WD 9 - 3000 - 074/19 (27. September 2019) © 2019 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Bei einer Erkrankung an Leukämie weicht die Anzahl der Blutzellen im Blut von den Normalwerten gesunder Menschen ab. Dazu kommt ein gestörtes Verhältnis der verschiedenen Blutzellarten untereinander. Typisch ist eine unkontrollierte Vermehrung von entarteten weißen Blutzellen und damit eine Verringerung der Zahl an roten Blutkörperchen und der Blutplättchen. Alle Blutzellen werden im Knochenmark gebildet. Zur Heilung einer Leukämie werden oftmals Blutstammzellen eines gesunden Spendenden eingesetzt.1 Bei der Suche nach passenden Personen hilft das Zentrale Knochenmarkspenderregister Deutschlands (ZKRD).2 Stammzellen können aus dem Knochenmark gewonnen werden (Knochenmarktransplantation) oder auch aus dem Blut, in dem sich ebenfalls Stammzellen anreichern lassen (periphere Blutstammzelltransplantation ). Meist werden die Zellen heute aus dem Blut gewonnen.3 1 Deutsches Krebsforschungszentrum, Krebsinformationsdienst, Leukämien bei Erwachsenen, abrufbar unter: https://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/leukaemien/risikofaktoren.php (dieser sowie alle weiteren Links wurden zuletzt abgerufen am 27. September 2019); Deutsche Krebsgesellschaft, Onko-Internetportal, Leukämie : Basis-Infos für Patienten und Angehörige, abrufbar unter: https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal /aktuelle-themen/aktuelle-themen-2016/leukaemien-wie-eine-stammzellspende-leben-rettenkann .html. 2 Näheres zum ZKRD ist abrufbar unter: https://www.zkrd.de/de/ueber_das_zkrd/das_zentrale_knochenmarkspender -register_deutschland.php. Nach einer im Jahr 2018 veröffentlichten Repräsentativbefragung „Wissen, Einstellung und Verhalten der Allgemeinbevölkerung zur Organ- und Gewebespende“ haben sich 22 Prozent der Befragten in eine Knochenmarkspenderdatei eintragen lassen. Einzelheiten sind abrufbar unter: https://www.organspende-info.de/fileadmin/Organspende/05_Mediathek/04_Studien/BZgA_Studie_Organspende _2018_Ergebnisbericht.pdf (S. 124). 3 Deutsche Krebsgesellschaft, Onko-Internetportal, Leukämie: Basis-Infos für Patienten und Angehörige, abrufbar unter: https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/leukaemie /leukaemie-basis-infos-fuer-patienten.html. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Zur Aufklärung der Bevölkerung bezüglich einer Stammzellspende Kurzinformation Zur Aufklärung der Bevölkerung bezüglich einer Stammzellspende Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Unbestritten ist heute, dass es einen großen Bedarf an Stammzellen gibt. Dies zeigen insbesondere auch vielzählige Einzelaktionen, aber auch die Einführung eines seit vier Jahren bestehenden globalen Tages für die Knochenmarkspende, jeweils am dritten Samstag im September.4 Die Gewinnung von Stammzellen aus dem Knochenmark zum Zwecke der Übertragung auf eine erkrankte Person ist eine Entnahme von Gewebe und unterfällt damit dem Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben (Transplantationsgesetz – TPG5).6 Nach § 2 Absatz 1 Satz 1 TPG sind die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und die Krankenkassen sowie Landes- und weitere Bundesbehörden mit der allgemeinen Aufklärung der Bevölkerung zur Organ- und Gewebespende beauftragt. Der Aufklärungsauftrag umfasst bei Lebendgewebespenden die Möglichkeiten einer Gewebespende und die Bedeutung der Gewebeübertragung im Hinblick auf den möglichen Nutzen für die Empfangenden.7 So informiert beispielsweise die BZgA auf ihrer Homepage über die Knochenmarkspende und erläutert das Verfahren beim ZKRD.8 Derzeit debattiert der Deutsche Bundestag über zwei Gesetzentwürfe zur Organspende, mit dem Ziel, die Spendebereitschaft zu erhöhen. Dabei werden auch umfangreiche Änderungen zur Aufklärung der Bevölkerung gemäß § 2 TPG vorgeschlagen.9 Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich aus der konkurrierenden Gesetzgebung im Bereich des Transplantationsrechts 4 ZKRD, Ein Tag für die Knochenmarkspende 17.09.2015, abrufbar unter: https://www.zkrd.de/de/press/detail /10257 sowie World Marrow Donor Day, abrufbar unter: https://wmda.info/donor/world-marrow-donorday /. 5 Transplantationsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. September 2007 (BGBl. I S. 2206), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22. März 2019 (BGBl. I S. 352) geändert worden ist. 6 Scholz/Middel in: Medizinrecht, 3. Auflage 2018, TPG § 1 Rn. 2; Lipp in: Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, 7. Auflage 2015, VI. Rechtsfragen der Transplantation, Transfusion, Sektion und Intensivmedizin, Rn. 39. 