© 2020 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 – 067/20 Arzneimittelversandhandel aus anderen EU-Mitgliedsstaaten mit deutschen Endverbrauchern Rechtslage und Herausforderungen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 – 067/20 Seite 2 Arzneimittelversandhandel aus anderen EU-Mitgliedsstaaten mit deutschen Endverbrauchern Rechtslage und Herausforderungen Aktenzeichen: WD 9 - 3000 – 067/20 Abschluss der Arbeit: 3. September 2020 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 – 067/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkung 4 2. Rechtslage in Deutschland 5 2.1. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Versandhandel mit Arzneimitteln in Deutschland 5 2.1.1. Das Apothekengesetz (ApoG) und die Apothekenbetriebsordnung (ApoBetrO) 5 2.1.1.1. Allgemeine Vorschriften zum Betrieb einer Apotheke 5 2.1.1.2. Spezialvorschriften zum Versandhandel in Deutschland 6 2.1.2. Das Arzneimittelgesetz 7 2.2. Die rechtlichen Voraussetzungen für den Versandhandel mit Arzneimitteln aus dem EU-Ausland 7 2.2.1. Die rechtlichen Voraussetzungen für den Zugang zum deutschen Versandhandel 8 2.2.2. Bindung ausländischer Apotheken an die deutschen Vorschriften zum Versandhandel 8 3. Kriterien zur Vergleichbarkeit der Sicherheitsstandards 9 3.1. Erfüllung der deutschen Standards aufgrund der national geltenden Gesetze des EU-Mitgliedsstaates 9 3.2. Bedeutung der „Länderliste“ des BMG für die Vergleichbarkeit der Sicherheitsstandards 10 3.2.1. Rechtsnatur der „Länderliste“ 10 3.2.2. Bindungswirkung der Länderliste 11 3.2.2.1. Positive Bindungswirkung 11 3.2.2.2. Negative Bindungswirkung 13 4. Rechtslage in den Niederlanden und in dem Vereinigten Königreich sowie deren Vergleichbarkeit mit dem deutschen Recht 13 4.1. Rechtslage in den Niederlanden 13 4.2. Rechtslage im Vereinigten Königreich 14 4.3. Vergleichbarkeit der Standards in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich mit denen des deutschen Rechts 15 5. Überwachung der Einhaltung deutscher Vorschriften des Apothekenrechts im EU-Ausland 16 6. Fazit 17 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 – 067/20 Seite 4 1. Vorbemerkung Der Versandhandel von Humanarzneimitteln ist eine seit vielen Jahren rechtlich, medial und politisch diskutierte Thematik. Durch das erste sog. „DocMorris-Urteil“ des EuGH im Jahre 2003 kam dem europaweiten Versandhandel mit Arzneimitteln besondere rechtliche Aufmerksamkeit zu: Der EuGH kam darin zu dem Ergebnis, dass das Verbot des Versandhandels mit in Deutschland zugelassenen Arzneimitteln aus dem EU-Ausland gemäß § 43 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) a. F. eine Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne des Art. 28 EG-Vertrag (heute Art. 34 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union [AEUV]) darstelle und somit europarechtswidrig sei.1 Als Folge daraus hat der deutsche Gesetzgeber das GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG)2 im Jahre 2004 erlassen. Dem EU-weiten Versandhandel mit deutschen Endverbrauchern wurde so der rechtliche Weg bereitet. Mit Erlass dieses Gesetzes und den entsprechenden Änderungen des AMG3 wurden jedoch zunehmend Sicherheitsbedenken hinsichtlich der Qualität und der Überwachung laut. Eine besondere Rolle spielen dabei die Versandapotheken aus den Niederlanden. Große niederländische Konzerne wie die DocMorris N.V. oder die ShopApotheke N.V. erzielen durch den Versand von Arzneimitteln Umsätze von 907 Millionen4 bzw. 701 Millionen Euro5 jährlich. Deutschland ist als Europas größter Medikamentenmarkt dabei die wichtigste und umsatzstärkste Geschäftsquelle.6 Der Umsatz mit rezeptfreien Produkten aus dem gesamten Apothekenversandhandel in Deutschland stieg im Jahr 2019 um fast 6 Prozent auf 1,9 Milliarden Euro.7 Nicht zuletzt in Anbetracht dieses Volumens war und ist die Überwachung und Qualitätssicherung des Arzneimittelversandhandels mit deutschen Kunden eine Herausforderung für den deutschen Gesetzgeber. Es gilt, die Einhaltung deutscher Standards durch EU-Mitgliedsstaaten zu gewährleisten und die deutschen Endverbraucher vor mangelhaften Arzneimitteln und unzureichender medizinischer Beratung zu schützen. 1 EuGH, Urteil vom 11. Dezember 2003, C-322/01, Celex-Nr. 62001CJ0322. 2 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14. November 2003 (BGBl. I S. 2190), zuletzt geändert durch Artikel 12 des Gesetzes vom 15. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3445). 3 Arzneimittelgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 1 des Gesetzes vom 25. Juni 2020 (BGBl. I S. 1474). 4 Umsatz der DocMorris N.V. als Teil der Zur Rose Gruppe im Geschäftsjahr 2019, umgerechnet von 976 Millionen CHF, Rohrer, B. DocMorris wächst schneller als noch 2018, DAZ.online, 22. Januar 2020, abrufbar unter: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2020/01/22/docmorris-waechst-schneller-als-noch- 2018. 5 Umsatz der ShopApotheke N.V. im Geschäftsjahr 2019, vgl. Pressemitteilung vom 27. Januar 2020, abrufbar unter : https://shop-apotheke-europe.com/de/press/2020/01/27/shop-apotheke-europe-w%C3%A4chst-weiter-dynamisch -und-steigert-konzernumsatz-2019-auf-mehr-als-700-mio-euro.html. 6 Zur Rose AG, Geschäftsbericht 2019, Segment Deutschland, Marktumfeld; abrufbar unter: https://gb.zurrosegroup .com/gb2019/bericht/segment-deutschland.html. 7 Zur Rose AG, Geschäftsbericht 2019, Segment Deutschland, Marktumfeld; abrufbar unter: https://gb.zurrosegroup .com/gb2019/bericht/segment-deutschland.html. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 – 067/20 Seite 5 Der vorliegende Sachstand stellt auftragsgemäß die deutsche Gesetzeslage sowie die Gesetzeslage in ausgewählten EU-Mitgliedsstaaten dar. Anschließend wird der rechtliche Maßstab für die Vergleichbarkeit von Sicherheitsstandards erörtert, bevor Möglichkeiten und Defizite einer Überwachung ausländischer Versandapotheken aufgezeigt werden. 