© 2020 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 – 075/20 Haftung bei gesundheitlicher Schädigung durch das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen Rechtliche Grundlagen für mögliche Ansprüche Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 – 075/20 Seite 2 Haftung bei gesundheitlicher Schädigung durch das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen Rechtliche Grundlagen für mögliche Ansprüche Aktenzeichen: WD 9 - 3000 – 075/20 Abschluss der Arbeit: 1. September 2020 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 – 075/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Rechtliche Ausgangslage 4 2. Entschädigungsregelungen im Infektionsschutzgesetz 6 3. Entschädigungsansprüche nach dem allgemeinen Staatshaftungsrecht 7 4. Fazit 8 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 – 075/20 Seite 4 1. Rechtliche Ausgangslage Auf der Grundlage des § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG)1 haben alle Landesregierungen Verordnungen über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Corona-Virus SARS-CoV-2 erlassen.2 Darin wird der Bevölkerung unter anderem die Pflicht auferlegt, in Verkaufsstätten des Einzelhandels, im öffentlichen Personenverkehr und andernorts eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Ausgenommen von dieser Pflicht sind u. a. Personen, denen die Verwendung einer Mund-Nasen-Bedeckung aus gesundheitliche Gründen nicht möglich oder unzumutbar ist, was „in geeigneter Weise“ glaubhaft zu machen ist.3 Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit Geldbuße geahndet wird. Die von den Ländern verordnete Maskenpflicht war bereits vielfach Gegenstand von Gerichtsentscheidungen . Eine Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 30. April 2020 beschäftigt sich ausführlich mit der Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Mund- Nasen-Bedeckungen.4 Das notwendige legitime Ziel, so heißt es dort, sei der „Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und insbesondere eine Verhinderung der Überlastung des Gesundheitssystems “.5 Bei der Prüfung der Geeignetheit wie auch der Erforderlichkeit werde dem Verordnungsgeber in der Rechtsprechung ein Einschätzungsspielraum zugebilligt. Bei der Beurteilung der Angemessenheit hätten auch die Verwaltungsgerichte im einstweiligen Rechtsschutz entschieden klargestellt, dass das Leben und die Gesundheit höchste Rechtsgüter seien. Die Eingriffe in andere Freiheitsrechte wögen demgegenüber weniger schwer.6 1 Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl I S. 1045), zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1385). 2 So zum Beispiel in Thüringen: Zweite Thüringer Verordnung über grundlegende Infektionsschutzregeln zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS CoV-2 (2. ThürSARS-CoV-2-IfS-GrundVO) vom 7. Juli 2020 (GVBl. S. 349), zuletzt geändert durch Art. 1 und 2 der Verordnung vom 18. August 2020 (GVBl. S. 425). 3 Vgl. etwa § 6 der 2. ThürSARS-CoV-2-IfS-GrundVO vom 7. Juli 2020. 4 „Mund-Nasen-Bedeckung“ und Freiheitsrechte, Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 30. April 2020, WD 3 – 3000 - 109/20, abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource /blob/696624/b661d3e87184fbfce136ae8af0926fc1/WD-3-109-20-pdf-data.pdf. 5 „Mund-Nasen-Bedeckung“ und Freiheitsrechte, Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 30. April 2020, WD 3 – 3000 – 109/20, S. 14; siehe auch: VG Hamburg, 10 E 1784/20, Beschluss vom 27. April 2020, https://openjur.de/u/2200122.html. 6 Siehe unter anderem VG Hamburg, 10 E 1784/20, Beschluss vom 27. April 2020, https://openjur .de/u/2200122.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 – 075/20 Seite 5 Auch die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte seit dem 30. April 2020 sieht die Maskenpflicht zumindest im einstweiligen Rechtsschutz als verhältnismäßig an.7 So entschied das Oberverwaltungsgericht Münster in seinem Beschluss vom 19. Mai 2020 folgendermaßen: „Auch § 2 Abs. 3 Satz 1 CoronaSchVO8 erweist sich nach gegenwärtiger Erkenntnislage als angemessen . So sieht die Regelung keine generelle „Maskenpflicht“ im öffentlichen Raum vor, sondern beschränkt die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung räumlich und zeitlich auf bestimmte soziale Situationen. Zudem wird nicht das Tragen eines