© 2020 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 080/19 Das System der Pflege in den Niederlanden Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 080/19 Seite 2 Das System der Pflege in den Niederlanden Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 080/19 Abschluss der Arbeit: 30. Dezember 2019 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 080/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkung 4 2. Das Niederländische Pflegesystem vor dem Jahr 2006 5 3. Pflege- und Gesundheitsreformen in den Niederlanden ab dem Jahr 2006 7 3.1. Gesundheitsreform im Jahr 2006 7 3.2. Pflegereform im Jahr 2015 8 3.2.1. Wet langdurige zorg – Gesetz über die Langzeitpflege 9 3.2.2. Zorgversekeringswet – Gesetz über die Krankenversicherung 9 3.2.3. Wet maatschappelijke ondersteuning – Gesetz über die soziale Unterstützung 10 3.2.4. Jeugdwet – Jugendgesetz 10 4. Finanzierung 11 4.1. Leistungen nach dem Wet langdurige zorg 11 4.2. Leistungen nach dem Zorgversekeringswet 11 4.3. Leistungen nach dem Wet maatschappelijke ondersteuning 12 4.4. Leistungen nach dem Jeugdwet 12 5. Gewinnorientierte Anbieter auf dem niederländischen Pflegemarkt 12 5.1. Gewinnerzielungsabsicht nur in Ausnahmefällen zulässig 13 5.2. Deckelung von Gehältern auf der Führungsebene 14 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 080/19 Seite 4 1. Vorbemerkung Aufgrund sinkender Geburtenraten und einer steigenden Lebenserwartung nimmt in Deutschland wie auch in den anderen europäischen Ländern der Anteil älterer Menschen an der Gesellschaft seit Jahren stetig zu.1 Damit steigt auch die Zahl der Pflegebedürftigen und die Gesellschaft steht vor zunehmenden Herausforderungen, diesen wachsenden Pflegebedarf zu decken. Bei uns sprechen die Bundesregierung und die Länderregierungen, wie auch die übrigen Akteure in der Pflege bereits seit Jahren vom „Pflegenotstand“ und entwickeln Maßnahmen, dem Mangel an qualifiziertem Pflegepersonal zu begegnen. Im Koalitionsvertrag von 2018 befassten sich die Koalitionäre in einem eigenen Kapitel mit der Pflege und verständigten sich auf das „Sofortprogramm Pflege“.2 Im Juni 2019 hat Gesundheitsminister Jens Spahn gemeinsam mit Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil Ergebnisse der sogenannten Konzertierten Aktion Pflege vorgestellt, die insbesondere dazu führen soll, die Arbeitsbedingungen von Pflegefachkräften zu verbessern und mehr Personal zu gewinnen.3 Vor allem soll die Qualität der Pflege gesichert und verbessert werden. Vor dem Hintergrund der wachsenden Patientenzahlen sind jedoch auch der Aspekt der Nachhaltigkeit sowie die steigende Kosten im Gesundheits- und insbesondere Pflegebereich4 zu berücksichtigen. Auch das europäische Ausland hat mit den Folgen der Überalterung der Gesellschaft zu kämpfen . Während in Luxemburg der Anteil von Menschen über 65 Jahren an der Gesamtbevölkerung seit dem Jahr 2008 in etwa gleich geblieben ist, war in allen anderen EU-Mitgliedstaaten ein Anstieg dieses Anteils zu beobachten.5 So ist beispielsweise in den Niederlanden der Anteil an 1 Statistisches Bundesamt (Destatis), Bevölkerung ab 65 Jahren, 2019, abrufbar unter https://www.destatis.de/Europa /DE/Thema/Europawahl/_HC/05_bevoelkerung_ab_65.html. 2 Ein neuer Aufbruch für Europa/Eine neue Dynamik für Deutschland/Ein neuer Zusammenhalt für unser Land, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 12. März 2018, abrufbar unter https://www.bundesregierung .de/resource/blob/975226/847984/5b8bc23590d4cb2892b31c987ad672b7/2018-03-14-koalitionsvertragdata .pdf?download=1. 3 Bundesministerium für Gesundheit, Mehr Ausbildung, mehr Personal, mehr Geld – das bringt die Konzertierte Aktion Pflege, Pressemitteilung vom 4. Juni 2019, abrufbar unter https://www.bundesgesundheitsministerium .de/presse/pressemitteilungen/2019/2-quartal/konzertierte-aktion-pflege.html: siehe auch Bundesministerium für Gesundheit, Glossar – Konzertierte Aktion Pflege, 4. Juni 2019, abrufbar unter https://www.bundesgesundheitsministerium .de/konzertierte-aktion-pflege.html. 4 Zu den Kosten von Gesundheit und Pflege im Zeitvergleich von 2000 bis 2017 siehe Statistisches Bundesamt (Destatis), Statistisches Jahrbuch 2019, Kapitel 4 – Gesundheit, S. 150, abrufbar unter https://www.destatis .de/DE/Themen/Querschnitt/Jahrbuch/jb-gesundheit.pdf?__blob=publicationFile. 5 Statistisches Bundesamt (Destatis), Bevölkerung ab 65 Jahren, 2019, abrufbar unter https://www.destatis.de/Europa /DE/Thema/Europawahl/_HC/05_bevoelkerung_ab_65.