© 2016 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 057/16 Informationen zur Muskelerkrankung „Duchenne“ Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 057/16 Seite 2 Informationen zur Muskelerkrankung „Duchenne“ Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 057/16 Abschluss der Arbeit: 21. Oktober 2016 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 057/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 4 2. Behandlungsmöglichkeiten 4 2.1. Behandlung mit dem Medikament Translarna auf der Grundlage des Wirkstoffs Ataluren 4 2.2. Behandlung mit dem Medikament Metformin und der Aminosäure L-Citrullin 5 2.3. Behandlung mit dem Medikament Raxone auf der Grundlage des Wirkstoffs Idebenone 5 2.4. Behandlung mit Kreatin 6 3. Schwerpunkte in der nationalen und internationalen Forschung 6 3.1. Studien zur Behandlung der Muskeldystrophie Duchenne mittels Gentransfers 6 3.2. Studie zur Stabilisierung und Erhöhung der Muskelkraft durch Kortikosteroide (FOR-DMD) 7 3.3. Studie über den Zusammenhang von Stress und Muskeldystrophien 7 3.4. Klinische Studie zur vorbeugenden Behandlung einer Herzschwäche bei Muskeldystrophie Duchenne (DMD-Kardio) 8 3.5. Studie des Max-Planck Instituts für Herz- und Lungenforschung zur Regulierung der Muskelregeneration durch das Gen Prmt5 8 3.6. Forschungsansätze zur Stammzelltherapie 8 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 057/16 Seite 4 1. Einführung Die Muskeldystrophie des Typs Duchenne ist die am häufigsten auftretende muskuläre Erbkrankheit . Bei diesem Krankheitsbild kann, auf Grund einer Mutation des Genoms, das Muskelprotein Dystrophin nicht gebildet werden. Durch den Mangel an Dystrophin im Körper kommt es zu einem Abbau der Muskelfasern, die durch Fett- oder Bindegewebe ersetzt werden. Der Gendefekt und die gestörte Dystrophinbildung sind schon bei der Geburt vorhanden. Erstes Symptom der Krankheit ist eine Schwäche der Becken- und Oberschenkelmuskulatur, was zur Folge hat, dass die Betroffenen ohne Behandlung im Alter von acht bis zwölf Jahren gehunfähig sind.1 Ihre Lebenserwartung liegt nur bei etwa 20 bis 30 Jahren, da sich der Muskelabbau im Laufe der Krankheit auch auf die Herz- und Lungenmuskulatur ausweitet. Von Muskeldystrophie Duchenne ist etwa jeder 5000. Mensch betroffen.2 Auf Grund des X-chromosomal rezessiven Erbgangs leiden fast ausschließlich Jungen an der Erbkrankheit. Namensgeber der Krankheit ist ihr Entdecker, der französische Arzt Guillaume-Benjamin Duchenne, der die Symptome bereits im 19. Jahrhundert beschrieben hatte. Verwandt ist die Krankheit mit der Muskeldystrophie Becker-Kiener. Hierbei wird im Gegensatz zur Muskeldystrophie Duchenne ein noch vermindert funktionstüchtiges „Restprotein“ des Typs Dystrophin gebildet. Die Lebenserwartung kann bei ungünstigem Verlauf der Krankheit nur 40 Jahre betragen , kann allerdings auch der durchschnittlichen Lebenserwartung entsprechen. Eine Heilung der Krankheit ist derzeit nicht möglich. Die Behandlungsmaßnahmen müssen sich deshalb darauf konzentrieren, die schwindende Muskelkraft möglichst lange zu erhalten, nachteilige Einflüsse, wie Übergewicht und Fehlstellungen zu vermeiden, und die zahlreichen Probleme des Alltags zu lösen.3 In Deutschland beschäftigen sich vor allem das „Forschungsnetzwerk Muskeldystrophie“(MD-net)4, die „Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke e.V.“(DGM)5 und die „Deutsche-Duchenne Stiftung“6 mit dem Thema. 2. Behandlungsmöglichkeiten 2.1. Behandlung mit dem Medikament Translarna auf der Grundlage des Wirkstoffs Ataluren Mit dem Wirkstoff Ataluren werden die sogenannten Nonsense-Mutationen im Dystrophin-Gen behandelt. Solche Mutationen führen zu einem verfrühten Abbruch des Proteinbildungsprozesses (im Stadium der Translation), bevor das Dystrophin-Protein in seiner vollen Länge gebildet 1 https://www.dgm.org/muskelerkrankungen/muskeldystrophie-duchenne-becker; diese und andere Internetquellen sind zuletzt am 19.Oktober 2016 abgerufen worden. 