© 2018 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 059/17 Kindertagespflege Einzelfragen zur Vergütung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 059/17 Seite 2 Kindertagespflege Einzelfragen zur Vergütung Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 059/17 Abschluss der Arbeit: 20. Dezember 2017 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 059/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Diskussion in der Literatur 4 3. Position des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 5 4. Rechtsprechung 6 5. Rechtsgutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht 8 6. Position des Bundesverbandes für Kindertagespflege 8 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 059/17 Seite 4 1. Einleitung Noch nicht schulpflichtige Kinder können nach den §§ 22 ff. Achtes Buch Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII)1 in Kindertageseinrichtungen oder in einer Kindertagespflegestelle gefördert werden. Kindertagespflege wird von einer geeigneten Tagespflegeperson in ihrem Haushalt oder im Haushalt des Personensorgeberechtigten geleistet (§ 22 Absatz 1 Satz 2 SGB VIII). In § 23 SGB VIII werden u. a. Einzelheiten der den Kindertagespflegepersonen zustehenden Leistungen genannt. In § 23 Absatz 1 SGB VIII heißt es: „Die Förderung in Kindertagespflege nach Maßgabe von § 24 umfasst […] die Gewährung einer laufenden Geldleistung an die Tagespflegeperson.“ Wer diese Leistungen unmittelbar gewährt – der Jugendhilfeträger und ggf. die Eltern der zu betreuenden Kinder – ist hier nicht ausdrücklich aufgeführt. Darüber hinaus können für die Inanspruchnahme der Kindertagespflege nach § 90 Absatz 1 Nummer 2 SGB VIII Kostenbeiträge festgesetzt werden. Auftragsgemäß wird die Diskussion aufgezeigt, ob es zulässig ist, dass die von den Eltern zu zahlenden Kostenbeiträge an die Kindertagespflegeperson direkt gezahlt werden und der Jugendhilfeträger an die Kindertagespflegeperson nur noch die verbleibende Differenz zur Geldleistung auszahlt. Damit würde die Einziehung der Kostenbeiträge und damit auch das finanzielle Risiko eines Zahlungsausfalls der Kindertagespflegeperson auferlegt werden.2 2. Diskussion in der Literatur Nach überwiegender Meinung in der Literatur richtet sich der Anspruch der Kindertagespflegeperson auf die volle Geldleistung nach § 23 Absatz 1 SGB VIII gegen den örtlich zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe.3 Danach wäre es rechtswidrig, wenn die Tagespflegeperson gegenüber den Eltern den Kostenbeitrag einzuziehen hätte und sie vom Jugendhilfeträger nur noch die verbleibende Differenz zur nach § 23 Absatz 1 SGB VIII geschuldeten Geldleistung erhielte. Hintergrund sei zum einen die im Rahmen des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz – KICK) vom 8. September 20054 1 Das Achte Buch Sozialgesetzbuch – Kinder und Jugendhilfe – in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl. I S. 2022), das zuletzt durch Artikel 10 Absatz 10 des Gesetzes vom 30. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3618) geändert worden ist. 2 So z. B. § 29 Absatz 2 Kinderbetreuungsgesetz (KibeTG) Hamburg, der einen Übergang des Anspruchs auf Zahlung des Kostenbeitrags (Teilnahmebeitrag) vom Jugendhilfeträger auf die Tagespflegeperson vorsieht, abrufbar unter: https://www.juris.de/jportal/portal/page/bshaprod.psml?showdoccase=1&doc.id=jlr-KiBetrGHArahmen &doc.part=X&doc.origin=bs&st=lr (zuletzt abgerufen am 20. Dezember 2017). Allerdings ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, dass bei Nichtzahlung durch die Eltern der Jugendhilfeträger ein Zwangsvollstreckungsverfahren betreibt; vgl. