© 2021 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 034/21 Einfluss staatlicher Preisregulierung auf den Konsum zuckerhaltiger Getränke Aktuelle Studien Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 034/21 Seite 2 Einfluss staatlicher Preisregulierung auf den Konsum zuckerhaltiger Getränke Aktuelle Studien Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 034/21 Abschluss der Arbeit: 7. Juni 2021 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 034/21 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkungen 4 2. Gesundheitsbezogene Lebensmittelsteuern (insbesondere Zuckersteuer) 4 2.1. Barbados 5 2.2. Chile 5 2.3. Mexiko 6 2.4. Portugal 7 2.5. Südafrika 7 2.6. Spanien 8 2.7. Vereinigtes Königreich 8 2.8. Berkeley (USA) 9 2.9. Philadelphia 9 3. Alkopopsteuer 10 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 034/21 Seite 4 1. Vorbemerkungen Diese Arbeit gibt auftragsgemäß einen Überblick über ausgewählte Studien, welche den Einfluss staatlicher Preisregulierung auf das Konsumverhalten untersuchen. Die hier dargestellten Studien beschränken sich im Wesentlichen auf die Preisregulierung durch Steuern auf zuckerhaltige Getränke und sogenannte Alkopops. 2. Gesundheitsbezogene Lebensmittelsteuern (insbesondere Zuckersteuer) Eine Arbeit der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages aus dem Jahr 2018 beschreibt die Ausgestaltung der sogenannten Zuckersteuer und ihre Auswirkungen auf das Kaufverhalten in mehreren europäischen und außereuropäischen Ländern.1 Die Informationsgrundlage dafür bietet im Wesentlichen das NOURISHING-Framework und die dazugehörige NOU- RISHING-Datenbank des World Cancer Research Fund International von Oktober 2017. Darin werden Staaten mit einer „health-related food tax“ (gesundheitsbezogene Lebensmittelsteuer) aufgelistet und deren Ausgestaltung beschrieben. Zudem wird auf vorhandene Evaluierungen hingewiesen: Wissenschaftliche Dienste im Deutschen Bundestag, Ausgestaltung einer Zuckersteuer in ausgewählten Ländern und ihre Auswirkungen auf Kaufverhalten, Preise und Reformulierung, Dokumentation vom 8. Mai 2018, WD 5 – 3000 – 064/18. Die NOURISHING-Datenbank wird regelmäßig aktualisiert. Neben der Auflistung der „health-related food taxes“ bietet sie einen Überblick über weitere staatliche Maßnahmen aus aller Welt zur Förderung gesunder Ernährung und zur Reduzierung von Fettleibigkeit, darunter „voluntary health-related food taxes“ (freiwillige gesundheitsbezogene Lebensmittelsteuer), „increasing import tariffs on specified ‚unhealthy‘ food“ (Erhöhung der Importzölle auf bestimmte "ungesunde" Lebensmittel), „lowering import tariffs on specified ‚healthy‘ food“ (Senkung der Importzölle auf bestimmte "gesunde" Lebensmittel) und „targeted subsidies for healthy food“ (gezielte Subventionen für gesunde Lebensmittel): World Cancer Research Fund International, NOURISHING and MOVING policy databases, Use economic tools to address food affordability and purchase incentives, online abrufbar unter: https://policydatabase.wcrf.org/level_one?page=nourishing-level-one#step2=2. Im Folgenden werden, auf Grundlage der NOURISHING-Datenbank, die Länder dargestellt, zu denen nach Abschluss der Arbeit der Wissenschaftlichen Dienste vom 8. Mai 2018 weitere Stu- 1 Siehe dazu auch eine weitere Arbeit der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Maßnahmen ausgewählter Länder gegen steigenden Zuckerkonsum, WD 5 - 3000 - 060/19, Ausarbeitung vom 1. August 2019; ebenso Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Studien zu