© 2014 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 073/14 Zur Abrechnung von Impfkosten in den anderen europäischen Mitgliedstaaten , in den USA sowie in Australien Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 073/14 Seite 2 Zur Abrechnung von Impfkosten in den anderen europäischen Mitgliedstaaten, in den USA sowie in Australien Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 073/14 Abschluss der Arbeit: 13. August 2014 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 073/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkung 4 2. Rechtsvergleichende Übersichten 5 3. Impfkosten in einigen ausgewählten Ländern 5 3.1. Finnland 5 3.2. Frankreich 6 3.3. Griechenland 6 3.4. Irland 6 3.5. Österreich 7 3.6. Tschechische Republik 7 3.7. Vereinigtes Königreich 7 3.8. USA 8 3.9. Australien 8 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 073/14 Seite 4 1. Vorbemerkung In den meisten Ländern gibt es, wie in Deutschland auch, nationale Impfprogramme, Impfpläne oder auch „Impfkalender“, die Impfempfehlungen enthalten. In einigen Ländern ist für bestimmte Impfungen eine Impfpflicht vorgesehen. Diese Entwicklung ist u. a. Ergebnis der Arbeit der weltweit auf dem Gebiet des vorbeugenden Gesundheitsschutzes tätigen World Health Organziation (WHO), unter deren Schirmherrschaft seit Mitte der 60er Jahre weltweit Impfprogramme entwickelt worden sind, vgl. hierzu den aktuellen „Global vaccine action plan“ vom 22. März 2013, Anlage 1. Dieser Aktionsplan enthält auch eine Liste von Zielen, darunter „individuals and communities understand the value of vaccines and demand immunization both as a right and a responsibility” (Anlage 1, S. 8). Die Formulierung lässt den Schluss zu, dass die Mitgliedstaaten der WHO auch die Kostenübernahme durch staatliche Stellen befürworten, um dadurch sicher zu stellen, dass die empfohlenen Impfungen auch flächendeckend durchgeführt werden können. Zur Umsetzung der Impfprogramme gibt es in vielen Ländern sog. „National Immunization Technical Advisory Groups” (NITGAs)1. Im Februar 2013 wurde unter den Europäischen Mitgliedstaaten sowie Norwegen und Island eine Abfrage durchgeführt, wie viele von ihnen eine solche nationale Stelle eingerichtet haben und welche Aufgaben als besonders wichtig angesehen werden, vgl. Nohynek, H., Wichmann, O. u. a., „National Advisory Groups and their role in Immunization policy-making processes in European countries“, in: Clinical Microbiology and Infection, 2013, S. 1096-1105, Anlage 2. Diese Abfrage zeige auch, dass die Frage, ob und, wenn ja, welche Impfungen vom Staat für den Patienten kostenlos angeboten oder ob bestimmte Impfungen von Krankenversicherungen erstattet werden, in den europäischen Ländern nach wie vor unterschiedlich geregelt ist (Anlage 2, S. 1096,1100). Zu den Ländern, die für bestimmte, im nationalen Impfplan enthaltene Impfungen eine Impfpflicht vorsehen, gehören u.a. Belgien, Italien und die Tschechische Republik. Verpflichtend sind dort im wesentlichen die Impfungen für Säuglinge und Kleinkinder. Sie werden den Patienten in der Regel kostenlos angeboten bzw. von den jeweiligen Krankenversicherungen erstattet. In den meisten europäischen Ländern, wie auch in den USA und in Australien, gibt es im nationalen Impfplan einen Katalog an Impfempfehlungen. Überwiegend werden die dort enthaltenen Impfungen kostenfrei angeboten bzw. ihre Kosten erstattet, zum Teil ist ein geringer Anteil von den Patienten zu tragen (s. u. z.B. Frankreich), weitere Impfungen, wie z.B. Reiseimpfungen, sind von den Patienten in der Regel selbst zu übernehmen. 1 In Deutschland: Ständige Impfkommission beim Robert-Koch-Institut (STIKO). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 073/14 Seite 5 Neben dieser grundsätzlich positiven Entwicklung in der Gesundheitsvorsorge ist aber auch festzustellen , dass es derzeit in einigen Ländern zu Einschränkungen kommt, und zwar in den Ländern , die von der Finanzkrise besonders betroffen sind, wie etwa Griechenland, Portugal, Spanien und Irland. Hier hat der Gesundheitsbereich erhebliche Einbußen erlitten2, mit der Folge, dass Krankenhäuser mit Personal und Sachmitteln schlechter ausgestattet sind, die Zahl der Krankenversicherten zurückgeht und Arzneimittel nicht mehr ausreichend angeboten werden können, vgl. hierzu: Schmucker, Rolf, „Gesundheitspolitik in Zeiten der Krise“, in: Gesundheit und Gesellschaft , Verlagsbeilage GGW 2013, S. 7-14, Anlage 3. Mit den denkbaren Auswirkungen für staatliche Impfangebote befasst sich der Artikel: „Vaccine programmes – the hidden victim oft he financial crisis?, in Vaccines today vom 27.Februar 2014, Anlage 4. 