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, Drs. 18/88 vom 20. April 2004, S. 26, abrufbar unter: https://www.buergerschaft-hh.de/ParlDok/dokument/13309/hamburger-kinderbetreuungsgesetzkibeg -.pdf (zuletzt abgerufen am 20. Dezember 2017). 3 Struck in: Wiesner, SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfe, 5. Auflage 2015, § 23 Rn. 20; Rixen in: Schlegel/Voelzke, JurisPraxikommentar SGB VIII, 1. Auflage 2014, § 23 Rn. 11; Lakies in: Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfe, 7. Auflage 2013, § 23 Rn. 24; Mrozynski, Peter, SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe, Kommentar, 5. Auflage 2009, § 23 Rn. 12. 4 BGBl I, S. 2729. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 059/17 Seite 5 erfolgte Umstellung der Leistungsabwicklung auf den für das System der Kindertageseinrichtungen üblichen Weg, also eine Aufwertung der Kindertagespflege zu einem den Kindertageseinrichtungen gleichrangigen Angebot.5 Zum anderen stärke der Gesetzgeber die (wirtschaftliche) Position der Tagespflegeperson mit dem am 16. Dezember 2008 in Kraft getretenen Gesetz zur Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege (Kinderförderungsgesetz – KiföG)6, in dem er einen eigenen Anspruch der Tagespflegeperson auf die Geldleistung in § 23 Absatz 1 SGB VIII normiere.7 Danach stellt der Jugendhilfeträger den Bedarf für eine Tagespflege fest, trägt die gesamten Kosten und zieht die Eltern im Anschluss daran ggf. zu einem Kostenbeitrag heran. Als ebenfalls unzulässig stuft die Literatur eine Abtretung des dem Jugendhilfeträger geschuldeten Kostenbeitrags als Forderung an die Tagespflegeperson ein. Auf diesem Wege „würde der öffentliche Träger das (von ihm zu tragende) Risiko der Beitreibung der Kostenbeteiligung auf die Tagespflegeperson abwälzen. Die Tagespflegeperson hat in jedem Fall gegenüber dem öffentlichen Träger einen Anspruch auf die ungekürzte ,laufende Geldleistung ‘ nach § 23“ SGB VIII.8 3. Position des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend In den aktuellen „Fakten und Empfehlungen zu den Regelungen in der Kindertagespflege“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) heißt es: „Die Tagespflegeperson hat in jedem Fall gegenüber dem Jugendamt einen Anspruch auf die ungekürzte ‚laufende Geldleistung‘ nach § 23 SGB VIII: Die Zahlungswege Jugendamt – Tagespflegeperson und Eltern – Jugendamt sind strikt zu trennen. Eine Verrechnung der Elternbeiträge mit der ‚laufenden Geldleistung‘ dergestalt, dass das Jugendamt an die Tagespflegeperson nur die Differenz auszahlt und der Restbetrag durch die von Eltern an Tagespflegepersonen zu zahlenden Elternbeiträge abgedeckt wird, ist unzulässig.“9 5 Struck in: Wiesner, SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfe, 5. Auflage 2015, § 23 Rn. 20; siehe hierzu BT-Drs. 15/3676, Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zum qualitätsorientierten und bedarfsgerechten Ausbau der Tagesbetreuung und zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (Tagesbetreuungsausbaugesetz – TAG) vom 6. September 2004, S. 2, 24, 33 sowie S. 40, 41, abrufbar unter: http://dip21.bundestag .de/dip21/btd/15/036/1503676.pdf (zuletzt abgerufen am 20. Dezember 2017). 6 BGBl I, S. 2403. 