© 2016 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 057/13 Mögliche gesundheitliche Folgen für Frauen und Kinder beim Einsatz von Amalgam in der Zahnmedizin Eine Übersicht zum Stand der Forschung Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 057/13 Seite 2 Mögliche gesundheitliche Folgen für Frauen und Kinder beim Einsatz von Amalgam in der Zahnmedizin Eine Übersicht zum Stand der Forschung Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 057/13 Abschluss der Arbeit: Datum: 7. August 2013 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 057/13 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Zur Historie der wissenschaftlichen Auseinandersetzung zum Einsatz von Amalgamen in der Zahnmedizin. 5 3. Informationen zum Einsatz von Quecksilber im Allgemeinen und im Bereich der Zahnmedizin im Speziellen 6 4. Ausgewählte Studien über mögliche gesundheitliche Folgen durch die Verwendung von Amalgam in der Zahnmedizin 6 4.1. Studien im Auftrag der Europäischen Kommission 7 4.2. Neuropsychological and Renal Effects of Dental Amalgam in Children. A Randomized Clinical Trial, Autoren: David C. Bellinger, u. a. 8 4.3. Neurobehavioral Effects of Dental Amalgam in Children. A Randomized Clinical Trial, Autoren: DeRouen, Timothy A., u. a. 8 4.4. Fertilität und Einsatz von Amalgam in der Zahnmedizin 8 4.5. Evaluation of oral tissue response and blood levels of mercury released from dental amalgam in rats. Soussa E, u. a.. 9 4.6. Amalgam: Eine Risikobewertung unter Berücksichtigung der neuen Literatur bis 2005. Autoren Mutter, Joachim, u. a. 9 4.7. Neurologisch bedingtes Verhalten bei Kindern im Zusammenhang mit dem Einsatz von Amalgam Autoren: Woods J.S., u. a. 10 5. Einschätzungen und Studien des Robert-Koch-Instituts 10 5.1. Empfehlung der Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ der Robert-Koch-Institutes, Amalgam: Stellungnahme aus umweltmedizinischer Sicht, Autoren: Kappos, A., u. a. 10 5.2. Sondervotum "Amalgam von Daschner und Mutter zur Empfehlung des RKI 11 5.3. Entgegnung der RKI-Kommission zum Sondervotum "Amalgam“ 11 6. Einschätzung des Bundesministeriums für Gesundheit 12 7. Einschätzung der Bundesinstituts für Heil- und Arzneimittelforschung (BfArM) 12 8. Parlamentarische Vorgänge zum Thema Einsatz von Amalgam in der Zahnmedizin 13 8.1. Deutscher Bundestag 13 8.2. Parlamentarische Versammlung des Europarates 14 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 057/13 Seite 4 9. Umweltaspekte im Zusammenhang mit dem Einsatz von Amalgam in der Zahnmedizin 14 10. Schlussbetrachtung 15 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 057/13 Seite 5 1. Einleitung Bei Amalgamen handelt es sich um Legierungen mit unterschiedlichen Quecksilberanteilen. In der Zahnmedizin werden Amalgame eingesetzt, die zu 50 Prozent aus Quecksilber bestehen. Die dem Quecksilber zugemischte Legierungspulver setzten sich heute in der Regel aus 40 % Silber, maximal 32 % Zinn, maximal 30 % Kupfer, maximal 5 % Indium, maximal 3 % Quecksilber und maximal 2 % Zink zusammen.1 Schätzungen zur Folge sind in der Europäischen Union derzeit 1000-2000 Tonnen Quecksilber in Amalgamfüllungen verarbeitet.2 Insbesondere gegen Ende der vergangenen und zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurde die Frage der Folgen eines Einsatzes von Amalgam in der Zahnmedizin sowohl in der Öffentlichkeit als auch in wissenschaftlichen Kontexten kontrovers diskutiert. Im Kern geht es bei dieser Kontroverse um die Frage, ob in der Zahnmedizin eingesetztes Amalgam im Laufe der Zeit freigesetzt wird und hierbei zu schädlichen gesundheitlichen Schäden führt.3 Im Folgenden werden die Ergebnisse von Studien sowie die Positionen des Robert-Koch- Instituts, des Bundesinstituts für Heil- und Arzneimittelforschung (BfarM) und des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) vorgestellt. Weiterhin sind parlamentarische Vorgänge zu dem Themenkomplex aufgenommen worden. 2. Zur Historie der wissenschaftlichen Auseinandersetzung zum Einsatz von Amalgamen in der Zahnmedizin. Amalgame in der Medizin wurden bereits zu Beginn des 16. Jahrhunderts in Europa und in China als Füllmaterialien in der Zahnmedizin eingesetzt. Schon in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts gab es in den Vereinigten Staaten von Amerika eine Kontroverse zu den gesundheitlichen Folgen eines Einsatzes von Amalgam in der Zahnmedizin und führte sogar zu dessen vorübergehendem Verbot. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts begannen systematische Forschungen über den Nutzen aber auch mögliche gesundheitliche Belastungen durch den Einsatz von Amalgam. In diesen Zeitraum fällt auch die Aufnahme von Zahnfüllungen in den Leistungskata- 1 Nach: Bundesinstitut für Arzneimittelforschung (BfArM), Amalgame in der zahnärztlichen Therapie, Bonn 2005, S. 5 eingestellt auf: http://www.bfarm.de/cae/servlet/contentblob/1013568/publicationFile/66029/broschuere-amalgame.pdf (Stand 13. Juli 2013). 2 Siehe hierzu auch Kapitel 4.6. 3 Eine kritische Berichterstattung des SWR vermutlich aus dem Jahr 2009 ist eingestellt auf: http://www.youtube.com/watch?v=T8EGj5wSQ-4 (Stand 25. Juli 2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 057/13 Seite 6 log der gesetzlichen Krankenkassen und einhergehend damit auch die Suche nach effektiven und wirtschaftlichen Behandlungsmethoden und –stoffen. 4 3. Informationen zum Einsatz von Quecksilber im Allgemeinen und im Bereich der Zahnmedizin im Speziellen Nach einer Studie im Auftrag der Europäischen Kommission wird die jährliche Menge in der EU eingesetzten Quecksilbers in Amalgam-Legierungen auf 95 Tonnen geschätzt. Hiervon entfallen auf Polen und Frankreich über 50 Prozent der verarbeiteten Amalgammenge. In Deutschland ist der Einsatz der Amalgammenge bezogen auf 100 Einwohner unterdurchschnittlich (Rang 19 im EU-Vergleich). Aufgrund der hohen Bevölkerungszahl rangiert Deutschland auf Platz 6 im Hinblick auf die Gesamtverbrauchsmenge. Der Anteil der nicht-amalgamhaltigen Füllstoffe liegt in der EU bei ca. 66 Prozent. Im Vergleich lägen in Deutschland die Kosten für eine Nutzung nichtamalgamhaltiger Füllstoffe fünfmal so hoch wie bei amalgamhaltigen.5 Auf der Basis der aktuellen Erkenntnisse zur Toxizität von Quecksilber ist in Deutschland ein TWI-Wert (Tolerable Weekly Intake – tolerierbare wöchentliche Aufnahme) von 4 µg/kg Körpergewicht (KG) für anorganisches Quecksilber im Zusammenhang mit der Aufnahme von Lebensmitteln festgesetzt worden.6 4. Ausgewählte Studien über mögliche gesundheitliche Folgen durch die Verwendung von Amalgam in der Zahnmedizin Aus der großen Zahl von Studien, die zu kontroversen Ergebnissen hinsichtlich der Frage gelangen , ob es einen Zusammenhang von gesundheitlichen Schäden und dem Einsatz von Amalgam in der Zahnmedizin gibt, werden im Folgenden einige Beispiele vorgestellt, die sich auch mit der Frage befassen, ob der Einsatz von Amalgam Folgen für die Fertilität beziehungsweise Auswirkung in neuropsychologischer Hinsicht für Kinder haben: 4 Zum historischen Kontext siehe auch: Müller-Schneemeyer, Ingrid, Die Amalgamkontroverse in der zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts (Dissertationsschrift), Kapitel IV. Die historische Entwicklung des Amalgam und dessen Etablierung als zahnärztliches Füllmaterial, München 2004. Diese Arbeit ist eingestellt auf: http://edoc.ub.uni-muenchen.de/1947/1/Mueller-Schneemayer_Ingrid.pdf (Stand 13. Juli 2013). 5 Alle Angaben aus: European Commission, Study on the potential for reducing mercury pollution from dental amalgam and batteries. Final Report, 2012, eingestellt auf: http://ec.europa.eu/environment/chemicals/mercury/pdf/Final_report_11.07.12.pdf (Stand 5. Juli 2013). 6 Nach: efsa – Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit: http://www.efsa.europa.eu/de/press/news/121220.htm (Stand 27. Juli 20113). Hinweis: 1 Gramm entspricht 1.000.000 Mikrogramm [µg]). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 057/13 Seite 7 4.1. Studien im Auftrag der Europäischen Kommission Im Jahr 2008 wurden zwei Studien veröffentlicht, die von zwei Ausschüssen der Europäischen Kommission erstellt wurden. Es handelt sich hierbei zum einen um die Studie „The safety of dental amalgam and alternative dental restoration materials for patients and users" des Ausschusses Scientific Committee on Emerging and Newly Identified Health Risks (SCENIHR - Wissenschaftlicher Ausschuss zu neu auftretenden und identifizierten Gesundheitsrisiken) und zum anderen um die Studie "The environmental risks and indirect health effects of mercury in dental amalgam" des Ausschusses Scientific Committee on Health and Environmental Risks (SCHER – Wissenschaftlicher Ausschuss Gesundheit und Umweltrisiken). Die EK hat die Ergebnisse beider Studien zusammengefasst und veröffentlicht. In Punkt 6 dieser Zusammenfassung