeführt werden soll, nicht auf gerichtliche oder behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt ist, 4. sie in einer geeigneten Einrichtung und von einem angemessen qualifizierten Prüfer durchgeführt und von einem entsprechend qualifizierten und spezialisierten Arzt, bei für die Zahnheilkunde bestimmten Medizinprodukten auch von einem Zahnarzt, oder einer sonstigen entsprechend qualifizierten und befugten Person geleitet wird, die mindestens eine zweijährige Erfahrung in der klinischen Prüfung von Medizinprodukten nachweisen können, 5. soweit erforderlich, eine dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechende biologische Sicherheitsprüfung oder sonstige für die vorgesehene Zweckbestimmung des Medizinproduktes erforderliche Prüfung durchgeführt worden ist, 6. soweit erforderlich, die sicherheitstechnische Unbedenklichkeit für die Anwendung des Medizinproduktes unter Berücksichtigung des Standes der Technik sowie der Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften nachgewiesen wird, 7. die Prüfer über die Ergebnisse der biologischen Sicherheitsprüfung und der Prüfung der technischen Unbedenklichkeit sowie die voraussichtlich mit der klinischen Prüfung verbundenen Risiken informiert worden sind, 8. ein dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechender Prüfplan vorhanden ist und 9. für den Fall, dass bei der Durchführung der klinischen Prüfung ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder beeinträchtigt wird, eine Versicherung nach Maßgabe des Absatzes 3 besteht, die auch Leistungen gewährt, wenn kein anderer für den Schaden haftet. (2) Eine Einwilligung nach Absatz 1 Nr. 2 ist nur wirksam, wenn die Person, die sie abgibt, 1. geschäftsfähig und in der Lage ist, Wesen, Risiken, Bedeutung und Tragweite der klinischen Prüfung einzusehen und ihren Willen hiernach zu bestimmen, und 2. die Einwilligung selbst und schriftlich erteilt hat. Eine Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden. (3) Die Versicherung nach Absatz 1 Nr. 9 muss zugunsten der von der klinischen Prüfung betroffenen Person bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherer genommen werden. Ihr Umfang muss in einem angemessenen Verhältnis zu den mit der klinischen Prüfung verbundenen Risiken stehen und auf der Grundlage der Risikoabschätzung so festgelegt werden, dass für jeden Fall des Todes oder der dauernden Erwerbsunfähigkeit einer von der klinischen Prüfung betroffenen Person mindestens 500 000 Euro zur Verfügung stehen. Soweit aus der Versicherung geleistet wird, erlischt ein Anspruch auf Schadensersatz. (4) Auf eine klinische Prüfung bei Minderjährigen finden die Absätze 1 bis 3 mit folgender Maßgabe Anwendung: 1. Das Medizinprodukt muss zum Erkennen oder zum Verhüten von Krankheiten bei Minderjährigen bestimmt sein. 2. Die Anwendung des Medizinproduktes muss nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft angezeigt sein, um bei dem Minderjährigen Krankheiten zu erkennen oder ihn vor Krankheiten zu schützen. 3. Die klinische Prüfung an Erwachsenen darf nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft keine ausreichenden Prüfergebnisse erwarten lassen. 4. Die Einwilligung wird durch den gesetzlichen Vertreter oder Betreuer abgegeben. Sie ist nur wirksam, wenn dieser durch einen Arzt, bei für die Zahnheilkunde bestimmten Medizinprodukten auch durch einen Zahnarzt, über Wesen, Bedeutung und Tragweite der klinischen Prüfung aufgeklärt worden ist. Ist der Minderjährige in der Lage, Wesen, Bedeutung und Tragweite der klinischen Prüfung einzusehen und seinen Willen hiernach zu bestimmen, so ist auch seine Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 36 schriftliche Einwilligung erforderlich. (5) Auf eine klinische Prüfung bei Schwangeren oder Stillenden finden die Absätze 1 bis 4 mit folgender Maßgabe Anwendung: Die klinische Prüfung darf nur durchgeführt werden, wenn 1. das Medizinprodukt dazu bestimmt ist, bei schwangeren oder stillenden Frauen oder bei einem ungeborenen Kind Krankheiten zu verhüten, zu erkennen, zu heilen oder zu lindern, 2. die Anwendung des Medizinproduktes nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft angezeigt ist, um bei der schwangeren oder stillenden Frau oder bei einem ungeborenen Kind Krankheiten oder deren Verlauf zu erkennen, Krankheiten zu heilen oder zu lindern oder die schwangere oder stillende Frau oder das ungeborene Kind vor Krankheiten zu schützen, 3. nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Durchführung der klinischen Prüfung für das ungeborene Kind keine unvertretbaren Risiken erwarten lässt und 4. die klinische Prüfung nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft nur dann ausreichende Prüfergebnisse erwarten lässt, wenn sie an schwangeren oder stillenden Frauen durchgeführt wird.“ 3.6.3.2. Besondere Voraussetzungen (§ 21 MPG) Die besonderen Voraussetzungen zur klinischen Prüfung bei Personen, die an einer Krankheit leiden, zu deren Behebung das zu prüfende Medizinprodukt angewendet werden soll, werden in § 21 MPG näher erläutert. Dort heißt es: „Auf eine klinische Prüfung bei einer Person, die an einer Krankheit leidet, zu deren Behebung das zu prüfende Medizinprodukt angewendet werden soll, findet § 20 Abs. 1 bis 3 mit folgender Maßgabe Anwendung: 1. Die klinische Prüfung darf nur durchgeführt werden, wenn die Anwendung des zu prüfenden Medizinproduktes nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft angezeigt ist, um das Leben des Kranken zu retten, seine Gesundheit wiederherzustellen oder sein Leiden zu erleichtern . 2. Die klinische Prüfung darf auch bei einer Person, die geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, durchgeführt werden. Sie bedarf der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters . Daneben bedarf es auch der Einwilligung des Vertretenen, wenn er in der Lage ist, Wesen, Bedeutung und Tragweite der klinischen Prüfung einzusehen und seinen Willen hiernach zu bestimmen. 3. Die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters ist nur wirksam, wenn dieser durch einen Arzt, bei für die Zahnheilkunde bestimmten Medizinprodukten auch durch einen Zahnarzt, über Wesen , Bedeutung und Tragweite der klinischen Prüfung aufgeklärt worden ist. Auf den Widerruf findet § 20 Abs. 2 Satz 2 Anwendung. Der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters bedarf es so lange nicht, als eine Behandlung ohne Aufschub erforderlich ist, um das Leben des Kranken zu retten, seine Gesundheit wiederherzustellen oder sein Leiden zu erleichtern, und eine Erklärung über die Einwilligung nicht herbeigeführt werden kann. 4. Die Einwilligung des Kranken oder des gesetzlichen Vertreters ist auch wirksam, wenn sie mündlich gegenüber dem behandelnden Arzt, bei für die Zahnheilkunde bestimmten Medizinprodukten auch gegenüber dem behandelnden Zahnarzt, in Gegenwart eines Zeugen abgegeben wird, der auch bei der Information der betroffenen Person einbezogen war. Der Zeuge darf keine bei der Prüfstelle beschäftigte Person und kein Mitglied der Prüfgruppe sein. Die mündlich erteilte Einwilligung ist schriftlich zu dokumentieren, zu datieren und von dem Zeugen zu unterschreiben .“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 37 § 21 MPG betrifft danach die therapeutischen Versuche mit einem Medizinprodukt. Die Vorschrift lehnt sich eng an § 41 AMG an, wodurch dessen Problematik in das Recht der Medizinprodukte transplantiert wird.87 3.6.4. Haftung im Zusammenhang mit Medizinprodukten88 Im Zusammenhang mit der Haftung für Schäden, die durch in Verkehr gebrachte Medizinprodukte entstanden sind, enthält das MPG – anders als das AMG in § 84 – keine einheitliche bzw. spezielle Anspruchsgrundlage für den Geschädigten. Die Haftungsnormen sind – abhängig von Sachverhalt, Art der Beteiligten und betroffenem Rechtsgebiet – etwa dem Zivilrecht oder dem öffentlich-rechtlichen Bereich zu entnehmen. Grundsätzlich sind die Ansprüche gegenüber den Produktverantwortlichen zivilrechtlicher Natur (z.B. aus Unerlaubter Handlung/Deliktrecht gemäß §§ 823 ff. BGB, aus Produzentenhaftung oder aus Produkthaftung nach Maßgabe der §§ 1 ff. ProdHaftG89). Ein Anspruch gegen eine Behörde wegen der Verletzung ihrer Amtspflicht ist hingegen ein öffentlich-rechtlicher und kann in der Regel gemäß Art. 34 GG, § 839 BGB geltend gemacht werden. Schließlich kommt bei kriminellem Leichtsinn gegenüber den Probanden auch eine strafrechtliche Haftung der Mitglieder von Ethikkommissionen wegen fahrlässiger Körperverletzung oder fahrlässiger Tötung gemäß §§ 222, 229 StGB in Betracht.90 Anspruchsberechtigte können sein: der Patient gegenüber anderen Beteiligten, der Anwender oder dritte Geschädigte gegenüber dem Hersteller und der Benannten Stelle, der Angehörige gegenüber den anderen Beteiligten sowie der Hersteller gegenüber der Benannten Stelle91. 87 Deutsch, in: Deutsch/Lippert/Ratzel/Tag, Kommentar zum MPG, § 21 Rn. 1. 88 Zur Vertiefung dieser Ausarbeitung als Anlage 17 beigefügt: Deutsch, in: Deutsch/Lippert/Ratzel/Tag, Kommentar zum MPG, Kapitel: Die Haftung im Zusammenhang mit Medizinprodukten, S. 397-416. 