7 Siehe Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, Entwurf eines Gesetzes zur Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege (Kinderförderungsgesetz – KiföG) vom 27. Mai 2008, Drs. 16/9299, S. 2 und 14, abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/092/1609299.pdf (zuletzt abgerufen am 20. Dezember 2017). Die Literatur, vgl. Rixen in: Schlegel/Voelzke, JurisPraxikommentar SGB VIII, 1. Auflage 2014, § 23 Rn. 11, geht davon aus, dass mit der Änderung des § 23 Absatz 1 SGB VIII ein eigener, gegen den Jugendhilfeträger gerichteter Rechtsanspruch der Tagespflegeperson gewährt werden sollte, auch wenn dies im Wortlaut nicht klar zum Ausdruck gelange. Siehe hierzu § 23 Absatz 1 SGB VIII: „Die Förderung in Kindertagespflege nach Maßgabe von § 24 umfasst […] die Gewährung einer laufenden Geldleistung an die Tagespflegeperson.“ 8 Lakies in: Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfe, 7. Auflage 2013, § 23 Rn. 24, 25. 9 BMFSFJ, Fakten und Empfehlungen zu den Regelungen in der Kindertagespflege vom 9. Januar 2017, S. 7, abrufbar unter: https://www.bmfsfj.de/blob/89194/0e0965d6d1337db4f2330382a4ba9ca5/fakten-kindertagespflege -data.pdf (zuletzt abgerufen am 20. Dezember 2017). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 059/17 Seite 6 4. Rechtsprechung In der Rechtsprechung ist die Thematik umstritten. Das Verwaltungsgericht Schwerin hat aktuell mit Urteil vom 11. Oktober 201710 entschieden, die Einziehung der Elternbeiträge den Kindertagespflegepersonen aufzuerlegen, sei rechtmäßig. Der Bundesgesetzgeber habe in § 23 SGB VIII ausdrücklich nicht geregelt, gegen wen sich der Anspruch der Tagespflegeperson auf die Geldleistung richte. Er habe zwar in § 23 Absatz 1 SGB VIII geregelt, dass die Tagespflegeperson eine Geldleistung erhalte und in § 90 Absatz 1 SGB VIII, dass der Jugendhilfeträger Kostenbeiträge für die Förderung im Rahmen der Kindertagespflege festsetzen könne. Dies schließe aber nicht aus, dass die Geltendmachung der Elternbeiträge den Tagespflegepersonen obliegen könnte. Im vorliegenden Fall richte sich der Anspruch auf die Geldleistung gegen die Eltern, wie sich aus den §§ 17 Absatz 1, 20, 21 des Gesetzes zur Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege (Kindertagesförderungsgesetz - KiföG M-V)11 in Verbindung mit § 10 der Satzung über die Benutzung von Tageseinrichtungen und Tagespflegestellen für Kinder in der Landeshauptstadt Schwerin (KiföG-Satzung Schwerin)12 ergebe. 17 KiföG M-V legt fest, dass die Förderung in der Kindertagespflege gemeinsam durch das Land, die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die Gemeinden des gewöhnlichen Aufenthalts und die Eltern finanziert wird. Nach § 20 KiföG M-V hat, soweit der Finanzierungsbedarf nicht vom Land und dem Jugendhilfeträger gedeckt ist, die Gemeinde die Finanzierung in Höhe von mindestens 50 Prozent zu tragen. Den übrigen Bedarf tragen nach § 21 Absatz 1 KiföG M-V die Eltern. Nur wenn den Eltern die Belastung aufgrund ihres Einkommens nicht zumutbar ist, ist gemäß § 21 Absatz 6 Satz 1 Kifög M-V der Jugendhilfeträger zur Übernahme des Elternbeitrages verpflichtet und hat diesen an die Tagespflegeperson auszuzahlen . Das Gericht folgert im Umkehrschluss daraus und aufgrund des Wortlauts in § 21 Absatz 6 Satz 1 KiföG M-V („Übernahme“), dass „nach der landesrechtlichen Konzeption die Elternbeiträge immer dann, wenn sie nicht vom Jugendhilfeträger übernommen werden, direkt von den Eltern an die Tagespflegeperson zu entrichten sind“. Entsprechend regele auch § 10 Absatz 1 KiföG-Satzung Schwerin, dass der Elternbeitrag