Deutscher Bundestag Diamorphingestützte Behandlung Opiatabhängiger - Sachliche und personelle Mindestvoraussetzungen für substituierende Einrichtungen - Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste © 2010 Deutscher Bundestag WD 9 – 3000-067/10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-067/10 Seite 2 Diamorphingestützte Behandlung Opiatabhängiger - Sachliche und personelle Mindestvoraussetzungen für substituierende Einrichtungen - Aktenzeichen: WD 9 – 3000-067/1010 Abschluss der Arbeit: 30. April 2010 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-067/10 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Vorgaben für die Mindestausstattung der Einrichtungen im Gesetz zur diamorphingestützten Substitutionsbehandlung 5 3. Vorgaben für die Mindestausstattung der Einrichtungen in dem Richtlinien-Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses 5 4. Zwischenergebnis - Orientierungsvorgabe im Gesetzesentwurf 6 5. Personelle und sachliche Ausstattung der Einrichtungen, welche an der dem Gesetz zugrunde liegende Studie teilnahmen 8 5.1. Anforderungen an die Einrichtungen in der öffentlichen Ausschreibung 8 5.2. Konstitution der substituierenden Einrichtungen im Rahmen der Studie 8 5.3. Vergleichende Gegenüberstellung 9 5.3.1. Mindestanzahl der separaten Räume 10 5.3.2. Umfang erforderlicher ärztlicher und nichtärztlicher Voll- und Teilzeitstellen 11 5.3.3. Anzahl der notwendigen jährlichen Fortbildungen der ärztlichen Mitglieder des multidisziplinären Teams 12 5.4. Zwischenergebnis 13 6. Endergebnis 14 7. Anhang: Diamorphin/Heroin - Wissensstand 15 8. Quellenverzeichnis 16 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-067/10 Seite 4 1. Einleitung Das Gesetz zur diamorphingestützten Substitutionsbehandlung vom 15. Juli 20091 hat den Zweck, schwerstkranke Opiatabhängige, die bislang nicht erfolgreich behandelt werden konnten, mittels einer zusätzlichen Behandlungsoption künftig verstärkt therapeutisch zu erreichen. Hierzu wurde die Diamorphinbehandlung als weitere Behandlungsmethode in das Regelsystem der gesundheitlichen Versorgung integriert2. Um Diamorphin3 als verschreibungsfähiges Betäubungsmittel einzustufen und darüber hinaus diejenigen Modalitäten gesetzlich zu regeln, unter denen Diamorphin zur Substitutionsbehandlung verwendet werden kann, wurden mit dem Gesetz zur diamorphingestützten Substitutionsbehandlung sowohl das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) als auch das Arzneimittelgesetz (AMG) geändert bzw. angepasst4. Hinsichtlich der Mindestvoraussetzungen für die sachliche und personelle Ausstattung der Einrichtungen , in welchen die Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, enthält das Gesetz nur generalisierende Vorgaben und überlässt die Konkretisierung dieses Mindeststandards im Übrigen der Bundesregierung bzw. den Ländern5. Aufgrund dieser Konkretisierungs-, genauer: Richtlinienkompetenz6 hat der – unter Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung stehende - Gemeinsame Bundesausschuss die Richtlinie Methoden vertragsärztlicher Versorgung7 mit Beschluss vom 18. März 20108 abgeändert und detaillierte – teilweise verschärfende - Vorgaben für die Mindestausstattung der Einrichtungen, in denen eine Diamorphinbehandlung stattfindet, festgelegt. Zu prüfen ist, ob die Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses im Hinblick auf die Mindestvoraussetzungen , die eine mit Diamorphin substituierende Einrichtung erfüllen muss, noch von den gesetzlichen Bestimmungen umfasst sind oder ob die einrichtungsbezogenen Regelungen in dem Richtlinien-Beschluss möglicherweise in unzulässiger Weise über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen. 1 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 41, ausgegeben zu Bonn am 20. Juli 2009 2 BT-Drs. 16/11515, S. 2. 3 Vgl. hierzu 7. Wissensstand, Seite 15. 4 BT-Drs. 16/11515, S. 3. 5 Vgl. einerseits § 13 Abs. 3, Ziffer 2b BtMG i.V.m. § 135 SGB V bzw. BT-Drs. 16/11515, S. 9. 6 Ermächtigungsgrundlage in § 135 SGB V. 7 In der Fassung vom 17. Januar 2006, zuletzt geändert am 17. Dezember 2009. 8 Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung : Diamorphingestützte Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger vom 18. März 2010. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-067/10 Seite 5 2. Vorgaben für die Mindestausstattung der Einrichtungen im Gesetz zur diamorphingestützten Substitutionsbehandlung Das Gesetz zur diamorphingestützten Substitutionsbehandlung selbst enthält nur generelle Vorgaben im Zusammenhang mit der Mindestausstattung von Einrichtungen, in denen eine diamorphingestützte Substitutionsbehandlung stattfindet. So heißt es in der Neufassung des § 5 Abs. 9b BtMVV: „Die Behandlung mit Diamorphin darf nur in Einrichtungen durchgeführt werden, denen eine Erlaubnis durch die zuständige Landesbehörde erteilt wurde. Die Erlaubnis wird erteilt , wenn 1. nachgewiesen wird, dass die Einrichtung in das örtliche Suchthilfesystem eingebunden ist, 2. gewährleistet ist, dass die Einrichtung über eine zweckdienliche personelle und sachdienliche Ausstattung verfügt, 3. eine sachkundige Person, die für die Einhaltung der in Nummer 2 genannten Anforderungen , der Auflagen der Erlaubnisbehörde sowie der Anordnungen der Überwachungsbehörde verantwortlich ist (Verantwortlicher), benannt worden ist“. 3. Vorgaben für die Mindestausstattung der Einrichtungen in dem Richtlinien-Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses Der Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Änderung der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung: Diamorphingestützte Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger vom 18. März 2010 enthält bezüglich der Mindestanforderungen an Einrichtungen zur Substitution mit Diamorphin in einem neu einzufügenden § 10 folgende Vorgaben: „Einrichtungen, in denen Substitutionen mit Diamorphin durchgeführt werden, haben folgende Voraussetzungen zu erfüllen: 1. Die Substitution mit Diamorphin erfolgt in der Einrichtung durch ein multidisziplinäres Team, das von einem ärztlichen Teammitglied verantwortlich geleitet wird. In der Einrichtung ist die ärztliche substitutionsgestützte Behandlung über einen täglichen Zeitraum von 12 Stunden sicherzustellen. Hierfür sind Arztstellen in Voll- oder Teilzeit im Umfang von grundsätzlich 3 Vollzeitstellen und eine angemessene Anzahl qualifizierter nichtärztlicher Vollzeitstellen vorzuhalten. Die Möglichkeit einer kurzfristigen konsiliarischen Hinzuziehung fachärztlich-psychiatrischer Kompetenz ist sicherzustellen. 2. In der Regel soll die außerhalb der Leistungspflicht der GKV liegende psychosoziale Betreuung der Patienten in der substituierenden Einrichtung stattfinden. In Ausnahmefällen kann die psychosoziale Betreuung der Patienten unter Koordination durch die substituierende Einrichtung auch im Rahmen einer engen Kooperation mit entsprechenden externen Institutionen erfolgen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-067/10 Seite 6 3. Zur Gewährleistung des Behandlungsauftrages verfügt die Einrichtung zur Betreuung der Patienten wenigstens über drei separate Räume (insbesondere zur Trennung von Wartebereich , Ausgabebereich und Überwachungsbereich nach erfolgter Substitution). Des Weiteren stehen in der Einrichtung für Notfälle die notwendige Ausstattung zur Durchführung einer kardiopulmonalen Reanimation sowie Pulsoxymetrie und Sauerstoffversorgung zur Verfügung. 4. Soweit in der Einrichtung auch Substitutionen stattfinden, die ausschließlich nicht diamorphingestützt sind, ist die Substitution dieser Patienten organisatorisch von der diamorphingestützten Substitution zu trennen. 5. Die Einrichtung hat die Substitution dreimal täglich, auch an Wochenenden und Feiertagen , sicherzustellen. 6. Auf Verlangen der KV hat die Einrichtung nachzuweisen, dass alle ärztlichen Mitglieder des multidisziplinären Teams regelmäßig, wenigstens zweimal jährlich, an suchtmedizinischen Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen, die durch eine Ärztekammer anerkannt sind. An diesen Fortbildungen sollen nach Möglichkeit auch die nichtärztlichen Mitarbeiter teilnehmen. Alle Mitarbeiter sind außerdem wenigstens einmal jährlich zu drogenspezifischen Notfallmaßnahmen (insbesondere kardiopulmonale Reanimation) und zur Notfallbehandlung von zerebralen Krampfanfällen zu schulen9“. 4. Zwischenergebnis - Orientierungsvorgabe im Gesetzesentwurf Bei vergleichender Gegenüberstellung mit den gesetzlichen Vorgaben ist festzustellen, dass die Detailvorgaben des Richtlinien-Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses zunächst nur insoweit mit der Regelung des § 5 Abs. 9b BtMVV übereinstimmen, als dass die substituierende Einrichtung einerseits an das örtliche Drogenhilfesystem angebunden sein soll10 und die Einrichtung andererseits eine sachkundige Person als Verantwortlichen für die anforderungsbedingte Überwachung zu bestellen hat11. Obgleich der neu einzufügende § 10 Nr. 1 der Richtlinie hinsichtlich der verantwortlichen Person einen „Arzt“ benennt, § 5 Abs. 9b Nr. 3 BtMVV dagegen lediglich von einer „sachkundigen Person“ ausgeht, stellt dies keine vorgabewidrige Konkretisierung dar, weil sich bereits diejenigen Vorschriften, die die persönlichen Voraussetzungen der Diamorphin verschreibenden Personen betreffen (etwa die Neufassung des § 2 Abs. 3 BtMVV12), einen „Arzt“ voraussetzen. 