© 2016 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 – 052/16 Ärztliche Verpflichtung zur Teilnahme an Notdiensten Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 – 052/16 Seite 2 Ärztliche Verpflichtung zur Teilnahme an Notdiensten Aktenzeichen: WD 9 - 3000 – 052/16 Abschluss der Arbeit: 22.9.2016 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 – 052/16 Seite 3 1. Gesetzliche Pflicht der Ärzte zur Beteiligung an Notdiensten In Deutschland sind derzeit rund 371.000 Ärztinnen und Ärzte berufstätig. Gut die Hälfte von ihnen arbeitet im Krankenhaus. Auch der größte Teil der rund 150.000 ambulant tätigen Ärzte arbeitet mit einer Zulassung der gesetzlichen Krankenkassen1. Als sog. Vertragsärzte unterliegen sie den Vorschriften des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch (SGB V), in dem der Bundesgesetzgeber die Rechtsverhältnisse zwischen Krankenkassen, Patienten und Ärzten geregelt hat. 2 Vertragsärzte sind nach § 95 Abs. 3 SGB V3 verpflichtet, an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen; diese Verpflichtung umfasst auch die regelmäßige Teilnahme am Notdienst. Vertragsärzte sind in den Kassenärztlichen Vereinigungen auf Länderebene organisiert. Diese wiederum stehen in der Pflicht, nach § 75 Abs. 1 SGB V4 die vertragsärztliche Versorgung sicherzustellen – einschließlich einer Versorgung zu sprechstundenfreien Zeiten durch den sogenannten ärztlichen Notdienst. Die Verpflichtung der Ärzte zur Teilnehme am Notdienst ergibt sich zudem aus den Berufsordnungen der Ärztekammern. Der ärztliche Notdienst findet in den meisten Fällen in einer speziellen Notdienstpraxis oder als Hausbesuch statt. Der Notdienst ist zuständig für dringende Fälle, in denen Patienten nicht bis zur nächsten Sprechstunde warten können. In lebensgefährlichen Fällen sind nach den Rettungsdienstgesetzen der Länder speziell ausgebildete Notärzte sowie die Notaufnahmen der Krankenhäuser zuständig. Bei einem schuldhaften Verstoß gegen die Verpflichtungen der Vertragsärzte sehen die Satzungen der Kassenärztlichen Vereinigungen nach § 81 Abs. 5 SGB V auch Disziplinarmaßnahmen vor5 - darunter Verwarnungen, Verweise, Geldbußen oder das Ruhen der Zulassung oder der vertragsärztlichen Beteiligung bis zu zwei Jahren. Über die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme entscheidet der Disziplinarausschuss der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung nach eigenem Ermessen .6 Für die Entscheidung über die Art und Höhe der Maßnahme sind Art, Schwere und 1 Statistische Angaben der Bundesärztekammer, abrufbar unter http://www.bundesaerztekammer.de/ueberuns /aerztestatistik/aerztestatistik-2015/ (Stand: 22.9.2016). 2 BGBl. I S. 2477; https://www.gesetze-im-internet.de (Stand: 22.9.2016). 3 https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__95.html 4 https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__75.html 5 https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__81.html 6 Steinmann-Munzinger in: Schlegel/Voelzke, juris-Praxiskommentar zum SGB V, 3. Aufl. 2016, § 81 SGB V, Rn. 69. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 – 052/16 Seite 4 Häufigkeit der Pflichtverletzung maßgeblich, zudem ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren.7 Neben der verpflichtenden Teilnahme können die Vertragsärzte auch freiwillig an weiteren Notdienstterminen teilnehmen. Dies ergibt sich aus den Notdienstordnungen der Kassenärztlichen Vereinigungen. Einige Kassenärztliche Vereinigungen zahlen den Vertragsärzten eine zusätzliche Pauschale für ihre Mitwirkung. 2. Gesetzliche Pflicht der Ärzte zur Teilnahme an Fortbildungen Gemäß § 95d SGB V8 sind alle Vertragsärzte verpflichtet, sich in dem Umfang fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Fortentwicklung der zu ihrer Berufsausübung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig ist. Der Nachweis über die Fortbildung erfolgt durch Fortbildungszertifikate. Vertragsärzte müssen nach § 95d Abs. 3 SGB V alle fünf Jahre gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung den Nachweis erbringen, dass sie in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum ihrer Fortbildungspflicht nachgekommen sind. Die Pflicht ist erfüllt, wenn der Arzt in diesem Zeitraum 250 Fortbildungspunkte gesammelt hat.9 Die möglichen Fortbildungsmaßnahmen sind in den Fortbildungsordnungen der Landesärztekammern geregelt. Es besteht keine Verpflichtung für niedergelassene Ärzte, die Fortbildung in einem Krankenhaus durchzuführen Erbringt der Arzt den Fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig, so ist die Kassenärztliche Vereinigung nach § 95d Abs. 3 S. 4 SGB V verpflichtet, das an ihn zu zahlende Honorar zu kürzen. Für die ersten vier Quartale wird das Honorar um 10 % gekürzt, ab dem fünften Quartal um 25 %. Innerhalb von zwei Jahren muss der Arzt die Fortbildung nachholen. Ist der angeforderte Fortbildungsnachweis nicht innerhalb der zwei Jahre eingegangen, dann soll die Kassenärztliche Vereinigung nach § 95 Abs. 3 S. 6 SGB V unverzüglich einen Antrag auf Entziehung der Zulassung gegenüber dem Zulassungsausschuss stellen. In atypischen Ausnahmefällen, wie etwa bei Fehlen nur weniger Fortbildungsstunden, kann auf den Antrag nach pflichtgemäßem Ermessen verzichtet werden.10 Ende der Bearbeitung 7 Bundessozialgericht, Urteil vom 3. September 1987, Az. 6 RKa 30/86, BSGE 62, 127. 8 https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__95d.html 9 § 1 Abs. 3 der Regelung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Fortbildung von Vertragsärzten und Vertragspsychotherapeuten nach § 95d SGB V; http://www.kbv.de/media/sp/Fortbildungsregelung_der_KBV.pdf (Stand: 22.9.2016). 10 Pawlita in: Schlegel/Voelzke, juris-Praxiskommentar zum SGB V, 3. Aufl. 2016, § 95d SGB V, Rn. 38.