© 2020 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 077/19 Aktuelle Entwicklungen zur Gemeinnützigkeit von Pflegeeinrichtungen in Österreich Umsetzung des „Zukunftsplans Pflege“ der Landesregierung Burgenland Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 077/19 Seite 2 Aktuelle Entwicklungen zur Gemeinnützigkeit von Pflegeeinrichtungen in Österreich Umsetzung des „Zukunftsplans Pflege“ der Landesregierung Burgenland Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 077/19 Abschluss der Arbeit: Datum: 18. Dezember 2019 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 077/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Der „Zukunftsplan Pflege“ der Burgenländischen Landesregierung vom 25. März 2019 4 2. Die Einführung des Betriebserfordernisses der Gemeinnützigkeit durch das Burgenländische Sozialeinrichtungsgesetz vom 17. Oktober 2019 5 2.1. Überblick 5 2.2. Allgemeines zum Burgenländischen Sozialeinrichtungsgesetz 7 2.2.1. Ziele und Grundsätze des Gesetzes 7 2.2.2. Anwendungsbereich des Gesetzes 8 2.2.3. Erstellung eines Bedarfs- und Entwicklungsplans für pflegebedürftige Personen durch die Landesregierung 9 2.3. Gesetzliche Verankerung der Gemeinnützigkeit als Voraussetzung für die Tätigkeit als Betreiberin oder Betreiber einer Sozialeinrichtung 9 2.3.1. Der Begriff der Gemeinnützigkeit des Betriebes einer Einrichtung nach § 3 Ziffer 6 Bgld. SEG 9 2.3.2. Verpflichtungserklärung, die Einrichtung bei Zufluss von Landesmitteln gemeinnützig zu betreiben als Voraussetzung eines Antrages auf Betriebsbewilligung 11 2.3.3. Gemeinnütziges Führen der Einrichtung bei Zufluss von Landesmitteln als Voraussetzung für die Erteilung einer Betriebsbewilligung 12 2.3.4. Entzug der Betriebsbewilligung bei Wegfall der Gemeinnützigkeit 12 2.3.5. Kontrolle der Gemeinnützigkeit des Betriebs einer Einrichtung 12 2.4. Gemeinnützigkeit des Betriebes eines Altenwohn- und Pflegeheims als Voraussetzung für den Abschluss einer sog. Tagsatzvereinbarung mit der Landesregierung 13 2.5. Übergangsbestimmungen 15 2.5.1. Anzuwendende Bestimmungen bei der Fortführung von im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Burgenländischen Sozialeinrichtungsgesetzes bereits anhängigen Verfahren 15 2.5.2. Einräumung einer Übergangsfrist zum Nachweis der Gemeinnützigkeit für bereits bestehende Einrichtungen 15 2.6. Rechtliche Konsequenzen der Einführung des Betriebserfordernisses der Gemeinnützigkeit für privatgewerbliche , gewinnorientierte Betreiber von Sozialeinrichtungen 16 3. Die Diskussion über die Verfassungskonformität des Betriebserfordernisses der Gemeinnützigkeit 16 3.1. Die Stellungnahme der Wirtschaftskammer Burgenland 17 3.2. Die Stellungnahme des Abgeordneten Mag. Thomas Steiner anlässlich der abschließenden Beratung des Gesetzentwurfs im Burgenländischen Landtag 18 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 077/19 Seite 4 1. Der „Zukunftsplan Pflege“ der Burgenländischen Landesregierung vom 25. März 2019 Um für künftige Herausforderungen im Pflegebereich gerüstet zu sein, hat die von der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) und der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) getragene Burgenländische Landesregierung gemeinsam mit der Fachhochschule Burgenland unter dem Titel : „Zukunftsplan Pflege – Bedarfs- und Entwicklungsplanung 2018 – 2030“1 ein umfassendes Zukunftskonzept für die Pflege erarbeitet, dessen Eckpunkte der Öffentlichkeit am 25. März 2019 von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und Soziallandesrat Christian Illedits2 vorgestellt wurden3. Der „Zukunftsplan Pflege“ beinhaltet neben einer Darstellung des voraussichtlichen Bedarfs für alle Leistungsbereiche der Alten- und Langzeitpflege bis 20304 insgesamt 21 konkrete Vorschläge und Empfehlungen zur weiteren Entwicklung im Bereich der Betreuung und Pflege im Burgenland, die sich aus den Ergebnissen der Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung, den Ergebnissen der burgenländischen Seniorenumfrage sowie aus den Erfahrungen der Verwaltung ableiten und in themenbezogenen Expertengruppen erarbeitet wurden5. Aus Sicht der SPÖ im Burgenland handelt es sich bei dem „Zukunftsplan Pflege“ um einen „Sozialen Meilenstein“6, der die Pflege im Burgenland auf ein solides Fundament stelle7, langfristig allen Menschen im 1 Burgenländische Landesregierung/Fachhochschule Burgenland (Hrsg.), Zukunftsplan Pflege – Bedarfs- und Entwicklungsplanung 2018 – 2030, abrufbar unter: https://www.burgenland.at/fileadmin/user_upload/Bilder/Aktuelle _Meldungen/2019/Maerz/Zukunftsplan_Pflege_21_Massnahmen_fuer_die_Pflege_der_Zukunft.pdf. 2 Die Burgenländische Landesregierung besteht aus dem Landeshauptmann, dem Landeshauptmann Stellvertreter und fünf Landesräten. Die Entscheidungen fallen in wesentlichen Angelegenheiten in 14-tägig stattfindenden Sitzungen durch Beschluss dieses Kollegiums. Im Übrigen entscheidet jedes Mitglied der Landesregierung im Rahmen seiner Zuständigkeit namens des Kollegiums selbstständig; vgl. hierzu näher: Die Burgenländische Landesregierung , abrufbar unter: https://www.burgenland.at/politik/landesregierung/. 3 Vgl. hierzu die Presseerklärung von Landesrat Christian Illedits (SPÖ) vom 25. März 2019 mit dem Titel: „Pflegekonzept stellt die Pflege im Burgenland auf ein solides Fundament“, abrufbar unter: https://www.burgenland .at/news-detail/news/pflegekonzept-stellt-die-pflege-im-burgenland-auf-ein-solides-fundament/. 4 Vgl. hierzu die Ausführungen im „Zukunftsplan Pflege“, S. 3 ff. 5 Vgl. hierzu die Ausführungen im „Zukunftsplan Pflege“, S. 2 und 7 ff. 6 Vgl. SPÖ Burgenland, Zukunftsplan Pflege: Sozialer Meilenstein für das Burgenland, Presseerklärung vom 25. März 2019, abrufbar unter: https://burgenland.spoe.at/de/aktuell/meldungen/detail/425/zukunftsplan-pflege:- sozialer-meilenstein-fuer-das-burgenland.html. 7 Vgl. die Presseerklärung von Landesrat Christian Illedits (SPÖ) vom 25. März 2019 mit dem Titel: „Pflegekonzept stellt die Pflege im Burgenland auf ein solides Fundament“, abrufbar unter: https://www.burgenland.at/politik /landesregierung/lr-christian-illedits/aktuelles/detail/news/pflegekonzept-stellt-die-pflege-im-burgenlandauf -ein-solides-fundament/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 077/19 Seite 5 Burgenland „leistbare und qualitätsvolle Angebote“ zur Verfügung stelle8 und als „Richtungspfad für bundespolitische Maßnahmen“9 in ganz Österreich in Betracht komme. Neben dem Erlass neuer gesetzlicher Regelungen zur Verbesserung der Versorgungsqualität10 sieht der „Zukunftsplan Pflege“ unter anderem vor, die Gemeinnützigkeit als Erfordernis für die Tätigkeit als Betreiberin oder Betreiber einer Pflegeeinrichtung oder eines mobilen Pflegedienstes gesetzlich zu verankern11. Die vom Land Burgenland für die Betreuung und Pflege eingesetzten Finanzmittel müssten – so wird in diesem Zusammenhang ausgeführt – in Form hochqualitativer Pflege und Betreuung in modernen Pflegeeinrichtungen den pflegebedürftigen Menschen zur Gänze zugutekommen. Dies gelte für alle Betreiber von Einrichtungen und Anbieter von mobilen Pflegediensten, die sich aus Mitteln des Landes Burgenland finanzierten. Die Gemeinnützigkeit werde als Bewilligungsvoraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit gesetzlich verankert. Ziel sei es, dass in einer angemessenen Übergangsfrist alle Träger diese Voraussetzungen erfüllen müssten. Erzielte Gewinne, die aus der Pflege- und Betreuungstätigkeit entstünden, seien zweckgewidmet ausschließlich und unmittelbar wieder für die Pflege, die Betreuung und die Verbesserung der Infrastruktur sowie die Qualität der Pflegeeinrichtungen und der Pflegeangebote der Träger im Burgenland zu verwenden. 