durch den Träger der Einrichtung – und damit im Falle der Kindertagespflege durch die Kindertagespflegeperson – erhoben werde. Die genannten landesrechtlichen Regelungen erachtet das Gericht für vereinbar mit § 23 SGB VIII als dem höherrangigen Bundesrecht. Insbesondere habe der Bundesgesetzgeber die Ausgestaltung der Finanzierung mit dem allgemeinen Vorbehalt in § 26 Satz 1 SGB VIII, wonach das Nähere über Inhalt und Umfang der in diesem Abschnitt geregelten Aufgaben und Leistungen das Landesrecht regelt, den Ländern überlassen. Zur im Rahmen des KiföG im Jahr 2008 ausgeführten Gesetzesbegründung , wonach die Kindertagespflege wirtschaftlich attraktiver ausgestaltet werden solle, äußert sich das VG Schwerin dahingehend, dass für den Landesgesetzgeber auch nach Inkrafttreten 10 VG Schwerin, Urteil vom 11. Oktober 2017 – 6 A 833/16 SN, siehe Anlage 1, S. 26 ff. 11 GVOBl. M-V 2004, S. 146; KiföG M-V abrufbar unter: http://www.landesrecht-mv.de/jportal/portal /page/bsmvprod.psml?showdoccase=1&doc.id=jlr-KTEinrGMVrahmen&doc.part=X&doc.origin=bs (zuletzt abgerufen am 20. Dezember 2017). 12 Satzung über die Benutzung von Tageseinrichtungen und Tagespflegestellen für Kinder in der Landeshauptstadt Schwerin, abrufbar unter: https://www.schwerin.de/export/sites/default/.galleries/Dokumente/Ortsrecht /Schule-Kultur-und-Sport/Lesefassung-Kita-Satzung.pdf (zuletzt abgerufen am 20. Dezember 2017). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 059/17 Seite 7 des KiföG keine Verpflichtung bestand, eine mögliche „Idealvorstellung des Bundesgesetzgebers durch Änderung des Landesrechts umzusetzen“, da § 26 Satz 1 SGB VIII nach wie vor den Gestaltungsspielraum der Länder aufrechterhalte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig13, die Berufung ist zugelassen. Nach Ansicht des VG Dresden im Urteil vom 16. August 201714 hat die Tagespflegeperson einen eigenen Anspruch auf die Geldleistung gegen den Jugendhilfeträger nach § 23 Absatz 1 SGB VIII, der auch dann besteht, wenn sie das Kind nicht vereinbarungsgemäß betreuen kann, weil es von den Eltern nicht gebracht wird: „Mit dem […] KiföG […] löste der Gesetzgeber den bis dahin bestehenden Streit zugunsten eines eigenen Anspruchs der Tagespflegeperson gegen den Träger der Jugendhilfe auf. Die sich im Aus- und Aufbau befindende Kindertagespflege sollte ausweislich der Entwurfsbegründung wirtschaftlich attraktiver und mittelfristig als angemessen vergütete Vollzeittätigkeit anerkannt werden. […] Mit der Schaffung eines direkten Anspruchs gegen den Träger der Jugendhilfe bzw. der Klarstellung, dass dieser der Tagespflegeperson zustehen soll, wollte der Gesetzgeber die Tagespflegepersonen wirtschaftlich stärken. Sie sollten nicht länger auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kindeseltern oder deren Zahlungsbereitschaft verwiesen werden. Der erhöhte Anreiz zur Ausübung einer Tagespflegetätigkeit sollte gerade auch mit einer wirtschaftlichen Anerkennung und Sicherheit geschaffen werden.“ Das VG Frankfurt a. M. erläuterte in seinem Urteil vom 4. März 201315: „Die Kindertagespflege soll mittelfristig eine anerkannte und damit angemessen vergütete Vollzeittätigkeit werden […]. Ein Anspruch nach § 23 Absatz 2 Nummer 2 SGB VIII setzt somit voraus, dass die Vertragsgestaltung zwischen der Tagespflegeperson und den Personensorgeberechtigten der Systematik des § 23 SGB VIII entspricht. Dies macht es erforderlich, dass aus der vertraglichen Gestaltung hervorgeht , dass die der Tagespflegeperson zu zahlende Vergütung bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Förderung in Kindertagespflege nach § 23 SGB VIII durch den Jugendhilfeträger erfolgt . Eine von den Personensorgeberechtigten an die Tagespflegeperson zu zahlende Vergütung entspricht der Systematik der §§ 23 ff. SGB VIII nicht.