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 080/19 Seite 5 Menschen mit einem Alter von über 65 Jahren von 13,6 Prozent im Jahr 20006 auf 18,9 Prozent im Jahr 20187 angestiegen und er steigt auch weiterhin.8 Die vorliegende Arbeit setzt sich auftragsgemäß mit dem System der Langzeitpflege in den Niederlanden und dessen Entwicklung auseinander und wirft einen Blick auf die Finanzierung von Pflegeleistungen sowie die Gewinnerzielungsabsicht von in der Pflege tätigen Privatunternehmen . 2. Das Niederländische Pflegesystem vor dem Jahr 2006 Das System der Pflege in den Niederlanden hat sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Hintergrund war ganz offensichtlich die Kostenexplosion im Gesundheits- und Pflegebereich. Die Ausgaben im Gesundheitsbereich haben sich in den letzten 20 Jahren massiv erhöht und das niederländische Gesundheitssystem hat sich zu einem der teuersten der Europäischen Union entwickelt .9 Regelungen im Hinblick auf Leistungen im Pflegebereich fanden sich im 1968 geschaffenen Algemene Wet Bijzondere Ziektekosten (Allgemeines Gesetz für besondere Gesundheitskosten, AWBZ),10 während auf Heilung gerichtete Maßnahmen Gegenstand des Zorgversekeringswet (Krankenversicherungsgesetz, ZVW)11 waren. Im Jahr 2014 entfielen 29 Prozent der gesamten Gesundheitsausgaben auf Pflege nach dem AWBZ.12 Während das Gesetz ursprünglich die Pflege in Heimen nur für Personen mit Behinderung oder schweren Erkrankungen vorsah, wurde es im Laufe der Zeit unter anderem auch auf die Altenpflege in Heimen erweitert und die Kriterien für die Unterbringung in einem solchen Heim immer weiter gefasst. Dies resultierte darin, dass eine große Zahl von Personen zu hohen Kosten in 6 Centraal Bureau voor de Statistiek – Statistics Netherlands (CBS), Population, households and population dynamics ; from 1899, https://opendata.cbs.nl/statline/#/CBS/en/dataset/37556eng/table?ts=1576659236767. 7 Statistisches Bundesamt (Destatis), Bevölkerung ab 65 Jahren, 2019, abrufbar unter https://www.destatis.de/Europa /DE/Thema/Europawahl/_HC/05_bevoelkerung_ab_65.html. 8 Statistisches Bundesamt (Destatis), Niederlande –Statistisches Länderprofil, 26. August 2019, S. 5; abrufbar unter https://www.destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Internationales/Laenderprofile/niederlande .pdf?__blob=publicationFile. 9 Datengrundlage von: Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) Data, Health Spending, grafische Darstellung der Pro-Kopf-Ausgaben in den Niederlanden in USD von 1995-2018 abrufbar unter: https://data.oecd.org/chart/5NoX. 10 Algemene Wet Bijzondere Ziektekosten (AWBZ) vom 14. Dezember 1967, letzte Fassung vom 16. Juli 2014, gültig bis zum 31. Dezember 2014, abrufbar unter https://wetten.overheid.nl/BWBR0002614/2014-07-16. 11 Zorgverzekeringswet vom 16. Juni 2005, abrufbar unter https://wetten.overheid.nl/BWBR0018450/2019-07-01. 12 Kronemann, Madelon / Boerma, Wienke / van den Berg, Michael / Groenewegen, Peter/ de Jong, Judith / van Ginneken, Ewout, The Netherlands: Health System Review, in: Health Systems in Transition, 2016, Ausgabe 18, Nr. 2, S. 176, abrufbar unter http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0016/314404/HIT_Netherlands .pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 080/19 Seite 6 Pflegeheimen untergebracht wurde, die – so wird dies in der Fachliteratur vertreten – mit der richtigen Unterstützung in der Lage gewesen wären, selbstbestimmt in ihrer eigenen Wohnung zu leben.13 Bemühungen, die Kosten zu senken, erfolgten auch im Wege des Versuchs einer Standardisierung von Abläufen und einer Spezialisierung von Pflegepersonal. Verschiedene Aufgaben wurden in der Folge von personenverschiedenen Dienstleistern wahrgenommen. So konnte beispielsweise die Hilfe beim Ankleiden durch eine geringer bezahlte Hilfskraft geleistet werden, im Gegensatz zu komplexeren Unterstützungstätigkeiten, die eine medizinische Ausbildung erforderten . Zahlreiche Personen waren für einen Patienten zuständig und für jede Tätigkeit waren enge Zeitfenster vorgesehen, von denen nur im Ausnahmefall abgewichen werden konnte. Es bildeten sich regionale Heimpflegeunternehmen; Abläufe wurden in engen, auch zeitlichen Grenzen festgelegt . Darüber, welche Versorgungsleistungen zu erbringen waren, entschied eine Regionale Einschätzungsbehörde (Regionaal Indicatie