wird dargestellt, dass sowohl Zahnamalgame als auch verschiedene alternative Füllungsmaterialien als wirksam gelten und sicher in der Anwendung seien . Es gebe keinen Nachweis dafür, dass sie Krankheiten verursachen könnten. Die relativen Risiken und Nutzen der Anwendung verschiedener Zahnfüllungsmaterialien sollten den Patienten und der breiten Öffentlichkeit erläutert werden. Amalgamfüllungen könnten allerdings in einigen seltenen Fällen lokale allergische Reaktionen und vergleichbare Beschwerden sowohl bei Personal als auch bei Patienten auslösen. Allerdings lieferten gegenwärtige wissenschaftliche Belege keine Nachweise eines Zusammenhangs zwischen Zahnamalgamen und Krankheiten wie beispielsweise Erkrankungen der Harn-, Fortpflanzungs -, Immun- und der neurologischen Systeme noch hinsichtlich psychologische Beschwerden . Andererseits gebe es auch keine Nachweise dafür, dass ein Zusammenhang zwischen der Anwendung von alternativen Zahnfüllungen einerseits und neurologischen oder anderen Gesundheitsstörungen andererseits bestünden. Grundsätzlich sei Amalgam ein sicheres Zahnfüllungsmaterial. Einschränkend wird aber angegeben , dass die verfügbaren Datenmengen noch gering seien.7 Wie bei jedem anderen medizinischen Eingriff auch, sollte bei schwangeren Frauen geprüft werden, ob amalgamhaltige Zahnfüllungen unabdingbar sind. Die Quecksilberbelastung möge beim zahnärztlichen Personal höher liegen als in der breiten Öffentlichkeit, doch existierten nur sehr wenige Belege zu negativen gesundheitlichen Auswirkungen auf das zahnärztliche Personal. Eine kritische Würdigung der Ergebnisse der genannten Studien nimmt Joachim Mutter in seinem Aufsatz „Is dental amalgam safe for humans? The opinion of the scientific committee of the European Commission” vor.8 Er kritisiert, dass in der Studie des Ausschusses SCENIHR wissenschaftliche Arbeiten, die einen Zusammenhang zwischen einem Amalgameinsatz und körperlichen Beschwerden herstellen, nicht berücksichtigt worden seien. Des Weiteren sei die Zusammensetzung der Kommission SCENIHR einseitig und spiegele nicht die Forschungsbreite wider. 7 Nach: http://ec.europa.eu/health/opinions/de/zahnamalgam/index.htm, insbesondere Punkt 6. Zusammenfassung , (Stand 24. Juli 2013). 8 Der Artikel erschien im Journal of Occupational Medicine and Toxicology 2011, 6:2 und ist eingestellt auf: http://www.occup-med.com/content/pdf/1745-6673-6-2.pdf (Stand 25. Juli 2013) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 057/13 Seite 8 4.2. Neuropsychological and Renal Effects of Dental Amalgam in Children. A Randomized Clinical Trial, Autoren: David C. Bellinger, u. a. Insgesamt wurden für die Studie „Neuropsychological and Renal Effects of Dental Amalgam in Children. A Randomized Clinical Trial“ von David C. Bellinger, u. a., aus dem Jahr 2005 534 Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren über einen Zeitraum von fünf Jahren beobachtet. Hiervon waren zuvor 267 Kinder unter Verwendung von Amalgam und 267 Kinder mit alternativen Materialien aufgrund einer Karies-Diagnose zahnmedizinisch versorgt worden. Im Ergebnis kommt die Studie zu dem Schluss, dass es in neuropsychologischer Hinsicht und im Hinblick auf die Funktionstüchtigkeit der Nieren keine empirisch signifikanten Unterschiede der beiden Probandengruppen gab. Es wird die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass es kleine IQ- Effekte geben könne. Insgesamt geben die Ergebnisse keinen Hinweis darauf, ob bei restaurativen Zahnbehandlungen von Kindern Behandlungsmaterialen bevorzugt werden sollten, die kein Amalgam enthalten. 9 4.3. Neurobehavioral Effects of Dental Amalgam in Children. A Randomized Clinical Trial, Autoren : DeRouen, Timothy A., u. a. Die Studie "Neurobehavioral Effects of Dental Amalgam in Children. A Randomized Clinical Trial“ von DeRouen, Timothy A. und anderen aus dem Jahr 2005 zu vergleichbaren Ergebnissen wie die unter Kapitel 4.2. dargestellte Studie von Bellinger. Beobachtet wurden über einen Zeitraum von sieben Jahren Kinder, die entweder zahnmedizinisch mit Amalgam oder anderen Füllmaterialien behandelt wurden. Beide Gruppen zeigten keine unterschiedlichen Verhaltensweisen in neuropsychologischer Hinsicht. Daher kommen die Autoren zu dem Schluss, dass Amalgam weiterhin eine brauchbare Option zur restaurativen Zahnbehandlung darstelle.10 4.4. Fertilität und Einsatz von Amalgam in der Zahnmedizin Studien vor allem