“ Das VG Oldenburg führt im Urteil vom 21. Februar 201116 aus: „§ 23 Absatz 1 SGB VIII sieht vor, dass die ‚laufende Geldleistung‘ vollständig an die Tagespflegeperson gezahlt wird, so dass diese nicht zwei Schuldner – einerseits den Träger der öffentlichen Jugendhilfe und andererseits die Eltern der betreuten Kinder – hat.“ 13 Zustellung an die Beteiligten erfolgte in der 50. KW. 14 VG Dresden, Urteil vom 16. August 2017 – 1 K 1120/16, Juris, Rn. 24. 15 VG Frankfurt a. M., Urteil vom 4. März 2013 – 7 K 1299/11.F, Rn. 23, 24, abrufbar unter: https://openjur .de/u/653127.html (zuletzt abgerufen am 20. Dezember 2017). 16 VG Oldenburg, Urteil vom 21. Februar 2011 – 13 A 2020/10, S. 10, abrufbar unter: https://www.landesverbandkindertagespflege -nrw.de/files/2013_3__erstattung_sozialabgaben_oldenburg_13_a_2020-10_gesichert.pdf (zuletzt abgerufen am 20. Dezember 2017). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 059/17 Seite 8 5. Rechtsgutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht Das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e. V. (DIJuF) verweist auf Erfahrungen der Praxis, wonach die Zahlungsmoral der Eltern gegenüber der Tagespflegeperson besser sein könne als gegenüber dem Jugendhilfeträger. Gleichwohl kommt das Rechtsgutachten des DIJuF, bereits aus dem Jahr 2007 und damit vor Inkrafttreten des KiföG, zum Ergebnis, ein landesrechtlich normierter genereller Übergang der Kostenbeitragsforderung an die Tagespflegeperson sei rechtswidrig.17 Dies „würde den bundesrechtlich unbeschränkt eingeräumten Anspruch der Tagespflegeperson […] in unzulässiger Weise verkürzen. Die landesgesetzliche Verlagerung sowohl der Aufgaben aus § 90 SGB VIII als auch des Risikos der Realisierung des Kostenbeitrags auf die Tagespflegeperson verstößt daher gegen Bundesrecht. Entsprechende landesrechtliche Vorschriften sind ungültig (Art. 31 GG).“ Allenfalls im Rahmen eines gesonderten freiwilligen Vertrages zwischen Tagespflegeperson und dem Jugendhilfeträger könne eine entsprechende Forderungsabtretung vereinbart werden, wenn die Tagespflegeperson eine angemessene Gegenleistung erhalte und ihr Anspruch gegenüber dem Jugendhilfeträger bei gescheiterten Bemühungen der Forderungsrealisierung wieder auflebe. 6. Position des Bundesverbandes für Kindertagespflege Ebenso beanstandet der Bundesverband für Kindertagespflege die Einziehung der Elternbeiträge durch die Kindertagespflegeperson. Eine solche Risikoverlagerung vom Jugendhilfeträger auf die Kindertagespflegeperson sei problematisch, da die Einziehung der Beiträge nicht zu den Aufgaben der Kindertagespflegeperson gehörten und diese neben dem Aufwand an Zeit und Bürokratie auch das finanzielle Prozessrisiko tragen würde. Zudem weist der Bundesverband darauf hin, dass Kindertagespflegepersonen im Falle der Staffelung der Elternbeiträge (§ 90 Absatz 1 Satz 2 SGB VIII) Kenntnis über die Einkommenssituation der Eltern erhalten und dies aus datenschutzrechtlichen Gründen bedenklich sei.18 *** 17 DIJuf-Rechtsgutachten vom 30. Januar 2007 – J 8.240 My in: Das Jugendamt (JAmt) 2007, S. 355, siehe Anlage 2. 18 Auskunft des Bundesverbandes für Kindertagespflege vom 8. Dezember 2017.