89 Produkthaftungsgesetz vom 15. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2198), zuletzt geändert durch Art. 9 Abs. 3 des Gesetzes vom 19. Juli 2002 (BGBl. I S. 2674). 90 Deutsch, in: Deutsch/Lippert/Ratzel/Tag, Kommentar zum MPG, Kapitel: Die Haftung im Zusammenhang mit Medizinprodukten, S. 397-416, Rn. 44. 91 Deutsch, in: Deutsch/Lippert/Ratzel/Tag, Kommentar zum MPG, Kapitel: Die Haftung im Zusammenhang mit Medizinprodukten, S. 397-416, Rn. 3. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 38 4. Kollektive Patientenrechte (Patientenpartizipation)92 4.1. Überblick Kollektive Patientenrechte (Partizipationsrechte) betreffen die Beteiligung von Bürgern, Versicherten und Patienten an den Kommunikations- und Entscheidungsprozessen im Medizin- und Gesundheitssystem; sie gewährleisten kollektive Autonomie in einer und durch eine organisationsdemokratische Verfassung und sichern gleichzeitig die Chancen der Wahrnehmung individueller Autonomie - kollektive Patientenrechte sichern insofern gleichzeitig auch individuelle Patientenrechte .93 Mit dem am 1. Januar 2004 in Kraft getretenen GKV-Modernisierungsgesetz wurde erstmals eine solche weitergehende formalisierte Information und Beteiligung zugunsten von Patientenverbänden an gesundheitsrelevanten Entscheidungen im SGB V festgeschrieben.94 Eines der zentralen Ziele des GKV-Modernisierungsgesetzes ist es, die Patientensouveränität zu stärken. Das Gesetz sieht zur Erreichung dieses Ziels vor, vorhandene Entscheidungsprozesse zu öffnen und dadurch mehr Transparenz zu schaffen, um die Akzeptanz dieser Entscheidungen durch die Patienten zu verbessern. Zu diesem Zweck hat der Bundesgesetzgeber zwei neuartige Instrumente in das SGB V eingefügt. Zum einen handelt es sich um die Institution des Patientenbeauftragten (§ 140h SGB V) mitsamt patientenbezogener Auskunfts- und Beratungspflichten der Krankenkassen, zum anderen um die Mitwirkungsrechte zugunsten von Patientenverbänden insbesondere an den Verfahren des Gemeinsamen Bundesausschusses (§§ 140f, 140g SGB V).95 Daneben stellen auch qualitätssichernde Maßnahmen wie etwa die Umsetzung der Qualitätssicherung und Darstellung der Qualität nach Maßgabe des § 137a Abs. 3 SGB V sowie die Beteiligung im Bewertungsverfahren des Institutes für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) gemäß 139a Abs. 5 SGB V eine Stärkung der (kollektiven) Patientensouveränität dar. 92 Hierzu ausführlich Angerhausen, Die neue Patientenbeteiligung im Gesundheitswesen: Wirksame Mitsprache oder „Logik des Misslingens“?, in: Soziale Sicherheit 2004, S. 13-17; Becker-Schwarze, Kollektive Patientenrechte durch das GKV-Modernisierungsgesetz, in: GesR 2004, S. 215-219; Etgeton, Patientenbeteiligung in den Strukturen des Gemeinsamen Bundesausschusses, in: Bundesgesundheitsblatt 2009, S. 104-110; Plamper/Meinhardt, Patientenvertreterbeteiligung an Entscheidungen über Versorgungsleistungen in Deutschland , in: Bundesgesundheitsblatt 2008, S. 81-89; Quaas/Zuck, Medizinrecht, S. 121 f.; Schlacke, Kontrolle durch Patientenbeteiligung im Medizin- und Gesundheitswesen, in: Schmehl/Wallrabenstein (Hrsg.), Steuerungsinstrumente im Recht des Gesundheitswesens, S. 41-66. 93 Hart, in: Rieger/Dahm/Steinhilper (Hrsg.), Heidelberger Kommentar zum Arztrecht, Krankenhausrecht, Medizinrecht , Ordner 1, Patientenrechte Rn. 14. 94 Vgl. hierzu Becker-Schwarze, Kollektive Patientenrechte durch das GKV-Modernisierungsgesetz, in: GesR 2004, S. 215-219, beigefügt als Anlage 18; weiter Schlacke, Kontrolle durch Patientenbeteiligung im Medizin- und Gesundheitswesen, in: Schmehl/Wallrabenstein (Hrsg.), Steuerungsinstrumente im Recht des Gesundheitswesens , S. 41, beigefügt als Anlage 19. 95 Quaas/Zuck, Medizinrecht, S. 121, 122; Schlacke, Kontrolle durch Patientenbeteiligung im Medizin- und Gesundheitswesen, in: Schmehl/Wallrabenstein (Hrsg.), Steuerungsinstrumente im Recht des Gesundheitswesens , S. 43. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 39 4.2. Krankenversicherungsrecht 4.2.1. Amt, Aufgabe und Befugnisse der oder des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen oder Patienten96 (§ 140h SGB V) 4.2.1.1. Normtext „§ 140h Amt, Aufgabe und Befugnisse der oder des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen oder Patienten (1) Die Bundesregierung bestellt eine Beauftragte oder einen Beauftragten für die Belange der Patientinnen und Patienten. Der beauftragten Person ist die für die Erfüllung ihrer Aufgabe notwendige Personal- und Sachausstattung zur Verfügung zu stellen. Das Amt endet, außer im Falle der Entlassung, mit dem Zusammentreten eines neuen Bundestages. (2) Aufgabe der beauftragten Person ist es, darauf hinzuwirken, dass die Belange von Patientinnen und Patienten besonders hinsichtlich ihrer Rechte auf umfassende und unabhängige Beratung und objektive Information durch Leistungserbringer, Kostenträger und Behörden im Gesundheitswesen und auf die Beteiligung bei Fragen der Sicherstellung der medizinischen Versorgung berücksichtigt werden. Sie setzt sich bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe dafür ein, dass unterschiedliche Lebensbedingungen und Bedürfnisse von Frauen und Männern beachtet und in der medizinischen Versorgung sowie in der Forschung geschlechtsspezifische Aspekte berücksichtigt werden. (3) Zur Wahrnehmung der Aufgabe nach Absatz 2 beteiligen die Bundesministerien die beauftragte Person bei allen Gesetzes-, Verordnungs- und sonstigen wichtigen Vorhaben, soweit sie Fragen der Rechte und des Schutzes von Patientinnen und Patienten behandeln oder berühren. Alle Bundesbehörden und sonstigen öffentlichen Stellen im Bereich des Bundes unterstützen die beauftragte Person bei der Erfüllung der Aufgabe.“ 4.2.1.2. Erläuterungen Durch die Bestellung einer oder eines Beauftragten für die Belange der Patientinnen und Patienten sollen deren Rechte auf umfassende und unabhängige Beratung und objektive Information durch die Leistungserbringer, Kostenträger und Behörden im Gesundheitswesen sowie die Beteiligung bei Fragen der Sicherstellung der medizinischen Versorgung unterstützt werden.97 Das Amt wurde nicht mit hoheitlichen Verwaltungskompetenzen ausgestattet, sondern dient ausschließlich der politischen Geltendmachung der Interessen der Patienten. Die beauftragte Person soll in unabhängiger und beratender Funktion auf die Beachtung der Belange der Patienten in allen relevanten gesellschaftlichen Bereichen hinwirken, die Weiterentwicklung der Patientenrechte unterstützen und das Sprachrohr für die Patienteninteressen in der Öffentlichkeit sein. Die oder der Beauftragte soll insbesondere darauf hinwirken, dass die Belange der Patientinnen und 96 Vgl. auch Hencke, in: Peters KV (SGB V), § 140h SGB V; Hesral, in: jurisPK-SGB V, dieser Ausarbeitung beigefügt als Anlage 20, § 140h; Hess, in: Leitherer (Hrsg.), Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Band 1, § 140h SGB V; Hohnholz, in: Noftz/Engelhard/ Flint u.a., Kommentar zum SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung –, § 140h; Kühn-Mengel, Aufgaben und Erfahrungen der Patientenbeauftragten der Bundesregierung, in: Bundesgesundheitsblatt 2009, S. 92-95, beigefügt als Anlage 21. 97 Hess, in: Leitherer (Hrsg.), Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Band 1, § 140h SGB V, Rn. 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 40 Patienten hinsichtlich ihrer Beratungs- und Informationsrechte, aber auch im Hinblick auf ihre Beteiligungsrechte im System der gesetzlichen Krankenversicherung berücksichtigt werden. Die Geschäftsstelle der oder des Patientenbeauftragten ist im Bundesministerium für Gesundheit und Soziales angesiedelt.98 4.2.2. Beteiligung von Patientenverbänden99 (§§ 140f und 140g SGB V) 4.2.2.1. Norminhalte der §§ 140f und 140g SGB V § 140f SGB V enthält detailierte Vorgaben zu der Art und Weise der Wahrnehmung von Patienteninteressen in maßgeblichen Institutionen wie etwa des Gemeinsamen Bundesausschusses und des Beirats der Arbeitsgemeinschaft für Aufgaben der Datentransparenz (§ 140f Abs. 2 SGB V) oder aber der Landesausschüsse, der Zulassungsausschüsse sowie der Berufungsausschüsse (§ 140f Abs. 3 SGB V). § 140f SGB V lautet auszugsweise: „(1) Die für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen maßgeblichen Organisationen sind in Fragen, die die Versorgung betreffen, nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zu beteiligen. (2) Im Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 91 und im Beirat der Arbeitsgemeinschaft für Aufgaben der Datentransparenz nach § 303b erhalten die für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen ein Mitberatungsrecht; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. Das Mitberatungsrecht beinhaltet auch das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Die Zahl der sachkundigen Personen soll höchstens der Zahl der von dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen entsandten Mitglieder in diesen Gremien entsprechen . Die sachkundigen Personen werden einvernehmlich von den in der Verordnung nach § 140g genannten oder nach der Verordnung anerkannten Organisationen benannt. Bei Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 56 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2, § 116b Abs. 4, § 136 Abs. 2 Satz 2, §§ 137, 137a, 137b, 137c und 137f erhalten die Organisationen das Recht, Anträge zu stellen. (3) In den Landesausschüssen nach § 90 sowie den Zulassungsausschüssen nach § 96 und den Berufungsausschüssen nach § 97, soweit Entscheidungen über die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze nach § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 oder über die Ermächtigung von Ärzten und Einrichtungen betroffen sind, erhalten die auf Landesebene für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen maßgeblichen Organisationen ein Mitberatungsrecht; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. Das Mitberatungsrecht beinhaltet auch das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Die Zahl der sachkundigen Personen soll höchstens der Zahl der von 98 Hohnholz, in: Noftz/Engelhard/Flint u.a., Kommentar zum SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung –, § 140h Rn. 5. 