© 2019 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 062/19 Masernerkrankungen Informationen zum Krankheitsbild, zu Behandlungsmöglichkeiten und zu Fragen im Zusammenhang mit der geplanten Einführung der Impfpflicht Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 062/19 Seite 2 Masernerkrankungen Informationen zum Krankheitsbild, zu Behandlungsmöglichkeiten und zu Fragen im Zusammenhang mit der geplanten Einführung der Impfpflicht Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 062/19 Abschluss der Arbeit: 30. August 2019 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 062/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Zum Krankheitsbild der Masernerkrankung 4 1.1. Allgemeines 4 1.2. Schwere Verläufe 5 2. Statistische Angaben zu Erkrankungen 6 2.1. Weltweit 6 2.2. Deutschland 6 3. Therapie/ Präventiv- und Bekämpfungsmaßnahmen 7 3.1. Allgemeine Informationen 7 3.2. Schwere Verläufe 8 4. Zur Frage von möglichen Impfkomplikationen 9 4.1. Meldungen über Verdachtsfälle von Impfreaktionen 9 4.2. Fragen der Kausalität 10 5. Zum geplanten Impf-Verfahren 11 5.1. Grundlage im aktuellen Gesetzentwurf: Impfstatus und Immunstatus 11 5.2. Impfstoffe (Mehrfach, nicht Einzelimpfstoff) 12 5.3. Kostenregelung für die Impfung und ggfs. für die serologische Untersuchung 14 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 062/19 Seite 4 1. Zum Krankheitsbild der Masernerkrankung 1.1. Allgemeines Bei der Masernerkrankung handelt es sich um eine hochansteckende Virusinfektion. Krankheitssymptome sind vor allem Fieber, Grippesymptome und ein Hautausschlag, der sich über den ganzen Körper ausbreitet. Die World Health Organization (WHO) berichtete im August 2019 erneut von dem weltweit drastischen Anstieg der an Masern Erkrankten, New measles surveillance data from WHO, 12. August 2019, https://www.who.int/immunization/newsroom/new-measlesdata -august-2019/en/2. Anlage 1 Auch in Deutschland wird die Zunahme der Masernausbrüche mit großer Sorge gesehen3. Diese Entwicklung hat vor allem in den letzten Monaten bei den Akteuren der Gesundheitspolitik zu kontroversen Diskussionen über die Einführung einer Impflicht geführt und in der Folge zu ersten konkreten Maßnahmen, um weiteren Ausbrüchen Vorschub zu leisten. Aktuell liegt ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung der Masernimpfpflicht vor, Entwurf des Gesetzes für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention (Masernschutzgesetz).4 Allgemeine Informationen über die Masernerkrankung finden sich bei: World Health Organization (WHO), Key facts Measles (Stand 9. Mai 2019), abrufbar über: https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/measles Robert Koch Institut (RKI), RKI-Ratgeber Masern (Stand 6. Februar 2019), abrufbar über https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Masern.html Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Masern – Informationen über Krankheitserreger beim Menschen – Impfen schützt! (Stand 23. April 2018), abrufbar über https://www.infektionsschutz.de/erregersteckbriefe/masern/#c3679 Anlage 2 Berufsverband der Kinder und Jugendärzte e.V.: Was sind Masern? (Stand 7. Februar 2019), abrufbar über https://www.kinderaerzte-im-netz.de/krankheiten/masern/was-sind-masern/ 1 Dieser Link und alle weiteren wurden zuletzt abgerufen am 28. August 2019. 2 Dieser Link und alle weiteren wurden zuletzt abgerufen am 28. August 2019. 3 Siehe hierzu z. B. die Berichte über die vorübergehende Schließung zweier Schulen in Schleswig-Holstein, vgl. Stamp, Michael, Masern: Zwei Schulen geschlossen, in: Kieler Nachrichten, 29. März 2019, https://www.knonline .de/Lokales/Segeberg/Masern-in-Bad-Segeberg-Zwei-Schulen-von-ansteckender-Krankheit-betroffen. 4 Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention (Masernschutzgesetz), 9. August 2019, BR-Drucks. 358/19. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 062/19 Seite 5 1.2. Schwere Verläufe In den meisten Fällen heilen die Masern problemlos aus. Allerdings wird das Immunsystem durch die Masernerkrankung vorübergehend geschwächt, was weitere Komplikationen nach sich ziehen kann. Der Körper ist in dieser Zeit anfälliger für bakterielle Infektionen wie Mittelohr- (Otitis media) oder Lungenentzündungen (Pneumonie). In seltenen Fällen kann es darüber hinaus zu zum Teil schwereren Formen einer Hirnentzündung (Enzephalitis) kommen, die zu bleibenden Schäden oder sogar zum Tod führen können. Komplikationen können in jedem Alter auftreten , besonders aber bei Säuglingen und Erwachsenen. Zu den möglichen Auswirkungen der Masernerkrankung siehe die Ausführungen des Berufsverbandes