© 2019 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 084/19 Vermeidung von Lieferengpässen bei Arzneimitteln Entwicklung der gesetzlichen Regelungen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 084/19 Seite 2 Vermeidung von Lieferengpässen bei Arzneimitteln Entwicklung der gesetzlichen Regelungen Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 084/19 Abschluss der Arbeit: 22. November 2019 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 084/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkung 4 2. Aktuelle Rechtslage 6 3. Entwicklung der Gesetzeslage in den Jahren 2002 bis 2017 7 3.1. Rechtslage in Deutschland zum Ende der 14. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages 8 3.2. Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 9 3.2.1. Einführung von § 52b AMG, Anpassung von § 54 Abs. 2 AMG 9 3.2.2. Einführung von § 79 Abs. 5 AMG 9 3.3. Vierte Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung vom 5. Juni 2012 10 3.4. Gesetz zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV vom 4. Mai 2017 11 4. Weitere Initiativen und Maßnahmen 11 4.1. Antrag der SPD-Fraktion aus dem Jahr 2013 11 4.2. Einrichtung des sogenannten Pharmadialogs der Bundesregierung 12 5. Weitere Entwicklungen und Ausblick 12 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 084/19 Seite 4 1. Vorbemerkung Trotz der hochentwickelten Gesundheitsversorgung in Deutschland ist es in den letzten Jahren – von der Öffentlichkeit erst vor kurzem als großes Problem erkannt – zu einer besorgniserregenden Zunahme von Lieferengpässen bei Arzneimitteln gekommen.1 Auf politischer und auf Fachebene wird seit längerem diskutiert, wie diesen Engpässen durch gesetzgeberische und weitere Maßnahmen entgegen gewirkt werden kann. In einer vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geführten Liste werden aktuell Lieferengpässe bei 292 Humanarzneimitteln (ohne Impfstoffe, Stand: 20. November 2019) aufgeführt, die von pharmazeutischen Unternehmen auf Basis einer freiwilligen Selbstverpflichtung gemeldet wurden.2 Ein entsprechendes Lieferengpassregister, in dem pharmazeutische Unternehmer als Inhaber einer Zulassung auf freiwilliger Basis Lieferengpässe melden können, wenn ein besonderes Interesse der Fachöffentlichkeit besteht, wurde bereits im Jahr 2013 vom BfArM in Absprache mit dem BMG eingeführt. 3 Zwar führt nicht jeder Lieferengpass zu einem Versorgungsengpass, da häufig Alternativpräparate verfügbar sind. Allerdings ist dies nicht immer der Fall, so dass gesundheitsgefährdende bis hin zu lebensbedrohliche Situationen eintreten können, wenn eine Therapie aufgrund des Fehlens eines Medikamentes oder Wirkstoffes verspätet oder gar nicht begonnen werden kann. So wurde beispielsweise für das künstliche Hormon Oxytocin im März 2019 ein auf Produktionsschwierigkeiten beruhender Liefer- und Versorgungsengpass im Sinne des § 79 Abs. 5 Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (AMG)4 durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) festgestellt.5 Oxytocin wird zur Behandlung postnataler Blutungen eingesetzt, die unbehandelt zum Tod führen können. Der Vorsitzende des Ausschusses für Krankenhauspharmazie der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg, Dr. Andreas von Ameln-Mayerhofer, stellte 1 Zur Entwicklung der Zahlen seit dem Jahr 2013 siehe die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Andrew Ullmann, Michael Theurer, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/13357 – Arzneimittellieferengpässe in Deutschland, BT-Drs. 19/13807 vom 8. Oktober 2019, S. 3. 2 Siehe hierzu BfArM - Aktuell offene Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe), abrufbar unter http://lieferengpass.bfarm.de/ords/f?p=30274:2:609130577714; Informationen des BfArM zur Datenbank und zum Umgang mit Lieferengpässen finden sich unter: https://www.bfarm.de/DE/Arzneimittel /Arzneimittelzulassung/Arzneimittelinformationen/Lieferengpaesse/_functions/Filtersuche_Formular .html?queryResultId=null&pageNo=0; dieser und alle weiteren Online-Nachweise wurden zuletzt abgerufen am 20. November 2019. 