© 2020 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 055/20 Zum Umgang mit der SARS-CoV-2-Pandemie in Taiwan und Südkorea auf Grund der Erfahrungen mit früheren Pandemien (Stand: 17. Juli 2020) Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 055/20 Seite 2 Zum Umgang mit der SARS-CoV-2-Pandemie in Taiwan und Südkorea aufgrund ihrer Erfahrungen mit früheren Pandemien (Stand: 17. Juli 2020) Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 055/20 Abschluss der Arbeit: 28. Juli 2020 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 055/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Ausgangslage 4 1.1. SARS-Pandemie 2002/2003 4 1.2. MERS-Infektionsausbruch 5 2. Taiwan 6 2.1. Einrichtung des National Health Command Center 6 2.2. Studien und weitere Beiträge zu gesundheitspolitischen Maßnahmen während der SARS-Pandemie 2002/2003 6 2.3. Vorgehen während der SARS-CoV-2-Pandemie 7 3. Südkorea 10 3.1. Einrichtung des Korea Centers for Disease Control and Prevention 10 3.2. Studien und weitere Beiträge zu gesundheitspolitischen Maßnahmen während der SARS-Pandemie 2002/2003 und des MERS-Ausbruchs 2015 10 3.3. Vorgehen während der SARS-CoV-2-Pandemie 11 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 055/20 Seite 4 1. Ausgangslage Die Sorge vor dem Ausbruch von Pandemien hat bereits seit einigen Jahren international wie auch national dazu geführt, dass Maßnahmen erwogen wurden, die beim Eintritt eines solchen Ereignisses getroffen werden sollten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat im Mai 2017 die Aktualisierung eines Leitfadens zu Influenza veröffentlicht: Pandemic Influenza Risk Management , A WHO guide to inform harmonize national international pandemic preparedness and response, abrufbar unter: https://www.who.int/influenza/preparedness/pandemic/influenza _risk_management/en. Darin enthalten sind insbesondere Grundsätze zum Risikomanagement im Gesundheitsbereich, die den Mitgliedsländern im Fall eines Influenza-Ausbruchs Anregungen für die zu treffenden Maßnahmen geben sollen. Im Januar 2013 hatte die Bundesregierung den Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2012 vorgelegt, BT-Drs. 17/12051 vom 3. Januar 2013. Dieser enthielt u. a. einen Abschnitt Risikoanalyse „Pandemie durch VirusModi-SARS“ und entwickelte auch ein sog. Szenario, welche Geschehnisse ein solches Ereignis auslösen könnten, wo und wie es sich ausbreiten könnte. Bereits seit 2005 gibt es in Deutschland den Nationalen Pandemieplan, der zunächst für Influenza entwickelt und inzwischen, in diesem Jahr, für die Bekämpfung des Coronavirus SARS CoV-1 ergänzt worden ist; siehe: Robert Koch-Institut, Ergänzung zum Nationalen Pandemieplan, COVID 19 – neuartige Coronaviruserkrankung, 4. März 2020, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Ergaenzung_Pandemieplan _Covid.html https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Ergaenzung _Pandemieplan_Covid.html https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus /Ergaenzung_Pandemieplan_Covid.html. Auch die Bundesländer hatten entsprechende Influenza -Pandemiepläne erlassen und haben diese dann im Zuge der SARS-CoV-2-Pandemie angepasst . Das Coronavirus SARS-CoV-2 verbreitete sich ausgehend von China weltweit und bedrohte anfangs vor allem Chinas Nachbarländer. Angenommen wird, dass die asiatischen Regierungen – obwohl früher betroffen als europäische Länder – aufgrund ihrer Erfahrungen mit früheren Infektionsausbrüchen gut vorbereitet waren, um schnell bei der SARS-CoV-2-Pandemie handeln zu können und dass sich die Bevölkerung sehr kooperationsbereit verhielt, siehe Hille, Kathrin /White, Edward, Wie das Coronavirus in Asien erfolgreich bekämpft wird, in: Capital vom 18. März 2020, abrufbar unter: https://www.capital.de/wirtschaft-politik/wie-erfolgreich-dascoronavirus -in-asien-bekaempft-wird. Als frühere Infektionsausbrüche sind vor allem zwei näher in den Blick zu nehmen. 