der Kinder und Jugendärzte e. V. auf dessen Internetseite: Masern – Auswirkungen, abrufbar über https://www.kinderaerzte-im-netz.de/krankheiten/masern/auswirkungen/. Die meist gefürchtete Komplikation ist die subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE), eine schleichende Entzündung des gesamten Gehirns, die, wenn, dann meist sechs bis acht Jahre nach der Infektion auftritt. Laut einer Studie des Instituts für Virologie und Immunbiologie der Universität Würzburg tritt die SSPE bei einem von 3.300 Kindern im Alter unter fünf Jahren nach einer Masernerkrankung auf. Siehe hierzu: Schönberger, Katharina/Ludwig, Maria-Sabine/Wildner , Manfred/ Weißbrich, Benedikt, Epidemiology of Subacute Sclerosing Panencephalitis (SSPE) in Germany from 2003 to 2009: A Risk Estimation, in: PLOS ONE, Juli 2013, abrufbar über https://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de/opus4-wuerzburg/frontdoor/deliver/index/doc Id/13008/file/095_Epidemiology+of+Subacute+Sclerosing+Panencephalitis.pdf. Anlage 3 Problematisch ist nach Ansicht des an der Studie beteiligten Virologen Benedikt Weißbrich, dass das Risiko, an SSPE zu erkranken, bei Kindern im ersten Lebensjahr am höchsten ist, eine Impfung allerdings meist erst ab dem elften Lebensmonat erfolge. Siehe hierzu den Bericht: SSPE: Risiko von tödlicher Masernkomplikation häufig, in: aerzteblatt.de vom 16. Juli 2013, abrufbar über https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/55190/SSPE-Risiko-von-toedlicher-Masernkomplikation -haeufig. Öffentlich bekannt wurde der Fall eines sechsjährigen Mädchens, das im Jahr 2016 in Hessen an einer SSPE als Folge einer Maserninfektion starb. Siehe hierzu: Tod nach Masern: Mädchen stirbt an SSPE, in: Gesundheitsstadt-Berlin.de, 27. November 2016, abrufbar über https://www.gesundheitsstadt -berlin.de/tod-nach-masern-maedchen-stirbt-an-sspe-10908/. Im April 2019 starb eine Frau in Niedersachsen an einer durch Masern ausgelösten Lungenentzündung . Nach Angaben des Kreis-Gesundheitsamtes war die Frau acht Tage vor ihrem Tod erstmals gegen Masern geimpft worden. Verhindert werden konnte die Krankheit hierdurch allerdings nicht mehr. Siehe hierzu: Knoppik, Sebastian, Obduktion bestätigt Tod durch Masern, in: Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 29. Juli 2019, abrufbar über https://www.hildesheimer-allgemeine .de/news/article/tod-durch-masern-bestaetigt.html. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 062/19 Seite 6 2. Statistische Angaben zu Erkrankungen 2.1. Weltweit Bis Ende Juli 2019 wurden weltweit 364.800 Masernfälle registriert. Dies geht aus dem aktuellen WHO-Bericht vom 12. August 2019 zur weltweiten Masernsituation hervor. Dabei wird nach Schätzungen der WHO nur jeder zehnte Fall gemeldet. Afrika war besonders stark betroffen. Dort wurde in den ersten sechs Monaten ein Anstieg um 900 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum registriert. Die Demokratische Republik Kongo und auch Madagaskar zählten zu den Ländern mit den meisten Masernfällen, https://www.who.int/immunization/newsroom/new-measles -data-august-2019/en/ (siehe oben, Anlage 1). Umfassendes Zahlenmaterial zu den weltweiten Masernfällen aus den Jahren 2011 bis 2019 findet sich auf der Internetseite der WHO: https://www.who.int/immunization/monitoring_surveillance /burden/vpd/surveillance_type/active/measles_monthlydata/en/. In der Europäischen Region stieg die Zahl der Masernfälle im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Juli 2019 nach Angaben der WHO um 120 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Eine monatliche Zusammenfassung epidemiologischer Daten bezüglich Masern in der Europäischen Region findet sich auf der europäischen Internetseite der WHO: http://www.euro.who.int/en/health-topics/disease-prevention/vaccines-and-immunization /publications/surveillance-and-data/who-epidata. Auch in den USA habe es einen rasanten Anstieg an Masernfällen gegeben. Im diesem Jahr gebe es den höchsten Stand seit 1992. Siehe hierzu: Zahl der Masernfälle in den USA seit Jahresbeginn übersteigt die 1000er-Marke, in: Stern.de, 6. Juni 2019, abrufbar über https://www.stern.de/news/zahl-der-masernfaelle-in-den-usa-seit-jahresbeginn-uebersteigt-die- 1000er-marke-8742442.html. Zum weltweiten Anstieg der Masernfälle vgl. auch: Masernfälle haben sich weltweit verdreifacht, in: Spiegel online, 13. August 2019, abrufbar über https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose /masern-weltgesundheitsorganisation-meldet-weltweit-rasanten-anstieg-a-1281685.html. 2.2. Deutschland In den letzten zehn Jahren sind in Deutschland insgesamt 9.907 Masernfälle an das RKI übermittelt worden. Die Zahl der Erkrankungen war mit 2.465 Fällen im Jahr 2015 am höchsten. Nach 929 Masernfällen 2017 wurden nach Angaben des RKI im Jahr 2018 nur 543 Fälle registriert. Im laufenden Jahr 2019 wurden bis April allerdings schon 310 Fälle gemeldet und damit deutlich mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Siehe hierzu die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Andrew Ullmann, Michael Theurer, Grigorios Aggelidis , weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP, BT-Drucks. 