2. Die Einführung des Betriebserfordernisses der Gemeinnützigkeit durch das Burgenländische Sozialeinrichtungsgesetz vom 17. Oktober 2019 2.1. Überblick In Umsetzung des „Zukunftsplan Pflege“ hat die Burgenländische Landesregierung am 12. September 2019 den Gesetzentwurf über den Betrieb und die Organisation von Sozialeinrichtungen zur Betreuung pflegebedürftiger und behinderter Menschen (Burgenländisches Sozialeinrichtungsgesetz – Bgld. SEG)12 in den Burgenländischen Landtag eingebracht, der in der 59. Landtags- 8 Tscheinig, Burgenland im Jahr 2030: SPÖ sieht das Land auf möglichen Pflegenotstand vorbereitet, in: meinbezirk .at vom 25. Oktober 2019, abrufbar unter: https://www.meinbezirk.at/burgenland/c-politik/spoe-sieht-dasland -auf-moeglichen-pflegenotstand-vorbereitet_a3715455. 9 Vgl. SPÖ Burgenland, Zukunftsplan Pflege als Richtungspfad für bundespolitische Maßnahmen, Presseerklärung vom 26. Juni 2019, abrufbar unter: https://burgenland.spoe.at/de/aktuell/meldungen/detail/488/zukunftsplan -pflege-als-richtungspfad-fuer-bundespolitische-massnahmen.html. 10 Vgl. hierzu die Ausführungen im „Zukunftsplan Pflege“, S. 7. 11 Vgl. hierzu die Ausführungen im „Zukunftsplan Pflege“, S. 7 f. 12 Vgl. die Regierungsvorlage (Zahl 21 – 1418) vom 12. September 2019: Gesetzentwurf über den Betrieb und die Organisation von Sozialeinrichtungen zur Betreuung pflegebedürftiger und behinderter Menschen (Burgenländisches Sozialeinrichtungsgesetz – Bgld. SEG), abrufbar unter: http://www.bgld-landtag.at/fileadmin/user_upload /XXI_GP/TO/TO59/TO59_Zahl_21-1418.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 077/19 Seite 6 sitzung am 17. Oktober 2019 abschließend beraten und in der Fassung der vom Rechts- und Sozialausschuss beantragten Abänderungen13 mehrheitlich angenommen wurde14. Mit dem neuen Burgenländischen Sozialeinrichtungsgesetz (Bgld. SEG)15, das am 1. November 2019 in Kraft getretenen ist16, wird zum einen der Entwicklung der Pflege und Betreuung betagter oder hilfsbedürftiger sowie behinderter Menschen in stationären und teilstationären Einrichtungen sowie bei mobilen Diensten, dem Qualitätserfordernis und einer weiteren Entbürokratisierung und Verwaltungsvereinfachung Rechnung getragen werden17. Darüber hinaus wird für alle Betreiberinnen oder Betreiber von stationären und teilstationären Pflege- und Behinderteneinrichtungen sowie für die Anbieter von mobilen Pflege- und Betreuungsdiensten, die sich aus Mitteln des Landes Burgenland finanzieren18, das Erfordernis der Gemeinnützigkeit als Bewilligungsvoraussetzung für die Ausübung deren Tätigkeit gesetzlich verankert. Für bereits bestehende Einrichtungen gilt eine Übergangsfrist von vier Jahren. Bei Zufluss von Landesmitteln sind erzielte Gewinne, die aus der Pflege- und Betreuungstätigkeit entstehen, zweckgewidmet ausschließlich und unmittelbar wieder für die Pflege, die Betreuung und die Verbesserung der Infrastruktur sowie die Qualität der Sozialeinrichtung zur verwenden19. 13 Vgl. den Bericht und Abänderungsantrag des Rechtsausschusses und des Sozialausschusses betreffend den Gesetzentwurf (Beilage 1985) über den Betrieb und die Organisation von Sozialeinrichtungen zur Betreuung pflegebedürftiger und behinderter Menschen (Burgenländisches Sozialeinrichtungsgesetz – Bgld. SEG) (Zahl 21 – 1418) (Beilage 2020) vom 2. Oktober 2019, abrufbar unter: http://www.bgld-landtag.at/fileadmin/user_upload /XXI_GP/TO/TO59/TO59_Beilage2020.pdf. 14 Vgl. das Stenographische Protokoll der 59. Sitzung der XXI. Gesetzgebungsperiode des Burgenländischen Landtages am 17. Oktober 2019, S. 8998, abrufbar unter: http://www.bgld-landtag.at/fileadmin/user_upload/Landtagssitzungen /Protokolle/2019/Protokoll_59.Sitzung.pdf. 15 Gesetz vom 17. Oktober 2019 über den Betrieb und die Organisation von Sozialeinrichtungen zur Betreuung pflegebedürftiger und behinderter Menschen (Burgenländisches Sozialeinrichtungsgesetz – Bgld. SEG), abrufbar unter: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung/LrBgld/20001234/Bgld.%20SEG%2c%20Fassung %20vom%2012.12.2019.pdf. 16 Vgl. § 28 Abs. 1 Bgld. SEG. 17 Vgl. hierzu die Ausführungen im Vorblatt der Regierungsvorlage betreffend ein Gesetz über den Betrieb und die Organisation von Sozialeinrichtungen zur Betreuung pflegebedürftiger und behinderter Menschen (Burgenländisches Sozialeinrichtungsgesetz – Bgld. SEG) vom 12. September 2019 (Zahl 21 – 1418). 18 Dass Einrichtungen nach dem Sozialeinrichtungsgesetz nur bei Zufluss von Landesmitteln gemeinnützig betrieben werden müssen, geht auf den Abänderungsantrag des Rechtsausschusses und des Sozialausschusses zurück . In dem Bericht zu dem Gesetzentwurf eines Sozialeinrichtungsgesetzes wird hierzu ausgeführt, dies komme im Text des Gesetzentwurfs der Landesregierung bislang nicht hinreichend zum Ausdruck, weshalb diesbezügliche „Klarstellungen“ vorgenommen werden müssten ; vgl. hierzu den Bericht und Abänderungsantrag des Rechtsausschusses und des Sozialausschusses betreffend den Gesetzentwurf (Beilage 1985) über den Betrieb und die Organisation von Sozialeinrichtungen zur Betreuung pflegebedürftiger und behinderter Menschen (Burgenländisches Sozialeinrichtungsgesetz – Bgld. SEG) (Zahl 21 – 1418) (Beilage 2020) vom 2. Oktober 2019. 19 Vgl. hierzu die Ausführungen im Vorblatt der Regierungsvorlage betreffend ein Gesetz über den Betrieb und die Organisation von Sozialeinrichtungen zur Betreuung pflegebedürftiger und behinderter Menschen (Burgenländisches Sozialeinrichtungsgesetz – Bgld. SEG) vom 12. September 2019 (Zahl 21 – 1418). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 077/19 Seite 7 Mit dem Inkrafttreten des Sozialeinrichtungsgesetzes am 1. November 2019 ist das Burgenländische Altenwohn- und Pflegeheimgesetz vom 28. März 199620 außer Kraft getreten21. In der Regierungsvorlage zum Sozialeinrichtungsgesetz wird hierzu ausgeführt, bei dem Burgenländischen Altenwohn- und Pflegeheimgesetz aus dem Jahr 1996 handele es sich zwar grundsätzlich um eine „bewährte Rechtsmaterie“. Wie jedes schon vor einigen Jahren entstandene Gesetz sei jedoch auch dieses an die Anforderung der heutigen Zeit anzupassen. Gleiches gelte für das Burgenländische Sozialhilfegesetz 200022, in dem die Bewilligungsverfahren von teilstationären Pflegeeinrichtungen (Seniorentageszentren) sowie die der teil- und stationären Behinderteneinrichtungen normiert seien. Auch diese Bewilligungsverfahren sollten nun – gemeinsam mit jeweils spezifischen Anforderungen und Voraussetzungen – in verschlankter Form im Sozialeinrichtungsgesetz zusammengeführt und geregelt werden23. 2.2. Allgemeines zum Burgenländischen Sozialeinrichtungsgesetz 2.2.1. Ziele und Grundsätze des Gesetzes Die Ziele und Grundsätze des Bgld. SEG werden in allgemeiner Weise in § 1 dieses Gesetzes formuliert .24 Danach ist es Ziel des Gesetzes, den Betrieb von Pflegeeinrichtungen (Altenwohn- und Pflegeheimen sowie Seniorentageszentren), Behinderteneinrichtungen, interprofessionellen Einrichtungen und mobilen Diensten zur Pflege und Betreuung von betagten, hilfsbedürftigen oder behinderten Menschen derart zu regeln, dass ihre Menschenwürde geschützt, ihre körperliche, geistige und seelische Gesundheit erhalten bzw. gefördert, ihren Interessen und Bedürfnissen Rechnung getragen, ihre Sicherheit sowie Barrierefreiheit gewährleistet und ihre Selbstständigkeit und Mobilität weitgehend erhalten wird sowie bedarfs- und pflegegerechte Dienstleistungen sichergestellt werden (§ 1 Abs. 1 Bgld. SEG). Angestrebt wird eine regional ausgewogene Verteilung von qualitativ hochwertigen Pflege- und Betreuungsplätzen in bedarfs- und demografieorientierten kleinen und mittleren Versorgungsstrukturen (§ 1 Abs. 2 Bgld. SEG). 20 Gesetz vom 28. März 1996, mit dem Vorschriften über die stationäre Betreuung alter oder pflegebedürftiger Menschen erlassen werden (Burgenländisches Altenwohn- und Pflegeheimgesetz), LGBl. Nr. 61/1996 in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 40/2018, abrufbar unter: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung/LrBgld /10000435/Burgenländisches%20Altenwohn-%20und%20Pflegeheimgesetz%2c%20Fassung %20vom%2031.10.2019.pdf?FassungVom=2019-10-31. 21 Vgl. § 28 Abs. 6 Bgld. SEG. 22 Gesetz vom 4. November 1999 über die Regelung der Sozialhilfe (Burgenländisches Sozialhilfegesetz 2000 – Bgld. SHG 2000), LGBl. Nr. 5/2000, in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 64/2019, abrufbar unter: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung/LrBgld/20000026/Bgld.%20SHG%202000%2c%20Fassung %20vom%2012.12.2019.pdf. 23 Vgl. hierzu die Ausführungen der Landesregierung im Vorblatt des Gesetzentwurfs über den Betrieb und die Organisation von Sozialeinrichtungen zur Betreuung pflegebedürftiger und behinderter Menschen (Burgenländisches Sozialeinrichtungsgesetz – Bgld. SEG) vom 12. September 2019 (Zahl 21 – 1418). 24 Zu den in § 1 Abs. 1 Bgld. SEG verankerten Zielen des Gesetzes vgl. auch die Erläuterungen in der Regierungsvorlage 21 - 1418 vom 12. September 2019: Gesetzentwurf über den Betrieb und die Organisation von Sozialeinrichtungen zur Betreuung pflegebedürftiger und behinderter Menschen (Burgenländisches Sozialeinrichtungsgesetz – Bgld. SEG). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 077/19 Seite 8 2.2.2. Anwendungsbereich des Gesetzes Auf welche Arten von Einrichtungen zur Pflege und Betreuung von betagten, hilfsbedürftigen oder behinderten Menschen die Bestimmungen des Gesetzes Anwendung finden, wird abschließend in § 2 Bgld. SEG festgelegt. Danach regelt dieses Gesetz den Betrieb von 1. Altenwohn- und Pflegeheimen, 2. Seniorentageszentren, 3. Behinderteneinrichtungen, 4. Interprofessionellen Einrichtungen , 5. Alternativen Wohnformen und 6. Mobiler Pflege und Betreuung im Burgenland (§ 2 Abs. 1 Bgld. SEG). Gesetzlich im Einzelnen definiert werden diese Einrichtungen, auf die das Gesetz anzuwenden ist, in § 3 Ziffer 1 bis 5 und 11 Bgld. SEG. Im Sinne dieses Gesetzes bedeuten danach: - Altenwohn- und Pflegeheime: stationäre Einrichtungen zur dauernden bzw. vorübergehenden ganztägigen Unterbringung, Pflege, Betreuung und Unterstützung von hauptsächlich betagten oder hilfsbedürftigen Menschen (§ 3 Ziffer 1 Bgld. SEG). - Seniorentageszentren: teilstationäre Einrichtungen zur Betreuung und Pflege betagter, pflegebedürftiger Menschen, im Rahmen einer ganz- oder zumindest halbtägigen Tagesstruktur (§ 3 Ziffer 2 Bgld. SEG). - Behinderteneinrichtungen: sowohl stationäre Einrichtungen zur dauernden oder vorübergehenden Unterbringung, Versorgung, aktivierenden Betreuung und Pflege behinderter Menschen, die nicht oder nicht mehr in der Lage sind, selbstständig einen eigenen Haushalt zu führen, und denen die notwendige Hilfe weder im familiären Bereich noch durch teilstationäre oder ambulante Dienste ausreichend oder zufriedenstellend geboten werden kann, als auch teilstationäre Einrichtungen zur dauernden oder vorübergehenden Unterbringung , Versorgung, aktivierenden Betreuung und Pflege behinderter Menschen während eines Teiles des Tages, wobei der höchste für den hilfsbedürftigen Menschen erreichbare Grad psychischer, physischer und sozialer Leistungsfähigkeit erhalten und gefördert wird (§ 3 Ziffer 3 Bgld. SEG). - Interprofessionelle Einrichtungen: Mischformen der Unterbringung, Pflege, Betreuung oder Unterstützung von betagten, hilfsbedürftigen Personen oder behinderten Menschen in stationären Einrichtungen (§ 3 Ziffer 4 Bgld. SEG). - Mobile Pflege und Betreuung: Pflege und Betreuung von Menschen mit Beeinträchtigungen in deren häuslichen Umgebung, die auf Grund der Eigenart der Beeinträchtigung nicht in der Lage sind, Angelegenheiten des täglichen Lebens ohne fremde Hilfe zu besorgen wobei dieser Bedarf durch fachliches Personal gedeckt werden muss (§ 3 Ziffer 5 Bgld. SEG). - Alternative Wohnformen: Barrierefreie Wohnungsformen für betreuungs- bzw. pflegebedürftige Personen, die aus sozialen, psychischen oder physischen Gründen nicht mehr alleine wohnen können oder wollen und keiner ständigen stationären Betreuung oder Pflege bedürfen (§ 3 Ziffer 11 Bgld. SEG)25. 25 In den Erläuterungen zu § 3 Ziffer 11 Bgld. SEG wird in der Regierungsvorlage 21 – 1418 vom 12. September 2019 darauf hingewiesen, die Definition der alternativen Wohnformen sei der Vollständigkeit halber aufgenommen worden. Bei diesen handele es sich weder um stationäre noch um teilstationäre Einrichtungen im Sinne des Gesetzes. Regelmäßig würden die Betreuungs- und Pflegetätigkeiten in alternativen Wohnformen jedoch von mobilen Pflege- und Betreuungsdiensten oder von stationären Einrichtungen angeboten bzw. erbracht. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 077/19 Seite 9 Keine Anwendung findet dieses Gesetz dagegen auf Einrichtungen gemäß dem Burgenländischen Kinder- und Jugendhilfegesetz26. 2.2.3. Erstellung eines Bedarfs- und Entwicklungsplans für pflegebedürftige Personen durch die Landesregierung Nach § 4 Abs. 1 Bgld. SEG hat die Landesregierung einen Bedarfs- und Entwicklungsplan für pflegebedürftige Personen zu erstellen. Den Erläuterungen in der Regierungsvorlage zufolge wurde die Verpflichtung der Landesregierung zur Erstellung eines solchen Planes im Sozialeinrichtungsgesetz verankert, weil dieser und der darin festgestellte Bedarf primäre Grundlage der Überprüfung der Bewilligungsvoraussetzung gemäß § 6 Abs. 1 Ziffer 1 Bgld. SEG für den Betrieb einer Einrichtung sei27. Im Bedarfs- und Entwicklungsplan ist nach dem Grundsatz des Vorranges der ambulanten vor der stationären Betreuung die Anzahl an notwendigen Pflegeplätzen festzulegen (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Bgld. SEG). Diese sollen nach Möglichkeit regional zweckmäßig verteilt und in das bestehende Netz sozialer Dienstleistungen integriert werden (§ 4 Abs. 2 Satz 2 Bgld. SEG). Die Bestimmung des § 4 Abs. 4 Bgld. SEG legt fest, dass die Gemeinden vor dem Erlass des Bedarfs- und Entwicklungsplanes anzuhören sind. 2.3. Gesetzliche Verankerung der Gemeinnützigkeit als Voraussetzung für die Tätigkeit als Betreiberin oder Betreiber einer Sozialeinrichtung 2.3.1. Der Begriff der Gemeinnützigkeit des Betriebes einer Einrichtung nach § 3 Ziffer 6 Bgld. SEG Die Gemeinnützigkeit des Betriebes einer Einrichtung zur Pflege und Betreuung von betagten, hilfsbedürftigen oder behinderten Menschen setzt nach der gesetzlichen Definition in § 3 Ziffer 6 Halbsatz 1 Bgld. SEG zunächst voraus, dass der Betrieb der Einrichtung gemeinnützig im Sinne der §§ 34 ff. der Bundesabgabenordnung (BAO)28 geführt wird. Nach den in §§ 34 bis 47 BAO getroffenen Regelungen gilt für die abgabenrechtliche Privilegierung gemeinnütziger Zwecke im Wesentlichen Folgendes: Die Grundsatznorm des § 34 Abs. 1 Satz 1 BAO knüpft die Begünstigungen, die bei Betätigung für gemeinnützige Zwecke auf abgabenrechtlichem Gebiet in einzelnen Abgabenvorschriften gewährt werden, an die Voraussetzungen, dass die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse , der die Begünstigung zugutekommen soll, nach Gesetz, Satzung, Stiftungsbrief oder ihrer sonstigen Rechtsgrundlage und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich 26 Gesetz vom 14. November 2013 über die Hilfen für Familien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche (Burgenländisches Kinder- und Jugendhilfegesetz – Bgld. KJHG), LGBl. Nr. 62/2013, letzte Änderung LGBl. Nr. 4/2019, abrufbar unter: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung/LrBgld /20000955/Bgld.%20KJHG%2c%20Fassung%20vom%2009.12.2019.pdf. 27 Vgl. hierzu die Erläuterungen in der Regierungsvorlage 21 – 1418 vom 12. September 2019 zu § 4 Bgld. SEG. 28 Bundesgesetz über allgemeine Bestimmungen und das Verfahren für die von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder und Gemeinden verwalteten Abgaben (Bundesabgabenordnung – BAO) vom 28. Juni 1961, Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich (BGBl.) Nr. 194/1961, zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. Oktober 2019 (BGBl. I Nr. 104/2019), abrufbar unter: https://ris.bka.gv.at/GeltendeFassung/Bundesnormen /10003940/BAO%2c%20Fassung%20vom%2010.12.2019.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 077/19 Seite 10 und unmittelbar der Förderung der genannten Zwecke dient. Die Bestimmung des § 34 Abs. 2 BAO legt darüber hinaus fest, dass die in den §§ 35 bis 47 BAO für Körperschaften getroffenen Anordnungen auch für Personenvereinigungen, Vermögensmassen und für Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts gelten. Gemeinnützig sind gemäß § 35 Abs. 1 BAO solche Zwecke, durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird. Eine Förderung der Allgemeinheit liegt dabei nur dann vor, wenn die Tätigkeit dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem, sittlichem oder materiellem Gebiet nützt (§ 35 Abs. 2 Satz 1 BAO). Dies gilt nach § 35 Abs. 2 Satz 2 BAO insbesondere für die Förderung der Fürsorge für alte, kranke oder mit körperlichen Gebrechen behaftete Personen. Unter welchen Voraussetzungen eine „ausschließliche“ Förderung gemeinnütziger Zwecke im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BAO vorliegt, ist in § 39 BAO geregelt. Nach dieser Bestimmung müssen folgende fünf Voraussetzungen gegeben sein: - Die Körperschaft darf, abgesehen von völlig untergeordneten Nebenzwecken, keine anderen als gemeinnützige Zwecke verfolgen. - Die Körperschaft darf keinen Gewinn erstreben. Die Mitglieder dürfen keine Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Mitglieder keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Körperschaft erhalten. - Die Mitglieder dürfen bei ihrem Ausscheiden oder bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft nicht mehr als ihre eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert ihrer Sacheinlagen zurückerhalten, der nach dem Zeitpunkt der Leistung der Einlagen zu berechnen ist. - Die Körperschaft darf keine Person durch Verwaltungsausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen (Vorstandsgehälter oder Aufsichtsratsvergütungen) begünstigen. - Bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zweckes darf das Vermögen der Körperschaft, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile der Mitglieder und den gemeinen Wert der von den Mitgliedern geleisteten Sacheinlagen übersteigt, nur für gemeinnützige Zwecke verwendet werden. Eine „unmittelbare“ Förderung gemeinnütziger Zwecke im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BAO liegt vor, wenn eine Körperschaft den gemeinnützigen Zweck selbst erfüllt (§ 40 Abs. 1 Satz 1 BAO). Dies kann nach § 40 Abs. 1 Satz 2 BAO auch durch einen Dritten geschehen, wenn dessen Wirken wie eigenes Wirken der Körperschaft anzusehen ist. Eine Körperschaft, die sich auf die Zusammenfassung, insbesondere Leitung ihrer Unterverbände beschränkt, dient gemeinnützigen Zwecken, wenn alle Unterverbände gemeinnützigen Zwecken dienen (§ 40 Abs. 2 BAO). Einer Körperschaft, die einen Gewerbebetrieb unterhält, kommt eine Begünstigung auf abgabenrechtlichem Gebiet wegen Betätigung für gemeinnützige Zwecke nicht zu (§ 44 Abs. 1 BAO). Das für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständige Finanzamt kann aber auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Geltendmachung einer Abgabepflicht in den Fällen des § 44 Abs. 1 BAO ganz oder teilweise absehen, wenn andernfalls die Erreichung des von der Körperschaft verfolgten gemeinnützigen Zweckes vereitelt oder wesentlich gefährdet wäre (§ 44 Abs. 2 Satz 1 BAO). Eine solche Bewilligung kann nach § 44 Abs. 2 Satz 2 BAO von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden, die mit der Erfüllung der gemeinnützigen Zwecke zusammenhängen oder die Erreichung dieser Zwecke zu fördern geeignet sind. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 077/19 Seite 11 Der Begriff der Gemeinnützigkeit des Betriebs einer Einrichtung zur Pflege und Betreuung von betagten, hilfsbedürftigen oder behinderten Menschen ist nach § 3 Ziffer 6 Halbsatz 2 Bgld. SEG und den Erläuterungen der Regierungsvorlage zu dieser Vorschrift29 jedoch nicht nur im Sinne der §§ 34 ff. BAO zu verstehen, sondern auch dahingehend, dass die vom Land Burgenland für die Betreuung und Pflege eingesetzten Finanzmittel in Form hochqualitativer Pflege und Betreuung den betagten, hilfsbedürftigen oder behinderten Menschen zur Gänze zugutekommen müssen und nicht als Gewinn erwirtschaftet und ausgeschüttet oder für sonstige andere Zwecke verwendet werden dürfen. Ein aus dem Betrieb der jeweiligen Einrichtung gegebenenfalls entstandener Einnahmenüberschuss soll gemäß § 3 Ziffer 6 Halbsatz 2 Bgld. SEG dabei grundsätzlich der Verbesserung des Angebotes in derselben Einrichtung dienen, beispielsweise – so heißt es in der Regierungsvorlage – durch Aufstockung des Pflegepersonals, Anschaffung neuer Betten oder die Installierung einer Klimaanlage. Es ist jedoch möglich, einen Einnahmenüberschuss zum finanziellen Ausgleich zwischen gleichartigen Einrichtungen (zum Beispiel zwischen Altenwohn- und Pflegeheimen) desselben Rechtsträgers im Burgenland zu verwenden, sofern eine Einrichtung nicht kostendeckend geführt wird. Ein Ausgleich zwischen unterschiedlichen Einrichtungsarten (beispielsweise zwischen einem Altenwohn- und Pflegeheim einerseits und einer stationären Behinderteneinrichtung andererseits) ist dagegen nicht zulässig. 2.3.2. Verpflichtungserklärung, die Einrichtung bei Zufluss von Landesmitteln gemeinnützig zu betreiben als Voraussetzung eines Antrages auf Betriebsbewilligung Der Betrieb von Altenwohn- und Pflegeheimen, Seniorentageszentren, Behinderteneinrichtungen und interprofessionellen Einrichtungen gemäß § 2 Abs. 1 Ziffer 1 bis 4 Bgld. SEG ist an die bescheidmäßige Bewilligung der Landesregierung gebunden (§ 5 Abs. 1 Bgld. SEG). Die Betriebsbewilligung bedarf eines schriftlichen Antrages der zukünftigen Betreiberin oder des zukünftigen Betreibers samt Vorlage der in § 5 Abs. 2 Satz 2 Ziffer 1 bis 8 Bgld. SEG im Einzelnen aufgeführten Unterlagen (§ 5 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1 Bgld. SEG). Zu den von der zukünftigen Betreiberin oder dem zukünftigen Betreiber dieser Einrichtungen vorzulegenden Unterlagen gehört gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 Ziffer 8 Bgld. SEG auch die Verpflichtungserklärung der Antragstellerin oder des Antragstellers, die Einrichtung bei Zufluss von Landesmitteln „gemeinnützig im Sinne des § 3 Ziffer 6 Bgld. SEG“ zu betreiben. Der Antrag gemäß § 5 Abs. 1 Bgld. SEG ist ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn die erforderlichen Unterlagen trotz Aufforderung nicht fristgerecht vorgelegt werden oder der Bedarf an den beantragten Pflege- und Betreuungsplätzen nach dem Bedarfs- und Entwicklungsplan nicht gegeben ist (§ 5 Abs. 4 Satz 1 Bgld. SEG). Die Vorschrift des § 5 Abs. 4 Satz 2 Bgld. SEG legt hierzu ergänzend fest, dass von dem Erfordernis des Bedarfs an Pflege- und Betreuungsplätzen nach dem Bedarfs- und Entwicklungsplan bei nachweisbarem Verzicht auf den Zufluss von Landesmitteln Abstand zu nehmen ist. Dass das Erfordernis der Gemeinnützigkeit gemäß § 5 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 Ziffer 1 bis 4 und § 5 Abs. 2 Satz 2 Ziffer 8 Bgld. SEG nicht nur für die Betreiberinnen und Betreiber von stationä- 29 Vgl. hierzu die Erläuterungen in der Regierungsvorlage 21 – 1418 vom 12. September 2019: Gesetzentwurf über den Betrieb und die Organisation von Sozialeinrichtungen zur Betreuung pflegebedürftiger und behinderter Menschen (Burgenländisches Sozialeinrichtungsgesetz – Bgld. SEG) zu § 3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 077/19 Seite 12 ren und teilstationären Altenwohn- und Pflegeheimen, Seniorentageszentren, Behinderteneinrichtungen und interprofessionellen Einrichtungen gilt, sondern auch für die Anbieter von mobilen Pflege- und Betreuungsdiensten gemäß § 2 Abs. 1 Ziffer 6 Bgld. SEG, die sich aus Mitteln des Landes Burgenland finanzieren, ergibt sich aus der in § 24 Abs. 1 Satz 1 Bgld. SEG getroffenen Regelung. Denn nach dieser Bestimmung haben auch Einrichtungen zur mobilen Pflege und Betreuung dem Antrag auf Betriebsbewilligung insbesondere die Unterlagen gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 Ziffer 8 Bgld. SEG beizufügen, also die Verpflichtungserklärung, die Einrichtung bei Zufluss von Landesmitteln gemeinnützig im Sinne des § 3 Ziffer 6 Bgld. SEG zu betreiben. Damit gilt – abgesehen von den alternativen Wohnformen nach § 2 Abs. 1 Ziffer 5 Bgld. SEG, die naturgemäß richtigerweise nicht erfasst werden – das Erfordernis der Gemeinnützigkeit für den Betrieb aller Einrichtungen zur Pflege und Betreuung von betagten, hilfsbedürftigen oder behinderten Menschen im Burgenland, die sich aus Mitteln des Landes finanzieren. 2.3.3. Gemeinnütziges Führen der Einrichtung bei Zufluss von Landesmitteln als Voraussetzung für die Erteilung einer Betriebsbewilligung Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Bgld. SEG gibt die näheren Kriterien vor, unter denen eine Betriebsbewilligung für Einrichtungen gemäß § 2 Abs. 1 Ziffer 1 bis 4 Bgld. SEG, also für Altenwohn- und Pflegeheime, Seniorentageszentren, Behinderteneinrichtungen und interprofessionelle Einrichtungen , zu erteilen ist. Voraussetzung für die Erteilung einer Betriebsbewilligung ist danach unter anderem, dass ein entsprechender Bedarf an Pflege- und Betreuungsplätzen gemäß dem Bedarfs - und Entwicklungsplan der Landesregierung besteht (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 Bgld. SEG) und die Antragstellerin oder der Antragsteller die Einrichtung bei Zufluss von Landesmitteln gemeinnützig führt (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 6 Bgld. SEG). Von dem in § 6 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 Bgld. SEG geregelten grundsätzlichen Erfordernis eines Bedarfs an Pflege- und Betreuungsplätzen gemäß Bedarfs- und Entwicklungsplan (vgl. § 4 Bgld. SEG) ist bei nachweislichem Verzicht auf den Zufluss von Landesmitteln Abstand zu nehmen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Bgld. SEG). Nach der Bestimmung des § 6 Abs. 4 Satz 1 Bgld. SEG kann die Landesregierung in der Betriebsbewilligung die nach dem jeweiligen Stand der Technik entsprechenden Auflagen vorschreiben. Die Bewilligung ist dabei jedenfalls an die Bedingung des Vorliegens des gemeinnützigen Betriebes der Einrichtung zu knüpfen (§ 6 Abs. 4 Satz 2 Bgld. SEG). 