99 Hierzu ausführlich Adolf, jurisPK-SGB V, § 140f, 140g, als Anlage 22 beigefügt ist die Kommentierung des § 140f SGB V; Hänlein, in: Kruse/Hänlein, Kommentar zum SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung, § 140f, beigefügt als Anlage 23; Hencke, in: Peters KV (SGB V), Vor § 140f bis 140h SGB V; Hess, in: Leitherer (Hrsg.), Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Band 1, § 140f; Hohnholz, in: Noftz/Engelhard/Flint u.a., Kommentar zum SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung –, § 140f, 140g; Schlacke, Kontrolle durch Patientenbeteiligung im Medizin- und Gesundheitswesen, in: Schmehl/Wallrabenstein (Hrsg.), Steuerungsinstrumente im Recht des Gesundheitswesens, S. 41-66. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 41 den Krankenkassen entsandten Mitglieder in diesen Gremien entsprechen. Die sachkundigen Personen werden einvernehmlich von den in der Verordnung nach § 140g genannten oder nach der Verordnung anerkannten Organisationen benannt. (4) Bei einer Änderung, Neufassung oder Aufhebung der in § 21 Abs. 2, § 84 Abs. 7 Satz 6, §§ 111b, 112 Abs. 5, § 115 Abs. 5, § 124 Abs. 4, § 125 Abs. 1, § 126 Abs. 1 Satz 3, § 127 Abs. 1a Satz 1, §§ 132a, 132b Abs. 2 und § 132d Abs. 2 vorgesehenen Rahmenempfehlungen, Empfehlungen und Richtlinien des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, des Hilfsmittelverzeichnisses nach § 139 sowie bei der Bestimmung der Festbetragsgruppen nach § 36 Abs. 1 und der Festsetzung der Festbeträge nach § 36 Abs. 2 wirken die in der Verordnung nach § 140g genannten oder nach der Verordnung anerkannten Organisationen beratend mit. Das Mitberatungsrecht beinhaltet auch das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Wird ihrem schriftlichen Anliegen nicht gefolgt, sind ihnen auf Verlangen die Gründe dafür schriftlich mitzuteilen. […]“ § 140g SGB V hingegen ermächtigt das Bundesministerium für Gesundheit dazu, „durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Näheres zu den Voraussetzungen der Anerkennung der für die Wahrung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen maßgeblicher Organisationen auf Bundesebene, insbesondere zu den Erfordernissen an die Organisationsform und die Offenlegung der Finanzierung , sowie zum Verfahren der Patientenbeteiligung zu regeln.“ Aufgrund dieser Vorschrift wurde die Verordnung zur Beteiligung von Patientinnen und Patienten in der Gesetzlichen Krankenversicherung100 erlassen, die am 24. Dezember 2003 in Kraft trat101. 4.2.2.2. Beteiligungsberechtigung Beteiligungsberechtigt sind nach § 140f Abs. 1 SGB V nur die sog. maßgeblichen Organisationen. Das sind Verbände, die die Interessen der Patienten sowie die der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen wahrnehmen. Welche Patienten- und Selbsthilfeorganisationen insofern als maßgebliche Patientenorganisationen auf Bundes- und Landesebene beteiligungsberechtigt sind, bestimmt sich nach der auf § 140g SGB V beruhenden Patientenbeteiligungsverordnung (PatBeteiligungsV).102 4.2.2.2.1. Maßgebliche Patientenorganisationen § 1 PatBeteiligungsV beschreibt zunächst die allgemeinen Anforderungen an die Organisationen auf Bundesebene. Diese müssen auf Dauer ideell die Belange von Patientinnen und Patienten oder der Selbsthilfe vertreten (Nr. 1) und bereits seit drei Jahren bundesweit tätig sein, so dass eine gewisse Kontinuität gesichert ist. Außerdem muss die innere Struktur demokratischen Grundsätzen entsprechen (Nr. 2), wobei dies insbesondere durch die entsprechenden satzungsmäßigen Rechte der Mitgliederversammlung gewährleistet wird. Zentral für die Anforderungen 100 Patientenbeteiligungsverordnung (PatBeteiligungsV) vom 19. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2190), zuletzt geändert durch Artikel 457 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407). 101 Die Patientenbeteiligungsverordnung ist dieser Ausarbeitung als Anlage 24 beigefügt. 102 Vgl. Schlacke, Kontrolle durch Patientenbeteiligung im Medizin- und Gesundheitswesen, in: Schmehl/Wallrabenstein (Hrsg.), Steuerungsinstrumente im Recht des Gesundheitswesens, S. 45. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 42 sind diejenigen Vorgaben, die die Neutralität und Unabhängigkeit der Organisationen sicherstellen sollen. Deshalb muss bereits der Mitgliederkreis Gewähr dafür bieten, dass die Organisation dazu berufen ist, die Patienten- und Selbsthilfeinteressen zu vertreten (Nr. 3). Dies ist im Zweifel dann nicht der Fall, wenn ein bedeutsamer Teil der Mitglieder für Leistungserbringer (etwa Krankenhäuser oder Pharmaunternehmen) tätig ist und damit die Arbeit der Organisation maßgeblich beeinflussen kann. Außerdem muss die Finanzierung offengelegt werden (Nr. 6) und die Gemeinnützigkeit anerkannt sein (Nr. 7). Die Organisation muss schließlich die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenwahrnehmung bieten (Nr. 5), wobei vor allem die bisherige Tätigkeit ausschlaggebend sein dürfte.103 Im Sinne von §§ 140g, 140f SGB V anerkannte Organisationen sind nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 PatBeteiligungsV der Deutsche Behindertenrat, die Bundesarbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen, die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V. und die Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. 4.2.2.2.2. Benennung und Entsendung sachkundiger Personen Die gemäß § 140f Abs. 1 SGB V maßgeblichen Organisationen nehmen ihre Mitberatungs- und Antragsrechte durch die Benennung sachkundiger Personen wahr, und zwar sowohl in den Gremien auf Bundesebene (Gemeinsamer Bundeausschuss und der Beirat für Datentransparenz) als auch in den Gremien auf Länderebene (Landes, Zulassungs- und Berufungsausschüsse). Sachkundige Personen im Sinne von § 140f SGB V sind nach den vom Gemeinsamen Bundesausschuss aufgestellten Kriterien104 zusammenfassend als solche Personen zu bezeichnen, die aufgrund ihrer freiwilligen oder beruflichen Tätigkeit im Rahmen einer Organisation der Patientenselbsthilfe oder einer Einrichtung der Patientenberatung über die Kompetenz verfügen, die Erfahrungen von Patientinnen und Patienten zu bündeln und über das Mandat zu vertreten105. Sie verfügen über eine Vernetzungskompetenz im eigenen Organisationsbereich, um über die individuelle Betroffenheit oder die Einzelfallbewertung hinaus die Belange von Patientinnen und Patienten allgemein oder im Hinblick auf eine spezifische Thematik vor dem Hintergrund der in den jeweiligen Organisationen gebündelten Erfahrungen wahrnehmen zu können106. Die Bestellung erfolgt zu spezifischen Themen, bei denen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 PatBeteiligungsV die entsandten sachkundigen Personen selbst Betroffene sein sollen. Damit soll gewährleistet werden, dass möglichst viel Sachkunde zu den jeweils behandelnden Themen in die Gremien gebracht wird.107 Die sachkundigen Personen sollen in den Gremien mit höchstens der Zahl vertreten sein, die der Zahl der von den Spitzenverbänden der Krankenkassen entsandten Mitglieder in diesen Gremien entspricht (vgl. § 140f Absatz 2 Satz 2 SGB V). 103 Adolf, jurisPK-SGB V, § 140f Rn. 19-21. 104 Kriterien für die Benennung sachkundiger Personen zur Wahrnehmung der Mitberatungsrechte nach § 140f SGB V, im Internet abrufbar unter: http://www.g-ba.de/downloads/17-98-1700/2004-10-19- Benennungskriterien_PatVertreter.pdf, dieser Ausarbeitung beigefügt als Anlage 25. 105 Vgl. § 1 Abs. 2 der vom G-BA aufgestellten Kriterien. 106 Hierzu § 2 Abs. 1 der vom G-BA aufgestellten Kriterien. 107 Adolf, jurisPK-SGB V, § 140f Rn. 28, 32-33. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 43 4.2.2.3. Art der Beteiligung § 140f SGB V gewährt den anerkannten Patientenorganisationen drei Arten von Beteiligungsrechten : ein Recht zur Stellungnahme, ein Mitberatungsrecht und ein Antragsrecht. Das Recht auf Abgabe einer Stellungnahme umfasst die Pflicht des jeweiligen Gremiums, die Patientenorganisation über eine mitwirkungsrelevante Entscheidung zu informieren, sowie das Recht der Patientenorganisation, eine einmalige mündliche oder schriftliche Meinungsäußerung abzugeben. Das Recht auf Mitberatung reicht indessen weiter als das Recht auf Abgabe einer Stellungnahme: es umfasst die Möglichkeit, durchgängig auf den Meinungsbildungsprozess Einfluss nehmen zu können. Bei der Beschlussfassung selbst besitzen die Patientenorganisationen jedoch keine Mitwirkungsbefugnis ; in der Regel haben sie vorher den Sitzungssaal zu verlassen. Das Antragsrecht schließlich beinhaltet das Recht, gesetzlich festgelegte Entscheidungsverfahren zu initiieren.108 4.2.2.4. Beteiligungsgegenstände Die Patientenorganisationen haben innerhalb der Organisationen auf Bundesebene dieselben Antrags - und Beteiligungsrechte wie die den Gemeinsamen Bundesausschuss bildenden Organisationen (Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Deutsche Krankenhausgesellschaft, Spitzenverband Bund der Krankenkasse109); die Beteiligungsrechte beziehen sich etwa auf die Besetzung von Ausschüssen, Unterausschüssen sowie Arbeits- und Themengruppen110 sowie – als Mitberatungsrechte – bezüglich Richtlinien über die ärztliche Behandlung , über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder über die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus.111 Auf Landesebene erstreckt sich das Mitwirkungsrecht der Patientenorganisationen auf die Entscheidungen der Landesausschüsse zur Anerkennung eines Sonderbedarfs nach Maßgabe der Bedarfsplanungsrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sowie auf Entscheidungen der Zulassungsinstanzen über Ermächtigungen von Ärzten zur Deckung der Versorgungslücke in der vertragsärztlichen Versorgung. Ein Antragsrecht – wie etwa im Gemeinsamen Bundesausschuss gemäß § 140f Abs. 2 S. 5 SGB V – ist damit allerdings nicht verbunden.112 Die Beteiligungsgegenstände im Zusammenhang mit einer Änderung, Neufassung oder Aufhebung von Rahmenempfehlungen u.a. sind in § 140f Abs. 4 S. 1 SGB V benannt: Die Beteiligungsgegenstände sind danach Rahmenempfehlungen zur Verhütung von Zahnerkrankungen, Empfehlungen für die Vereinbarung des Richtgrößenvolumens, Rahmenempfehlungen über Krankenhausbehandlungen , Rahmenempfehlungen zu dreiseitigen Verträgen zwischen Krankenkassen, Krankenhäusern und Vertragsärzten, Empfehlungen für eine einheitliche Anwendung von Zulas- 108 Schlacke, Kontrolle durch Patientenbeteiligung im Medizin- und Gesundheitswesen, in: Schmehl/Wallrabenstein (Hrsg.), Steuerungsinstrumente im Recht des Gesundheitswesens, S. 49. 109 vgl. § 3 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses. 110 Hess, in: Leitherer (Hrsg.), Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Band 1, § 140h SGB V, Rn. 5. 111 Schlacke, Kontrolle durch Patientenbeteiligung im Medizin- und Gesundheitswesen, in: Schmehl/Wallrabenstein (Hrsg.), Steuerungsinstrumente im Recht des Gesundheitswesens, S. 50. 112 Hess, in: Leitherer (Hrsg.), Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Band 1, § 140h SGB V, Rn. 15. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 44 sungsbedingungen bei Heilmittelerbringern, Rahmenempfehlungen über die einheitliche Versorgung mit Heilmitteln, Empfehlungen für eine einheitliche Anwendung der Zulassungsbedingungen bei Hilfsmittelerbringern, Rahmenempfehlungen zur Versorgung mit häuslicher Krankenpflege , Empfehlungen für die Anforderungen an die Leistungserbringer für die Soziotherapie, Bestimmungen des Hilfsmittelverzeichnisses, Festsetzung der Festbeträge und schließlich Empfehlungen zur spezialisierten ambulanten Palliativversorgung.113 Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass eine Beteiligung von Patientenorganisationen vorrangig an Entscheidungsverfahren der Selbstverwaltungsträger auf der untergesetzlichen Normsetzungsebene stattfindet. Es besteht indessen kein Beteiligungsrecht an der Gesetzgebung (formelle Gesetze, Rechtsverordnungen), an Vertragsverhandlungen zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern oder bei der Erstellung von Satzungen durch Krankenkassen.114 4.2.2.5. Umsetzung in der Praxis – Erste Erfahrungen Nach Angaben des Gemeinsamen Bundesausschusses nehmen etwa einhundert sachkundige Personen als ständige Patientenvertreter bzw. deren Stellvertreter das Mitberatungsrecht wahr. Die Benennung erfolgt gremienbezogen und für einen Zeitraum von vier Jahren. Die Mehrzahl der ständigen Patientenvertreter ist für mehrere Beschluss- und/oder Arbeitsgremien des Gemeinsamen Bundesausschusses benannt. Neben den ständigen Patientenvertretern gibt es eine Vielzahl sachkundiger Personen, deren Benennung themenbezogen, d.h. hinsichtlich eines spezifischen Beratungsthemas erfolgt. Sowohl die stimmberechtigten Mitglieder des Gemeinsamen Bundeausschusses als auch die Patientenorganisationen sehen in den Antrags- und Mitberatungsrechten eine Stärkung der Einflussnahme von Patienten auf allen Ebenen der Entscheidungsvorbereitung und –findung. Die Patientenvertreter werden gleichrangig mit den anderen Beteiligten im Gemeinsamen Bundesausschuss beteiligt. Die Patientenvertreter verbuchen – ohne dass sie ein Mitentscheidungsrecht besitzen – für sich Erfolge, m.a.W.: sie akzeptieren eine große Anzahl von mit ihrer Mitwirkung getroffenen Entscheidungen und bewerten sie nach außen als positiv (ohne jedoch auch weiterhin auf die Forderung nach einem gleichwertigen Mitbestimmungsrecht zu verzichten). Probleme scheint etwa ein teilweise defizitärer Willensbildungsprozess innerhalb der Patientenorganisationen zu bereiten. Auch empfinden die Patientenvertretungsorganisationen ihre ressourcenbezogene Ausstattung als nur unzureichend. Zwar haben die weitgehend in ihrer Freizeit ehrenamtlich tätigen Patientenvertreter gemäß § 140f Abs. 5 SGB V einen Anspruch auf Reisekostenerstattung ; sie erhalten aber keine zusätzlichen Mittel für die Erfüllung ihres Mandats sowie die damit verbundene inhaltliche und organisatorische Vor- und Nachbereitung.115 4.2.2.6. Kontrollmöglichkeiten Werden die Beteiligungsrechte der Patientenvertreter (Anhörung, Mitwirkung, Recht auf Antragstellung ) verletzt, so kommen als Kontrollmöglichkeiten eine Beanstandung gegenüber der 113 vgl. auch Hencke, in: Peters KV (SGB V), § 140f SGB V, Rn. 9. 114 Schlacke, Kontrolle durch Patientenbeteiligung im Medizin- und Gesundheitswesen, in: Schmehl/Wallrabenstein (Hrsg.), Steuerungsinstrumente im Recht des Gesundheitswesens, S. 51. 115 Schlacke, Kontrolle durch Patientenbeteiligung im Medizin- und Gesundheitswesen, in: Schmehl/Wallrabenstein (Hrsg.), Steuerungsinstrumente im Recht des Gesundheitswesens, S. 52. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 45 Rechtsaufsicht führenden Behörde, dem Bundesministerium für Gesundheit und die Erhebung einer gerichtlichen Klage in Betracht.116 4.2.3. Beteiligung von Patientenverbänden und der oder des Patientenbeauftragten der Bundesregierung nach Maßgabe des § 137a Abs. 3 SGB V117 4.2.3.1. Normtext (Auszug) „§ 137a Umsetzung der Qualitätssicherung und Darstellung der Qualität (1) Der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 beauftragt im Rahmen eines Vergabeverfahrens eine fachlich unabhängige Institution, Verfahren zur Messung und Darstellung der Versorgungsqualität für die Durchführung der einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung nach § 115b Abs. 1, § 116b Abs. 4 Satz 4 und 5, § 137 Abs. 1 und § 137f Abs. 2 Nr. 2 zu entwickeln, die möglichst sektorenübergreifend anzulegen sind. Dieser Institution soll auch die Aufgabe übertragen werden, sich an der Durchführung der einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung zu beteiligen . Bereits existierende Einrichtungen sollen genutzt und, soweit erforderlich, in ihrer Organisationsform den in den Sätzen 1 und 2 genannten Aufgaben angepasst werden. (2) Die Institution ist insbesondere zu beauftragen, 1. für die Messung und Darstellung der Versorgungsqualität möglichst sektorenübergreifend abgestimmte Indikatoren und Instrumente zu entwickeln, 2. die notwendige Dokumentation für die einrichtungsübergreifende Qualitätssicherung unter Berücksichtigung des Gebotes der Datensparsamkeit zu entwickeln, 3. sich an der Durchführung der einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung zu beteiligen und soweit erforderlich, die weiteren Einrichtungen nach Satz 2 einzubeziehen, sowie 4. die Ergebnisse der Qualitätssicherungsmaßnahmen durch die Institution in geeigneter Weise und in einer für die Allgemeinheit verständlichen Form zu veröffentlichen. In den Fällen, in denen weitere Einrichtungen an der Durchführung der verpflichtenden Maßnahmen der Qualitätssicherung nach § 137 Abs. 1 Nr. 1 mitwirken, haben diese der Institution nach Absatz 1 die für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach Absatz 2 erforderlichen Daten zur Verfügung zu stellen. Die Institution nach Absatz 1 hat die im Rahmen der verpflichtenden Maßnahmen der Qualitätssicherung nach § 137 Abs. 1 Nr. 1 erhobenen und gemäß Satz 2 übermittelten Daten für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung und der Weiterentwicklung der sektoren - und einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung in einem transparenten Verfahren und unter Beachtung datenschutzrechtlicher Vorschriften vorzuhalten und auszuwerten. Die Institution hat dem Gemeinsamen Bundesausschuss auf Anforderung Datenauswertungen zur Verfügung zu stellen, sofern er diese zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben benötigt. (3) Bei der Entwicklung der Inhalte nach Absatz 2 sind die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen , die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der Verband der privaten Krankenversicherung, die Bundesärztekammer, die Bundeszahnärztekammer , die Bundespsychotherapeutenkammer, die Berufsorganisationen der Krankenpflegeberufe, die wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften, die für die Wahrnehmung der Interes- 116 Schlacke, Kontrolle durch Patientenbeteiligung im Medizin- und Gesundheitswesen, in: Schmehl/Wallrabenstein (Hrsg.), Steuerungsinstrumente im Recht des Gesundheitswesens, S. 52, 53. 