2. Rechtsvergleichende Übersichten Einen Überblick zur Impfsituation im Ausland (mit Hinweisen auch zur Kostenfrage) enthält das Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste WD 9-3000-038/14 vom 3. Juli 2014, „Impfpraxis in Deutschland und anderen europäischen Ländern“, Anlage 5. Das „Gutachten zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit von Impfstoffen in Deutschland“, das vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in Auftrag gegeben und im Juni 2010 abgeschlossen wurde, enthält Ausführungen zur Abrechnung von Impfungen für die Länder Australien, Frankreich, Schweden, Spanien und das Vereinigte Königreich, https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/dateien/Publikationen/Gesundheit/So nstiges/Bericht_Gutachten_zur_Verbesserung_der_Wirtschaftlichkeit_von_Impfstoffen_in_Deutsc hland.pdf (zu den genannten Ländern: Australien: S. 125 ff., Frankreich: S. 147 ff., Schweden, S. 166 ff., Spanien: S. 187, Vereinigtes Königreich: 201 ff., sowie der Überblick S. 215). 3. Impfkosten in einigen ausgewählten Ländern 3.1. Finnland Impfungen im Rahmen des nationalen Impfprogramms werden vom Staat kostenfrei angeboten. Kosten für Impfungen, die für bestimmte Risikopatienten vorgesehen sind, werden vom Arbeitgeber übernommen. Wenn Impfungen im Rahmen einer stationären Behandlung anfallen, werden diese den Patienten ebenfalls kostenfrei angeboten (z.B. Impfung gegen Varicella-Virus (Herpes- 2 Ausnahme ist offenbar Island: Hier wurde nach einer Volksabstimmung beschlossen, Maßnahmen zur Behebung der Finanzkrise jedenfalls nicht zulasten des Gesundheitssektors zu treffen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 073/14 Seite 6 Virus) während einer Krebsbehandlung). Andere, nicht im Impfprogramm enthaltene Impfungen können vom Arzt verschrieben werden, aber es gibt hier grundsätzlich keine Erstattungsmöglichkeit , allenfalls bei einer Verabreichung in einem öffentlichen Gesundheitszentrum, vgl. Antwort aus dem finnischen Gesundheitsministerium vom 7. August 2014, Anlage 6. 3.2. Frankreich Das französische Gesundheitsministerium veröffentlich jährlich einen nationalen Impfkalender, „calendrier des vaccinations“, http://www.inpes.sante.fr/10000/themes/vaccination/calendrier/calendrier-vaccination.asp (Stand: 8. August 2014). Dieser enthält alle empfohlenen Impfungen sowie einige verpflichtende Impfungen. Die Kostenregelung hängt bei diesen Impfungen davon ab, ob der Patient für die Impfung eines der öffentlichen Impfzentren aufsucht oder aber die Impfung von einem Arzt oder einer Krankenschwester durchführen lässt. Kostenfrei sind sie für die Patienten im Impfzentrum3, im zweiten und dritten Fall sind sie erstattungsfähig, allerdings in der Regel nur zu 60-70%, http://www.inpes.sante.fr/10000/themes/vaccination/index.asp (Stand: 8. August 2014). Weitere Details zur Finanzierung enthält das unter 2. genannte vom BMG in Auftrag gegebene Gutachten, S. 147 ff. 3.3. Griechenland Das „Hellenic Center for Disease Control & Prevention beim griechischen Gesundheitsministerium veröffentlicht ebenfalls regelmäßige Impfempfehlungen, insbesondere zu den für Säuglinge und Kleinkinder empfohlenen Impfungen: http://www2.keelpno.gr/blog/?p=395&lang=en. Andererseits gehört Griechenland zu den Ländern, die durch die Finanzkrise besonders betroffen sind, und zwar mit erheblichen Auswirkungen auf den Gesundheitsbereich. In der Presse wird hervorgehoben , dass die Zahl der Krankenversicherten stark abgenommen habe, dass Krankenhäuser schlechter ausgestattet seien als früher und viele Arzneimittel gar nicht mehr erhältlich seien. In einem dieser Artikel, der u. a. von einem Besuch in medizinischen Einrichtungen in Athen und in Thessaloniki berichtet, wird erwähnt, dass die finanziellen Einschnitte offenbar auch zur Folge hätten, dass Kinder nicht mehr geimpft würden, Rakowitz, Nadja, „Griechenland – Gesundheit in Zeiten der Krise“, in: Der Allgemeinarzt 2013, S. 58 f Anlage 7. 