2. Rechtslage in Deutschland 2.1. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Versandhandel mit Arzneimitteln in Deutschland 2.1.1. Das Apothekengesetz (ApoG)8 und die Apothekenbetriebsordnung (ApoBetrO)9 Mit dem am 1. Januar 2004 in Kraft getretenen GKV-Modernisierungsgesetz vom 14. November 200310 wurden in Deutschland erstmals die rechtlichen Rahmenbedingungen für einen Versandhandel mit apothekenpflichtigen Humanarzneimitteln mit dem Endverbraucher geschaffen. Ziel war es, eine Verbesserung der Versorgungsqualität insbesondere für chronisch Kranke, ältere Bürger und Berufstätige zu erreichen.11 Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AMG dürfen apothekenpflichtige Arzneimittel berufs- oder gewerbsmäßig für Endverbraucher nur in Apotheken und ohne behördliche Erlaubnis nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden. Das Nähere regelt das Apothekengesetz (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AMG). § 11a ApoG legt die einzuhaltenden Sicherheits- und Qualitätsanforderungen fest, die der Apotheker für die Erteilung einer Erlaubnis zum Versandhandel mit Arzneimitteln schriftlich zu versichern und zu erfüllen hat. Ohne eine solche Erlaubnis ist ein Versandhandel rechtlich nicht zulässig. 2.1.1.1. Allgemeine Vorschriften zum Betrieb einer Apotheke Gemäß § 11a Satz 1 Nr. 1 ApoG gelten die für den üblichen Apothekenbetrieb maßgeblichen Vorschriften auch für den Versandhandel, soweit für den Versandhandel keine gesonderten Vorschriften bestehen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil ein Versandhandel nur aus einer öffentlichen Apotheke heraus zusätzlich zu dem üblichen Apothekenbetrieb erfolgen darf (sog. Gebot einer Präsenzapotheke). Eine Apotheke, die neben einer Präsenzapotheke noch einen Versand- 8 Apothekengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 1980 (BGBl. I S. 1993), zuletzt geändert durch Artikel 18 des Gesetzes vom 9. August 2019 (BGBl. I S. 1202). 9 Apothekenbetriebsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 1995 (BGBl. I S. 1195), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 13. Januar 2020 (BGBl. I S. 66). Die Erlassermächtigung ergibt sich aus § 21 Abs. 1 Satz 1 ApoG. 10 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14. November 2003 (BGBl. I S. 2190), zuletzt geändert durch Artikel 12 des Gesetzes vom 15. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3445). 11 Vgl. die Begründung im Gesetzesentwurf zum GKV-Modernisierungsgesetz (GMG), in: BT-Drs. 15/1525, S. 165, zu Art. 23 Nr. 1 (§ 43). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 – 067/20 Seite 6 handel mit Arzneimitteln betreibt, hat deshalb auch in Bezug auf den Geschäftsbereich des Versandhandels die allgemeinen Vorschriften der §§ 1-11 ApoG und die §§ 2 ff. ApoBetrO zu beachten . Nach § 8 Satz 2 ApoG besteht in Deutschland ein Fremdbesitzverbot, mit dem sichergestellt wird, dass sich kein „Nicht-Apotheker“ in Form einer stillen Gesellschaft an einer Apotheke beteiligen kann. § 1 Abs. 2 ApoG in Verbindung mit § 2 Abs. 4 und 5 ApoG beschränkt die sog. „horizontale Integration“12. Danach darf ein Apotheker nur dann mehrere Apotheken betreiben, wenn es sich um eine Hauptapotheke und um bis zu drei Filialapotheken handelt. Die weitere räumliche und personelle Ausgestaltung zum Betrieb einer Apotheke regelt die Apothekenbetriebsordnung , in der beispielsweise festgelegt wird, auf welche Art und Weise das Apothekenpersonal einzusetzen ist (§ 3 ApoBetrO). Dies hat aufgrund der jeweiligen Fähigkeiten und Kenntnisse zu erfolgen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 ApoBetrO). Es muss auch gewährleistet sein, dass ausreichend Personal in der Apotheke vorhanden ist (§ 3 Abs. 2 Satz1 ApoBetrO). § 4 ApoBetrO regelt die Größe, Beschaffenheit und Einrichtung der Apothekenräume. § 4 Abs. 2 Satz 1 ApoBetrO nennt dabei die Mindestbestandteile einer Apotheke. 2.1.1.2. Spezialvorschriften zum Versandhandel in Deutschland § 11 Satz 1 Nr. 2 ApoG regelt als Spezialvorschrift die inhaltlichen Anforderungen an ein Qualitätssicherungssystem im deutschen Versandhandel. So muss das versendete Arzneimittel beispielsweise so verpackt, transportiert und ausgeliefert werden, dass seine Qualität und Wirksamkeit erhalten bleiben (§ 11a Satz 1 Nr. 2a ApoG). Darüber hinaus muss die Beratung durch pharmazeutisches Personal in deutscher Sprache erfolgen (§ 11a Satz 1 Nr. 2d ApoG) und sichergestellt sein, dass das Arzneimittel nur an die Person ausgeliefert wird, die von dem Auftraggeber der Bestellung der Apotheke mitgeteilt worden ist (§ 11a Satz 1 Nr. 2b ApoG). In § 11a Satz 1 Nr. 3a-f ApoG ist außerdem geregelt, dass die bestellten Arzneimittel innerhalb von zwei Arbeitstagen versendet werden müssen, gegebenenfalls eine kostenfreie Zweitzustellung veranlasst, ein System zur Sendungsverfolgung unterhalten und eine Transportversicherung abgeschlossen werden . Im Falle von bekannt gewordenen Risiken bei Arzneimitteln muss außerdem ein geeignetes System zur Meldung solcher Risiken durch Kunden, zur Information der Kunden über die Risiken und zu innerbetrieblichen Abwehrmaßnahmen eingerichtet werden (§ 11a Satz 1 Nr. 3c ApoG). Die Apothekenbetriebsordnung sieht mit § 17 Abs. 2a ApoBetrO vergleichbare Sorgfaltsstandards vor. Arzneimittel müssen danach beispielsweise so verpackt, transportiert und ausgeliefert werden , dass ihre Qualität und Wirksamkeit nicht verloren gehen (§ 17 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 ApoBetr O). Ist absehbar, dass das Arzneimittel nicht in der nach § 11a Nr. 3a ApoG vorgeschriebenen Zeit versendet werden kann, ist der Besteller in geeigneter Weise davon zu unterrichten (§ 17 Abs. 2a Satz 1 Nr. 3 ApoBetrO). 