117 Vgl. hierzu etwa Hencke, in: Peters KV (SGB V), § 137a; Murawski, in: Kruse/Hänlein, Kommentar zum SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung, § 137a; Freudenberg, in: jurisPK-SGB V, § 137a. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 46 sen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen maßgeblichen Organisationen auf Bundesebene sowie der oder die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten zu beteiligen. […]“ 4.2.3.2. Erläuterungen Mit der Regelung des § 137a SGB V wird der Gemeinsame Bundesausschuss dazu verpflichtet, eine fachlich unabhängige und wissenschaftlich ausgerichtete Institution mit der Umsetzung der einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung sowie mit der Darstellung der Ergebnisse der notwendigen Maßnahmen zu beauftragen. Aufgabe der beauftragten Institutionen ist es alsdann, die Normen und Werkzeuge für die Qualitätsmessung möglichst sektorenübergreifend zu entwickeln , die Ergebnisse auszuwerten und die betroffenen Einrichtungen entsprechend zu informieren bzw. zu beraten. Bereits bestehende und mit Aufgaben der Qualitätssicherung befasste Institutionen (etwa die Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung) sollen zur Durchführung der Qualitätssicherung hinzugezogen werden.118 Nach § 137a Abs. 3 SGB V hat die Institution bei der Bearbeitung ihrer Aufträge die maßgeblichen Interessensverbände, Vertreter der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften, die Spitzenverbände der Krankenkassen, den Verband der privaten Krankenversicherung sowie die für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen maßgeblichen Organisationen auf Bundesebene und den oder die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten zu beteiligen. Das Gesetz enthält keine näheren Vorgaben bezüglich Inhalt oder Art der Beteiligung. Den Gesetzesmaterialien ist jedoch zu entnehmen, dass der Gesetzgeber sich eine Zusammenarbeit etwa in Expertengruppen vorgestellt hat.119 4.2.4. Beteiligung von Patientenverbänden und der oder des Patientenbeauftragten der Bundesregierung nach Maßgabe des § 139a Abs. 5, § 139b SGB V120 4.2.4.1. Normtexte § 139a SGB V (Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen) lautet auszugsweise : „(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 gründet ein fachlich unabhängiges, rechtsfähiges , wissenschaftliches Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen und ist dessen Träger. Hierzu kann eine Stiftung des privaten Rechts errichtet werden. […] 118 Hencke, in: Peters KV (SGB V), § 137a Rn. 2. 119 Freudenberg, in: jurisPK-SGB V, § 137a Rn. 31, 32. 120 Hierzu ausführlich Bastian/Sawicki, Die Förderung von Patienteninformationen und Patientenbeteiligung durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, S. 69-76; Deter/Delfs/Boehnke, Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Aktueller Begriff der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 2. März 2010, WD9 Nr. 12/10; Engelmann, in: jurisPK-SGB V, § 139a, 139b; Hencke, in: Peters KV (SGB V), §139a, 139b SGB V; Hess, in: Leitherer (Hrsg.), Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Band 1, § 139a, 139b; Hohnholz, in: Noftz/Engelhard/Flint u.a., Kommentar zum SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung –, § 139a, 139b; Schneider, in: Wagner/Knittel/Baier, Kommentar zur Sozialen Krankversicherung und Pflegeversicherung, § 139a, 139b SGB V. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 47 (3) Das Institut wird zu Fragen von grundsätzlicher Bedeutung für die Qualität und Wirtschaftlichkeit der im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erbrachten Leistungen insbesondere auf folgenden Gebieten tätig: 1. Recherche, Darstellung und Bewertung des aktuellen medizinischen Wissensstandes zu diagnostischen und therapeutischen Verfahren bei ausgewählten Krankheiten, 2. Erstellung von wissenschaftlichen Ausarbeitungen, Gutachten und Stellungnahmen zu Fragen der Qualität und Wirtschaftlichkeit der im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erbrachten Leistungen unter Berücksichtigung alters-, geschlechts- und lebenslagenspezifischer Besonderheiten, 3. Bewertungen evidenzbasierter Leitlinien für die epidemiologisch wichtigsten Krankheiten, 4. Abgabe von Empfehlungen zu Disease-Management-Programmen, 5. Bewertung des Nutzens und der Kosten von Arzneimitteln, 6. Bereitstellung von für alle Bürgerinnen und Bürger verständlichen allgemeinen Informationen zur Qualität und Effizienz in der Gesundheitsversorgung sowie zu Diagnostik und Therapie von Krankheiten mit erheblicher epidemiologischer Bedeutung. (4) Das Institut hat zu gewährleisten, dass die Bewertung des medizinischen Nutzens nach den international anerkannten Standards der evidenzbasierten Medizin und die ökonomische Bewertung nach den hierfür maßgeblichen international anerkannten Standards, insbesondere der Gesundheitsökonomie erfolgt. Es hat in regelmäßigen Abständen über die Arbeitsprozesse und - ergebnisse einschließlich der Grundlagen für die Entscheidungsfindung öffentlich zu berichten. (5) Das Institut hat in allen wichtigen Abschnitten des Bewertungsverfahrens Sachverständigen der medizinischen, pharmazeutischen und gesundheitsökonomischen Wissenschaft und Praxis, den Arzneimittelherstellern sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch Kranker und behinderter Menschen maßgeblichen Organisationen sowie der oder dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. […]“ § 139b SGB V (Aufgabendurchführung) präzisiert: „(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 beauftragt das Institut mit Arbeiten nach § 139a Abs. 3. Die den Gemeinsamen Bundesausschuss bildenden Institutionen, das Bundesministerium für Gesundheit und die für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen maßgeblichen Organisationen sowie die oder der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten können die Beauftragung des Instituts beim Gemeinsamen Bundesausschuss beantragen . (2) Das Bundesministerium für Gesundheit kann die Bearbeitung von Aufgaben nach § 139a Abs. 3 unmittelbar beim Institut beantragen. Das Institut kann einen Antrag des Bundesministeriums für Gesundheit als unbegründet ablehnen, es sei denn, das Bundesministerium für Gesundheit übernimmt die Finanzierung der Bearbeitung des Auftrags. (3) Zur Erledigung der Aufgaben nach § 139a Abs. 3 Nr. 1 bis 5 hat das Institut wissenschaftliche Forschungsaufträge an externe Sachverständige zu vergeben. Diese haben alle Beziehungen zu Interessenverbänden, Auftragsinstituten, insbesondere der pharmazeutischen Industrie und der Medizinprodukteindustrie, einschließlich Art und Höhe von Zuwendungen offen zu legen. (4) Das Institut leitet die Arbeitsergebnisse der Aufträge nach den Absätzen 1 und 2 dem Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 91 als Empfehlungen zu. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Empfehlungen im Rahmen seiner Aufgabenstellung zu berücksichtigen.