Überblick über familienpolitische Leistungen in Deutschland Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 051/17 Seite 2 Überblick über familienpolitische Leistungen in Deutschland Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 051/17 Abschluss der Arbeit: 23. November 2017 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 051/17 Seite 3 In Deutschland gibt es rund 150 unterschiedliche Maßnahmen, mit denen die Bundesregierung Familien unterstützt. Diese Maßnahmen sind entweder als eigenständige Leistungen für Familien konzipiert oder berücksichtigen – als Komponente von allgemeinen staatlichen Leistungen – besonders die familiäre Lebenssituation, so etwa steuerrechtliche Maßnahmen, Geldleistungen, familienbezogene Leistungen innerhalb der Sozialversicherungen und Realtransfers. All diese Maßnahmen wurden von 2009 bis 2014 einer Gesamtevaluation unterzogen1. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass denjenigen Maßnahmen, die die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit verbessern, die größte Bedeutung zukommt: Sie tragen nicht nur zur wirtschaftlichen Absicherung von Familien bei, sondern fördern auch andere familienpolitische Ziele. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf steht daher im Zentrum der Familienpolitik. In den vergangenen Jahren ist das Angebot an Leistungen und Maßnahmen weiter ausgebaut bzw. differenziert worden2. So waren Schwerpunkte der Familienpolitik in der zurückliegenden Wahlperiode: der Ausbau der Kindertagesbetreuung nach Einführung eines Rechtsanspruches auf einen Betreuungsplatz auch für Kinder ab einem Jahr; die Weiterentwicklung des Elterngeldes zum „Elterngeld Plus“: Damit werden besonders Familien unterstützt, in denen beide Eltern schon während des Elterngeld-Bezuges in Teilzeit arbeiten. Sie können den Bezug des Elterngeldes (in halber Höhe) auf den doppelten Zeitraum ausdehnen und erhalten zusätzlich einen Partnerschaftsbonus3; die besondere Unterstützung (berufstätiger) Alleinerziehender durch die Reform des Unterhaltsvorschusses und die Verankerung familienfreundlicher Bedingungen in Wirtschaft und Gesellschaft. 1 Gesamtevaluation der ehe- und familienbezogenen Maßnahmen und Leistungen in Deutschland, Endbericht, hrsg. vom Bundesministerium der Finanzen und vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Berlin, 2. Juni 2014, abrufbar unter: https://www.bmfsfj.de/blob/73850/1cea4bc07edb6697571c03c739ece52f/gesamtevaluation-endbericht-data.pdf (Stand: 23. November 2017). 2 Zum weiteren Forschungsstand vgl. Mikrosimulation ausgewählter ehe‐ und familienbezogener Leistungen im Lebenszyklus, Gutachten für die Prognos AG, Forschungsbericht hrsg. vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, 20. Juni 2013. 3 Zum Elterngeld Plus im Einzelnen: Elterngeld, Elterngeld Plus und Elternzeit. Das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz , hrsg. vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Berlin 19. Aufl. Juli 2017, abrufbar unter: https://www.bmfsfj.de/blob/93614/dd4a363a6980abf5227f21f165e237b8/elterngeldelterngeldplus -und-elternzeit-data.pdf (Stand: 23. November 2017). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 051/17 Seite 4 Auch nach einer aktuellen Studie der Heinrich-Böll-Stiftung4 leisten die zentralen familienpolitischen Maßnahmen einen Beitrag zur Verminderung von Einkommensungleichheit und Armutsrisiken . Allerdings profitierten an einigen Stellen obere Einkommensregionen stärker von den Zahlungen , vor allem aufgrund steuerlicher Leistungen wie dem Ehegattensplitting und den Kinderfreibeträgen . Beiliegendem Auszug aus dem vom BMFSFJ herausgegebenen Familienreport 20175 kann die Entwicklung der Ausgaben ausgewählter familienbezogener Leistungen von 2006 bis 2016 entnommen werden Anlage 1. Die Aufwendungen für das Elterngeld nahmen danach von 1,7 Milliarden Euro im Jahr der Einführung 2007, auf etwas mehr als 4 Milliarden Euro im Jahr 2008 und auf schließlich knapp über 6 Milliarden Euro im Jahr 2016 zu. Auch im Bereich der Kindertagesbetreuung ist eine erhebliche Ausgabensteigerung von etwas mehr als 11 Milliarden Euro im Jahr 2006 auf knapp 24,6 Milliarden Euro im Jahr 2015 zu verzeichnen. Der Verlauf der öffentlichen Ausgaben für Kindertagesbetreuung nach Ländern und Körperschaftsgruppen für ausgewählte Jahre zwischen 2005 und 2016 und der öffentlichen Zuschüsse für Kindertagesbetreuung in freier Trägerschaft nach Ländern und Körperschaftsgruppen werden für ausgewählte Jahre zwischen 2005 und 2011 im Bildungsfinanzbericht des Statistischen Bundesamtes6 Anlage 2 dargestellt7. Hier ist zu sehen, dass in den alten Bundesländern über die letzten elf Jahre mehr als eine Verdoppelung der Ausgaben für die Kindertagesbetreuung eintrat, so z. B. in Baden-Württemberg von 1.229.011.000 Euro im Jahr 2005 auf 3.037.731.000 Euro im Jahr 2016, während die Ausgabensteigerung in den neuen Bundesländern knapp darunter ausfällt. Nachfolgend werden Eckdaten ausgewählter familienpolitischer Maßnahmen tabellarisch zusammengefasst . 4 Stichnoth, Holger, Verteilungswirkungen ehe- und familienbezogener Leistungen und Maßnahmen, Kurzexpertise , hrsg. von der Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin 17. Juni 2016, abrufbar unter: https://www.boell.de/sites /default/files/161005_e-paper_stichnoth_familienkomissionv102.pdf (Stand: 23. November 2017). 5 Familienreport 2017, Leistungen, Wirkungen, Trends, hrsg. vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, August 2017, S. 52, abrufbar unter: https://www.bmfsfj.de/blob/119524/f51728a14e3c91c3d8ea657bb01bbab0/familienreport-2017-data.pdf (Stand: 23. November 2017). 6 Statistisches Bundesamt, Bildungsfinanzbericht 2016, Im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, Wiesbaden Dezember 2016, S. 137, 138, abrufbar unter: https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Bildung ForschungKultur/BildungKulturFinanzen/Bildungsfinanzbericht1023206167004.pdf?__blob=publication- File (Stand: 23. November 2017). 7 Zwischen der Statistik im Familienreport 2017 betreffend die Tagesbetreuung und der Statistik im Bildungsfinanzbericht 2016 sind Abweichungen zu verzeichnen. Überblick über die wichtigsten Maßnahmen zur Familienförderung (Auswahl) (Stand: 23. November 2017) Anspruchsgrundlage Kostenträger Leistung Voraussetzungen Umfang Dauer Kindergeld (BKGG) (EStG) Bundesregierung: Familienministerium Finanzministerium Monatliche Geldleistung, nach Zahl der Kinder gestaffelt . Eltern, die keinen Kindergeldanspruch nach dem Einkommensteuergesetz haben. Eltern mit Anspruch nach EStG Für das erste und zweite Kind 192 € mtl. Für das dritte Kind 198 € mtl. Für jedes weitere Kind 223€ mtl. Für Kinder bis zum Alter von 18 Jahren Für Kinder in Ausbildung bis 25 Jahre Für arbeitslose Kinder bis 21 Jahre Elterngeld (BEEG) Geschwisterbonus Elterngeld Plus (BEEG) Bundesregierung/ Familien-ministerium Monatliche Geldleistung Geburt nach 01.01.2007 nicht mehr als 30 Std./Woche erwerbstätig Einkommen unter 500.000€ für Paare, 250.000€ für Alleinerziehende Mehrkinderfamilie Geburt nach 1.7.2015 Beide