© 2016 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 055/16 Antragsverfahren des Gemeinsamen Bundesausschusses Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 055/16 Seite 2 Antragsverfahren des Gemeinsamen Bundesausschusses Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 055/16 Abschluss der Arbeit: 12. Oktober 2016 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 055/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Antragsverfahren des Gemeinsamen Bundesausschusses 4 2.1. Antragspflichtige Verfahren 5 2.2. Antragsfähige Verfahren 5 2.3. Fazit 6 3. Möglichkeiten des Vorgehens gegen Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 055/16 Seite 4 1. Einleitung Die Heilmittelrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) legt die verordnungsfähigen Heilmittelmaßnahmen fest.1 Der G-BA hat am 19.5.2016 eine Änderung der Heilmittelrichtlinie beschlossen, die zum 1.1.2017 in Kraft tritt.2 Unter anderem wurde § 18 Abs. 2 Nr. 7 geändert, der die manuelle Lymphdrainage (MLD) einschließlich Kompressionsbandagierung als verordnungsfähige Maßnahme regelt. Eingefügt wurde der Satz: „Eine verordnete Kompressionsbandagierung hat im Anschluss an die Therapiezeit der MLD zu erfolgen.“ Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden die gesetzlich vorgesehenen antragspflichtigen und antragsfähigen Beschlussverfahren des G-BA dargestellt. 2. Antragsverfahren des Gemeinsamen Bundesausschusses Das Entscheidungsverfahren des GB-A wird durch seine Verfahrensordnung geregelt.3 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung besagt: „Die Verfahrensordnung regelt auf der Grundlage von § 91 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB V: - die Entscheidungsverfahren des Gemeinsamen Bundesausschusses in allgemeiner Form sowie - die für bestimmte Entscheidungen geltenden speziellen Regelungen.“ Die Entscheidungen des G-BA ergehen aufgrund des Beratungsverfahrens nach § 5 der Verfahrensordnung und des anschließenden Beschlussverfahrens, das sich nach § 6 der Verfahrensordnung sowie nach der Geschäftsordnung richtet. Das Beratungsverfahren wird in einigen Fällen auf Antrag durchgeführt. In § 5 Abs. 1 der Verfahrensordnung heißt es: „Das Plenum beschließt, soweit gesetzlich vorgesehen auf Antrag, die Einleitung des Beratungsverfahrens und beauftragt soweit erforderlich einen Unterausschuss mit seiner Durchführung.“ 1 Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung, in der Fassung vom 20.1.2011 / 19.5.2011, BAnz 2011 Nr. 96, 2247, zuletzt geändert am 17.12.2015, BAnz AT 3.8.2016 B3, abrufbar unter: https://www.g-ba.de/downloads/62-492-1231/HeilM-RL_2015-12-17_iK- 2016-08-04.pdf (Stand: 11.10.2016). 2 BAnz AT 10.08.2016 B2, abrufbar unter: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2590/2016-05-19_HeilM- RL_langf-HeilM-Bedarf_BAnz.pdf (Stand: 11.10.2016). 3 Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses, in der Fassung vom 18.12.2008, BAnz. 2009 Nr. 84a (Beilage), zuletzt geändert am 17.3.2016, BAnz AT 22.8.2016 B3, abrufbar unter: https://www.g-ba.de/downloads /62-492-1243/VerfO_2016-03-17_iK-2016-08-23.pdf (Stand: 11.10.2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 055/16 Seite 5 Neben den Verfahren, in denen ein Antrag zwingend ist, gibt es auch solche, die die Möglichkeit der Antragstellung vorsehen. Die Notwendigkeit bzw. Möglichkeit der Antragstellung ergibt sich aus der jeweiligen Norm im Fünften Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB V)4, die den G-BA zum Handeln befugt. 2.1. Antragspflichtige Verfahren a) Methodenbewertungsverfahren: Der G-BA bewertet - Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus (§ 137c SGB V) und - neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen und vertrags-zahnärztlichen Versorgung (§ 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V) darauf hin, ob diese zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen. Die Methodenbewertung findet nur auf Antrag eines Berechtigten statt. So sind etwa nach § 137c SGB V der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft oder ein Bundesverband der Krankenhausträger zur Antragstellung berechtigt. b) Kosten-Nutzen-Bewertung nach § 35b SGB V: Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbart mit den pharmazeutischen Unternehmen einen Erstattungsbetrag für Arzneimittel, wenn diese keinen Festbetrag zugeordnet bekommen haben (§ 130 Abs. 1 SGB V). Scheitert die Vereinbarung, so wird sie durch Schiedsspruch vorläufig festgesetzt. Nach dem Schiedsspruch kann jede Partei beim G-BA die Durchführung einer Kosten-Nutzen-Bewertung beantragen (§ 130 Abs. 8 SGB V). Auf den Antrag hin beauftragt der G-BA das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen mit der Bewertung . 