© 2018 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 049/18 Überwindung des Dualismus zwischen Zahnärzten und Dentisten durch das Zahnheilkundegesetz vom 31. März 1952 Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 049/18 Seite 2 Überwindung des Dualismus zwischen Zahnärzten und Dentisten durch das Zahnheilkundegesetz vom 31. März 1952 Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 049/18 Abschluss der Arbeit: 2. August 2018 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 049/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Zur Entwicklung des Standes der Dentisten 4 3. Beseitigung des Dualismus zwischen Zahnärzten und Dentisten 5 4. Auswirkungen der Gesetzgebung auf die Zahl von Zahnärzten und Dentisten 6 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 049/18 Seite 4 1. Einleitung Mit der Freigabe der Zahnheilkunde im Norddeutschen Bund und später im Deutschen Reich hatte sich seit 1869 neben den Zahnärzten als zweite zahnbehandelnde Berufsgruppe der Dentistenstand herausgebildet, dem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts schließlich mehr Mitglieder angehört hatten als der Berufsgruppe der Zahnärzte. Beendet wurde dieser Dualismus in der Zahnheilkunde mit der Beseitigung der Kurierfreiheit im Jahr 1952, vgl. den kurzen Überblick zur Entwicklung der Zahnheilkunde bei Berger, Christian, 50 Jahre Zahnheilkundegesetz, Bayerisches Zahnärzteblatt 2002, S. 8-9 Anlage 1. 2. Zur Entwicklung des Standes der Dentisten Die Freigabe der Zahnheilkunde erfolgte 1869 mit dem Inkrafttreten der Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund (Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes vom 21. Juni 1869, S. 245, 252 f., 279) bzw. der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich (Reichsgesetzblatt (RGBl) vom 1. Juli 1883, S. 177, 185 f., 236), deren §§ 29, 147 Abs. 1 Nr. 3 nicht mehr die Ausübung der (Zahn-)Heilkunde ohne Approbation, sondern lediglich die Führung der Berufsbezeichnung „(Zahn-)Arzt“ ohne Approbation unter Strafe stellten. Zum Gesetzgebungsprozess vgl. Runge-Heesen, Das Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde in rechtshistorischer wie systematischer Betrachtung und die sich aus dem Gesetz ergebenden Rechtsprobleme, Dissertation, Juristische Fakultät der Universität Köln, 1958, (Auszüge S. 1-8, 29-39, XXI- XXIV, hier S. 2 ff.) Anlage 2. Zum darauffolgenden Berufsbildungsprozess der nichtapprobierten Zahnbehandler vgl. näher: Groß, Dominik, Beiträge zur Geschichte und Ethik der Zahnheilkunde, Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2006 (Auszug S. 99-125), Anlage 3; ders., Die Entwicklung des Zahnarztberufs (1), Der Dentist setzt sich durch, Zahnärztliche Mitteilungen (ZM) 2015, Heft 21, abrufbar im Internet unter: https://www.zm-online.de/archiv /2015/21/gesellschaft/der-dentist-setzt-sich-durch/seite/alle/; Koch, Friedrich, Das Berufsrecht der Zahnärzte, Erich Schmidt Verlag, Berlin-West 1955, (Auszug S. 9-23, hier S. 9 ff). Anlage 4, Mair, Barbara, Die Entwicklung des Standes der Dentisten unter besonderer Berücksichtigung des Dualismus zwischen Zahnärzten und Dentisten bzw. deren Vorläufern, Dissertation, Fakultät für Medizin an der Technischen Universität München, 1987, (Auszüge S. 35-73, 150-175, XXVI- XXX, XXXVI-XXXVII, hier S. 35-73) Anlage 5. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 049/18 Seite 5 3. Beseitigung des Dualismus zwischen Zahnärzten und Dentisten Die Vereinigung der Berufsstände der Zahnärzte und der Dentisten war Resultat des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde (ZHG) vom 31. März 1952 (BGBl. I S. 221, ber. S. 251), neugefasst durch Bekanntmachung vom 16. April 1987 (BGBl. I S. 1225), zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3191). Die dauernde Ausübung der Zahnheilkunde setzte fortan eine Bestallung als Zahnarzt voraus (§ 1 Abs. 1 ZHG). Den staatlich anerkannten Dentisten war es jedoch möglich, durch die Teilnahme an einem Fortbildungskursus über Mund- und Kieferkrankheiten die Bestallung als Zahnarzt zu erhalten (§ 8 Abs. 1 Satz 1 ZHG). Die Ausübung der Zahnheilkunde galt nicht länger als Gewerbe (§ 1 Abs. 3 ZHG). Die entgegenstehenden Vorschriften der Gewerbeordnung, insbesondere die §§ 29, 40, 53, 54 und 147, traten gemäß § 23 ZHG insoweit außer Kraft, als sie sich auf Zahnärzte und Dentisten bezogen. Daneben wurde § 123 