© 2019 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 058/19 Bekämpfung von Arzneimittelengpässen in Frankreich Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 058/19 Seite 2 Bekämpfung von Arzneimittelengpässen in Frankreich Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 058/19 Abschluss der Arbeit: 9. Oktober 2019 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 058/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkung 4 2. Derzeitige Rechtslage in Frankreich 5 2.1. Gesetz zur Modernisierung des Gesundheitssystems 2016 5 2.2. Leitfaden der ANSM zur Erklärung von bestehenden oder drohenden Engpässen in der Arzneimittellieferung 6 3. Bericht des Senats vom 2. Oktober 2018 über Engpässe bei Medikamenten und Impfstoffen 6 3.1. Verschärfung der Engpässe auf Grund von Veränderungen bei der Medikamentenherstellung 7 3.2. Wiederherstellung des Vertrauens zwischen allen beteiligten Akteuren 7 3.3. Verstärkung der nationalen Koordinierung und der europäischen Zusammenarbeit 7 4. Feuille de Route 2019-2022 des Gesundheitsministeriums 8 5. Einrichtung eines Ausschusses zur Entwicklung einer Präventionsstrategie und zur Bekämpfung von Arzneimittelengpässen 8 6. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Finanzierung der sozialen Sicherheit 2020 8 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 058/19 Seite 4 1. Vorbemerkung In Deutschland, wie in vielen anderen Ländern auch, wird seit längerem darüber diskutiert, welche gesetzgeberischen und sonstige Maßnahmen getroffen werden sollten, um bereits bestehende oder drohende Lieferengpässe bei Arzneimitteln zu beheben bzw. zu vermeiden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) listet aktuell Lieferengpässe bei 239 Humanarzneimitteln (ohne Impfstoffe) auf. Allerdings beruhen diese Daten auf Meldungen der pharmazeutischen Unternehmer auf der Basis einer freiwilligen Selbstverpflichtung.1 Bereits im Jahr 2009 hat der deutsche Gesetzgeber mit der Einfügung des § 52b in das Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (AMG)2 eine Regelung geschaffen, nach der pharmazeutische Unternehmer und Betreiber von Arzneimittelgroßhandlungen, die im Geltungsbereich des AMG ein tatsächlich in Verkehr gebrachtes und zur Anwendung im oder am Menschen bestimmtes zugelassenes Arzneimittel, vertreiben, eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung des Arzneimittels sicherzustellen haben. Seit Mai 2017 sind pharmazeutische Unternehmer nach § 52b Abs. 3a AMG3 verpflichtet, im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit Krankenhäuser im Falle ihnen bekannt gewordener Lieferengpässe bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zur stationären Versorgung umgehend zu informieren. Eine vergleichbare Informationspflicht für die Arzneimittelversorgung im ambulanten Bereich gibt es bislang nicht. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 der Apothekenbetriebsordnung4 hat der Apothekenleiter die zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung notwendigen Medikamente in einer Menge vorrätig zu halten, die mindestens dem durchschnittlichen Bedarf für eine Woche entspricht. Für den Leiter einer krankenhausversorgenden Apotheke gilt die Verpflichtung , den durchschnittlichen Bedarf für zwei Wochen sicherzustellen (§ 15 Abs. 3 und § 30 Apothekenbetriebsordnung ). Vor dem Hintergrund der bestehenden besorgniserregenden Engpässe in der Arzneimittelversorgung werden Forderungen erhoben, die bestehende Rechtslage zu verschärfen: Zum einen müsse 1 Das BfArM wird mit dieser Zahl in der Presse mehrfach zitiert, siehe hierzu etwa die Pressemitteilung der Bundesärztekammer , 27. September 2019, abrufbar unter: https://www.bundesaerztekammer.de/presse/pressemitteilungen /news-detail/baek-vizepraesidentin-lundershausen-fordert-konsequentes-vorgehen-gegen-lieferengpaesse -und-qualitaetsmae/ oder auch Stadler, Rainer, Pillenknick, in: Süddeutsche Zeitung, 2. Oktober 2019 (in diesem Artikel wird diese Zahl der aus dem Jahr 2013 gegenübergestellt, die bei 40 Medikamenten gelegen habe). 