© 2019 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 069/19 Beiträge zur Verwendung von Wirkverstärkern in Impfstoffen Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 069/19 Seite 2 Beiträge zur Verwendung von Wirkverstärkern in Impfstoffen Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 069/19 Abschluss der Arbeit: 17. September 2019 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 069/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Gefahren durch Impfstoffverstärker 4 2.1. Aluminium 4 2.2. Squalen 5 3. Impfstoffe ohne Impfstoffverstärker 6 3.1. Lebendimpfstoffe 6 3.2. Totimpfstoffe 6 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 069/19 Seite 4 1. Einleitung Viele Impfstoffe enthalten Wirkstoffverstärker oder auch Wirkverstärker, sogenannte Adjuvantien (oder Adjuvanzien)1. Sie sorgen dafür, dass auch geringe Dosen des Erregers im Körper eine dauerhafte Immunantwort hervorrufen. Auf diese Weise helfen sie, die Versorgung der Patienten mit Impfstoffen – insbesondere in Ausbruchsfällen – sicherzustellen. In einigen Impfstoffen sind sie zudem unerlässlich, um die gewünschte Immunantwort auszulösen. Der Einsatz von Wirkverstärkern ist gleichwohl stark umstritten. Kritiker warnen dabei immer wieder vor schweren gesundheitlichen Gefahren, die Zusatzstoffe wie zum Beispiel Aluminium mit sich bringen können. Vergleiche hierzu: Schuster, Nicole, Adjuvanzien – Booster für die Impfung, in: Pharmazeutische Zeitung (PZ), 13/2017, 29. März 2017, abrufbar über https://www.pharmazeutische-zeitung .de/ausgabe-132017/booster-fuer-die-impfung/ (Der Beitrag enthält eine Tabelle mit den gängigen Adjuvantien und den Impfstoffen, in welchen diese enthalten sind). Anlage 1 In der folgenden Dokumentation werden Beiträge aufgeführt, die sich mit möglichen Gefahren des Einsatzes von Adjuvantien in Impfstoffen und der Verfügbarkeit von nicht-adjuventierten Impfstoffen befassen. 2. Gefahren durch Impfstoffverstärker Laut dem Verband „Die forschenden Pharmaunternehmen (vfa)“ führen Impfstoffe mit Adjuvantien häufiger als nicht-adjuventierte Impfstoffe zu störenden Reaktionen, wie zum Beispiel einer Verhärtung an der Einstichstelle oder einer erhöhten Körpertemperatur. Diese seien aber nur von vorübergehender Dauer und im Übrigen harmlos. Vergleiche hierzu: Adjuvantien: Wirkverstärker in Impfstoffen, in: vfa.de, 5. Oktober 2009, abrufbar über https://www.vfa.de/de/patienten /artikel-patienten/adjuvantien-wirkverstaerker-in-impfstoffen.html. Einige Fachleute stellen allerdings in Frage, ob die Verwendung von Adjuvantien tatsächlich als ungefährlich anzusehen ist. 2.1. Aluminium Die umstrittensten Adjuvantien sind Aluminiumsalze (z.B. Aluminiumhydroxid). Verwendet wird Aluminiumhydroxid zum Beispiel für die Impfungen gegen Tetanus, Keuchhusten (Pertussis ), Diphtherie, Hepatitis, Pneumokokken oder auch für einige Grippe-Impfstoffe. Siehe hierzu: Weißer, K./ Barth, I./ Keller-Stanislawski, L., Sicherheit von Impfstoffen, in: Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz, 2009, S. 10, abrufbar über http://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/bundesgesundheitsblatt/2009/2009-sicherheit-impfstoffe .pdf?__blob=publicationFile&v=1. In einem Beitrag des Gesundheitsportals „Zentrum der Gesundheit“ wird auf eine Studie von zwei Wissenschaftlern der kanadischen University of British Columbia aus dem Jahr 2011 (veröf- 1 Der Begriff stammt von dem lateinischen Wort „adiuvare“ = „helfen, unterstützen“, siehe https://flexikon.doccheck .com/de/Adjuvans. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 069/19 Seite 5 fentlicht im Jahr 2013) verwiesen, in welcher diese eine Verbindungen zwischen dem Wirkverstärker Aluminium und Alzheimer-ähnlichen Defiziten, einer Variante der Amyrotrophen Lateralsklerose (ALS) – einer degenerativen Erkrankung des motorischen Nervensystems –, sowie Autismus herstellten. Vergleiche hierzu: Aluminium in Impfstoffen bedroht unser Gehirn, in: Zentrum der Gesundheit, aktualisiert am 11. September 2019, abrufbar über https://www.zentrum -der-gesundheit.de/aluminium-in-impfstoffen-ia.html. Die World Health Organisation (WHO) veröffentlichte einen Bericht, in dem die zuvor genannte Studie der kanadischen Wissenschaftler als fehlerhaft bewertet wurde. In dem Bericht hielt die WHO an der Sicherheit von Aluminium in Impfstoffen fest. Vergleiche hierzu: Aluminium adjuvants – Extract from report of GACVS meeting of 6-7 June 2012, published in the WHO Weekly Epidemiological Record on 27 July 2012, abrufbar über https://www.who.int/vaccine _safety/committee/topics/adjuvants/Jun_2012/en/. Auch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) bestätigt die Sicherheit von aluminiumhaltigen Adjuvantien und schreibt ihnen ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis zu. Vergleiche hierzu: Sicherheitsbewertung von Aluminium in Therapieallergenen, 21. Januar 2014, abrufbar über https://www.pei.de/DE/arzneimittelsicherheit-vigilanz/archiv-sicherheitsinformationen/2014/ablage 2014/2014-01-21-sicherheitsbewertung-von-aluminium-in-therapieallergenen.html. Aluminiumhaltige Impfstoffe werden teilweise auch mit der sogenannten „Makrophagischen Myofasciitis“ (MMF), einer entzündlichen Muskelschädigung mit Ablagerung von Aluminiumsalzen in der betroffenen Muskulatur, in Verbindung gebracht. Auslöser des Verdachts war eine Studie aus Frankreich, die dort in den 90er Jahren durchgeführt wurde. Vergleiche hierzu: Hoffmann , Silvia/ Hartmann, Klaus, Impfkomplikation makrophagische Myofasziitis (MMF), in: impfkritik .de, abrufbar über https://impfkritik.de/makrophagische-myofasciitis/. Das PEI betont, dass es bisher keinen eindeutigen wissenschaftlichen Beleg dafür gebe, dass das Aluminium in den Impfstoffen tatsächlich ein kausaler Auslöser einer MMF ist. Bekannte lokale Nebenwirkungen im Zusammenhang mit dem Aluminiumadjuvans in Impfstoffen sind nach Angaben des PEI allerdings Verhärtungen (subkutane Knötchen, Zysten, und Granulome) an der Injektionsstelle als Fremdkörperreaktion. Die Aufnahme der vom PEI als äußerst gering beschriebenen Menge an Aluminium sei vor dem Hintergrund des Nutzens der Impfungen als vertretbar einzustufen. Vergleiche hierzu: Weisser, K./ Heymans, L./ Keller-Stanislawski, B., Sicherheitsbewertung von Aluminium in Impfstoffen, in: Bulletin zur Arzneimittelsicherheit, Ausgabe 3/ September 2015, S. 7 ff., abrufbar über http://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/vigilanz/bulletinzur -arzneimittelsicherheit/2015/3-2015.pdf?__blob=publicationFile&v=6. Anlage 2 2.2. Squalen Auch der Wirkverstärker Squalen (Bestandteil der gängigen Adjuvantien AS03 und MF59) ist nicht unumstritten. Bei Squalen handelt es sich um eine fetthaltige Substanz, die in Pflanzen und Tieren vorkommt und auch in menschlichen Körperzellen enthalten ist. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 069/19 Seite 6 Die gesundheitsgefährdende Wirkung von Squalen wurde anlässlich der Rückkehr US-amerikanischer Kriegsveteranen aus dem Golfkrieg diskutiert. Eine amerikanische Forschungsgruppe befasste sich im Rahmen einer Studie mit 144 Veteranen mit der Frage, ob Squalen Auslöser einer Reihe von Symptomen wie ausgeprägte Müdigkeit und Erschöpfungszustände, Depressionen, Fibromyalgie, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Schmerzen und Schlaflosigkeit gewesen sei, die bei 100.000 der Veteranen nach deren Rückkehr aufgetreten seien. In der Studie wurden bei 95 Prozent derjenigen, die an den Symptomen litten, Squalen-Antikörper nachgewiesen. Vergleiche hierzu: Squalen und das Golfkriegssyndrom, in: Deutsche Apotheker Zeitung (DAZ), 47/2009, 19. November 2009, S. 58. Anlage 3 Das PEI räumte diesen Verdacht allerdings aus. Siehe hierzu: Stellungnahme zu Risiken, die im Zusammenhang mit Squalen diskutiert werden: Squalen bzw. Squalen-Antikörper als angebliche Auslöser für das "Gulf war syndrome, 12. November 2009, abrufbar über https://www.pei.de/DE/arzneimittelsicherheit-vigilanz/archiv-sicherheitsinformationen/archivinfos -influenza-pandemie-2009-2010/sicherheit-12-11-2009-squalen.html. Eine weitere Studie in Kanada stellte einen kausalen Zusammenhang zwischen Squalen und dem Guillain-Barré-Syndrom, das vorübergehend zum Ausfall von peripheren Nerven mit Lähmungen und Sensibilitätsstörungen führt, her. Nach den Ergebnissen der Studie bestehe ein Risiko von eins zu 500.000, nach einer squalenhaltigen Impfung an dem Syndrom zu erkranken. Dieses Risiko sei nach Meinung der kanadischen Forscher in Abwägung mit dem Risiko einer Influenzaerkrankung und deren (möglichen) Folgen jedoch hinzunehmen. Vergleiche hierzu: Guillain -Barré-Syndrom nach Impfung gegen Schweinegrippe, in: aerzteblatt.de, 11. Juli 2012, abrufbar über https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/50858/Guillain-Barre-Syndrom-nach-Impfunggegen -Schweinegrippe. 3. Impfstoffe ohne Impfstoffverstärker 3.1. Lebendimpfstoffe Nach Angaben des PEI benötigen abgeschwächte Lebendimpfstoffe keine Wirkverstärker. Als Beispiel wird der Impfstoff gegen Masern, Mumps, Röteln und Varizellen (Windpocken) angeführt. Vergleiche hierzu die häufig gestellten Fragen auf der Website des PEI (Stand 7. Mai 2019), abrufbar über https://www.pei.de/DE/service/faq/faq-haufig-gestellte-fragen-und-antworten-inhalt .html. 3.2. Totimpfstoffe Totimpfstoffe (z.B. Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Polio, Meningokokken, Pneumokokken) kommen anders als Lebendimpfstoffe nicht ohne Wirkverstärker aus. Die abgetöteten Erreger reichen allein nicht aus, eine Immunreaktion auszulösen. Eine Ausnahme bildet der Impfstoff gegen Influenza (Grippe). Vergleiche hierzu: Pandemie-Impfung – Wirbel um Wirkverstärker, in: Pharmazeutische Zeitung (PZ), 43/2009, abrufbar über https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe -432009/wirbel-um-wirkverstaerker/. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 069/19 Seite 7 Der Verband „Die forschenden Pharmaunternehmen (vfa)“ betonte schon 2009, dass sich ohne Adjuvantien voll wirksame Grippe-Impfstoffe herstellen ließen. Der Vorteil von Adjuvantien läge allerdings darin, dass sich auf diese Weise schnell eine große Menge an Impfstoffen produzieren ließe. Dies sei vor allem in Ausbruchsfällen unerlässlich. Darüber hinaus sei vorteilhaft, dass sich auch Abwehrkräfte gegen weitere Varianten des Virus, der die Grundlage des Impfstoffs bildet, durch die Zugabe von Adjuvantien entwickeln würden. Dies sei wichtig, da sich das Virus mit der Zeit verändern könnte. Siehe