WD 9 - 3000 – 042/21 (20. April 2021) © 2021 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsi chtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Aufgrund der schweren und oftmals tödlichen Krankheitsverläufe älterer Menschen wurde auf den Schutz von Bewohnerinnen und Bewohnern in Alten- und Pflegeheimen bei der Etablierung von Corona-Schutzmaßnahmen besonderes Augenmerk gelegt. Ein Teilaspekt hierbei war die Etablierung von Besuchs- und Zugangsbeschränkungen, um eine Ausbreitung des Virus in Pflegeeinrichtungen möglichst zu verhindern. Die Zutrittsbeschränkungen wurden von den Leitungen der Pflegeheime nicht nur gegenüber Angehörigen, sondern teilweise auch gegenüber medizinischen und pflegerischen Dienstleistenden durchgesetzt.1 Die Zulässigkeit solcher Zutrittsbeschränkungen gegenüber diesen Dienstleistenden wird im Folgenden beleuchtet. 1. Rechtliche Regelungen § 28a des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG)2 sieht diverse Schutzmaßnahmen vor, darunter in § 28a Absatz 1 Nummer 15 IfSG auch die Untersagung oder Beschränkung des Betretens oder des Besuchs von Einrichtungen des Gesundheits- oder Sozialwesens. Hierzu zählen, wie Absatz 2 Satz 1 beispielhaft aufführt, auch Alten- und Pflegeheime, Einrichtungen der Behindertenhilfe, Entbindungseinrichtungen und Krankenhäuser. Regelungsgehalt ist dabei der Zugang zu diesen Einrichtungen für Außenstehende, zu denen auch medizinische und pflegende Dienstleistende zählen. 1 Vgl. NDR, Corona: Viele Heime lassen keine Therapeuten mehr ins Haus, Beitrag vom 7. Mai 2020, abrufbar unter: https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Corona-Viele-Heime-lassen-keine-Therapeuten-ins- Haus,corona2794.html. 2 Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 29. März 2021 (BGBl. I S. 370). Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Zutrittsbeschränkungen für medizinische und pflegende Dienstleistende in Alten- und Pflegeheimen Kurzinformation Dienstleistende in Alten- und Pflegeheimen Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Ziel der Zugangsbeschränkungen ist, die Bewohnerinnen und Bewohner in Alten- und Pflegeheimen sowie das Pflegepersonal vor einer Infektion zu schützen.3 Die Anordnung einer solchen Besuchsbeschränkung ist nach §28a Absatz 2 IfSG daher nur zulässig, soweit auch bei Berücksichtigung aller bisher getroffenen anderen Schutzmaßnahmen eine wirksame Eindämmung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) erheblich gefährdet wäre. Nach § 28a Absatz 5 IfSG können diese Schutzmaßnahmen durch Rechtsverordnungen oder Allgemeinverfügungen erfolgen, wobei erstere zu begründen und befristen sind. Alle Bundesländer haben entsprechende Maßnahmen über ihre landesspezifischen Coronaschutz-Verordnungen eingeführt und auch Regelungen zu Besuchs- und Zugangsbeschränkungen in Pflegeeinrichtungen verankert . 4 Dabei sind Ausnahmeregelungen geschaffen worden, die den Zugang für medizinische und pflegende Dienstleistende eröffnen. Da diese Regelungen nicht in allen Ländern einheitlich sind, ist im Einzelfall zu prüfen, für wen jeweils Ausnahmen vorgesehen sind. 2. Hausrecht der Alten- und Pflegeheime Die Pflegeeinrichtungen sind bei der Ausgestaltung ihrer hausinternen Schutzmaßnahmen, also auch der Zutrittsrechte, an diese rechtlichen Regelungen gebunden. Maßnahmen, die dem Schutz vor einer Ausbreitung des Corona-Virus dienen sollen, müssen deshalb im Einklang mit der jeweils gültigen Corona-Rechtverordnung stehen. Maßnahmen, die unter Verweis auf das Hausrecht durchgeführt werden, bleiben davon unberührt. Das Hausrecht der Träger von Pflege- und Altenheimen darf allerdings nicht schrankenlos ausgeübt werden.5 Zutrittsverbote dürfen vielmehr nur in Ausnahmefällen und nach sorgfältiger Güter- und Interessenabwägung ausgesprochen werden. 6 Zudem steht den Heimbewohnerinnen und –Bewohnern nach Artikel 13 Grundgesetz auch ein eigenes Hausrecht zu.7 *** 3 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss), Bundestags -Drucksache 19/24334 vom 16. November 2020, S. 73. 4 Siehe hierzu: Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Der Besuch von Einrichtungen des Gesundheits - oder Sozialwesens in der Corona-Pandemie. Bundesbeschlüsse und landesrechtliche Regelungen (Stand: 22. März 2021), WD 9 – 3000 – 024/21, Ausarbeitung vom 23. März 2021; vgl. für regelmäßige Aktualisierungen : BIVA, Besuchseinschränkungen in Alten- und Pflegeheimen wegen Corona, abrufbar unter: https://www.biva.de/besuchseinschraenkungen-in-alten-und-pflegeheimen-wegen-corona/. 5 Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 28. Februar 1991 – 5 U 279/90 – , juris. Zum Problem des Hausrechts als Eingriffsgrundlage in Grundrechte: F. Hufen, Zur verfassungsrechtlichen Beurteilung von Besuchs - und Ausgangsbeschränkungen in Alten- und Pflegeheimen aus Anlass der COVID-19-Pandemie – Rechtsgutachten , 2020, S.34ff., abrufbar unter: https://www.bagso.de/publikationen/stellungnahme/rechtsgutachten-besuchein -pflegheimen/. 6 Landgericht Münster, Beschluss vom 12. Dezember 2013 – 5 T 610/13 –, juris. Zu den Anforderungen an die gerichtliche Entscheidung: S. Glaab/A. Schwedler, Besuchseinschränkungen in Pflegeheimen zur Bekämpfung des Coronavirus, in: NJW 2020, S. 1702 (1703). 7 M. Draso, Heimunterbringung und „Betreutes Wohnen“. Entwicklungslinien unter dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz seit Mitte 2015, in: Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht 2017, S. 577 (578).