2 Arzneimittelgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl I S. 3394), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 9. August 2019, BGBl I S. 1202. 3 Eingefügt durch Art. 5 Nr. 3 des Gesetzes vom 4. Mai 2017 (BGBl I S. 1050). 4 Verordnung über den Betrieb von Apotheken (Apothekenbetriebsordnung, neugefasst durch Bekanntmachung vom 26. September 1995 (BGBl I S. 1195), zuletzt geändert durch Art. 19 des Gesetzes vom 9. August 2019 (BGBl I S. 1202). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 058/19 Seite 5 die Informationskette bei Lieferengpässen verbessert werden, insbesondere mit Hilfe von Meldepflichten gegenüber dem BfArM.5 Zum andern wird hervorgehoben, dass die Bereithaltung von Medikamenten für ein bzw. zwei Wochen nicht ausreiche. Es sei vielmehr erforderlich, eine nationale Arzneimittelreserve für versorgungsrelevante Medikamente zu schaffen. Ärzteschaft und Politik sollten dies gemeinsam mit den Kostenträgern und Pharmaunternehmen festlegen.6 Auch in Frankreich hat sich das Problem von Ausfällen bei Medikamentenlieferungen in den letzten Jahren dramatisch verschärft. Die nationale Agentur zur Arzneimittelsicherheit und der Sicherheit von Gesundheitsprodukten, Agence nationale de sécurité du médicament et des produits de santé (ANSM), hat im Jahr 2017 insgesamt 530 Meldungen über Lieferunterbrechungen erhalten. Besonders betroffen seien Patienten mit schwerwiegenden und lebensbedrohlichen Erkrankungen , die auf die kontinuierliche Medikamentierung mit häufig individuell zugeschnittenen Arzneimitteln angewiesen seien, wie etwa an Parkinson Erkrankte. In der französischen Presse wurde im Jahr 2018 von Vorstößen des Collectif „Parkinson“, einer Vereinigung, der eine Reihe von Patientenverbänden und Neurologen angehören, berichtet, die an den Staat appelliert, hier Abhilfe zu schaffen.7 Die gesetzlichen Regelungen und die inzwischen in Frankreich ergriffenen Initiativen zur Bekämpfung der Engpässe in der Arzneimittelversorgung zeigen, dass sich die französische Regierung wie auch der französische Senat, aber auch wichtige Institutionen des Gesundheitswesens der Problemlage sehr bewusst sind und bereits eine Reihe von konkreten Maßnahmen entwickelt haben. 2. Derzeitige Rechtslage in Frankreich 2.1. Gesetz zur Modernisierung des Gesundheitssystems 2016 Im Januar 2016 wurde das Gesetz zur Modernisierung des Gesundheitssystems verabschiedet.8 Mit Hilfe dieses Gesetzes und der entsprechenden Verordnung sind die Verpflichtungen im Zusammenhang mit Lieferengpässen für alle Akteure in der Gesundheitspolitik verstärkt worden: Art. 151 des Gesetzes, mit dem eine Reihe von Bestimmungen im Code de la Santé Publique geändert worden sind, sieht vor, dass insbesondere die pharmazeutischen Unternehmen eine den 5 Siehe hierzu BfArM, Kurzinformation zum 10. Jour Fixe zum Thema „Liefer- und Versorgungsengpässe“ am 11.07. 2019, S. 2, abrufbar unter https://www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/Arzneimittelzulassung/Arzneimittelinformationen /Lieferengpaesse/jourfixe/protokolle/kurzinfo_10.html. 6 So die Vizepräsidentin der Bundesärztekammer Lundershausen in der Pressemitteilung der Bundesärztekammer , 27. September 2019, abrufbar unter: https://www.bundesaerztekammer.de/presse/pressemitteilungen /news-detail/baek-vizepraesidentin-lundershausen-fordert-konsequentes-vorgehen-gegen-lieferengpaesseund -qualitaetsmae/. 