9 Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung : Diamorphingestützte Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger vom 18. März 2010, Seiten 3 und 4. 10 BT-Drs. 16/11515, S. 9. 11 § 5 Abs. 9b Nr. 3 BtMVV. 12 Und weitere, z.B. § 5 Abs. 4 Sätze 2 bis 4, Abs. 5, Abs. 9a BtMVV. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-067/10 Seite 7 Die übrigen Vorgaben für die Richtlinie bezüglich der persönlichen und sachlichen Voraussetzungen der substituierenden Einrichtungen deuten weiterhin auf das Erfordernis eines umfangreichen personellen und sachlichen Organisationsapparates hin, mit welchem die Einrichtungen ausgestattet sein müssen, um die Diamorphinbehandlung richtliniengemäß ausführen zu können. Dies könnte in unzulässiger Weise über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen, weil diese insoweit und verschiedentlich und im Zusammenhang mit der Behandlung mit bzw. der Verschreibung von Diamorphin den „Arzt“ im Singular benennen13. Daraus könnte der Schluss gezogen werden, dass auch einzelne Ärzte (bzw. kleinere Arztpraxen) zu den substitutionsbefähigten „Institutionen “ gehören (sollen). Solche (Einzel-)Ärzte bzw. „kleinere“ Arztpraxen müssten aber, wenn die Vorgaben der Richtlinie erfüllt werden sollen, erhebliche organisatorische, personelle und sachliche Zusatzanstrengungen unternehmen, um die Befähigung zur diamorphingestützten Substitution nach Maßgabe des Richtlinien-Entwurfes des Gemeinsamen Bundesausschusses zu erlangen. Allein aus dem Wortlaut der im Rahmen des Gesetzes zur diamorphingestützten Substitutionsbehandlung geänderten Vorschriften im BtMG, in der BtMVV und des AMG lässt sich die Intention des Gesetzgebers einer solchen „Mitbefähigung“ auch von Einzelärzten oder kleineren Arztpraxen indessen nicht herleiten. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass nahezu alle der einschlägigen, neu gefassten Vorschriften im BtMG, in der BtMVV und im AMG ausdrücklich mit dem jeweiligen Zusatz einer Diamorphin substituierenden „Einrichtung“ versehen wurden14. Diejenigen Vorschriften, in denen der Begriff „Arzt“ (im Singular) explizit benannt ist, betten diese Spezifizierung außerdem kontextuell in die Organisationsform der „Einrichtung “. Das bedeutet, dass die benannten Vorschriften die strukturelle Gemeinsamkeit beinhalten , dass mit „Arzt“ eine fachkundige Person im Organisationskomplex der jeweils substituierenden Einrichtung gemeint ist, so etwa in § 47b AMG. Doch auch dies lässt noch keinen eindeutigen Rückschluss auf die gesetzgeberische Intention bezüglich der Mindestausstattung der „Einrichtungen“ zu, so wie sie in dem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses detailliert benannt werden. Insofern ist zusätzlich auf die Begründung zum Gesetzesentwurf und damit einhergehend auf die Ausstattung derjenigen Einrichtungen einzugehen, die an der - dem Gesetz zugrunde liegenden - Studie teilgenommenen haben. In der Gesetzesbegründung nämlich hat der Gesetzgeber den Hinweis darauf gegeben, dass die Konkretisierung der Mindestausstattung der substituierenden Einrichtungen sich „an den derzeit bestehenden Einrichtungen, die an der Studie15 teilnahmen […]“ zu orientieren haben bzw. dass „der Gesetzesentwurf sich bei der Ausgestaltung der Substitutionsbehandlung mit Diamorphin stark an die Behandlungsmethoden der Studie anlehnt16“. 13 Vgl. etwa die Neufassung der §§ 2 Abs. 3; 5 Abs. 4 Sätze 2 bis 4, Abs. 5, Abs. 9a BtMVV. 14 Vgl. etwa die Neufassung der §§ 13 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 2 Nr. 2a und 2b, BtMG; § 47b AMG; § 1 Abs. 3, Abs. 9b, Abs. 9c, Abs. 9d BtMVV. 15 Klinische Arzneimittelstudie „Das bundesdeutsche Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger – eine multizentrische, randomisierte, kontrollierte Therapiestudie“- durchgeführt in den Jahren 2001 bis 2006. 16 BT-Drs. 16/11515, S. 9. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-067/10 Seite 8 5. Personelle und sachliche Ausstattung der Einrichtungen, welche an der dem Gesetz zugrunde liegende Studie teilnahmen 5.1. Anforderungen an Einrichtungen in der öffentlichen Ausschreibung Die dem Modellprojekt vorangegangene öffentliche Ausschreibung17 des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) enthielt hinsichtlich der sachlichen und persönlichen Voraussetzungen der „Einrichtungen“, welche sich für eine Teilnahme an der Studie bewerben würden, nur allgemeine Vorgaben. So wurden etwa Präferenzen vorausgesetzt, aus denen eine dem Auftraginhalt entsprechende „wissenschaftliche, didaktische und technische Fachund Sachkunde abgeleitet werden kann“, zudem „mehrjährige Erfahrung mit klinischen Zulassungsstudien , ausgezeichnete Kenntnisse des deutschen Arzneimittelgesetzes (AMG) und Betäubungsmittelgesetzes (BTMG), gutes Know-how und Erfahrungen der Monitore sowie möglichst Erfahrungen mit klinischen Betäubungsmittel-Studien und möglichst viel Erfahrung mit klinischen Studien, die aus öffentlicher Hand finanziert wurden“. Vom Auftragnehmer wurde zudem eine große Zuverlässigkeit und Flexibilität erwartet18. Dass die Ausschreibung auf einen Bewerberkreis „größerer Komplexität“ zielte, könnte sich zudem aus dem Umstand ergeben, dass die Auftragnehmer auch weiterführende Unterlagen zu der jeweiligen Bewerbergesellschaft, zur Gesellschaftsform (und Informationen zu den Eigentumsverhältnissen ) sowie spezifizierende Daten aus dem Handelsregister vorzulegen hatten19. 5.2. Konstitution der substituierenden Einrichtungen im Rahmen der Studie20 Entscheidender Aspekt des Konkretisierungsumfanges hinsichtlich personeller und sachlicher Ausstattung der substituierenden „Einrichtungen“ war nach der Intention des Gesetzgebers also die Ausstattung der Einrichtungen, welche das Bewerbungsverfahren im Rahmen der Ausschreibung durchlaufen und dem folgend an der Studie selbst teilgenommen haben21. Die Studiendokumentation 22 beschreibt insoweit und im Hinblick auf die Konstitution der substituierenden Einrichtungen: 17 Öffentliche Ausschreibung eines Auftrags zum „Monitoring des Modellprojekts zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger“ des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung, erschienen im Bundesanzeiger am 20. November 2004. 18 Seite 2, Ziffer m) der öffentlichen Ausschreibung (vorherige Fn.). 19 Seite 2, Ziffer m) der öffentlichen Ausschreibung (Fn. 17). 20 Klinische Arzneimittelstudie „Das bundesdeutsche Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger – eine multizentrische, randomisierte, kontrollierte Therapiestudie“- durchgeführt in den Jahren 2001 bis 2006. 21 BT-Drs. 16/11515, S. 9. 22 Die Ergebnisse zur Studie bzw. die Studiendokumentation wurde(n) in drei Bänden veröffentlicht: Band 1, Die Wirksamkeit der Diamorphinbehandlung im Vergleich zur Methadonsubstitution – Ergebnisse der 1. und 2. Studienphase ; Band 2, Der Einfluss der Diamorphinbehandlung auf Kriminalität und Delinquenz Opiatabhängiger; Band 3, Psychosoziale Interventionen – Kosten und Nutzen der Behandlung – Transfer in die Versorgung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-067/10 Seite 9 „Die Heroinbehandlung musste in der Studienphase in Ambulanzen (oder entsprechenden Einrichtungen wie Gesundheitsämtern, Polikliniken u. ä. oder in speziellen Schwerpunktpraxen – nicht aber in Arztpraxen einzelner niedergelassener Ärzte) erfolgen. Dies begründet sich aus der Sicherstellung einer umfassenden Versorgung im Sinne des Studiendesigns bzw. den Anforderungen einer Klinischen Prüfung, der Sicherung der Arzneimittel-Verwahrung sowie der Wirtschaftlichkeit der Einrichtungen. Dabei sollte eine minimale Anzahl von Behandlungsplätzen gesichert sein; d.h., die Einrichtungen mussten aufgrund der Praktikabilität, Wirtschaftlichkeit und Rahmenbedingungen für die Evaluation (Finanzen) eine versorgungsrelevante Größe haben. Einrichtungen und Ausbildungsstand der (verantwortlichen) Mitarbeiter mussten den in §§ 5 und 6 des BtMG formulierten Anforderungen entsprechen. Für das begleitende Case Managment und die psychoedukative Therapie/Drogenberatung sollten in den Behandlungszentren Räumlichkeiten bereitgehalten werden. Die psychosoziale Betreuung erfolgte durch geschulte Mitarbeiter der Behandlungsstelle oder in einer anderen in der ambulanten Drogentherapie erfahrenen Einrichtung23“. Zum Behandlungsverlauf bzw. -umfang hingegen wurde in der Studiendokumentation Folgendes festgehalten: „Die Heroinbehandlung wurde in speziell eingerichteten Drogenambulanzen durchgeführt […]. Die Studienbehandlung der Heroingruppe umfasste dreimal täglich die Vergabe intravenös applizierbaren Heroins, begleitende Untersuchungen durch das ärztliche Personal sowie die regelmäßige psychosoziale Betreuung. Zusätzlich bestand die Möglichkeit, am Abend eine Dosis Methadon zur Nacht zu erhalten24“. 