19/9944, 7. Mai 2019. Die Fallzahlen der gemeldeten Masernfälle in Deutschland finden sich auch auf der Internetseite des Robert Koch-Instituts (RKI): Epidemiologische Situation der Masern und Röteln in Deutschland in 2018 (Stand: 1. Februar 2019), abrufbar über https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen /Praevention/elimination_04_01.html. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 062/19 Seite 7 Umfassendes Datenmaterial zu den Masernfällen nach Bundesländern liefert das Epidemiologische Bulletin Nr. 33 des RKI zur aktuellen Epidemiologie der Masern in Deutschland (Datenstand : 30. Juni 2018), abrufbar über https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv /2018/Ausgaben/33_18.pdf?__blob=publicationFile. Die Nationale Verifizierungskommission Masern/Röteln (NAVKO) beim RKI hat die Aufgabe, den Eliminationsprozess der Masern (und Röteln) in Deutschland unter Berücksichtigung der von der WHO vorgegebenen Ziele zu bewerten. Dazu stellt sie Daten zur Epidemiologie der Masern zusammen und beurteilt so den Fortschritt der Eliminierung. Der aktuelle Bericht der NA- VKO (Sachstand für 2017) ist abrufbar über: https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/NA- VKO/Berichte/Bericht_2017_de.pdf?__blob=publicationFile. Anlage 4 3. Therapie/ Präventiv- und Bekämpfungsmaßnahmen 3.1. Allgemeine Informationen Gegen das Masernvirus selbst gibt es keine direkte Therapie, lediglich die Symptome lassen sich durch entsprechende Behandlung lindern. Nach Einschätzung des RKI ist die wirksamste präventive Maßnahme gegen Masern die Schutzimpfung . Diese erfolgt bei Kindern über neun Monaten nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) als Zweifachimpfung: Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut – 2019/2020, Epidemiologisches Bulletin, 22. August 2019, abrufbar über https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2019/Ausgaben /34_19.pdf?__blob=publicationFile. Anlage 5 Darüber hinaus gibt es Methoden, wie unzureichend geschützte Personen nach dem Kontakt mit Masernviren geschützt werden können, um die Weiterverbreitung der Infektionskrankheit zu verhindern oder den Verlauf einer Erkrankung abzumildern. Als Präventionsmaßnahmen kommen die postexpositionelle Impfung oder die passive Immunisierung durch die Gabe von Immunglobulinen in Betracht. Vergleich hierzu: Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut – 2019/2020 S. 341 ff. (siehe oben Anlage 5). Die postexpositionelle Impfung sollte bei Personen mit unklarem Impfstatus, ohne Impfung oder mit nur einer Impfung in der Kindheit nach Kontakt zu Masernkranken möglichst innerhalb von drei Tagen erfolgen. Bei der postexpositionellen Impfung handelt es sich um eine Notmaßnahme. Dabei kann der Aufbau des Impfschutzes innerhalb der Inkubationszeit nicht immer gewährleistet werden. Die postexpositionelle Prophylaxe von Masern ist auch als passive Immunisierung durch eine Gabe von humanem Immunglobulin (Antikörper) möglichst innerhalb von sechs Tagen nach Kontakt möglich. Das RKI bewertet die Wirksamkeit von Immunglobulinen hinsichtlich der Verhinderung von Masern allerdings mit Zurückhaltung. Zwar würden die verfügbaren Daten eine Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 062/19 Seite 8 gewisse Wirksamkeit belegen, allerdings seien diese mangels hinreichender Studien nicht vollends aussagekräftig. Trotzdem empfiehlt die STIKO aufgrund der hohen Komplikationsrate und des Mangels an anderen wirksamen Interventionen zur Abschwächung oder Verhinderung von Masern bei Personen mit einer Kontraindikation für aktive Immunisierungen die passive Immunisierung mit Immunglobulinen für folgende Risikogruppen5: Säuglinge im Alter von weniger als sechs Monaten empfängliche Schwangere immundefiziente Personen Als Kontrollmaßnahme zur Eindämmung von Masernausbrüchen sei die Gabe von Immunglobulinen hingegen nicht geeignet. Siehe hierzu: Stellungnahme der Ständigen Impfkommission (STIKO) am RKI, Fachliche Anwendungshinweise zur Masern-Postexpositionsprophylaxe bei Risikopersonen , in: Epidemiologisches Bulletin, 12. Januar 2017, abrufbar über https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2017/Ausgaben /02_17.pdf?