WD 9 - 3000 - 059/16 (13. Oktober 2016) © 2016 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Deutschland hat die UN-Kinderrechtskonvention im Jahr 1992 ratifiziert1, doch erst seit 2010 gilt sie hier ohne Einschränkung2. Ein Zusatzprotokoll, das in Deutschland am 14. April 2014 in Kraft getreten ist, regelt ein Beschwerdeverfahren für Kinder und verleiht den Kinderrechten damit mehr Durchsetzungskraft3. Über die Umsetzung der Kinderrechtskonvention in Deutschland wacht seit November 2015 eine Monitoringstelle, die beim Deutschen Institut für Menschenrechte angesiedelt ist4. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) nimmt als Querschnittsaufgabe die Interessen von Kindern und Jugendlichen in allen Politikbereichen wahr, vor allem im Bildungs-, Gesundheits- und Arbeitsmarktbereich5. Das Ministerium ist unter anderem verantwortlich für das Sozialgesetzbuch Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII)6, das Jugendschutzgesetz7 (JuSchG) und das Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) sowie die Erstellung 1 BGBl. II S. 121. 2 Nach der offiziellen Rücknahme erklärter Vorbehalte; vgl. http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik /Menschenrechte/KinderrechteVN_node.html (Stand: 13. Oktober 2016). 3 BGBl. II 2012, S. 1546. 4 Institut für Menschenrechte, abrufbar unter: http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/monitoring-stelle-unkrk / (Stand: 13. Oktober 2016). 5 BMFSFJ, abrufbar unter: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/ministerium/aufgaben (Stand: 13. Oktober 2016). 6 Das Achte Buch Sozialgesetzbuch – Kinder und Jugendhilfe – in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl. I S. 2022), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 28. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1802) geändert worden ist. 7 Jugendschutzgesetz vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730), das durch Artikel 4 Absatz 33 des Gesetzes vom 18. Juli 2016 (BGBl. I S. 1666) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Kinderschutz und Kinderrechte in Deutschland Kurzinformation Kinderschutz und Kinderrechte in Deutschland Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 der Staatenberichte zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention und von regelmäßigen Kinder - und Jugendberichten, die Vorschläge zur Weiterentwicklung der Jugendhilfe enthalten8. Mit dem Sozialgesetzbuch Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) ist im Jahr 1990 die Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland auf eine neue Grundlage gestellt worden: weg vom Gedanken staatlicher Kontroll- und Eingriffsrechte hin zu einer unterstützenden und beratenden Funktion der örtlich zuständigen Jugendämter. Als deren Leistungen und Aufgaben sind im SGB VIII nunmehr festgeschrieben: - Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes ; - Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie einschließlich der Beratung in Fragen von Partnerschaft und Trennung, der Personensorge sowie der Betreuung und Versorgung des Kindes in Notsituationen: - Angebote der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Tagespflege; - Hilfe zur Erziehung, darunter Erziehungsberatung und Erziehungsbeistand, sozialpädagogische Familienhilfe, Heimerziehung und betreute Wohnformen, Leistungen zum Unterhalt des Kindes und Krankenhilfe; - Eingliederungshilfe für seelische behinderte Kinde und Jugendliche; - Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung; - Inobhutnahme bzw. vorläufige Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen, um Schutz bei Kindeswohlgefährdung oder in Konfliktsituationen zu bieten; - Schutz von Kindern und Jugendlichen in Familienpflege und Einrichtungen; - Mitwirkung des Jugendamtes in Verfahren vor Familiengerichten; - Beratung und Unterstützung in Fragen von Beistandschaft, Pflegschaft und Vormundschaft . Auch Kinder ausländischer