5.3. Vergleichende Gegenüberstellung Eine vergleichende Gegenüberstellung zwischen den Ausstattungen der studienbegleitenden Einrichtungen und den Ausstattungsanforderungen, die der Gemeinsame Bundesausschusses in seinem Richtlinien-Beschluss festlegt, ergibt, dass die Konkretisierungen durch den Gemeinsamen Bundesausschuss grundsätzlich in Anlehnung an die Ausstattung der studienbegleitenden Einrichtungen ausformuliert worden sind. Die in (dem neu einzufügenden) § 10 der Richtlinie festgelegten Mindestvoraussetzungen für substituierende Einrichtungen enthalten im Verhältnis zu den studienbegleitenden Einrichtungen aber auch Verschärfungen. Zu nennen sind etwa der Umfang erforderlicher Arztstellen in Voll- oder Teilzeit bzw. die Anzahl qualifizierter nichtärztlicher Vollzeitstellen25, die (auf drei) festgelegte Mindestanzahl separater Behandlungsräume für die Diamorphinpatienten innerhalb 23 Band 1 der Studiendokumentation: Die Wirksamkeit der Diamorphinbehandlung im Vergleich zur Methadonsubstitution – Ergebnisse der 1. und 2. Studienphase; für die 1. Studienphase vgl. S. 61, für die 2. Studienphase hierzu S. 193. 24 Band 1 der Studiendokumentation: Die Wirksamkeit der Diamorphinbehandlung im Vergleich zur Methadonsubstitution – Ergebnisse der 1. und 2. Studienphase, Seiten 44 und 45; Band 2 der Studiendokumentation : Der Einfluss der Diamorphinbehandlung auf Kriminalität und Delinquenz Opiatabhängiger, S. 44. 25 Zu § 10 Nr. 1 in der Beschlussdokumentation des Gemeinsamen Bundesausschusses. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-067/10 Seite 10 der Behandlungseinrichtung26 sowie die Anzahl der notwendigen jährlichen Fortbildungen der ärztlichen Mitglieder des multidisziplinären Teams (wenigstens zwei Fortbildungen jährlich27). 5.3.1. Mindestanzahl der separaten Räume Hinsichtlich der Mindestanzahl separater Behandlungsräume für Diamorphinpatienten enthält die Studiendokumentation lediglich den Hinweis, dass die Behandlungsanstalt eine gewisse „Größe“ haben musste und dass auch für das begleitende Case Managment und die psychoedukative Therapie/Drogenberatung „Räumlichkeiten“ zur Verfügung zu stellen waren28. Eine genaue Anzahl der separaten Behandlungsräume ist insofern nicht benannt. Allerdings ist davon auszugehen, dass wegen der Verwendung des Plurals mindestens zwei, möglicherweise aber auch mehr separate Räume zur Verfügung zu stehen hatten. Mit den Vorgaben im Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses, es seien „zur Betreuung der Patienten wenigstens drei separate Räume (insbesondere zur Trennung von Wartebereich, Ausgabebereich und Überwachungsbereich nach erfolgter Substitution)29“ bereit zu halten, ist jedoch nicht notwendiger Weise eine unzulässige Überschreitung des gesetzgeberischen Willens festzustellen. Der Gemeinsame Bundesausschuss begründet die Mindestanzahl der bereit zu stellenden Räumlichkeiten wie folgt: „Aus medizinischer Sicht ist zusätzlich eine strikte räumliche Trennung von Wartebereich, Ausgabebereich und Überwachungsbereich nach erfolgter Substitution sinnvoll, um eine durchaus mit Konfliktpotential behaftete Durchmischung der Patienten in ihren entsprechend unterschiedlichen psychisch-physischen Bedürfnislagen zu vermeiden. Weiterhin haben die räumlichen Gegebenheiten der Einrichtung den entsprechenden Sicherheitskonzepten und länderspezifischen Zulassungsvoraussetzungen Rechnung zu tragen. Im Ergebnis kann eine substituierende Einrichtung aus Sicht des G-BA die Substitution mit Diamorphin für die genannten medizinischen Zwecke nur dann in angemessener Prozess- und Ergebnisqualität erbringen und gleichzeitig den rechtlichen Vorgaben gerecht werden, wenn sie über mindestens drei separate Räume verfügt30“. Insbesondere unter Berücksichtung der studienbezogenen empirischen Vorgaben ist im Ergebnis davon auszugehen, dass die statuierte Anzahl von mindestens drei separaten Räumen für die Behandlung von Diamorphinpatienten noch keinen evidenten Verstoß gegen die gesetzlichen Vorgaben bzw. den erkennbaren gesetzgeberischen Willen indiziert. 26 Zu § 10 Nr. 3 in der Beschlussdokumentation des Gemeinsamen Bundesausschusses. 27 Zu § 10 Nr. 6 in der Beschlussdokumentation des Gemeinsamen Bundesausschusses. 28 Band 1 der Studiendokumentation: Die Wirksamkeit der Diamorphinbehandlung im Vergleich zur Methadonsubstitution – Ergebnisse der 1. und 2. Studienphase, S. 61. 29 Zu § 10 Nr. 3 in der Beschlussdokumentation des Gemeinsamen Bundesausschusses. 30 Tragende Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Richtlinie Methoden vertragsärztlicher Versorgung in Anlage I: Diamorphingestützte Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger, Seiten 4 und 5. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-067/10 Seite 11 5.3.2. Umfang erforderlicher ärztlicher und nichtärztlicher Voll- und Teilzeitstellen Zur „Sicherstellung einer umfassenden Versorgung“, so heißt es in der Studiendokumentation, hatte die Behandlung von Diamorphinpatienten in „Ambulanzen oder entsprechenden Einrichtungen wie Gesundheitsämtern, Polikliniken u. ä. oder in speziellen Schwerpunktpraxen“ stattzufinden 31. Im Zusammenhang mit der hierfür erforderlichen Anzahl ärztlicher und nichtärztlicher Voll- oder Teilzeitkräfte erachtet der Gemeinsame Bundesausschuss in seinem Beschluss, dass eine „umfassende Versorgung“ nur gewährleistet sei, wenn „Arztstellen in Voll- oder Teilzeit im Umfang von grundsätzlich 3 Vollzeitstellen und eine angemessene Anzahl qualifizierter nichtärztlicher Vollzeitstellen“ vorhanden seien32. In den tragenden Gründen zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses wird die Konkretisierung dieses personellen Mindestumfanges der substituierenden Einrichtungen wie folgt belegt: Es „[…] benötigen die meisten stabil eingestellten Patienten eine zwei bis dreimalige tägliche Vergabe von Diamorphin. Die Einrichtung hat daher wenigstens dreimal täglich eine Diamorphinvergabe zu gewährleisten und über einen insgesamt 12-stündigen Zeitraum (bspw. zwischen 7:00 Uhr morgens und 19:00 Uhr abends) ein Behandlungsangebot sicherzustellen. Unter Berücksichtigung der zusätzlich notwendigen medizinischen (z.B. ärztliche Versorgung, Vigilanzbeobachtung, Beigebrauchskontrollen) und organisatorischen Begleitmaßnahmen sowie unter Berücksichtigung von Urlaubs- und Krankheitszeiten sind Arztstellen im Umfang von mindestens drei ärztlichen Vollzeitstellen, im Rahmen eines Stellensplittings auch als Teilzeitstellen , und eine angemessene Anzahl qualifizierter nicht-ärztlicher Mitarbeiter für eine sorgfältige , zuverlässige und fachlich hochwertige Betreuung der Patientinnen und Patienten erforderlich . […] Die Patienten benötigen […] grundsätzlich eine sehr intensive ärztliche Betreuung (u.a. bei der Festlegung und laufenden Anpassung des umfassenden Therapiekonzepts, der Abklärung von Suchtbegleit- und –folgeerkrankungen und andere Komorbiditäten auch im Verlauf der Substitution )33“. Für die Beurteilung, ob sich der personelle Behandlungsumfang so, wie er vom Gemeinsamen Bundesausschuss in dem Beschluss vorgesehen ist, noch im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben bewegt, ist entscheidend der tatsächlich erforderliche Betreuungsaufwand für die Substitutionspatienten . In Übereinstimmung mit dem Behandlungsumfang und –verlauf während der Stu- 31 Band 1 der Studiendokumentation: Die Wirksamkeit der Diamorphinbehandlung im Vergleich zur Methadonsubstitution – Ergebnisse der 1. und 2. Studienphase, S. 61. 32 Zu § 10 Nr. 1 in der Beschlussdokumentation des Gemeinsamen Bundesausschusses. 33 Tragende Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses, S. 4. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-067/10 Seite 12 die34 wird die Mindestanzahl der täglich zu verabreichenden Diamorphindosen mit zwei bzw. drei oder aber bei zusätzlicher Methadonvergabe zum Abend mit drei bzw. vier Behandlungseinheiten beziffert. Da weiterhin eine tägliche Verabreichung notwendig ist, ist die erforderliche personelle Ausstattung auch an Wochenenden zu gewährleisten. Auch im Hinblick auf das Erfordernis eines 12-stündigen Behandlungsangebotes sowie auf die Anzahl unterstützender und begleitender nichtärztlicher Mitarbeiter ist die Begründung des Gemeinsamen Bundesausschusses (bei Berücksichtigung des tatsächlichen Studienverlaufes) nachvollziehbar. Die Konkretisierungen des Gemeinsamen Bundesausschusses hinsichtlich der personellen Mindestvoraussetzungen für eine regelmäßige Diamorphinbehandlung sind daher insgesamt nicht zu beanstanden. 5.3.3. Anzahl der notwendigen jährlichen Fortbildungen der ärztlichen Mitglieder des multidisziplinären Teams Bereits die Auftragsausschreibung des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung enthielt Vorgaben zur Mindestqualifikation der diamorphinbehandelnden bzw. - verschreibenden Ärzte. So heißt es in der Ausschreibung, dass die behandelnden Ärzte Präferenzen vorzuweisen hatten, „aus denen eine […] entsprechende wissenschaftliche, didaktische und technische Fach- und Sachkunde abgeleitet werden kann“, zudem wurde eine „mehrjährige Erfahrung mit klinischen Zulassungsstudien, ausgezeichnete Kenntnisse des deutschen Arzneimittelgesetzes (AMG) und Betäubungsmittelgesetzes (BTMG), gutes Know-how und Erfahrungen der Monitore sowie möglichst Erfahrungen mit klinischen Betäubungsmittel-Studien“ vorausgesetzt 35. Die Studiendokumentation stützte sich zudem auf Erfahrungen mit „geschultem Personal “ unter anderem auch in „speziellen Schwerpunktpraxen“36. Der gemeinsame Bundesausschuss bewertet die (langfristigen) persönlichen bzw. fachlichen Voraussetzungen der behandelnden Ärzte hoch und fordert – sowohl für die Ärzte selbst und möglichst auch für die