© 2019 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 081/19 Zur Frage der Zulässigkeit von Praxislaboren in zahnmedizinischen Versorgungszentren Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 081/19 Seite 2 Zur Frage der Zulässigkeit von Praxislaboren in zahnmedizinischen Versorgungszentren Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 081/19 Abschluss der Arbeit: 6. November 2019 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 081/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Praxislabore selbstständig tätiger Einzelzahnärzte 5 3. Praxislabore zahnmedizinischer Versorgungszentren 6 4. Auswirkungen des Terminservice- und Versorgungsgesetzes auf Praxislabore zahnmedizinischer Versorgungszentren 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 081/19 Seite 4 1. Einleitung Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz – GKV-VSG)1 am 23. Juli 2015 können reine zahnmedizinische Versorgungszentren (ZMVZ) eröffnet werden. Reine ZMVZ sind zahnärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Zahnärzte als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind.2 Gegründet werden sie insbesondere von zugelassenen Krankenhäusern.3 Nach § 95 Absatz 1a Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V)4 ist dies nur in der Rechtsform der Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Weitere Einzelheiten wie Gründerbefugnis oder Bürgschaftserfordernis ergeben sich ebenso aus § 95 SGB V. Nach Ansicht der Bundesregierung können ZMVZ zu einer Verbesserung der ambulanten Versorgung insbesondere auch in ländlichen und strukturschwachen Gebieten beitragen.5 Teilweise wird mit Sorge beobachtet, dass vermehrt Private-Equity-Gesellschaften (PEG) aus Kapitalinteressen heraus Krankenhäuser aufkaufen, um (zahn)medizinische Versorgungszentren (MVZ) zu gründen.6 Der vorliegende Sachstand beschäftigt sich mit der Frage, ob ZMVZ eigene Praxislabore, die die zahntechnischen Leistungen erbringen, führen können oder ob zahntechnische Leistungen von gewerblichen Dentallaboren7 erbracht werden müssen. Auftragsgemäß wird dabei auch auf die 1 Gesetz vom 16. Juli 2015, BGBl. I S. 1211. 2 Zu medizinischen Versorgungszentren: Bundesministerium für Gesundheit, Medizinische Versorgungszentren, abrufbar unter: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/krankenversicherung/ambulante-versorgung /medizinische-versorgungszentren.html (dieser sowie alle weiteren Links wurden zuletzt abgerufen am 6. November 2019). 3 Zahnärztliche Mitteilungen (ZM) online, Zahnärzte-MVZ, Die neuen Cashcows?, 15. August 2018, Heft 15_16/2018, abrufbar unter: https://www.zm-online.de/archiv/2018/15_16/titel/die-neuen-cashcows/. 4 Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 12 des Gesetzes vom 9. August 2019 (BGBl. I S. 1202) geändert worden ist. 5 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Maria Klein-Schmeink, Kordula Schulz-Asche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Entwicklung zahnmedizinischer Versorgungsstrukturen, Bundestags-Drucksache 19/5390 vom 29. Oktober 2018, S. 2. 6 Vgl. zu PEG auch folgende Arbeit: Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Private Equity im deutschen Gesundheitssektor, Dokumentation WD 9 - 3000 - 037/19 vom 12. Juni 2019, abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/651550/fe2f480568b6fa35028796f721584274/WD-9-037-19-pdfdata .pdf. 7 Unter Dentallabor wird das gewerblich betriebene Zahntechniklabor gefasst (§ 1 Absatz 1 und 2 i.V.m. Anlage A Ziffer 37 Handwerksordnung (HwO)). Kennzeichnend ist die Meisterpflicht, die sich aus der Handwerksordnung ergibt. Gewerbliche Dentallabore werden für verschiedene Zahnärzte als deren Auftraggeber tätig. Die Zahnärzte schließen losgelöst vom Behandlungsvertrag mit ihren Patienten einen weiteren Werkvertrag mit dem jeweiligen Dentallabor ab, welches für sie die zahntechnischen Leistungen erbringen soll. Weitere Einzelheiten vgl. Jessie, Im Spannungsfeld zwischen Dentallabor und Praxislabor in: dental:spiegel2017, abrufbar unter: https://dentalspiegel-online.de/im-spannungsfeld-zwischen-dentallabor-und-praxislabor/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 081/19 Seite 5 Auswirkungen des am 11. Mai 2019 in Kraft getretenen Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG)8 eingegangen. 