Orgaan, RIO).14 Dennoch stiegen der Anteil der Ausgaben in der Langzeitpflege am Bruttoinlandsprodukt und auch die Pro-Kopf-Ausgaben weiter an.15 Im Jahr 2006 gründete eine kleine Gruppe von Pflegefachkräften das Unternehmen Buurtzorg und entwickelte ein am Patienten orientiertes Pflegekonzept. Selbstverwaltete Teams von bis zu zehn Wijkverpleegkundigen (Nachbarschaftskrankenpfleger und -pflegerinnen)16 und Assistenten oder Assistentinnen betreuten dabei abgegrenzte Regionen mit bis zu 60 Patienten und leisten dort eine ganzheitliche Pflege unter Rückgriff auf lokale Ressourcen und professionelle Therapieangebote . Das Unternehmen stellte den Teams, die im Übrigen alle Entscheidungen selbstständig trafen, ein IT-System und Unterstützung bei der Verwaltung zur Verfügung. Die Kosten seien – so die Berichte dazu in der Literatur – deutlich niedriger als bei den zuvor etablierten Angeboten 13 Kronemann, Madelon / Boerma, Wienke / van den Berg, Michael / Groenewegen, Peter/ de Jong, Judith / van Ginneken, Ewout, The Netherlands: Health System Review, in: Health Systems in Transition, 2016, Ausgabe 18, Nr. 2, S. 177, abrufbar unter http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0016/314404/HIT_Netherlands .pdf. 14 Ćirković, Stevan, Buurtzorg, revolutionising home care in the Netherlands, Center for Public Impact, 15. November 2018, mit weiteren Nachweisen, abrufbar unter https://www.centreforpublicimpact.org/casestudy /buurtzorg-revolutionising-home-care-netherlands/. 15 Vgl. Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) Data, Health Spending, grafische Darstellung des Anteils der Gesundheitsausgaben der Niederlande am Bruttoinlandsprodukt in den Jahren 1990- 2018, abrufbar unter https://data.oecd.org/chart/5NoU. 16 Hierzu ist ein vierjähriges Bachelor-Studium erforderlich; vgl. im Einzelnen: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Bestandsaufnahme der Ausbildung in den Gesundheitsfachberufen im europäischen Vergleich, Februar 2014, abrufbar unter https://www.bmbf.de/upload_filestore/pub/berufsbildungsforschung_band_15.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 080/19 Seite 7 und die Patientenzufriedenheit sei offensichtlich sehr ausgeprägt. Das Konzept konnte sich gegenüber traditionellen Anbietern etablieren und wurde von diesen teilweise übernommen.17 3. Pflege- und Gesundheitsreformen in den Niederlanden ab dem Jahr 2006 Zur Eindämmung der Kosten und zur Verbesserung der Effizienz der Pflege wurden inzwischen verschiedene Reformen angestrengt, die auch Auswirkungen auf die Langzeitpflege hatten und haben. 3.1. Gesundheitsreform im Jahr 2006 Im Rahmen des im Jahr 2006 begonnenen umfassenden Reformprozesses wurde zunächst im Hinblick auf die medizinische Grundversorgung das duale System von privater und gesetzlicher Krankenversicherung abgeschafft und die bestehenden öffentlichen Versicherungen privatisiert. Zudem fand ein Übergang von einem zentralisierten hin zu einem dezentralen System auf Basis regulierten Wettbewerbs statt. Während die Regierung weiterhin die Zugänglichkeit, Qualität und Erschwinglichkeit der Gesundheitsfürsorge sicherstellen sollte, wurde sowohl Patienten als auch Versicherern mehr Freiraum gegeben, mit dem Ziel, durch verstärkten Wettbewerb bei gleichbleibender oder steigender Qualität einen Rückgang der Kosten im Gesundheitsbereich zu erzielen.18 Seitdem spielt sich die Gesundheitsvorsorge auf drei Märkten ab: dem Versicherungsmarkt, dem Erwerbsmarkt und dem Versorgungsmarkt. Krankenversicherer bieten verschiedene Versicherungsmodelle an, wobei im Basismodell jeder Antragsteller aufgenommen werden muss, die Beiträge für alle Versicherten gleich sind und der Versicherte jedes Jahr die Versicherung wechseln kann (Versicherungsmarkt). Die Versicherer verhandeln mit verschiedenen Gesundheitsdienstleistern im Rahmen der von der Nederlandse Zorgautoriteit (Niederländische Gesundheitsbehörde, NZa) festgelegten Rahmenbedingungen über Preise für verschiedene Dienstleistungen und schließen entsprechende Verträge frei ab. Der prognostizierte Bedarf muss dabei allerdings stets gedeckt sein (Erwerbsmarkt). Schließlich sucht der Patient einen Gesundheitsdienstleister seiner Wahl auf, nachdem er von seinem Hausarzt eine Überweisung erhalten hat (Versorgungsmarkt). Wird ein Anbieter ausgewählt, mit dem 17 Leichsenring, Kai, „Buurtzorg Nederland“ – Ein innovatives Modell der Langzeitpflege revolutioniert die Hauskrankenpflege , in: ProCare – Aktuelle Information, Fort- und Weiterbildung für die Mitarbeiter der Gesundheitsund Krankenpflege, Oktober 2015, S. 20 ff., abrufbar unter https://www.researchgate.net/publication /283573828_Buurtzorg_Nederland_-_Ein_innovatives_Modell_der_Langzeitpflege_revolutioniert_die_Hauskrankenpflege . 