© 2019 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 068/19 Nebenwirkungen der in Deutschland gängigen Masernimpfstoffe Zahlen zu Verdachtsfällen und ausgewählte Studien Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 068/19 Seite 2 Nebenwirkungen der in Deutschland gängigen Masernimpfstoffe Zahlen zu Verdachtsfällen und ausgewählte Studien Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 068/19 Abschluss der Arbeit: 11. September 2019 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 068/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Meldungen über Verdachtsfälle von Impfreaktionen 4 3. Studien zu Nebenwirkungen 4 4. Zur Frage des Auftretens von Autismus nach Masernimpfungen 6 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 068/19 Seite 4 1. Einleitung Das Thema Impfen wird seit Jahren kontrovers diskutiert. Kritiker führen dabei immer wieder die negativen Folgen einer Impfung an. Nebenwirkungen von Impfungen lassen sich in Impfreaktionen und Impfkomplikationen unterteilen. Impfreaktionen sind typische Beschwerden nach einer Impfung, wie Rötungen, Schwellungen oder leichtes Fieber. Diese klingen in der Regel nach kurzer Zeit wieder ab. Bei Impfkomplikationen handelt es sich um schwerwiegende und teilweise bleibende unerwünschte Nebenwirkungen. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 IfSG1 ist der Verdacht einer Impfkomplikation („über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgehende gesundheitliche Schädigung“) meldepflichtig. Die Meldungen erfolgen zunächst an die Gesundheitsämter. Diese sind gemäß § 11 Abs. 4 IfSG verpflichtet, die gemeldeten Verdachtsfälle dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) als zuständige Bundesbehörde weiterzuleiten. Siehe hierzu die Informationen auf der Internetseite des Robert Koch-Instituts: Sicherheit von Impfungen (Stand 28. Juli 2017), abrufbar über https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/Nebenwirkungen/nebenwirkungen _node.html. In der folgenden Dokumentation werden Zahlen zu gemeldeten Verdachtsfällen, vor allem aber Studien aufgeführt, deren Untersuchungszeitraum über die übliche Post-Marketing Beobachtung von 42 Tagen (sechs Wochen) hinausgeht. 2. Meldungen über Verdachtsfälle von Impfreaktionen Im Jahr 2017 erhielt das PEI insgesamt 4.027 Meldungen über Verdachtsfälle von Impfnebenwirkungen bzw. Impfkomplikationen. Eine Übersicht der dem PEI im Jahr 2017 gemeldeten Verdachtsfälle findet sich im Bulletin zur Arzneimittelsicherheit des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und des PEI: Daten zur Pharmakovigilanz von Impfstoffen aus dem Jahr 2017, Ausgabe 1, März 2019, S. 19 ff., abrufbar über https://www.pei.de/Shared- Docs/Downloads/bulletin-einzelartikel/2019-daten-pharmakovigilanz-impfstoffe- 2017.pdf?__blob=publicationFile&v=2. Die Datenbank der dem PEI gemeldeten Verdachtsfälle von Impfkomplikationen bis zum 31. Juli 2019 ist abrufbar über: http://52625146fm.pei.de/fmi/webd/#UAWDB. Danach gab es bis zu diesem Stichtag 45.089 Verdachtsfälle insgesamt. Die Datenbank enthält darüber hinaus Informationen über Verdachtsfälle bezogen auf die einzelnen Impfstoffe und bestimmte Impfreaktionen. 3. Studien zu Nebenwirkungen Dem PEI sind von 2001 bis 2012 insgesamt 1.696 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen mit 5.297 Reaktionen nach einer Impfung mit masernhaltigen Impfstoffen berichtet worden. In 14,1 Prozent der Fallmeldungen wurden zusätzlich zu den masernhaltigen Impfstoffen weitere Impfstoffe verabreicht. Das PEI hat alle Verdachtsfallberichte über Nebenwirkungen bzw. Impfkomplikationen nach Impfung mit monovalenten und kombinierten Masernimpfstoffen, die in Deutschland in den Jahren 2001 bis 2012 gemeldet wurden, zusammengefasst, bewertet und in der Zeitschrift Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz veröffentlicht: Mentzer, 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Artikel 18a des Gesetzes vom 9. August 2019 (BGBl. I S. 1202). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 068/19 Seite 5 D./ Meyer, H./ Keller-Stanislawski, B., Paul-Ehrlich-Institut Langen, Sicherheit und Verträglichkeit von monovalenten Masern- und kombinierten Masern-, Mumps-, Röteln- und Varizellenimpfstoffen , in: Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz, Ausgabe 9/2013, abrufbar über https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/bundesgesundheitsblatt /2013/2013-sicherheit-impfstoffe-masern-mumps-roeteln.pdf?__blob=publicationFile&v=6. Eine Zusammenfassung der Studie findet sich zudem im Bulletin zur Arzneimittelsicherheit, Informationen aus BfArM und PEI, September 2013, Sicherheit von (Masern)-Impfstoffen, S. 12 ff, abrufbar über https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/bulletin-einzelartikel/2013-sicherheitmasernimpfstoffe .pdf?