© 2018 Deutscher Bundestag WD 9- 3000 – 067/18 Rechtsgrundlagen für die Kostenübernahme bei künstlicher Befruchtung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9- 3000 – 067/18 Seite 2 Rechtsgrundlagen für die Kostenübernahme bei künstlicher Befruchtung Aktenzeichen: WD 9- 3000 – 067/18 Abschluss der Arbeit: 5. September 2018 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9- 3000 – 067/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Rechtliche Ausgangslage auf Bundesebene 4 2. Regelungen zur Kostenübernahme in den Ländern 6 2.1. Berlin 6 2.2. Hessen 6 2.3. Mecklenburg-Vorpommern 7 2.4. Niedersachsen 7 2.5. Sachsen 7 2.6. Sachsen-Anhalt 8 2.7. Thüringen 8 3. Aktuelle Entwicklung 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9- 3000 – 067/18 Seite 4 1. Rechtliche Ausgangslage auf Bundesebene Ehepaare mit unerfülltem Kinderwunsch, die sich für eine künstliche Befruchtung entscheiden, haben unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, einen Teil der ihnen entstehenden Behandlungskosten durch ihre gesetzliche Krankenversicherung erstatten zu lassen. Bei einer In-Vitro-Fertilisation (IVF) entstehen, so der Bundesverband Reproduktionsmedizinischer Zentren Deutschlands e.V. (BRZ), durchschnittlich Kosten in Höhe von 3000 Euro pro Zyklus. Bei einer Intracytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) fallen jeweils durchschnittlich 4500 Euro an, s. https://www.eltern.de/kinderwunsch/kinderwunsch-medizin/babys-auf-staatskosten . § 27 a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)1 sieht vor, dass von den Leistungen der Krankenbehandlung auch medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft erfasst werden, insbesondere wenn folgende Voraussetzungen vorliegen: Ärztliche Feststellung zur Erforderlichkeit der Maßnahmen (d. h. keine Maßnahmen gemäß § 27 SGB V mehr möglich), Ziffer 1, Ungewollte Kinderlosigkeit Hinreichende Aussicht auf Herbeiführung einer Schwangerschaft (nicht mehr als drei erfolglose Maßnahmen), Ziffer 2, Paare sind verheiratet und sind beide mindestens 25 Jahre alt, wobei Männer nicht über 50 und Frauen nicht über 40 Jahre alt sein dürfen, § 27 a Absatz 3 Satz 1, Verwendung von Ei- und Samenzellen der Ehegatten, Ziffer 4, Vorherige Unterrichtung über die Behandlung durch einen weiteren Arzt und Überweisung an eine Einrichtung i. S. v. § 121 a SGB V, Ziffer 5. Bei Vorliegen der Voraussetzungen und der Genehmigung des Behandlungsplans durch die Krankenkasse übernimmt diese grundsätzlich 50 Prozent der Kosten (§ 27 Absatz 3 Satz 3 SGB V). Einzelne Krankenkassen erstatten darüber hinaus einen höheren Anteil. Auch die privaten Krankenversicherungen erstatten ihren Mitgliedern grundsätzlich Kosten, die im Rahmen einer künstlichen Befruchtung entstehen. Maßnahmen der künstlichen Befruchtung werden hier als Versicherungsfall verstanden und damit als medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit, d. h. wegen Unfruchtbarkeit. Eine Erstattung kommt danach z. B. bei Paaren, bei denen einer Mitglied in einer privaten Versicherung und der andere gesetzlich versichert ist, nur in Betracht, wenn die Unfruchtbarkeit bei dem privaten Versicherten besteht. Weitere Voraussetzungen für die Kostenübernahme finden sich in den Musterbedingungen der Krankenkassen (MB/KK)2 bzw. in den jeweiligen Versicherungsverträgen. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – Art. 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482, zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 17. August 2017, BGBl. I S. 3214. 