1.1. SARS-Pandemie 2002/2003 Die SARS-Pandemie 2002/2003 war das erste weltweite Auftreten des durch SARS-CoV hervorgerufenen Schweren Akuten Atemwegssyndroms (Severe Acute Respiratory Syndrome – SARS). Das Virus stammt aus einer bis dahin neuen Gruppe von Coronaviren. Ursprünglich wurde es vermutlich von Tier zu Tier übertragen und man geht davon aus, dass eine Mutation in den Proteinen auf der Virushülle Auslöser war für die weitere Entwicklung, die Übertragbarkeit auf den Menschen. Siehe näher dazu Drosten, Christian, SARS. Weltreise eines neuen Virus, in: Biologie in unserer Zeit, Band 33, Nr. 4, 2003, S. 212–213, abrufbar unter: https://www.online- Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 055/20 Seite 5 library.wiley.com/doi/epdf/10.1002/biuz.200390097, Robert Koch-Institut (RKI), Epidemiologisches Bulletin, SARS-Epidemie im Jahr 2003: Ein Rückblick auf die Aktivitäten des RKI (Teil 1), 20. Februar 2004, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Erreger_ausgewaehlt /SARS/SARS_pdf_02.pdf?__blob=publicationFile, sowie Krieger, Stefan, Coronavirus, SARS: Die Pandemie mit etwa tausend Todesopfern, in: Frankfurter Rundschau, 25. Februar 2020, abrufbar unter: https://www.fr.de/wissen/sars-coronavirus-pandemie -etwa-tausend-todesopfern-13558539.html. Innerhalb eines halben Jahres verbreitete sich der Erreger der lebensgefährlichen Lungenkrankheit SARS von der Provinz Guangdong im Süden der Volksrepublik China ausgehend weltweit aus und forderte im Zeitraum 1. November 2002 bis 7. August 2003 bei 8.422 bestätigten Infektionen insgesamt 916 Menschenleben. Die meisten Infektionen verzeichneten China (5.327 Fälle mit 349 Todesopfern), Hongkong (1.755 Fälle mit 300 Todesopfern) und Taiwan (1.655 Fälle mit 180 Todesopfern). Demgegenüber traten in Südkorea lediglich drei Infektionsfälle ohne tödlichen Ausgang auf, siehe WHO, Summary table of SARS cases by country, 1. November 2002 – 7. August 2003, 15. August 2003, abrufbar unter: https://www.who.int/csr/sars/country/2003_08_15/en/. 1.2. MERS-Infektionsausbruch Im Jahr 2012 trat ein zweites, bislang unbekanntes Coronavirus auf, das MERS-Coronavirus (MERS-CoV). MERS steht für Middle Eastern Respiratory Syndrome (Atemwegssyndrom aus dem Mittleren Osten), denn der Erreger fand sich zunächst vor allem in Ländern der arabischen Halbinsel . Auch das MERS-Coronavirus kann schwere, nicht selten tödliche Erkrankungen auslösen. Bei schweren Verläufen kann sich eine Pneumonie entwickeln, die in ein akutes Atemnotsyndrom übergehen kann. Bei MERS-CoV handelt es sich ebenfalls um einen zoonotischen Erreger. Das RKI weist darauf hin, dass als „Reservoir“ Dromedare in Frage kommen, siehe RKI, Informationen des RKI zu MERS-Coronavirus, 13. Dezember 2019, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/M/MERS_Coronavirus/MERS-CoV.html. Ende Mai 2015 meldeten die Gesundheitsbehörden in Südkorea einen Ausbruch, der auf einen importierten MERS-Fall zurückging. Bis zum 21. Juli 2015 habe es insgesamt 186 Infektionsfälle in Südkorea gegeben, darunter 36 Todesfälle, siehe WHO, Middle East respiratory syndrome coronavirus (MERS-CoV) – Republic of Korea, 21. Juli 2015, abrufbar unter: https://www.who.int/csr/don/21-july-2015-mers-korea/en/. In einer im Jahr 2017 veröffentlichten Studie ist von 38 Todesfällen die Rede, Kim, K. H./Tandi, T. E./Choi, J.W. et al., Middle East respiratory syndrome coronavirus (MERS-CoV) outbreak in South Korea, 2015: epidemiology, characteristics and public health implications, in: Journal of Hospital Infections , Volume 95, Issue 2, February 2017, Pages 207-213, abrufbar unter: https://pubmed .ncbi.nlm.nih.gov/28153558/. Die vorliegende Dokumentation beschäftigt sich mit der Frage, welche Konsequenzen die Länder Taiwan und Südkorea aus der SARS-Pandemie 2002/2003 bzw. aus dem MERS-Ausbruch zogen Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 055/20 Seite 6 und wie sie der jetzigen SARS-CoV-2-Pandemie begegnen. In dem Zusammenhang werden auch Studien und weitere Beiträge vorgestellt, die sich mit gesundheitspolitischen Maßnahmen gegen die Pandemie 2002/2003 bzw. im Falle von Südkorea gegen den MERS-Ausbruch beschäftigen. 