18 Kronemann, Madelon / Boerma, Wienke / van den Berg, Michael / Groenewegen, Peter/ de Jong, Judith / van Ginneken, Ewout, The Netherlands: Health System Review, in: Health Systems in Transition, Ausgabe 18, Nr. 2, 2016, S. 166, abrufbar unter http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0016/314404/HIT_Netherlands .pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 080/19 Seite 8 die Krankenversicherung keinen Vertrag abgeschlossen hat, ist oft eine Selbstbeteiligung zu entrichten .19 Das Ziel der Reform, die Kosten im Gesundheitssektor zu senken, wurde jedoch offensichtlich nicht erreicht. Berichten zu Folge führten beispielsweise ausgehandelte niedrigere Preise dazu, dass das Volumen der Leistungen zwar erhöht wurde, die Gesamtkosten aber gleich blieben.20 Erst ab dem Jahr 2012 sei das Wachstum des Anteils der Gesundheitskosten am Bruttoinlandsprodukt zunächst geringer geworden und habe ab dem Jahr 2014 begonnen zu sinken, nachdem die Kosten in den Einzelbereichen Medikamente und Medizinprodukte sowie im öffentlichen Gesundheitssektor durch verschiedene Vereinbarungen und Rabattverträge offenbar reduziert werden konnten. In absoluten Zahlen seien die Pro-Kopf-Ausgaben jedoch weiterhin angeestiegen.21 3.2. Pflegereform im Jahr 2015 Im Jahr 2015 wurde schließlich der Bereich der Langzeitpflege umfassend reformiert, um sicherzustellen , dass diese auch bei einem Anstieg der Nachfrage in Folge der alternden Gesellschaft weiter finanzierbar sein würde. Weitere Ziele der Reform waren, so wird berichtet, vor dem Hintergrund der hohen Rate der Unterbringung in Pflegeheimen, die Selbstbestimmtheit der Betroffenen möglichst lange zu erhalten und die Qualität und Koordinierung der Pflege langfristig zu verbessern .22 19 Kronemann, Madelon / Boerma, Wienke / van den Berg, Michael / Groenewegen, Peter/ de Jong, Judith / van Ginneken, Ewout, The Netherlands: Health System Review, in: Health Systems in Transition, Ausgabe 18, Nr. 2, 2016, S. 168, abrufbar unter http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0016/314404/HIT_Netherlands .pdf. 20 Kronemann, Madelon / Boerma, Wienke / van den Berg, Michael / Groenewegen, Peter/ de Jong, Judith / van Ginneken, Ewout, The Netherlands: Health System Review, in: Health Systems in Transition, Ausgabe 18, Nr. 2, 2016, S. 171 ff., abrufbar unter http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0016/314404/HIT_Netherlands .pdf. 21 Datengrundlage von: Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) Data, Health Spending, grafische Darstellung der Pro-Kopf-Ausgaben in den Niederlanden in USD von 1990-2018 abrufbar unter: https://data.oecd.org/chart/5NoR, grafische Darstellung für den Anteil der Gesundheitsausgaben der Niederlande am Bruttoinlandsprodukt in den Jahren 1990-2018 abrufbar unter https://data.oecd.org/chart/5NoU. 22 Kronemann, Madelon / Boerma, Wienke / van den Berg, Michael / Groenewegen, Peter/ de Jong, Judith / van Ginneken, Ewout, The Netherlands: Health System Review, in: Health Systems in Transition, Ausgabe 18, Nr. 2, 2016, S. 176 f., abrufbar unter http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0016/314404/HIT_Netherlands .pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 080/19 Seite 9 Das AWBZ, das Rechtsgrundlage sowohl für die Versorgung in Pflegeheimen als auch für die ambulante Pflege und die soziale Unterstützung war, wurde außer Kraft gesetzt. Das bisherige System wurde in vier Gesetzen verankert,23 in drei bereits bestehenden Gesetzen sowie im neugeschaffenen Wet langdurige zorg (Gesetz über die Langzeitpflege, WLZ)24. 