Mitarbeiter - eine „regelmäßige, mindestens zweimal im Jahr vorzunehmende Teilnahme an suchtmedizinischen Fortbildungsveranstaltungen, die durch eine Ärztekammer anerkannt sind“37. In den tragenden Gründen zum Beschluss führt der Gemeinsame Bundesausschuss hierzu aus: „Die regelmäßige suchtmedizinische Fortbildung ist vor dem Hintergrund der komplexen Behandlungsstrategien (Dynamik bei beigebrauchten Drogen, begleitende psychiatrische und medizinische Komorbidität, vielfältige Sonderkonstellationen wie z.B. Schwangerschaft, Narkose /Operationen, Frage der Fahrtüchtigkeit etc.) für alle Mitarbeiter sicherzustellen. Dies gilt eben- 34 Band 1 der Studiendokumentation: Die Wirksamkeit der Diamorphinbehandlung im Vergleich zur Methadonsubstitution – Ergebnisse der 1. und 2. Studienphase, Seiten 44 und 45. 35 Öffentliche Ausschreibung eines Auftrags zum „Monitoring des Modellprojekts zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger“ des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung, erschienen im Bundesanzeiger am 20. November 2004. 36 Band 1 der Studiendokumentation: Die Wirksamkeit der Diamorphinbehandlung im Vergleich zur Methadonsubstitution – Ergebnisse der 1. und 2. Studienphase; S. 61. 37Zu § 10 Nr. 6 in der Beschlussdokumentation des Gemeinsamen Bundesausschusses. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-067/10 Seite 13 so für den Umgang mit typischen Notfallkonstellationen (z.B. Atemstillstand, zerebrale Krampfanfälle )38. Das Gesetz zur diamorphingestützten Substitutionsbehandlung schließlich benennt die notwendige Qualifikation diamorphinverschreibender Ärzte in dem neu eingefügten § 5 Abs. 9a Nr. 1 BtMVV in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Nr. 6 BtMV und verweist insofern auf „Mindestanforderungen für eine suchttherapeutische Qualifikation, die von den Ärztekammern nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft festgelegt werden“39. In der Gesetzesbegründung heißt es diesbezüglich: „Im Hinblick auf die suchtmedizinische Qualifikation der behandelnden Ärztinnen und Ärzte beabsichtigt die Bundesärztekammer, diese Behandlungsmethode sowohl in ihre Substitutionsrichtlinien als auch in das Fortbildungscurriculum zu integrieren , so dass künftig alle substituierenden Ärztinnen und Ärzte auch Kenntnisse in diesem Bereich haben werden40“. Zum erforderlichen Fortbildungsumfang fügt der Gesetzgeber hinzu: „[…] Hinsichtlich der Qualifikation der Ärzte […] beabsichtigt die Bundesärztekammer, geeignete Weiterbildungsinhalte in die Zusatzweiterbildung Suchtmedizinische Grundversorgung aufzunehmen , so dass Ärzte, die künftig in Einrichtungen der Diamorphinbehandlung tätig werden, diese erwerben und zur Sicherung der Strukturqualität auch nachweisen müssen41“. In rechtlicher Hinsicht sind diese Vorgaben grundsätzlich nicht zu beanstanden. Unter Berücksichtigung der Begründungen zum Gesetz zur diamorphingestützten Substitutionsbehandlung ist davon auszugehen, dass regelmäßige Fortbildungsveranstaltungen für Fachärzte notwendig sind und auch erwartet werden und weiterhin, dass entsprechende anerkannte Fortbildungsveranstaltungen allen fachbereichstätigen und interessierten Ärzten allgemein und ohne Teilnahmebeschränkungen zugänglich sind. Da der Gesetzgeber selbst die Konkretisierung der Fortbildungsanforderungen sachkundigen Gremien wie der Bundesärztekammer überlässt, kann in rechtlicher Hinsicht lediglich eine Evidenz- bzw. Willkürkontrolle in Bezug auf die aufgestellten Fortbildungsanforderungen stattfinden. Umsetzungsmängel sind – bei Berücksichtigung der gesetzgeberischen Vorgaben – vorliegend aber nicht ersichtlich, so dass auch die vom Gemeinsamen Bundesausschuss aufgestellten personellen Voraussetzungen (Qualifikation, Fortbildungen) der diamorphinbehandelnden Ärzte nicht zu beanstanden sind. 5.4. Zwischenergebnis Die Mindestvoraussetzungen, die der Gemeinsame Bundesausschuss in seinem Beschluss zu den sachlichen (Anzahl der separaten Räume) und personellen (Anzahl behandelnder Ärzte und Mitarbeiter , Fortbildungsveranstaltungen) Ausstattungen derjenigen Einrichtungen festgelegt hat, die mit Diamorphin substituieren, gehen nicht unzulässig über die gesetzlichen Vorgaben hinaus. Die Konkretisierungen des Gemeinsamen Bundesausschusses weisen sowohl eine hinreichende 38 Tragende Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses, S. 5. 39 Entsprechend in § 5 Abs. 2 Nr. 6 BtMV. 40 BT-Drs. 16/11515, S. 10. 41 BT-Drs. 16/11515, S. 11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-067/10 Seite 14 Ermächtigungsgrundlage42 auf und halten als solche auch einer Zweckmäßigkeitsprüfung nach Maßgabe des § 5 Abs. 9b BtMVV43 stand. 