2. Taiwan Taiwan war von der SARS-Pandemie 2002/2003 stark betroffen. Zugleich war das Land offensichtlich seinerzeit nicht gut auf die Entwicklung vorbereitet. Taiwan ist nach wie vor nicht Mitglied der WHO und war deshalb auch im Jahr 2000 nicht in gleicher Weise wie andere Länder in den Informationsaustausch eingebunden. Umso beachtlicher sind die Vorkehrungen, die Taiwan nach der Pandemie unternommen hat, um auf einen Ausbruch vorbereitet zu sein. 2.1. Einrichtung des National Health Command Center Taiwan Centers for Disease Control, NHCC, abrufbar unter: https://www.cdc.gov.tw/En/Category /MPage/BImRdhwVTXGxnmKbziHCew. Im Jahr 2004 richtete die taiwanesische Regierung als Folge der SARS-Pandemie 2002/2003 das National Health Command Center (NHCC, Nationales Gesundheitskommandozentrum) ein, eine zentrale Behörde zur Steuerung bedeutender Ausbrüche von Infektionskrankheiten. Das NHCC als Teil eines Katastrophenmanagementsystems befasst sich mit Notfällen im Bereich der öffentlichen Gesundheit, um Entscheidungsträgern Informationen zur Verfügung stellen zu können und fungiert als operative Zentrale für die direkte Kommunikation zwischen zentralen, regionalen und lokalen Behörden. Dem NHCC untersteht dazu das – ebenfalls aufgrund der Pandemie-Erfahrungen 2002/2003 neu gegründete – Central Epidemic Command Center (CECC, Zentrales Kommandozentrum für Epidemien). Taiwan entwickelte nach der SARS-Pandemie präventiv Notfallpläne für einen erneuten Ausbruch globaler Infektionskrankheiten und definierte im Bereich der öffentlichen Gesundheit konkrete Abläufe, um schnelle Maßnahmen für die nächste Krise zu ermöglichen . 2.2. Studien und weitere Beiträge zu gesundheitspolitischen Maßnahmen während der SARS-Pandemie 2002/2003 Su, Yi-Feng/Wu, Cheng-Hao/Lee, Tsui-Feng, Public Health Emergency Response in Taiwan, in: Health Security, Volume 15, Number 2, 2017, Mary Ann Liebert, Inc., abrufbar unter: https://www.semanticscholar.org/paper/Public-Health-Emergency-Response-in-Taiwan-Su- Wu/3ba6e62e7ed8c087b34db8520cb1a203a062ded9. Der Beitrag stellt Einzelheiten zu Taiwans Organisationsrahmen für Katastrophen und Notfallmaßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit vor und gibt Empfehlungen zur Verbesserung , wie die Standardisierung operationeller Verfahren und eine regelmäßige, übergreifende Schulung von Nichtregierungsorganisationen, staatlicher Abteilungen und der Öffentlichkeit. Chen, Kow-Tong/Twu, Shiing-Jer/Chang, Hsiao-Ling et al., SARS in Taiwan: an overview and lessons learned, in: International Journal of Infectious Deseases, Volume 9, Issue 2, March 2005, Pages 77-85, abrufbar unter: https://www.sciencedirect.com/science/article /pii/S1201971204001766?via%3Dihub. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 055/20 Seite 7 Die Studie beschreibt und bewertet die gesundheitlichen Maßnahmen, mit denen in Taiwan dem SARS-Ausbruch 2002/2003 begegnet wurde. Es wird von 668 wahrscheinlichen Erkrankungen zwischen März und Juli 2003 berichtet, wobei 27 Prozent tödlich verlaufen seien. Als unerlässlich für eine Eindämmung seien die Isolierung von Infektionsfällen, die Nachverfolgung einschließlich der Quarantäne von Kontaktpersonen sowie strenge Maßnahmen zur Infektionskontrolle in Krankenhäusern einzustufen. Zu Letzterem seien mobile SARS-Eindämmungsteams eingesetzt worden, deren Aufgabe es gewesen sei, die vorgegebenen Vorschriften einschließlich des Unterdrucks von Isolierräumen zu beobachten und Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen. Hsieh, Ying-Hen/King, Chwan-Chuan/Chen, Cathy et al., Quarantine for SARS, Taiwan, in: Emerging Infectious Diseases (EID) Februar 2005; 11(2): 278–282, abrufbar unter: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3320446/. Die Autoren gehen davon aus, dass der SARS-Ausbruch 2002/2003 schnell eingedämmt werden konnte, indem grundlegende Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit eingehalten worden seien, darunter die Rückverfolgung von Kontakten und die anschließende Quarantäne. Auch sei durch die Quarantäne die Zeitspanne bis zur Diagnose verkürzt worden. Hsueh, Po/Yang, Pan, Severe Acute Respiratory Syndrome Epidemic in Taiwan, 2003, in: Journal of Microbiology, Immunology and Infection, April 2005; 38(2):82-8, abstract, abrufbar unter: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/15843851/. In der Veröffentlichung wird nach Beendigung der Pandemie 2002/2003 zur Vorbereitung auf künftige Ausbrüche die Entwicklung einer wirksamen Strategie durch die Implementierung eines aktiv koordinierten, klinischen Berichtssystems gefordert sowie die internationale Zusammenarbeit zur frühzeitigen Identifizierung von Fällen, die Entwicklung von Laborinstrumenten für die Früherkennung, ein robustes System der Isolierung Infizierter und die Durchführung einer angemessenen Quarantäne. Lee, Nolan/Siriarayapon, Potjaman/Tappero, Jordan et al., Infection Control Practices for SARS in Lao People's Democratic Republic, Taiwan, and Thailand: Experience from mobile SARS containment teams, 2003, in: American Journal of Infection Control, Volume 32, Issue 7, November 2004, Pages 377-383, abrufbar unter: https://www.sciencedirect.com/science/article /pii/S0196655304004493?via%3Dihub#. Der Fachbeitrag sieht in mobilen Eindämmungsteams einen Mechanismus zur Förderung der Umsetzung empfohlener Maßnahmen zur Infektionskontrolle in Krankenhäusern. 