2.3.4. Entzug der Betriebsbewilligung bei Wegfall der Gemeinnützigkeit Der Entzug der Betriebsbewilligung ist in § 11 Bgld. SEG geregelt. Danach ist die Betriebsbewilligung – in Form eines Bescheides – unter anderem dann zu entziehen, wenn eine für die Erteilung der Bewilligung maßgebliche Voraussetzung weggefallen ist (§ 11 Ziffer 1 Bgld. SEG). Die Betriebsbewilligung ist folglich insbesondere dann zu entziehen, wenn die Einrichtung trotz der Inanspruchnahme von Landesmitteln nicht mehr gemeinnützig im Sinne des § 3 Ziffer 6 Bgld. SEG betrieben wird. 2.3.5. Kontrolle der Gemeinnützigkeit des Betriebs einer Einrichtung Zur Sicherstellung der gesetzmäßigen Führung einer Sozialeinrichtung unterliegen alle in § 2 Abs. 1 Bgld. SEG genannten Einrichtungen zur Pflege und Betreuung von betagten, hilfsbedürftigen oder behinderten Menschen im Burgenland der Kontrolle der Landesregierung (§ 26 Abs. 1 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 077/19 Seite 13 Bgld. SEG). Die Landesregierung ist deshalb berechtigt und verpflichtet, die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und der auf Grund des Bgld. SEG erlassenen Verordnungen und Bescheide zu überwachen30. Kontrollen in Altenwohn- und Pflegeheimen, Einrichtungen der mobilen Pflege und Betreuung sowie in Behinderteneinrichtungen sind gemäß § 26 Abs. 2 Bgld. SEG grundsätzlich unangekündigt und mindestens einmal innerhalb von zwei Jahren, in Seniorentageszentren mindestens einmal innerhalb von drei Jahren durchzuführen. Die Kontrollen umfassen gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 Bgld. SEG die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes sowie der dazu ergangenen Verordnungen und Bescheide und beziehen sich nach der ausdrücklichen Regelung in § 26 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 Bgld. SEG insbesondere auch auf die Gemeinnützigkeit der Einrichtung. Die Vorschrift des § 26 Abs. 4 Satz 1 Bgld. SEG legt außerdem fest, dass den Organen, die mit der Durchführung der Kontrollen beauftragt sind, jederzeit der Zutritt zu gestatten und jede erforderliche Auskunft zu erteilen ist; darüber hinaus muss ihnen auch die Einsichtnahme in die vorzuhaltenden Unterlagen gestattet werden. Damit haben die Kontrollorgane der Landesregierung hinreichende rechtliche Möglichkeiten, um unter anderem auch zu prüfen, ob die jeweilige Einrichtung (noch) gemeinnützig im Sinne des § 3 Ziffer 6 Bgld. SEG betrieben wird. 2.4. Gemeinnützigkeit des Betriebes eines Altenwohn- und Pflegeheims als Voraussetzung für den Abschluss einer sog. Tagsatzvereinbarung mit der Landesregierung Die Bestimmung des § 15 Satz 1 Bgld. SEG räumt der Landesregierung die Möglichkeit ein, gleichzeitig mit der einem Altenwohn- und Pflegeheim erteilten Betriebsbewilligung, bei gegebenem Bedarf und Vorliegen eines öffentlichen Interesses, den Abschluss einer sog. Tagsatzvereinbarung nach dem aktuellen Tagsatzmodell des Landes für Altenwohn- und Pflegeheime zuzusichern . Bei einer solchen Tagsatzvereinbarung handelt es sich um eine Vereinbarung zwischen dem Land Burgenland und dem jeweiligen Heimträger über die Höhe der Kostenerstattung durch den Sozialhilfeträger im Rahmen der Unterbringung in einem Altenwohn- und Pflegeheim. Während sich der Heimbetreiber in dieser Vereinbarung verpflichtet, Personen, die im Altenwohn- und Pflegeheim aufgenommen werden, entsprechend den gesetzlichen, verordnungs- und bescheidmäßigen Vorgaben vorübergehend oder dauernd zu pflegen und zu betreuen, verpflichtet sich das Land Burgenland als Träger der Sozialhilfe, nach Maßgabe der in der Tagsatzvereinbarung getroffenen Bestimmungen bei Unterbringung von Personen im Altenwohn- und Pflegeheim auf Kosten der Sozialhilfe einen Kostenersatz (Tagsatz) zu leisten. Der Tagsatz setzt sich aus einem 30 Vgl. hierzu die Erläuterungen in der Regierungsvorlage 21 – 1418 vom 12. September 2019 zu § 24 Bgld. SEG. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 077/19 Seite 14 Grundtarif sowie einem Pflegezuschlag, der nach Pflegestufen in Analogie zum Bundespflegegeldgesetz (BPGG)31 gestaffelt ist32, zusammen und wird nur für Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfänger gewährt, setzt also voraus, dass die Eigenmittel der untergebrachten Person nicht ausreichen, um die Unterbringungskosten zu decken. Der pro Bewohnerin oder Bewohner und Tag in Rechnung zu stellende Tagsatz beinhaltet die Unterbringungskosten einschließlich Pflege- und Betreuungsleistungen sowie die Verpflegung und Reinigung. Darüber hinausgehende Zusatzleistungen für die Bewohnerinnen und Bewohner (wie beispielsweise Leistungen Dritter, Pflegehilfsmittel, Inkontinenzartikel, Therapien) sowie Einbettzimmerzuschläge sind demgegenüber im Rahmen einer privatrechtlichen Vereinbarung mit der Bewohnerin oder dem Bewohner abzurechnen. Der Tagsatz wird jährlich mit Wirkung zum 1. Januar eines Jahres valorisiert, also an die Teuerungsrate angepasst.33 Nach der ausdrücklichen Regelung in § 15 Satz 2 Bgld. SEG können solche Tagsatzvereinbarungen mit Betreiberinnen und Betreibern aber nur hinsichtlich gemeinnütziger Einrichtungen abgeschlossen werden34. Ein nicht-gemeinnützig tätiger Heimbetreiber kann mit der Landesregierung deshalb keine Tagsatzvereinbarung abschließen und folglich nur Selbstzahler aufnehmen. Allerdings besteht nach § 15 Satz 3 Bgld. SEG auch für die Betreiberinnen und Betreiber gemeinnütziger Einrichtungen kein Rechtsanspruch auf eine solche Vereinbarung. 