3.2.1. Wet langdurige zorg – Gesetz über die Langzeitpflege Das WLZ regelt die Betreuung von Personen, die auf eine durchgehende Betreuung rund um die Uhr angewiesen sind. Der besondere Betreuungsbedarf wird durch eine standardisierte Bedürfnisprüfung des Centrum Indicatiestelling Zorg (Zentrum zur Erstellung einer Gesundheitsindikation , CIZ) festgestellt. Als umfassendste Form der Langzeitpflege kommt in diesem Fall eine stationäre Pflege in einem Heim in Betracht. Alternativ kann ein sogenanntes Volledig Pakket Thuis (Komplettpaket zu Hause, VPT)25 beantragt werden, mit dem ein vergleichbares Pflegeniveau wie in einem Heim gewährleistet werden soll, oder es kann auf Antrag ein persönliches Pflegebudget zugeteilt werden, das von der Sociale Verzekerings Bank (Sozialversicherungsbank, SVB) verwaltet wird und das für zuvor festgelegte Dienstleistungen von selbstgewählten Anbietern eingesetzt werden kann. 3.2.2. Zorgversekeringswet – Gesetz über die Krankenversicherung Die häusliche Pflege, die nicht 24 Stunden am Tag geleistet wird, fällt nunmehr in den Aufgabenbereich der Krankenversicherung und ist im ZVW geregelt. Sie fällt dem Grunde nach in die verpflichtende Basisversicherung, die ebenfalls beispielweise Hausarztbesuche, die Versorgung in Krankenhäusern, verschiedene Therapien und die Versorgung mit Medikamenten absichert. Durch diese Neuzuordnung soll die Integration der medizinischen Versorgung und das Zusammenspiel von beispielweise anderer Behandlungen mit der ambulanten Pflege verbessert werden. Eine zentrale Rolle dabei spielen die Bezirkskrankenpfleger und -pflegerinnen. Diese besuchen die Pflegebedürftigen zuhause und schätzen ein, welche Unterstützung sie benötigen, um weiterhin in ihrer eigenen Wohnung leben zu können.26 23 Kronemann, Madelon / Boerma, Wienke / van den Berg, Michael / Groenewegen, Peter/ de Jong, Judith / van Ginneken, Ewout, The Netherlands: Health System Review, in: Health Systems in Transition, 2016, Ausgabe 18, Nr. 2, S. 177, abrufbar unter http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0016/314404/HIT_Netherlands .pdf. 24 Wet langdurige zorg (WLZ) vom 3. Dezember 2014, abrufbar unter https://wetten.overheid .nl/BWBR0035917/2019-11-27; Näheres hierzu siehe auch in Ministerie van Volksgezondheid, Welzijn en Sport (Ministerium für Volksgesundheit, Gemeinwohl und Sport), Healthcare in the Netherlands, November 2018, S. 13 ff., abrufbar unter https://www.government.nl/ministries/ministry-of-health-welfare-andsport /documents/leaflets/2016/02/09/healthcare-in-the-netherlands. 25 Siehe hierzu: Reijksoverheid, Regelhulp, Volledig pakket thuis (vpt), abrufbar unter https://www.regelhulp .nl/ik-heb-hulp-nodig/volledig-pakket-thuis-vpt. 26 Vgl. Ministerie van Volksgezondheid, Welzijn en Sport (Ministerium für Volksgesund-heit, Gemeinwohl und Sport), Healthcare in the Netherlands, November 2018, S. 7 ff., abrufbar unter https://www.government.nl/ministries /ministry-of-health-welfare-and-sport/documents/leaflets/2016/02/09/healthcare-in-the-netherlands. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 080/19 Seite 10 3.2.3. Wet maatschappelijke ondersteuning – Gesetz über die soziale Unterstützung Die sogenannte soziale Unterstützung, die der Förderung der Teilhabe an der Gesellschaft dient, liegt nunmehr im Aufgabenbereich der Gemeinden und ist im Wet maatschappelijke ondersteuning (Gesetz über die soziale Unterstützung, WMO)27 geregelt. Durch dieses Gesetz wurde den Gemeinden die Zuständigkeit für die Gewährleistung der Versorgung von Menschen mit Behinderungen , darunter auch Lernbehinderungen, aber auch von älteren Menschen übertragen. Die Gemeinde organisiert die Besprechung von Anträgen der Bürger nach dem WMO und entscheidet dann über die notwendigen Hilfen und darüber, wie diese zu leisten sind. Dies wird häufig als „Keukentafelgesprek“ (Küchentischgespräch) bezeichnet. Vorrangig sollen die Möglichkeiten der Selbsthilfe oder der Unterstützung der Patienten durch soziale Netzwerke und Freiwillige vor Ort ausgeschöpft werden, bevor öffentlich finanzierte Hilfen gewährt werden. Ziel ist es, sicherzustellen, dass Menschen weiterhin aktive Mitglieder der Gesellschaft sein können und selbstbestimmt zu Hause leben können. Den Gemeinden soll aufgrund der größeren Nähe zu den Bürgern eine effizientere und effektivere Versorgung möglich sein als den Krankenversicherern .28 Jede Gemeinde kann hierbei ihr eigenes Modell entwickeln, wodurch sich die Lösungen teils gravierend unterscheiden, während zuvor nach dem AWBZ lediglich ein Recht auf bestimmte Formen der Unterstützung bestand. Teilweise werden Angebote aufgrund des WMO der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt, wie beispielsweise Freizeitprogramme, „Essen auf Rädern“ oder ein Transportservice für Ältere. Teilweise handelt es sich aber auch um persönliche Unterstützungsangebote wie die Zurverfügungstellung einer Haushaltshilfe, die Finanzierung von Umbauten im Haus und die Bereitstellung von Hilfsmitteln wie Rollstühlen.29 3.2.4. Jeugdwet – Jugendgesetz Schließlich wurden die im AWBZ geregelten Leistungen für Jugendliche in das Jeugdwet (Jugendgesetz )30 überführt. Dieses deckt die Angebote für Kinder, Jugendliche und ihre Familien bei 27 Vgl. Ministerie van Volksgezondheid, Welzijn en Sport (Ministerium für Volksgesund-heit, Gemeinwohl und Sport), Healthcare in the Netherlands, November 2018, S. 17 ff., abrufbar unter https://www.government.nl/ministries /ministry-of-health-welfare-and-sport/documents/leaflets/2016/02/09/healthcare-in-the-netherlands. 