2.3. Vorgehen während der SARS-CoV-2-Pandemie Gardner, Lauren, Johns Hopkins University, Public Health, Update January 31: Modeling the Spreading Risk of 2019-nCoV, 31. Januar 2020, abrufbar unter: https://systems.jhu.edu/research /public-health/ncov-model-2/ sowie Johns Hopkins University, Coronavirus Resource Center, COVID-19 Dashboard by the Center for Systems Science and Engineering (CSSE), abrufbar unter: https://coronavirus.jhu.edu/map.html. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 055/20 Seite 8 Taiwan galt durch seine Nähe zu China und der Tatsache, dass zahlreiche Menschen aus Taiwan in China arbeiten und teils dort auch leben sowie aufgrund des regen Reiseverkehrs zwischen beiden Ländern, als Hochrisikogebiet für SARS-CoV-2. Die amerikanische Johns-Hopkins-Universität prognostizierte Ende Januar 2020 für Taiwan das höchste Risiko, weltweit am meisten Infektionsfälle aus China zu importieren. Die Infektionszahlen in Taiwan zeigen aber, dass Taiwan nicht besonders stark betroffen ist. So wurden mit Stand vom 17. Juli 2020 451 Infektionsfälle, darunter sieben Todesfälle gezählt. Wang, C. Jason/Ng, Chun/Brook, Robert, Response to COVID-19 in Taiwan, Big Data Analytics, New Technology, and Proactive Testing, in: Journal of the American Medical Association (JAMA) 3. März 2020; 323(14):1341-1342, abrufbar unter: https://jamanetwork.com/journals/jama/fullarticle /2762689 und Wang, C. Jason/Ng, Chun/Brook, Robert, Supplementary Online Content, eTable. List of Actions Taken by Date and Category, 2020, abrufbar unter: https://cdn.jamanetwork.com/ama/content_public/journal/jama/0/jvp200035supp1_prod.pdf?Expires =2147483647&Signature=bIZCLS7ZLWTJd~U~H40JgiEGd Fb3ggVUJpBvJ7KdANK7HgK1zaj4uWHvqweGym1nWfO~nXt9Y5i1vX79pF7zjjqfzmJAy3udTdp VVZQe07xnQIPcBMXLwZ5XjgTO8yKFXVIpxsXhrmOu8sGSpKiEmQ86ZCKfOTar7fMAGm UCtjiYVFwf31K3REWAAr 3hZyoZpqz3QKpVgpsRpF9fV9thQCq0~yvbvRKTH4PcoB~CZgmXH7rpVb6bILXQn5zBCphf6pyL Aa4zIebUEKfCdCYdSdi9LeIEUsesqsYpNWgHJcr4K1LC0hFlst0RHQz-vZ7I-OvrX~5jel6zjjtu- DQzjQ__&Key-Pair-Id=APKAIE5G5CRDK6RD3PGA, sowie Perkuhn, Josie-Marie, Institut für Sinologie der Universität Heidelberg, Alumni Netzwerk, Taiwans Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus, 1. April 2020, abrufbar unter: https://www.zo.uni-heidelberg.de/sinologie/shan/nl-archiv/2020_NL102_3.html. Als die WHO am 31. Dezember 2019 über eine in China aufgetretene Lungenentzündung unbekannter Ursache informiert wurde, begannen taiwanesische Bedienstete, Passagiere von Direktflügen aus Wuhan unmittelbar nach der Landung im Flugzeug auf Fieber und Lungenentzündung zu untersuchen, bevor diese Taiwan betreten durften. Im Falle von Symptomen wurde eine Quarantäne angeordnet. Am 20. Januar 2020 aktivierte das taiwanesische Center for Disease Control (CDC, Zentrum für Krankheitskontrolle), das dem Gesundheitsministerium Taiwans zugeordnet ist, offiziell das CECC wegen des Auftretens schwerer und besonders infektiöser Lungenentzündungen, wobei der Gesundheitsminister als designierter Leiter fungierte. Das CECC koordinierte die Maßnahmen der anderen Ministerien, u. a. des Verkehrs-, Wirtschafts-, Arbeits- und Bildungsministeriums und der Umweltschutzbehörde, um der sich – damals – abzeichnenden Krise im öffentlichen Gesundheitswesen entgegenzuwirken. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 055/20 Seite 9 Innerhalb weniger Wochen im Januar und Februar 2020 beschloss das CECC 124 Einzelmaßnahmen , darunter: Kontrolle von See- und Luftgrenzen, proaktive Suche nach Infizierten mithilfe neuer Daten und Technologien (Zusammenfassung von Reise- und Krankenversicherungsdaten, womit die Gefährdung einer Person errechnet wird, strikte Quarantäne Infizierter und von Kontaktpersonen, elektronische Überwachung der Quarantäne über Mobiltelefon sowie Erhebung eines Bußgeldes bei einem diesbezüglichen Verstoß, Steigerung der Schutzmaskenproduktion unter Heranziehung von Soldaten, Limitierung beim Verkauf und Festsetzung von Höchstpreisen für Schutzmasken sowie Exportverbot für chirurgische Masken, grundsätzliche Maskenpflicht im öffentlichen Personenverkehr, Aufklärung der Öffentlichkeit bei gleichzeitiger Bekämpfung von Fehlinformationen, Austausch mit anderen Ländern und Regionen sowie Formulierung von Richtlinien für Schulen und Kinderbetreuung. Yang, William, COVID-19, Taiwans erfolgreicher Kampf gegen Corona, in: Deutsche Welle, 16. März 2020, abrufbar unter: https://www.dw.com/de/taiwans-erfolgreicher-kampf-gegencorona /a-52737708. Der Presseartikel erläutert ein von der taiwanesischen Regierung entwickeltes Programm, das Reisenden bei der Rückkehr nach Taiwan ermögliche, ihre Reiseroute und Symptome zu melden. Dazu müssten sie einen QR-Code scannen. Reisende bekämen dann eine Nachricht, wie ihr Gesundheitszustand eingeschätzt werde. Ggf. werde daraufhin Quarantäne angeordnet. Zudem habe die Öffentlichkeit – aufgrund ihrer Erfahrung mit der Pandemie 2002/2003 – eine hohe Bereitschaft gezeigt, die Vorschriften der Regierung einzuhalten. Dies habe es erleichtert, adäquat auf den Ausbruch reagieren zu können. Welter, Patrick, Taiwan sucht das Virus von Funkzelle zu Funkzelle, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24. Mai 2020, abrufbar unter: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wie-staaten-inasien -mit-technik-gegen-corona-vorgehen-16778862.html#taiwan-sucht-das-virus-von-funkzellezu -funkzelle sowie Giesen, Christoph/Hahn, Thomas/Perras, Arne, Lehren aus der SARS-Epidemie, in: Süddeutsche Zeitung, 16. März 2020, abrufbar unter: https://www.sueddeutsche.de/politik/coronavirus-sarschina -taiwan-singapur-hongkong-suedkorea-1.4845234. Auch diese Presseartikel beschreiben den Einsatz der Technik in Form von Handydaten im Kampf gegen SARS-CoV-2. Hirschle, Alexander, Germany Trade and Invest - Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH, Special Taiwan Coronavirus, COVID-19: Einschränkungen bei Einreise und Bewegung im Land, 25. Mai 2020, abrufbar unter: https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special /taiwan/covid-19-einschraenkungen-bei-einreise-und-bewegung-im-land-236886. Der Beitrag beschreibt, dass trotz der scharfen Einreisebestimmungen nach Taiwan eine große Bewegungsfreiheit im Land selbst vorherrsche und die Minimierung sozialer Kontakte wie auch die Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 055/20 Seite 10 Abstandsregelungen als Empfehlung ausgestaltet seien. Bei Verstoß gegen die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln wie auch bei Missachtung der Quarantäneregeln drohten allerdings hohe Geldbußen. Auswärtiges Amt, Taiwan*: Reise- und Sicherheitshinweise, Stand: 17. Juli 2020, abrufbar unter: https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/taiwan-node/taiwansicherheit /200896. Bis heute gelten zudem weiterhin strenge Einreisebeschränkungen. Die Einreise nach Taiwan ist seit dem 29. Juni 2020 zwar einem eingeschränkten Personenkreis erlaubt, darunter Geschäftsreisenden und Familienangehörigen. Chinesischen Staatsangehörigen ist die Einreise bis auf Ehepartner von Taiwanern aber weiterhin untersagt. Alle Reisenden müssen einen negativen COVID- 19-PCR-Test vorlegen und sich ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit wie bisher nach Einreise grundsätzlich 14 Tage in häusliche Quarantäne begeben. 3. Südkorea Südkorea war von dem MERS-Infektionsausbruch 2015 stark, von der SARS-Pandemie 2002/2003 allerdings weniger stark betroffen. 