in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts kommen zu dem Schluss, dass ein Zusammenhang zwischen Fertilität und einem Einsatz von Amalgam in der Zahnmedizin existiert. Hier werden noch heute insbesondere die Arbeiten von Frau Prof. Gerhard zitiert. Auf Rückfrage teilte sie mit, dass ihre „jahrelange Erfahrung“ sie „nicht daran zweifeln“ lässt, „dass Quecksilber aus Amalgam ein heimtückisches Gift ist, das bei Frauen den hormonellen Regelkreis stört, zu Fehlgeburten führt, über den Mutterkuchen auf das Ungeborene übergeht und langfristige Störungen des Immun- und Nervensystems bei der Frau und ihren 9 Die Ergebnisse der Studie David C. Bellinger, u. a., Neuropsychological and Renal Effects of Dental Amalgam in Children. A Randomized Clinical Trial, sind veröffentlicht in der Zeitschrift JAMA, The Journal of the American Medical Association, 19. April 2006, Vol. 295, Nr. 15, 1775-1783 und eingestellt auf: http://jama.jamanetwork.com/article.aspx?articleid=202706#Abstract (Stand 5. Juli 2013). 10 Die Ergebnisse der Studie Timothy A. DeRouen, PhD Neurobehavioral Effects of Dental Amalgam in Children. A Randomized Clinical Trial, 2005, sind veröffentlicht in der Zeitschrift JAMA, The Journal of the American Medical Association, 19. April 2006, Vol. 295, Nr. 15, S. 1784-1792 und eingestellt auf: http://jama.jamanetwork.com/article.aspx?articleid=202707 (Stand 9. Juli 2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 057/13 Seite 9 Nachkommen hervorrufen kann.“11 Sie verweist hierbei auf ihre eigenen Studien und auf über weitere 20 wissenschaftliche Arbeiten hin, die sie in einer Auflistung übermittelte und die zu vergleichbaren Ergebnissen führten. Eine von Frau Prof. Gerhard übermittelte Kurzzusammenfassung ihrer Ergebnisse ist in der Anlage 1 beigefügt. 4.5. Evaluation of oral tissue response and blood levels of mercury released from dental amalgam in rats. Soussa E, u. a.. Soussa u. a. kommen nach entsprechenden Tierversuchen zu dem Schluss, dass es eine positive Korrelation zwischen den Quecksilberwerten im Blut von weiblichen Ratten und deren Nachkommen gebe. Die Autoren empfehlen, auf den Einsatz von Amalgam bei Frauen zu verzichten, um eine Schädigung des Fötus zu vermeiden und regen weitere Studien hierzu am Menschen an.12 4.6. Amalgam: Eine Risikobewertung unter Berücksichtigung der neuen Literatur bis 2005. Autoren Mutter, Joachim, u. a. Der Autor erstellt eine Risikobewertung auf der Grundlage der Analyse von Studien bis zum Jahr 2005. Er schlussfolgert, dass Amalgamausscheidungen eine Reihe von Krankheiten hervorrufen. Hierzu zählten beispielsweise ein erhöhtes Risiko einer Nierenschädigung, die Induktion von Autoimmunkrankheiten oder Autismus. Die Entfernung von Amalgam aus Zahnfüllungen habe zu einer dauerhaften Verbesserung oder Heilung verschiedener und meist chronischer Beschwerden geführt. Amalgam könne vor dem Hintergrund aller verfügbaren Daten weder medizinisch noch ökologisch als sicheres Zahnfüllungsmaterial bezeichnet werden.13 11 Zitiert aus einer E-Mail vom 23. Juli 2013. Sie verweist auch auf Informationen auf ihrer Website http://www.netzwerk-frauengesundheit.com/amalgam-in-zahnfullungen-schaedlich/ und http://www.netzwerkfrauengesundheit .com/gesundheitsrisiko-schwermetalle-nicht-nur-fuer-frauen/ (Stand jeweils 24. Juli 2013). 12 Siehe: Arch Oral. Biol. 2013 Aug;58(8):981-8 http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23611063 (Stand 29. Juli 2013). 13 Mutter, Joachim, u. a., Amalgam: Eine Risikobewertung unter Berücksichtigung der neuen Literatur bis 2005, in Gesundheitswesen 2005, Ausgabe 67(3), S. 204-216, eingestellt auf: http://www.gesundheitlicheaufklaerung.de/download/Reprint_Risiko.pdf?20ca9b (Stand 13. Juli 2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 057/13 Seite 10 4.7. Neurologisch bedingtes Verhalten bei Kindern im Zusammenhang mit dem Einsatz von Amalgam Autoren: Woods J.S., u. a. In der Studie „Modification of neurobehavioral effects of mercury by genetic polymorphisms of metallothionein in children“ von Woods u. a. aus dem Jahr 201215, wurde die Wirkung von Quecksilber auf das neurobiologische Verhalten von Mädchen und Jungen untersucht und hier insbesondere im Zusammenhang mit der Wirkung von Quecksilber auf so genannte Metallothionine 16. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sich dass neurobiologische Verhalten verändert, wenn Metallothionine auf Quecksilber reagieren. Allerdings wird auch festgestellt, dass nicht eindeutig nachzuweisen war, dass der erhöhte Quecksilberanteil auf Amalgamaus-scheidungen zurückzuführen sei. 5. Einschätzungen und Studien des Robert-Koch-Instituts In einer Mitteilung erläutert das Robert-Koch-Institut (RKI), dass im Jahr 2007 drei Stellungnahmen zu dem Thema in einem Materialband Stellungnahmen der ehemaligen "Kommission Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin" veröffentlicht wurden, bei denen es sich dabei aber nach eigener Darstellung nicht um offizielle Verlautbarungen des RKI handelt.17 In diesen drei Stellungnahmen werden die zentralen wissenschaftlichen Kontroversen um mögliche gesundheitliche Folgen des Einsatzes von Amalgam in der Zahnmedizin deutlich.18 5.1. Empfehlung der Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ der Robert-Koch-Institutes, Amalgam: Stellungnahme aus umweltmedizinischer Sicht, Autoren : Kappos, A., u. a. In der Empfehlung der Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ des RKI, Amalgam: Stellungnahme aus umweltmedizinischer Sicht, aus dem Jahr 200719 wird darauf hingewiesen, dass die meisten Experten die Gefahr einer Gesundheitsgefährdung durch 15 Die Studie ist zusammengefasst auf: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23827881 (Stand 27. Juli 2013). 16 Bei Metallothioninen handelt ist sich um unterschiedliche Proteine, die Metalle im menschlichen Körper binden können. 18 Aus diesem Grund sind die drei im Kapitel dargestellten Einschätzungen auch in der Anlage 2 beigefügt. 19 Siehe, Kappops, u. a., Empfehlung des Robert-Koch-Institutes. Amalgam: Stellungnahme aus umweltmedizinischer Sicht, Mitteilung der Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“, Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 2007 · 50:1304–1307, DOI 10.1007/s00103-007-0338-z, Online publiziert: 5. Oktober 2007 Stellungnahme ist eingestellt auf: http://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/UmweltKommission/Archiv/Amalgam_Stellungnahme.pdf?__bl ob=publicationFile (Stand 15. Juli 2013). Zu der Stellungnahme wurde auch ein Materialienban veröffentlicht: http://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/UmweltKommission/Archiv/Amalgam_Materialienband.pdf?__b lob=publicationFile (Stand 15. Juli 2013) eingestellt ist. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 057/13 Seite 11 den Einsatz von Amalgamen zur Zahnbehandlung als gering einschätzten. Daher wird behandelnden Ärzten empfohlen, Patienten detailliert darauf hinzuweisen, dass es hinsichtlich der Vermutungen über einen Zusammenhang zwischen Amalgam und bestimmten Krankheiten wie beispielsweise Morbus Alzheimer, Morbus Parkinson, amyotrophe Lateralsklerose, Autismus, multiple Sklerose oder Hormonstörungen keine überzeugenden wissenschaftlichen Belege gebe. Gleichwohl halten die Autoren „im Wissen um die zahlreichen diskutierten Wirkungen von Quecksilber auf sehr unterschiedliche Organsysteme, die vereinzelt auftretenden klinisch relevanten Unverträglichkeiten, die berufliche Exposition des zahnärztlichen Personals und die Umweltbelastung“ eine weitere Minimierung der zahnärztlichen Amalgamverwendung für wünschenswert . In Anbetracht der nachweislich mit der Zahl der Amalgamfüllungen korrelierten Hg- Exposition sollte eine größere Zahl von Amalgamrestitutionen bei ein und derselben Person vermieden werden. Darüber hinaus sollen unter bestimmten Bedingungen keine neuen Amalgamfüllungen gelegt oder sogar bestehende Amalgamfüllungen entfernt werden.“ Ein generelles Verbot von Amalgam in der Zahnmedizin wird allerdings nicht gefordert. 5.2. Sondervotum "Amalgam von Daschner und Mutter zur Empfehlung des RKI In einer eigenen Stellungnahme kritisierten die Autoren Prof. Franz Daschner und Dr. Joachim Mutter vom Universitätsklinikum Freiburg die im Kapitel 5.1. dargestellte Empfehlung (Kap. 5.1.) in ihren Schlussfolgerungen als nicht ausreichend. Nach Ansicht der Autoren gebe es in der wissenschaftlichen Literatur keinen eindeutigen Beweis für die Ungefährlichkeit von Amalgam als Zahnfüllmaterial, andererseits gebe es zahlreiche Hinweise auf das Gefährdungspotenzial durch Amalgam und vor allem auch auf die schädigende Wirkung von Quecksilber für die Umwelt. Vor diesem Hintergrund wird ein wesentlich stärkerer präventiver Ansatz bei den Empfehlungen zur Verwendung von Amalgam gefordert, bis wissenschaftlich eindeutig nachgewiesen sei, dass Amalgam unschädlich sei und bei bestimmten Erkrankungen (Morbus Alzheimer, Autismus, amyotrophe Lateralsklerose) definitiv keine ursächliche Rolle spiele.20 Die Autoren warfen der Kommission auch vor, kritische Studien nicht gewürdigt zu haben. 