chirurgischen Mund- Nasen-Schutzes oder einer sog. partikelfiltrierenden Halbmaske verlangt, sondern lediglich einer einfachen Bedeckung, wie sie zum Beispiel eine Alltagsmaske, ein Schal oder ein Tuch darstellen (§ 2 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 CoronaSchVO). Diese Bedeckungen können, wenn sie nicht ohnehin vorhanden sind, selbst hergestellt oder im örtlichen Handel kostengünstig erworben werden. [Ausführungen zu Ausnahmen von der Maskenpflicht und gleich wirksamen Schutzmaßnahmen] Hinzu kommt, dass die Verordnung in ihrer zeitlichen Geltung zum einen befristet ist und den Verordnungsgeber zum anderen davon unabhängig eine fortwährende Beobachtungs - und Überprüfungspflicht trifft, die sich mit zunehmender Dauer der ergriffenen Maßnahmen verdichtet.“9 Das Oberverwaltungsgericht Weimar kommt in seinem Beschluss vom 3. Juli 2020 zu einem vergleichbaren Ergebnis: „Nach der summarischen Prüfung drängt sich auch nicht auf, dass die Regelung unter Abwägung der gegenläufigen verfassungsrechtlichen Positionen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung unangemessen ist. Der beabsichtigte Verordnungszweck steht nicht außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs. Die Maßnahme führt zwar unverkennbar zu einer Beeinträchtigung der Handlungsfreiheit der gesamten Bevölkerung. Dieses Recht wird jedoch nicht unbeschränkt gewährt, sondern unterliegt einem Gesetzesvorbehalt und tritt hier im Ergebnis gegenüber dem mit der Verordnung bezweckten Schutz von Leib und Leben (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) zurück. Die Einschränkungen sind vorübergehend hinzunehmen im Hinblick auf die Durchsetzung überragend gewichtiger Gemeinwohlbelange. Hierbei ist neben der zeitlichen Befristung der Maßnahme und den gewichtigen Ausnahmegründen insbesondere auch für die Pflicht zur Verwendung einer Mund-Nasen -Bedeckung zu berücksichtigen, dass diese nur in kurzen Zeiträumen und nur in bestimmten Alltagssituationen gilt.“10 7 Siehe etwa OVG Lüneburg, 13 MN 238/20, Beschluss vom 6. Juli 2020; VG Köln, 6 L 1246/20, Beschluss vom 17. Juli 2020. 8 Die Entscheidung bezieht sich auf die mit Art. 1 der Vierten Verordnung zur Änderung von Rechtsverordnungen zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2 vom 8. Mai 2020 (GV. NRW. S. 340a) erlassene, am 11. Mai 2020 in Kraft getretene und am 15. Mai 2020 geänderte (GV. NRW. S. 340d) Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung - CoronaSchVO) aus Nord- Rhein-Westfalen. 9 OVG Münster, 13 B 557/20.NE, Beschluss vom 19. Mai 2020, juris, Rn. 114f. 10 OVG Weimar, 3 EN 391/20, Beschluss vom 3. Juli 2020, juris, Rn. 88. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 – 075/20 Seite 6 Diese Argumentation der Gerichte wird durch zahlreiche empirische Studien gestützt, aus denen hervorgeht, dass Masken dazu beitragen können, die Ausbreitung von COVID-19 einzudämmen.11 Auch wenn Mund-Nasen-Bedeckungen, wie sie von der Bevölkerung im öffentlichen Raum getragen werden, nicht so effektiv wie medizinische Masken sind, leisten sie dennoch einen Beitrag zur Verhinderung der Ausbreitung des Virus. Vor allem in geschlossenen Räumen ist es sinnvoll, sie zu tragen: Da sich Aerosole, wie die Studien gezeigt haben, mitunter deutlich weiter als 1,5 bis 2 Meter verbreiten, reicht das Einhalten des Mindestabstandes in geschlossenen Räumen alleine nicht aus. Eine Maskenpflicht erscheint daher auch dann verhältnismäßig, wenn der Mindestabstand zu anderen Personen eingehalten werden kann, beispielsweise in schwach besetzten Zugabteilen. Auch das Robert Koch-Institut empfiehlt seit einiger Zeit das Tragen von Masken im öffentlichen Raum als „weiteren Baustein, um Übertragungen zu reduzieren“.12 Im Folgenden wird auftragsgemäß der Frage nachgegangen, ob und ggf. welche rechtlichen Regelungen für eine Entschädigung in Betracht kommen, falls es durch das Tragen einer Mund-Nasen- Bedeckung zu einer gesundheitlichen Schädigung kommen sollte. 