3 Dahl, Christiane / Horn, Michael, Liefer- und Versorgungsengpässe bei Humanarzneimitteln – Eine Übersicht über die Aktivitäten des BfArM, in: Bulletin zur Arzneimittelsicherheit – Informationen aus BfArM und PEI, Ausgabe 4, Dezember 2016, S. 22 ff. 4 Arzneimittelgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl I S. 3394), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 9. August 2019 (BGBl I S. 1202). 5 Bundesministerium für Gesundheit, Bekanntmachung nach § 79 Abs. 5 des Arzneimittelgesetzes vom 18. März 2019, BAnz AT 25.03.2019 B4. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 084/19 Seite 5 hierzu in einem offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn fest, dass ohne eine sichergestellte Versorgung mit Oxytocin „ein Kreißsaal faktisch nicht mehr betrieben werden“ könne.6 Lieferengpässe sind in jüngster Zeit – neben vielen anderen – auch bei Medikamenten aufgetreten , auf die schwer, aber auch chronisch erkrankte Patienten angewiesen sind, darunter etwa das Blutdruckmedikament Valsartan7 und das Schilddrüsenmedikament Jodthyrox8, aber auch die Krebsmedikamente Erwinase und Cytarabin. Erwinase wird als Bestandteil einer krebshemmenden Kombinationstherapie bei akuter lymphatischer Leukämie im Kindes- und Erwachsenenalter insbesondere bei Patienten angewendet, die auf verfügbare Alternativpräparate allergisch reagieren .9 Cytarabin stellt ebenfalls ein lebensnotwendiges Medikament für Leukämiepatienten dar; eine Alternativtherapie steht nicht zur Verfügung.10 Von wiederkehrenden Lieferengpässen betroffen ist auch das verbreitete Schmerzmittel Ibuprofen.11 Doch selbst wenn Alternativpräparate zur Verfügung stehen, führt der Wechsel vom bewährten Medikament zu einem Ersatzarzneimittel häufig zu Umstellungsschwierigkeiten oder – gerade bei älteren Patienten – im äußersten Fall zu einer Therapieverweigerung. Zudem kann es insbesondere bei gesetzlich Versicherten zu weiteren Problemen bei der Kostenübernahme kommen, 6 Von Ameln-Mayerhofer, Andreas: Krankenhausapotheker schlägt Alarm bei Gesundheitsminister wegen Lieferengpass des Arzneimittels Oxytocin, Offener Brief an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, abrufbar auf der Internetpräsenz der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg unter: https://www.lak-bw.de/news-einzelansicht /artikel/krankenhausapotheker-schl.html; Fuest, Benedikt, Lebensgefahr im Kreißsaal, in: Die Welt, 25. März 2019, abrufbar unter https://www.welt.de/wirtschaft/article190765447/Lieferengpaesse-Lebensgefahrim -Kreisssaal-dank-deutscher-Buerokratie.html. 7 Vgl. Moll, Diana, 1A und Hexal: Valsartan wieder verfügbar, in: Deutsche Apotheker Zeitung, Onlineausgabe (DAZ.online), 6. November 2019, abrufbar unter https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel /2019/11/06/1a-und-hexal-valsartan-wieder-verfuegbar. 8 Vgl. Jodthyrox fehlt noch bis März, in: apotheke adhoc, 19. September 2019, abrufbar unter https://www.apotheke -adhoc.de/nachrichten/detail/pharmazie/jodthyrox-fehlt-noch-bis-maerz-lieferengpaesse/. 9 Mitteilung über vorübergehende Lieferengpässe bei ERWINASE® 10.000 I.E./Durchstechflasche Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung vom 24. Juni 2019 – Jazz Pharmaceuticals Germany GmbH, abrufbar unter https://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Arzneimittel/Zulassung/amInformationen/Lieferengpaesse /Infobriefe/Erwinase_20190626.pdf; vgl. auch Erwinase: Nur noch als Einzelimport, in: apotheke adhoc, 26. Juni 2019, abrufbar unter https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/pharmazie/erwinase-nurnoch -als-einzelimport-lieferengpaesse/. 10 Bundesministerium für Gesundheit, Bekanntmachung nach § 79 Abs. 5 des Arzneimittelgesetzes vom 6. September 2019, BAnz AT 24.09.2019 B3. 11 Moll, Diana, Ibuprofen macht weiterhin Probleme, in: DAZ.online, 2. September 2019, abrufbar unter https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2019/09/02-09-2019/ibuprofen-macht-weiterhin-probleme . Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 084/19 Seite 6 etwa wenn ein – möglicherweise rabattiertes – Generikum nicht verfügbar ist und durch das teurere Originalpräparat ersetzt werden muss.12 Als Ursache für die Lieferengpässe werden zum einen die Bündelung der Produktion einzelner Medikamente bei nur wenigen Herstellern und die Verlagerung von Produktionsstätten ins Ausland , insbesondere nach Asien, bemängelt, wo es etwa aufgrund abweichender Sicherheitsanforderungen häufiger als in Europa zu Produktionsausfällen oder –Beeinträchtigungen kommen könne; zum anderen wird häufig auch auf die Praxis des Abschlusses exklusiver Rabattverträge zwischen Herstellern und Krankenkassen angeführt, die dazu führe, dass die Produktion für andere Hersteller unrentabel werde, die dann im Bedarfsfall nicht liefern könnten.13 Die Bundesregierung hat es sich zu Beginn dieser Legislaturperiode erneut zur Aufgabe gemacht, alles für eine flächendeckend gute Gesundheitsversorgung zu tun.14 In den Medien wird aktuell von Positions- bzw. Diskussionspapieren der Regierungsfraktionen der CDU/CSU und der SPD berichtet, in welchen zuletzt auch das Thema der Lieferengpässe angesprochen wird.15, 16 Auftragsgemäß wird in diesem Sachstand die aktuelle Rechtslage erläutert und die Entwicklung der gesetzlichen Grundlagen seit dem Jahr 2002 nachgezeichnet. 2. Aktuelle Rechtslage Rechtliche Regelungen im Hinblick auf die Vermeidung von Engpässen bei der Arzneimittelversorgung finden sich aktuell insbesondere in Vorschriften des AMG. So haben gemäß § 52b AMG 12 Olsen, Jana, Gehen uns die Medikamente aus?, in: Mitteldeutscher Rundfunk (mdr) aktuell, 17. Oktober 2019, abrufbar unter https://www.mdr.de/nachrichten/ratgeber/gesundheit/hg-medikamentenengpaesse-gehen-unsdie -medikamente-aus-100.html. 13 Vgl. u.a. Ismar, Georg / Neuhaus, Carla / Trappe, Thomas, Koalition will Pharmakonzerne in Europa fördern, in: Tagesspiegel, 18. November 2019, abrufbar unter https://www.tagesspiegel.de/verbraucher/vom-blutdrucksenker -bis-zum-schmerzmittel-warum-medikamente-immer-haeufiger-knapp-werden/25238300.html; Stadler, Rainer, Wenn Aspirin knapp wird, in: Süddeutsche Zeitung, 1. Oktober 2019, abrufbar unter https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/medikamenten-engpass-pharmaindustrie-1.4623737?reduced=true; Müller, Martin U., In Deutschland werden selbst lebenswichtige Medikamente knapp, in: Der Spiegel, 24. Mai 2019, S. 68, abrufbar unter https://www.spiegel.de/plus/deutschland-lebenswichtige-medikamente-werdenknapp -a-00000000-0002-0001-0000-000164076188. 14 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 12. März 2018, Ein neuer Aufbruch für Europa – Eine neue Dynamik für Deutschland – Ein neuer Zusammenhalt für unser Land, abrufbar unter https://www.bundesregierung .de/resource/blob/975226/847984/5b8bc23590d4cb2892b31c987ad672b7/2018-03-14-koalitionsvertragdata .pdf, S. 14, S. 95 ff., insbes. S. 98. 15 Vgl. Mende, Anette, So will die SPD Lieferengpässe bekämpfen, in: Pharmazeutische Zeitung, 6. November 2019, abrufbar unter https://www.pharmazeutische-zeitung.de/so-will-die-spd-lieferengpaesse-bekaempfen/. 16 Vgl. Müller, Christina, Union schärft Positionspapier nach, in: Pharmazeutische Zeitung, 6. November 2019, abrufbar unter https://www.pharmazeutische-zeitung.de/union-schaerft-positionspapier-nach/; sowie Tebroke, Ev, Union will Mehrfachvergabe und regionale Rabattverträge , in: Pharmazeutische Zeitung, 26. September 2019, abrufbar unter https://www.pharmazeutische-zeitung.de/union-will-mehrfachvergabe-und-regionale-rabattvertraege /. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 084/19 Seite 7 pharmazeutische Unternehmer und Betreiber von Arzneimittelgroßhandlungen eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung der von ihnen vertriebenen Arzneimitteln sicherzustellen , die tatsächlich in Verkehr gebracht und zur Anwendung im oder am Menschen bestimmt sind. Zudem sind pharmazeutische Unternehmer nach § 52b Abs. 3a AMG17 verpflichtet, im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit Krankenhäuser im Falle ihnen bekannt gewordener Lieferengpässe bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zur stationären Versorgung umgehend zu informieren . Im Falle eines Versorgungsengpasses können zudem durch die zuständige Behörde Maßnahmen nach § 79 Abs. 5 AMG getroffen werden. Weitere Regelungen finden sich in der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO)18. So ergibt sich aus § 15 Abs. 1 Satz 1 ApBetrO eine Pflicht des Apothekenleiters, die zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung notwendigen Medikamente in einer Menge vorrätig zu halten, die mindestens dem durchschnittlichen Bedarf für eine Woche entspricht . Für den Leiter einer krankenhausversorgenden Apotheke gilt eine entsprechende Verpflichtung im Hinblick auf den durchschnittlichen Bedarf für zwei Wochen (§ 15 Abs. 3 und § 30 ApBetrO). 3. Entwicklung der Gesetzeslage in den Jahren 2002 bis 2017 Daten zu Lieferengpässen in Deutschland im Jahr 2002 liegen, soweit erkennbar, nicht vor. Das Melderegister des BfArM wurde im Übrigen erst im Jahr 2013 geschaffen. Jedoch handelt es sich bei Liefer- und Versorgungsengpässen, die aufgrund von Produktionsschwierigkeiten oder Nachfragespitzen entstehen, um ein über Ländergrenzen hinweg bereits seit Jahren bestehendes Problem .19 Europäische Vorschriften wie die Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (RL 2001/83/EG)20 und die Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (RL 2004/27/EG)21 sollten unter anderem der Vereinheitlichung der mitgliedsstaatlichen Vorschriften, der Verwirklichung des freien Warenverkehrs mit Humanarzneimitteln sowie der Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln dienen22 und 17 Eingefügt durch Art. 5 Nr. 3 des Gesetzes vom 4. Mai 2017 (BGBl I S. 1050). 18 Verordnung über den Betrieb von Apotheken (Apothekenbetriebsordnung), neugefasst durch Bekanntmachung vom 26. September 1995 (BGBl I S. 1195), zuletzt geändert durch Art. 19 des Gesetzes vom 9. August 2019 (BGBl I S. 1202). 19 Siehe beispielsweise für Frankreich: Bekämpfung von Arzneimittelengpässen in Frankreich, Sachstand, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Sachstand. WD 9 - 3000 - 058/19 –. 20 Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311, S. 67). 21 Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 136, S. 34). 22 Vgl. Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 136, S. 34), insbesondere Gründe (1) - (4), (10). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 084/19 Seite 8 haben bei der Entwicklung der nationalen Gesetzgebung auch in Bezug auf Lieferengpässe eine Rolle gespielt.23 Die französische Arzneimittelzulassungsbehörde Agence nationale de sécurité du médicament et des produits de santé (ANSM) führt bereits seit dem Jahr 2002 ein öffentliches Register für Medikamente , die beispielsweise von einem Lieferengpass betroffen oder aus anderen Gründen eingeschränkt verfügbar sind und für die es keine therapeutische Alternative gibt. Dies allein zeigt, dass die Thematik auch zum damaligen Zeitpunkt bereits in Europa bekannt gewesen ist.24 3.1. Rechtslage in Deutschland zum Ende der 14. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages Zum Ende der 14. Legislaturperiode im Oktober 2002 oblag gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes über das Apothekenwesen (ApoG) allein den Apotheken „die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung“.25 Als Ausprägung dieses Grundsatzes fanden sich Regelungen im Hinblick auf Lieferengpässe in §§ 15, 30 der Apothekenbetriebsordnung in der damals gültigen Fassung vom 26. September 1995 (ApBetrO 1995).26 So waren bereits gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 ApBetrO 1995 durch den Apothekenleiter die zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung notwendigen Arzneimittel und weitere Medizinprodukte in einer Menge vorrätig zu halten, die mindestens dem durchschnittlichen Bedarf für eine Woche entsprechen sollte. Zudem sah § 15 Abs. 3 ApBetrO 1995 eine Pflicht des Leiters einer krankenhausversorgenden Apotheke zur Vorratshaltung der Arzneimittel, die zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Patienten des Krankenhauses erforderlich sind, in