WD 9 - 3000 – 052/20 (26. Juni 2020) © 2020 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Patienten, die Schadenersatz nach einem ärztlichen Behandlungsfehler geltend machen möchten, haben dafür zwei Möglichkeiten: eine außergerichtliche Einigung über Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern oder den Klageweg über ein Zivilgericht.1 In Deutschland wird die überwiegende Zahl der Fälle außergerichtlich geregelt – nicht zuletzt deshalb , weil außergerichtliche Verfahren kürzer und weniger kostspielig für die Patienten sind.2 Die Betroffenen tragen die Beweislast, dass ein Behandlungsfehler vorliegt, dass ihnen ein körperlicher , seelischer oder materieller Schaden entstanden ist und dass dieser Schaden durch den Behandlungs - oder Aufklärungsfehler verursacht wurde.3 Für alle Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)4, die Schadenersatzansprüche geltend machen wollen, gewährt das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) Unterstützung. So verpflichtet § 66 SGB V5 die Krankenkassen, ihre Versicherten bei der Verfolgung von Schadener- 1 Behandlungsfehler. Ein Leitfaden für Patienten, hrsg. von Techniker Krankenkasse Hamburg, Stand Januar 2018. Die privatrechtlichen Regelungsgrundlagen finden sich in §§ 630a - 630h Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Detailliert zu zivilrechtlicher Arzthaftung, Medizinschadensrecht und strafrechtlicher Arzthaftung: Münchener Anwalts-Handbuch Medizinrecht, hrsg. von Tilman Clausen und Jörn Schroeder-Printzen, München 2020, S. 1-447. 2 Schlegel/Voelzke in jurisPK-SGB V, 3. Auflage 2016, Stand 6. Januar 2020, Rn. 15. 3 Behandlungsfehler. Ein Leitfaden für Patienten, hrsg. von Techniker Krankenkasse Hamburg, Stand Januar 2018, S. 10. 4 In Deutschland sind rund 90 Prozent der Bevölkerung über die Gesetzliche Krankenversicherung abgesichert. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) - Gesetzliche Krankenversicherung – vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2477, 2482), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 12. Juni 2020 (BGBl. I S. 1248). Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Unterstützung von Versicherten der Gesetzlichen Krankenkasse bei ärztlichen Behandlungsfehlern Kurzinformation Unterstützung von Versicherten der Gesetzlichen Krankenkasse bei ärztlichen Behandlungsfehlern Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 satzansprüchen zu unterstützen, die aus Behandlungsfehlern bei der Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen entstanden sind.6 Mit dem Patientenrechtegesetz von 20137 ist die bis dahin als Ermessensvorschrift gehaltene Fassung in eine Sollvorschrift umgewandelt worden. Sie verpflichtet die Krankenkassen im Grundsatz zur Unterstützung – es sei denn, es sprechen besondere Gründe dagegen.8 Mit dieser Änderung sollte die Rechtsposition der Patienten im Bereich der Behandlungsfehlerhaftung gestärkt werden.9 Im Ermessen der Krankenkassen liegt aber nach wie vor die Auswahl der Mittel zur Unterstützung der Patienten.10 Nach dem Gesetzestext11 kann diese beispielhaft erfolgen durch die Prüfung der von den Versicherten vorgelegten Unterlagen, die Anforderung weiterer Unterlagen bei den Leistungserbringern, eine sozialmedizinische Begutachtung durch den Medizinischen Dienst sowie eine abschließende Gesamtbewertung aller vorliegenden Unterlagen. Ist die Begutachtung abgeschlossen, kann eine Gutachterkommission oder Schlichtungsstelle der Ärztekammern eingeschaltet werden. Die Gesetzliche Krankenversicherung darf ihre Mittel nur zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben verwenden.12 Da es in § 66 SGB V um die Verfolgung privatrechtlicher Schadenersatzansprüche geht, sind finanzielle Unterstützungsleistungen, wie die Übernahme bzw. Erstattung von Anwalts- und Prozesskosten in einem Arzthaftungsrechtsstreit, seitens der GKV ausgeschlossen .13 *** 6 Sofern sie nicht nach § 116 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf die Krankenkasse selbst übergegangen sind und von dieser selbst geltend gemacht werden müssen. 7 Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten (Patientenrechtegesetz) vom 20. Februar 2013 (BGBl. I, Nr. 9, S. 277). 8 Schlegel/Voelzke in jurisPK-SGB V, 3. Auflage 2016, Stand 6. Januar 2020, Rn. 10. Vgl. dazu auch: Katzenmeier /Jansen: Neuregelung der GKV-Unterstützung bei Behandlungsfehlerverdacht, in: NZS 2017, 761-766. 9 Nebendahl, SGB V, § 66, in: Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl. 2018, Rn. 5. 10 Wagner, SGB V, § 66, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Januar 2020, Rn 10. 11 Nach einer entsprechenden Ergänzung in § 66 SGB V durch das Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz) vom 4. April 2017 (BGBl I, Nr. 19, S. 778). 12 Schlegel/Voelzke in jurisPK-SGB V, 3. Auflage 2016, Stand 6. Januar 2020, Rn. 9. 13 Nebendahl, SGB V, § 66, in: Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl. 2018, Rn. 5. Zu den Ausnahmen: Katzenmeier /Jansen: Neuregelung der GKV-Unterstützung bei Behandlungsfehlerverdacht, in: NZS 2017, 761-766, S. 765.