__blob=publicationFile. Teilweise wird auch auf homöopathische Behandlungsmethoden der Masern verwiesen: Homöopathie bei Kinderkrankheiten – Masern, erschienen auf: experto.de, abrufbar über https://www.experto.de/praxistipps/homoeopathie-bei-kinderkrankheiten-masern.html. Nach wie vor werden jedoch grundlegende Bedenken gegen das Impfen gerade im Hinblick auf die Masernerkrankung geäußert. So wird vertreten, dass sich die Masernerkrankung positiv auf die Entwicklung des Kindes auswirke und der Rückgang von Kinderkrankheiten durch Impfungen eher negativ zu bewerten sei, da so Allergien, Neurodermitis und ähnliches gefördert würden . Vergleiche hierzu: Kommentar zur Maserndiskussion: Masern – ein Geschäft mit der Angst, in: naturheilmagazin.de, abrufbar über https://www.naturheilmagazin.de/natuerlich-heilen /krankheiten-a-bis-z/masern/aktuelle-maserndiskussion.html.6 Daneben werden von Impfgegnern auch andere Gründe gegen Masernimpfungen vorgebracht, wie insbesondere das Risiko von späteren Erkrankungen. Siehe hierzu Graf, Friedrich: 10 Gründe gegen eine Masernimpfung, in: impfschaden.info, 19. September 2013, abrufbar über https://www.impfschaden.info/masern/10-gruende-gegen-eine-masernimpfung.html. 3.2. Schwere Verläufe Kommt es infolge der Masern zu bakteriellen Infektionen wie Mittelohr- oder Lungenentzündungen , können Antibiotika helfen. Siehe: Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V., Masern, 5 So vom RKI in der Tabelle 5 der Empfehlungen (siehe oben Anlage 5) ausdrücklich gelistet. 6 In den letzten Jahren waren oft Eltern in der Diskussion, die ihre gesunden und nichtgeimpften Kinder absichtlich mit akut an Masern erkrankten Kindern in Kontakt bringen, damit sie durch das Durchmachen der Krankheit eine Immunität gegen diese entwickeln. Ob sogenannte „Masernpartys“ tatsächlich stattfinden, ist jedoch nicht belegt. Siehe hierzu: Mythos Masernparty, 23. November 2014, in: Arbeitsgruppe Information, (AGi), abrufbar über http://impformation.org/de/blog/kommentare/mythos_masernparty/2014-11-23/20/. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 062/19 Seite 9 Therapie (Stand: 7. Februar 2019), abrufbar über https://www.kinderaerzte-im-netz.de/krankheiten /masern/therapie/. Durch Masern verursachte Gehirnentzündungen sollten schnellstmöglich durch eine spezifische Therapie zur Erregerbekämpfung auf der Intensivstation behandelt werden. Vergleiche hierzu: Reiche, Dagmar, Enzephalitis – Gehirn in Gefahr, in: gesundheit.de, 21. April 2017, abrufbar über https://www.gesundheit.de/krankheiten/infektionskrankheiten/hirnhautentzuendung/enzephalitis -gehirn-in-gefahr. Gegen die SSPE gibt es keine Therapie. Diese Form der Gehirnentzündung verläuft immer tödlich . 4. Zur Frage von möglichen Impfkomplikationen 4.1. Meldungen über Verdachtsfälle von Impfreaktionen Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 IfSG ist der Verdacht einer über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung meldepflichtig. Die Meldungen erfolgen zunächst an die Gesundheitsämter. Diese sind gemäß § 11 Abs. 4 IfSG verpflichtet, die gemeldeten Verdachtsfälle dem PEI als zuständige Bundesbehörde weiterzuleiten. Im Jahr 2017 erhielt das PEI insgesamt 4.027 Meldungen über Verdachtsfälle von Impfnebenwirkungen bzw. Impfkomplikationen. Eine Übersicht der dem PEI im Jahr 2017 gemeldeten Verdachtsfälle findet sich in dem Bulletin zur Arzneimittelsicherheit des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und des PEI: Daten zur Pharmakovigilanz von Impfstoffen aus dem Jahr 2017, Ausgabe 1, März 2019, S. 19 ff., abrufbar über https://www.pei.de/Shared- Docs/Downloads/bulletin-einzelartikel/2019-daten-pharmakovigilanz-impfstoffe- 2017.pdf?__blob=publicationFile&v=2. Die Datenbank der dem PEI gemeldeten Verdachtsfällen von Impfkomplikationen bis zum 31. Juli 2019 ist abrufbar über: http://52625146fm.pei.de/fmi/webd/#UAWDB. Danach gab es bis zu diesem Stichtag 45089 Verdachtsfälle insgesamt. Die Datenbank enthält darüber hinaus Informationen über Verdachtsfälle bezogen auf die einzelnen Impfstoffe und bestimmte Impfreaktionen. Dem PEI sind von 2001 bis 2012 insgesamt 1696 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen mit 5297 Reaktionen nach einer Impfung mit masernhaltigen Einzel- oder Kombinationsimpfstoffen berichtet  worden. In 14,1 Prozent der Fallmeldungen wurden zusätzlich zu den masernhaltigen Impfstoffen weitere Impfstoffe verabreicht. Das PEI hat alle Verdachtsfallberichte über Nebenwirkungen