einer Menge vor, die mindestens dem durchschnittlichen Bedarf für zwei Wochen entsprechen sollte. Schließlich gab § 30 ApBetrO 1995 eine entsprechende Vorratshaltung für Krankenhausapotheken vor. Ein gesetzlicher Versorgungsauftrag der pharmazeutischen Unternehmen oder des Arzneimittelgroßhandels mit Arzneimitteln bestand zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht. 23 Siehe dazu sogleich unter 3.2.1. zur Einführung von § 52b AMG. 24 Vgl. IMS health, Best Practice Ansätze bei Arzneimittelengpässen im internationalen Vergleich – Gutachten im Auftrag von Pro Generika, 21. Januar 2015, abrufbar unter https://www.progenerika.de/publikationen/imshealth -studie-internationale-best-practice-beim-umgang-mit-arzneimittelengpaessen/progenerika_ims-gutachten -lieferengpaesse-final-2/; das Register findet sich unter https://www.ansm.sante.fr/S-informer/Informationsde -securite-Ruptures-de-stock-des-medicaments. 25 Gesetz über das Apothekenwesen (Apothekengesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 1980 (BGBl. I S. 1993), zuletzt geändert durch Artikel 18 des Gesetzes vom 9. August 2019 (BGBl. I S. 1202). 26 Verordnung über den Betrieb von Apotheken (Apothekenbetriebsordnung, neugefasst durch Bekanntmachung vom 26. September 1995 (BGBl I S. 1195). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 084/19 Seite 9 3.2. Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 Mit dem Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 200927 wurde das AMG unter anderem um Regelungen erweitert, die der Vorbeugung und dem Umgang mit Lieferengpässen dienen. 3.2.1. Einführung von § 52b AMG, Anpassung von § 54 Abs. 2 AMG Der gesetzliche Versorgungsauftrag mit Arzneimitteln wurde durch § 52b Abs. 1 AMG auf die pharmazeutischen Unternehmer und den vollversorgenden Großhandel erweitert. Dies diente der Umsetzung von Artikel 81 Abs. 2 der RL 2001/83/EG, der durch die RL 2004/27/EG geändert wurde.28 § 52b Abs. 2 AMG sieht einen Anspruch der vollversorgenden Großhändler auf angemessene und kontinuierliche Belieferung gegenüber den pharmazeutischen Unternehmen vor, der allerdings keinen Zwang zum Abschluss von Verträgen darstellen solle; es solle allerdings gewährleistet werden, dass der vollversorgende Großhandel seinen Bereitstellungsauftrag erfüllen könne.29 Zudem haben gemäß § 52b Abs. 3 AMG die vollversorgenden Arzneimittelgroßhändler eine bedarfsgerechte und kontinuierliche Belieferung der mit ihnen in Geschäftsbeziehung stehenden Apotheken zu gewährleisten. Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung auf sonstige Arzneimittelgroßhändler für die jeweils von ihnen vertriebenen Arzneimittel. Der in Folge dessen ebenfalls angepasste § 54 Abs. 2 AMG sieht als Ergänzung vor, dass der Verordnungsgeber im Bedarfsfalle nähere Anforderungen an die Bereitstellung von Medikamenten in der Betriebsverordnung für Arzneimittelgroßhandelsbetriebe treffen kann. Sanktionierungsmöglichkeiten für den Fall eines Verstoßes durch ein pharmazeutisches Unternehmen oder einen Großhändler waren und sind auch weiterhin nicht im Gesetz vorgesehen. 3.2.2. Einführung von § 79 Abs. 5 AMG Zudem wurde § 79 Abs. 5 AMG geschaffen, der beispielsweise im Fall des eingangs erwähnten Versorgungsmangels mit Oxytocin im März 2019 Anwendung gefunden hat. § 79 Abs. 5 AMG regelt den Fall „eines Versorgungsmangels der Bevölkerung mit Arzneimitteln, die zur Behandlung oder Vorbeugung lebensbedrohlicher Erkrankungen benötigt werden, oder im Fall einer bedrohli- 27 Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 (BGBl. I S. 1990, 3578). 28 Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften, Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 16/12256 vom 16. März 2009, S. 52; zu den Richtlinien siehe bereits oben unter 3. Entwicklung der Gesetzeslage in den Jahren 2002 bis 2017. 29 Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften, Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 16/12256 vom 16. März 2009, S. 52. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 084/19 Seite 10 chen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und über das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht“ (Satz 1). In diesem Fall sind die Behörden ermächtigt, zu gestatten, dass in Deutschland nicht zugelassene oder registrierte Arzneimittel befristet in Verkehr gebracht oder abweichend von § 73 Abs. 1 AMG nach Deutschland verbracht werden können (Satz 1 Nummern 1 und 2). Alternativ kann auch von Erlaubnis- und Genehmigungserfordernissen abgewichen oder unabhängig von im AMG geregelten Verboten gehandelt werden (Satz 4). Die Feststellung, ob ein entsprechender Fall vorliegt oder nicht mehr vorliegt, obliegt grundsätzlich dem BMG (Satz 5), das diese im Bundesanzeiger veröffentlicht (Satz 6); bei radioaktiven Arzneimitteln oder solchen, die unter Verwendung ionisierender Strahlung hergestellt werden, wirkt hieran das Bundesministerium für Umwelt , Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit mit (Satz 7). Die Einführung bezweckte die Ermöglichung einer schnellen Reaktion der zuständigen Behörden im Falle eines Versorgungsnotstandes. Ein solcher könne auch unabhängig von Zivil- und Katastrophenschutzfällen eintreten. Unter Umständen seien Arzneimittel in einem solchen Fall im Ausland noch verfügbar, die möglichst zügig nach Deutschland gebracht werden müssten, ohne dass das Risiko einer Strafverfolgung aufgrund der Einfuhr von nicht zugelassenen Arzneimitteln gemäß § 96 Nummer 5 AMG bestehe.30 3.3. Vierte Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung vom 5. Juni 2012 Im Jahr 2012 wurde mit der Vierten Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung31 im Rahmen der Umsetzung von Artikel 4 Abs. 2 Buchstabe b der Richtlinie 2011/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2011 die ApBetrO angepasst. 32 Im Zuge dessen wurde in § 15 ApBetrO der Verweis auf die zugehörigen Anlagen 2-4 entfernt und stattdessen neben dem üblichen Wochenbedarf (Abs. 1) eine Auflistung von vorzuhaltenden Arzneimitteln (Abs. 1) und Wirkstoffen (Abs. 2) eingefügt. Zudem wurden sowohl § 15 als auch § 30 ApBetrO insoweit erweitert, dass nicht nur Arzneimittel , sondern auch notwendige Medizinprodukte in der genannten Menge vorzuhalten sind.33 30 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften, Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 16/13428 vom 16. März 2009, S. 86. 31 Vierte Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung vom 5. Juni 2012 (BGBl. I S. 1254). 32 Richtlinie 2011/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2011 über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung (ABl. L 88, S. 45). 33 Vierte Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung – Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit, BR-Drs. 61/12 vom 3. Februar 2012, S. 33. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 084/19 Seite 11 3.4. Gesetz zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV vom 4. Mai 2017 Am 13. Mai 2017 trat das Gesetz zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV (AMVSG)34 in Kraft. Im Zuge dessen wurde § 52b AMG um den Abs. 3a ergänzt, wonach pharmazeutische Unternehmer im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit verpflichtet sind, Krankenhäuser im Falle ihnen bekannt gewordener Lieferengpässe bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zur stationären Versorgung umgehend zu informieren. In einem solchen Falle stelle nach der Gesetzesbegründung ein Lieferengpass eine potentielle Beeinträchtigung für Patientinnen oder Patienten dar. Es handele sich überwiegend um Arzneimittel zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen , so dass eine frühzeitige Information besonders wichtig sei.35 Ebenfalls mit dem AMVSG wurde im Mai 2017 § 130a des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V)36, der die Ausgestaltung von Rabatten und Rabattverträgen im Verhältnis der Krankenkassen und der pharmazeutischen Unternehmer regelt, durch Abs. 8a ergänzt. Hiernach können die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen mit pharmazeutischen Unternehmern Rabatte für Fertigarzneimittel vereinbaren, um Patienten mit in der Apotheke hergestellten Zubereitungen zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung in der Onkologie zu versorgen (Satz 1). Neben der „Vielfalt der Anbieter“ soll auch eine „bedarfsgerechte Versorgung“ der Versicherten berücksichtigt werden (Satz 3). 