2 https://www.uni-bonn.de/neues/052-2015. 3 https://www.dgm.org/muskelerkrankungen/muskeldystrophie-duchenne-becker/behandlungsmoeglichkeiten. 4 http://www.md-net.org/de/index.html. 5 https://www.dgm.org/. 6 http://www.aktionbenniundco.de/deutsche-duchenne-stiftung.htm. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 057/16 Seite 5 werden kann. Durch den vorzeitigen Abbruch entsteht lediglich ein afunktionales „Produkt“, weswegen es bei den betroffenen Duchenne-Erkrankten, mangels Dystrophin-Eiweißes, zur Muskelschwäche kommt. Bei circa 13 Prozent aller Duchenne-Patienten liegt eine Nonsense- Mutation vor. Diese können mit dem Medikament Translarna der Firma PTC Therapeutics behandelt werden. Das Medikament versucht, den mutierten Bereich in der genetischen Information wie ein Pflaster zu bedecken, so dass dieser Fehler „überlesen“ und am Ende das Dystrophin- Eiweiß in der Muskelzelle (zu einem geringeren Anteil) gebildet werden kann. Sicherheit und Wirksamkeit von Ataluren wurden in einer randomisierten Doppelblindstudie mit 174 gehfähigen männlichen Patienten im Alter von fünf bis 20 Jahren untersucht. Bei Patienten, die Ataluren statt einem Placebo erhielten, nahm die durchschnittliche Gehstrecke in einem 6-Minuten-Gehtest nach 48 Wochen nur um 12,8 Meter ab - im Vergleich zu einer durchschnittlichen Verschlechterung der Gehstrecke um 44,1 Meter bei den Patienten mit Placeboeinnahme.7 Da das Medikament sehr teuer ist (die Therapie kostet laut Hersteller 350.000€ pro Jahr) und die Krankenkassen nur dazu bereit waren, weniger als die Hälfte zu bezahlen, hat der Hersteller, so die Information in einem Beitrag von Deutschlandradio Kultur vom 9. August 2016, das Medikament in Deutschland vom Markt genommen.8 2.2. Behandlung mit dem Medikament Metformin und der Aminosäure L-Citrullin Eine Verbesserung der Muskelkraft und der Gehstrecke bei Patienten mit Muskeldystrophie vom Typ Duchenne kann auch durch die Einnahme des Medikaments Metformin und der Aminosäure L-Citrullin erreicht werden.9 2.3. Behandlung mit dem Medikament Raxone auf der Grundlage des Wirkstoffs Idebenone Der Wirkstoff Idebenone kann den Verlust der Atmungsfunktion verzögern und das Auftreten bronchopulmonaler Komplikationen verringern. Das auf der Grundlage des Wirkstoffes Idebenone entwickelte Medikament Raxone erhielt bereits Orphan-Drug-Designationen von den europäischen, schweizerischen und US Zulassungsbehörden. Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMO) der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) prüft derzeit den Zulassungsantrag (Marketing Authorization Application, MAA) für Raxone bei Patienten mit Muskeldystrophie Duchenne mit abnehmender Atmungsfunktion und ohne Glucocorticoid- Begleittherapie.10 7 https://www.treat-nmd.de/register/clinical_trials/dmd/ataluren_zulassung/index.de.html. 8 Wer trägt die Kosten für heilsame, aber teure Therapien, http://www.deutschlandradiokultur.de/innovationenin -der-pharmaindustrie-wer-traegt-die-kosten.976.de.html?dram:article_id=362619. 9 http://www.md-net.org/de/forschung/klinische_studien/l_citrullin_metformin_dmd/index.html. 10 http://www.santhera.com/docs/default-source/2016-de/2016-06-01_nmd_paper_in_press_d_final.pdf?sfvrsn=4; http://www.finanzen.net/nachricht/aktien/Neue-Daten-von-Santheras-Phase-III-Studie-DELOS-in-Duchenne- Muskeldystrophie-DMD-in-Neuromuscular-Disorders-4912695. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 057/16 Seite 6 2.4. Behandlung mit Kreatin Kreatin spielt eine zentrale Rolle im Energiestoffwechsel von Muskel- und Nervenzellen und wird auch bei der Behandlung von Duchenne-Patienten eingesetzt. Der Gesamtkreatinpool bei einem Menschen setzt sich intrazellulär zu einem Drittel aus freiem und zu zwei Dritteln aus Phosphokreatin zusammen. Auf Grund dieser Eigenschaft wird Kreatin seit vielen Jahren erfolgreich von Sportlern als Nahrungsergänzungsmittel angewendet. Hierbei wird eine kurzfristige Steigerung von Muskelkraft und -leistung um zehn bis zwanzig Prozent erzielt. Daneben wird die Regeneration von Kraft und Leistung beschleunigt und die neuromuskuläre Ermüdung nach Anstrengung verzögert. Diese Effekte lassen sich durch eine geringere Entleerung der Phosphokreatinspeicher und eine erhöhte Sauerstoffaufnahme des Muskels unter Kreatineinnahme erklären. Neben diesen Wirkungen werden ein Zuwachs der Muskelmasse und eine Kalibervergrößerung der Muskelfasertypen beobachtet. Bei Patienten mit Muskeldystrophien besteht eine signifikant niedrigere Konzentration von Gesamtkreatin (bis zu 15 Prozent) und Phosphokreatin (bis zu 32 Prozent) im Muskel.11 Eine doppelblinde, placebokontrollierte, über acht Wochen dauernde Studie bei Patienten mit verschiedenen Formen progressiver Muskeldystrophien (Typen Duchenne, Becker-Kiener) zeigte signifikante Verbesserungen von Muskelkraft und Alltagsaktivitäten. Einen Einfluss auf die Lungenfunktion konnte durch die Verabreichung von Kreatin allerdings nicht festgestellt werden.12 3. Schwerpunkte in der nationalen und internationalen Forschung 3.1. Studien zur Behandlung der Muskeldystrophie Duchenne mittels Gentransfers Eine Arbeitsgruppe an der Universität Heidelberg forscht zu der Möglichkeit, die Muskeldystrophie Duchenne mittels Gentransfers behandeln zu können.13 Darüber hinaus förderte die Deutsche Forschungsgemeinschaft von 2013 bis 2015 die gezielte, nicht virale Gentherapie für Muskeldystrophie Duchenne. Ergebnisse liegen noch nicht vor.14 Eine Arbeitsgruppe um Charles Gersbach an der Duke Universität in Durham, North Carolina, hat erste Erfolge mit dem Einsatz von „Genscheren“(CRISPR) bei Mäusen erzielt. Die Genscheren schneiden ein Stück aus dem Gen heraus. Dadurch wird das DNA-Ableseraster korrigiert und es kann wieder funktionstüchtiges Dystrophin gebildet werden. Die Forscher verwendeten Viren, und zwar Adeno-assoziierte Viren (AAV8), um die Genscheren in die Zellen zu bringen. Sie erreichten damit 20 Prozent der Muskelzellen und etwa 80 Prozent der normalen Dystrophin- 11 https://www.dgm.org/behandlung/nahrungsergaenzung/kreatinsupplement. 12 https://www.dgm.org/behandlung/nahrungsergaenzung/kreatinsupplement. 13 Gefördert durch u.a. das Bundesministerium für Bildung und Forschung und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), s. https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Kardiovaskulaerer-Gentransfer.112041.0.html. 14 Studie durchgeführt von der Stanford University, California, http://gepris.dfg.de/gepris/projekt/239221667. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 057/16 Seite 7 Konzentration. Tatsächlich verbesserte sich die Leistung der Herz- und Lungenmuskulatur der Mäuse.15 Ähnliche Erfolge konnten die Arbeitsgruppen um Eric Olsen von der Universität von Texas in Dallas und Amy Wagers von der Harvard Universität in Cambridge, Massachusetts, erzielen. Dies geht aus einem Bericht über ihre im Dezember 2015 veröffentlichte Studie hervor. Beide Forschungsteams forschen ebenfalls, wie die Muskeldystrophie mittels Genscheren zu therapieren ist. Sie verwenden allerdings einen anderen Virustyp als die Forschungsgruppe um Charles Gersbach, um die Genscheren in die Zellen zu schleusen. Tests beider Teams bestätigen eine verbesserte Muskelfunktion durch den gentechnischen Eingriff. Wagers Team entdeckte sogar, dass die Gentherapie auch einen langfristigen Effekt haben kann.16 3.2. Studie zur Stabilisierung und Erhöhung der Muskelkraft durch Kortikosteroide (FOR-DMD) Durch Kortikosteroide kann die Muskelkraft der Patienten über einen gewissen Zeitraum stabilisiert oder sogar erhöht werden. Dies äußert sich darin, dass bei den Kindern, die an Muskeldystrophie leiden, die Gehfähigkeit über einen längeren Zeitraum erhalten bleibt. Zudem wirken diese Medikamente einer Verringerung von Wirbelsäulenschäden, sowie