© 2019 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 – 057/19 Regelungen zur Prostitution in ausgewählten europäischen Ländern Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 – 057/19 Seite 2 Regelungen zur Prostitution in ausgewählten europäischen Ländern Aktenzeichen: WD 9 - 3000 – 057/19 Abschluss der Arbeit: 29. August 2019 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 – 057/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Vergleichende Darstellungen 5 3. Darstellungen zur Situation in ausgewählten europäischen Ländern 5 3.1. Frankreich 5 3.2. Niederlande 5 3.3. Österreich 6 3.4. Schweden 6 3.5. Norwegen 6 3.6. Irland 6 3.7. Spanien 7 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 – 057/19 Seite 4 1. Einleitung Am 1. Januar 2002 trat in Deutschland das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten (Prostitutionsgesetz – ProstG)1 in Kraft. Ziel des Gesetzes war es, die rechtliche Stellung und die soziale Lage von Prostituierten zu verbessern.2 Am 21. Oktober 2016 wurde das Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen (Prostituiertenschutzgesetz – ProstSchG)3 erlassen . Dieses trat am 1. Juli 2017 in Kraft. Ziel des Gesetzes ist es nach Angaben des federführenden Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), „das sexuelle Selbstbestimmungsrecht von Prostituierten zu stärken, fachgesetzliche Grundlagen zur Gewährleistung verträglicher Arbeitsbedingungen zu schaffen, gefährliche Erscheinungsformen der Prostitution zu verdrängen und Kriminalität in der Prostitution wie Menschenhandel, Gewalt und Ausbeutung von Prostituierten und Zuhälterei zu bekämpfen“4. In dem Artikel „Anmeldepflicht für Prostituierte – Staatliches Stigma?“ wird die Verfassungsmäßigkeit der neuen Regelungen untersucht. Darüber hinaus äußert sich der Verfasser zu der praktischen Wirkungsweise des Gesetzes: Boehme-Neßler, Volker, in: Zeitschrift für Rechtspolitik (ZRP) 2019, S. 13ff. Zum Prostituiertenschutzgesetz siehe auch: Teichert, Georg, Das Prostituiertenschutzgesetz: Implementierung – Problematisierung – Sensibilisierung, Leipzig 2018. Rechtsfragen in Zusammenhang mit Prostitution sind in den europäischen Ländern höchst unterschiedlich geregelt. Das Spektrum umfasst im Wesentlichen folgende Varianten: Prostitution ist generell verboten (bspw. Rumänien, Litauen, Kroatien), das Angebot sexueller Dienstleistungen ist legal, deren Wahrnehmung aber verboten („Schwedisches Modell“ bzw. „Nordisches Modell“) (bspw. Schweden, Norwegen, Island, Frankreich und seit 2017 auch Irland), Prostitution ist legal und unterliegt keinen spezifischen Regelungen (bspw. Spanien, Italien ), Prostitution ist legal und unterliegt spezifischen Regelungen (bspw. Österreich, Deutschland , Schweiz). 1 Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten (Prostitutionsgesetz – ProstG) vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3983), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 21. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2372). 2 Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen vom 1. April 2016, BR-Drucks. 156/16. 3 Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen (Prostituiertenschutzgesetz – ProstSchG) vom 21. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2372). 4 BMFSFJ, Prostitution, https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung/frauen-vor-gewalt-schuetzen/prostituiertenschutzgesetz /prostitution/80646 (zuletzt aufgerufen am 9. August 2019). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 – 057/19 Seite 5 Die Prostitution betreffende Rechtsfragen sind in den verschiedenen Ländern auf unterschiedlichen Ebenen geregelt: So etwa in Deutschland auf Bundesebene, in Österreich auf Länderebene und in den Niederlanden auf kommunaler Ebene. Die folgende Dokumentation liefert aktuelle Literatur zur Rechtslage in Europa.5 2. Vergleichende Darstellungen Anlässlich der Verabschiedung des ProstG forderte der Deutsche Bundestag die Bundesregierung auf, über die Auswirkungen der neuen Rechtslage nach Ablauf von drei Jahren zu berichten. Im Rahmen dessen wird auch auf die Reglementierung der Prostitution in anderen europäischen Ländern eingegangen und deren Spannbreite exemplarisch an den Konzepten aus Schweden und den Niederlanden aufgezeigt. Der Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten (Prostitutionsgesetz - ProstG) ist abrufbar über: https://www.bmfsfj.de/blob/84046/f0c60f25ee8cd96f2560be3b070d7b05/bericht-buregauswirkungen -prostitutionsgesetz-data.pdf. (Die Informationen über die Rechtslage in Schweden und den Niederlanden finden sich hier auf Seite 4 ff.) Einen Gesamtüberblick über die Regelungssituation der Prostitution in allen europäischen Ländern liefert: Prostitution in Europa – ein Ländervergleich, abrufbar über: https://www.stopp-prostitution .ch/resources/laendervergleich.pdf. 3. Darstellungen zur Situation in ausgewählten europäischen Ländern 3.1. Frankreich Am 6. April 2016 beschloss die französische Nationalversammlung nach langjähriger kontroverser Diskussion ein Gesetz, das die Wahrnehmung sexueller Dienstleistungen unter Strafe stellt. Dieses sogenannte Sexkauf-Verbot wurde am 1. Februar 2019 vom französischen Verfassungsrat bestätigt: https://apps.derstandard.de/privacywall/story/2000097393442/frankreichsverfassungsrat -bestaetigte-sexkauf-verbot (zuletzt abgerufen am 9. August 2019). 