bzw. Impfkomplikationen nach Impfung mit monovalenten und kombinierten Masernimpfstoffen , die in Deutschland in den Jahren 2001 bis 2012 gemeldet wurden, zusammengefasst, bewertet und in der Zeitschrift Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz veröffentlicht: Mentzer, D./  Meyer, H. / Keller-Stanislawski, B., Paul-Ehrlich-Institut Langen , Sicherheit und Verträglichkeit von monovalenten Masern- und kombinierten Masern,- Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 062/19 Seite 10 Mumps-, Röteln- und Varizellenimpfstoffen, in: Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz, Ausgabe 9/2013, abrufbar über https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads /bundesgesundheitsblatt/2013/2013-sicherheit-impfstoffe-masern-mumps-roeteln .pdf?__blob=publicationFile&v=6. Anlage 6 Eine Zusammenfassung der Studie findet sich zudem im Bulletin zur Arzneimittelsicherheit, Informationen aus BfArM und PEI, September 2013, Sicherheit von (Masern)-Impfstoffen, S. 12 ff, abrufbar über https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/bulletin-einzelartikel/2013-sicherheitmasernimpfstoffe .pdf?__blob=publicationFile&v=2. Darüber hinaus wird auf die Studie in der Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats des PEI vom 27. Mai 2019 zur Sicherheit von Masernimpfstoffen Bezug genommen. Die Studie bestätige, dass Impfstoffe „verträglich, sicher und wirksam“ seien. Die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats des Paul-Ehrlich-Instituts, Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel , zur Qualität und Sicherheit von Impfstoffen, ist abrufbar über https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/institut/wissenschaftlicher-beirat/stellungnahmewissenschaftlicher -beirat-impfstoffe.pdf?__blob=publicationFile&v=4. Nach Angaben des PEI lässt sich die Zahl der nicht gemeldeten Impfkomplikationen („Underreporting “) nicht genau beziffern. Das PEI geht allerdings davon aus, dass schwerwiegende Komplikationen häufiger gemeldet würden als nicht schwerwiegende. Darüber hinaus würden auch Komplikationen nach Gabe von neueren Impfstoffen bzw. solcher, die im Zentrum der Aufmerksamkeit stünden, häufiger gemeldet als Komplikationen aufgrund länger im Markt befindlicher Impfstoffe. Vergleiche hierzu: Erläuterungen zur Datenbank mit Verdachtsfällen von Impfkomplikationen (DB-UAW) auf der Internetseite des PEI, aktualisiert am 2. Februar 2018, abrufbar über https://www.pei.de/DE/arzneimittelsicherheit-vigilanz/pharmakovigilanz/uaw-datenbank/erlaeuterungen -uaw-datenbank/erlaeuterungen-uaw-db-node.html. 4.2. Fragen der Kausalität Ob eine Komplikation mit einer Impfung in einem ursächlichen Zusammenhang steht, ist aus Sicht des PEI äußerst schwierig. Ein wichtiger Indikator für die Ursächlichkeit wäre hierbei die Häufigkeit des Auftretens derselben Komplikation bei nicht geimpften Personen. Siehe hierzu: Erläuterungen zur Datenbank mit Verdachtsfällen von Impfkomplikationen (DB-UAW) auf der Internetseite des PEI, aktualisiert am 2. Februar 2018, abrufbar über https://www.pei.de/DE/arzneimittelsicherheit -vigilanz/pharmakovigilanz/uaw-datenbank/erlaeuterungen-uaw-datenbank /erlaeuterungen-uaw-db-node.html. Der ursächliche Zusammenhang zwischen der Impfung und der Impfreaktion wurde vom PEI in 6 Prozent der von 2001 bis 2012 gemeldeten Verdachtsfälle mit „wahrscheinlich“, in 42,3 Prozent als „möglich“ und in 27,8 Prozent der Fälle als „unwahrscheinlich“ bewertet. Bei 23,5 Prozent der Fälle konnte eine abschließende Beurteilung aufgrund mangelhafter Datenlage nicht vorgenommen werden. Die Bewertung des ursächlichen Zusammenhangs findet sich in dem im Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz veröffentlichten Bericht: Sicherheit und Verträglichkeit von monovalenten Masern- und  kombinierten Masern-, Mumps-, Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 062/19 Seite 11 Röteln- und Varizellenimpfstoffen, in: Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz , Ausgabe 9/2013, S. 1255 (siehe oben Anlage 6). 