__blob=publicationFile&v=2. Das Robert Koch-Institut (RKI) führte von Mai 2003 bis Mai 2006 den Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS), zur gesundheitlichen Lage der Kinder und Jugendlichen in Deutschland durch (1. KiGGS-Studie). Ziel des Befragungs- und Untersuchungssurveys war es, umfassende und bundesweit repräsentative Daten zum Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen zu erheben. Insgesamt nahmen 17.641 Kinder und Jugendliche im Alter von null bis 17 Jahren an der Studie teil. In der Studie wurden unter anderem auch Daten zu schlecht vertragenen Impfungen erhoben. Alle Informationen zur KiGGS-Studie sind abrufbar über: https://www.kiggs-studie.de/deutsch/home.html. In einem Beitrag im Bundesgesundheitsblatt wurden die im Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) erfragten Informationen zu Impfnebenwirkungen dargestellt und ausgewertet. Siehe hierzu: Poethko-Müller, C./ Atzpodien, K./ Schmitz, R./ Schlaud, M., Impfnebenwirkungen bei Kindern und Jugendlichen. Ergebnisse des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys, Teil 1: Deskriptive  Analysen, in: Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz, 2011, S. 357-364, abrufbar über https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Impfsicherheit /Impfnebenwirkungen_Kinder_Jugend_01.pdf?__blob=publicationFile. (Im zweiten Teil des Beitrages werden anhand der Daten der KiGGS-Studie Einflussfaktoren für von Eltern mitgeteilten Angaben von Impfnebenwirkungen dargestellt und diskutiert. Siehe hierzu: Poethko-Müller , C./ Atzpodien, K./ Schmitz, R./ Schlaud, M., Impfnebenwirkungen bei Kindern und Jugendlichen . Ergebnisse des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys, Teil 2: Einflussfaktoren auf elterliche Berichte über Impfnebenwirkungen, in: Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz, 2011, S. 365-371, abrufbar über https://edoc .rki.de/bitstream/handle/176904/1131/28C8nnOUkXtf.pdf?sequence=1&isAllowed=y.) Im Zulassungsverfahren des Masern-Kombinationsimpfstoffs ProQuad (Masern, Mumps, Röteln und Varizellen) durch die European Medicines Agency (EMA) wurden die Wirkungen des Impfstoffs über den üblichen Zeitraum von 42 Tagen (sechs Wochen) hinaus bis zu 180 Tage nach der erfolgten Impfung beobachtet. An der Studie nahmen in den Jahren 2012 und 2013 1.400 Kinder im Alter von 12 bis 23 Monaten teil. Vergleiche hierzu: ProQuad (Measles, mumps, rubella and varicella vaccine, live), Procedure No: EMEA/H/C/000622/P46/054, CHMP assessment report for paediatric use studies submitted according to Article 46 of the Regulation (EC) No 1901/2006, abrufbar über https://www.em a.europa.eu/en/documents/variation-report/proquad-h-c-622-p46- 0054-epar-assessment-report_en.pdf. In einer Studie, die in den USA mit 1.742 Probanden im Jahr 2014 durchgeführt wurde, wurde die Sicherheit des Masern-, Mumps-, Rötelnimpfstoffs Priorix des Herstellers GlaxoSmithKline (GSK) GmbH & Co. KG bewertet und mit einem in den USA zugelassenen Impfstoff, MMR II von Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 068/19 Seite 6 Merck & Co. verglichen. Der Studienzeitraum betrug hier bis zu 180 Tage. Siehe hierzu: Safety and Immunogenicity Study of GlaxoSmithKline (GSK) Biologicals' Measles, Mumps and Rubella (MMR) Vaccine (209762) Compared to Merck & Co., Inc.'s MMR Vaccine in Healthy Children 12 to 15 Months of Age, in: ClinicalTrials.gov, July 2018, abrufbar über https://clinicaltrials .gov/ct2/show/study/NCT02184572. 4. Zur Frage des Auftretens von Autismus nach Masernimpfungen Im Jahr 1998 wurde eine Studie in der britischen Zeitschrift The Lancet veröffentlicht, in welcher der britische Arzt Andrew Wakefield einen Zusammenhang zwischen der Masern-, Mumps-, Röteln -Impfung und Autismus herstellte. Die Studie basierte auf den Untersuchungen an zwölf Kindern . Aufgrund gravierender Fehler in der wissenschaftlichen Arbeit wurde die Studie schon im Jahr 2010 zurückgezogen und Wakefield verlor seine Approbation. In den folgenden Jahren wurde eine Reihe von Studien durchgeführt, die den Zusammenhang zwischen der MMR-Impfung und Autismus untersuchten. Vergleiche hierzu: https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen /MMR/FAQ-Liste_Masern_Impfen.html (Stand 21. August 2019). Im Rahmen einer groß angelegten Studie aus Dänemark, die im April 2019 veröffentlicht wurde, haben Forscher Daten von etwa 657.461 Kindern über zehn Jahre hinweg gesammelt und ausgewertet . Ziel war es den Zusammenhang zwischen einer Schutzimpfung gegen Masern, Mumps und Röteln und Autismus zu widerlegen. Nach den Ergebnissen der Studie können die Forscher einen Zusammenhang zwischen der Impfung mit dem MMR-Kombinationsimpfstoff und Autismus heute sicher ausschließen. Zur Studie siehe: Anders Hviid, DrMedSci/ Jørgen Vinsløv Hansen , PhD/ Morten Frisch, DrMedSci/ Mads Melbye, DrMedSci, Measles, Mumps, Rubella Vaccination and Autism: A Nationwide Cohort Study, 16. April 2019, abrufbar über https://annals .org/aim/fullarticle/2727726/measles-mumps-rubella-vaccination-autism-nationwide-cohortstudy . ***