12 Henssler/Moll, Berufsrecht der Apotheker in Europa, 2014, S. 7-8, abrufbar unter: https://kups.ub.unikoeln .de/6603/1/Bericht_-_Apotheker.pdf : „Horizontale Integration“ beschreibt die Möglichkeit der Bildung von Apothekenketten. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 – 067/20 Seite 7 2.1.2. Das Arzneimittelgesetz Die im Apothekengesetz und in der Apothekenbetriebsordnung gesetzten Sicherheits- und Qualitätsstandards unterliegen einer Überwachung durch die deutschen Behörden. Die Regelungen zu dieser Überwachung finden sich in den §§ 64 ff. AMG. Im Rahmen ihrer Überwachungstätigkeit werden der Behörde dabei weitreichende Befugnisse eingeräumt. So sind die mit der Überwachung beauftragten Personen gemäß § 64 Abs. 4 Nr. 1 AMG beispielsweise befugt, Grundstücke, Geschäftsräume und Betriebsräume zu den üblichen Geschäftszeiten zu betreten. Darüber hinaus sind sie gemäß § 64 Abs. 4 Nr. 2 AMG auch befugt, Unterlagen über Entwicklung, Herstellung, Prüfung, Erwerb und Einfuhr der Arzneimittel einzusehen. Den Behörden ist es gemäß § 64 Abs. 4 Nr. 4 AMG außerdem gestattet, vorläufige Anordnungen über die Schließung des Betriebes zu treffen, soweit dies zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung geboten ist. § 65 AMG regelt die Probenahme durch die mit der Überwachung beauftragten Personen. Gemäß § 66 Abs. 1 AMG hat derjenige, der der Überwachung unterliegt, eine umfassende Duldungs- und Mitwirkungspflicht. Er hat die für die Überwachung tätige Person bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen, insbesondere Räume und Behälter zu öffnen , Auskünfte zu erteilen und die Probenahme zu ermöglichen. § 67 Abs. 8 AMG sieht für den Versandhandel außerdem eine Anzeigepflicht vor. Danach hat derjenige, der zum Zweck des Einzelhandels Arzneimittel im Wege des Versandhandels über das Internet anbieten will, dies vor Aufnahme der Tätigkeit der zuständigen Behörde anzuzeigen. 2.2. Die rechtlichen Voraussetzungen für den Versandhandel mit Arzneimitteln aus dem EU-Ausland Im Zuge des GKV-Modernisierungsgesetzes schuf der Gesetzgeber erstmals auch die rechtlichen Voraussetzungen für den Versandhandel aus dem EU-Ausland und anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (sog. EWR-Staaten) mit deutschen Endverbrauchern . 13 Die für den Versand von Humanarzneimitteln nach Deutschland aus einem EU-Mitgliedsstaat oder einem EWR-Staat entscheidenden Normen finden sich in § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a und § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG. § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG regelt zunächst ganz allgemein, dass nur zum Verkehr in Deutschland zugelassene Arzneimittel14, beziehungsweise solche, die von der Zulassung oder Registrierung freigestellt sind, nach Deutschland verbracht werden dürfen. Die Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG legt für den Fall des Versandes der Arzneimittel an einen deutschen Endverbraucher durch eine Apotheke eines EU-Mitgliedsstaates oder eines EWR-Staates zusätzliche Voraussetzungen fest. Diese lassen sich grob skizziert wie folgt unterscheiden : Zum einen regelt § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG die rechtlichen Voraussetzungen für den Zugang zum Versandhandel mit deutschen Endverbrauchern und zum anderen muss der Versand der Arzneimittel entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel erfolgen . 13 Gesetzesentwurf zum GKV-Modernisierungsgesetz (GMG), in: BT-Drs. 15/1525, S. 166 zu Nr. 4 (§ 73). 14 Die Zulassung von Arzneimitteln richtet sich nach §§ 21 ff. AMG. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 – 067/20 Seite 8 2.2.1. Die rechtlichen Voraussetzungen für den Zugang zum deutschen Versandhandel Ein Versandhandel nach Deutschland kann gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG aufgrund von zwei verschiedenen Befugnistatbeständen erlaubt sein. Der Versand von Arzneimitteln nach Deutschland ist zum einen dann rechtlich zulässig, wenn die entsprechende ausländische Apotheke nach ihrem nationalen Recht zum Versandhandel mit Arzneimitteln befugt ist und dieses nationale Recht dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht. Wann eine solche Entsprechung gegeben ist, regelt indirekt § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG. Nach dieser Vorschrift veröffentlicht das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in regelmäßigen Abständen eine aktualisierte Übersicht über die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und die EWR-Staaten, in denen für den Versandhandel mit Arzneimitteln dem deutschen Recht vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen. Eine solche Übersicht hat das BMG zuletzt am 5. Juli 2011 bekannt gegeben.15 Darin hat es festgelegt, dass neben Island, dem Vereinigten Königreich, Schweden (nur für den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln) und Tschechien (nur für den Versandhandel mit nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln) auch in den Niederlanden eine Vergleichbarkeit besteht, soweit Versandapotheken gleichzeitig eine Präsenzapotheke unterhalten. Eine ausländische Apotheke ist nach § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG auch dann zum Versandhandel mit deutschen Endverbrauchern befugt, wenn sie gemäß § 11a Satz 1 ApoG über eine entsprechende Erlaubnis verfügt. Zuständige Behörden für die Erteilung einer solchen Erlaubnis sind die Landesbehörden16, die im Rahmen des Art. 83 Grundgesetz (GG) als untere Behörde für die verhaltensbezogene Überwachung des Arzneimittelhandels zuständig sind, soweit nicht gemäß § 77 AMG eine Bundesoberbehörde zuständig ist.17 Diese zweite Variante scheint aktuell jedoch keine praktische Relevanz zu haben.18 Deshalb wird nachfolgend lediglich die Befugnis zum Versandhandel aufgrund vergleichbarer Sicherheitsstandards erörtert. 