Atemproblemen entgegen und stellen einen möglichen Schutz vor der Entstehung von Herzproblemen dar. Zur Zeit gibt es noch keine einheitliche Regelung für die Verschreibung von Kortikosteroiden. Das Ergebnis bzw. der Nutzen kann von Patient zu Patient variieren. Die FOR-DMD-Studie vergleicht seit Januar 2013 drei mögliche Therapievarianten für Kortikosteroide an Jungen mit Muskeldystrophie. Sie wird vom Gesundheitsministerium in den USA finanziert . Im Rahmen dieser Studie sollen insgesamt 300 Jungen in Großbritannien, Deutschland, Italien, USA und Kanada für mindestens drei Jahre behandelt werden. Ergebnisse liegen noch nicht vor.17 3.3. Studie über den Zusammenhang von Stress und Muskeldystrophien Eine Forschungsgruppe des Max-Planck-Instituts für biophysikalische Chemie, Göttingen, unter der Leitung von Halyna Shcherbata befasst sich mit der Funktion von sog. miRNAs bei der Aufrechterhaltung bzw. Differenzierung von Zellen unter normalen oder pathogenen Bedingungen sowie bei besonderer Belastung. Das Team hat herausgefunden, dass miRNAs eine wichtige Funktionen bei der Steuerung von Zellteilungen oder Zelldifferenzierungen haben. Sind miRNA- Level bei Stress oder Krankheit fehlreguliert, stört dies deshalb die Geweberegenerierung und Homöostase empfindlich. Ein Schwerpunkt der Arbeit besteht aus der Analyse des Dystrophin- 15 Bericht im Tagesspiegel, Genscheren heilen defektes Muskelerbgut,vom 4. Januar 2016, http://www.tagesspiegel .de/wissen/gentherapien-gegen-muskelschwaeche-funktionieren-genscheren-heilen-defektes-muskelerbgut /12784512.html; http://science.sciencemag.org/content/351/6271/403; http://gersbach.bme.duke.edu/publications /vivo-genome-editing-improves-muscle-function-mouse-model-duchenne-muscular-dystrophy-0. 16 http://www.nytimes.com/2016/01/01/science/gene-therapy-muscular-dystrophy.html?_r=0. 17 http://www.md-net.org/de/forschung/klinische_studien/for_dmd_steroide/index.html. In Deutschland beteiligen sich sechs Zentren (Universitätskliniken) an der Durchführung der Studie. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 057/16 Seite 8 Glycoprotein-Komplexes: Ist dieser beim Menschen beeinträchtigt, sind Muskeldystrophien und Hirn-Anomalien die Folge. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass Stress den altersabhängigen Verlauf von Muskeldystrophien verschlimmern und bei Wildtyp-Fruchtfliegen Muskeldegenerationen auslösen kann. Bei diesem Prozess spielen miRNAs eine wichtige Rolle.18 3.4. Klinische Studie zur vorbeugenden Behandlung einer Herzschwäche bei Muskeldystrophie Duchenne (DMD-Kardio) Die DMD-Kardio Studie ist eine multizentrische klinische Studie, die das Muskeldystrophie Netzwerk (MD-net) gemeinsam mit dem „Kompetenznetz Angeborene Herzfehler“ geplant hat und die als Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. In der Studie sollten unter Einbeziehung spezialisierter Kinderärzte 30 Kinder untersucht werden, um festzustellen, ob es sinnvoll ist, Medikamente, die das Fortschreiten einer Herzschwäche verzögern , bereits vor Beginn erster Symptome einzusetzen. Die Studie begann am 1. April 2009 und endete am 31. März 2016. Ergebnisse wurden bislang offenbar noch nicht veröffentlicht. 3.5. Studie des Max-Planck Instituts für Herz- und Lungenforschung zur Regulierung der Muskelregeneration durch das Gen Prmt5 Wissenschaftler aus der Arbeitsgruppe um Thomas Braun vom Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim haben ein für die Regulation der Aktivität von Satellitenzellen entscheidendes Gen identifiziert, Prmt5. Satellitenzellen sind Stammzellen, die im Muskel zwischen den einzelnen Muskelfasern zu finden sind. Im Normalfall sind sie weitestgehend inaktiv. Dies ändert sich allerdings im Falle einer Muskelverletzung schlagartig. Innerhalb kürzester Zeit vermehren sich die Satellitenzellen und heilen die Verletzung, indem sie geschädigte Muskelfasern ersetzen. In Experimenten mit Mäusen