WD 9 - 3000 - 090/18 (6. November 2018) © 2019 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. 1. Zur Rechtslage Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung haben gemäß § 44 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)1 Anspruch auf Krankengeld, wenn sie durch eine Erkrankung arbeitsunfähig sind oder auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder einer Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Ausgenommen von diesem Anspruch sind unter anderem gemäß § 44 Absatz 2 Ziffer 4 SGB V Versicherte, die eine Rente aus einer öffentlichrechtlichen Versicherungseinrichtung beziehen. § 50 SGB V regelt weitere Fälle des Ausschlusses von Krankengeld für Versicherte, die eine Rente oder vergleichbare Leistungen beziehen, und bestimmt darüber hinaus, dass der Anspruch auf Krankengeld mit Beginn des Bezugs der Rentenleistungen endet. Normzweck des § 50 SGB V ist die Verhinderung des Doppelbezugs von Leistungen, welche jeweils dem Ersatz von Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und damit dem gleichen Zweck dienen.2 Für diese Fälle sieht der Gesetzgeber in § 243 SGB V einen ermäßigten Krankenversicherungsbeitrag vor. Dieser beträgt nach § 243 Satz 3 SGB V 14 Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen, gegenüber dem allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen gem. § 241 SGB V. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch -Gesetzliche Krankenversicherung - (Art. 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 17. August 2017 (BGBl. I S. 3214). 2 Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 30. Mai 2006 – B 1 KR 14/05 R; bereits BSG, Urteil vom 15. Dezember 1993 – 1 RK 25/93 = Neue Zeitschrift für Sozialrecht 1994, 316 m. w. N. und BSG, Urteil vom 20. Juli 1976 – 3 RK 13/75. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Beitragsbemessung in der gesetzlichen Krankenversicherung für berufstätige Rentner Beitragsbemessung in der gesetzlichen Krankenversicherung für berufstätige Rentner Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Senioren, Familie, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 2. Zur Normgenese des § 243 SGB V Die Urfassung des § 243 SGB V3 enthielt zunächst die gesetzliche Ermächtigung der Krankenkassen , eine Beitragsermäßigung mittels Satzung festzusetzen. Es bestand kein gesetzlicher Anspruch auf Reduzierung der Beiträge gegenüber der Krankenkasse. Hierin wurde kein Verfassungsverstoß gesehen.4 Nach einer Gesetzesänderung zum 1. Januar 20085 ermächtigte die Vorschrift des § 243 Satz 1 SGB V zur Festsetzung des ermäßigten Beitragssatzes durch Rechtsverordnung der Bundesregierung. Mit der Neufassung zum 1. Januar 20116 wurde in § 243 Satz 1 SGB V erstmals ein ermäßigter Beitragssatz in Höhe von 14,9 Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder – gegenüber dem seinerzeitigen allgemeinen Beitragssatz von 15,5 Prozent– gesetzlich festgesetzt. Diese Beitragsermäßigung sollte den voraussichtlichen Anteil der Krankengeldausgaben an den Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung widerspiegeln.7 Seit dem 1. Januar 2015 liegt der ermäßigte Beitragssatz bei 14,0 Prozent.8 Diese Herabsetzung folgte aus der Absenkung des allgemeinen Beitragssatzes in § 241 SGB V.9 3. Zur Beitragsbemessung Die Bemessung des Krankenversicherungsbeitrags für erwerbstätige Rentner ist im Einzelfall vorzunehmen . Bei Bezug einer Altersvollrente ergeben sich die maßgeblichen Grundzüge der Beitragsbemessung in Abhängigkeit von der Art der gesetzlichen Krankenversicherung sowie der Erwerbstätigkeit . 3 Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen vom 20. Dezember 1988, in Kraft getreten am 21. Dezember 1988, BGBl. I 2477, 2536. 4 BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001 - B 12 RK 2/01 R - SozR 3-2500 § 247 Nr. 2; Urteil vom 24. August 2005 – B 12 RK 29/04 R - SozR 4-2500 § 248 Nr. 1; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. November 2006 - L 11 KR 3814/06. 5 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) vom 26. März 2007, BGBl. I 2007, 378, 425. 6 Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Finanzierungsgesetz - GKV-FinG) vom 22. Oktober 2010, BGBl. I, 2309, 2315. 7 BT-Drucks. 16/3100, S. 165. 8 Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstruktur- und Qualitätsweiterentwicklungsgesetz – GKV-FQWG) vom 21. Juli 2014, BGBl. I S. 1133, 1138. 