28 Kronemann, Madelon / Boerma, Wienke / van den Berg, Michael / Groenewegen, Peter/ de Jong, Judith / van Ginneken, Ewout, The Netherlands: Health System Review, in: Health Systems in Transition, 2016, Ausgabe 18, Nr. 2,S. 155 f., S. 179 f., abrufbar unter http://www.euro.who.int/__data/assets /pdf_file/0016/314404/HIT_Netherlands.pdf. 29 Vgl. Ministerie van Volksgezondheid, Welzijn en Sport (Ministerium für Volksgesundheit, Gemeinwohl und Sport), Healthcare in the Netherlands, November 2018, S. 17, abrufbar unter https://www.government.nl/ministries /ministry-of-health-welfare-and-sport/documents/leaflets/2016/02/09/healthcare-in-the-netherlands. 30 Vgl. Ministerie van Volksgezondheid, Welzijn en Sport (Ministerium für Volksgesundheit, Gemeinwohl und Sport), Healthcare in the Netherlands, November 2018, S. 25 ff., abrufbar unter https://www.government.nl/ministries /ministry-of-health-welfare-and-sport/documents/leaflets/2016/02/09/healthcare-in-the-netherlands. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 080/19 Seite 11 bestehenden Entwicklungsstörungen, psychischen Problemen und Störungen sowie Erziehungsproblemen ab. 4. Finanzierung Die Finanzierung der Gesundheits- und Pflegeangebote ist jeweils eigenständig geregelt. 4.1. Leistungen nach dem Wet langdurige zorg Leistungen nach dem WLZ werden über einen Langzeitpflegefonds finanziert. Bürger über 18 Jahre führen eine einkommensabhängige Prämie mit der Einkommensteuer ab, die aktuell 9,65 Prozent der Einkommensteuer beträgt.31 Erwachsene, die Gesundheitsdienstleistungen in Anspruch nehmen, zahlen einen zusätzlich einkommensabhängigen Beitrag, der zudem berücksichtigt , ob derjenige zuhause oder in einem Pflegeheim lebt, jünger oder älter ist als 65 Jahre und ob er ledig, verheiratet oder verpartnert ist. Reichen die Beiträge zur Kostendeckung nicht aus, wird der Fonds von der Zentralregierung aus öffentlichen Mitteln unterstützt. Ein Teil des Fonds wird an das Zentrale Verwaltungsamt (CAK, ehemals Centraal Administratie Kantoor) überwiesen. Dieses leistet dann Zahlungen an die Gesundheitsdienstleister im Namen der NZa, etwa wenn ein Pflegevertrag beispielsweise im Hinblick auf eine Betreuung im Heim vorliegt. Ein weiterer Teil des Fonds wird an die SVB überwiesen, wohin Versicherte, denen ein persönliches Budget gewährt wurde, bis zu einem Maximalbetrag Rechnungen der Gesundheitsdienstleister zur Zahlung übermitteln können.32 4.2. Leistungen nach dem Zorgversekeringswet Alle Versicherten über 18 Jahre zahlen eine nominale Prämie an ihre Versicherung. Eine obligatorische Selbstbeteiligung soll der Schaffung eines Kostenbewusstseins in der Öffentlichkeit dienen . Hiervon ausgenommen sind etwa Hausarztbesuche und die Mutterschaftsfürsorge.33 Allerdings sei – so wird berichtet – nach einer Erhöhung ein Rückgang der Nutzung von Überweisungen an Fachärzte festgestellt worden. Die Gründe hierfür seien aber nicht abschließend untersucht worden.34 In bestimmten Fällen kann im Übrigen eine anteilige Kostenübernahme durch 31 Siehe Belastingdienst (Finanzamt der Niederlande) https://www.belastingdienst.nl/wps/wcm/connect/bldcontentnl /belastingdienst/prive/internationaal/uitkering_pensioen_en_lijfrente/pensioen_uit_duitsland/premie _volksverzekeringen_en_bijdrage_zvw_betalen/hoe_wordt_de_premie_wlz_berekend. 32 Vgl. Ministerie van Volksgezondheid, Welzijn en Sport (Ministerium für Volksgesundheit, Gemeinwohl und Sport), Healthcare in the Netherlands, November 2018, S. 16, abrufbar unter https://www.government.nl/ministries /ministry-of-health-welfare-and-sport/documents/leaflets/2016/02/09/healthcare-in-the-netherlands. 