2.2.2. Bindung ausländischer Apotheken an die deutschen Vorschriften zum Versandhandel Über die vorgenannten Voraussetzungen hinaus verlangt § 73 Abs. 1 Nr. 1a AMG, dass der Versand des Arzneimittels an den Endverbraucher „entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel“ erfolgt. Um welche Vorschriften es sich dabei handelt, ergibt sich im Einzelnen aus § 11a Satz 1 Nr. 2 bis 3 ApoG. Darüber hinaus müssen neben diesen Sondervorschriften zum Versandhandel auch die sonstigen Vorschriften zum Betrieb einer Apotheke eingehalten werden 15 Bundesministerium für Gesundheit, „Bekanntmachung der Übersicht zum Versandhandel mit Arzneimitteln nach § 73 Absatz 1 Satz 3 des Arzneimittelgesetzes“ vom 5. Juli 2011, abrufbar unter: https://www.bundesgesundheitsministerium .de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Statistiken/GKV/Bekanntmachungen/Versandhandel /Bekanntmachung_nach___73_AMG_Uebersicht_Versandhandel.pdf. 16 Cyran/Rotta, Apothekenbetriebsordnung, Kommentar, Loseblattsammlung, Stand: Januar 2020, § 17 Rn. 616. 17 Rehmann, 5. Aufl. 2020, AMG § 64 Rn. 1. 18 Wesser, Sabine., Vergleichbarer Sicherheitsstandard bei Arzneimittelversand durch niederländische Internet- Apotheken?, in: Arzneimittel & Recht (A&R) 2017, S. 195 (195). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 – 067/20 Seite 9 (§11a Satz 1 Nr. 1 ApoG). Die allgemein für die Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel geltenden Bestimmungen lassen sich vorwiegend dem Arzneimittelgesetz, dem Apothekengesetz und der Apothekenbetriebsordnung entnehmen und wurden oben bereits dargestellt.19. Dies bedeutet, dass ausländische Versandapotheken an das deutsche Arzneimittelrecht, das Heilmittelwerberecht und an das Apothekenrecht vollständig gebunden sind.20 3. Kriterien zur Vergleichbarkeit der Sicherheitsstandards Wie bereits dargelegt, setzt § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG voraus, dass in dem EU-Mitgliedsstaat bzw. EWR-Staat dem deutschen Apothekenrecht vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen, damit ein Versandhandel mit deutschen Endverbrauchern rechtlich zulässig ist. Unter welchen Voraussetzungen von einer derartigen Vergleichbarkeit der Sicherheitsstandards auszugehen ist, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beurteilt. 3.1. Erfüllung der deutschen Standards aufgrund der national geltenden Gesetze des EU-Mitgliedsstaates Fraglich ist zunächst, wann das nationale ausländische Recht dem deutschen Recht im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG „entspricht“. Abzustellen ist dabei auf die Vergleichbarkeit der Sicherheitsstandards.21 Einigkeit besteht darüber, dass es nur darauf ankommt, ob das ausländische Recht überhaupt dem § 11a ApoG vergleichbare Sicherheitsstandards vorsieht, nicht entscheidend ist dagegen, ob diese Normen mit dem deutschen Recht identisch sind.22 Inwieweit dabei nur geschriebenes Recht Beachtung finden darf oder auch mündliche Absprachen und Anweisungen der ausländischen Aufsichtsbehörde mit einbezogen werden dürfen, ist demgegenüber umstritten.23 Das Kammergericht in Berlin vertritt die Auffassung, dass ausschließlich das geschriebene Recht des betreffenden Mitgliedsstaates herangezogen werden darf. Erst die Schriftlichkeit gebe die Ernsthaftigkeit und dauerhaft gleichmäßige Anwendung der grundlegenden Sicherheitsstandards zu erkennen. 24 Der Bundesgerichtshof (BGH) vertritt demgegenüber die Ansicht, dass „im Rahmen des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Fall 1 AMG nicht allein die in Deutschland und in dem anderen Mitgliedsstaat jeweils gegebene Gesetzeslage, sondern die jeweilige Rechtslage mit Blick auf 19 Wesser, Sabine, Vergleichbarer Sicherheitsstandard bei Arzneimittelversand durch niederländische Internet- Apotheken?, in: A&R 2017, S. 195 (196). 20 Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Kommentar, Loseblattsammlung, AMG, Stand: 2020 § 73 Anm. 19a. 21 Bruggmann, Thomas, Arzneimittelversand an deutsche Endverbraucher durch Apotheken aus dem EU-Ausland, in: Apothekenrecht (APR) 2007, S. 141 (146). 22 Saalfrank, Valentin, Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln aus EU-Mitgliedsstaaten nach Deutschland, in: A&R, 2005, S. 11 (12); Bruggmann, Thomas, Arzneimittelversand an deutsche Endverbraucher durch Apotheken aus dem EU-Ausland, in: APR 2007, S. 141 (146). 23 Bruggmann, Thomas, Arzneimittelversand an deutsche Endverbraucher durch Apotheken aus dem EU-Ausland, in: APR 2007, S. 141 (146). 24 KG, Urteil vom 8. November 2004, in: GRUR-RR 2005, 170-175 (173). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 – 067/20 Seite 10 die tatsächlich bestehenden Sicherheitsstandards miteinander zu vergleichen“ sei. 25 Legt man diesen Maßstab zugrunde, können deutsche Sicherheitsstandards auch durch mündliche Absprachen oder freiwillig eingegangene Selbstverpflichtungen eingehalten werden.26 3.2. Bedeutung der „Länderliste“ des BMG für die Vergleichbarkeit der Sicherheitsstandards Wie bereits oben erwähnt, sieht §73 Abs. 1 Satz 3 AMG vor, dass das BMG in regelmäßigen Abständen eine aktualisierte Übersicht über EU-Mitgliedsstaaten und die anderen EWR-Staaten veröffentlicht , in denen für den Versandhandel mit Arzneimitteln dem deutschen Recht vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen. Eine solche sog. „Länderliste“, wurde zuletzt am 5. Juli 2011 vom Bundesministerium für Gesundheit bekannt gemacht. Rechtscharakter und Bedeutung dieser Liste sind streitig.27 3.2.1. Rechtsnatur der „Länderliste“ Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main hat anlässlich einer wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit die „Länderliste“ ohne nähere Begründung als eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift bezeichnet.28 Demgegenüber hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main