3.1. Einrichtung des Korea Centers for Disease Control and Prevention Korea Centers for Disease Control and Prevention (KCDC), abrufbar unter: http://www.cdc.go.kr/cdc_eng/ bzw. KCDC, Director`s Message, abrufbar unter: http://www.cdc.go.kr/contents.es?mid=a30102000000. Ebenso wie Taiwan richtete Südkorea im Jahr 2004 die Centers for Disease Control and Prevention (KCDC, Zentren für Krankheitskontrolle und -prävention) ein, eine zentrale, dem Gesundheitsministerium unterstehende Behörde, die für die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens zuständig ist. Diese Behörde hat zum Ziel, die weltweite Gesundheitsforschung zu fördern und steht daher im internationalen Austausch mit anderen Staaten. Sie organisiert sich in mehreren Unterzentren wie das Center for Infectious Disease Control (Zentrum zur Kontrolle von Infektionskrankheiten ). Dessen Aufgabe ist es, die Öffentlichkeit zu informieren und Schulungen durchzuführen, um die Ausbreitung von Infektionskrankheiten möglichst in einem frühen Stadium einzudämmen. Das Center for Infectious Disease Control erstellt zudem Quarantänemanagementpläne und weitere Krisenpläne. Das Center for Infectious Diseases Research wiederum betreibt Forschung auf dem Gebiet der Infektionskrankheiten, auch im Hinblick auf das Auftreten neuer Viren oder möglicher Impfstoffe. 3.2. Studien und weitere Beiträge zu gesundheitspolitischen Maßnahmen während der SARS-Pandemie 2002/2003 und des MERS-Ausbruchs 2015 Lee, Kyu-Myoung/Jung, Kyujin, Factors Influencing the Response to Infectious Diseases: Focusing on the Case of SARS and MERS in South Korea, in: International Journal of Environmental Research and Public Health 2019, 16, 1432, 22. April 2019, abrufbar unter: https://www.mdpi.com/1660-4601/16/8/1432. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 055/20 Seite 11 Die vorliegende Metastudie zielt darauf ab, nach dem Ausbruch von SARS im Jahr 2002/2003 und MERS im Jahr 2015 in Südkorea auf der Basis einer Reihe von Studien aus den letzten Jahren die Faktoren zu untersuchen, die eine wirksame Eindämmung von Infektionskrankheiten beeinflussen können. Die Ergebnisse zeigten, dass der legislative Faktor direkten und indirekten Einfluss auf den zeitlichen Gesamtprozess der Eindämmung von Infektionskrankheiten habe. Gesetzliche Grundlagen, aber auch Verhaltensempfehlungen sollten systematisch erfolgen und eine hohe Integrität aufweisen, um effektiv wirken zu können. Zentrales Handeln, Kommunikation, Informationsaustausch und Transparenz sowie die Reaktion vor Ort seien Schlüsselfaktoren für eine wirksame Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Kim, Kyung-hee/Tandi, Tinyami/Choi, J.W. et al., Middle East respiratory syndrome coronavirus (MERS-CoV) outbreak in South Korea, 2015: epidemiology, characteristics and public health implications , in: Journal of Hospital Infection, Volume 95, Issue 2, Februar 2017, Pages 207-213, abrufbar unter: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0195670116304431?via%3Dihub . Der starke Ausbruch von MERS im Jahr 2015 in Südkorea wird in dieser Analyse vorhandener Daten vor allem auf zu späte Diagnosen, die Unterschätzung von Superspreadern, Quarantänemissachtungen , das Verbergen von Infektionen durch Betroffene, schlechte Kommunikation durch die Regierung und unzureichendes Krankenhausinfektionsmanagement zurückgeführt. Für den Ausbruch seien überwiegend das Infektionsmanagement und politische Fehler verantwortlich . Lee Jonggul/Chowell, Gerardo/Jung, Eunok, A dynamic compartmental model for the Middle East respiratory syndrome outbreak in the Republic of Korea: A retrospective analysis on control interventions and superspreading events, in: Journal of Theoretical Biology, 408 (2016) 118-126, abrufbar unter: https://reader.elsevier.com/reader/sd/pii/S0022519316302430?token =423581FC65B1FD76D1B693964BEBD121A98BE2E11C1508B1723A797AB5405387C6FA08E 01B7ED89A9E44100CE90ED369. Das der Untersuchung zugrundeliegende dynamische Übertragungsmodell zur Analyse des MERS-Ausbruchs in Südkorea wurde auf der Grundlage bestätigter Infektionsfälle entwickelt, die im Zeitraum vom 20. Mai bis 4. Juli 2015 gemeldet wurden. Das Modell beziehe explizit „Superspreader -Ereignisse“ sowie zeitabhängige Übertragungs- und Isolationsraten ein. Mit Hilfe hypothetischer Kontrollszenarien könne gezeigt werden, dass vor allem frühzeitige Interventionen innerhalb einer Woche nach Ausbruch der Epidemie ein adäquates Mittel zur Eindämmung der Verbreitung und der Dauer des MERS-Ausbruchs seien. Hätte die Regierung z. B. innerhalb der ersten Woche des Ausbruchs die Liste der Krankenhäuser, die vom MERS-Coronavirus betroffen gewesen seien, veröffentlicht, hätte, so die Autoren, der Umfang des Ausbruchs drastisch reduziert werden können. 