33 Vgl. Ministerie van Volksgezondheid, Welzijn en Sport (Ministerium für Volksgesundheit, Gemeinwohl und Sport), Healthcare in the Netherlands, November 2018, S. 11 f., abrufbar unter https://www.government.nl/ministries /ministry-of-health-welfare-and-sport/documents/leaflets/2016/02/09/healthcare-in-the-netherlands. 34 Kronemann, Madelon / Boerma, Wienke / van den Berg, Michael / Groenewegen, Peter/ de Jong, Judith / van Ginneken, Ewout, The Netherlands: Health System Review, in: Health Systems in Transition, Ausgabe 18, Nr. 2, 2016, S. 169, abrufbar unter http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0016/314404/HIT_Netherlands .pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 080/19 Seite 12 die Versicherten selbst vereinbart werden. Darüber hinaus zahlt der Arbeitgeber einen einkommensabhängigen Betrag in einen Krankenversicherungsfonds ein. Die Beiträge für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren werden vom Staat getragen und ebenfalls in den Krankenversicherungsfonds eingezahlt. Die Krankenversicherer erhalten neben den unmittelbar an sie gezahlten Beiträgen eine risikoangepasste , also von Alter und Gesundheitszustand der Versicherten abhängige Zuteilung von Mitteln aus dem Krankenversicherungsfonds. Die Berücksichtigung des Risikos dient der Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs und soll zudem verhindern, dass Versicherer ihre Kunden anhand des Risikos auswählen.35 4.3. Leistungen nach dem Wet maatschappelijke ondersteuning Die Gemeinden erhalten Gelder aus einem Gemeindefonds, die sie im Rahmen der gesetzlichen Regelungen für ihre Aufgaben verwenden können. Bei vertraglich vereinbarten Dienstleistungen erfolgen Zahlungen direkt von der Gemeinde an den Dienstleistungsanbieter. Für festgesetzte persönliche Budgets festgelegt, werden Mittel in entsprechender Höhe aus dem Gemeindehaushalt an die SVB transferiert, welche die Rechnungen der Versicherten ausgleicht. Zudem kann je nach Einkommen oder Vermögen eine Eigenbeteiligung bis hin zu einer vollständigen Kostentragung durch die versicherte Person fällig werden. 4.4. Leistungen nach dem Jeugdwet Zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach dem Jugendgesetz erhalten Gemeinden ebenfalls Mittel von der Zentralregierung. Diese werden von der Behörde entweder unmittelbar an den Gesundheitsdienstleister ausgezahlt oder – falls persönliche Budgets vereinbart wurden – an die SVB überwiesen .36 5. Gewinnorientierte Anbieter auf dem niederländischen Pflegemarkt Mit der Gesundheitsreform von 2006 wurde der niederländische Pflegemarkt teilweise für den Wettbewerb geöffnet. Öffentliche Krankenversicherungen wurden privatisiert und zur Kostensenkung wurde auf Effekte der Marktregulierung gesetzt. 35 Vgl. Ministerie van Volksgezondheid, Welzijn en Sport (Ministerium für Volksgesundheit, Gemeinwohl und Sport), Healthcare in the Netherlands, November 2018, S. 11 f., abrufbar unter https://www.government.nl/ministries /ministry-of-health-welfare-and-sport/documents/leaflets/2016/02/09/healthcare-in-the-netherlands. 36 Vgl. Ministerie van Volksgezondheid, Welzijn en Sport (Ministerium für Volksgesundheit, Gemeinwohl und Sport), Healthcare in the Netherlands, November 2018, S. 28, abrufbar unter https://www.government.nl/ministries /ministry-of-health-welfare-and-sport/documents/leaflets/2016/02/09/healthcare-in-the-netherlands. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 080/19 Seite 13 5.1. Gewinnerzielungsabsicht nur in Ausnahmefällen zulässig Gesundheitsdienstleister benötigen für ihre Tätigkeit eine Zulassung durch den Minister für Gesundheit , Wohlfahrt und Sport. Die Voraussetzungen richten sich nach dem Wet toelating zorginstellingen (Gesetz über die Zulassung von Pflegedienstleistern, WTZi).37 Unter anderem sieht Art. 5 WTZi vor, dass Anbieter nur dann eine Zulassung erhalten können, wenn sie einer durch Ratsbeschluss festgelegten und in Art. 1.2 des Uitvoeringsbesluit WTZi (Ausführungsbeschluss zum WTZi)38 gelisteten Kategorie angehören. Eine Gewinnerzielungsabsicht (winstoogenmerk) ist jedoch nicht im Hinblick auf alle Dienstleistungen zugelassen. Art. 3.1 des Uitvoeringsbesluit WTZi bestimmt, für welche Dienstleistungen eine solche in Betracht kommt. Dies sind dem Grunde nach alle in Art. 1.2 des Uitvoeringsbesluit WTZi genannten Dienstleistungen mit Ausnahme von humangenetischen Beratungen und der Hilfe bei Aktivitäten des alltäglichen Lebens (ADL-Unterstützung). Jedoch darf eine Gewinnerzielungsabsicht nicht vorliegen, wenn es sich um ein Angebot stationärer Behandlung nach dem WLZ handelt oder dem ZVW handelt. Grundsätzlich ist eine Gewinnerzielungsabsicht also nur im Bereich der ambulanten Versorgung möglich . Die Möglichkeiten einer Überarbeitung dieses Systems werden derzeit geprüft. Beispielsweise wurde die Aufgabe der Unterscheidung zwischen ambulanter und stationärer Pflege in Betracht gezogen.39 In diesem Zusammenhang wurde eine Studie in Auftrag gegeben, die sich umfassend mit der Praxis der Gewinnausschüttung durch Pflegeanbieter auseinandersetzt.40 Das Ergebnis zeige, dass in der Praxis die Auswirkungen der Zulässigkeit der Gewinnausschüttung gering seien, da lediglich für sieben Prozent der erzielten Gewinne eine Dividendenausschüttung erfolge .41 Die Studie setzt sich zudem mit den Auswirkungen eines möglichen Verbots der Gewinnausschüttung auseinander und prognostiziert für diesen Fall eine Reduzierung der Zahl der unabhängigen Versorgungszentren (Zelfstandig Behandel Centrum, ZBC), eine höhere Belastung von Ärzten und damit eine verschlechterte Zugänglichkeit von Pflegeeinrichtungen. Pflegebedürftige müssten möglicherweise stattdessen in Krankenhäusern versorgt werden, was wiederum 37 Wet toelating zorginstellingen vom 20. Oktober 2005, abrufbar unter https://wetten.overheid .nl/BWBR0018906/2019-04-02. 38 Uitvoeringsbesluit WTZi vom 3. November 2005, abrufbar unter https://wetten.overheid .nl/BWBR0018983/2019-06-26. 39 Brief van de Ministers van Volksgezondheit, Welzijn en Sport en voor Medische Zorg en Sport en de Staatssecretaris van Volksgezondheit, Welzijn en Sport aan de Voorzitter van de Eerste Kamer der Staten-Generaal, vom 17. Oktober 2019, Kamerstuk 33 168, abrufbar unter https://zoek.officielebekendmakingen.nl/kst-33168-J.html. 40 Baeten, Steef / Diepstraten, Pim / Heida, Jan-Peter / Hoendervanger, Jori / Willems, Luuk / Zanen, Lesley, Uitkering van dividend door zorgaanbieders - Praktijkanalyse en effectanalyse – Untersuchung im Auftrag des Minis -teriums für Volksgesundheit, Gemeinwohl und Sport, 17. Juni 2019, abrufbar unter https://www.eerstekamer .nl/overig/20190709/bijlage_d_uitkering_van_dividend/document. 41 Baeten, Steef / Diepstraten, Pim / Heida, Jan-Peter / Hoendervanger, Jori / Willems, Luuk / Zanen, Lesley, Uitkering van dividend door zorgaanbieders - Praktijkanalyse en effectanalyse – Untersuchung im Auftrag des Minis -teriums für Volksgesundheit, Gemeinwohl und Sport, 17. Juni 2019, S. 47 ff., abrufbar unter https://www.eerstekamer.nl/overig/20190709/bijlage_d_uitkering_van_dividend/document. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 080/19 Seite 14 positiven Einfluss auf die Versorgungsqualität haben könne, wobei allerdings einschränkend angemerkt wird, dass für Krankenhäuser schlicht weniger Daten vorlägen. Zudem könne die Kosteneffizienz abnehmen.42 Infolge dieser Untersuchung haben die Minister für Volksgesundheit, Gemeinwohl und Sport sowie für Medizinische Versorgung und der Staatssekretär für Volksgesundheit, Gemeinwohl und Sport in einem Schreiben an die Tweede Kamer der Staten-Generaal (Zweite Kammer der Generalstaaten erklärt, die Bedingungen für die Gewinnausschüttung neu regeln zu wollen.43 5.2. Deckelung von Gehältern auf der Führungsebene Darüber hinaus gilt nach Art. 1.3 in Verbindung mit dem Anhang 1 des Wet normering topinkomens (Gesetz über die Normierung von Spitzengehältern, WNT)44 eine Begrenzung für Gehälter auch für Spitzenfunktionäre von Einrichtungen, die gemäß Art. 5 des WTZi zugelassen sind. Das Maximalgehalt beträgt nach Art. 2.3 WNT derzeit EUR 194.000 pro Kalenderjahr. *** 42 Baeten, Steef / Diepstraten, Pim / Heida, Jan-Peter / Hoendervanger, Jori / Willems, Luuk / Zanen, Lesley, Uitkering van dividend door zorgaanbieders - Praktijkanalyse en effectanalyse – Untersuchung im Auftrag des Ministeriums für Volksgesundheit, Gemeinwohl und Sport, 17. Juni 2019, S. 130 ff., abrufbar unter https://www.eerstekamer.nl/overig/20190709/bijlage_d_uitkering_van_dividend/document. 43 Brief van de Ministers van Volksgezondheit, Welzijn en Sport en voor Medische Zorg en Sport en de Staatssecretaris van Volksgezondheit, Welzijn en Sport aan de Voorzitter van de Tweede Kamer der Staten-Generaal, vom 17. Oktober 2019, Kamerstuk 32630-238, abrufbar unter https://www.tweedekamer.nl/kamerstukken/brieven _regering/detail?id=2019Z19927&did=2019D41595. 44 Wet normering topinkomens vom 15. November 2012, abrufbar unter https://wetten.overheid .nl/BWBR0032249/2019-07-01.