WD 9 - 3000 - 061/20 (27. August 2020) © 2020 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Gemäß § 29 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)1 haben Versicherte Anspruch auf kieferorthopädische Versorgung in medizinisch begründeten Indikationsgruppen, bei denen eine Kiefer- oder Zahnfehlstellung vorliegt, die das Kauen, Beißen, Sprechen oder Atmen erheblich beeinträchtigt oder zu beeinträchtigen droht. Dazu hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) gemäß §§ 29 Abs. 4, 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB V Richtlinien für die kieferorthopädische Behandlung 2 veröffentlicht, die die Regelung des § 29 Abs. 1 SGB V konkretisieren. Die Gesetzliche Krankenversicherung übernimmt die Kosten für eine kieferorthopädische Behandlung zudem nur dann, wenn es sich um eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung gemäß §§ 2, 12, 29 SGB V handelt. Die Abrechnung der Leistungen bei den Krankenkassen erfolgt nach Maßgabe des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für zahnärztliche Leistungen gemäß § 87 Abs. 2, 2h SGB V (BEMA-Z).3 Daneben gibt es einige Behandlungsmöglichkeiten, die nicht von der Gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden. Muss eine Behandlung vom Kassenpatienten privat bezahlt werden, so findet die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) Anwendung .4 Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV), der Berufsverband der Deutschen Kieferorthopäden e. V. (BDK) - wissenschaftlich begleitet durch die Deutsche Gesellschaft für Kieferorthopädie e. V. (DGKFO) - und die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde e. V. (DGZMK) trafen im Jahr 2016 eine Vereinbarung zur Abrechnung von zahnärztlichen Mehr- 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) – Gesetzliche Krankenversicherung – (Art. 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), zuletzt geändert durch Artikel 311 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328). 2 Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen für die kieferorthopädische Behandlung in der Fassung vom 4. Juni 2003 und 24. September 2003 veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 226 (S. 24 966) vom 3. Dezember 2003 in Kraft getreten am 1. Januar 2004, abrufbar unter: https://www.g-ba.de/richtlinien/28/. 3 Einheitlicher Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen gemäß § 87 Abs. 2 und 2h SGB V mit Stand vom 1. Juli 2018, abrufbar unter: https://www.kzbv.de/gebuhrenverzeichnisse.334.de.html. 4 Gebührenordnung für Zahnärzte mit Stand vom 5. Dezember 2011 (GOZ), abrufbar unter: https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/GOZ/gebuehrenordnung_fuer_zahnaerzte_2012.pdf . Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Übernahme der Kosten für kieferorthopädische Behandlungen durch die Gesetzliche Krankenversicherung Kurzinformation Übernahme der Kosten für kieferorthopädische Behandlungen durch die Gesetzliche Krankenversicherung Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 und Zusatzleistungen sowie außervertraglichen Leistungen im Zusammenhang mit kieferorthopädischen Behandlungen5. Dabei bekräftigten sie, dass „der Umfang der Regelversorgung, wie er sich aus dem BEMA-Z ergibt, nach wie vor eine ausreichende, zweckmäßige, wirtschaftliche und dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechende kieferorthopädische Behandlung erlaubt.“6 Eine gesetzliche Regelung zu Mehr- und Zusatzleistungen fehlte bis zum 11. Mai 2019.7 Erst mit einer Ergänzung des § 29 SGB V durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG)8 im Jahr 2019 wurde auch durch den Gesetzgeber eine Regelung zu Mehr- und Zusatzleistungen getroffen . Mehrleistungen sind nach § 29 Abs. 5 S. 1 SGB V solche, die den im BEMA-Z abgebildeten Leistungen vergleichbar sind und sich lediglich in der Durchführungsart oder den eingesetzten Behandlungsmitteln unterscheiden. Versicherte, die sich für eine Mehrleistung entscheiden, müssen nur die Differenz zwischen den Kosten der gewählten Leistung und den Kosten für eine vergleichbare im BEMA-Z abgebildete Leistung selbst tragen (§ 29 Abs. 5 S. 1 SGB V). Schwierig ist die Vergleichbarkeit vor allem für die Durchführungsart zu beurteilen. Der Gesetzgeber hat dem Bewertungsausschuss daher in § 29 Abs. 6 S. 1 SGB V aufgegeben, zur Verbesserung der Transparenz bis spätestens zum 31. Dezember 2022 einen Katalog von Leistungen zu beschließen , die als Mehrleistungen vereinbart und abgerechnet werden können. Sofern es zur Abgrenzung zwischen Mehrleistungen und den im BEMA-Z enthaltenen kieferorthopädischen Leistungen erforderlich ist, konkretisiert der Bewertungsausschuss die im BEMA-Z abgebildete kieferorthopädische Leistung (§ 29 Abs. 6 S. 3 SGB V).9 Der Bewertungsausschuss hat jedoch zu berücksichtigen , dass die Befugnis zur Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden beim G-BA liegt.10 Der Bewertungsausschuss kann auch solche nicht im BEMA-Z enthaltenen kieferorthopädischen Leistungen benennen, die als Zusatzleistungen anzusehen sind (§ 29 Abs. 6 S. 2 SGB V). Darunter fallen Leistungen, die mit den im BEMA-Z abgebildeten Leistungen nicht mehr vergleichbar sind. Die Kosten für diese sind von den versicherten Personen vollständig selbst zu tragen.11 5 Vereinbarung zur kieferorthopädischen Behandlung bei Kassenpatienten mit Stand vom 18. November 2016, abrufbar unter: https://www.kzbv.de/pressemitteilung-vom-13-1-2017.1123.de.html. 6 Vereinbarung zur kieferorthopädischen Behandlung bei Kassenpatienten mit Stand vom 18. November 2016, abrufbar unter: https://www.kzbv.de/pressemitteilung-vom-13-1-2017.1123.de.html. 7 Fahlbusch in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl. 2020, § 29 Rn. 39, 41. 8 Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice- und Versorgungsgesetz – TSVG) vom 6. Mai 2019 (BGBl. I S. 646). 9 Siehe auch BT-Drs. 19/6337, S. 88. 10 Fahlbusch in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl. 2020, § 29 Rn. 43. 11 Fahlbusch in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl. 2020, § 29 Rn. 47. Kurzinformation Übernahme der Kosten für kieferorthopädische Behandlungen durch die Gesetzliche Krankenversicherung Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 3 Die Patienten sind zudem vor dem Beginn der Behandlung über mögliche Behandlungsalternativen aufzuklären und es ist eine schriftliche oder elektronische Vereinbarung zwischen dem Zahnarzt und dem Versicherten zu treffen (§ 29 Abs. 7 S. 1 SGB V). Dafür sind gemäß § 29 Abs. 7 S. 3 SGB V verbindliche Formularvordrucke zu entwickeln, die ab einem noch zu bestimmenden Zeitpunkt verwendet werden müssen. ***