WD 9 - 3000 - 070/18 (7. September 2018) © 2018 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Eine konkrete Altersobergrenze für Adoptierende sieht das deutsche Recht nicht vor.1 Gemäß § 1741 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)2 ist die Adoption eines Kindes zulässig, wenn sie dem Wohl des Kindes dient und zu erwarten ist, dass zwischen dem Adoptierenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht. Ein hohes Alter kann dem Kindeswohl entgegenstehen, wenn das Entstehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses nicht mehr angenommen werden kann. So lehnte die Rechtsprechung die Adoption eines aus dem Libanon stammenden 13-jährigen Kindes durch deutsche Eheleute im Alter von 75 und 79 Jahren ab.3 In einem anderen Fall dagegen, in dem Großeltern ihr Enkelkind im Alter von etwa drei Jahren adoptieren wollten, bekamen diese Recht. Auch wenn ein Generationensprung vorliege, könne dies schon deswegen kein zwingender Grund sein, die Annahme nicht auszusprechen, weil der Gesetzgeber eine Annahme durch die Großeltern gerade nicht ausgeschlossen habe.4 Die Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter zur Adoptionsvermittlung sahen in früheren Jahren vor, dass es dem Wohl des Kindes in der Regel nicht diene, 1 § 1743 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) enthält aber das Mindestalter für eine Adoption, nämlich 25 Jahre bei Fremdadoption und 21 Jahre bei der sogenannten Stiefkindadoption. 2 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 12. Juli 2018 (BGBl. I S. 1151) geändert worden ist. 3 OLG Frankfurt, Beschluss vom 12. Juni 2003 – 20 W 264/02, BeckRS 2003, 09753: „Dem Altersunterschied zwischen dem Kind und den Annehmenden ist jedoch für die Einschätzung, ob ein Eltern-Kind-Verhältnis gegeben ist, erhebliche Bedeutung beizumessen und er ist auch für die Beurteilung der Frage, ob die Adoption dem Kindeswohl dient, zu berücksichtigen […]. Hiernach ist es rechtsfehlerfrei, wenn das LG den ganz erheblichen Altersunterschied, der eine biologische Elternschaft ausschließen würde und der typischerweise dem Verhältnis zwischen Großeltern und Enkel entspricht, als wesentlichen Anhaltspunkt für das Fehlen einer Eltern-Kind-Beziehung herangezogen hat.“ Siehe auch VG Sigmaringen, Urteil vom 25. September 2008 – 8 K 159/07, Beck RS 2008, 40213 sowie LG Kasssel, Beschluss vom 5. Oktober 2005 – 3 T 140/05, juris. 4 OLG Köln, Beschluss vom 27. Januar 2015 - II-4 UF 181/14, juris. Die Vorinstanz dagegen hatte die Adoption abgelehnt, da der ganz erhebliche Altersunterschied als wesentlicher Anhaltspunkt für das Fehlen einer Beziehung , die einer natürlichen Beziehung zwischen Eltern und Kind entspreche, heranzuziehen sei, vgl. AG Köln, Beschluss vom 19. November 2014 – 308 F 90/14, Beck RS 2015, 00166. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Zum Höchstalter von Adoptierenden Kurzinformation Zum Höchstalter von Adoptierenden Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familie, ,Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 wenn der Altersabstand mehr als 40 Jahre betrage. Begründet wurde dies damit, dass das heranwachsende Kind belastbare Eltern benötige, insbesondere in der Phase der Pubertät und der beginnenden Auseinandersetzung mit der eigenen Identität.5 Nunmehr wurde eine offenere Formulierung gewählt und die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter empfiehlt, das Alter von Adoptierenden solle im Verhältnis zu den Kindern einem natürlichen Altersabstand entsprechen: „Starre Altersgrenzen sind nur bedingt geeignet, den Erfolg einer Vermittlung sicherzustellen . Das Alter stellt jedoch – ebenso wie die Altersdifferenz – ein taugliches Eignungskriterium dar. Es ist ein Indikator, der auf andere Merkmale (z. B. Gesundheit, Lebenserfahrung, Belastbarkeit, Flexibilität) verweist. Das Alter der Adoptiveltern soll für das Kind über die Besonderheit der Adoption hinaus keine zusätzliche Belastung im Verhältnis zum familiären Umfeld Gleichaltriger darstellen.“6 Zu prüfen sei, ob der Adoptierende bis zur Verselbstständigung des Kindes als verlässliche Ansprechperson wirken könne. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Adoptierte nicht selten länger als leibliche Kinder auf eine Bezugsperson angewiesen seien. Entscheidend sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalles. So verweist die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter darauf, dass Adoptionen auch zu älteren Adoptierenden dem Kindeswohl dienen können, wenn die Kinder z. B. bereits bei Großeltern gelebt haben und hier Bindungen entstanden sind. Das im Jahr 2015 auf Initiative des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) am Deutschen Jugendinstitut (DJI) gegründete Expertise- und Forschungszentrum Adoption (EFZA) führte empirische Untersuchungen im Themenfeld Adoption durch. Bei den befragten Adoptiveltern mit einer Altersspanne von 25 bis 54 Jahren bei den Männern bzw. 21 bis 55 Jahren bei den Frauen stelle ein höheres Alter keinen Risikofaktor für erhöhte psychische Belastungen sowie mehr Belastungen durch das spätere Elternsein dar, so das EFZA.7 *** 5 Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter, Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung, 6. neu bearbeitete Fassung 2009, abrufbar unter: http://www.bagljae.de/content/empfehlungen/ (Stand: 7. September 2018). Auf S. 27 heißt es: „Dem Wohl des Kindes wird es daher in der Regel nicht dienen, wenn der Altersabstand größer als 40 Jahre ist. Oberhalb dieser Grenze wird eine Vermittlung daher nur in begründeten Ausnahmefällen in Betracht kommen. Auch die Rechtsprechung unterstreicht, dass ein großer Altersabstand gegen ein Eltern- Kind-Verhältnis spricht.“ Dies entspricht dem Wortlaut der entsprechenden Ausführungen in der 5. Auflage 2006. 6 Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter, Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung, 7. neu bearbeitete Fassung 2014, S. 53, abrufbar unter: http://www.bagljae.de/content/empfehlungen/ (Stand: 7. September 2018). 7 Bovenschen, Ina/ Bränzel, Paul und andere, DJI (Hrsg.), Studienbefunde Kompakt, Ergebnisse der empirischen Befragung des Expertise- und Forschungszentrums Adoption, 2017, S. 28, abrufbar unter: https://www.dji.de/fileadmin/user_upload/bibs2017/EFZA_Datenreport_Studienbefunde.pdf (Stand: 7. September 2018).