7 Vgl. Engels in: Höfling, TPG, 2. Auflage 2013, § 2 Rn. 13. § 2 Absatz 2 TPG. 8 BZgA, Die Stammzellspende und Transplantation bei schwerwiegenden Erkrankungen des Blutes, abrufbar unter : https://www.organspende-info.de/stammzellenspende.html. Zur Aufklärung durch eine Krankenkasse vgl. z. B. AOK, Gewebespende und –transplantation, abrufbar unter: https://www.aok-gesundheitspartner .de/plus/krankenhaus/transplantation/postmortale_spende/index_10635.html#vermittlung. Die nach Landesrecht für die Aufklärung zuständigen Stellen werden überwiegend durch Landesgesetze zur Ausführung des TPG bestimmt, vgl. z. B. Artikel 1 des bayerischen Gesetzes zur Ausführung des Transplantationsgesetzes (AGTPG), abrufbar unter: https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayAGTTG/true. Wesentlich zur Aufklärung trägt auch die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS) als gemeinnützige Organisation bei, abrufbar unter: https://www.dkms.de/de. Das Zusammenwirken der Aufklärungsstellen auch unter Einbeziehung freiwillig tätiger privater Stellen ist zulässig, so auch Engels in: Höfling, TPG, 2. Auflage 2013, § 2 Rn. 10. 9 Gesetzentwurf der Abgeordneten Annalena Baerbock, Karin Maag, Hilde Mattheis, Katja Kipping, Otto Fricke, Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Stephan Pilsinger, Dr. Heribert Hirte, Ulla Schmidt (Aachen), Kathrin Vogler und weiterer Abgeordneter, Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende Bundestags-Drucksache 19/11087 vom 25. Juni 2019 sowie Gesetzentwurf der Abgeordneten Dr. Karl Lauterbach , Dr. Georg Nüßlein, Dr. Petra Sitte, Jens Spahn und weiterer Abgeordneter, Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der doppelten Widerspruchslösung im Transplantationsgesetz, Bundestags-Drucksache 19/11096 vom 25. Juni 2019. Kurzinformation Zur Aufklärung der Bevölkerung bezüglich einer Stammzellspende Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 3 gemäß Art. 74 Abs. 1 Nummer 26 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG)10. Eine bundeseinheitliche Regelung im Sinne des Artikel 72 Absatz 2 GG wird im gesamtstaatlichen Interesse zur Wahrung der Rechtseinheit als erforderlich angesehen. Mitgeregelt werden könnte hier auch eine explizite Pflicht zur verstärkten Aufklärung bezüglich einer Knochenmarkspende . Inhaltliche Bedenken gegen eine 2012 im Rahmen einer Petition eingebrachte Forderung, wonach die Krankenkassen in regelmäßigen Abständen über die Möglichkeiten einer Stammzellspende informieren sollten, wurden damals seitens des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) geäußert. Bei der Knochenmarkspende handele es sich um eine Lebendspende, die mit einem risikobehafteten Eingriff verbunden sei. Damit bestehe ein grundlegender qualitativer Unterschied zu einer Erklärung, im Falle des eigenen Todes ein Organ spenden zu wollen. Die verstärkte Sensibilisierung der Bevölkerung für die Möglichkeiten und Voraussetzungen einer Knochenmarkspende solle allein über eine allgemeine Aufklärung erfolgen.11 Das BMG sieht allerdings auch den Bedarf, neue Stammzellspendende zu gewinnen. So hat das Ministerium etwa im Frühjahr 2017 für seine Beschäftigte eine Typisierungsaktion auf freiwilliger Basis durchgeführt .12 Die Gewinnung von Stammzellen aus dem Blut unterliegt dem Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens (Transfusionsgesetz - TFG)13, vgl. hierzu § 9 TFG. Nach § 3 Absatz 4 TFG fördern die nach Landesrecht zuständigen Stellen und die BZgA die Aufklärung der Bevölkerung über die freiwillige und unentgeltliche Blut- und Plasmaspende. Entsprechend informiert die BZgA ebenso über die periphere Stammzellspende.14 Auch hier wäre eine gesetzliche Änderung mit dem Ziel, die Sensibilisierung der Bevölkerung für eine Stammzellspende zu verstärken, im Rahmen eines Artikelgesetzes, wie z. B. den erwähnten Gesetzentwürfen zur Änderung des TPG möglich. *** 10 Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 28. März 2019 (BGBl. I S. 404) geändert worden ist. 11 Gesetzliche Krankenversicherung – Leistungen – Kostenübernahme bei der Registrierung in Knochenmarkspenderdatenbanken , abrufbar unter: https://www.openpetition.de/petition/blog/gesetzliche-krankenversicherungleistungen -kostenuebernahme-bei-der-registrierung-in-knochenmarkspen. 12 BMG, Typisierungsaktion im Bundesgesundheitsministerium, März 2017, abrufbar unter: https://www.bundesgesundheitsministerium .de/ministerium/meldungen/2017/maerz/typisierungsaktion-im-bmg.html. 13 Transfusionsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. August 2007 (BGBl. I S. 2169), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 9. August 2019 (BGBl. I S. 1202) geändert worden ist. 14 BZgA, Die Stammzellspende und Transplantation bei schwerwiegenden Erkrankungen des Blutes, abrufbar unter : https://www.organspende-info.de/stammzellenspende.html. Wesentlich zur Aufklärung trägt auch hier die DKMS bei, abrufbar unter: https://www.dkms.de/de/grundlegende-informationen.