2 Musterbedingungen 2009 für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung, Januar 2013, https://www.pkv.de/service/rechtsquellen/musterbedingungen/mb_kk_2009.pdf. Dieser Link sowie alle weiteren wurden zuletzt am 5. September 2018 abgerufen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9- 3000 – 067/18 Seite 5 Die Einzelheiten zu den Voraussetzungen und zu Art und Umfang der ärztlichen Maßnahmen, die auf die Herbeiführung einer künstlichen Befruchtung gerichtet sind, ergeben sich aus den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über ärztliche Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung („Richtlinien über künstliche Befruchtung“) in der Fassung vom 14. August 1990, Bundesarbeitsblatt 1990, Nr. 12, zuletzt geändert am 16. März 2017, in Kraft getreten am 2. Juni 2017, https://www.g-ba.de/downloads/62-492- 1402/KB-RL_2017-03-16_iK-2017-06-02.pdf. Trotz der Möglichkeiten für gesetzlich wie auch privat Versicherte würden für Paare, die sich für eine künstliche Befruchtung entscheiden, ganz erhebliche Eigenanteile verbleiben. Die Bundesregierung und eine Reihe von Bundesländern haben deshalb für die IVF- und für die ICSI- Behandlung in den letzten Jahren Maßnahmen entwickelt, um Ehepaare und inzwischen auch nichteheliche Lebensgemeinschaften so zu unterstützen, dass sich der jeweilige Eigenanteil deutlich reduziert 3. Im Rahmen ihrer Gesundheitsministerkonferenz im Jahr 2012 hatten sich die Gesundheitsminister der Länder auf die „Saarbrücker Erklärung“ zur Kostenübernahmen bei ungewollter Kinderlosigkeit geeinigt, https://www.gerechte-gesundheit.de/news/detail/gmk-kinderwunschfuer -alle-ermoeglichen.html. Die Landesminister sprachen sich seinerzeit dafür aus, dass die Krankenkassen ihren Anteil an der Kostenerstattung auf mindestens 62,5 Prozent erhöhen sollten. Nach der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) besteht seit Beginn des Jahres 2012 grundsätzlich die Möglichkeit, neben den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, eine finanzielle Unterstützung durch die Bundesregierung zu erhalten, s. Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen der assistierten Reproduktion BMFSFJ vom 29. März 2012, zuletzt geändert am 23. Dezember 2015, https://www.informationsportal -kinderwunsch.de/fileadmin/Content/Bundesfoerderrichtlinie160208.pdf. Die Bundesregierung betont, dass es ihr ein wichtiges Anliegen sei, betroffene Paare bei unerfülltem Kinderwunsch umfassend und nachhaltig zu unterstützen. Diese Möglichkeit wurde ursprünglich nur – entsprechend der Regelung in § 27 a SGB V – Ehepaaren gewährt, seit 7. Januar 2016 stehen die Zuschüsse auch Paaren zur Verfügung, die in nichtehelicher Lebensgemeinschaft miteinander leben. Möglich ist die Gewährung von Bundeszuwendungen für die erste bis vierte Behandlung. Entscheidend für die Gewährung des Zuschusses der Bundesregierung ist allerdings gemäß Ziffer 1 Absatz 1 Satz 2 der Richtlinie: „Der Bund wird nur dort Mittel zur Verfügung stellen, wo sich die Länder mit einem eigenen Anteil in mindestens gleicher Höhe wie der Bund einbringen .“ 3 Darüber hinaus besteht grundsätzlich die Möglichkeit, Eigenanteile bei Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung als außergewöhnliche Belastung steuermindernd geltend zu machen, s. hierzu Bundesfinanzhof, Entscheidung vom 16. Dezember 2010, VI R 43/10. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9- 3000 – 067/18 Seite 6 Mit der Umsetzung der Richtlinie wurde das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) beauftragt. Bislang haben folgende Bundesländer entsprechende Verwaltungsvereinbarungen mit dem Bund geschlossen: Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen- Anhalt und Thüringen4. 2. Regelungen zur Kostenübernahme in den Ländern 2.1. Berlin Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Berlin hat im September 2017 die Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen der assistierten Reproduktion erlassen5. Die Förderung betrifft nur Ausgaben für Behandlungen im zweiten und dritten Behandlungszyklus (Ziffer 2 der Richtlinien). In der Höhe ist sie beschränkt auf höchstens 50 Prozent der nicht von der Krankenkasse oder einem anderen Kostenträger erstatteten Aufwendungen, maximal aber auf 800 Euro für eine IVF oder 900 € für eine ICSI6. 2.2. Hessen Das Hessische Ministerium für Soziales und Integration hat am 15. Juni 2018 die aktuelle Richtlinie für die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen der assistierten Reproduktion im Land Hessen erlassen7. S. hierzu die Erklärung des hessischen Sozialministers Stefan Grüttner (CDU), dass das hessische Sozialministerium hiermit einen vierten Behandlungszyklus finanziell unterstützen werde. In diesem Fall, der von den Krankenassen grundsätzlich nicht übernommen wird, trage das Land dann gemeinsam mit dem Bund 75 Prozent der Kosten, s. hierzu den Beitrag: Künstliche Befruchtung: Hessen unterstützt vierten Versuch8. Die Förderung ist allerdings auf einen Höchstbetrag von 3.000 Euro (IVF-Behandlung) bzw. 3.300 Euro (ICSI-Behandlung) beschränkt. 