© 2019 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 043/19 Zur Frage der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Öffentlichen Gesundheitsdienst Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 043/19 Seite 2 Zur Frage der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Öffentlichen Gesundheitsdienst Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 043/19 Abschluss der Arbeit: 31. Juli 2019 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 043/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Gesetzgebungskompetenzen im Gesundheitswesen 5 3. Gesetzgebungskompetenz im Bereich der medizinischen Ausbildung 7 3.1. Ärztliche Heilberufe 7 3.2. Andere Heilberufe 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 043/19 Seite 4 1. Einleitung Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) in Deutschland ist Teil des öffentlichen Gesundheitswesens . Er besteht aus Einrichtungen des öffentlichen Dienstes, die den Gesundheitszustand der Bevölkerung ermitteln, überwachen, vor drohenden Gefahren schützen und fördern.1 Auf Bundesebene steht das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) an der Spitze des ÖGD. Ihm sind eine Reihe von Institutionen wie das Robert Koch-Institut (RKI) oder die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) nachgeordnet. Auf Länderebene sind die obersten Gesundheitsbehörden die für das Gesundheitswesen zuständigen Landesministerien bzw. Senatsverwaltungen sowie die jeweiligen Landesgesundheitsämter. Auf kommunaler Ebene sind die Gesundheitsämter in den Kreisen und kreisfreien Städten Träger des ÖGD. Teilweise wird der Begriff „Öffentlicher Gesundheitsdienst“ auch mit den Gesundheitsämtern gleichgesetzt. 2 Kernaufgaben des ÖGD sind nach einem Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz (GMK): Gesundheitsschutz (Hygiene, Infektionsschutz einschließlich Impfen, umweltbezogener Gesundheitsschutz, Medizinalaufsicht, Ausbruchs- und Krisenmanagement), Beratung und Information, Begutachtung, Gesundheitsförderung und Prävention, niedrigschwellige Angebote und aufsuchende Gesundheitshilfen, insbesondere bei Personen mit besonderen Bedarfen (z.B. Kinder- und Jugendgesundheit, Mund- und Zahngesundheit, sozialmedizinische Aufgaben wie Schwangerenberatung, Sozialpsychiatrie, Suchtberatung), Koordination, Kommunikation, Moderation, Politikberatung, Qualitätssicherung (Gesundheitsberichterstattung , Gesundheitsplanung, Gesundheitskonferenzen, Öffentlichkeitsarbeit etc.).3 Der vorliegende Sachstand beschäftigt sich mit der Gesetzgebungskompetenz des Bundes mit Blick auf den ÖGD und im Bereich der medizinischen Ausbildung. 1 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Öffentlicher Gesundheitsdienst, abrufbar unter: https://www.wegweiser.bzga.de/?uid=fb59217892bc6eeb0912cef11e864e93&id=wwbereiche&sid=5 (dieser sowie alle weiteren Links wurden zuletzt abgerufen am 22. Juli 2019); siehe auch Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, Öffentlicher Gesundheitsdienst, abrufbar unter: https://www.mags.nrw/oeffentlicher-gesundheitsdienst. 2 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Öffentlicher Gesundheitsdienst, abrufbar unter: https://www.wegweiser.bzga.de/?uid=fb59217892bc6eeb0912cef11e864e93&id=wwbereiche&sid=5. 3 Beschluss der 91. GMK 2018, TOP: 10.21 Leitbild für einen modernen Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) - „Der ÖGD: Public Health vor Ort“, abrufbar unter: https://www.gmkonline.de/Beschluesse .html?id=730&jahr=2018&search=%C3%B6gd. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 043/19 Seite 5 2. Gesetzgebungskompetenzen im Gesundheitswesen Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung staatlicher Aufgaben ist nach Art. 30 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG)4 Sache der Länder, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. Nach Art. 70 Abs. 1 GG haben die Länder das Recht der Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. Nach Art. 70 Abs. 2 GG bemisst sich die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern nach den Vorschriften des Grundgesetzes über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung. Im Rahmen der ausschließlichen Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes (Art. 71, 73 GG) haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung nur dann, wenn und soweit sie hierzu in einem Bundesgesetz ausdrücklich ermächtigt werden. Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit (Art. 72, 74 GG) dürfen die Länder nur dann gesetzgeberisch tätig werden, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit keinen Gebrauch gemacht hat. Im Bereich des Gesundheitswesens besteht eine konkurrierende Gesetzkompetenz gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr.19 GG in Bezug auf „Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe , sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel , der Betäubungsmittel und der Gifte“.5 Auf dieser Rechtsgrundlage hat der Bund etwa das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG)6 erlassen. Diese Vorgabe ermächtigt ihn auch zu weiteren gesetzlichen Regelungen zur Vorbeugung wie Impfungen, Vorsorgeuntersuchungen, Meldepflichten oder Führen von Krebsregistern.7 Art. 74 Abs. 1 Nr 19 GG begründet indessen keine umfassende Gesetzgebungskompetenz für den Bund im Bereich Gesundheitswesen.8 Nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 19a GG erstreckt sich das Feld der konkurrierenden Gesetzgebung auch auf die „wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze “. Dies umfasst alle Regelungen, die gewährleisten, dass die Krankenhäuser die für die notwendige Krankenhausversorgung der Bevölkerung erforderlichen finanziellen Mittel erhalten.9 4 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 28. März 2019 (BGBl. I S. 404). 5 Die Thematik der Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen wird näher unter Gliederungspunkt 3 abgehandelt . 6 Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Art. 14b des Gesetzes vom 6 Mai 2019 (BGBl. I S. 646). 7 Steiner in: Spickhoff, Medizinrecht, 3. Auflage 2018, GG Art. 74 Rn. 5. 8 Wittreck in: Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Auflage 2015, Art. 74 Rn. 86. 9 Maunz in: Maunz/Dürig, 86. EL Januar 2019, Grundgesetz-Kommentar, Art. 74 Rn. 221. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 043/19 Seite 6 Art. 74 Abs. 1 Nr. 26 GG ordnet die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation (Entnahme von Körperteilen bei toten und lebenden Spendern zur Übertragung auf andere) von Organen, Geweben und Zellen dem Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung zu. Von der hier eingeräumten Gesetzgebungskompetenz hat der Bund etwa durch Erlass des Gesetzes über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben (Transplantationsgesetz - TPG)10 Gebrauch gemacht. Nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG gehört auch das Gebiet der öffentlichen Fürsorge (ohne das Heimrecht ) in den Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung. Dazu gehören Regelungen, die bei spezifischen Notsituationen Abhilfe schaffen sollen.11 Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat sich in mehreren Entscheidungen mit der Auslegung des Begriffs der „der öffentlichen Fürsorge“ beschäftigt. Danach ist der Begriff nicht eng auszulegen, sondern umfasst „auch präventive Maßnahmen zum Ausgleich von Notlagen und besonderen Belastungen sowie Vorkehrungen gegen die Gefahr der Hilfsbedürftigkeit“12. Beispiele für eine Gesetzgebung des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG sind das Gesetz zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten (Schwangerschaftskonfliktgesetz – SchKG)13, das Gesetz über die Conterganstiftung für behinderte Menschen (Conterganstiftungsgesetz - ContStifG)14 oder das Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Opferentschädigungsgesetz - OEG)15. Doch auch bei weiter Auslegung des Begriffs „öffentliche Fürsorge“ darf Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG nicht im Sinne einer umfassenden Kompetenz des Bundes für die soziale Sicherung der Bevölkerung gedeutet werden – insbesondere nicht im Sinne einer allgemeinen Fürsorgekompetenz auf 10 Transplantationsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. September 2007 (BGBl. I S. 2206), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 22. März 2019 (BGBl. I S. 352). 