7 Siehe hierzu den Bericht von Mari, Elsa/ Méréo, Florence, Médicaments: d’inquiétantes ruptures de stock, in Le Parisien 28. Oktober 2018, http://www.leparisien.fr/societe/sante/medicaments-pourquoi-une-telle-penurie-28- 10-2018-7930134.php. 8 Loi n° 2016 -41 du 26 janvier 2016 de modernisation de notre système de santé (1), https://www.legifrance .gouv.fr/affichTexte.do?cidTexte=JORFTEXT000031912641&categorieLien=id. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 058/19 Seite 6 Bedürfnissen der Patienten in Frankreich genügende kontinuierliche Versorgung des nationalen Arzneimittelmarktes sicherstellen. Die ANSM wird verpflichtet, auf ihrer Internetseite die Liste der Medikamente, die von besonderer therapeutischer Bedeutung sind und bei denen eine Lieferverzögerung oder deren Risiko festgestellt worden ist, zu veröffentlichen (Art. L 5121-29).9 2.2. Leitfaden der ANSM zur Erklärung von bestehenden oder drohenden Engpässen in der Arzneimittellieferung Die nationale Agentur ANSM hat im August 2019 auf Grundlage des Gesetzes vom 26. Januar 2016 über die Modernisierung des Gesundheitssystems Leitlinien veröffentlicht.10 Diese enthalten vor allem Erläuterungen dazu, wann ein Arzneimittel in die Kategorie von Medikamenten von besonderer therapeutischer Bedeutung (MITM) fällt, welches Verfahren für die Veröffentlichung des Lieferengpasses vorgesehen ist und wie die entsprechenden Formulare auszufüllen sind. 3. Bericht des Senats vom 2. Oktober 2018 über Engpässe bei Medikamenten und Impfstoffen Im Oktober 2018 hat der französische Senat in einem Informationsbericht (Rapport d’information ) das Thema der Arzneimittel-Lieferengpässe aufgegriffen, Problemschwerpunkte benannt und Vorschläge entwickelt, wie diesen Engpässen künftig zu begegnen sei11. Dem Bericht zufolge hat sich die Problemlage in den letzten Jahren deutlich verschärft. Von den Arzneimittel-Lieferengpässen seien alle Arten von Medikamenten und Impfstoffen betroffen, allen voran Medikamente, die in der Krebstherapie eingesetzt würden, aber auch Antibiotika und Impfpräparate. Durchschnittlich dauerten Lieferunterbrechungen etwa 14 Wochen. In der Folge komme es zu hohem organisatorischen Mehraufwand für die Beteiligten und zu erheblichen Mehrkosten, wenn benötigte, aber nicht lieferbare Medikamente durch teurere ersetzt werden müssten. Besonders alarmierend sei aber, dass in vielen Fällen die für die Patienten wirklich wirksamen Präparate nicht zur Verfügung stünden, was wiederum gerade für Krebspatienten, aber auch – im Falle von Impfstoffen – für Immungeschwächte höchst gefährlich sei12. Man habe in Frankreich in den letzten sechs Jahren zwar eine Reihe von Maßnahmen bzw. Verpflichtungen entwickelt, u. a. auch Pläne zum Umgang mit Engpässen. Die Erfahrung habe aber gezeigt, dass rechtliche Lösungen allein nicht zielführend seien. 9 Siehe hierzu die Internetseite der ANSM, Ruptures de stock de médicaments, abrufbar unter: https://ansm.sante.fr/S-informer/Informations-de-securite-Ruptures-de-stock-des-medicaments. 10 ANSM, Guide d’aide à la déclaration de rupture de stock ou de risque de rupture de stock d’un médicament d’inérêt thérapeutique majeur (MITM), aout 2019, https://ansm.sante.fr/var/ansm_site/storage/original/application /3d36c8150dd132a7fb30da486a2db5ae.pdf. 11 République Francaise, Sénat, Pénuries de Médicaments et de Vaccins: Renforcer l’Éthique de Santé publique dans la Chaîne du Médicament, Rapport d’information n° 737 (2017-2018), Berichterstatter: M. Jean-Pierre Decool , sénateur du Nord, https://www.strategielogistique.org/strategies/IMG/pdf/r17-737-syn.pdf. 12 République Francaise, Sénat, Rapport d’information n° 737 (2017-2018), S. 1, https://www.strategielogistique .org/strategies/IMG/pdf/r17-737-syn.