31 Bundesgesetz vom 12. Februar 1993, mit dem ein Pflegegeld eingeführt wird (Bundespflegegeldgesetz – BPGG), BGBl. Nr. 110/1993, letzte Änderung BGBl. I Nr. 80/2019, abrufbar unter: https://www.ris.bka.gv.at/Geltende- Fassung/Bundesnormen/10008859/BPGG%2c%20Fassung%20vom%2016.12.2019.pdf. 32 Mit dem am 1. Juli 1993 in Kraft getretenen Bundespflegegeldgesetz (BPGG) hat sich der österreichische Gesetzgeber dafür entschieden, dem Risiko der Pflegebedürftigkeit nicht durch Sachleistungen, sondern durch die Gewährung von pauschalierten Geldleistungen in Form eines Pflegegeldes Rechnung zu tragen. Der Anspruch auf Pflegegeld ist dabei gemäß § 4 Abs. 2 BPGG nach dem Ausmaß des Pflegebedarfs gestaffelt. Insgesamt sieht das Gesetz sieben Stufen vor, wobei die Einstufung primär nach dem zeitigen Ausmaß erfolgt, das für die Betreuung und Hilfe im jeweiligen Fall durchschnittlich pro Monat erforderlich ist. Das Pflegegeld ist eine zweckgebundene Leistung, die ausschließlich zur Abdeckung der pflegebedingten Mehraufwendungen bestimmt und daher nicht als generelle Einkommenserhöhung gedacht ist. Da die tatsächlichen Kosten für die Pflege das jeweils zustehende Pflegegeld in den meisten Fällen übersteigen, ist das Pflegegeld als pauschalierter Beitrag zu den Kosten der erforderlichen Pflege anzusehen. Der Pflegebedürftige soll sich also mit Hilfe der Geldleistung selbst die nötigen Dienstleistungen beschaffen. Zum Pflegegeld für pflegebedürftige Personen nach dem BPGG vgl. eingehend die Ausarbeitung „Pflegevorsorge in Österreich – Leistungen, Finanzierung und Ausgaben“ vom 7. Februar 2017, Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, WD 9 – 3000 – 077/16, S. 6 ff., abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/527414/7ef76be36495db95d506ac0df715c2a4/WD-9-077-16-pdfdata .pdf. 33 Zum vorgenannten Inhalt und weiteren Einzelheiten einer Tagsatzvereinbarung des Landes Burgenland mit einer Heimbetreiberin oder einem Heimbetreiber eines Altenwohn- und Pflegeheims vgl. das Muster einer solchen Tagsatzvereinbarung im Prüfungsbericht des Burgenländischen Landes-Rechnungshofs zur stationären Pflege im Burgenland: Planungs- und Kostenstruktur vom Juni 2017, S. 87 ff. (Anlage 8), abrufbar unter: http://www.blrh.at/fileadmin/user_upload/Leistungen/Berichte/Berichte_2017/Pruefungsbericht_Stationaere _Pflege.pdf. 34 Auch diese gesetzliche Regelung geht auf den Abänderungsantrag des Rechtsausschusses und des Sozialausschusses betreffend den Gesetzentwurf über den Betrieb und die Organisation von Sozialeinrichtungen zur Betreuung pflegebedürftiger und behinderter Menschen (Burgenländisches Sozialeinrichtungsgesetz – Bgld. SEG) (Zahl 21 – 1418) (Beilage 2020) zurück. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 077/19 Seite 15 2.5. Übergangsbestimmungen Mit der Vorschrift des § 28 Bgld. SEG hat der Gesetzgeber eine Reihe von Übergangsbestimmungen geschaffen, da von der Vollziehung des Sozialeinrichtungsgesetzes insbesondere auch bereits bestehende Einrichtungen betroffen sind. Den Erläuterungen der Regierungsvorlage zufolge35 sind entsprechende Übergangsregelungen deshalb „unumgänglich“. Besondere Bedeutung kommt dabei der Bestimmung des § 28 Abs. 3 Satz 2 Ziffer 1 Bgld. SEG zu, die für bereits bestehende Einrichtungen eine Übergangsfrist von vier Jahren für den Nachweis der Gemeinnützigkeit festlegt. Im Einzelnen sieht die Vorschrift des § 28 Bgld. SEG folgende Regelungen vor: 2.5.1. Anzuwendende Bestimmungen bei der Fortführung von im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Burgenländischen Sozialeinrichtungsgesetzes bereits anhängigen Verfahren Nach § 28 Abs. 2 Bgld. SEG sind die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Burgenländischen Sozialeinrichtungsgesetzes am 1. November 201936 anhängigen Verfahren betreffend den Betrieb - eines Altenwohn- und Pflegeheimes gemäß dem Burgenländischen Altenwohn- und Pflegeheimgesetz 37 in der Fassung des Gesetzes vom 29. Mai 201838 und - einer Einrichtung gemäß § 38 des Burgenländischen Sozialhilfegesetzes 2000 (Bgld. SHG 2000)39 in der jeweils geltenden Fassung nach den Bestimmungen des Bgld. SEG fortzuführen. Für diese – noch nicht abgeschlossenen – Verfahren gelten deshalb unter anderem auch die oben näher dargelegten Vorschriften des Bgld. SEG zum Betriebserfordernis der Gemeinnützigkeit von Einrichtungen bei Zufluss von Landesmitteln . 2.5.2. Einräumung einer Übergangsfrist zum Nachweis der Gemeinnützigkeit für bereits bestehende Einrichtungen Nach § 28 Abs. 3 Satz 1 Bgld. SEG gelten Betriebsbewilligungen für Altenwohn- und Pflegeheime sowie für Einrichtungen gemäß § 38 Bgld. SHG 2000, die vor dem Inkrafttreten des Burgenländischen Sozialeinrichtungsgesetzes am 1. November 2019 gemäß der vorgenannten Bestimmung des § 28 Abs. 2 Bgld. SEG erteilt wurden, sowie Bescheide, welche auf Grund des Burgenländischen Altenwohn- und Pflegeheimgesetzes oder auf Grund des § 40 Bgld. SHG 2000 erlassen wurden, als im Sinne des Burgenländischen Sozialeinrichtungsgesetzes erlassen oder bleiben 35 Vgl. hierzu die Erläuterungen in der Regierungsvorlage 21 – 1448 vom 12. September 2019 zu § 28 Bgld. SEG. 36 Vgl. § 28 Abs. 1 Bgld. SEG. 37 Gesetz vom 28. März 1996, mit dem Vorschriften über die stationäre Betreuung alter oder pflegebedürftiger Menschen erlassen werden (Burgenländisches Altenwohn- und Pflegeheimgesetz), LGBl. Nr. 61/1996. 38 Gesetz vom 29. Mai 2018 betreffend die Datenschutz-Anpassungen (Burgenländisches Datenschutz-Anpassungsgesetz 2018), LGBl. Nr. 40/2018. 39 Gesetz vom 4. November 1999 über die Regelung der Sozialhilfe (Burgenländisches Sozialhilfegesetz 2000), LGBl. Nr. 5/2000. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 077/19 Seite 16 weiterhin in Geltung. Bei Zufluss von Landesmitteln erlöschen diese Betriebsbewilligungen und Bescheide jedoch, wenn nicht innerhalb von vier Jahren nach dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1. November 2019 der Nachweis erbracht wird, dass die Voraussetzungen gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 6 Bgld. SEG erfüllt sind, die Einrichtung also gemeinnützig geführt wird (§ 28 Abs. 3 Satz 2 Ziffer 1 Bgld. SEG). Durch die Rechtsfolge des Erlöschens der Betriebsbewilligung im Falle des nicht erbrachten Nachweises soll – so wird in der Regierungsvorlage zu dieser Regelung erläuternd ausgeführt40 – die Wichtigkeit dieses Erfordernisses betont werden. 2.6. Rechtliche Konsequenzen der Einführung des Betriebserfordernisses der Gemeinnützigkeit für privat-gewerbliche, gewinnorientierte Betreiber von Sozialeinrichtungen Die vorstehenden Ausführungen haben deutlich gemacht, dass sich das Betriebserfordernis der Gemeinnützigkeit im Sinne des § 3 Ziffer 6 Bgld. SEG auf Betreiberinnen oder Betreiber von stationären und teilstationären Pflege- und Behinderteneinrichtungen sowie Anbieter von mobilen Pflege- und Betreuungsdiensten beschränkt, die Mittel des Landes in Anspruch nehmen. Diese gesetzliche Beschränkung führt folglich nicht dazu, dass der Betrieb derartiger Einrichtungen im Burgenland nur noch in Form der Gemeinnützigkeit ausgeübt werden darf und damit lediglich gemeinnützigen Einrichtungen offensteht. Vielmehr ist – wie schon nach bisheriger Rechtslage – auch privat-gewerblichen, auf Gewinnerzielung ausgerichteten Anbietern eine Betriebsbewilligung zu erteilen, sofern sie auf die Inanspruchnahme von Landesmitteln verzichten (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 6 Bgld. SEG) und die sonstigen in § 6 Abs. 1 Ziffer 1 bis 5 und Ziffer 7 Bgld. SEG normierten Voraussetzungen erfüllen. Dabei ist – wie oben bereits erwähnt – von dem grundsätzlichen Erfordernis eines Bedarfs an Pflege- und Betreuungsplätzen gemäß Bedarfs- und Entwicklungsplan bei nachweislichtem Verzicht auf den Zufluss von Landesmitteln Abstand zu nehmen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Bgld. SEG). Privat-gewerbliche Betreiberinnen und Betreiber von stationären und teilstationären Pflege- und Behinderteneinrichtungen sowie gewinnorientierte Anbieter von mobilen Pflege- und Betreuungsdiensten können nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 15 Satz 2 Bgld. SEG allerdings keine Tagsatzvereinbarung mit der Landesregierung abschließen. 