6. Endergebnis Die Konkretisierungen des Gemeinsamen Bundesausschusses im Zusammenhang mit dem Gesetz zur diamorphingestützten Substitutionsbehandlung enthalten zwar gewisse Verschärfungen im Verhältnis zu den gesetzlichen Vorgaben. Diese Verschärfungen bewegen sich aber noch im Rahmen dessen, was der Gesetzgeber mit der Berücksichtigung und der Orientierung an der Studie „Das bundesdeutsche Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger“ in seinen Willen aufgenommen und bei der Gesetzesausarbeitung zugrunde gelegt hat. 42 § 13 Abs. 3, Ziffer 2b BtMG i.V.m. § 135 SGB V. 43 „[…] Die Erlaubnis wird erteilt, wenn […] die Einrichtung über eine zweckdienliche personelle und sachliche Ausstattung verfügt“. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-067/10 Seite 15 7. Anhang: Diamorphin/Heroin- Wissensstand44 „Heroin (chemisch: Diacetylmorphin, Diamorphin) ist ein halbsynthetisches Opioid und wird durch Acetylierung mit Essigsäureanhydrid aus Morphin gewonnen. Die (analgetische) Wirkung hält etwa vier bis fünf Stunden an, die Eliminations-Halbwertzeit des Heroins selbst beträgt nur 3-9 Minuten; wirksam ist das 6-Acetylmorphin und Morphin. Heroin wurde erstmals 1874 in England synthetisiert, die kommerzielle Herstellung begann 1898 durch die deutsche Firma Bayer. Das Medikament wurde vor allem als Mittel gegen Atemwegserkrankungen eingesetzt und hatte in den Zeiten der Tbc-Epidemien eine starke Verbreitung gefunden . Im Gegensatz zu Morphin wurde das Abhängigkeitspotential von Heroin erst in den 20er Jahren zugegeben, woraufhin der Einsatz von Heroin strikten Herstellungs- und Handelsrestriktionen unterworfen wurde. In Deutschland unterliegt Heroin dem Betäubungsmittelrecht und war als Substanz in Anlage I des § 1 BtMG als nicht verkehrsfähiges Betäubungsmittel aufgeführt. Heroin hat eine starke analgetische (Analgesie = Ausschalten von Schmerzen, Anm. des Autors) Wirkung, darüber hinaus können Übelkeit, Mundtrockenheit und Kreislaufstörungen auftreten. Weitere körperliche Wirkungen bestehen in einer Verlangsamung der Atmung, Appetitabnahme und Nachlassen der Darmmotorik. Bei Frauen kommt es bei regelmäßigem Gebrauch zu Störungen des Menstruationszyklus oder vollständigem Ausbleiben der Regel. Die psychischen Wirkungen sind vielfältig. Die (im Gegensatz zu Morphin) rasche Anflutung des Heroins im Gehirn erzeugt eine stark euphorisierende Wirkung und intensives Wohlbefinden, das in einen länger andauernden beruhigenden (Trance-)Zustand übergehen kann. Der Gebrauch von Heroin ist mit einem hohen Risiko der Abhängigkeitsentwicklung verbunden. Nach längerem regelmäßigem Gebrauch entwickelt sich bei Ausbleiben der Heroinzufuhr ein Entzugssyndrom, das von grippeähnlichen Symptomen wie Schnupfen, vermehrtem Tränenfluss, Muskelschmerzen, Gänsehaut, Fieber und Schlafstörungen sowie dem Gefühl von Unruhe, Reizbarkeit und allgemeinem Unwohlsein begleitet ist und etwa eine Woche andauert“. 44 Im Folgenden eine freie Zitierung nach: Klinische Arzneimittelstudie „Das bundesdeutsche Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger – eine multizentrische, randomisierte, kontrollierte Therapiestudie“- durchgeführt in den Jahren 2001 bis 2006 - Band 1 der Studiendokumentation: Die Wirksamkeit der Diamorphinbehandlung im Vergleich zur Methadonsubstitution – Ergebnisse der 1. und 2. Studienphase; Seiten 30 und 31. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000-067/10 Seite 16 9. Quellenverzeichnis Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (2004), Öffentliche Ausschreibung eines Auftrags zum „Monitoring des Modellprojekts zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger“, erschienen im Bundesanzeiger am 20. November 2004 Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (2007), Das bundesdeutsche Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger – Band 1: Die Wirksamkeit der Diamorphinbehandlung im Vergleich zur Methadonsubstitution - Ergebnisse der 1. und 2. Studienphase , Baden-Baden 2007 Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (2007), Das bundesdeutsche Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger – Band 2: Der Einfluss der Diamorphinbehandlung auf Kriminalität und Delinquenz Opiatabhängiger, Baden-Baden 2007 Deutscher Bundestag (2006), Entwurf eines Gesetzes zur diamorphingestützten Substitutionsbehandlung vom 19. Dezember 2008 – Bundestags-Drucksache 16/11515, Berlin 2008 Gemeinsamer Bundesausschuss (2010), Tragende Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung in Anlage I: Diamorphingestützte Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger vom 18. März 2010, Berlin 2010