2.2. Antragsfähige Verfahren a) Erprobung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden: Gelangt der G-BA im Laufe eines Methodenbewertungsverfahrens zu dem Ergebnis, dass eine Untersuchungs- oder Behandlungsmethode das Potential zu einer Behandlungsmöglichkeit bietet , ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist, so kann er eine Erprobungsrichtlinie beschließen , durch die die Methode befristet zur Erbringung zulasten der Krankenkassen zugelassen wird (§ 137 Abs. 1 SGB V). Hersteller von Medizinprodukten, auf deren Einsatz eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode maßgeblich beruht, und andere Unternehmer, die ein wirtschaftliches Interesse an der Verordnungsfähigkeit einer Methode haben, können nach § 137e Abs. 6 SGB V einen Antrag auf den Erlass einer Erprobungsrichtlinie stellen. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung, vom 20.12.1988, BGBl. I, 2477, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/ (Stand: 11.10.2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 055/16 Seite 6 b) Entscheidung über die Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten und nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln: Der G-BA entscheidet nach § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V darüber, ob Medizinprodukte und nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel ausnahmsweise als verordnungsfähig in die Arzneimittelrichtlinie aufgenommen werden. Diese Prüfung kann nach §§ 34 Abs. 6, 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V auch auf Antrag geschehen. Antragsberechtigt sind pharmazeutische Unternehmer. 2.3. Fazit Die Änderung der Heilmittelrichtlinie erfolgte weder aufgrund eines antragspflichtigen noch eines antragsfähigen Verfahrens. Ein Antragserfordernis lässt sich auch nicht aus der Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der Heilmittelrichtlinie ableiten. Der G-BA ist nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ermächtigt, Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln zu erlassen. Ein Antragserfordernis sieht die Norm nicht vor. Ein Antrag auf Einleitung des Beratungsverfahrens war somit nicht erforderlich, und, da es sich auch nicht um ein antragsfähiges Verfahren handelt, auch nicht möglich. Der Beschluss erfolgte somit nach den vorgesehenen Verfahrensregelungen. 3. Möglichkeiten des Vorgehens gegen Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses Die Rechtsaufsicht über den G-BA führt nach § 91 Abs. 8 SGB V das Bundesministerium für Gesundheit . Der G-BA muss zudem seine beschlossenen Richtlinien dem Gesundheitsministerium vorlegen (§ 94 Abs. 1 SGB V). Das Ministerium kann die Richtlinien innerhalb von zwei Monaten bzw. bei Verfahren nach § 35 Abs. 1 SGB V innerhalb von vier Wochen beanstanden. Werden die Richtlinien nicht beanstandet, so sind sie mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger wirksam und es verbleibt nur der Klageweg. Die Einflussmöglichkeit des Bundestages beschränkt sich auf ein Widerspruchsrecht hinsichtlich der Zusammensetzung des Beschlussgremiums des G-BA. Das Beschlussgremium besteht nach § 91 Abs. 2 SGB V unter anderem aus einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei unparteiischen Mitgliedern. Die Unparteiischen werden dem Gesundheitsministerium vorgeschlagen. Das Ministerium legt die Vorschläge nach § 91 Abs. 2 Satz 4 SGB V dem Ausschuss für Gesundheit des Bundestages vor. Der Ausschuss kann dem Vorschlag mit Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder widersprechen, wenn er Zweifel an der Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit der vorgeschlagenen Person hat (§ 91 Abs. 2 Satz 5 SGB V). Ende der Bearbeitung.