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 058/19 Seite 7 3.1. Verschärfung der Engpässe auf Grund von Veränderungen bei der Medikamentenherstellung Die Medikamentenherstellung habe sich mehr und mehr von Frankreich und Europa auf Drittländer verlagert. Nach Angaben der Europäischen Arzneimittelagentur hätten heute ca. 80 Prozent der Hersteller pharmazeutischer Substanzen, die in Europa vertrieben würden, ihren Sitz außerhalb Europas. Dies führe dazu, dass die pharmazeutische Industrie in Frankreich und Europa immer weiter abnehme und damit ein Verlust an Unabhängigkeit im Gesundheitsbereich einhergehe . Hier sei eine nationale und europäische industrielle Strategie erforderlich, um bessere Bedingungen für eine ortsnahe Produktion zu schaffen. So kämen z. B. Steuerbefreiungen in Betracht , um Investitionsanreize für pharmazeutische Unternehmen für eine Niederlassung in Frankreich zu schaffen. Von großer Bedeutung sei aber auch, dass sich die Unternehmen ihrer berufsethischen Verpflichtung und ihrer Verantwortung, zur Sicherstellung der öffentlichen Gesundheit beizutragen, bewusst seien. In diesem Zusammenhang wird vorgeschlagen, die Unternehmen zu verpflichten, etwaige Lieferunterbrechungen zu veröffentlichen und im Falle von Verzögerungen Gegenmaßnahmen zu ergreifen; bei Zuwiderhandlungen müssten Sanktionen auferlegt werden.13 3.2. Wiederherstellung des Vertrauens zwischen allen beteiligten Akteuren Nach Ansicht des Senats haben die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt, dass zwischen den verschiedenen Beteiligten der Arzneimittel-Lieferketten zunehmend Misstrauen bestehe und es deshalb notwendig sei, für mehr Transparenz zu sorgen. Der Senat schlägt deshalb vor, eine Informations -Plattform zu errichten, auf der aktuelle und auch drohende Lieferverzögerungen zentral veröffentlicht werden. Zusätzlich solle über konkrete Ursachen von Engpässen und die voraussichtliche Behebung der jeweiligen Engpässe informiert werden. Im Übrigen sei es wichtig – und dies könne in Zusammenarbeit mit der ANSM geschehen – sicherzustellen, dass Apotheker im Falle von Engpässen die Möglichkeit hätten, auf Ersatzpräparate zurückzugreifen.14 3.3. Verstärkung der nationalen Koordinierung und der europäischen Zusammenarbeit Schließlich schlägt der Senat vor, eine nationale Stelle einzurichten, die sich speziell mit der Regelung von Lieferengpässen befassen und eine nationale Strategie entwickeln sollte, um Lieferengpässen vorzubeugen und deren Ursachen zu beheben. Auch auf europäischer Ebene seien Regelungen und weitere Maßnahmen erforderlich.15 13 République Francaise, Sénat, Rapport d’information n° 737 (2017-2018), S. 3, https://www.strategielogistique .org/strategies/IMG/pdf/r17-737-syn.pdf. 14 République Francaise, Sénat, Rapport d’information n° 737 (2017-2018), S. 3, https://www.strategielogistique .org/strategies/IMG/pdf/r17-737-syn.pdf. 15 République Francaise, Sénat, Rapport d’information n° 737 (2017-2018), S. 4, https://www.strategielogistique .org/strategies/IMG/pdf/r17-737-syn.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 058/19 Seite 8 4. Feuille de Route 2019-2022 des Gesundheitsministeriums Am 8. Juli 2019 hat die französische Gesundheitsministerin Agnès Buzyn eine Road Map, die „Feuille de Route 2019-2022“ vorgestellt, mit der gegen Arzneimittel-Lieferengpässe vorgegangen werden soll.16 Mit dieser Road Map sollen vier Ziele verfolgt werden: Förderung der Transparenz und der Qualität von Informationen, um das Vertrauen und die Abläufe zwischen allen Akteuren wiederherzustellen Bekämpfung von Arzneimittel-Engpässen durch neue Maßnahmen der Prävention und des Umgangs mit dem Vertrieb von Medikamenten Verstärkung der nationalen Koordinierung wie auch der europäischen Zusammenarbeit, um Engpässen künftig besser vorzubeugen Schaffung einer neuen nationalen Institution in Form eines