ausführlich zu der Bedeutung der Bekanntmachung geäußert. Welche Rechtsnatur der „Länderliste“ letztlich zukomme, beantwortet das Gericht jedoch nicht. Das OLG legt sich insbesondere nicht fest, ob es sich um eine „normausfüllende oder norminterpretierende Richtlinie im Sinne der verwaltungsrechtlichen Dogmatik“ handele.29 Die „Länderliste“ sei jedoch „keine bloße und letztlich unverbindlich gemeinte Kundgabe einer Rechtsauffassung“. Das OLG führt hierzu wörtlich aus: „Jedenfalls nach ihrem Wortlaut („stellt fest“) beansprucht sie, eine bestimmte Frage, nämlich ob die den Versandhandel betreffenden Vorschriften der Niederlande und des Vereinigten Königreichs den deutschen Sicherheitsstandards entsprechen, für die Allgemeinheit verbindlich zu beantworten . Dabei geht es nicht nur um rechtliche Bewertung, sondern – was nämlich die Ermittlung des ausländischen Rechts einschließlich der für die Bewertung des Sicherheitsstandards 25 BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007- I ZR 205/04 -, juris. 26 So auch Bruggmann, Thomas, Arzneimittelversand an deutsche Endverbraucher durch Apotheken aus dem EU-Ausland, in: APR 2007, S. 141 (146). 27 Bruggmann, Thomas, Arzneimittelversand an deutsche Endverbraucher durch Apotheken aus dem EU-Ausland, in: APR 2007, S.141 (142). 28 LG Frankfurt am Main, Urteil vom 21. Juli 2006 – 3-11 O 64/01 –, juris. 29 OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 28. Juni 2007 – 6 U 126/06 –, juris. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 – 067/20 Seite 11 ebenfalls maßgeblichen Rechtspraxis angeht – auch um tatsächliche Feststellungen.“30 Der BGH31 und das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG)32 haben die Frage nach der Rechtsnatur der Liste offen gelassen. In der Literatur wird teilweise - allerdings ohne nähere Begründung – die Auffassung vertreten, bei der „Länderliste“ handele sich um eine Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG).33 Weite Teile der Literatur messen der „Länderliste“ jedoch nicht die Qualität einer Rechtsquelle bei, sie sei weder als eine Rechtsverordnung noch als ein Verwaltungsakt einzustufen. Mangels hinreichender Bestimmtheit der Adressaten sei sie insbesondere auch kein Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung. Es handele sich vielmehr um eine unverbindliche Rechtsauffassung des BMG.34 Dies sei auch der amtlichen Begründung zu § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG zu entnehmen.35 Die Liste diene „dem Verbraucher zur Orientierung beim Bezug von Arzneimitteln aus EWR-Staaten und somit dem Schutz deutscher Verbraucher“. Sie habe deshalb eine reine Orientierungsfunktion.36 Die Einordnung als „normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift “ sei deshalb nicht überzeugend, weil eine solche Vorschrift gemäß Art. 84 Abs. 2 GG nur mit Zustimmung des Bundesrates erlassen werden dürfe. Im Hinblick auf die „Länderliste“ sei dies jedoch nicht erfolgt.37 3.2.2. Bindungswirkung der Länderliste Als Folge dieser Auseinandersetzung um die Rechtsnatur der „Länderliste“ stellt sich die Frage, ob ihr für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG eine Bindungswirkung zukommt. 3.2.2.1. Positive Bindungswirkung Der BGH geht von einer positiven Bindungswirkung der „Länderliste“ aus. Die Liste binde die Gerichte zumindest insoweit, als sie feststelle, dass in bestimmten Mitgliedsstaaten der EU, gege- 30 OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 28. Juni 2007 – 6 U 126/06 –, juris. 31 BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 - I ZR 205/04 –, juris. 32 BVerwG, Urteil vom 13. März 2008 – 3 C 27/07 –, BVerwGE 131, 1-10, Rn. 31. 33 Kügel/Müller/Hofmann, AMG, Kommentar, 2. Auflage 2016, § 73, Rn. 24. 34 Cyran/Rotta, Apothekenbetriebsordnung, Kommentar, Loseblattsammlung, Stand: Januar 2020, § 17, Rn. 615. 35 BT-Drs. 15/1525 vom 8. September 2003, S.166. 36 Saalfrank, Valentin, Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln aus EU-Mitgliedsstaaten nach Deutschland, in: A&R 2005, S. 11 (13). 37 Bruggmann, Thomas, Arzneimittelversand an deutsche Endverbraucher durch Apotheken aus dem EU-Ausland, in: APR 2007, S. 141 (141). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 – 067/20 Seite 12 benenfalls unter bestimmten Voraussetzungen, zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung vergleichbare Sicherheitsstandards bestanden.38 Ähnlich sieht dies auch das LG Frankfurt am Main, wenn es ausführt, dass die veröffentlichte Bekanntmachung des BMG eine gerichtliche Einzelfallprüfung gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG ersetze. Die Bekanntmachung fingiere eine Befugnis und mache deshalb eine gerichtliche Einzelfallprüfung entbehrlich. Eine gerichtliche Überprüfung der einschlägigen ausländischen Vorschriften zum Versandhandel entfalle deshalb für die auf der Liste genannten Länder. 39 Das BVerwG qualifiziert die Bekanntmachung des BMG rechtlich zwar nicht, ist aber der Auffassung, dass ihr jedenfalls die Bedeutung einer gesetzlich vorgesehenen sachverständigen Feststellung zukomme, die auch für die Gerichte grundsätzlich so lange bindend sei, wie die ihr zugrunde liegende fachliche Einschätzung nicht substantiiert in Frage gestellt werde.40 Die in der Rechtsprechung gefestigte Ansicht einer positiven Bindungswirkung der „Länderliste“ ist in der Literatur höchst umstritten. Insbesondere, weil die Literatur der Liste die Qualität einer Rechtsquelle aberkennt, können ihrer Auffassung nach die Gerichte an sie auch nicht gebunden sein. Die Rechtsprechung sei gemäß Art. 20 Abs. 3 GG nur an „Gesetz und Recht“ gebunden.41 Unter „Gesetz und Recht“ sei die Bindung an die Verfassung und an das förmliche Gesetz sowie an alle anderen Rechtsvorschriften, wie etwa Rechtsverordnungen und Satzungen, zu verstehen. Bei der „Länderliste“ handele