4. Weitere Initiativen und Maßnahmen Über die genannten Veränderungen der Gesetzeslage hinaus wurden im genannten Zeitraum weitere Anläufe zur Verbesserung der Vorbeugung von Lieferengpässen unternommen. 4.1. Antrag der SPD-Fraktion aus dem Jahr 2013 Am 20. März 2013 beantragte die SPD-Fraktion unter dem Titel „Versorgung mit Arzneimitteln sicherstellen“37 die Einführung verschiedener Maßnahmen zum Umgang mit beziehungsweise zur Vermeidung von Lieferengpässen bei Arzneimitteln. Gefordert wurden neben einem zentralen Melderegister und einer Meldepflicht für Lieferengpässe mit verknüpfter Berichtspflicht des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel (PEI) auch die Einführung erweiterter Anordnungsbefugnisse für die Länderbehörden, eine Verpflichtung der Hersteller, Medikamente in ausreichender Menge für sechs Monate vorzuhalten, die Herkunft von Medikamenten auf der Verpackung kenntlich zu machen sowie zu prüfen, ob in 34 Gesetz zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV – GKV-Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz vom 4. Mai 2017 (BGBl. I S. 1050). 35 Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV (GKV-Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz – AMVSG), Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 18/11449 vom 8. März 2017. 36 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. August 2019 (BGBl. I S. 1202). 37 Versorgung mit Arzneimitteln sicherstellen, Antrag der Abgeordneten Dr. Marlies Volkmer, Bärbel Bas, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD, BT-Drs. 17/12847 vom 20. März 2013. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 084/19 Seite 12 Fällen einer „profitorientierten Zulassungsrückgabe“ der Patentschutz bezüglich des betreffenden Arzneimittels eingeschränkt werden könne. Der Antrag blieb ohne Erfolg.38 4.2. Einrichtung des sogenannten Pharmadialogs Über die gesetzlichen Regelungen hinaus wurden weitere Maßnahmen getroffen, um Lieferengpässen entgegenzuwirken. Im Jahr 2014 hat das BMG unter Mitwirkung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) sowie des Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) den sogenannten Pharmadialog eingerichtet, bei dem gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der pharmazeutischen Verbände über die Stärkung des Pharmastandorts Deutschland und die Gewährleistung einer flächendeckenden, innovativen und sicheren Arzneimittelversorgung in Deutschland diskutiert wird.39 In diesem Rahmen wurde im Jahr 2016 ein Jour Fixe zum Thema Lieferengpässe unter Beteiligung der Bundesoberbehörden und der Fachkreise ins Leben gerufen, der etwa drei Mal im Jahr stattfindet und der der Beobachtung und Bewertung der Versorgungslage dienen soll.40 Zudem hat sich im Rahmen des Pharmadialogs die pharmazeutische Industrie zur Optimierung von Prozessen und Qualitätsmanagement verpflichtet. So sollen Krankhäuser und Behörden im Rahmen einer freiwilligen Selbstverpflichtung über drohende Lieferengpässe bei versorgungsrelevanten Wirkstoffen frühzeitig informiert werden. Auch wird eine Liste versorgungsrelevanter Arzneimittel geführt, bei denen Lieferengpässe drohen, um Versorgungslücken entgegenzuwirken und die Versorgung zu gewährleisten.41 5. Weitere Entwicklungen und Ausblick Mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung42 wurde § 130a SGB V um einen Abs. 8 ergänzt. Hiernach ist beim Abschluss einer Rabattvereinbarung zwischen Krankenkasse und pharmazeutischem Unternehmer nunmehr ebenfalls nicht nur die Vielfalt der Anbieter , sondern auch die Gewährleistung einer unterbrechungsfreien und bedarfsgerechten Lieferfähigkeit zu berücksichtigen; dies ist auch bei der Ausschreibung und Vergabe solcher Verträge zu 38 Vgl. Plenarprotokoll 17/244 vom 7. Juni 2013 – S. 30882 (B). 