2. Entschädigungsregelungen im Infektionsschutzgesetz Das Infektionsschutzgesetz enthält im 12. Abschnitt (§§ 56-68) Entschädigungsregelungen, die aber für die vorliegende Fragestellung nicht einschlägig sind. Diese Entschädigungsregelungen beziehen sich entweder auf Verbote in der Ausübung der Berufstätigkeit und dem damit einhergehenden Verdienstausfall (§§ 56-59, 66-68), auf Impfschäden und andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe13 (§§ 60-64) oder auf die Vernichtung bzw. Beschädigung von Gegenständen im Zuge behördlicher Maßnahmen nach den §§ 16 und 17 IfSG (§§ 65-66). Ob über diese Regelungen hinaus weitere Entschädigungsregelungen aus dem allgemeinen Gefahrenabwehr - und Gewohnheitsrecht in Betracht kommen, ist strittig. In der Literatur wird zu Recht überwiegend die Meinung vertreten, dass die Entschädigungsregelungen des Infektionsschutzgesetzes nur jeweils in ihrem konkreten Anwendungsbereich als abschließend anzusehen sind und keine Sperrwirkung für andere Entschädigungsregelungen außerhalb des IfSG entfalten.14 Bereits 11 Vgl. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Zur Funktionalität von Mund-Nasen-Bedeckungen (MNB) als Schutzmaßnahme bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie, WD 9 – 3000 – 065/20. 12 „Mund-Nasen-Bedeckungen im öffentlichen Raum als weitere Komponente zur Reduktion der Übertragungen von COVID-19“, in: Epidemiologisches Bulletin 19/2020, S. 3ff., abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content /Infekt/EpidBull/Archiv/2020/Ausgaben/19_20.pdf?__blob=publicationFile. 13 Unter „anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe“ im Sinne des § 60 IfSG sind nach der Legaldefinition in § 2 Nr. 10 IfSG „die Gabe von Antikörpern (passive Immunprophylaxe) oder die Gabe von Medikamenten (Chemoprophylaxe) zum Schutz vor Weiterverbreitung bestimmter übertragbarer Krankheiten“ zu verstehen. 14 So etwa Giesberts, Ludger/Gayger, Michael/Weyand, Philip, COVID-19 – Hoheitliche Befugnisse, Rechte Betroffener und staatliche Hilfen, in: NVwZ 2020, S. 417 (420). Demgegenüber vertritt das Landgericht Heilbronn die Auffassung, dass für die Fälle pandemiebedingter Beeinträchtigung das IfSG abschließend konzipiert sei und als spezielleres Recht den Rückgriff auf die allgemeinen polizeiordnungsrechtlichen Entschädigungsregelungen sperre, vgl. LG Heilbronn, Urteil vom 29. April 2020 – I 4 O 82/20, in: NVwZ 2020, S. 975. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 – 075/20 Seite 7 aus den Gesetzesmaterialien zum Bundes-Seuchengesetz vom 18. Juli 196115, dem Vorläufer des Infektionsschutzgesetzes, ergibt sich, dass die Entschädigungsvorschriften des IfSG keine ausschließlichen Regelungen für alle aus dem IfSG in Betracht kommenden Fälle sein sollen.16 3. Entschädigungsansprüche nach dem allgemeinen Staatshaftungsrecht Entschädigungsansprüche können also auch außerhalb des IfSG unter Rückgriff auf allgemeines Ordnungsrecht sowie Gewohnheitsrecht zur Entschädigung begründet sein. Welche Rechtsgrundlagen insoweit in Frage kommen, hängt davon ab, ob eine staatliche Maßnahme als rechtmäßig oder als rechtswidrig anzusehen ist. Da es sich bei der Pflicht zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen um eine rechtmäßige staatliche Maßnahme handelt, kommen Ansprüche aus Amtshaftung nach § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit Art. 34 Grundgesetz (GG) nicht in Betracht. Diese setzen ein rechtswidriges staatliches Handeln voraus. Für den Fall einer gesundheitlichen Schädigung aufgrund des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung kommt allein der gewohnheitsrechtlich anerkannte sog. allgemeine Aufopferungsanspruch in Betracht. Der öffentlich-rechtliche Aufopferungsanspruch ist ein Rechtsinstitut, nach dem Bürger für unzumutbare Beeinträchtigungen aufgrund von staatlichen Eingriffen zu entschädigen sind. Voraussetzungen des Aufopferungsanspruchs sind die Verletzung eines nicht vermögenswerten Rechts durch einen hoheitlichen Eingriff und ein Sonderopfer, das der betroffenen Person zugunsten der Allgemeinheit auferlegt wurde.17 Schutzgüter bzw. Eingriffsobjekte einer Haftung aufgrund von Aufopferung können nach der Rechtsprechung insbesondere das Leben, die Gesundheit und die körperliche Integrität sein.18 Im vorliegenden Fall besteht ein besonderes Interesse der Allgemeinheit, die durch das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung vor der weiteren Ausbreitung von COVID-19 geschützt werden soll. Sollte das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung tatsächlich einen gesundheitlichen Schaden verursachen, läge danach ein Sonderopfer vor – durchaus vergleichbar mit einem Impfschaden, der in § 60 IfSG eine abschließende Entschädigungsregelung gefunden hat. Die Feststellung, ob der eingetretene Schaden mit einer besonderen Belastung verbunden ist, die anderen nicht zugemutet wird, ist jedoch im Einzelfall schwer zu bestimmen.19 15 Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten beim Menschen (Bundes-Seuchengesetz) vom 18. Juli 1961 (BGBl. I S. 1012). 