3. Die Diskussion über die Verfassungskonformität des Betriebserfordernisses der Gemeinnützigkeit Die Einführung des Betriebserfordernisses der Gemeinnützigkeit von Einrichtungen bei Gewährung von Landesmitteln durch das Sozialeinrichtungsgesetz hat im Burgenland zu einer Diskussion über die Verfassungskonformität dieses Gesetzes geführt. 40 Vgl. hierzu die Erläuterungen in der Regierungsvorlage 21 – 1418 vom 12. September 2019 zu § 28 Abs. 3 Bgld. SEG. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 077/19 Seite 17 3.1. Die Stellungnahme der Wirtschaftskammer Burgenland Das Wirtschaftsparlament der Wirtschaftskammer Burgenland hat am 14. November 2019 einstimmig beschlossen, ein Verfahren beim Verfassungsgerichtshof anzustrengen, um die Verfassungskonformität des Burgenländischen Sozialeinrichtungsgesetzes prüfen zu lassen41. Die Kammer hält das Sozialeinrichtungsgesetz insbesondere deshalb für verfassungswidrig, weil es die Erwerbsfreiheit verletze. Das Gesetz sehe vor, dass das Erfordernis der Gemeinnützigkeit für alle Betreiberinnen und Betreiber von stationären und teilstationären Pflege- und Behinderteneinrichtungen sowie die Anbieter von mobilen Pflege- und Betreuungsdiensten gelte, die sich aus Mitteln des Landes Burgenland finanzierten. Private Betreiber und Anbieter seien demzufolge – nach einer vierjährigen Übergangszeit – von Tagsatzvereinbarungen mit dem Land „kategorisch ausgeschlossen“. Diese Regelungen seien mit der verfassungsrechtlich garantierten Erwerbsfreiheit aber nicht vereinbar. Bereits anlässlich der Vorlage des Entwurfs eines Burgenländischen Sozialeinrichtungsgesetzes durch die Landesregierung42 hatte die Wirtschaftskammer ein Rechtsgutachten zur Verfassungsmäßigkeit des geplanten Gesetzes in Auftrag gegeben, das – der Wirtschaftskammer zufolge – zu dem Ergebnis gelangte, die Gesetzesvorlage sei in wesentliche Punkten nicht verfassungskonform 43. Eine der zentralen Aussagen des Gutachtens bestehe darin, dass die Beschränkung des Betriebs auf gemeinnützige Einrichtungen aus mehreren Gründen das Grundrecht der Erwerbsfreiheit verletze, unter anderem deshalb, weil „gewinnorientierten Einrichtungen der Markteintritt ausnahmslos unmöglich gemacht“ werde. Außerdem werde in dem Gutachten dargelegt, dass „die Beschränkung des Betriebs auf gemeinnützige Einrichtungen“ wegen des aus dem Gleichheitssatz ableitbaren Sachlichkeitsgebots „problematisch“ erscheine, weil diese Beschränkung „in einem System einer mit öffentlichen Geldern finanzierten Pflege trotz der damit verbundenen individuellen Ansprüche und Präferenzen keinerlei Alternativen zu einer Pflege durch gemeinnützige Rechtsträger“ zulasse. Auch die Wirtschaftskammer selbst vertritt in ihrer Presseerklärung vom 20. September 2019 die Auffassung, dass von derartigen Beschränkungen nicht nur Unternehmer betroffen seien, sondern auch die zu betreuenden Personen und deren Angehörige, denen jegliche Wahlfreiheit genommen werde. Aus aktuellen Umfragen sei der Wirtschaftskammer bekannt, dass sich jeder Zweite im Burgenland eine Erweiterung des Angebots bei Pflegeheimen und betreutem Wohnen für Senioren wünsche. Anders als Teile der Landespolitik sehe die Wirtschaftskammer die „absolute 41 Wirtschaftskammer Burgenland (Hrsg.), Delegierte geben grünes Licht für Verfahren: Wirtschaftsparlament/Sozialeinrichtungsgesetz , Pressemitteilung vom 14. November 2019, abrufbar unter: https://news.wko.at/news/burgenland /Delegierte-geben-gruenes-Licht-fuer-Verfahren.html. Vgl. auch Jedlicka /Pekovics, Wirtschaftskammer bringt Pflegegesetz vor Verfassungsgericht, Kurier vom 15. November 2019; abrufbar unter: https://kurier .at/chronik/burgenland/wirtschaftskammer-bringt-pflegegesetz-vor-verfassungsgericht/400675853. 42 Regierungsvorlage (Zahl 21 – 1418) vom 12. September 2019: Gesetzentwurf über den Betrieb und die Organisation von Sozialeinrichtungen zur Betreuung pflegebedürftiger und behinderter Menschen (Burgenländisches Sozialeinrichtungsgesetz – Bgld. SEG). 43 Wirtschaftskammer Burgenland (Hrsg.), Wesentliche Punkte der Gesetzesvorlage nicht verfassungskonform!, Pressemitteilung vom 20. September 2019, abrufbar unter: https://news.wko.at/news/burgenland/Wesentliche- Punkte-der-Gesetzesvorlage-nicht-verfassungsk.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 077/19 Seite 18 Notwendigkeit“ für ein breites Angebot an Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten, in das auch die privaten, gewinnorientierten Anbieter integriert seien, die „neben einer nachvollziehbaren Leistung für die Menschen“ auch Gewinne erwirtschafteten. Dass private Anbieter öffentliche Gelder und Aufträge erhielten, sei dabei kein Widerspruch44. 3.2. Die Stellungnahme des Abgeordneten Mag. Thomas Steiner anlässlich der abschließenden Beratung des Gesetzentwurfs im Burgenländischen Landtag Anlässlich der abschließenden Beratung des Gesetzentwurfs eines Sozialeinrichtungsgesetzes im Burgenländischen Landtag am 17. Oktober 2019 hat auch der Abgeordnete Mag. Thomas Steiner von der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Wirtschaftskammer Burgenland – die Auffassung vertreten, die Gesetzesvorlage sei verfassungswidrig , weil sie sowohl dem Grundsatz der Erwerbsfreiheit als auch dem Gleichheitsgrundsatz widerspreche45. Der Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, demzufolge es verfassungswidrig sei, Gleiches ungleich zu behandeln, bestehe darin, dass nach dem Gesetzentwurf nur gemeinnützig betriebene Einrichtungen, nicht aber privat-gewerbliche Anbieter eine Tagsatzvereinbarung mit der Landesregierung abschließen könnten, obwohl beide Rechtsträger die gleiche Leistung erbrächten und gleiche Aufwendungen hätten. Er gehe davon aus, dass „irgendwann“ auch der Verfassungsgerichtshof entsprechend entscheiden werde46. *** 44 Wirtschaftskammer Burgenland (Hrsg.), Wesentliche Punkte der Gesetzesvorlage nicht verfassungskonform!, Pressemitteilung vom 20. September 2019. 45 Vgl. hierzu das Stenographische Protokoll der 59. Sitzung der XXI. Gesetzgebungsperiode des Burgenländischen Landtages am 17. Oktober 2019, S. 8980. 46 Vgl. hierzu das Stenographische Protokoll der 59. Sitzung der XXI. Gesetzgebungsperiode des Burgenländischen Landtages am 17. Oktober 2019, S. 8980.