3.4. Irland In Irland werden eine Reihe von Impfungen für Kinder kostenfrei angeboten. Das von der irischen Regierung finanzierte National Immunisation Office gibt eine Broschüre für Eltern heraus, 3 Der französische Text enthält den Hinweis, dass dies für die meisten Impfungen gilt. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 073/14 Seite 7 die eine genaue Auflistung der erforderlichen und damit auch staatlich finanzierten Impfungen enthält, „Your child’s immunisation – A guide for parents“, der Link aufgeführt bei: http://www.immunisation.ie/en/ChildhoodImmunisation/IntroductiontoChildhoodImmunisatio ns/ (Stand: 12. August 2014). 3.5. Österreich In Österreich veröffentlicht das Bundesministerium für Gesundheit den jährlichen Impfplan, zuletzt den „Impfplan Österreich 2014“, Anlage 8. Dieser unterscheidet zwischen dem „Gratiskinderimpfprogramm“, das von der öffentlichen Hand getragen wird und anderen Impfungen, die als wichtig angesehen werden, aber nicht kostenfrei angeboten werden können. Das österreichische Gesundheitsministerium teilte ergänzend mit4, dass die Gratisimpfstoffe zwischen den impfstoffherstellenden Firmen und der Wiener Gebietskrankenkasse verrechnet werden, wobei 2/3 der Bund übernimmt und der Rest von den Bundesländern und den Krankenkassen getragen wird. Impfungen, die nicht im Gratisprogramm enthalten sind, werden vom Arzt verschrieben und von den Patienten in der Apotheke bezahlt. Die Frage, inwieweit die Krankenkassen die Kosten übernehmen, ist regional unterschiedlich geregelt , zum Teil können die Impfungen über Zusatzversicherungen erstattet werden. 3.6. Tschechische Republik In der Tschechischen Republik gibt es eine teilweise Impfpflicht, so z.B. gegen Diphtherie, Keuchhusten, Tetanus, Hepatitis B (vgl. Gutachten WD 9, Anlage 5, S. 10). Diese Impfungen sowie die im Impfkalender empfohlenen Impfungen werden für die Patienten kostenfrei angeboten, andere, wie etwa Reiseimpfungen, müssen von den Patienten selbst übernommen werden5. Auf den Impfkalender verweist die nachfolgende Internetseite des tschechischen Gesundheitsministeriums : http://www.mzcr.cz/Cizinci/obsah/impfung-gegeninfektionskrankheiten _2695_24.html6. 3.7. Vereinigtes Königreich Impfungen im Vereinigten Königreich werden in der Regel durch den National Health Service angeboten und finanziert, http://www.nhs.uk/Conditions/vaccinations/Pages/vaccinationschedule -age-checklist.aspx (Stand: 12. August 2014). Lediglich einige besondere Impfungen, die 4 per e-mail am 1. August 2014. 5 Die Auskunft über die Kostenregelung stammt von einer Mitarbeiterin der tschechischen Botschaft Berlin vom 12. August 2014. 6 Der Impfkalender, der hier als Link angeführt ist, ist offensichtlich nur in tschechischer Sprache verfügbar. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 073/14 Seite 8 nicht im „vaccination-schedule“ enthalten sind, müssen privat finanziert werden, wie Reiseimpfungen oder Grippeimpfungen für Patienten, die zu keiner Risikogruppe gehören7. 3.8. USA In den USA erarbeitet das Advisory Committee on Immunization Practices (ACIP) regelmäßig einen Katalog mit Impfempfehlungen, s. „The Advisory Committee on Immunization Practices (ACIP), Februar 2013, Anlage 9. Diese Kommission weist in ihren im Internet veröffentlichten Informationen darauf hin, dass eine Reihe von Impfungen für versicherte Patienten kostenlos sind und dass es darüber hinaus auch z.B. für nicht versicherte Säuglinge und Kleinkinder einige Impfungen gibt, die kostenfrei verabreicht werden, vgl. http://www.cdc.gov/vaccines/programs/vfc/about/vac-supplypolicy /index.html (Stand: 8. August 2014). 3.9. Australien Alle Impfungen, die im National Immunisation Program Schedule aufgeführt sind, sind für die Patienten kostenfrei, http://www.immunise.health.gov.au/internet/immunise/publishing.nsf/Content/nips-ctn. Weitere Informationen enthält: http://www.humanservices.gov.au/customer/enablers/medicare/australian-childhoodimmunisation -register/your-childs-immunisation-schedule (Stand: 12. August 2014). 7 Vgl. die Informationen zur Impfpolitik im Vereinigten Königreich in dem unter 2. zitierten Gutachten im Auftrag des BMG, S. 204.