der Reichsversicherungsordnung (RGBl. vom 19. Juli 1911, S. 509, 533) gemäß § 22 ZHG dahingehend geändert, dass bei Zahnkrankheiten mit Ausschluss von Mund- und Kieferkrankheiten die Behandlung außer durch Zahnärzte mit Zustimmung des Versicherten auch durch staatlich anerkannte Dentisten gewährt werden konnte. Dem Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde lagen die Ergebnisse von Verhandlungen zwischen Vertretern des Verbandes Deutscher Dentisten e.V. und des Verbandes der Deutschen Zahnärztlichen Berufsvertretungen e.V. zugrunde: Vom sog. „Lager Abkommen“ vom 16. Juni 1946 über die Zusammenlegung der Berufsstände der Zahnärzte und Dentisten finden sich Abschriften bei Runge-Heesen, Das Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde in rechtshistorischer wie systematischer Betrachtung und die sich aus dem Gesetz ergebenden Rechtsprobleme, S. XXI ff. (s. Anlage 2), und bei Mair, Barbara, Die Entwicklung des Standes der Dentisten unter besonderer Berücksichtigung des Dualismus zwischen Zahnärzten und Dentisten bzw. deren Vorläufern, Anhang Nr. 11, S. XXVI-XXX (s. Anlage 5). Das sog. „Bonner Abkommen“ vom 13. November 1948 über die Einigkeit der Berufsstände in der Frage der Beseitigung des Dualismus ist abgedruckt in den Zahnärztlichen Mitteilungen (ZM) 1949, Heft 2, S. 1 Anlage 6. Am 28. Mai 1949 legten die beiden genannten Berufsverbände den Staatsministerien des Innern aller Länder Westdeutschlands und dem Gesundheitsamt der Stadt Berlin den Entwurf eines Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde vor; dieser ist abgedruckt bei Mair, Barbara, Die Entwicklung des Standes der Dentisten unter besonderer Berücksichtigung des Dualismus zwischen Zahnärzten und Dentisten bzw. deren Vorläufern, Anhang Nr. 14, S. XXXVI - XXXVII (s. Anlage 5). Da sich die Landesministerien aufgrund von Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG für unzuständig erklärten, überreichten die Berufsverbände den Gesetzentwurf am 9. Dezember 1949 dem Bundesministerium des Innern, siehe hierzu: Das Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde, in: Zahnärztliche Mitteilungen [ZM] 1951, 479 -483 (darin auch Abdruck des Regierungsentwurfs) Anlage 7. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 049/18 Seite 6 Der auf der Grundlage der genannten Abkommen erarbeitete Regierungsentwurf (BT-Drucks. 1/2573) wurde vom Bundestag nach Überweisung an den Ausschuss für Fragen des Gesundheitswesens (BT-Drucks. 1/3043) gegen eine Enthaltung einstimmig angenommen (Plenarprotokoll Nr. 01/193 vom 14. Februar 1952, S. 8310 [C]). Die vom Vermittlungsausschuss empfohlenen Änderungen (BT-Drucks. 1/3192) nahm der Bundestag am 20. März 1952 an (Plenarprotokoll Nr. 01/200 vom 20. März 1952, S. 8581 [B/C]). Siehe hierzu ferner die Darstellungen bei: Groß, Dominik, Die Entwicklung des Zahnarztberufs (2), Die Lösung der Dentistenfrage, Zahnärztliche Mitteilungen (ZM) 2015, Heft 22, abrufbar im Internet unter: https://www.zm-online.de/archiv/2015/22/gesellschaft/die-loesung-der-dentistenfrage /seite/alle/; Mair, Barbara, Die Entwicklung des Standes der Dentisten unter besonderer Berücksichtigung des Dualismus zwischen Zahnärzten und Dentisten bzw. deren Vorläufern, Dissertation , S. 150 -175. (s. Anlage 5); Runge-Heesen, Das Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde in rechtshistorischer wie systematischer Betrachtung und die sich aus dem Gesetz ergebenden Rechtsprobleme, Dissertation, S. 29-39 (s. Anlage 2 ). 4. Auswirkungen der Gesetzgebung auf die Zahl von Zahnärzten und Dentisten Die Zahl der nichtapprobierten Zahnbehandler war seit dem Inkrafttreten der Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund bzw. für das Deutsche Reich im Verhältnis zur Zahl der Zahnärzte deutlich stärker angestiegen und betrug etwa im Jahr 1937 20.000 gegenüber 16.319 Zahnärzten. Bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde hatten sich die Zahlen dann einander angenähert: 1952 standen 14.595 Dentisten 14.342 Zahnärzten gegenüber . Bis zum Ende des Jahres 1953 gelang es nahezu allen Dentisten, die Bestallung als Zahnarzt zu erhalten. 1958 waren lediglich noch 75 Dentisten tätig; die Zahl der Zahnärzte belief sich demgegenüber auf 31.285. Siehe hierzu die tabellarischen Aufstellungen bei Groß, Dominik, Beiträge zur Geschichte und Ethik der Zahnheilkunde, S. 99, 103, 106 (s. Anlage 3). ***