2. Praxislabore selbstständig tätiger Einzelzahnärzte Nach § 1 Absatz 3 des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde (ZHG)9 ist die Ausübung der Zahnheilkunde die berufsmäßige auf zahnärztlich wissenschaftliche Erkenntnisse gegründete Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Als Krankheit ist jede von der Norm abweichende Erscheinung im Bereich der Zähne, des Mundes und der Kiefer anzusehen , einschließlich der Anomalien der Zahnstellung und des Fehlens von Zähnen. Damit gehört die Erbringung zahntechnischer Leistungen zum Berufsbild des Zahnarztes.10 Aus diesem Grund werden im Rahmen des Zahnmedizinstudiums nach § 28 Absatz 5 und § 50 der Approbationsordnung für Zahnärzte11 auch Kenntnisse zu Herstellungsmethoden des Zahnersatzes vermittelt und im Rahmen der Examina geprüft. Entsprechend sehen die Berufsordnungen der Landeszahnärztekammern als Satzungsrecht vor, dass der Zahnarzt berechtigt ist, im Rahmen seiner Praxis ein zahntechnisches Labor zu betreiben oder sich an einem gemeinschaftlichen zahntechnischen Labor mehrerer Zahnarztpraxen zu beteiligen.12 Das praxiseigene Labor darf nur zur Anfertigung zahntechnischer Arbeiten für die eigene Praxis eingesetzt werden. Eine Produktion im Praxislabor für Dritte würde dagegen eine gewerbliche Tätigkeit darstellen. Entsprechend darf die Laborgemeinschaft ausschließlich zahntechnische Leistungen und Arbeiten für die in der Laborgemeinschaft zusammengeschlossenen Zahnarztpraxen erbringen.13 Anders als bei einem Zahntechnikermeister betreibt der Zahnarzt in diesen Fällen kein Handwerk, so dass die Handwerksordnung (HWO) nicht anwendbar ist.14 8 Gesetz vom 6. Mai 2019, BGBl. I S. 646. 9 Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. April 1987 (BGBl. I S. 1225), das zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307) geändert worden ist. 10 Jessie, Im Spannungsfeld zwischen Dentallabor und Praxislabor in: dental:spiegel2017, abrufbar unter: https://dentalspiegel-online.de/im-spannungsfeld-zwischen-dentallabor-und-praxislabor/; Frigger in: Orlowski /Remmert, GKV-Kommentar SGB V, 49. AL März 2019, § 88 Rn. 4; vgl. auch Eichelberger in: Spickhoff, Medizinrecht, 3. Auflage 2018, ZHG, § 1, Rn. 11 und 13. 11 Approbationsordnung für Zahnärzte in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 2123-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch Artikel 11 des Gesetzes vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307) geändert worden ist. Die Approbationsordnung wurde auf Grundlage des § 3 ZHG erlassen. 12 Vgl. hierzu § 11 Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer vom 11. November 2017, abrufbar unter: https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/recht/mbo.pdf. 13 Bundeszahnärztekammer, Kommentar zur Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer, 2. Auflage, März 2018, § 11 (Zahnarztlabor), abrufbar unter: https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/b/mbo-kommentar.pdf. 14 Schott in: Bayerisches Zahnärzteblatt, Zahntechnik gehört zu unserem Berufsbild, April 2019, S. 28, abrufbar unter: https://www.bzb-online.de/e042019/#28; vgl. auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 11. Mai 1979 - 5 C 16/79, BeckRS 9998, 104270. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 081/19 Seite 6 Auch nach § 28 Absatz 2 Satz 1 SGB V umfasst die zahnärztliche Behandlung die Tätigkeit des Zahnarztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist, ebenso auch konservierend-chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen, die im Zusammenhang mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen erbracht werden. Dies zeigt ebenso, dass die begleitenden Behandlungen bei der Versorgung mit Zahnersatz zur zahnärztlichen Behandlung gehören.15 Auch nach § 73 Absatz 2 Nummer 2a SGB V umfasst die vertragsärztliche Versorgung die Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen . Gegenstand dieser Regelung ist die Leistungserbringung durch den Vertragsarzt selbst16, so dass er in der Lage sein muss, eigene Praxislabore zu führen. Dazu spricht § 88 Absatz 3 SGB V von Preisen für zahntechnische Leistungen, die von einem Zahnarzt erbracht werden, so dass die zahnärztliche Eigenlaborleistung ausdrücklich erlaubt ist.17 Allerdings ist nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht die Führung des Praxislabors eng auszulegen, d. h. der Zahnarzt müsse, neben dem Erfordernis der Versorgung eigener Patienten, vor allem die Arbeiten im Praxislabor eigenhändig verrichten oder engmaschig anleiten und überwachen.18 3. Praxislabore zahnmedizinischer Versorgungszentren Einer Auffassung nach steht das Recht selbstständig tätiger Zahnärzte, ein Praxislabor zu führen, einem ZMVZ nicht zu, da hier die berufsrechtlichen Regelungen wie die Berufsordnungen der Landesärztekammern nicht anwendbar seien, zudem ein durch eine GmbH geführtes ZMVZ gewerblich tätig sei und die angestellten Zahnärzte keine eigenen Patienten hätten, für die sie Laborleistungen erbrächten.19 Demgegenüber wird vertreten, dass auch ZMVZ eigene Praxislabore führen könnten und zwar aus folgenden Gründen:20 15 Sproll in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, 103. EL Februar 2019, § 73 SGB V Rn. 29. 16 Nebendahl in: Spickhoff, Medizinrecht, 3. Auflage 2018, § 73 SGB V, Rn. 11. 17 Klückmann in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Dezember 2017, § 88 Rn. 12; Niggehoff in: Becker/Kingreen, SGB V, 6. Auflage 2018, § 88 Rn. 19; vgl. auch Reimer, Laborleistungen von Zahnarzt-MVZ werden in Frage gestellt – Mitteilung des zukünftigen Abrechnungsausschlusses durch die KZV Nordrhein, 2018, abrufbar unter: https://ppp-rae.de/news/beitrag-vom-27-07-2018-laborleistungen-von-zahnarzt-mvz-werden-in-frage-gestelltmitteilung -des-zukuenftigen-abrechnungsausschlusses-durch-die-kzv-nordrhein/. 18 Detterbeck/Plagemann, Rechtsgutachten im Auftrag des Arbeitgeberverbandes Zahntechnik, Das zahnärztliche Praxislabor Handwerks-, berufs-, wettbewerbs- und sozialrechtliche Grenzen, 27. September 2016, abrufbar unter : http://www.avz-berlin.eu/assets/avz-rechtsgutachten.pdf. 19 Niggehoff in: Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrechts, 3. Auflage 2018, § 18 MVZ, Rn. 113. 20 Frigger in: Orlowski/Remmert, GKV-Kommentar SGB V, 49. AL März 2019, § 88 Rn. 18; Reimer, Laborleistungen von Zahnarzt-MVZ werden in Frage gestellt – Mitteilung des zukünftigen Abrechnungs-ausschlusses durch die KZV Nordrhein, 2018, abrufbar unter: https://ppp-rae.de/news/beitrag-vom-27-07-2018-laborleistungen-vonzahnarzt -mvz-werden-in-frage-gestellt-mitteilung-des-zukuenftigen-abrechnungsausschlusses-durch-die-kzvnordrhein /; Bischoff, Praxislabor in einem Z-MVZ – ja oder nein? In: Die ZahnarztWoche (DZW) 12/2017, abrufbar unter: https://www.bischoffundpartner.de/dzw-12-17-s-31-praxislabor-mvz.pdfx. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 081/19 Seite 7 In einem ZMVZ angestellte Zahnärzte sind Zahnärzte im Sinne der Berufsordnungen, so dass auch sie berechtigt sind, zahntechnische Leistungen zu erbringen. Die Anwendbarkeit der Berufsordnungen auch auf das ZMVZ als Ganzes folgt aus der zahnärztlichen Berufsausübung .21 Die Ausübung des Zahnarztberufs im Rahmen eines gewerblichen ZMVZ ist nach § 95 Absatz 1a SGB V vorgesehen, so dass nicht ersichtlich ist, warum die gewerbliche Prägung z. B. bei einem durch eine GmbH geführten ZMVZ zu einem Verbot eines Praxislabors führen sollte. Eigene Patienten haben auch die Zahnärzte in einem ZMVZ, da jedes faktische Zahnarzt-Patienten-Verhältnis umfasst sein muss. Andernfalls dürfte die Zuordnung der Patienten zu einem Zahnarzt auch in ausdrücklich durch die Berufsordnungen zugelassenen Berufsausübungsgemeinschaften22 mit Anstellungskonstellationen problematisch werden.23 Da die Versorgung mit Zahnersatz Teil der vertragszahnärztlichen Versorgung nach § 73 Absatz 2 Nummer 2a SGB V ist, muss auch ein ZMVZ ein Praxislabor führen dürfen. Schließlich nehmen nach § 95 Absatz 1 Satz 1 SGB V an der vertragsärztlichen Versorgung neben Ärzten auch zugelassene MVZ teil und für sie gelten nach § 72 Absatz 1 Satz 2 SGB V die Vorschriften des Vierten Kapitels (§§ 69 bis 140 SGB V) entsprechend, sofern nichts Abweichendes bestimmt ist.24 § 88 Absatz 3 SGB V bestimmt, dass die Preise für Leistungen im Praxislabor im Gegensatz zum Dentallabor um fünf Prozent reduziert sind, so dass das Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 SGB V für das Vorhalten von Praxislaboren in ZMVZ spricht.25 Auch verfassungsrechtliche Gründe sprechen für eine Zulassung von Praxislaboren bei ZMVZ. Nach dem die Berufsfreiheit schützenden Artikel 12 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz 21 Sozialgericht (SG) Marburg, Urteil vom 31. Januar 2018, S 12 KA 572/17, abrufbar unter: https://openjur .de/u/2167438.html (Rn. 52); Reimer, Laborleistungen von Zahnarzt-MVZ werden in Frage gestellt – Mitteilung des zukünftigen Abrechnungs-ausschlusses durch die KZV Nordrhein, 2018, abrufbar unter: https://ppprae .de/news/beitrag-vom-27-07-2018-laborleistungen-von-zahnarzt-mvz-werden-in-frage-gestellt-mitteilung-deszukuenftigen -abrechnungsausschlusses-durch-die-kzv-nordrhein/. 22 Vgl. § 33 Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte (Zahnärzte-ZV) und § 16 der Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer vom 11. November 2017, abrufbar unter: https://www.bzaek.de/fileadmin /PDFs/recht/mbo.pdf sowie Kommentar zur Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer, 2. Auflage, März 2018, § 16 (Gemeinsame zahnärztliche Berufsausübung) und § 11 (Zahnarztlabor), abrufbar unter: https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/b/mbo-kommentar.pdf. 23 Reimer, Laborleistungen von Zahnarzt-MVZ werden in Frage gestellt – Mitteilung des zukünftigen Abrechnungsausschlusses durch die KZV Nordrhein, 2018, abrufbar unter: https://ppp-rae.de/news/beitrag-vom-27-07- 2018-laborleistungen-von-zahnarzt-mvz-werden-in-frage-gestellt-mitteilung-des-zukuenftigen-abrechnungsausschlusses -durch-die-kzv-nordrhein/. 24 Frigger in: Orlowski/Remmert, GKV-Kommentar SGB V, 49. AL März 2019, § 88 Rn. 18; Bischoff, Praxislabor in einem Z-MVZ – ja oder nein? In: Die ZahnarztWoche (DZW) 12/2017, abrufbar runter: https://www.bischoffundpartner .de/dzw-12-17-s-31-praxislabor-mvz.pdfx. 25 Vgl. Bischoff, Praxislabor in einem Z-MVZ – ja oder nein? in: Die ZahnarztWoche (DZW) 12/2017, abrufbar runter : https://www.bischoffundpartner.de/dzw-12-17-s-31-praxislabor-mvz.pdfx. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 081/19 Seite 8 für die Bundesrepublik Deutschland (GG)26 kann die Berufsausübung nur durch ein Gesetz eingeschränkt werden, das nach ständiger Rechtsprechung den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. Gesetzliche Beschränkungen müssen auf sachgerechten und vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls beruhen und dürfen die berufliche Betätigung nicht unverhältnismäßig einschränken.27 Das Grundrecht der Berufsfreiheit gilt auch für inländische juristische Personen des Privatrechts wie eine GmbH (vgl. Artikel 19 Absatz 3 GG), aber auch für weitere Vereinigungen des Privatrechts, die keine juristische Person darstellen.28 Auch wenn ein ZMVZ an sich nicht als rechtsund damit grundrechtsfähig eingestuft wird29, so ist der dahinterstehende Rechtsträger, z. B. die GmbH, grundrechtsfähig. Die Berufsausübungsfreiheit ist weit zu interpretieren und umfasst den Schutz der gesamten beruflichen Tätigkeit hinsichtlich Form, Mittel, Umfang und Inhalt der Betätigung.30 Das Betreiben eines Praxislabors unterfällt damit der Berufsausübung. Eine diesbezügliche gesetzliche Verbotsregelung liegt nicht vor. Auch der allgemeine Gleichheitssatz nach Artikel 3 Absatz 1 GG, der auf inländische juristische Personen des Privatrechts anwendbar ist (vgl. Artikel 19 Absatz 3 GG)31, spricht für eine Gleichbehandlung einer Zahnarztpraxis im Rahmen eines ZMVZ mit einer solchen eines selbstständig tätigen Zahnarztes.32 Eine sachliche Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung ist nicht erkennbar.33 Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind grundsätzlich keine Träger der Grundrechte.34 26 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 28. März 2019 (BGBl. I S. 404) geändert worden ist. 27 Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 10. November 1998 – 1 BvR 2296/96, 1 BvR 1081/97, BeckRS 1998, 14688. 28 Scholz in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 87. EL März 2019, Artikel 12 Rn. 106. 29 Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 16. Mai 2018 – B 6 KA 1/17 R, BeckRS 2018, 21275. 30 Hanau in: Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, 1. Auflage 2016, Artikel 12 Rn. 35; Manssen in: von Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, 7. Auflage 2018, Artikel 12 Rn. 67; Mann in: Sachs, Grundgesetz, 8. Auflage 2018, Artikel 12 Rn. 79. 31 Wollenschläger in: von Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, 7. Auflage 2018, Artikel 3 Rn. 64. 32 Frigger in: Orlowski/Remmert, GKV-Kommentar SGB V, 49. AL März 2019, § 88 Rn. 18; Bischoff, Praxislabor in einem Z-MVZ – ja oder nein? In: Die ZahnarztWoche (DZW) 12/2017, abrufbar runter: https://www.bischoffundpartner .de/dzw-12-17-s-31-praxislabor-mvz.pdfx. 33 Bischoff, Praxislabor in einem Z-MVZ – ja oder nein? in: Die ZahnarztWoche (DZW) 12/2017 abrufbar runter: https://www.bischoffundpartner.de/dzw-12-17-s-31-praxislabor-mvz.pdfx. 34 Vgl. hierzu einschließlich der Ausnahmen Kämmerer in: von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 6. Auflage 2012, Artikel 12 Rn, 13 und 14; Hanau in: Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, 1. Auflage 2016, Artikel 12 Rn. 22; Boysen in: von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 6. Auflage 2012, Artikel 3 Rn. 28. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 081/19 Seite 9 4. Auswirkungen des Terminservice- und Versorgungsgesetzes auf Praxislabore zahnmedizinischer Versorgungszentren Mit dem TSVG wurde – ausgehend von den Beratungen im Ausschuss für Gesundheit – die Gründungsbefugnis für ZMVZ durch Krankenhäuser gestaffelt beschränkt (§ 95 Absatz 1b SGB V). Die entsprechende Vorgabe des Gesetzgebers richtet sich nach dem Versorgungsgrad des jeweiligen Planungsbereiches. In grundsätzlich bedarfsgerecht versorgten Planungsbereichen beträgt der zulässige Versorgungsanteil eines Krankenhauses beziehungsweise seiner ZMVZ in dem betreffenden Planungsbereich maximal zehn Prozent. In unterversorgten Planungsbereichen erhöht sich der zulässige Versorgungsanteil