4 S. hierzu das Informationsportal Kinderwunsch des BMFSFJ, https://www.informationsportal-kinderwunsch .de/startseite/, das alle Hinweise zu den Regelungen und Voraussetzungen für die Gewährung von Förderungen in den jeweiligen Bundesländern zur Verfügung stellt. 5 Bekanntmachung vom 19. September 2017, Abl. Berlin Nr. 44 v. 13.10.2017, S. 4913 ff, downzuloaden über die Seite des Berliner Landesamtes für Gesundheit und Soziales, s.https: https://www.berlin.de/lageso/soziales/zuwendung /foerderung-kinderwunsch/. 6 Zur Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Land Berlin und der Bundesrepublik Deutschland s. Abgeordnetenhaus Berlin, Drs 17/2674 vom 14 Januar 2016, https://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/vorgang /d17-2674.pdf. 7 https://www.laekh.de/images/Aerzte/Rund_ums_Recht/Rechtsquellen/Richtlinie_assistierte_Reproduktion.pdf. 8 aerzteblatt.de vom 1. August 2018, https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/96844/Kuenstliche-Befruchtung- Hessen-unterstuetzt-vierten-Versuch. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9- 3000 – 067/18 Seite 7 2.3. Mecklenburg-Vorpommern Das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hatte bereits am 23. Juli 2013 eine erste Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Kinderwunschbehandlungen erlassen. Gefördert wurden nach der Richtlinie nur Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung bei Ehepaaren, und zwar für den ersten bis vierten Behandlungszyklus (IVF-Behandlung). Diese Richtlinie ist durch Erlass einer neuen Richtlinie des Ministeriums für Soziales, Integration und Gleichstellung mit Wirkung zum 1. Januar 2017 ersetzt worden. Die neuen Regelungen sehen finanzielle Unterstützungen für Ehepaare und Paare, die in nichtehelicher Lebensgemeinschaft leben, vor. Gemeinsam mit dem Bund und in gleicher Höhe gewährt das Land Ehepaaren Zuwendungen für den ersten bis vierten Zyklus in Höhe von 50 Prozent des Eigenanteils, für Paare in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft werden 50 Prozent nur beim vierten Behandlungszyklus gezahlt, für die ersten drei Zyklen dagegen 25 Prozent9. Die Förderhöchstbeträge liegen bei den ersten drei Zyklen bei 800 Euro (IVF-Behandlung) bzw. bei 900 Euro (ICSI-Behandlung) und beim vierten Zyklus bei 1.600 bzw. 1.800 Euro. 2.4. Niedersachsen Niedersachsen war das erste Bundesland, das im Jahr 2013 die Möglichkeit für hier ansässige Paare geschaffen hat, eine staatliche Förderung zu erlangen: Richtlinie des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen der assistierten Reproduktion durch das Land Niedersachsen vom 27.November 2012, geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 6. November 2017, durch die diese nun auch nichtehelichen Lebensgemeinschaften zu Gute kommen10. Die Zuwendung beträgt für Verheiratete für den ersten bis vierten Zyklus sowie für Paare in nichtehelicher Lebensgemeinschaft beim vierten Zyklus 50 Prozent des Eigenanteils, für nicht Verheiratete bei den ersten drei Zyklen 25 Prozent des Selbstkostenanteils (Ziffer 5 der Richtlinie). 2.5. Sachsen Das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz hat am 3. September 2017 die aktuell geltende Richtlinie zur Gewährung finanzieller Zuwendungen für Einrichtungen und 9 Amtsblatt für Mecklenburg-Vorpommern 2017, Nr. 48, S. 801, Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Kinderwunschbehandlungen, Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Soziales, Integration und Gleichstellung vom 20. November 2017, abrufbar unter: http://www.lagus.mv-regierung.de/static /LAGUS/Inhalte/Seiten/F%C3%B6rderungen/MV/Familie/Kinderwunschbehandlungen/Dokumente/Richtlinie %20%C3%BCber%20die%20Gew%C3%A4hrung%20von%20Zuwendungen%20zur%20F%C3%B6rderung %20von%20Kinderwunschbehandlungen%20MV.pdf. 10 Niedersächsisches Ministerialblatt (Nds. MBl.) 2012, S. 1211, geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 6. November 2017, Nds. MBl. 2017, S. 1469, http://www.nds-voris.de/jportal/portal/t/nif/page/bsvorisprod .psml;jsessionid=AEC34434B1EF390033947636AE5AE672.jp10?action=controls.jw.PrintOrSaveDocument Content&case=print. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9- 3000 – 067/18 Seite 8 Maßnahmen der Familienförderung im Freistaat Sachsen (RL Familienförderung) erlassen11. Neben einer Reihe anderer Familien-Fördermaßnahmen ist unter Ziffer 8 die Unterstützung für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung geregelt. Zuwendungsempfänger können Ehepaare und Paare in nichtehelicher Lebensgemeinschaft sein. Anders als in den anderen Bundesländern, die eine Förderung vorsehen, ist die Zuwendung in Sachsen eine Festbetragsfinanzierung. Diese beläuft sich für die erste bis dritte IVF-Behandlung auf jeweils bis zu 375 Euro des Eigenanteils bzw. bei einer ICSI-Behandlung auf bis zu 450 Euro, im vierten Zyklus erhöht sich der Zuschuss auf bis zu 800 Euro (IVF-Behandlung) und 900 Euro (ICSI-Behandlung). Anträge auf die Bundeszuwendung sind in Sachsen – anders als in den anderen Ländern – nicht beim Land sondern direkt beim BAFzA zu stellen. 2.6. Sachsen-Anhalt Das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration hat am 6. Dezember 2017 mit Wirkung zum 1. Januar 2017 die Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen der assistierten Reproduktion an Ehepaare und nichteheliche Lebensgemeinschaften durch das Land Sachsen-Anhalt erlassen12. Diese sehen Zuwendungen für Ehepaare und nichteheliche Lebensgemeinschaften vor und ersetzen insoweit die vorher geltenden Richtlinien, die nur für Ehepaare galten. Die finanzielle Unterstützung beschränkt sich auf Kosten, die im Rahmen der ersten drei Behandlungszyklen entstehen. Für Ehepaare werden über den Landeszuschuss bis zu 50 Prozent des Eigenanteils erstattet, wobei sich dieser Betrag verringert, wenn ein entsprechender Bundeszuschuss gewährt wird. Inklusive des Bundeszuschusses werden bei der IVF-Behandlung maximal 800 Euro und bei der ICSI-Behandlung maximal 900 Euro erstattet. Für nichteheliche Lebensgemeinschaften, für die ein Bundeszuschuss bis höchstens 12,5 Prozent gewährt wird, verringert sich der Landeszuschuss auf 37,5 Prozent (Ziffer 5 der Richtlinien). 2.7. Thüringen Der Freistaat Thüringen hat am 23. August 2013 mit der Bundesrepublik, vertreten durch das BMFSFJ, eine Verwaltungsvereinbarung zur Umsetzung der Richtlinie des BMFSFJ geschlossen (zuletzt geändert am 24. Juni 2016)13. Danach gewährt das Land Thüringen im Auftrag des Bundes Bundeszuwendungen und erhält hierfür entsprechende Zuweisungen des Bundes. Der Bund beteiligt sich insoweit bei verheirateten Paaren für die erste bis vierte Behandlung mit bis zu 11 Diese Richtlinie ersetzt die RL Familienförderung vom 28. April 2016, SächsABl.SDr. 2016. S. 422, Richtlinie 2017 veröffentlicht im Sächsischen Amtsblatt 2017, S. 1209, https://www.revosax.sachsen.de/vorschrift/17387- RL-Familienfoerderung. 12 Ministerialblatt Landesrecht Sachsen-Anhalt Nr. 7/2018, S. 112, Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration , Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen der assistierten Reproduktion an Ehepaare und an nichteheliche Lebensgemeinschaften durch das Land Sachsen-Anhalt, Erlass des Ministeriums vom 6. Dezember 2017, abrufbar unter: https://lvwa.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik _und_Verwaltung/LVWA/LVwA/Dokumente/6_famgesjugvers/602/reproduktion/zuwendRiLi_assistierte_reproduktion .pdf. 13 https://www.thueringen.de/mam/th7/tmsfg/familie/foerderung/verwaltungsvereinbarungen_thuringen_ass._repro .pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9- 3000 – 067/18 Seite 9 25 Prozent des den Paaren verbleibenden Eigenanteils, der nicht von der Krankenkasse oder anderen Kostenträgern abgedeckt wird. Die genaue Höhe hängt davon ab, wie hoch die Landeszuwendung ist (Art. 3 Absatz 2 und 3 der Verwaltungsvereinbarung). Für Paare, die in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen leben, übernimmt der Bund bei der ersten bis dritten Behandlung bis