5.3. Entgegnung der RKI-Kommission zum Sondervotum "Amalgam“ In der Entgegnung21 der Autoren der im Kapitel 5.1. genannten Empfehlung zum Sondervotum von Prof. Daschner und Dr. Mutter wird erläutert, dass die von den beiden Letztgenannten her- 20 F. Daschner, J. Mutter, Sondervotum zu „Amalgam: Stellungnahme aus umweltmedizinischer Sicht“, Mitteilung der Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ des Robert Koch-Instituts, Berlin, Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 2007 · 50:1304–1307, DOI 10.1007/s00103-007- 0338-z, Online publiziert: 5. Oktober 2007. Das Sondervotum ist eingestellt: http://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/UmweltKommission/Archiv/Amalgam_Sondervotum.pdf?__blob =publicationFile (Stand 15. Juli 2013). 21 Die Mitglieder der Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ des Robert Koch- Instituts (Diskordantes Votum von W. Stück), Entgegnung der RKI-Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ zum vorstehenden Sondervotum von Prof. Dr. Daschner und Dr. Mutter, Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 2007 · 50:1434–1435, DOI 10.1007/s00103-007-0398-0, Online publiziert: 7. November 2007Die Entgegnung der Kommission ist eingestellt auf: http://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/UmweltKommission/Archiv/EntgegnungAmalgam_Sondervotu m.pdf?__blob=publicationFile (Stand 28. Juli 2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 057/13 Seite 12 angezogenen Studien zwar berücksichtigt, gleichwohl aber nach Prüfung als nicht belastbar eingeschätzt worden seien. Die Forderung solange Amalgam in der Zahnmedizin nicht anzuwenden, bis dessen Ungefährlichkeit nachgewiesen worden sei, wird als unwissenschaftlich zurückgewiesen , da es erkenntnistheoretischer Konsens sei, dass der grundsätzliche Nachweis einer Wirkungslosigkeit nicht geführt werden könnte. Es könnte nur der Versuch unternommen werden, ein mögliches Risiko zu quantifizieren. 6. Einschätzung des Bundesministeriums für Gesundheit Am 15. Februar 2013 antwortet das Bundesministerium für Gesundheit auf eine E-Mail von Frau Heike Maria Werding, die sich zuvor für die Deutsche Gesellschaft für Prävention (DPG) via Email an Bundesgesundheitsminister Danil Bahr gewandt hatte. Bezug genommen wird in der Email des BMG unter anderem auf eine andere Email der DPG, die zuvor an die Mitglieder des Deutschen Bundestages gesandt worden war.22 In diesem Antwortschreiben wird ausgeführt, dass es sich bei Dentalamalgam „um den wohl umfänglichst untersuchten und am längsten erprobten Zahnfüllungswerkstoff handele, der sich durch vergleichsweise sehr gute Materialeigenschaften – insbesondere für den kaubelasteten Seitenzahnbereich - auszeichnet“. Nach dem zum Zeitpunkt des Schreibens bekannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis, gebe es keine medizinischen und toxischen Belege, die ein generelles Anwendungsverbot für Dentalamalgam begründe. Hierbei bezieht sich das BMG auf die unter 4.1. genannten Studien im Auftrag der Europäischen Kommission. Abschließend weißt das BMG darauf hin, dass erst für den Fall, dass die Fortschreibungen der Studien der Europäischen Kommission zu neuen Ergebnissen kommen und sich hierbei die bisherige Erkenntnislage nicht bestätigten sollte, es notwendig sei, die Nutzen-Risiko-Situation im Zusammenhang mit einem Amalgameinsatz neu zu bewerten. 7. Einschätzung der Bundesinstituts für Heil- und Arzneimittelforschung (BfArM) In einer überarbeiteten Fassung der Informationsschrift „Amalgame in der zahnärztlichen Therapie “ des Bundesinstituts für Heil- und Arzneimittelforschung (BfArM) aus dem Jahr 2005 wird – vor dem Hintergrund des damaligen Forschungsstandes - unterstrichen, dass es keinen grundsätzlichen wissenschaftlich begründeten Verdacht für ein gesundheitliches Risiko durch ord- 22 Aus dem Schreiben des BMG geht nicht hervor, wann die E-Mail der DPG an die Mitglieder des Deutschen Bundestages versandt wurde. Auch wird der Inhalt dieses Schreibens nicht referiert. Frau Werding hatte sich auch an die Auftraggeberin dieses Sachstandes gewandt. Das angeführte Antwortschreiben des BMG ist eingestellt