5. Zum geplanten Impf-Verfahren 5.1. Grundlage im aktuellen Gesetzentwurf: Impfstatus und Immunstatus Nach dem aktuell vorliegenden Entwurf des Gesetzes für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention (Masernschutzgesetz)7 soll dem § 20 Infektionsschutzgesetz (IfSG)8 ein neuer Absatz 8 angefügt werden, der vorschreibt, dass bei Personen, die in einer Gemeinschaftseinrichtung gemäß § 33 IfSG9 betreut werden, in Gemeinschaftseinrichtungen gemäß § 33 IfSG Tätigkeiten ausüben, bei denen sie Kontakt zu den Betreuten haben, und in einer Einrichtung gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 IfSG10 Tätigkeiten ausüben, bei denen sie Kontakt zu den Patienten haben, ein nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission ausreichender Impfschutz oder eine Immunität gegen Masern vorliegen muss. Vor Beginn der Tätigkeit ist entweder ein ausreichender Impfschutz durch Vorlage des Impfausweises oder eine bestehende Immunität durch ärztliche Bescheinigung nachzuweisen. Der Gesetzentwurf stützt sich damit nicht allein auf den Impfstatus, sondern verweist alternativ auch auf den Immunstatus. Grundsätzlich hält die STIKO routinemäßige Antikörperbestimmungen vor oder auch nach Standardimpfungen für nicht angebracht. Die in klinischen Laboratorien verwendeten Testmethoden würden häufig keine ausreichende Sensitivität und Spezifität aufweisen. Lediglich in Ausnahmefällen seien solche Untersuchungen sinnvoll. So zum Beispiel zur Überprüfung des Impferfolges 7 Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention (Masernschutzgesetz), 9. August 2019, BR-Drucks. 358/19. 8 Infektionsschutzgesetz (IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Artikel 18a des Gesetzes vom 9. August 2019 (BGBl. I S. 1202). 9 Im Wortlaut: „[…] Einrichtungen, in denen überwiegend Säuglinge, Kinder oder Jugendliche betreut werden, insbesondere Kinderkrippen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Kinderhorte, Schulen oder sonstige Ausbildungseinrichtungen , Heime, Ferienlager und ähnliche Einrichtungen“. 10 Krankenhäuser (Nr. 1); Einrichtungen für ambulantes Operieren (Nr. 2); Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen , in denen eine den Krankenhäusern vergleichbare medizinische Versorgung erfolgt (Nr. 3); Dialyseeinrichtungen (Nr. 4); Tageskliniken (Nr. 5); Entbindungseinrichtungen (Nr. 6) Behandlungs- oder Versorgungseinrichtungen , die mit einer der in den Nummern 1 bis 6 genannten Einrichtungen vergleichbar sind (Nr. 7); Arztpraxen , Zahnarztpraxen (Nr. 8); Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe (Nr. 9); Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, in denen medizinische Untersuchungen, Präventionsmaßnahmen oder ambulante Behandlungen durchgeführt werden (Nr. 10) und ambulante Pflegedienste, die ambulante Intensivpflege in Einrichtungen, Wohngruppen oder sonstigen gemeinschaftlichen Wohnformen erbringen (Nr. 11). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 062/19 Seite 12 bei Patienten mit Immundefizienz. Vgl. hierzu: Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut – 2019/2020, S. 348 (siehe oben Anlage 5). 5.2. Impfstoffe (Mehrfach, nicht Einzelimpfstoff) Die Verpflichtung eines nach den Empfehlungen der STIKO ausreichenden Impfschutzes bezüglich Masern soll gemäß des neu geplanten § 20 Abs. 8 Satz 2 IfSG auch dann gelten, wenn hierzu ausschließlich Kombinationsimpfstoffe zur Verfügung stehen, die auch Impfstoffkomponenten gegen andere Krankheiten enthalten. Momentan existieren auf dem deutschen Markt lediglich Kombinationsimpfstoffe in Form einer Dreifachimpfung gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) oder einer Vierfachimpfung, bei welcher noch die Impfung gegen Windpocken (Varizellen, MMRV) hinzukommt. Mit dem Masern- Impfstoff Mérieux stand in Deutschland zeitweilig ein Einzelimpfstoff zur Verfügung, dieser wurde im Jahr 2017 allerdings vom Markt genommen. Zuständig für die Zulassung von Impfstoffen im nationalen Zulassungsverfahren ist das Paul Ehrlich Institut (PEI). Eine Liste zugelassener Impfstoffe gegen Masern wird auf der Internetseite des PEI veröffentlicht: https://www.pei.de/DE/arzneimittel/impfstoff-impfstoffe-fuer-den-menschen/masern/masernnode .html. Nach Ansicht des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) hänge die Verfügbarkeit eines Einzelimpfstoffes davon ab, ob und wann ein Hersteller die Zulassung hierfür beantragt. Siehe hierzu: Warum gilt die Impfpflicht nur für Masern?, Fragen und Antworten zum Masernschutzgesetz auf der Internetseite des BMG (Stand 15. August 2019), abrufbar über https://www.bundesgesundheitsministerium .de/impfpflicht/faqs-masernschutzgesetz.html#c15963. Allerdings wird – so ein Bericht in der Deutschen Apotheker Zeitung (DAZ) - die Herstellung eines Einzelimpfstoffes gegen Masern von den bekannten Impfstoffhersteller zukünftig nicht geplant . Ein Sprecher des Impfstoffherstellers MSD äußerte gegenüber der DAZ, dass es sich bei dem ausschließlichen Angebot von Kombinationsimpfstoffen um eine globale Unternehmensentscheidung handele, die nicht von einem deutschen Gesetz abhängig gemacht werde. Des Weiteren wäre die Herstellung eines Einzelimpfstoffes neben Kombinationsimpfstoffen