“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 48 4.2.4.2. Erläuterungen Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bewertet das Kosten -Nutzen-Verhältnis verschiedener Therapien, stellt Untersuchungen zum Nutzen und Schaden medizinischer Maßnahmen für Patienten an und informiert über Vor- und Nachteile verschiedener Therapien und Diagnoseverfahren. Das IQWiG erstellt zudem Gutachten zu Arzneimitteln , nichtmedikamentösen Behandlungsmethoden (etwa Operationsmethoden), Verfahren der Diagnose und Früherkennung (Screening), Behandlungsleitlinien sowie zu Disease Management Programmen. Schließlich unterstützt es durch im Internet veröffentlichte, einfach verständliche Informationen die Entscheidungsfindung, Wahlfreiheit und Autonomie der Patienten.121 Das IQWiG verfolgt das Ziel, ein effektiver, zuverlässiger, vertrauenswürdiger und populärer Herausgeber von evidenzbasierten Gesundheitsinformationen für Bürger und Patienten zu sein. Die Gesundheitsinformationen sollen einer allgemeinen gesundheitlichen Aufklärung dienen und sie werden im Rahmen einer ganzheitlichen und umfassenden Vorgehensweise in der Bevölkerung verbreitet. Das IQWiG versteht sich nicht als direktiver Ratgeber für Bürger und Patienten . Es ist vielmehr sein Anliegen, eigenständige und eigenverantwortliche Entscheidungen in Gesundheitsfragen zu fördern. Dabei steht die Autonomie der Bürger und Patienten im Vordergrund .122 § 139a Abs. 5 SGB V regelt die Beteiligung der wesentlich Betroffenen an der Arbeit des IQWiG. Danach ist in allen wichtigen Abschnitten des Bewertungsverfahrens Sachverständigen der medizinischen , pharmazeutischen und gesundheitsökonomischen Wissenschaft und Praxis, den Arzneimittelherstellern sowie den Patientinnen- und Patientenorganisationen, Behindertenverbänden einschließlich der Selbsthilfe sowie der oder dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten Gelegenheit zur Stellung zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidungen miteinzubeziehen. Die für die Wahrnehmung der Interessen und der Selbsthilfeeinrichtungen maßgeblichen (Patienten-)Organisationen ergeben sich wiederum aus der – auf der Rechtsgrundlage des § 140g SGB V erlassenen – Patientenbeteiligungsverordnung (PatBeteiligungsV).123 § 139b SGB V enthält nähere Vorgaben zur Art und Weise der Aufgabendurchführung des IQWiG. § 139b Abs. 1 Satz 2 SGB V gibt den Interessensvertretern der Patientinnen und Patienten die Möglichkeit, die Beauftragung des Instituts beim Gemeinsamen Bundesausschuss zu beantragen . Nähere Regelungen zu der Auftragserteilung finden sich in den §§ 40 bis 45 der Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses124. 121 Deter/Delfs/Boehnke, Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Aktueller Begriff der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 2. März 2010, WD9 Nr. 12/10 122 Bastian/Sawicki, Die Förderung von Patienteninformationen und Patientenbeteiligung durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, S. 70, 71. 123 Engelmann, in: jurisPK-SGB V, § 139a Rn. 36-38. 124 Die Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses ist im Internet abrufbar unter: http://www.gba .de/downloads/62-492-422/VerfO_2009-12-17.pdf - näheres zur den Vorgaben des § 139b SGB V etwa bei Hohnholz, in: Noftz/Engelhard/Flint u.a., Kommentar zum SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung –, § 139b. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 49 4.3. Arzneimittelrecht (§ 25 Abs. 6 Satz 4 AMG)125 § 25 Abs. 6 AMG besagt: „(6) Vor der Entscheidung über die Zulassung eines Arzneimittels, das den Therapierichtungen Phytotherapie, Homöopathie oder Anthroposophie zuzurechnen ist und das der Verschreibungspflicht nach § 48 Abs. 2 Nr. 1 unterliegt, ist eine Zulassungskommission zu hören. Die Anhörung erstreckt sich auf den Inhalt der eingereichten Unterlagen, der Sachverständigengutachten, der angeforderten Gutachten, die Stellungnahmen der beigezogenen Sachverständigen, das Prüfungsergebnis und die Gründe, die für die Entscheidung über die Zulassung wesentlich sind, oder die Beurteilung durch die Gegensachverständigen. Weicht die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung über den Antrag von dem Ergebnis der Anhörung ab, so hat sie die Gründe für die abweichende Entscheidung darzulegen. Das Bundesministerium beruft, soweit es sich um zur Anwendung bei Tieren bestimmte Arzneimittel handelt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, die Mitglieder der Zulassungskommission unter Berücksichtigung von Vorschlägen der Kammern der Heilberufe, der Fachgesellschaften der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Heilpraktiker sowie der für die Wahrnehmung ihrer Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenverbände der pharmazeutischen Unternehmer, Patienten und Verbraucher. Bei der Berufung sind die jeweiligen Besonderheiten der Arzneimittel zu berücksichtigen. In die Zulassungskommissionen werden Sachverständige berufen, die auf den jeweiligen Anwendungsgebieten und in der jeweiligen Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie , Anthroposophie) über wissenschaftliche Kenntnisse verfügen und praktische Erfahrungen gesammelt haben.“ Nach Maßgabe des § 25 Abs. 6 S. 4 AMG, der durch die 12. AMG-Novelle vom 30. Juli 2004126 eingefügt wurde, sind die Spitzenverbände der Patienten und Verbraucher bei der Zusammensetzung der Arzneimittelzulassungskommission vorschlagberechtigt und Mitglieder aus diesen Gruppen sind in die Kommission zu berufen. Wer über die Zulassung von neuen Arzneimitteln mitzuentscheiden berechtigt ist, sollte auch über den Nutzen von Arzneimitteln mitentscheiden dürfen. Von der rechtlichen Konstruktion her ist die Zulassungskommission noch stärker in den Entscheidungsprozess der Behörde integriert als das IQWiG, das seinerseits lediglich empfiehlt, während die Bindung an das Votum der Zulassungskommission immerhin so weit reicht, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel nur dann von dem Votum der Kommission abweichen darf, wenn es seinerseits eine schriftliche Begründung abgibt.127 125 Vgl. hierzu Hart, Patientenrechte und Bürgerbeteiligung, in: GGW 2005, S. 7-13; Hart, Der regulatorische Rahmen der Nutzenbewertung: Vom Arzneimittelrecht zum HTA-Recht, in: MedR 2004, S. 469-481; Kloesel/Cyran, in: Feiden/Pabel (Hrsg.), Kommentar zum AMG, § 25; Pitschas, Zur Rolle des „Patienten“ im Wandel des Gesundheitssystems. Stärkt die Gesundheitsreform 2007 die verfassungsverbürgte Patientenkompetenz?, in: VSSR 2007, S. 333; Rehmann/Greve, Kommentar zum AMG, § 25. 126 12. Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 5. August 2004 (BGBl. I S. 2031). 127 Hart, Patientenrechte und Bürgerbeteiligung, in: GGW 2005, S. 11-12; siehe außerdem Hart, Der regulatorische Rahmen der Nutzenbewertung: Vom Arzneimittelrecht zum HTA-Recht, in: MedR 2004, S. 469-481; Pitschas, Zur Rolle des „Patienten“ im Wandel des Gesundheitssystems. Stärkt die Gesundheitsreform 2007 die verfassungsverbürgte Patientenkompetenz?, in: VSSR 2007, S. 319-334. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 50 5. Handlungsbedarf – ausgewählte Stellungnahmen und Beiträge128 5.1. Expertise von Professor Dr. Dieter Hart Nach Auffassung von Hart erscheint eine Fortentwicklung der Patientenrechte insbesondere im Bereich der Informationsrechte rechtspolitisch wünschenswert.129 Danach müssten öffentliche Informationsangebote über die Struktur-, Prozess und Ergebnisqualität von ärztlichen Leistungen in der Praxis wie im Krankenhaus weiterentwickelt und verbreitet werden; weiterhin sollten die Institutionen verpflichtet werden, entsprechende Informationen öffentlich zugänglich zu machen . Im Bereich der Qualitätsrechte sei zu überlegen, in Krankenhäusern und bei Ärztekooperationen ein vorbeugendes Risikomanagement verbindlich einzurichten. Der präventive Charakter von Patientenrechten sei hervorzuheben und gleichzeitig der vorbeugende Gesundheitsschutz zu betonen. Es seien auch die Rechte der Kinder und Jugendlichen hinsichtlich ihrer Mitwirkung an der Behandlung, ihrer Information über die Behandlung und ihrer Einwilligungsfähigkeit zu präzisieren . Insgesamt sei ein Patientenrechtsgesetz erforderlich. Insbesondere dort, wo Rechtsgrundlagen erst geschaffen oder geändert werden müssten, um ein einheitliches Verhalten von Akteuren im Gesundheitswesen zu gewährleisten, erscheine eine allgemeine, abstrakte und einheitliche gesetzliche Regelung von Nöten. Das zu favorisierende Regelungsmodell liege in einem gebietsübergreifenden Grundsätzegesetz, das sich auf die wichtigsten medizin- und gesundheitsrechtlichen Rechtsprinzipien bezieht, und/aber gleichzeitig Spielräume für Entwicklungen auf der Ebene von Verwaltung und Rechtsprechung lasse.130 128 Hierzu ausführlich AOK-Bundesverband, Patientenrechte, Wunsch- oder Stiefkind? - Ansätze für eine verbesserte Rechtsstellung von Patienten, Zusammenstellung mehrerer Vorträge zu Patientenrechten; Bundesarbeitsgemeinschaft der Patientinnenstellen, Patientenrechte – Ärztepflichten, Broschüre Nr. 1, beigefügt als Anlage 26; Bundesverband der Verbraucherzentrale, Gesundheitspolitik aus Verbrauchersicht – Hintergrundpapier des Verbraucherzentrale Bundesverbandes –, beigefügt als Anlage 27; Hart, in: Rieger/Dahm/Steinhilper (Hrsg.), Heidelberger Kommentar zum Arztrecht, Krankenhausrecht, Medizinrecht, Ordner 1, Patientenrechte Rn. 13 f.; weiter Hart, Patientengesetz oder Patientencharta? Ansätze für eine rechtliche Weiterentwicklung der Patientenrechte , in: AOK-Bundesverband, Patientenrechte – Wunsch- oder Stiefkind? – Ansätze für eine verbesserte Rechtsstellung von Patienten –, S. 27-33, beigefügt als Anlage 28; Hart, Patientenrechte und Bürgerbeteiligung, in: GGW 2005, S. 