Eltern arbeiten bis zu 30 Std/Woche Grundsätzlich 65-67% des letzten Einkommens, mindestens 300€ maximal 1800 €, Geschwisterbonus von 10% oder mindestens 75 € zusätzlich wie Elterngeld, nur halber Betrag für die doppelte Laufzeit max.14 Monate Beliebige Aufteilung auf beide Partner Doppelte Laufzeit wie Elterngeld Plus Partnerschaftsbonus von 4 Monaten Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 051/17 Seite 6 Mutterschaftsgeld Fall 1: §§ 3,6 und 13 MuSchG Fall 2: Einmalige Zahlung nach MuSchG Gesetzliche Krankenkassen /BMG Bundesversicherungsamt (BVA) Geldleistung: Tagessatz von der GKV Einmalige Geldleistung GKV-versichert und bestehendes Arbeitsverhältnis Nicht in GKV pflichtversichert , sondern in GKV familien - bzw. freiwillig versichert oder privat versichert Abhängig vom Einkommen: GKV zahlt bis zu 13 € täglich (ggf. Ergänzung durch Arbeitgeber ) Betrag vom BVA einmalig 210€ 6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Geburt eines Kindes einmalig Kinderzuschlag §6a BKGG Bundesregierung: Familienministerium Geldleistung, Zuschlag für einkommens-schwache Familien Kinder leben im elterlichen Haushalt und Kindergeld wird bezogen monatliche Einnahmen mindestens 900 € (Alleinerziehende 600 €), die eine Maximalgrenze nicht übersteigen. kein Anspruch auf AL- GII/Sozialgeld Zuschlag von max. 170 € je Kind während des Bezugs von Kindergeld Leistungen für Bildung und Teilhabe § 6b BKGG, SGB II Länder/Kommunen Geld oder Sachleistungen auf Antrag Bezug von Kinderzuschlag oder Wohngeld, Arbeitslosen - oder Sozialhilfe Zuschläge für Schulbedarf (bis 100 € jährlich); Kostenübernahme für Schul-oder Kitaausflüge, für Beförderung zur Schule und für Lernförderung Steuerliche Entlastungen (EStG) Bundesregierung: Finanzministerium Entlastungs- und Freibeträge variabel nach Vorschrift Kinderfreibetrag 2017 bei Ehegatten : 7356 Euro (einschl. Freibeträge für Betreuung, Erziehung und Ausbildung) Kindergeld (s.o.) Entlastungsbetrag für Alleinerziehende u.a. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 051/17 Seite 7 Unterhaltsvorschuss § 7 UhVorschG Bund 40 Prozent, Länder 60 Prozent (Länder können die Kommunen an der Finanzierung beteiligen .) Geldleistung Mindestunterhalt abzgl. des für das erste Kind zu zahlenden Kindergeldes Kinder bis zum 12. Lebensjahr ohne zeitliche Einschränkung ; Kinder im Alter von 12 Jahren bis zum 18. Lebensjahr, wenn sie nicht auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen sind oder der alleinerziehende Elternteil im SGB II Bezug mindestens 600 € verdient bei einem alleinerziehenden Elternteil lebend kein regelmäßiger Unterhalt oder Mindestunterhalt i.S.v. § 1612a BGB durch den anderen Elternteil keine Einkommensgrenze Kinder unter 6 Jahren 150 €/Monat Kinder von 6 bis 11 Jahren 201 €/Monat Kinder von 12 bis 17 Jahren 268 €/Monat Max.72 Monate SGB VIII Bund, Länder und Kommunen Kinderbetreuung in Tageseinrichtungen und Tagespflege Rechtsanspruch auf Betreuungsplatz für Kinder ab einem Jahr nach Vorschriften in Landesgesetzgebung i.d.R. bis zum Ende des Grundschulalters SGB V GKV Mitversicherung von Kindern in der gesetzlichen Krankenversicherung ; Krankengeld bei kranken Kindern u.a. SGB II, SGB XII zusätzliche Leistungen für Empfänger von Arbeitslosen - und Sozialhilfe mit Kindern Abkürzungen: BKGG: Bundeskindergeldgesetz; BEEG: Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz; EStG: Einkommensteuergesetz; GKV: Gesetzliche Krankenversicherung ; MuSchG: Mutterschutzgesetz; SGB: Sozialgesetzbuch; UhVorschG: Unterhaltsvorschussgesetz