9 BT-Drucks. 18/1307, S. 44. Beitragsbemessung in der gesetzlichen Krankenversicherung für berufstätige Rentner Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Senioren, Familie, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 3 So ist einerseits zwischen der Beitragsbemessung für Arbeitsentgelt aus einer abhängigen Beschäftigung und Arbeitseinkommen aus einer nebenberuflichen Selbstständigkeit sowie andererseits danach zu unterscheiden, ob der Rentenbezieher versicherungspflichtiges oder freiwilliges Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung ist. Zunächst gilt für alle diese Fälle, dass für die Einkünfte aus der Rente gemäß §§ 247 Absatz 1 Satz 1 i. V. m. § 241 SGB V der allgemeine Krankenversicherungsbeitragssatz von 14,6 Prozent gilt. Den sich hieraus ergebenden Beitrag zahlen gem. § 249a SGB V der pflichtversicherte Rentner und der Rentenversicherungsträger jeweils zur Hälfte. Im Fall der freiwilligen Versicherung erhält der erwerbstätige Rentner vom Rentenversicherungsträger gemäß § 106 SGB VI grundsätzlich einen Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung. Hierdurch wird die anteilige Beitragszahlung des Rentenversicherungsträgers gem. § 249a SGB V ersetzt. 3.1. Pflichtversicherte erwerbstätige Rentner Für die Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit gilt in Fällen der Pflichtversicherung – grundsätzlich unabhängig davon, ob es sich um eine abhängige Beschäftigung oder nebenberufliche Selbstständigkeit handelt – gemäß § 243 SGB V der ermäßigte Beitragssatz von 14,0 Prozent. Dabei besteht für Einkünfte aus nebenberuflicher Selbstständigkeit – anders als in Fällen einer Arbeitnehmertätigkeit – eine Beitragspflicht bereits unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze. In Fällen der Pflichtversicherung trägt außerdem der Arbeitgeber gem. § 249 Absatz 1 SGB V die Hälfte der Beiträge des Mitglieds aus dem Arbeitsentgelt nach dem ermäßigten Beitragssatz, während der nebenberuflich selbstständige Rentner diesen Beitragssatz vollständig allein zu tragen hat. 3.2. Freiwillig versicherte erwerbstätige Rentner Gemäß § 240 Absatz 3 SGB V ist für freiwillige Mitglieder, die neben dem Arbeitsentgelt aus abhängiger Beschäftigung eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, der Zahlbetrag der Rente getrennt von den übrigen Einnahmen bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen . Soweit dies insgesamt zu einer über der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Beitragsbelastung führen würde, ist statt des entsprechenden Beitrags aus der Rente nur der Zuschuss des Rentenversicherungsträgers einzuzahlen. Die Regelung soll sicherstellen, dass die Krankenkassen in jedem Fall die an freiwillige Mitglieder (gemäß § 106 SGB VI) gezahlten Beitragszuschüsse der Rentenversicherungsträger erhalten, um eine Begünstigung freiwilliger Mitglieder gegenüber versicherungspflichtigen Mitgliedern zu vermeiden.10 Freiwillig versicherte Rentner, die abhängig beschäftigt sind und nur wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei sind, erhalten gem. § 257 Absatz 1 SGB V von ihrem Arbeitgeber als Beitragszuschuss den Betrag, den der Arbeitgeber entsprechend § 249 Absatz 1 oder 2 bei Versicherungspflicht des Beschäftigten zu tragen hätte. Freiwillige Mitglieder, die neben einer Rente Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit erzielen , brauchen – anders als abhängig Beschäftigte gemäß § 240 Absatz 3 Satz 2 SGB V – nicht 10 BT-Drs. 11/2237, S. 225. Beitragsbemessung in der gesetzlichen Krankenversicherung für berufstätige Rentner Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Senioren, Familie, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 4 zusätzlich zu den Beiträgen nach der Beitragsbemessungsgrenze den Zuschuss des Rentenversicherungsträgers zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung zu zahlen. Hieraus ergibt sich nach Auffassung des Bundessozialgerichts keine Ungleichbehandlung zu Lasten der abhängig Beschäftigten, da deren Beiträge aufgrund der Regelung des § 257 Absatz 1 SGB V zu einem wesentlichen Teil weiterhin durch den Arbeitgeber getragen werden, während dies für nebenberuflich Selbstständige nicht der Fall ist.11 *** 11 BSG, Urteil vom 28. September 2011 – B 12 KR 23/09 R – in SozR 4 – 2500 § 240 Nr. 15.