untersuchten die Max-Planck-Forscher, auf welche Weise Prmt5 die Muskelregeneration reguliert. Bei Mäusen ohne Prmt5 war die Anzahl der Satellitenzellen deutlich reduziert. Nach der Ansicht der Wissenschaftler ist das Gen wichtig für die Regulation der Teilungsaktivität. Zudem fanden sie Hinweise darauf, dass Prmt5 auch das vorzeitige Absterben der Satellitenzellen verhindert und eine wichtige Rolle bei der Umwandlung in funktionelle Muskelfasern spielt. Die Bad Nauheimer Wissenschaftler hoffen, mit ihrer Studie auch die Entstehung von Muskelerkrankungen beim Menschen besser verstehen zu können, da der Verlust von Muskelgewebe bei fehlendem Prmt5 Parallelen zu degenerativen Muskelerkrankungen, beispielsweise der Duchenne Muskeldystrophie zeigt. Die Gruppe hofft nun, dass Mäuse, denen das Prmt5-Gen fehlt, zukünftig als Modell für diese Krankheit dienen könnten.19 3.6. Forschungsansätze zur Stammzelltherapie Es gibt eine Reihe verschiedener Stammzellarten, bei denen davon ausgegangen wird, dass sie auf verschiedene Art und Weise zur Entwicklung von Therapien gegen Muskeldystrophie genutzt 18 http://www.mpibpc.mpg.de/de/shcherbata. 19 Bericht vom 1. Juni 2015, https://www.mpg.de/9257158/prmt5-gen-muskelregeneration. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 057/16 Seite 9 werden können. Die wichtigsten stammzellbasierten Ansätze, die derzeit untersucht werden, sind die folgenden: Herstellung gesunder Muskelfasern: Man hofft, dass, wenn Stammzellen ohne den genetischen Defekt, der Muskeldystrophie Duchenne verursacht, in die Muskulatur der Patienten verabreicht werden, diese Zellen funktionierende Muskelfasern bilden, die die verletzten Muskelfasern der Patienten ersetzen.20 Linderung der Entzündung: Bei der Muskeldystrophie kommt es im verletzten Muskel zu starken Entzündungen. Diese Entzündungen beschleunigen den Abbau der Muskeln. Es wird davon ausgegangen, dass bestimmte Arten von Stammzellen möglicherweise Stoffe freisetzen, die eine Entzündung lindern und so den Krankheitsverlauf verlangsamen.21 Ein Team unter Leitung von Prof. Jens Schmidt, Universitätsmedizin Göttingen, hat sich seit 2009 damit befasst, wie sich die Entzündung mit Hilfe von Immunglobulinen (menschliches Eiweiß) reduzieren lässt, indem das Immunsystem durch das Immunglobulin neu aufgebaut wird. Die Ergebnisse wurden Beginn dieses Jahres veröffentlicht.22 Dem Team um Dr. Michael Rudnicki, Leiter des „Regenerative Medicine Programms“ am Ottawa Hospital Research Hospital fand im Jahr 2015 heraus, dass die Dystrophin-Proteine nicht nur in Muskelfasern vorkommen, sondern dass das Protein auch in den Muskelstammzellen produziert wird.23 Derzeit gibt es noch keine stammzellbasierten Therapien gegen Muskeldystrophie. Die Forschung hat mittlerweile zwar einige Ansätze für potenziell wirksame, zukünftige Therapien gefunden. Es bedarf jedoch noch weiterer Forschung, bis geklärt ist, ob diese Behandlungen beim Menschen sicher und wirksam sind. Die größten Probleme bestehen unter anderem noch in der Verhinderung einer Immunabstoßung transplantierter Zellen und der Abgabe der Zellen in die Blutbahn, um alle betroffenen Muskeln zu erreichen. Ende der Bearbeitung 20 Vgl. hierzu http://www.eurostemcell.org/de/factsheet/muskeldystrophie-wie-k%C3%B6nnten-stammzellenhelfen 21 http://www.eurostemcell.org/de/factsheet/muskeldystrophie-wie-k%C3%B6nnten-stammzellen-helfen. 22 Göttinger Forscher kämpfen erfolgreich gegen Muskelschwunderkrankungen, in Pharma-Fakten vom 7. März 2016, https://www.pharma-fakten.de/news/details/349-muskeldystrophie-duchenne-forscher-wollen-muskelschwund -mit-immunglobulinen-stoppen. 23 Bei Duchenne Stammzellen beeinträchtigt, Ärzte Zeitung vom 27. November 2015, http://www.aerztezeitung .de/medizin/krankheiten/skelett_und_weichteilkrankheiten/article/899956/muskeldystrophie-duchennestammzellen -beeintraechtigt.html; http://www.nature.com/nm/journal/v21/n12/full/nm.3990.html.