3.3. Vorgehen während der SARS-CoV-2-Pandemie Johns Hopkins University, The Impact of the Coronavirus on Asian Countries, 14. April 2020, abrufbar unter: https://sais.jhu.edu/news-press/event-recap/impact-coronavirus-asian-countries, Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 055/20 Seite 12 Statista, Fallzahl des Coronavirus (COVID-19) in Südkorea seit Januar 2020 (Stand: 7. Juli 2020) mit Verweis auf die Johns Hopkins University, abrufbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten /studie/1101418/umfrage/fallzahl-des-coronavirus-in-suedkorea/, Coronavirus Disease-19, Republic of Korea, jeweils tagesaktuell abrufbar unter: http://ncov.mohw.go.kr/en, Smith, Josh, South Korea says it is battling 'second wave' of coronavirus, Reuters.com, 22. Juni 2020, abrufbar unter: https://www.reuters.com/article/us-health-coronavirus-southkorea /south-korea-says-it-is-battling-second-wave-of-coronavirus-idUSKBN23T10M sowie Welter, Patrick, Hotspot in Südkorea: Stadt Daegu verklagt Sekte wegen Corona, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23. Juni 2020, abrufbar unter: https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit /coronavirus/stadt-daegu-verklagt-sekte-wegen-corona-16828998.html. Neben China war Südkorea zeitweise am stärksten von der Pandemie betroffen, konnte aber rasch einen deutlichen Rückgang an Neuinfektionen verzeichnen. Während Anfang April 2020 rund 10.000 Personen nachweislich infiziert waren, blieb die Fallzahl Anfang Mai unter 11.000 und Anfang Juni 2020 lag sie bei rund 11.500. Zwischenzeitlich sprach die Regierung in Südkorea allerdings von einer möglichen „zweiten Welle“. Mit den Ferien im Mai habe das Virus begonnen, sich erneut auszubreiten. Seitdem verzeichneten die Behörden bis zu 50 neue Fälle pro Tag, hauptsächlich in der Region um die Hauptstadt Seoul. Südkorea mit seiner geographischen Nähe zu China ist zudem eines der weltweit am dichtesten besiedelten Länder. Ein Großteil der infizierten Fälle geht offenbar auf einen Infektionsstrang innerhalb einer Sekte in der Stadt Daegu im Februar 2020 zurück. Mit Stand vom 17. Juli 2020 weist Südkorea eine Fallzahl von 13.672, darunter 293 Todesfälle, auf. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Informationen zur Corona-Pandemie in China, im Iran und in Südkorea (Stand: 13. April 2020), Dokumentation WD 9-022/20 vom 15. April 2020, abrufbar unter: https://www.bundestag.btg/Wissen/Dossiers/Ablage/7912/Ausarbeitung _7912_36.pdf. Die Arbeit beschreibt frühe Maßnahmen der Regierung in Südkorea, wie das Ausrufen der höchsten Warnstufe für Infektionskrankheiten am 23. Februar 2020, den von den KCDC vorgenommenen Erlass von Richtlinien für die Selbst-Quarantäne, die Schließung von Kindergärten, Schulen und Universitäten sowie öffentlichen Gebäude. Lee, Joyce, South Korea confirms first case of new coronavirus in Chinese visitor, 20. Januar 2020, Reuters.com, abrufbar unter: https://www.reuters.com/article/us-china-healthpneumonia -south-korea/south-korea-confirms-first-case-of-new-coronavirus-in-chinese-visitorid USKBN1ZJ0C4, Lill, Felix/ Peer, Mathias/Kretschmer, Fabian/Bardenhagen, Klaus, SARS-CoV-2: Wie man in Ostasien erfolgreich das Virus bekämpft, in: Zeit Online, 12. März 2020, abrufbar unter: https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-03/sars-cov-2-ausbruch-suedkorea-taiwan-japan-singapur -strategie, Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 055/20 Seite 13 Kölling, Martin, Krisenprävention, Was Deutschland im Kampf gegen das Coronavirus von Südkorea und Taiwan lernen kann, in: Handelsblatt, 15. März 2020, abrufbar unter: https://www.handelsblatt.com/politik/international/krisenpraevention-was-deutschland-imkampf -gegen-das-coronavirus-von-suedkorea-und-taiwan-lernen-kann/25645420.html?ticket=ST- 10402417-1cMVuQFeSNw0nce4tFBa-ap5, Aye, Baba, Taiwan & South Korea Covid-19 response a lesson for all, in: Public Services International , 1. April 2020, abrufbar unter: https://publicservices.international/resources/news/taiwan-- south-korea-covid-19-response-a-lesson-for-all?id=10683&lang=en, Johns Hopkins University, East Asia in the Post COVID-19 World China and Beyond, 3. Juni 2020, abrufbar unter: https://sais.jhu.edu/news-press/event-recap/east-asia-post-covid-19- world-china-and-beyond, Pradetto, August, Testing, Tracing, Treating. Ein asiatischer Tigerstaat nicht nur in ökonomischer Hinsicht: Südkorea in der Corona-Krise, Gastkommentar, in: Wiener