auf: http://www.dgp-praevention.de/index_htm_files/BGM_20-2-13.pdf und in der Anlage 3 beigefügt (Stand 31. Juli 2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 057/13 Seite 13 nungsgemäß gelegte Amalgamfüllungen gebe. 23 Nur in seltenen Fällen seien allergische Reaktionen oder lokale Reaktionen in der Mundhöhle aufgetreten. Daher sollten Zahnärzte und Ärzte darauf achten, dass gegebenenfalls einzelne Patientinnen und Patienten mit besonderer Empfindlichkeit gegenüber Amalgam und anderen Restaurationsmaterialien reagieren könnten. Füllungsmaterialien sollten daher nach sorgfältigem Abwägen ihrer Vor- und Nachteile und unter Beachtung ihrer Anwendungsgebiete bzw. Gegenanzeigen verwendet werden. Im Rahmen der Diagnostik und Therapie von Beschwerden, die mit Amalgam oder anderen dentalen Restaurationsmaterialien assoziiert werden, sei eine sorgfältige interdisziplinäre ärztliche und zahnärztliche Abstimmung gemäß dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand erforderlich. Im Übrigen führt das BfArM eine Reihe von Studien an, die vor dem Hintergrund unterschiedlicher Fragestellungen, negative gesundheitliche Auswirkungen des Einsatzes von AMALGAM in der Zahnmedizin verneinen. Gleichwohl sollte der Einsatz von Amalgam bei Kindern als Maßnahme des vorbeugenden Gesundheitsschutzes sorgfältig geprüft werden. Dies habe unter Berücksichtigung einer möglichen Belastung durch andere Restaurationsmaterialien zu erfolgen. Bei Schwangeren sollte möglichst auf den Einsatz von Amalgam verzichtet werden oder gegebenenfalls auch bereits gelegte Amalgamfüllungen entfernt werden. Nach Kenntnis de BfArM gebe es aber keine Belege, dass eine Belastung des Ungeborenen mit Quecksilber aus den Amalgamfüllungen der Mutter gesundheitliche Schäden beim Kind verursacht.24 8. Parlamentarische Vorgänge zum Thema Einsatz von Amalgam in der Zahnmedizin 8.1. Deutscher Bundestag In der Antwort auf eine schriftliche Frage der Abgeordneten Dr. Martina Bunge nahm für die Bundesregierung der damalige Parlamentarische Staatssekretärs im Gesundheitsministerium, Rolf Schwanitz, am 6. November 2008 zu den Gefahrenabschätzungen eines Einsatzes von Amalgam in der Zahnmedizin Stellung.25 In der Antwort werden Ergebnisse von Studien zitiert, die Patienten, die Krankheitssymptome als Folge einer Zahnbehandlung unter Verwendung von Amalgam angaben, mit entsprechenden Kontrollgruppen untersuchten. Den Autoren der Studien zur Folge gebe es keinen Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Amalgam und den berichteten gesundheitlichen Problemen. Gleiches gelte für eine Studie des Ausschusses SCENIHR der EU.26 23 Die Broschüre, in der zehn Fragen zum Einsatz von Amalgam aufgeworfen und beantwortet werden, ist eingestellt auf: http://www.bfarm.de/cae/servlet/contentblob/1013568/publicationFile/66029/broschuereamalgame .pdf (Stand 13. Juli 2013). 24 Informationen zum Kapitel 7 nach: Informationsschrift „Amalgame in der zahnärztlichen Therapie“ des BfArM, zitiert in Fußnote 23 und Schreiben des BfArM auf Anfrage vom 18. Juli 2013. 25 Die Antwort ist abgedruckt auf BT-DRS 16/10803 vom 7. November 2008 und in der Anlage 4 beigefügt. 26 Bei der genannten Studie handelt es sich um die im Kapitel 4.1.1. vorgestellte. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 057/13 Seite 14 Auch wird auf die Empfehlung des BfArM hingewiesen, nach der Amalgam im Zusammenhang mit einem vorbeugenden Patientenschutz nicht bei Patienten mit nachgewiesenen Allergien, schweren Nierenfunktionsstörungen und ebenfalls nicht bei Schwangeren und Kindern eingesetzt werden sollte. 8.2. Parlamentarische Versammlung des Europarates In einer Resolution vom 27. Mai 2011 der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (ER PV)27, die im Zusammenhang mit dem Einsatz von Schwermetallen allgemein steht, werden die Mitgliedstaaten des Europarates im Kapitel 7.1. unter anderem aufgefordert, den Einsatz von Amalgam als Zahnfüllung wenn irgend möglich einzuschränken oder zu verbieten. 