auf maximal 20 Prozent. In überversorgten Planungsbereichen reduziert sich der zulässige Versorgungsanteil auf maximal fünf Prozent.35 Ausweislich der Ausschussbegründung verfolgt der Gesetzgeber damit das Ziel, zugelassenen Krankenhäusern im Eigentum von PEG keine marktbeherrschende Stellung im vertragszahnärztlichen Segment einzuräumen, sondern vielmehr eine Anbietervielfalt bei der zahnärztlichen Versorgung zu gewährleisten . Nach der Bewertung des Gesetzgebers haben PEG mit den dahinterstehenden Kapitalgebern ein großes Interesse am deutschen Dentalmarkt, da sich hier ein aussichtsreiches Investitionsumfeld erkennen lasse: „Nach bisherigen Einschätzungen ist dies vor allem auf den niedrigen Regulierungsgrad im vertragszahnärztlichen Bereich, hohe Selbstzahlerleistungen, besonders gewinnbringende Leistungsbereiche (z. B. Implantologie) und die Möglichkeit zum Aufbau eigener Dentallabore zurückzuführen.“36 Der Gesetzgeber sieht die Gefahr, dass durch die renditeorientierte Motivation von PEG medizinische Entscheidungen verstärkt von versorgungsfremden Zielen beeinflusst werden. Er kommt aber auch zum Ergebnis: „Insbesondere gegenüber einem vollständigen Ausschluss der Gründungsbefugnis für Krankenhäuser erweist sich die Einschränkung der Gründungsbefugnis bei gleichzeitiger Berücksichtigung bestehender Versorgungsbedürfnisse als milderes Mittel. Eine Koppelung der Zulassung an die Verpflichtung zur Erbringung eines bestimmten Leistungsspektrums zur Vermeidung der Einengung des Versorgungsangebots auf besonders lukrative Leistungen wäre nicht sachgerecht, da nach geltender Rechtslage bereits aus der Zulassung eines Vertragszahnarztes folgt, dass er die für die vertragszahnärztliche Versorgung wesentlichen Leistungen auch tatsächlich anbieten und erbringen muss.“37 Damit kommt in der Begründung zum Ausdruck, dass zwar die Ausbreitung der ZMVZ an sich beschränkt werden sollte, jedoch das Aufgabenspektrum von zugelassenen ZMVZ und damit auch das Betreiben von Praxislaboren an sich dagegen gerade nicht. 35 Ausführlich dazu Ladurner, Das Terminservice- und Versorgungsgesetz – TSVG aus vertragsarztrechtlicher Perspektive (Teil 2) in: Medizinrecht 2019, S. 519 (522). 36 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice- und Versorgungsgesetz – TSVG), Bundestags-Drucksache 19/8351 vom 13. März 2019, S. 187 ff. 37 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice- und Versorgungsgesetz – TSVG), Bundestags-Drucksache 19/8351 vom 13. März 2019, S. 188. Kritisch zur Einschätzung des Gesetzgebers und zur Verfassungsmäßigkeit des § 95 Absatz 1b SGB V: Ladurner, Das Terminserviceund Versorgungsgesetz – TSVG aus vertragsarztrechtlicher Perspektive (Teil 2) in: Medizinrecht 2019, S. 519 (523). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 081/19 Seite 10 Der Verband Deutscher Zahntechnikerinnungen (VDZI) hat sich bereits während des Gesetzgebungsverfahrens zum TSVG gegen die Möglichkeit von ZMVZ, Praxislabore zu betreiben, gewandt und fordert auch weiterhin ein entsprechendes Verbot. Den ZMVZ fehle die berufs- und gebührenrechtliche Grundlage für das Betreiben eines Praxislabors. Zudem gefährdeten solche Praxislabore aufgrund ihrer Größe und Organisationsart zahntechnische Meisterbetriebe.38 *** 38 VDZI, Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice‐ und Versorgungsgesetz – TSVG), August 2018, abrufbar unter: https://www.bundesgesundheitsministerium .de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/Stellungnahmen _WP19/TSVG/TSVG_VDZI.pdf sowie: VDZI-Verbandstag, Betreiben eines eigenen Labors in Z-MVZ muss vom Gesetzgeber verboten werden, Mai 2019, abrufbar unter: https://www.zm-online.de/news/nachrichten/betreiben -eines-eigenen-labors-in-z-mvz-muss-vom-gesetzgeber-verboten-werden/.