Zeitung, 3. Juni 2020, abrufbar unter: https://www.wienerzeitung.at/meinung/gastkommentare/2062883-Testing-Tracing- Treating.html. Im Dezember 2019 hatten die Gesundheitsbehörden Südkoreas den Ausbruch einer neuen Virus-Epidemie als Manöver durchgespielt. Am 20. Januar 2020 wurde der erste SARS-CoV-2- Infektionsfall in Südkorea bekannt. Noch vor dieser Bestätigung beschloss die Regierung aufgrund der Geschehnisse in China, Testkits zu entwickeln; wenig später einigte sich die Regierung mit der Privatwirtschaft, Testkits in Massenproduktion herzustellen. Eine auf diese Weise mögliche Früherkennung von Infektionen minimiere die weitere Ausbreitung, indem Infizierte schnell isoliert und behandelt werden könnten. Die Regierung richtete landesweit 633 Teststandorte (auch rund 80 sog. Drive-in-Teststationen, in denen der Fahrer das Auto nicht verlassen muss) mit 100 Labors ein, die rund um die Uhr arbeiteten (mit einer Kapazität von bis zu 20.000 Tests täglich). Weitere Maßnahmen neben den Massentests in Südkorea: Suche nach Infizierten auch durch flächendeckende Fiebermessungen in Behörden und Unternehmen, um erkrankte Mitarbeiter zu identifizieren und zu isolieren, strikte Kontaktnachverfolgung auch durch Veröffentlichung von anonymen Bewegungsprofilen Infizierter sowie durch Auswertung von Handy- und Bankdaten mit der Aufforderung an Betroffene, sich umgehend testen zu lassen; in Zusammenarbeit mit Telekommunikationsanbietern schicken die Behörden Anwohnern von Risikogebieten Warn-SMS auf ihre Handys, strikte Quarantäne Infizierter und von Kontaktpersonen einschließlich Kontrolle ihrer Einhaltung auch durch eine Handy-Applikation und Warnung der Nachbarn, Ausbau der Fertigung von Schutzmasken, diesbezügliches Exportverbot sowie Limitierung beim Verkauf, Maskenpflicht im öffentlichen Personenverkehr, Transparenz durch klares Kommunizieren der Regierung (wie Veröffentlichung eines wöchentlichen KCDC-Berichts zur COVID-19-Situation) sowie Bereitstellung von Desinfektionsmitteln im öffentlichen Raum. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 055/20 Seite 14 Die Vorgehensweise in Südkorea zur Bekämpfung von SARS-CoV-2 wird auch als "Testing, Tracing , Treating"-Strategie bezeichnet. Dagegen wurden kein genereller Lockdown, keine generellen Kontaktsperren oder Inlandsreisebeschränkungen verhängt; auch wurden die Geschäfte nicht geschlossen . Auswärtiges Amt, Republik Korea (Südkorea): Reise- und Sicherheitshinweise, Stand: 17. Juli 2020, abrufbar unter: https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/korearepublik -node/korearepubliksicherheit/216132?isLocal=false&isPreview=false. Südkorea hat zudem Einreisebeschränkungen erlassen. Die bisherige Regelung, dass Touristen und Geschäftsreisende für Aufenthalte von bis zu 90 Tagen visumfrei einreisen können, ist bis auf Weiteres ausgesetzt. Grundsätzlich sind alle nach Südkorea einreisenden Passagiere verpflichtet , sich nach der Einreise direkt in eine 14-tägige häusliche Quarantäne zu begeben. Eingereiste Flugpassagiere müssen sich bei Ankunft einem COVID-19-Test unterziehen. Ferner besteht eine Verpflichtung, bei Einreise eine „Self Diagnosis“-App bzw. eine „Self Quarantine Safety “-App auf das Smartphone herunterzuladen, mittels derer unter anderem Gesundheitsdaten und Aufenthaltsorte an die koreanischen Behörden bis zu maximal 14 Tage nach Einreise übermittelt werden. Lee, Minjung/You, Myoungsoon, Psychological and Behavioral Responses in South Korea During the Early Stages of Coronavirus Disease 2019 (COVID-19), in: International Journal of Environmental Research and Public Health 2020, 17(9), 2977 vom 25. April 2020, abrufbar unter: https://www.mdpi.com/1660-4601/17/9/2977/htm. Erwähnt sei zudem eine Veröffentlichung, die auf einer Befragung von 973 Personen zur Risikoeinschätzung und zum Verhalten in der anfänglichen Phase der Pandemie in Südkorea beruht. Danach wurde die Gefährlichkeit des Virus in der Öffentlichkeit als hoch wahrgenommen. Präventionsmaßnahmen und soziales Distanzierungsverhalten würden häufig praktiziert. Es sei von entscheidender Bedeutung, frühzeitig mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren und sie als wichtigen Akteur bei der Bekämpfung des Virus wahrzunehmen, in dem für die Sinnhaftigkeit der Verhaltensmaßnahmen geworben werde. ***