hierzu: Adjuvantien: Wirkverstärker in Impfstoffen, in: vfa.de, 5. Oktober 2009, abrufbar über https://www.vfa.de/de/patienten/artikel-patienten/adjuvantienwirkverstaerker -in-impfstoffen.html. Mit dem Schweinegrippeimpfstoff Celvapan von Baxter stand ein nicht-adjuventierter Impfstoff gegen Influenza in der EU zur Verfügung. Die Erstzulassung erfolgte 2009 und wurde im Februar 2015 entfristet. Die Zulassung wurde nach Angaben der European Medicines Agency (EMA) jedoch auf Antrag des Zulassungsinhabers aus kommerziellen Gründen im Dezember 2016 zurückgezogen . Der Impfstoff wurde in der EU schon seit 2010 nicht mehr vermarktet. Vergleiche hierzu : Public statement, Celvapan –Withdrawal of the marketing authorisation in the European Union, 15. Dezember 2016, abrufbar über https://www.ema.europa.eu/en/documents/publicstatement /public-statement-celvapan-withdrawal-marketing-authorisation-europeanunion _en.pdf. Im Rahmen des Zulassungsverfahrens wurde die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Celvapan intensiv erforscht. Alle Zulassungsberichte finden sich auf der Website der EMA: https://www.ema.europa.eu/en/medicines/human/EPAR/celvapan. Das Biotechunternehmen Cilian AG aus Münster hat ein neues Herstellungsverfahren für Grippe- Impfstoffe entwickelt, das in einer wesentlich kürzeren Zeitspanne als bei herkömmlichen Methoden die Herstellung einer großen Menge des Impfstoffs sicherstellen und dabei ohne Impfstoffverstärker auskommen soll. Im April 2019 wurde öffentlich bekannt gegeben, dass verschiedene Tests an Tieren erste Erfolge der Wirksamkeit des Impfstoffs mit dem Namen „CiFlu“ zeigten . Die Einführung auf dem europaweiten Markt ist für 2025 geplant. Vergleiche hierzu: Cilian: Impfstoff-Revolution aus Münster, in: Westfalium, 14. April 2019, abrufbar über https://westfalium .de/2019/04/14/cilian-impfstoff-revolution-aus-muenster/. Mitte 2015 berichtete das Wissenschaftsportal der Französischen Botschaft in Deutschland über eine Studie des „Institut national de la santé et de la recherche médicale (Inserm)“, bei der ein neues Impfverfahren getestet wurde, bei welchem der Impfstoff nicht mit einer Nadel eingespritzt , sondern ein speziell bearbeiteter Impfstoff ohne Adjuvantien auf die Haut aufgetragen und mit Hilfe eines bestimmten Lasers von der Haut aufgenommen wird. Im Rahmen der Studie wurde das neue Impfverfahren gegen Krebs getestet. Das neue Verfahren könne nach Angaben der Redaktion allerdings auch für jede andere Impfung gegen bakterielle und virale Erreger angewandt werden. Vergleiche hierzu: Grojsman, Rebecca, Impfung ohne Nadel und ohne Adjuvantien , in: Wissenschaftsportal der Französischen Botschaft in Deutschland, 18. Juni 2015, abrufbar über https://www.wissenschaft-frankreich.de/gesundheit/impfung-ohne-nadel-und-ohne-adjuvantien /. Im Zentrum der Forschung um neue Produktionsmethoden für Impfstoffe steht die Gentechnik, die es z. B. möglich mache, bestimmte Antigene herzustellen, die eine besonders starke Schutzwirkung entfalten und in einem speziellen Verfahren vermehrt werden könnten. Daneben forschen Pharmahersteller aber auch weiter an der Herstellung neuartiger Adjuvantien. Vergleiche Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 069/19 Seite 8 zur aktuellen Entwicklung: Woran Pharmaforscher arbeiten: Schutzimpfungen der Zukunft, in: vfa.de, 23. April 2019, abrufbar über https://www.vfa.de/de/arzneimittel-forschung/impfen/woran -pharmaforscher-arbeiten-schutzimpfungen-der-zukunft. Anlage 4 ***