laut des PEI produktionstechnisch nicht einfach umzusetzen. Vergleiche hierzu: Moll, Diana, Masern: Die Impfpflicht kommt – aber kein Einzelimpfstoff in Sicht?, in: DAZ online, 20. August 2019, abrufbar über https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2019/08/19/masern-die-impfpflicht -kommt-aber-kein-einzelimpfstoff-in-sicht. Anlage 7 Nach Angaben des RKI seien Kombinationsimpfstoffe grundsätzlich nicht schlechter verträglich als Einzelimpfstoffe und würden darüber hinaus einige wichtige Vorteile aufweisen: Reduzierung der Zahl der Injektionen und damit möglicher Nebenwirkungen und Komplikationen Insgesamt geringere Menge an Begleit- und Zusatzstoffen Niedrigere Kosten Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 062/19 Seite 13 Die Bereitstellung von Kombinationsimpfstoffen fördere damit auch die Umsetzung der Impfempfehlungen und die Verwirklichung höherer Impfquoten. Vergleiche hierzu: Schutzimpfung gegen Masern, häufig gestellte Fragen und Antworten auf der Internetseite des RKI, abrufbar über https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/MMR/FAQ-Liste_Masern_Impfen.html. Zu den Vorteilen von Kombinationsimpfstoffen siehe auch: Was bringen Kombinationsimpfstoffe?, In: Impfen.de, September 2018, abrufbar über https://www.impfen.de/impfwissen/3-fach-4-fach-6- fach-impfungen-was-bringen-kombinationsimpfstoffe/. Auch nach den Empfehlungen der STIKO seien Kombinationsimpfstoffe den Einzelimpfstoffen vorzuziehen. Vergleiche hierzu: Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut – 2019/2020, S. 315 (siehe oben Anlage 5). Allerdings wird die Verwendung von Kombinationsimpfstoffen auch teilweise kritisiert. So könne die Kombination bzw. Koadministration von Impfstoffen Wechselwirkungen zur Folge haben , die die Impfreaktion oder die Immunantwort betreffen. Zum Beispiel könne es häufiger zu Fieber kommen. Vergleiche hierzu: Bischoff, Martin, Kombinationsimpfstoffe: Verändertes Interaktionspotenzial , in: Deutsches Ärzteblatt 7/2016, abrufbar über https://www.aerzteblatt.de/archiv /174982/Kombinationsimpfstoffe-Veraendertes-Interaktionspotenzial. Der Deutsche Ethikrat bewertet in einer Stellungname zum geplanten Masernschutzgesetz eine Kombinationsimpfung zwar als positiv, sieht allerdings Probleme mit Blick auf das Fehlen von Einzelimpfstoffen im Zusammenhang mit der geplanten Impfpflicht: Ethikrat, Impfen als Pflicht?, Empfehlungen Nr. 14, 27. Juni 2019, abrufbar über https://www.ethikrat.org/fileadmin/Publikationen /Stellungnahmen/deutsch/stellungnahme-impfen-als-pflicht.pdf. („Würde eine staatliche Impfpflicht eingeführt, müsste die praktische Möglichkeit geschaffen werden, nur gegen diejenige Krankheit zu impfen, auf die sich die Pflicht bezieht. Dementsprechend wäre sicherzustellen , dass die entsprechenden Monopräparate verfügbar sind“). Anlage 8 Durch das Fehlen von Einzelimpfstoffen wird die durch das Gesetz intendierte Masernimpfpflicht indirekt auch zur Impfpflicht gegen Mumps und Röteln. Der Verein Ärzte für individuelle Impfentscheidung e.V. macht in seiner Stellungnahme zum geplanten Masernschutzgesetz auf hiermit verbundene Probleme aufmerksam. So würde die indirekte Mumpsimpfpflicht bei Frauen eine Erhöhung des Eierstockkrebsrisikos mit sich bringen. Vergleiche hierzu: Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit für ein Gesetz zum Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention, 28. Mai 2019, abrufbar über https://www.individuelle-impfentscheidung.de/pdfs/Stellungnahme%20zum%20Referentenentwurf .pdf. Tatsächlich ist aber der Bezug von Einzelimpfstoffen gegen Masern offenbar nur noch aus dem Ausland möglich. In der Schweiz wird der Einzelimpfstoff Measles Vaccine produziert. Ein Import wäre als Einzelimport nach § 73 Abs. 3 Arzneimittelgesetz (AMG)11 grundsätzlich möglich. 11 Arzneimittelgesetz (AMG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 9. August 2019 (BGBl. I S. 1202). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 062/19 Seite 14 Darauf wird auch hingewiesen bei: Masern: Die Impfpflicht kommt – aber kein Einzelimpfstoff in Sicht? in: DAZ online, 20. August 2019, Chapter 3 (siehe oben Anlage 7). 5.3. Kostenregelung für die Impfung und ggfs. für die serologische Untersuchung Die Kosten der Impfung (in der Regel MMR) werden bereits jetzt von den Krankenkassen übernommen . Anders verhält es sich mit den Kosten für die serologische Untersuchung zur Ermittlung der Immunität (Titerbestimmung). Diese sind grundsätzlich von den Patienten zu tragen. Sie belaufen sich, so der Gesetzentwurf der Bundesregierung, insgesamt auf 28 bis 43 Euro: Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention (Masernschutzgesetz), 9. August 2019, BR-Drucks. 