39 Vgl. Bundesregierung setzt Pharmadialog fort, Pressemitteilung des BMBF, 16. November 2018, abrufbar unter https://www.bmbf.de/de/bundesregierung-setzt-pharmadialog-fort-7335.html. 40 Dahl, Christiane / Horn, Michael, Liefer- und Versorgungsengpässe bei Humanarzneimitteln – Eine Übersicht über die Aktivitäten des BfArM, in: Bulletin zur Arzneimittelsicherheit – Informationen aus BfArM und PEI, Ausgabe 4, Dezember 2016, S. 22 ff. 41 Vgl. hierzu Dahl, Christiane / Horn, Michael, Liefer- und Versorgungsengpässe bei Humanarzneimitteln – Eine Übersicht über die Aktivitäten des BfArM, in: Bulletin zur Arzneimittelsicherheit – Informationen aus BfArM und PEI, Ausgabe 4, Dezember 2016, S. 22 ff. 42 Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung vom 9. August 2019 (BGBl. I S. 1202). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 084/19 Seite 13 berücksichtigen.43 Zudem wurde in § 130a Abs. 8a SGB V klargestellt, dass Rabattvereinbarungen der Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen mit pharmazeutischen Unternehmern einheitlich zu treffen sind. Von verschiedener Seite werden nach wie vor Forderungen erhoben, die bestehende Rechtslage zu verschärfen: Zum einen müsse die Informationskette bei Lieferengpässen verbessert werden, insbesondere mit Hilfe von Meldepflichten gegenüber dem BfArM.44 Zum anderen wird hervorgehoben , dass die Bereithaltung von Medikamenten für ein bzw. zwei Wochen nicht ausreiche. Es sei vielmehr erforderlich, eine ausreichende nationale Arzneimittelreserve für versorgungsrelevante Medikamente zu schaffen. Ärzteschaft und Politik sollten dies gemeinsam mit den Kostenträgern und Pharmaunternehmen festlegen.45 Weiterhin wird gefordert, den Abschluss von Rabattverträgen nur dann zu gestatten, wenn diese mit mehreren pharmazeutischen Herstellern abgeschlossen würden.46 Nach einem Bericht der Deutschen Apotheker Zeitung (DAZ) beabsichtigen die Gesundheitspolitiker der Großen Koalition, einen Änderungsantrag zum Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz (GKV- FKG) einzubringen, welcher ebenfalls der Vermeidung von und dem besseren Umgang mit Lieferengpässen dienen soll. Diskutiert werde beispielsweise, dass im Falle eines drohenden „versorgungsrelevanten “ Lieferengpasses das BfArM auf Antrag des Herstellers den Vertrieb von Arzneimitteln aus dem Ausland gestatten könne, ohne dass wie bisher das BMG einen Versorgungsengpass feststellen müsse. Zudem sei zu erwägen, ob der Jour Fixe eine rechtliche Grundlage im AMG erhalten könne und ob beim BfArM ein Beirat einzurichten sei, der die Versorgungslage beobachten solle. Darüber hinaus könnten Meldepflichten erweitert werden und eine Regelung zum Austausch nicht verfügbarer Arzneimittel getroffen werden.47 *** 43 Entwurf eines Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung, Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 19/8753 vom 27. März 2019, S. 36, S. 64. 44 So der stellvertretende Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) Helmut Schröder in einer Pressemitteilung des AOK-Bundesverbandes, 7. November 2019, abrufbar unter https://www.aokbv .de/presse/pressemitteilungen/2019/index_22861.html. 45 So die Vizepräsidentin der Bundesärztekammer Dr. Ellen Lundershausen in einer Pressemitteilung der Bundesärztekammer , 27. September 2019, abrufbar unter: https://www.bundesaerztekammer.de/presse/pressemitteilungen /news-detail/baek-vizepraesidentin-lundershausen-fordert-konsequentes-vorgehen-gegen-lieferengpaesse -und-qualitaetsmae/. 46 So etwa Mathias Arnold von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e.V. (ABDA) im Interview mit dem Deutschlandfunk, „Schmerzmittel sind besonders betroffen“, 13. November 2019, abrufbar unter https://www.deutschlandfunk.de/lieferengpaesse-bei-arzneimitteln-schmerzmittelsind .709.de.html?dram%3Aarticle_id=463236. 47 Vgl. Rohrer, Benjamin / Sucker-Sket, Kirsten, Union und SPD wollen Austauschmöglichkeiten für Apotheker erweitern, in: DAZ.online, 14. November 2019, abrufbar unter https://www.deutsche-apotheker-zeitung .de/news/artikel/2019/11/14/union-und-spd-wollen-austauschmoeglichkeiten-fuer-apotheker-erweitern /chapter:1.