7-13; Kühn-Mengel, Patientenrechte – wie geht es weiter?, in: AOK-Bundesverband, Patientenrechte – Wunsch- oder Stiefkind? – Ansätze für eine verbesserte Rechtsstellung von Patienten –, S. 17-25, beigefügt als Anlage 29; Pitschas, Mediatisierte Patientenbeteiligung im gemeinsamen Bundesausschuss als Verfahrensproblem , in: MedR 2006, S. 451-457; Pitschas, Zur Rolle des „Patienten“ im Wandel des Gesundheitssystems . Stärkt die Gesundheitsreform 2007 die verfassungsverbürgte Patientenkompetenz?, in: VSSR 2007, S. 319- 334; Schimmelpfeng-Schütte, Die Zeit ist reif für mehr Demokratie in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) – Konzept für eine kollektive Entscheidungsbeteiligung der Versicherten im gemeinsamen Bundesausschuss –, in: MedR 2006, S. 21-25; Schneider, Diagnose behandlungsbedürftig – Patientenrechte in Deutschland, in: WISO direkt 2010, S. 3; Steffen, Mehr Schutz für die Patientenrechte durch ein Patientenschutzgesetz oder eine Patienten-Charta?, in: MedR 2002, S. 190-192; 129 Hart, in: Rieger/Dahm/Steinhilper (Hrsg.), Heidelberger Kommentar zum Arztrecht, Krankenhausrecht, Medizinrecht , Ordner 1, Patientenrechte Rn. 13 f. 130 Hart, in: Rieger/Dahm/Steinhilper (Hrsg.), Heidelberger Kommentar zum Arztrecht, Krankenhausrecht, Medizinrecht , Ordner 1, Patientenrechte Rn. 13; weiter Hart, Patientengesetz oder Patientencharta? Ansätze für eine rechtliche Weiterentwicklung der Patientenrechte, in: AOK-Bundesverband, Patientenrechte – Wunsch- oder Stiefkind? – Ansätze für eine verbesserte Rechtsstellung von Patienten –, S. 32-33. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 51 5.2. Forderungen des Bundesverbandes der Verbraucherzentrale Auch der Bundesverband der Verbraucherzentrale fordert eine systematische und übersichtliche Zusammenfassung der Patientenrechte in einem Patientenrechtegesetz. Er sieht Handlungsbedarf sowohl im Bereich der kollektiven Patientenrechte (Patientenpartizipation) als auch im Arzt- Patient-Verhältnis und unterstützt insbesondere den Ausbau einer unabhängigen Patientenberatung .131 In Bezug auf die kollektiven Patientenrechte fordert der Bundesverband der Verbraucherzentrale zunächst eine Ausweitung der bestehenden Rechte der Patientenverbände im Gemeinsamen Bundesausschuss dergestalt, dass die vertretungsberechtigten Organisationen mit einem Stimmrecht sowohl in Verfahrensangelegenheiten (Protokoll, Tages- und Geschäftsordnung) als auch in Sachfragen ausgestattet werden. Zum anderen seien die Beteiligungsbereiche auf Bundes- und Landesebene auf die für die Versorgung relevanten Vereinbarungen über Vergütung und Qualität (Mantel-, Gesamt und Strukturverträge, Qualitätssicherung, Landesgremien und Versorgungsplanung ) auszudehnen. Hinsichtlich der Stärkung individueller Patientenrechte zielt der Bundesverband der Verbraucherzentrale auf die Integration von rechtlichen Regelungen zum Behandlungsvertrag zwischen Patient und Arzt in das Bürgerliche Gesetzbuch. Dazu hat er im Jahr 2005 ein Papier vorgelegt, in dem Normierungsvorschläge enthalten sind, die im Wesentlichen den Status Quo der Rechtsprechung zu Patientenrechten widerspiegeln. Inhaltlich geht es um Art und Umfang der Aufklärung des Patienten, seine Einwilligung in die Behandlung und die Dokumentation von Diagnose und Therapie durch den Arzt sowie das Recht auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen.132 5.3. Patientenrechtskatalog der Bundesarbeitsgemeinschaft der Patientinnenstellen Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Patientinnenstellen konkretisiert ihre Forderungen nach einem Patientenrechtegesetz anhand eines Kataloges von Patientenrechten, der sich an entsprechenden Forderungen internationaler Organisationen anlehnt. Die eingeforderten Patientenrechte sind insbesondere: das Recht auf gute Gesundheitsversorgung, das Recht auf Zugang zu Informationen (etwa über Diagnose, Behandlungsmethoden und -alternativen, Dauer Kosten, Risiken etc.), das Recht auf freie Wahl des Behandelnden, der Behandlungsmethode, der Beratung und des Behandlungsortes, das Recht auf Beteiligung und Vertretung, das Recht auf Achtung der Menschenwürde, das Recht auf Vertraulichkeit, das Recht auf Beschwerde und Wiedergutmachung im Falle einer fehlerhaften Behandlung oder durch den misslungenen Versuch einer angemessenen Behandlung sowie das Recht auf patientenfreundliches Verfahren (Regelung der Beweislast zuungunsten des Verursachers, verschuldensunabhängige Haftung, neutrale Begutachtungsstellen ).133 131 Verbraucherzentrale Bundesverband, Gesundheitspolitik aus Verbrauchersicht – Hintergrundpapier des Verbraucherzentrale Bundesverbandes vom 8. März 2010, S. 6, 7. 132 Verbraucherzentrale Bundesverband, Gesundheitspolitik aus Verbrauchersicht – Hintergrundpapier des Verbraucherzentrale Bundesverbandes vom 8. März 2010, S. 6-7. 133 Bundesarbeitsgemeinschaft der Patientinnenstellen, Patientenrechte – Ärztepflichten, Broschüre Nr. 1, S. 50-51. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 52 5.4. Pläne der Fraktionen des Deutschen Bundestages hinsichtlich eines Patientenschutzgesetzes Auch die Fraktionen des Deutschen Bundestages zielen auf die Ausarbeitung eines neuen Patientenschutzgesetzes : So hat die Regierungskoalition die Stärkung der Patientenrechte mittels eines Patientenschutzgesetzes bereits zu Beginn der Legislaturperiode zum erklärten Ziel ihrer Politik gemacht. In dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP heißt es dazu: „Im Mittelpunkt der medizinischen Versorgung steht das Wohl der Patientinnen und Patienten. Die Versicherten sollen in die Lage versetzt werden, möglichst selbstständig ihre Rechte gegenüber den Krankenkassen und Leistungserbringern wahrzunehmen. Aus diesem Grund soll eine unabhängige Beratung von Patientinnen und Patienten ausgebaut werden. Die Patientinnen und Patienten sollen bei der Wahrnehmung ihrer Interessen unterstützt werden. Wir wollen mehr Transparenz und Orientierung für Patientinnen und Patienten sowie Versicherte im Gesundheitswesen in Qualität, Leistung und Preis. Die erforderliche Transparenz umfasst auch die Versichertentarife in besonderen Versorgungsformen und -verträgen. Die Patientenrechte wollen wir in einem eigenen Patientenschutzgesetz bündeln, das wir in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten am Gesundheitswesen erarbeiten wollen.“134 Auch die Opposition wirkt auf die Stärkung der Patientenrechte in der laufenden Legislaturperiode hin. Mit einem Antrag vom 3. März 2010 bekräftigen 15 Abgeordnete des Deutschen Bundestages und die Fraktion der SPD ihre Forderung nach einem modernen Patientenschutzgesetz. Die Schwerpunkte des Antrags betreffen eine Stärkung sowohl der individuellen als auch der kollektiven Beteiligungsmöglichkeiten von Patienten in Entscheidungsprozessen der im Gesundheitssystem relevanten Institutionen, die Steigerung der Qualität der Behandlung, die Gewährleistung von Patientensicherheit, die Verbesserung der Rechtslage im Bereich der ärztlichen Dokumentation , die Stärkung der Patientenrechte gegenüber Sozialleistungsträgern und Leistungserbringern sowie die Überführung der Modellvorhaben der unabhängigen Patientenberatung in eine dauerhaft finanzierte Institution.135 134 Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU/FDP für die 17. Wahlperiode – Wachstum. Bildung. Zusammenhalt. –, S. 90. 135 Vgl. Deutscher Bundestag, Drs. 17/907 vom 3. März 2010, beigefügt als Anlage 30. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 53 6. Literaturverzeichnis AOK-Bundesverband, Patientenrechte, Wunsch- oder Stiefkind? - Ansätze für eine verbesserte Rechtsstellung von Patienten, Zusammenstellung mehrerer Vorträge zu Patientenrechten, Band 22, Berlin 2007 Angerhausen, Susanne, Die neue Patientenbeteiligung im Gesundheitswesen: Wirksame Mitsprache oder „Logik des Misslingens“?, in: Soziale Sicherheit 2004, S. 13-17 Bastian, Hilda/Sawicki, Peter T., Die Förderung von Patienteninformationen und Patientenbeteiligung durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Kapitel 8, S. 69-77, Kopie von subito e.V. geliefert für den Deutschen Bundestag Becker-Schwarze, Kathrin, Kollektive Patientenrechte durch das GKV-Modernisierungsgesetz, in: Gesundheitsrecht (GesR) 2004, S. 215-219 Bekanntmachung des Dokuments „Patientenrechte in Deutschland“, vom 26. November 2002, in: Bundesanzeiger, herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz, Jahrgang 54, 24. Dezember 2002, Nummer 240b Bollweg, Hans-Georg/Brahms, Katrin, „Patientenrechte in Deutschland“ – Neue Patientencharta, in: Neue juristische Wochenschrift (NJW) 2003, S. 1505–1510 Böse, Martin/Sternberg-Lieben, Detlev (Hrsg.), Grundlagen des Straf- und Strafverfahrensrechts, Festschrift für Knut Amelung zum 70. Geburtstag, Berlin 2009 Bundesarbeitsgemeinschaft der Patientinnenstellen, Patientenrechte – Ärztepflichten, Broschüre Nr. 1, München 2009 Deter, Gerhard/Delfs, Elisabeth/Boehnke, Miriam, Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Aktueller Begriff der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 2. März 2010, WD9 Nr. 12/10 Bundesverband der Verbraucherzentrale, Gesundheitsplitik aus Verbrauchersicht – Hintergrundpapier des Verbraucherzentrale Bundesverbandes – vom 8. März 2010. 