zu 12,5 Prozent und im Falle einer vierten Behandlung bis zu 25 Prozent des Eigenanteils (Art. 3 Absatz 4). Die entsprechende Richtlinie für die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen der assistierten Reproduktion im Freistaat Thüringen hat das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie mit Wirkung zum 7. Januar 2016 am 4. Juni 2016 erlassen14. Die Richtlinie tritt Ende 2018 außer Kraft. Zu diesem Zeitpunkt sollen die Regelungen auf der Grundlage vorliegender Erfahrungswerte im Hinblick auf ihre Wirksamkeit und Effizienz überprüft werden (Ziffer 1 Absatz 6). Neben den Bestimmungen über die prozentuale Erstattung von Eigenanteilen werden in Ziffer 5 Absatz 3 Förderhöchstbeträge beziffert. 3. Aktuelle Entwicklung In Brandenburg ist ebenfalls geplant, künftig die Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung mit Hilfe des Landes und damit dann auch durch den Bund finanziell zu unterstützen. Am 25. Mai 2016 hatte im Brandenburgischen Landtag der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie eine Öffentliche Anhörung in Form eines Fachgesprächs auf der Grundlage eines Antrags der CUD-Fraktion durchgeführt15.Am 12. Dezember 2017 teilte die Landesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der CDU-Abgeordneten Augustin und Nowka mit, dass das Land Brandenburg ein Landesförderprogramm aufstellen werde und mit dem Bund in Verhandlungen über eine Verwaltungsvereinbarung stehe16. Das Land Nordrhein-Westfalen befindet sich derzeit ebenfalls in Abstimmungsverhandlungen über entsprechende Vereinbarungen17. Bereits im April 2013 hatte die nordrhein-westfälische CDU die damalige rot-grüne Landesregierung aufgefordert, dem Förderprogramm beizutreten18. Auf Bundesebene haben die Abgeordneten Suding, Aggelidis u. a. und die Fraktion der FDP am 30. Januar 2018 beantragt, die Richtlinie des BMFSFJ zu reformieren und dabei insbesondere 14 https://www.thueringen.de/mam/th7/tmsfg/familie/foerderung/richtlinie2016_arepro.pdf. 15 Landtag Brandenburg, 6. Wahlperiode, P-AADGFF 6/16 vom 1. Juli 2016. 16 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3086, Drs 6/7551, Drs. 6/7810 vom 18. Dezember 2017, https://kleineanfragen.de/brandenburg/6/7810-sachstand-kinderwunschbehandlungen-im-land-brandenburgfinanziell -foerdern-familienpolitische-unterstuetzung. 17 S. BMFSFJ, Informationsportal Kinderwunsch, https://www.informationsportal-kinderwunsch.de/unterstuetzung -foerder-check/. 18 S. RP-Online, Düsseldorf – NRW soll künstliche Befruchtung fördern, 24. April 2013, https://rp-online.de/panorama /wissen/nrw-soll-kuenstliche-befruchtung-foerdern_aid-15675153. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9- 3000 – 067/18 Seite 10 Kinderwünsche unabhängig vom Wohnort zu fördern. Darüber hinaus solle die Förderung gleichberechtigt auch auf Alleinerziehende ausgeweitet werden (BT-Drs. 19/585). Die Abgeordneten Kappert-Gonther, Dörner u. a. und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen haben am 24. April 2018 einen Gesetzentwurf zur Änderung von § 27a SGB V eingebracht, durch den nichteheliche Lebensgemeinschaften und lesbische Paare bei der Kostenübernahme gleichgestellt werden sollen, BT-Drs. 19/1832. Mit diesem Entwurf soll zum einen die gesetzliche Kostenübernahmeregelung in § 27 a SGB V so erweitert werden, wie sie der aktuellen Förderpraxis der Bundesregierung bereits entspreche. Zum anderen sind die Antragsteller der Ansicht, eine Ausweitung auch auf lesbische Paare mit Kinderwunsch sei geboten19. Mit Fragen der Öffnung der Fördermöglichkeit haben sich auch Experten im Rahmen einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 25. Juni 2018 befasst. Die Mehrheit der Fachleute sprach sich dafür aus, dass der Staat bzw. die Krankenkassen einen höheren Anteil an den Kosten für eine künstliche Befruchtung übernehmen sollten. Eine Ausweitung auf Alleinstehende und unverheiratete Paare wurde dagegen kontrovers diskutiert, vgl. hierzu Deutscher Bundestag, Dokumente, Textarchiv 2018 zur Öffentlichen Anhörung am 25. Juni 2018, https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2018/kw26-pa-familie /556488. *** 19 BT-Drs. 19/1832, S. 5.