11 Oeter in: von Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, 7. Auflage 2018, Art. 74 Rn. 62. 12 BVerfG, Urteil vom 28.5.1993 – 2 BvF 2/90, 2 BvF 4/92, 2 BvF 5/92, BVerfGE 88, 203-366, hier 359. Vgl. auch BVerfG, Urteil vom 21.7.2015 – 1 BvF 2/1, BVerfGE 140, 65-99: Zwar sei eine besondere Situation zumindest potentieller Bedürftigkeit geboten, es genüge aber, „wenn eine – sei es auch nur typisierend bezeichnete und nicht notwendig akute – Bedarfslage im Sinne einer mit besonderen Belastungen einhergehenden Lebenssituation bestehe, auf deren Beseitigung oder Minderung das Gesetz ziele“. 13 Schwangerschaftskonfliktgesetz vom 27. Juli 1992 (BGBl. I S. 1398), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 22. März 2019 (BGBl. I S. 350). Vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, Entwurf eines Gesetzes zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt, Drucksache 17/12814 vom 19. März 2013, S. 11: „Zur öffentlichen Fürsorge gehören deshalb auch präventive Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt der Hilfe in einer schwangerschaftsbedingten Notlage.“ 14 Conterganstiftungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Juni 2009 (BGBl. I S. 1537), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 21. Februar 2017 (BGBl. I S. 263). 15 Opferentschädigungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Januar 1985 (BGBl. I S. 1), zuletzt geändert durch Art. 28 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2541). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 043/19 Seite 7 dem Gebiet des Gesundheitswesens. 16 Die Zuständigkeit des Bundes in diesem Bereich wird vielmehr in Art. 74 Abs.1 Nr. 19 und Nr. 19a explizit begrenzt.17 Auch das Bundesverfassungsgericht hat betont, der Bund dürfe gerade im Bereich des Gesundheitswesens seine nur begrenzten Zugriffsmöglichkeiten nicht unter Berufung auf die öffentliche Fürsorge ausweiten.18 Abgesehen von den im Grundgesetz benannten Bereichen der konkurrierenden Gesetzgebung steht also den Ländern die Gesetzgebungskompetenz im Gesundheitswesen zu. 3. Gesetzgebungskompetenz im Bereich der medizinischen Ausbildung Nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG besteht eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz ebenfalls für die Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe. Unter den Begriff der ärztlichen Heilberufe fallen nach der Rechtsprechung des BVerfG die Berufe des Arztes, des Zahnarztes und des Tierarztes.19 Andere Heilberufe i. S. d. Nr. 19 sind solche, die die Heilkunde unmittelbar zum Gegenstand haben. Hierzu gehören insbesondere die sogenannten Heilhilfsberufe , wie Hebammen, Krankenpfleger, Krankengymnasten, Notfallsanitäter, Diätassistenten und auch Heilpraktiker.20 Das BVerfG hat 2002 auch den Beruf des Altenpflegers als anderen Heilberuf im Sinne von Nr. 19 eingestuft und damit eine Kompetenz zum Erlass berufszugangsregelnder Vorschriften bejaht.21 3.1. Ärztliche Heilberufe Die Zulassung i. S. d. Nr. 19 umfasst im Hinblick auf ärztliche Heilberufe Vorschriften, die sich auf Erteilung, Zurücknahme und Verlust der Approbation oder auf die Befugnis zur Ausübung 16 Oeter in: von Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, 7. Auflage 2018, Art. 74 Rn. 66. 