es sich aber weder um ein förmliches Gesetz noch um eine Rechtsverordnung oder Satzung, mithin nicht um „Gesetz oder Recht“ im Sinne des Art. 20 Abs. 3 GG.42 Außerdem lege das BMG keinerlei Kriterien offen, anhand derer die „Länderliste“ erstellt werde. Im Falle einer Bindungswirkung greife die Liste jedoch in Grundrechte, beispielsweise in die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG, ein. Wesentliche Grundrechtseingriffe dürften jedoch nicht ohne Weiteres auf die Exekutive übertragen werden. Alle wesentlichen Kriterien für einen Grundrechtseingriff müsse der Gesetzgeber vielmehr selbst durch förmliches Gesetz festlegen, woran es hier jedoch gerade fehle.43 Die Literatur vertritt deshalb ganz überwiegend die Ansicht, dass es trotz der „Länderliste“ einer gerichtlichen Einzelfallprüfung der Vergleichbarkeit der Sicherheitsstandards nach § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG bedürfe.44 38 BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 – I ZR 205/04 –, juris, Rn. 30. 39 LG Frankfurt am Main, Urteil vom 21. Juli 2006 – 3-11 O 64/01 –, juris. 40 BVerwG, Urteil vom 13. März 2008 – 3 C 27/07 –, BVerwGE 131, 1-10, Rn. 31. 41 Cyran/Rotta, Apothekenbetriebsordnung, Kommentar, Loseblattsammlung, Stand: Januar 2020, § 17, Rn. 615; Saalfrank, Valentin, Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln aus EU-Mitgliedsstaaten nach Deutschland, in: A&R 2005, S. 11 (13). 42 Bruggmann, Thomas, Arzneimittelversand an deutsche Endverbraucher durch Apotheken aus dem EU-Ausland, in: APR 2007, S. 141 (144). 43 Bruggmann, Thomas, Arzneimittelversand an deutsche Endverbraucher durch Apotheken aus dem EU-Ausland, in: APR 2007, S. 141 (144). 44 So z. B. Saalfrank, Valentin, Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln aus EU-Mitgliedsstaaten nach Deutschland, in: A&R 2005, S. 11 (13). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 – 067/20 Seite 13 3.2.2.2. Negative Bindungswirkung Hinsichtlich einer negativen Bindungswirkung der Liste hat sich die Rechtsprechung nicht geäußert . Für weite Teile der Literatur ist aber klar, dass die Liste für Länder, die auf dieser nicht genannt werden, keine verbindliche Wirkung haben kann.45 Für alle nicht auf der Liste genannten EU-Mitgliedsstaaten müsse deshalb eine gerichtliche Einzelfallprüfung der Sicherheitsstandards erfolgen.46 Eine negative Bindungswirkung könne aus den bereits für die positive Bindungswirkung vorgetragenen Bedenken nicht bestehen. Aufgrund fehlender Kriterien für die Auswahl der EU-Mitgliedsstaaten auf der Liste könne es zu keiner automatischen „Ausschlusswirkung“ der nicht genannten Länder kommen. Die Wesentlichkeitstheorie und die europäischen Grundfreiheiten stünden einer solchen Wirkung entgegen.47 Dies sei auch mit der Rechtsprechung des LG Frankfurt am Main vereinbar, das eine Verbindlichkeit ausdrücklich nur für die „von der Bekanntmachung erfassten Staaten“ gesehen hat.48 4. Rechtslage in den Niederlanden und in dem Vereinigten Königreich sowie deren Vergleichbarkeit mit dem deutschen Recht Um konkret beurteilen zu können, inwieweit die gesetzlichen Regelungen in anderen EU-Mitgliedsstaaten den deutschen Vorschriften zum Apothekenrecht entsprechen, soll nachfolgend am Beispiel der Rechtslage in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich ein Überblick über die dort maßgeblichen rechtlichen Regelungen gegeben und im Anschluss daran dargestellt werden , ob und inwieweit die dort geltenden Regelungen mit den deutschen Sicherheitsstandards vergleichbar sind. 4.1. Rechtslage in den Niederlanden In den Niederlanden ist zur Ausübung des Apothekerberufs gemäß Art. 3.1. des Gesetzes über individuelle Gesundheitsberufe (GiG)49 die Eintragung in das Berufsregister erforderlich. Eine Apothekerkammer oder eine Konzessionspflicht besteht dagegen nicht.50 Das niederländische Recht schreibt – anders als das deutsche – kein Fremdbesitzverbot vor. Auch eine Kapitalgesellschaft 45 Bruggmann, Thomas, Arzneimittelversand an deutsche Endverbraucher durch Apotheken aus dem EU-Ausland, in: APR 2007, S. 141 (145); Gabriel/Albrecht, Grundzüge der bisherigen Entwicklung im Recht der Versandapotheke , in: GesundheitsRecht (GesR) 2008, S.291 (292). 46 Gabriel/Albrecht, Grundzüge der bisherigen Entwicklung im Recht der Versandapotheke, in: GesR 2008, S. 291 (292). 47 Bruggmann, Thomas, Arzneimittelversand an deutsche Endverbraucher durch Apotheken aus dem EU-Ausland, in: APR 2007, S. 141 (145). 48 Bruggmann, Thomas, Arzneimittelversand an deutsche Endverbraucher durch Apotheken aus dem EU-Ausland, in: APR 2007, S. 141 (145). 49 Gesetz über individuelle Gesundheitsberufe vom 11. November 1993, zuletzt geändert am 1. Juli 2020, abrufbar unter: https://wetten.overheid.nl/BWBR0006251/2020-07-01/#HoofdstukII_Paragraaf1_Artikel3. 50 Henssler/Moll, Berufsrecht der Apotheker in Europa, 2014, S. 4. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 – 067/20 Seite 14 kann somit Inhaber einer Apotheke sein. Es besteht diesbezüglich auch keine Regelung hinsichtlich der Mindestkapitalbeteiligung eines Apothekers an der Apotheke.51 Außerdem ist es uneingeschränkt möglich, Apothekenketten zu bilden.52 Der Versandhandel mit Arzneimitteln ist in den Niederlanden seit 1995 erlaubt.53 Nach Art. 67a Abs. 2 des niederländischen Arzneimittelgesetzes (nlAMG)54 ist es dem Gesetzgeber vorbehalten, spezielle Regelungen für das Anbieten von Arzneimitteln zum Verkauf oder die Bereitstellung auf Distanz festzulegen. Spezielle Regelungen zum Versandhandel wurden lediglich vor Neufassung des niederländischen Arzneimittelgesetzes in Form eines Beschlusses getroffen, der aber bereits im Juli 2007 außer Kraft getreten ist.55 Die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des Arzneimittelgesetzes ist in Art. 100 ff. nlAMG geregelt. Diese sehen Inspektionen durch die zuständige Behörde für Lebensmittel - und Verbraucherschutz vor. 4.2. Rechtslage im Vereinigten Königreich Im Vereinigten Königreich sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Apothekenbetrieb und die Arzneimittelversorgung im Medicines Act 1968 und ergänzend in dem Code of Ethics and Standards der Royal Pharmaceutical Society of Great Britain geregelt.56 Apotheken müssen in Großbritannien registriert werden.57 Der Online-Versandhandel ist nur durch registrierte Apotheken erlaubt.58 Die qualitativen Anforderungen an den Betrieb eines Online -Versandhandels mit Arzneimitteln werden im Code of Ethics and Standards beschrieben.59 51 Henssler/Moll, Berufsrecht der Apotheker in Europa, 2014, S .7. 52 Henssler/Moll, Berufsrecht der Apotheker in Europa, 2014, S. 8. 53 Mand, Elmar, Der Versandhandel mit Arzneimitteln nach GMG im internationalen Vergleich, in: Apotheke & Recht (ApoR) 2005, S. 81 (86). 54 Arzneimittelgesetz vom 8. Februar 2007, zuletzt geändert am 1. April 2020, abrufbar unter: https://wetten.overheid .nl/BWBR0021505/2020-04-01#Hoofdstuk6. 55 Beschluss über die Herstellung und Lieferung pharmazeutischer Produkte, gültig vom 1. Januar 2007 bis 30. Juni 2007, abrufbar unter: https://wetten.overheid.nl/BWBR0003127/2007-01-01. 56 Mand, Elmar, Der Versandhandel mit Arzneimitteln nach GMG im internationalen Vergleich, in ApoR 2005. S. 81 (84); Medicines Act 1968, vor allem Part III und IV, abrufbar unter: https://www.legislation .gov.uk/ukpga/1968/67?view=plain; Code of Ethics and Standards der Royal Pharmaceutical Society of Great Britain, abrufbar unter: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/pdf/10.1002/9780470690642.app7. 57 Medicines Act 1968, Part IV, Pharmacies, Registration of Pharmacies, 74 ff. 58 Mand, Elmar, Der Versandhandel mit Arzneimitteln nach GMG im internationalen Vergleich, in ApoR 2005. S. 81 (84). 59 Code of Ethics and Standards der Royal Pharmaceutical Society of Great Britain, Part 3, 9. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 – 067/20 Seite 15 Danach müssen umfangreiche Maßnahmen zum Datenschutz getroffen werden (Part 3, 9a) und ausreichende Möglichkeiten der Beratung und Information des Kunden gewährleistet sein (Part 3, 9b, c). Die Apotheker sind auch verpflichtet, dem Kunden zu empfehlen, eine Präsenzapotheke aufzusuchen, wenn sie dies aufgrund der Symptomlage oder der Nebenwirkungen für medizinisch sicherer erachten (Part 3, 9 b, ii). Darüber hinaus besteht eine umfassende Dokumentationspflicht für Apotheker. Part 3, 8c des Code of Ethics and Standards schreibt hierzu vor, dass eine lückenlose Dokumentation des gesamten Bestellvorgangs von der ersten Anfrage bis zu jedem Auslieferungsversuch zu erfolgen hat. Die Einhaltung der gesetzten Standards wird von der Care Quality Commission (CQC) inspiziert und überwacht.60 Diese kann, neben weiteren Maßnahmen , die Registrierung der Apotheke aussetzen, wenn Regelverstöße festgestellt werden.61 4.3. Vergleichbarkeit der Standards in den Niederlanden und im Vereinigten Königreich mit denen des deutschen Rechts Die Regelungen im Vereinigten Königreich sind weitestgehend mit den deutschen Sicherheitsstandards vergleichbar. Insbesondere die sehr umfassende Dokumentationspflicht der Apotheker ist als vorbildlich anzusehen.62 Bedenken könnten allein deshalb bestehen, weil es sich bei den Vorschriften überwiegend um Standesrecht handelt.63 Größeren Sicherheitsbedenken unterliegen dagegen die Regelungen in den Niederlanden. Legt man lediglich das geschriebene Recht zugrunde, ist festzustellen, dass die dortigen gesetzlichen Vorschriften zum Arzneimittelversand den deutschen Regelungen nicht entsprechen,64 da das niederländische Recht keine dem deutschen Recht vergleichbaren Sicherheitsstandards und -konzepte vorsieht. Der Versandhandel mit Arzneimitteln ist, anders als in Deutschland, nicht an den Betrieb einer Präsenzapotheke gekoppelt.65 Auch trifft das niederländische Recht keinerlei spezielle Regelungen zur Qualitätssicherung beim Arzneimittelversand. Insbesondere gibt es keine dem § 11a Satz 1 Nr. 2 ApoG entsprechende Vorschrift, die ein Qualitätssicherungssystem 60 Care Quality Commission, The independent regulator of health and social care in England, abrufbar unter: https://www.cqc.org.uk/. 61 Moore, Alison, Regulator takes action against four online pharmacies over patient safety fears, The Pharmaceutical Journal, (PJ) April 2017 online, abrufbar unter: https://www.pharmaceutical-journal.com/20202577.article ?firstPass=false. 62 Mand, Elmar, Der Versandhandel mit Arzneimitteln nach GMG im internationalen Vergleich, in: ApoR 2005, S. 81 (92). 63 Mand, Elmar, Der Versandhandel mit Arzneimitteln nach GMG im internationalen Vergleich, in: ApoR 2005, S. 81 (92). 64 Wesser, Sabine, Vergleichbarer Sicherheitsstandard bei Arzneimittelversand durch niederländische Internet- Apotheken?, in: A&R 2017, S. 195 (206); Mand, Elmar, Der Versandhandel mit Arzneimitteln nach GMG im internationalen Vergleich, in: ApoR 2005, S. 81 (92); Saalfrank, Valentin, Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln aus EU-Mitgliedsstaaten nach Deutschland, in: A&R 2005, S. 11 (15). 65 Siehe oben, 3.1.; so auch Saalfrank, Valentin, Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln aus EU-Mitgliedsstaaten nach Deutschland, in: A&R, 2005, S. 11 (13). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 – 067/20 Seite 16 vorsieht. Der Gesetzgeber vertraut weitestgehend auf die freiwillige Selbstkontrolle der Apotheken .66 Zudem besteht keine Begrenzung der sog. „horizontalen Integration“. Wegen des fehlenden Fremdbesitzverbotes können sich deshalb große Apothekenketten in Form von Kapitalgesellschaften bilden.67 Fraglich ist, ob der einschränkende Zusatz in der Bekanntmachung des BMG vom 5. Juli 2011, wonach eine Vergleichbarkeit der Sicherheitsstandards in den Niederlanden nur dann vorliegt, wenn neben der Versandapotheke gleichzeitig eine Präsenzapotheke betrieben wird, zu einer anderen Bewertung der Situation führt. Diese wäre dann der Fall, wenn eine Präsenzapotheke in den Niederlanden die gleichen Anforderungen zu erfüllen hat wie eine Präsenzapotheke in Deutschland.68 Wie bereits dargestellt, bestehen aber auch in Bezug auf den Betrieb einer Präsenzapotheke keine dem deutschen Apothekenrecht vergleichbaren Regelungen. 