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Aktualisierungslieferung ), Köln/Bonn 2009 Fischer, Gerfried/Kluth, Winfried/Lilie, Hans, Rechtsgutachten „Ansätze für eine Stärkung der Patientenrechte im deutschen Recht – Bestandsaufnahme und Handlungsperspektiven“ erstellt im Auftrag der Enquete – Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“ des Deutschen Bundestages, 2. überarbeitete Fassung, Stand: März 2002 Francke, Robert/Hart, Dieter, Charta der Patientenrechte: Rechtsgutachten zur Vorbereitung einer Charta der Patientenrechte gemäß dem Beschluss der 70. Konferenz der für das Gesundheitswesen zuständigen Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren am 20. und 21. November 1997 in Saarbrücken, 1. 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Auflage, Baden-Baden 2009 Kühn-Mengel, Helga, Aufgaben und Erfahrungen der Patientenbeauftragten der Bundesregierung, in: Bundesgesundheitsblatt 2009, S. 92-95. Laufs, Adolf/Uhlenbruck, Wilhelm/Kern, Bernd-Rüdiger (Hrsg.), Handbuch des Arztrechts, 4. Auflage, München 2010 Leitherer, Stephan (Hrsg.), Kasseler Kommentar – Sozialversicherungsrecht – , Band 1, Stand: 65. Ergänzungslieferung, 1. April 2010 Marburger, Horst, Leistungen der Krankenkassen nach § 66 SGB V, in: Das Zentralblatt für Sozialversicherung , Sozialhilfe und Versorgung (ZfS) 2007 (Jahrgang 61), S. 108-113 Noftz, Wolfgang/Engelhard, Wolfgang/Flint, Thomas u.a., SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung –, Kommentar, 3. Band, Stand: Ergänzungslieferung September 2009. 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Pitschas, Rainer, Information der Leistungserbringer und Patienten im rechtlichen Handlungsrahmen von G-BA und IQWiG: Voraussetzungen und Haftung, in: Medizinrecht (MedR) 2008, S. 34-41 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 56 Pitschas, Rainer, Mediatisierte Patientenbeteiligung im gemeinsamen Bundesausschuss als Verfahrensproblem , in: Medizinrecht (MedR) 2006, S. 451-457 Plamper, Evelyn/Meinhardt, M., Patientenvertreterbeteiligung an Entscheidungen über Versorgungsleistungen in Deutschland – Die Perspektive der Patientenvertreter im Gemeinsamen Bundesausschuss und der Bundesgeschäftsstelle für Qualitätssicherung, in: Bundesgesundheitsblatt 2008, S. 81-89 Prognos AG, Unabhängige Patientenberatung in Deutschland – Wissenschaftliche Begleitung des Modellverbundes nach § 65b SGB V –, Kurzfassung des zweiten Zwischenberichts, Berlin Januar 2010, im Internet abrufbar unter: www.unabhaengige-patientenberatung.de Quaas, Michael/Zuck, Rüdiger, Medizinrecht – Öffentliches Medizinrecht, Pflegeversicherungsrecht , Arzthaftpflichtrecht, Arztstrafrecht –, 2. 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September 1999, im Internet abrufbar unter: http://www.wernerschell.de/Patientenschutz/Grundsaetzliches/patientenrechte_grundgesetz.php Anlage 2 Bundesministerium für Justiz (Hrsg.), „Patientenrechte in Deutschland“ (Charta der Patientenrechte ), Bekanntmachung im Bundesanzeiger vom 26. November 2002, Jahrgang 54, 24. Dezember 2002, Nummer 240b Anlage 3 Normtext der §§ 11-62 SGB V, im Internet abrufbar unter: http://bundesrecht.juris.de/sgb_5/ Anlage 4 Flint, Thomas, Kommentierung des § 66 SGB V, in: Noftz, Wolfgang/Engelhard, Wolfgang/Flint, Thomas u.a., SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung –, Kommentar, 3. Band, Stand: Ergänzungslieferung September 200966 Anlage 5 Koch, Kommentierung des § 66 SGB V, in: Schlegel, Rainer/Engelmann, Klaus/Voelzke, Thomas (Hrsg.), jurisPraxiskommentar SGB V, Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung –, Saarbrücken 2008 Anlage 6 Didong, Kommentierung des § 305 SGB V, in: Schlegel, Rainer/Engelmann, Klaus/Voelzke, Thomas (Hrsg.), jurisPraxiskommentar SGB V, Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung –, Saarbrücken 2008 Anlage 7 Flint, Thomas, Kommentierung des § 65b SGB V, in: Noftz, Wolfgang/Engelhard, Wolfgang/Flint, Thomas u.a., SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung –, Kommentar, 3. Band, Stand: Ergänzungslieferung September 2009 Anlage 8 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 58 Francke, Robert/Mühlenbruch, Sonja, Patientenberatung in Deutschland – Zum Ende der ersten Förderphase nach § 65b SGB V, in: GesundheitsRecht – Zeitschrift für Arztrecht, Krankenhausrecht , Apotheken- und Arzneimittelrecht (GesR) 2004, S. 161-166 Anlage 9 Kruse, Jürgen, Kommentierung des § 65b SGB V, in: Kruse, Jürgen/Hänlein, Andreas, Sozialgesetzbuch V – Gesetzliche Krankenversicherung –, Lehr- und Praxiskommentar, 3. Auflage, Baden- Baden 2009 Anlage 10 Prognos AG, Unabhängige Patientenberatung in Deutschland – Wissenschaftliche Begleitung des Modellverbundes nach § 65b SGB V –, Kurzfassung des zweiten Zwischenberichts, Berlin Januar 2010, im Internet abrufbar unter: www.unabhaengige-patientenberatung.de Anlage 11 Bastian, Hilda/Sawicki, Peter T., Die Förderung von Patienteninformationen und Patientenbeteiligung durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Kapitel 8, S. 69-77, Kopie von subito e.V. geliefert für den Deutschen Bundestag, Kapitel 8, S. 69-77 Anlage 12 Pitschas, Rainer, Information der Leistungserbringer und Patienten im rechtlichen Handlungsrahmen von G-BA und IQWiG: Voraussetzungen und Haftung, in: Medizinrecht 2008, S. 34-41 Anlage 13 (Muster-)Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte (Stand 2006), im Internet abrufbar unter: www.bundesaerztekammer.de/downloads/MBOStand20061124.pdf Anlage 14 Heil, Maria/Lützeler, Claudia, in: Dieners, Peter/Reese, Ulrich (Hrsg.), Handbuch des Pharmarechts – Grundlagen und Praxis, München 2010, § 4 Klinische Prüfung, S. 189-254 Anlage 15 Voit, Wolfgang/Moelle, Henning, Arzneimittelhaftung, in: Dieners, Peter/Reese, Ulrich (Hrsg.), Handbuch des Pharmarechts – Grundlagen und Praxis, München 2010, S. 799-842 Anlage 16 Deutsch, Erwin, Die Haftung im Zusammenhang mit Medizinprodukten, in: Deutsch, Erwin/Lippert, Hans-Dieter/Ratzel, Rudolf/Tag, Brigitte, Kommentar zum Medizinproduktegesetz (MPG), 2. Auflage , Berlin/Heidelberg 2010, S. 397-416 Anlage 17 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 59 Becker-Schwarze, Kathrin, Kollektive Patientenrechte durch das GKV-Modernisierungsgesetz, in: Gesundheitsrecht (GesR) 2004, S. 215-219 Anlage 18 Schlacke, Sabine, Kontrolle durch Patientenbeteiligung im Medizin- und Gesundheitswesen, in: Schmehl/Wallrabenstein (Hrsg.), Steuerungsinstrumente im Recht des Gesundheitswesens, S. 41- 66 Anlage 19 Hesral, Kommentierung des § 140h SGB V, in: Schlegel, Rainer/Engelmann, Klaus/Voelzke, Thomas (Hrsg.), jurisPraxiskommentar SGB V, Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung –, Saarbrücken 2008 Anlage 20 Kühn-Mengel, Helga, Aufgaben und Erfahrungen der Patientenbeauftragten der Bundesregierung, in: Bundesgesundheitsblatt 2009, S. 92-95 Anlage 21 Adolf, Kommentierung des § 140f SGB V, in: Schlegel, Rainer/Engelmann, Klaus/Voelzke, Thomas (Hrsg.), jurisPraxiskommentar SGB V, Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung –, Saarbrücken 2008 Anlage 22 Hänlein, Andreas, in: Kruse, Jürgen/Hänlein, Andreas, Sozialgesetzbuch V – Gesetzliche Krankenversicherung –, Lehr- und Praxiskommentar, 3. Auflage, Baden-Baden 2009 § 140f Anlage 23 Patientenbeteiligungsverordnung (PatBeteiligungsV) vom 19. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2190), zuletzt geändert durch Artikel 457 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), im Internet abrufbar unter: http://bundesrecht.juris.de/patbeteiligungsv/ Anlage 24 Gemeinsamer Bundesausschuss, Kriterien für die Benennung sachkundiger Personen zur Wahrnehmung der Mitberatungsrechte nach § 140f SGB V, im Internet abrufbar unter: http://www.gba .de/downloads/17-98-1700/2004-10-19-Benennungskriterien_PatVertreter.pdf Anlage 25 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-104/10 Seite 60 Bundesarbeitsgemeinschaft der Patientinnenstellen, Patientenrechte – Ärztepflichten, Broschüre Nr. 1, München 2009 Anlage 26 Verbraucherzentrale Bundesverband, Gesundheitspolitik aus Verbrauchersicht – Hintergrundpapier des Verbraucherzentrale Bundesverbandes vom 8. März 2010 Anlage 27 Hart, Dieter, Patientengesetz oder Patientencharta? Ansätze für eine rechtliche Weiterentwicklung der Patientenrechte, in: AOK-Bundesverband, Patientenrechte – Wunsch- oder Stiefkind? – Ansätze für eine verbesserte Rechtsstellung von Patienten –, Band 22, Berlin 2007, S. 27-33 Anlage 28 Kühn-Mengel, Helga, Patientenrechte – wie geht es weiter?, in: in: AOK-Bundesverband, Patientenrechte – Wunsch- oder Stiefkind? – Ansätze für eine verbesserte Rechtsstellung von Patienten –, Band 22, Berlin 2007, S. 17-25 Anlage 29 Deutscher Bundestag, Für ein modernes Patientenrechtegesetz, Drucksache 17/907 vom 3. März 2010 Anlage 30