17 Burghart in: Leibholz/Rinck, Grundgesetz, 77. Lieferung, Oktober 2018, Art. 74 Rn. 236; ähnlich auch Maunz in: Maunz/Dürig, 86. EL Januar 2019, Grundgesetz-Kommentar, Art. 74 Rn. 118 sowie Merten in: Friauf/Höfling (Hg.), Berliner Kommentar zum Grundgesetz, Erg.Lfg. XII/15, Art. 74 Abs. 1 Nr. 7, Rn. 3 und Sannwald in: Heymanns Kommentar zum Grundgesetz, 14. Auflage, Art. 74, Rn. 87. 18 BVerfG, Urteil vom 28-05-1993 - 2 BvF 2/90, 2 BvF 4/92, 2 BvF 5/92, BVerfGE 88, 203-366; so auch Oeter in: von Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, 7. Auflage 2018, Art. 74 Rn. 66; s. auch Maunz in: Maunz/Dürig, 86. EL Januar 2019, Grundgesetz-Kommentar, Art. 74 Rn. 115. 19 BVerfG, Beschluss vom 9. 5. 1972 - 1 BvR 518/62 u. 308/64 in: NJW 1972, S. 1504 (1505). 20 Oeter in: von Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, 7. Auflage 2018, Art. 74 Rn. 136; Seiler in: BeckOnlineKommentar GG, 41. Ed. 15. Februar 2019, Art, 74 Rn. 71 mit Nennung weiterer Beispiele. 21 BVerfG, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 2 BvF 1/01 in: NJW 2003, S. 41 (43): „Nach dem Sinn und Zweck des Art. 74 I Nr. 19 GG, dem Bund insgesamt die Gesetzgebungskompetenz für die Zulassung zu Heilberufen zu eröffnen , ist die Altenpflege in einer Gesamtbetrachtung den Heilberufen zuzuordnen. Das Berufsbild der Altenpflege hat sich in den fachlichen Anforderungen und den praktischen Voraussetzungen inzwischen so weit denjenigen der Heilberufe angenähert, dass der Gesetzgeber diese Entwicklung mit einfachgesetzlichen Vorgaben weiterführen durfte, indem er dem Berufsbild der Altenpflege einen klaren heilkundlichen Schwerpunkt verleiht . Es wird nicht bezweifelt, dass auch pflegende Berufe, soweit sie im Schwerpunkt eine Ersetzung, Ergänzung oder Unterstützung der ärztlichen Tätigkeit zum Gegenstand haben (wie z.B. die Berufe in der Krankenpflege ), als so genannte Heilhilfsberufe den Heilberufen unterfallen […].“ Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 043/19 Seite 8 des ärztlichen Berufs beziehen.22 So regelt die Bundesärzteordnung (BÄO)23 als Bundesgesetz die Berufszulassung zum Arztberuf. Wer die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, wird nach § 3 BÄO approbiert. Die Approbation stellt damit die Berufszulassung dar und ermächtigt zur Berufsausübung (vgl. §§ 2 und 2a BÄO).24 Nach § 4 Abs. 1 BÄO regelt das Bundesgesundheitsministerium durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates in einer Approbationsordnung für Ärzte die Mindestanforderungen an das Studium der Medizin einschließlich der praktischen Ausbildung in Krankenhäusern und anderen geeigneten Einrichtungen der ärztlichen Krankenversorgung sowie das Nähere über die ärztliche Prüfung und über die Approbation. Die Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO)25 ist also eine Ausbildungs- und Prüfungsverordnung und regelt die näheren Voraussetzungen für die Organisation und den Inhalt des Medizinstudiums in Deutschland. Grundlage sowohl für die BÄO als auch die ÄApprO ist Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG. Mit einer im Jahr 2012 erfolgten Reform der ÄApprO26 ist das öffentliche Gesundheitswesen als Querschnittsbereich der ärztlichen Prüfung mit zu erbringendem Leistungsnachweis in § 27 Abs. 1 und Anlage 2b ÄÄpprO aufgenommen worden. Anlage 3 der ÄApprO führt das öffentliche Gesundheitswesen als in Betracht kommende Wahlfachmöglichkeit auf. Anlage 15 der ÄApprO hält fest, dass die Prüfungsaufgaben auch den Aspekt Öffentliche Gesundheitspflege /Public Health berücksichtigen können. Unabhängig davon bleibt es dem BMG unbenommen , den ÖGD stärker in der ÄApprO zu verankern. Erforderlich dafür ist aber die Zustimmung des Bundesrates. So hat die 89. Gesundheitsministerkonferenz (GMK) den Bund aufgefordert, in der ÄÄpprO das Thema öffentliche Gesundheit verpflichtend zu verankern.27 Die Regelung der ärztlichen Weiterbildung nach Erteilung der Approbation und damit die gesamte Regelung des Facharztwesens gehört dagegen in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder, da dies der Berufsausübung zugeordnet wird.28 Die Weiterbildung zum Facharzt kann auch auf dem Gebiet des öffentlichen Gesundheitswesens absolviert werden. Die (Muster-)Weiterbildungsordnung 2018 der Bundesärztekammer sieht dafür eine 60-monatige Tätigkeit, darunter 24 Monate in 22 BVerfG, Beschluss vom 28. 