9. Umweltaspekte im Zusammenhang mit dem Einsatz von Amalgam in der Zahnmedizin Ein weiter Aspekt, der zunehmend in den Focus wissenschaftlicher Untersuchungen tritt, ist die Frage, inwieweit die Ausscheidung von Quecksilber und hier vor allem aus Amalgamfüllungen in der Zahnmedizin eine Umweltbelastung darstellt. In diesem Zusammenhang hatte am 7. Januar 2010 die Europäische Kommission dem Europäischen Parlament und den Rat die „Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament über die Gemeinschaftsstrategie für Quecksilber“ vorgelegt.28 Ein zentrales Ziel ist eine Verringerung der Quecksilberwerte. Hierzu wurden zwanzig vorrangige Maßnahmen für das Handeln sowohl auf EU- als auch auf internationaler Ebene beschlossen. Zu den Maßnahmen zählt auch der Umgang mit ausgeschiedenem zahnmedizinischem Amalgam. Hierzu heißt es auf Seite 4 der Mitteilung : „Maßnahme 4: Behandlung zahnmedizinischen Amalgamabfalls Zahnmedizinisches Amalgam ist die zweithäufigste Verwendungsweise von Quecksilber in der EU. Zahnmedizinischer Amalgamabfall wird durch die Entscheidung 2000/532/EG der Kommission 6 als gefährlicher Abfall gekennzeichnet und fällt damit in den Geltungsbereich der unlängst verabschiedeten Abfallrahmenrichtlinie7. Die Kommission hat im Jahr 2005 anhand eines Fragebogens ermittelt, wie in Zahnkliniken der Mitgliedstaaten mit Amalgamabfall verfahren wird. Die Umfrage ergab, dass in vielen Mitgliedstaaten der Einsatz von Amalgamabscheidern vorgeschrieben ist und entsprechende Sammelsysteme eingerichtet wurden – allerdings ist dies nicht in der ganzen EU der Fall. 27 Die Vorlage der Resolution der ER PV vom 27. Mai 2011 mit dem englischen Titel Health hazards of heavy metals (Doc. 12613, ) ist auf http://www.assembly.coe.int/ASP/Doc/XrefViewPDF.asp?FileID=12818&Language=EN (Stand 16. Juli 2013) eingestellt. 28 Europäische Kommission, Mitteilung des Kommission an das Europäische Parlament und den Rat, Überprüfung der Gemeinschaftsstrategie für Quecksilber, Brüssel 7. Dezember 2010, KOM(2010) 723 endgültig, eingestellt auf: http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/10/st16/st16908.de10.pdf (Stand 15. Juli 2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 057/13 Seite 15 Quecksilberemissionen aus Zahnarztpraxen unterliegen auch den Wasserschutzvorschriften der EU. Quecksilber wird gemäß Anhang X der Wasserrahmenrichtlinie8 als prioritärer gefährlicher Stoff eingestuft, so dass die Mitgliedstaaten langfristig Maßnahmen ergreifen müssen, um Emissionen , Freisetzungen und Ableitungen dieses Stoffs zu beenden oder schrittweise einzustellen. Ergänzend zum kombinierten Konzept der Wasserrahmenrichtlinie legt die Richtlinie 2008/105/EG9 Umweltqualitätsnormen im Bereich der Wasserpolitik für bestimmte prioritäre Stoffe einschließlich Quecksilber und Quecksilberverbindungen fest. Werden diese Normen nicht erfüllt, müssen die Mitgliedstaaten Maßnahmen zum Erreichen der Umweltziele ergreifen .“ Wegen der starken Umweltbelastungen durch Quecksilberemissionen hat das Intergouvernemental Negotiating Committee der UNEP (United Nations Environment Programme) auf seiner fünften Sitzung am 18. Januar 2013 empfohlen, Quecksilber - so auch in Amalgamfüllungen - weltweit in allen Anwendungen zu reduzieren beziehungsweise zu verbieten.29 10. Schlussbetrachtung In der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion zu den Folgen eines Einsatzes von Amalgam in der Zahnmedizin ist es weitgehend unstrittig, dass aus Amalgamfüllungen Quecksilber freigesetzt wird. Dies führe beispielsweise nach Ansicht des Österreichischen Umweltamtes zu einer „chronischen oralen Exposition“, die allerding nach dessen Einschätzung so gering sei, dass darin kein Gesundheitsrisiko gesehen werde.30 Unabhängig von der Frage, ob durch den Einsatz von Amalgam die Gesundheit des betroffenen Patienten direkt betroffen ist, wird zunehmend auch die Frage diskutiert, ob durch die Ausscheidung von Quecksilber aufgrund der großen Mengen von verwandtem Quecksilber relevante Umweltbelastung eintritt. Höchst unterschiedliche Auffassungen gibt es hinsichtlich der Frage, ob eine derartige Aufnahme gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich zieht. Insbesondere die in Kapitel 5. dargestellte Kontroverse wirft ein Licht auf die zentralen Aspekte der unterschiedlichen Einschätzungen. 29 Siehe hierzu auch: UNEP, Intergouvernemental Negotiating Committee (INC5), fünfte Sitzung, http://www.unep.org/hazardoussubstances/Mercury/Negotiations/INC5/tabid/3471/Default.aspx (Stand 16. Juli 2013). 30 Österreichisches Umweltbundesamt, Fact Sheet – Quecksilber (Hg) und Quecksilberverbindeungen, Stand 15. Dezember 2009, S. 6, eingestellt auf http://www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/umweltthemen/gesundheit/fact_sheets/Fact_Sheet_Quecksilbe r.pdf (Stand 16. Juli 2013).