WD 9 - 3000 – 042/17 (27. September 2017) © 2017 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Unter den Begriff der Langzeitpflege fallen sämtliche Pflegemaßnahmen, die über einen längeren Zeitraum oder auf Dauer erbracht werden. Eine konkrete gesetzliche Definition, wie lange die Pflegebedürftigkeit vorliegen muss, damit die erbrachten Pflegemaßnahmen als Langzeitpflege gelten, existiert nicht. Allerdings muss nach § 14 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (Sozialgesetzbuch XI – SGB XI1) eine Pflegebedürftigkeit entweder auf Dauer oder für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten vorliegen, um Leistungen aus der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen zu können. Die Art und die Höhe der Leistungen aus der Pflegeversicherung richten sich nach dem Grad der Pflegebedürftigkeit. Die Einstufung der Pflegebedürftigkeit erfolgt gemäß § 15 SGB XI mit Hilfe eines Punktesystems in die Pflegegrade 1 bis 52. Grundsätzlich werden die Leistungen der Pflegeversicherung für Pflegebedürftige in den Pflegegraden 2 bis 5 gewährt. Jedoch haben auch Pflegebedürftige mit dem Pflegegrad 1 Anspruch auf bestimmte Leistungen der Pflegeversicherung; diese dienen hauptsächlich der Erhaltung und Wiederherstellung der Selbstständigkeit und der Vermeidung schwererer Pflegebedürftigkeit. Hierzu zählen unter anderem ein Anspruch auf Pflegeberatung und die Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, aber auch Zuschüsse für Maßnahmen zur 1 Das Elfte Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014, 1015), zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2757). Der Gesetzestext ist im Internet abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_11/. 2 Die Einstufung in die Pflegegrade 1 bis 5 erfolgt seit dem 1. Januar 2017. Vor diesem Zeitpunkt erfolgte die Einstufung in die Pflegestufen 1 bis 3; Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz wurden der sog. Pflegestufe 0 zugeordnet. Mit der Reform des Pflegebedürftigkeitsbegriffs sollte der Personenkreis der anspruchsberechtigten Pflegebedürftigen ausgedehnt und bis zu 500.000 Personen erstmals Zugang zu Leistungen der Pflegeversicherung verschafft werden – vor allem Menschen, die aufgrund von Demenzerkrankungen zwar Betreuungsbedarf hatten, deren körperliche Einschränkungen jedoch keine Pflegestufe begründeten. Um auch ihnen Anspruch auf Pflegeleistungen zu verschaffen, berücksichtigt der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff auch eingeschränkte kognitive und kommunikative Fähigkeiten, psychische Probleme und andere Schwierigkeiten bei der Gestaltung des Alltagslebens. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Langzeitpflege Kurzinformation Langzeitpflege Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familien, Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Verbesserung des individuellen oder gemeinsamen Wohnumfeldes sowie Pflegekurse für Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen. Pflegebedürftige in den Pflegegraden 2 bis 5 haben außerdem Anspruch auf weitere Leistungen wie Pflegegeld oder ambulante und/oder stationäre Pflege. Je höher der festgestellte Pflegegrad ist, umso höher ist der Betrag, der für die Inanspruchnahme bestimmter Pflegeleistungen gewährt oder als Pflegegeld an den Pflegebedürftigen ausgezahlt wird. Die Höhe der Leistung ist außerdem abhängig davon, ob die Pflege in häuslicher Umgebung oder in professionellen Pflegeeinrichtungen (institutioneller Pflege) stattfindet. Die Pflegeversicherung soll dabei nach § 3 SGB XI mit ihren Leistungen vorrangig die häusliche Pflege und die Pflegebereitschaft von Angehörigen und Nachbarn unterstützen, damit Pflegebedürftige möglichst lange in ihrer häuslichen Umgebung bleiben können. Erfolgt die Pflege in häuslicher Umgebung, kann diese entweder ausschließlich durch Angehörige und/oder durch ambulante Pflegedienste erbracht werden. Bei der Pflege in professionellen Pflegeeinrichtungen wird zwischen teilstationärer und vollstationärer Pflege unterschieden. Die teilstationäre Pflege erfolgt in Einrichtungen der Tages- oder Nachtpflege, wenn die häusliche Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt werden kann oder diese dadurch ergänzt oder gestärkt werden muss (§ 41 SGB XI). Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 haben Anspruch auf vollstationäre Pflege; diese kann entweder dauerhaft erfolgen oder im Rahmen der sog. Kurzzeitpflege3 als kurzzeitiger Ersatz häuslicher Pflege erfolgen. Leistungen im Rahmen der häuslichen Pflege gehen ebenso wie Leistungen der teilstationären Pflege und der Kurzzeitpflege den Leistungen der vollstationären Pflege grundsätzlich vor. Zum Stichtag 15. Dezember 2015 gab es insgesamt 2,9 Millionen Pflegebedürftige in Deutschland. Nach der im Zweijahresrhythmus vom Statistischen Bundesamt erstellten Statistik wurden circa 2,08 Millionen Pflegebedürftige und damit 73 Prozent der insgesamt pflegebedürftigen Personen in häuslicher Umgebung gepflegt. In der Mehrzahl dieser Fälle erfolgte die häusliche Pflege ohne Einbeziehung professioneller Pflegeeinrichtungen bzw. Pflegekräfte. So wurden 1,38 Millionen Pflegebedürftige ausschließlich von Angehörigen gepflegt. Die übrigen 692.000 Pflegebedürftigen, die in häuslicher Umgebung gepflegt wurden, wurden von ihren Angehörigen in Zusammenarbeit mit einem der insgesamt 13.300 ambulanten Pflegedienste versorgt. Die verbleibenden 27 Prozent der Pflegebedürftigen und damit 783.000 Personen wurden vollstationär in einem der insgesamt 13.600 bestehenden Pflegeheimen versorgt.4 3 Im Gegensatz zur Langzeitpflege ist der Begriff der Kurzzeitpflege explizit gesetzlich in § 42 SGB XI geregelt. So besteht unter bestimmten Voraussetzungen für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 ein Anspruch auf vollstationäre Pflege, wenn die häusliche Pflege zeitweise nicht, noch nicht oder nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden kann und auch teilstationäre Pflege nicht ausreicht (§ 42 SGB XI). Dieser ist auf acht Wochen pro Kalenderjahr beschränkt. 4 Die Daten sind aus der Pflegestatistik 2015 – Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung Deutschlandergebnisse des Statistischen Bundesamtes entnommen. Der 2017 veröffentlichten Publikation können weitere Informationen zur Situation in den ambulanten Pflegediensten und in den Pflegeheimen im Jahr 2015 entnommen werden . Sie ist im Internet abrufbar unter https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Gesundheit /Pflege/PflegeDeutschlandergebnisse5224001159004.pdf?__blob=publicationFile. Kurzinformation Langzeitpflege Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familien, Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 3 Insgesamt bezogen im Jahr 2016 rund 2,75 Millionen Pflegebedürftige Leistungen aus der Pflegeversicherung . Bis Ende Juni 2017 stieg diese Zahl um circa 350.000 an, so dass zu diesem Zeitpunkt insgesamt rund 3,1 Millionen Personen Leistungen aus der Pflegeversicherung bezogen. Dieser deutliche Anstieg innerhalb von sechs Monaten ist maßgeblich darauf zurückzuführen, dass durch die Änderung des Pflegebedürftigkeitsbegriff zum 1. Januar 2017 nunmehr auch Personen leistungsberechtigt wurden, deren Grad der Pflegebedürftigkeit nach der zuvor geltenden Definition keinen Leistungsanspruch begründete. Die Anzahl der Personen im erwerbsfähigen Alter (20- bis 64-Jährige) lag im Jahr 2013 bei 49 Millionen. ***