5. 1957 - 2 BvO 5/56 in: NJW 1957, S. 1145; BVerfG, Beschluss vom 17. März 1964 - 2 BvO 1/60, BeckRS 1964, 103874. 23 Bundesärzteordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. April 1987 (BGBl. I S. 1218), zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3191). 24 Haage, Heinz, Ärzteapprobationsordnung, 3. Online-Auflage 2016, Einleitung, Rn. 1. 25 Approbationsordnung für Ärzte vom 27. Juni 2002 (BGBl. I S. 2405), zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 3191). 26 Buzer, Änderungen an der Approbationsordnung für Ärzte, abrufbar unter: https://www.buzer.de/gesetz /4576/l.htm bzw. Synopse aller Änderungen der Approbationsordnung für Ärzte am 24. Juli 2012, abrufbar unter: https://www.buzer.de/gesetz/4576/v176982-2012-07-24.htm. 27 Beschluss der 89. GMK (2016), TOP 4.1 Perspektiven zur Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Perspektive Wissenschaft, abrufbar unter: https://www.gmkonline.de/Beschluesse.html?id=416&jahr=2016. 28 Maunz in: Maunz/Dürig, 86. EL Januar 2019, Grundgesetz-Kommentar, Art. 74 Rn. 215 und Kern/Rehborn in: Laufs/Kern/Rehborn, Handbuch des Arztrechts, 5. Auflage 2019, § 12, Rn. 3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 043/19 Seite 9 einer Einrichtung des öffentlichen Gesundheitswesens, vor.29 Die Zulassung zum Medizinstudium selbst ist schwerpunktmäßig Hochschulrecht und unterfällt damit nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 33 GG auch der konkurrierenden Gesetzgebung.30 3.2. Andere Heilberufe Auch die Regelung der schulischen Voraussetzungen für den Zugang zur Ausbildung der anderen Heilberufe in Form von Mindeststandards sind von Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG abgedeckt. Hierzu werden u. a. Vorschriften über den Inhalt und die Dauer der Ausbildung, das Verhältnis von berufspraktischer und schulischer Ausbildung und die schulischen Voraussetzungen für den Zugang gezählt.31 Z. B. haben im Herbst vergangenen Jahres das BMG und das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) im Einvernehmen mit weiteren Bundesministerien und mit Zustimmung des Bundesrates auf Grundlage des § 56 Abs. 1 des Gesetzes über die Pflegeberufe (Pflegeberufegesetz - PflBG)32, das im Jahr 2017 beschlossen wurde33, die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe (Pflegeberufe-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung – PflAPrV)34 erlassen. Diese Verordnung regelt Einzelheiten zur Ausbildungsstruktur , den Ausbildungsinhalten, den Prüfungen und der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse . In mehreren Anlagen werden konkrete Kompetenzen für die verschiedenen Prüfungen aufgeführt. Die Verordnung regelt in den §§ 50 ff., dass eine Fachkommission Rahmenlehrund Rahmenausbildungspläne erarbeitet, die konkrete Vorschläge für die inhaltliche Ausgestaltung der beruflichen Pflegeausbildungen enthalten soll. Die Rahmenpläne haben empfehlenden Charakter (§ 51 Abs. 3 PflAPrV) und werden den Pflegeschulen und den Trägern der praktischen Ausbildung zur Vorbereitung der Lehr- bzw. Ausbildungspläne kostenfrei zur Verfügung gestellt. *** 29 Bundesärztekammer, (Muster-)Weiterbildungsordnung 2018, S. 227, abrufbar unter: https://www.bundesaerztekammer .de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/Weiterbildung/MWBO-2018.pdf. 30 Degenhart in: Sachs, Grundgesetz, 8. Auflage 2018, Art. 74 Rn. 86. 31 Rengeling in: Handbuch des Staatsrechts, Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Bd. VI 2008, § 135 Gesetzgebungszuständigkeit , Rn. 265. 32 BGBl I. S. 2581. 33 Start der neuen Pflegeausbildung ist Anfang 2020. 34 BGBl. I S. 1572.