Ausschusses, der eine Präventionsstrategie erarbeitet und die Engpässe weiter bekämpft. Zur Umsetzung dieser Ziele sind 28 Maßnahmen vorgesehen, so u. a. Erleichterungen für Patienten , die im Falle eines Engpasses zur Fortführung ihrer Therapie auf ein adäquates Ersatzpräparat angewiesen sind (Maßnahme 10). Im Hinblick darauf, dass Frankreich zu den wenigen Ländern gehöre, in denen regelmäßig Lieferunterbrechungen dokumentiert würden, soll gerade hier auf eine Harmonisierung wie etwa zur Entwicklung einer gemeinsamen europäischen Strategie hinarbeitet werden (Maßnahme 21). 5. Einrichtung eines Ausschusses zur Entwicklung einer Präventionsstrategie und zur Bekämpfung von Arzneimittelengpässen Am 23. September 2019 hat die französische Gesundheitsministerin im Ministère des Solidarités et de la Santé das Comité de pilotage chargé de la stratégie de prévention et de la lutte contre les pénuries de médicaments eingerichtet. Dem Ausschuss, der sich mit allen relevanten Fragestellungen zur Bekämpfung der Lieferengpässe befassen soll, gehören u. a. Patientenvertretungen an, sowie alle Akteure, die Teil der Lieferkette bei Arzneimitteln sind, wie auch die Berufsverbände der Apotheker und der Ärzte. Für Januar 2020 ist ein Treffen aller Beteiligten mit der Ministerin geplant, um die ersten Maßnahmen zu evaluieren. 6. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Finanzierung der sozialen Sicherheit 2020 Die französische Gesundheitsministerin Agnès Buzyn und der Finanzminister Gérald Darmani haben am 30. September 2019 den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Finanzierung der sozialen Sicherheit 2020 („PLFSS 2020“) vorgelegt.17 Dieser beinhaltet auch verschärfende Regelungen 16 Siehe: République Francaise, gouvernement.fr, Lutte contre les pénuries des médicaments: Agnès Buzyn dévoile sa feuille de route, hier kann die Road Map heruntergeladen werden, https://www.gouvernement.fr/luttecontre -les-penuries-de-medicaments-agnes-buzyn-devoile-sa-feuille-de-route. 17 Ministère des Solidarités et de la Santé, Projet de loi de financement de la Sécurité sociale 2020 – PLFSS 2020, https://solidarites-sante.gouv.fr/actualites/presse/dossiers-de-presse/article/projet-de-loi-de-financement-de-lasecurite -sociale-2020-plfss-2020. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 058/19 Seite 9 hinsichtlich des Umgangs mit Arzneimittelengpässen, so etwa eine Verpflichtung für Arzneimittelhersteller , für Medikamente von besonderem therapeutischen Nutzen eine Lagerreserve für eine Mindestversorgung von zwei bis vier Monaten vorzuhalten. Außerdem sollen die Hersteller verpflichtet werden, für den Fall von Lieferengpässen alternative Lösungen bereitzuhalten. Bei Zuwiderhandlung sind erhebliche Bußgelder vorgesehen.18 Angesichts derartiger Sanktionen befürchtet allerdings die Berufsorganisation der Pharmazieunternehmen, Leem, dass diese kontraproduktiv sein könnten, weil sich viele Firmen veranlasst sehen könnten, sich außerhalb Frankreichs niederzulassen.19 Damit würde die bisher zu beobachtende Entwicklung, dass pharmazeutische Unternehmen überwiegend außerhalb Frankreichs produzierten20, nur noch verstärkt. *** 18 Siehe hierzu etwa Clausener, Magali, Ruptures de médicaments: des sanctions contre les industriels, in: Le Moniteur des pharmacies, 20. September 2019, https://www.lemoniteurdespharmacies.fr/actu/actualites/actussocio -professionnelles/ruptures-de-medicaments-des-sanctions-contre-les-industriels.html. 19 So der Generaldirektor von Leem, Philippe Lamoureux, vgl. PLFFS 2020: Le Leem redoute une dégradation de l’accès aux traitements, in: actulabo 2. Oktober 2019, https://www.actulabo.com/plfss-2020-le-leem-redouteune -degradation-de-lacces-aux-traitements/. 20 Siehe oben Gliederungspunkt 3.1.