16 Vgl. hierzu die Begründung der Bundesregierung im Entwurf eines Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten beim Menschen (Bundes-Seuchengesetz) vom 27. Mai 1960, BT-Drs. 3/1888, S. 27. 17 Philippi, in: BeckOK, Infektionsschutzrecht, hg. von Christian Eckart und Michael Winkelmüller, 1. Edition, Stand: 1. Juli 2020, § 60 IfSG Rn. 1; Maurer, Hartmut/Waldhoff, Christian, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 28 Rn. 7. Umfassend zum Aufopferungsanspruch: Ossenbühl, Fritz/Cornils, Matthias, Staatshaftungsrecht , 6. Aufl. 2013, 3. Teil, Der Aufopferungsanspruch, S. 124 ff. 18 Vgl. hierzu Papier, Hans-Jürgen/Shirvani, Foroud, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Stand: 90. Ergänzungslieferung Februar 2020, Art. 14 Rn. 777 mit weiteren Nachweisen. 19 Maurer, Hartmut/Waldhoff, Christian, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl. 2017, § 28 Rn. 12. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 – 075/20 Seite 8 Der allgemeine Aufopferungsanspruch gilt allerdings nur subsidiär. Er tritt nicht nur hinter gesetzlich geregelten Entschädigungsansprüchen zurück (wie etwa § 60 IfSG), sondern auch gegenüber anderen Leistungen der öffentlichen Hand. Dazu zählen insbesondere Leistungen der Sozialversicherung – im vorliegenden Fall solche der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Die Subsidiarität des Aufopferungsanspruchs hat der Bundesgerichtshof auch im Verhältnis zu privatrechtlichen Ersatzansprüchen (also auch der Privaten Krankenversicherung) bejaht.20 Für die vorliegende Fragestellung hat dies zur Folge, dass bei gesetzlich Krankenversicherten im Falle einer gesundheitlichen Schädigung, die aufgrund des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung eingetreten ist, die Krankenbehandlung über die Leistungen der GKV erfolgt, bei privat Krankenversicherten über die Private Krankenversicherung (PKV). Damit wird ein eingetretener Vermögensschaden, der in Form von Arztkosten, Pflegekosten oder Verdienstausfall entsteht, abgedeckt . Eine andere Frage ist, ob aus dem Aufopferungsanspruch auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld abgeleitet werden kann. Dies wurde in der Rechtsprechung noch bis vor kurzem verneint; erst mit Urteil vom 7. September 2017 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der allgemeine Aufopferungsanspruch wegen eines hoheitlichen Eingriffs in die körperliche Unversehrtheit nicht auf den Ersatz materieller Schäden begrenzt ist, sondern auch nicht vermögensrechtliche Nachteile des Betroffenen umfasst.21 4. Fazit Bei der Verpflichtung, in bestimmten Situationen eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, handelt es sich um einen rechtmäßigen hoheitlichen Eingriff, der der Verhinderung übertragbarer Krankheiten – aktuell COVID-19 – dient. Personen, die aufgrund ihrer gesundheitlichen Disposition Schädigungen dadurch zu erwarten haben, sind mit entsprechendem Nachweis von dieser Pflicht befreit. Für den Fall, dass das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes selbst gesundheitliche Beeinträchtigungen bzw. Schädigungen hervorruft, müsste dieser ursächliche Zusammenhang im Einzelnen nachgewiesen werden. Wäre dieser Schaden so erheblich, dass er eine unzumutbare Belastung im Sinne eines Sonderopfers darstellte, kommt rechtssystematisch zwar grundsätzlich eine Entschädigung nach dem allgemeinen Aufopferungsanspruch in Betracht. Da dieser jedoch subsidiär ist und der eingetretene Vermögensschaden von der Sozialversicherung (GKV) wie auch von der PKV abgedeckt wird, wäre im Einzelfall gerichtlich allenfalls zu klären, ob und inwieweit ein Anspruch auf Schmerzensgeld geltend gemacht werden kann. *** 20 Vgl. im Einzelnen mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des BGH: Ossenbühl, Fritz/Cornils, Matthias, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, 3. Teil. Der Aufopferungsanspruch, S. 149 f. 21 BGH, Urteil vom 7. September 2017 – III ZR 71/17, in: NJW 2017, 3384 ff.