3.2. Niederlande Im Jahr 2000 wurde das in den Niederlanden 1912 eingeführte Bordellverbot aufgehoben. Prostitution gilt hier als legale Beschäftigung. Bordelle sind nunmehr lizenzpflichtige Gewerbebetriebe, die einer strengen ordnungsbehördlichen und polizeilichen Kontrolle unterliegen. Einen umfassenden Überblick über die Prostitutionsgesetzgebung in den Niederlanden seit Beginn des 20. Jahrhunderts liefert eine Forschungsarbeit der Universität Groningen.: Regulation of Prostitution in the Netherlands, Post, Che/ Brouwer, Jan/ Vols, Michel, 2018, in: European Jour- 5 Literatur bis April 2016 ist zusammengestellt in: „Regelungen zur Prostitution in anderen europäischen Ländern “, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, WD 9 – 3000 – 026/16, 26. April 2016. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 – 057/19 Seite 6 nal on Criminal Policy and Research June 2019, abrufbar über: https://www.rug.nl/research/portal /files/54718516/Post_Brouwer_Vols_Regulation_of_Prostitution_in_the_Netherlands_final_version .pdf. Anfang dieses Jahres gab es eine Bürgerinitiative, die zum Ziel hat, Sex gegen Bezahlung strafbar zu machen und die Prostitution in den Niederlanden zu verbieten: https://www.haz.de/Nachrichten /Panorama/Uebersicht/Junge-Niederlaender-wollen-Prostitution-verbieten. 3.3. Österreich Die Rechtslage und die Situation von Prostituierten in Österreich sind in den Empfehlungen der Arbeitsgruppe „Prostitution“ im Rahmen der Task Force Menschenhandel unter der Leitung der BKA-Frauensektion dargestellt: „Regelung der Prostitution in Österreich, Empfehlungen der Arbeitsgruppe „Prostitution“, Wien 2018, abrufbar über: https://www.bmeia.gv.at/fileadmin/user _upload/Zentrale/Aussenpolitik/Menschenrechte/Bericht_AG_Prostitution_2015-2017.pdf, hier insbesondere S. 16 ff. 3.4. Schweden Seit dem 1. Juli 1998 ist die Prostitution in Schweden verboten. Freier machen sich strafbar, Prostituierte dagegen nicht. Im Jahr 2010 wurde der Regierung ein Untersuchungsberichtsbericht zu den Auswirkungen der Kriminalisierung vorgelegt. Die wichtigsten Inhalte sind zusammengefasst in: Selected extracts of the Swedish government report SOU 2010:49: “The Ban against the Purchase of Sexual Services. An evaluation 1999-2008”, abrufbar über: https://ec.europa.eu/antitrafficking /sites/antitrafficking/files/the_ban_against_the_purchase_of_sexual_services._an_evaluation _1999-2008_1.pdf. Daneben wurde 2017 ein Forschungsbericht über die Auswirkungen des Sexkaufverbots von zwei an skandinavischen Universitäten tätigen Prostitutionsforscherinnen veröffentlicht: https://www.idunn.no/oslo_law_review/2017/02/the_swedish_sex_purchase _act_where_does_it_stand (zuletzt abgerufen am 9. August 2019). 3.5. Norwegen Auch in Norwegen wurde im Jahr 2009 das „schwedische Modell“ eingeführt. Eine Zusammenfassung einer vom norwegischen Ministerium in Auftrag gegebenen Evaluation der Folgen der norwegischen Prostitutionsvorschriften ist eingestellt auf: http://todaango.org.il/wp-content/uploads /2014/09/norway-summary.pdf. Die Evaluierungsarbeiten wurden im Zeitraum von Januar 2014 bis Juni 2014 durchgeführt. 3.6. Irland Seit Februar 2017 gilt nunmehr auch in Irland das „schwedische Modell“. Mit klarer Mehrheit beschloss das Parlament, dass Freier künftig bestraft werden sollen: https://www.irishtimes.com/news/politics/sexual-offences-bill-criminalising-purchase-of-sexpassed -in-dáil-1.2968097 (zuletzt abgerufen am 9. August 2019). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 – 057/19 Seite 7 3.7. Spanien Prostitution ist in Spanien gesetzlich nicht geregelt und daher weder legal noch illegal, obwohl das spanische Strafgesetzbuch Zuhälterei als Verbrechen betrachtet. Die meisten Städte und Gemeinden haben eigene Satzungen erlassen, die Geldstrafen für Kunden und Prostituierte vorschreiben , so beispielweise Barcelona und Sevilla: http://opo.iisj.net/index.php/osls/article/viewFile/918/1143 (zuletzt aufgerufen am 9. August 2019). Der Artikel beschreibt die spanische Politik im Umgang mit Straßenprostitution, seit Ende 2005 Barcelonas Prostitutionsgesetz verabschiedet wurde. https://www.focus.de/panorama/welt/sevilla-bittet-freier-zur-kasse-bis-zu-3000-euro-strafe-fuerkaeuflichen -sex_aid_679192.html (zuletzt aufgerufen am 9. August 2019). Kunden von Prostituierten drohen in Sevilla Geldstrafen von 750 bis 3000 Euro. Laut einem Artikel der Zeitschrift „El Pais“ arbeitet die Spanische Sozialistische Partei (PSOE) derzeit an einem Gesetzentwurf, um den rechtlichen Schwebezustand der Prostitution in Spanien zu beenden. Der Entwurf soll das „Schwedische Modell“ aufgreifen und so die Inanspruchnahme der Prostitution pönalisieren: https://elpais.com/elpais/2018/12/07/inenglish /1544171107_204329.html (zuletzt abgerufen am 9. August 2019). ***