5. Überwachung der Einhaltung deutscher Vorschriften des Apothekenrechts im EU-Ausland Unabhängig von der Frage, ob das jeweilige Recht des EU-Mitgliedsstaates vergleichbare Sicherheitsstandards vorsieht, muss der Versand durch die ausländische Apotheke an den deutschen Endverbraucher – wie oben bereits erwähnt – nach § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel erfolgen. Problematisch ist hier die Überwachung der Einhaltung dieser Vorschriften durch die ausländische Apotheke. Eine Überwachung ausländischer Apotheken in Bezug auf die Einhaltung deutscher Vorschriften existiert de facto nicht. Dies dürfte hauptsächlich darauf zurückzuführen sein, dass auch zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union keine allgemeine Verpflichtung zur Vollstreckungshilfe besteht.69 Der Überwachungsauftrag und die Überwachungsbefugnisse deutscher Behörden beschränken sich naturgemäß auf die Einhaltung deutschen Rechts in Deutschland.70 Umgekehrt beschränkt sich die Überwachungsbefugnis des jeweiligen EU-Mitgliedsstaates , in dem die ausländische Apotheke ihren Sitz hat, auch nur auf das dortige nationale Recht.71 Es ist deshalb ausgeschlossen, dass eine ausländische Behörde die ansässigen Apotheken auch in Bezug auf die Einhaltung deutscher Vorschriften kontrolliert.72 Deutsche Behör 66 Mand, Elmar, Der Versandhandel mit Arzneimitteln nach GMG im internationalen Vergleich, in: ApoR 2005, S. 81 (92). 67 Wesser, Sabine, Vergleichbarer Sicherheitsstandard bei Arzneimittelversand durch niederländische Internet- Apotheken?, in: A&R 2017, S. 195 (206). 68 Wesser, Sabine, Vergleichbarer Sicherheitsstandard bei Arzneimittelversand durch niederländische Internet- Apotheken?, in: A&R 2017, S. 195 (206). 69 Cyran/Rotta, Apothekenbetriebsordnung, Kommentar, Loseblattsammlung, Stand: Januar 2020, § 17, Rn. 621. 70 Cyran/Rotta, Apothekenbetriebsordnung, Kommentar, Loseblattsammlung, Stand: Januar 2020, § 17, Rn. 619. 71 Cyran/Rotta, Apothekenbetriebsordnung, Kommentar, Loseblattsammlung, Stand: Januar 2020, § 17, Rn. 619. 72 Wesser, Sabine, Vergleichbarer Sicherheitsstandard bei Arzneimittelversand durch niederländische Internet- Apotheken?, in: A&R 2017, S. 195 (204). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 – 067/20 Seite 17 den sind folglich nicht in der Lage, die Einhaltung des deutschen Rechts durch ausländische Apotheken zu überwachen und zu überprüfen. Die Überwachung scheitert an einem niedergelassenen Betrieb auf deutschem Staatsgebiet.73 6. Fazit Am Beispiel der Niederlande ist deutlich geworden, dass das geschriebene Recht in den auf der sog. „Länderliste“ genannten Staaten nicht in jeder Hinsicht mit den deutschen Sicherheitsstandards im Arzneiversandhandel übereinstimmt. Im Lichte der Rechtsprechung des BGH kommt es darauf allerdings auch nicht an. Danach ist vielmehr auf die jeweilige Rechtslage mit Blick auf die tatsächlich bestehenden Sicherheitsstandards in dem jeweiligen Mitgliedsstaat abzustellen. Dem BGH zufolge können auch ungeschriebene Absprachen oder freiwillige Selbstverpflichtungen den notwendigen Sicherheitsstandard erreichen. Die sog. „Länderliste“ hat danach die Funktion , festzustellen, dass zum Zeitpunkt ihrer Bekanntmachung vergleichbare Sicherheitsstandards in den genannten Mitgliedsstaaten vorlagen. Dies sei für die Gerichte bindend. Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich nach Auffassung des BGH lediglich darauf, zu überprüfen, ob sich die Rechtslage seit der Bekanntmachung der „Länderliste“ maßgeblich verändert hat.74 Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass eine gerichtliche Einzelprüfung nur dann zu erfolgen hat, wenn substantiiert Einwände gegen die Richtigkeit der Bekanntmachung vorgetragen werden.75 Wird ein EU-Mitgliedsstaat auf der sog. „Länderliste“ genannt, gilt folglich grundsätzlich die Vermutung , dass für den Versandhandel in diesem Staat dem deutschen Recht vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen. Im Falle der Niederlande bedarf es zusätzlich noch einer Überprüfung, ob eine Präsenzapotheke betrieben wird. Abzugrenzen hiervon ist die Frage, ob die ausländischen Apotheken ihre Arzneimittel an deutsche Endverbraucher entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel versenden. Ob dies der Fall ist, kann de facto nicht beantwortet werden. Eine Überwachung der in Deutschland maßgeblichen Bestimmungen findet weder von deutscher noch von Seite eines EU-Mitgliedsstaates statt. Diesbezüglich besteht eine systemimmanente Überwachungslücke.76 Ein Verstoß gegen deutsches Apothekenrecht könnte deshalb allenfalls in einem konkreten Gerichtsverfahren nachvollzogen werden. Nach derzeitiger Gesetzeslage ist nicht davon auszugehen, dass sich ausländische Apotheken behördlichen Kontrollen aktiv „entziehen“. Vielmehr scheitert eine Kontrolle an fehlenden länderübergreifenden Kontrollmechanismen. *** 73 Wesser, Sabine, Vergleichbarer Sicherheitsstandard bei Arzneimittelversand durch niederländische Internet- Apotheken?, in: A&R 2017, S.195 (204). 74 BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 - I ZR 205/04 -, juris. 75 BVerwG, Urteil vom 13. März 2008 – 3 C 27/07 -, BVerwGE 131, 1-10, Rn. 31. 76 Wesser, Sabine, Vergleichbarer Sicherheitsstandard bei Arzneimittelversand durch niederländische Internet- Apotheken?, in: A&R 2017, S. 195 (207).