Herkunft und Staatsangehörigkeit haben in Deutschland Zugang zur Kinder- und Jugendhilfe. Das Jugendamt kann verschiedene Leistungsbereiche wie die Jugendarbeit in eigener Verantwortung umsetzen oder auf freie Träger delegieren. Das Jugendschutzgesetz (JuSchG) dient dem Schutz der Kinder und Jugendlichen in der Öffentlichkeit und enthält Regelungen über den Aufenthalt in Gaststätten, Spielhallen und bei öffentlichen Tanz- und Filmveranstaltungen sowie über den Verkauf und Genuss alkoholischer Getränke und Tabakwaren und die Verbreitung von jugendgefährdenden Medien. Weitere Vorschriften finden sich zudem im Jugendmedienschutzgesetz. Seit 2012 gibt es in Deutschland ein Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG). Es setzt den aus Art. 6 Abs. 2 des Grundgesetzes abgeleiteten Schutzauftrag des Staates um, indem es verbindliche Verfahren und Strukturen schafft, um insbesondere den Schutz vor Misshandlungen zu verbessern . Dazu gehört die Möglichkeit für Ärzte und andere Berufsgeheimnisträger, bei Verdacht auf Kindesmisshandlungen die Jugendämter einzuschalten, sowie ein System „Frühe Hilfen“ zur Unterstützung von Eltern. Vorsorgeuntersuchungen für Kinder bis zu sechs Jahren sind zudem in 8 Zum 14. Kinder- und Jugendbericht Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland, siehe BMFSFJ, abrufbar über: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service /publikationen/14--kinder--und-jugendbericht/88912?view=DEFAULT (Stand: 13. Oktober 2016). Kurzinformation Kinderschutz und Kinderrechte in Deutschland Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 3 allen deutschen Bundesländern gesetzlich vorgeschrieben und werden auch von den gesetzlichen Krankenkassen als präventive Leistungen (nach § 26 SGB V) erstattet..9 Diese Früherkennungsuntersuchungen haben sich zu einem wichtigen Instrument der Gesundheitsvorsorge entwickelt , an dem über 90 Prozent der Kinder teilnehmen. Der Deutsche Bundestag beruft seit 1988 – als Unterausschuss des Ausschusses für Familie, Senioren , Frauen und Jugend – eine Kinderkommission zur Wahrnehmung der Belange von Kindern .10 Als Sachverständigengremium mit bis zu 15 Expertinnen und Experten aus Politik, Verwaltung , Verbänden und Wissenschaft berät das Bundesjugendkuratorium (BJK) nach § 83 Absatz 2 SGB VIII die Bundesregierung in grundsätzlichen Fragen der Kinder- und Jugendhilfe und in Querschnittsfragen der Kinder- und Jugendpolitik.11 Auf Landesebene gibt es in Sachsen-Anhalt einen Kinderbeauftragten, der die Aufgabe hat, die Position der Kinder, z. b. bei der Geltendmachung ihrer Rechte zu stärken, konkrete Maßnahmen der Kinderpolitik anzuregen und der als Ansprechpartner dient12; etwa 100 Kinderbeauftragte sind auf kommunaler Ebene bestellt. Zudem bestehen zahlreiche Beschwerde- und Ombudsstellen in der Kinder- und Jugendhilfe mit dem Ziel, Betroffene in der Sicherstellung ihrer Rechte zu unterstützen. Auf Bundesebene existiert ein Zusammenschluss von elf auf Landesebene eingerichteten Ombudsstellen und Initiativen in Deutschland: das Bundesnetzwerk Ombudschaft in der Kinder- und Jugendhilfe13. 9 Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres („Kinder-Richtlinien“), zuletzt geändert am 16. Dezember 2010, veröffentlicht im Bundesanzeiger 20122 Nr. 40, S. 103, in Kraft getreten am 12. März 2011. Die meisten Bundesländer haben Früherkennungsuntersuchungen zwischen 2007 und 2010 im Rahmen von Kinderschutzgesetzen eingeführt. 10 Kinderkommission des Deutschen Bundestages, abrufbar unter: https://www.bundestag.de/kiko (Stand: 13. Oktober 2016). 11 Bundesjugendkuratorium, abrufbar unter: http://www.bundesjugendkuratorium.de/ (Stand: 13. Oktober 2016). 12 Sachsen-Anhalt, Kinderbeauftragter, abrufbar unter: http://www.kinderbeauftragter.sachsen-anhalt.de/ (Stand: 13. Oktober 2016). 13 Bundesnetzwerk, Ombudschaft, abrufbar über: http://ombudschaft-jugendhilfe.de/ (Stand: 13. Oktober 2016).