358/19, S. 15f. Das RKI rät zur Bestimmung der Masernimmunität allerdings von einer Titerbestimmung ab. Siehe hierzu: Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Thema Masern auf der Internetseite des RKI (Stand 23. Februar 2015), abrufbar über https://www.rki.de/Shared- Docs/FAQ/MMR/Masern/Liste_Masern.html. Anlage 9 In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, in welchen Fällen Titerbestimmungen zur Klärung der Immunität gegenüber verschiedenen Infektionskrankheiten herangezogen werden sollten und wer die Kosten für eine solche Untersuchung trägt. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen , dass die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten einer Titerbestimmung dann übernehmen , wenn die Untersuchung medizinisch notwendig ist und vom Arzt angeordnet wird.12 Bisher ist dies vor allem bei schwangeren Frauen, insbesondere wenn diese in Gesundheits- und Erziehungsberufen tätig sind, und gelegentlich bei Flüchtlingen, die in der Regel ohne Impfbescheinigungen nach Deutschland einreisen, der Fall: Zur Feststellung der Immunität schwangerer Frauen gegen Röteln und Varizellen empfiehlt das RKI eine Bestimmung des Antikörpertiters, soweit ein entsprechender Nachweis einer bestehenden Immunität fehlt. Dies betrifft ungeimpfte oder einmalig geimpfte Schwangere oder solche, deren Impfanamnese unbekannt ist. Siehe hierzu: Vorgehen bei Frauen im gebärfähigen Alter zur Vermeidung von Röteln und Varizellen in der Schwangerschaft (Stand 13. Dezember 2018), abrufbar über https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/AllgFr_AllgemeineFragen /FAQ10.html. Nach Angaben der Barmer Ersatzkasse werden die Kosten einer Titerbestimmung für Röteln und Varizellen nach ärztlicher Anordnung von der Barmer im Einklang mit den Empfehlungen des RKI übernommen. Siehe hierzu die Antwort auf die Nachfrage einer Patientin: Impfungen / Titerbestimmung als Schwangerschaftsvorsorge, 7. Mai 2015, abrufbar über https://www.barmer .de/gesundheitscampus/foren/impfungen---titerbestimmung-als-schwangerschaftsvorsorge- 21674. 12 In Verträgen mit privaten Krankenversicherungen wäre eine Kostenerstattung dagegen abhängig von entsprechenden individuellen Vereinbarungen getroffen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 062/19 Seite 15 Soweit nichtimmunisierte schwangere Frauen in Einrichtungen zur vorschulischen Kinderbetreuung tätig sind oder sonst in regelmäßigem beruflichem Umgang mit Kindern und Jugendlichen stehen, sollen Titerbestimmungen zur Ermittlung der Immunität gegen bestimmte Infektionskrankheiten (wobei auch Masern aufgeführt werden) durch die Arbeitgeber angeboten werden . Vergleiche hierzu: Sächsischer Arbeitsschutz, Hinweise zum Vollzug des Mutterschutzgesetzes und der Biostoffverordnung in Verbindung mit der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge in Einrichtungen zur vorschulischen Kinderbetreuung und bei regelmäßigem beruflichem Umgang mit Kindern und Jugendlichen, Juli 2012, abrufbar über https://www.arbeitsschutz.sachsen.de/download /MuSchG_in_Kinderbetreuungseinrichtungen_2012-07.pdf. Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, Hinweise für Arbeitgeber , Beschäftigte und Betriebsärzte zum Vollzug der Biostoffverordnung und des Mutterschutzgesetzes in Einrichtungen zur vorschulischen Kinderbetreuung (z. B. Kinderkrippen, Kindergärten ) in Bayern, Januar 2008, abrufbar über https://downloads.eo-bamberg .de/4/330/1/64316126057082048544.pdf. Die für die ärztliche Untersuchung von Flüchtlingen zuständigen Behörden können offenbar im Rahmen der Erstuntersuchung der Flüchtlinge in Ausnahmefällen Titerbestimmungen im Zusammenhang mit den empfohlenen Impfungen (damit auch bezüglich Masern) beantragen. So weist die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg darauf hin, dass die Kostenklärung hierzu mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst erfolgen müsste. Siehe hierzu: Häufig gestellte Fragen (FAQ), 2015, abrufbar über https://www.aerztekammer-bw.de/10aerzte/05kammern/50sw/vortraege -fobi-fluechtlinge/haug.pdf. Die bereits unternommenen Maßnahmen der verschiedenen Institutionen zur Verhinderung der Verbreitung von Maserninfektionen zeigen ein hohes Verantwortungsbewusstsein vieler an den Prozessen Beteiligter. Sollte es zu größeren Maserausbrüchen kommen, kann davon ausgegangen werden, dass auch die Frage, ob Titerbestimmungen, wenn sie zur Eindämmung von Infektionen beitragen könnten, von den Krankenkassen erstattet werden, dort sachgerecht geprüft werden wird. ***