gesundheitlichen Auswirkungen einer Zuckersteuer, WD 9 – 3000 – 028/18, Dokumentation vom 28. Mai 2018; Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Steigender Zuckerkonsum, Zahlen, Positionen und Steuerungsmaßnahmen, WD 9 - 3000 - 053/16, Sachstand vom 12. Oktober 2016; Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Besteuerung ungesunder Lebensmittel in ausgewählten Ländern (Zucker-, Fett-, Salz- bzw. Kaloriensteuer), WD 4 - 3000 - 219/14, Sachstand vom 17. Dezember 2014; Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 034/21 Seite 5 dien veröffentlicht wurden, die den Einfluss staatlicher Preisregulierung auf das Konsumverhalten untersuchen. Dieser Teil der Arbeit ist insofern als Ergänzung der früheren Arbeit der Wissenschaftlichen Dienste zu sehen. 2.1. Barbados Die Regierung von Barbados führte 2015 eine 10-prozentige Ad-Valorem-Steuer (Wertsteuer) auf zuckergesüßte Getränke (sugar-sweetened beverages = SSBs) ein. In einem Beitrag vom 30. Januar 2019 wird untersucht, ob und in welchem Ausmaß sich der Verkauf von SSBs nach der Einführung der SSB-Steuer in Barbados verändert hat. Die Studie zeigt, dass die SSB-Steuer in Barbados mit einem Rückgang der Verkäufe von SSBs verbunden war. Zudem deutet das Ergebnis einer explorativen Analyse darauf hin, dass ein „Brand-Down-Switching“ zu einem Anstieg der Verkäufe von billigeren SSBs geführt haben könnte: Alvarado, Miriam et al., Assessing the impact of the Barbados sugar-sweetened beverage tax on beverage sales: an observational study, International Journal of Behavioral Nutrition and Physical Activity volume 16, Article number 13 (2019), online abrufbar unter: https://doi.org/10.1186/s12966-019-0776-7. 2.2. Chile Am 1. Oktober 2014 und mit Wirkung zum 15. Januar 2015 erhöhte die chilenische Regierung den Steuersatz für Industriegetränke mit hohem Zuckergehalt (H-SSBs) von 13 Prozent auf 18 Prozent und senkte den Steuersatz für Industriegetränke mit niedrigem oder keinem Zuckergehalt (L-SSBs) von 13 Prozent auf 10 Prozent. Eine am 3. Juli 2018 veröffentlichte Studie untersucht die Veränderungen des Kaufverhaltens nach Umsetzung der Steuerreform. Im Ergebnis waren die Änderungen des Kaufverhaltens ebenso gering wie die Änderung der Steuer selbst. Die Ergebnisse stimmen mit früheren Erkenntnissen überein, die darauf hindeuten, dass kleine Erhöhungen der SSB-Steuer wahrscheinlich keine ausreichenden Veränderungen beim SSB-Kauf bewirken , um Fettleibigkeit und nichtübertragbare Krankheiten zu reduzieren. Haushalte mit hohem Sozialstatus verzeichneten nach der Steuer einen stärkeren Rückgang der Käufe von H-SSBs als Haushalte mit niedrigem Sozialstatus: Caro, Juan Carlos et al., Chile’s 2014 sugar-sweetened beverage tax and changes in prices and purchases of sugar-sweetened beverages: An observational study in an urban environment, PLOS Medicine 15(7): e1002597, online abrufbar unter: https://doi.org/10.1371/journal .pmed.1002597. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine ebenfalls am 3. Juli 2018 veröffentlichte Studie von Nakamura, Ryotaet al., Evaluating the 2014 sugar-sweetened beverage tax in Chile: An observational study in urban areas, PLOS Medicine 15(7): e1002596, online abrufbar unter: https://doi.org/10.1371/journal.pmed.1002596. Siehe auch die am 15. November 2018 veröffentlichte Studie von Essman, Michael et al., Sugar- Sweetened Beverage Intake among Chilean Preschoolers and Adolescents in 2016: A Cross-Sectional Analysis, Nutrients 2018, 10, no. 11: 1767, online abrufbar unter: https://doi.org/10.3390/nu10111767. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 034/21 Seite 6 In einem am 15. Januar 2020 veröffentlichten Beitrag werden auf Grundlage der chilenischen Haushaltsbudgeterhebung von 2016 bis 2017 die Veränderungen des Kaufverhaltens, der Steuerlast und der Verbraucherwohlfahrt anhand von drei verschiedenen politischen Szenarien simuliert : (1) Eine zusätzliche Steuer von 5 Prozentpunkten auf SSBs und eine neue 18-prozentige Steuer auf Süßigkeiten und Snacks, (2) eine gesundheitsfördernde Subvention durch eine Nullbesteuerung von Obst und Gemüse anstelle der 19-prozentigen Mehrwertsteuer und (3) eine Kombination aus Steuer und Subvention: Caro, Juan Carlos et al., Combined fiscal policies to promote healthier diets: Effects on purchases and consumer welfare, PLOS ONE, 15(1): e0226731, online abrufbar unter: https://doi.org/10.1371/journal.pone.0226731. 2.3. Mexiko Seit dem 1. Januar 2014 wird in Mexiko auf zuckerhaltige Getränke eine Verbrauchssteuer von einem Peso (ca. 0,04 Euro) pro Liter erhoben.2 Die Ergebnisse einer am 6. Mai 2020 veröffentlichten Studie deuten darauf hin, dass die Steuer drei Jahre nach ihrer Einführung dazu beigetragen hat, den Anteil der Personen, die keine Softdrinks konsumieren, zu erhöhen, während der Anteil der „hohen und mittleren Konsumenten“ gesunken ist. Drei Jahre nach Einführung der Steuer stieg die Wahrscheinlichkeit, ein Nicht-Konsument von Erfrischungsgetränken zu sein, um 4,7 Prozentpunkte und die Wahrscheinlichkeit, ein geringer Konsument zu sein, um 8,3 Prozentpunkte im Vergleich zum Zeitraum vor der Steuer. Umgekehrt sank die Wahrscheinlichkeit, sich im mittleren Bereich des Softdrinkkonsums zu befinden um 6,8 Prozentpunkte und die Wahrscheinlichkeit, sich im hohen Bereich des Softdrinkkonsums zu befinden um 6,1 Prozentpunkte: Sánchez-Romero, Luz María et al., Association between tax on sugar sweetened beverages and soft drink consumption in adults in Mexico: open cohort longitudinal analysis of Health Workers Cohort Study BMJ 2020; 369:m1311, online abrufbar unter: https://www.bmj.com/content /369/bmj.m1311. Eine am 14. Dezember 2018 veröffentlichte Studie, welche ebenfalls die mit der SSB-Steuer verbundenen Veränderungen des Getränkekonsums untersucht, kam zu dem Ergebnis, dass Haushalte mit hohem Verbrauch von zuckerhaltigen Getränken ihre Einkäufe von unversteuerten (also ungesüßten) Getränken nach Einführung der Steuer im Durchschnitt um 12 Prozent erhöhten: Ng, Shu Wen et al., Did high sugar-sweetened beverage purchasers respond differently to the excise tax on sugar-sweetened beverages in Mexico? Public Health Nutrition, Volume 22, Issue 4, S. 750-756, online abrufbar unter: https://www.cambridge.org/core/journals/public-healthnutrition /article/did-high-sugarsweetened-beverage-purchasers-respond-differently-to-the-excisetax -on-sugarsweetened-beverages-in-mexico/37DBC66A6F1E19F74942888814EB1EA3#. 2 Eine Ad-Valorem-Verbrauchssteuer von 8 Prozent gilt zudem für Lebensmittel mit hoher Kaloriendichte. Seit dem 1. Januar 2011 gilt bereits eine 25-prozentige Steuer auf Energiedrinks. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 034/21 Seite 7 Eine am 22. August 2018 veröffentlichte Studie untersucht die potenzielle Signalwirkung, die von der Steuer auf zuckerhaltige Getränke ausgeht. In städtischen Gebieten tranken Erwachsene, die über die Steuer informiert waren, eine signifikant geringere Menge an besteuertem SSBs als diejenigen, die darüber nicht informiert waren: Álvarez-Sánchez, Cristina et al., Does the Mexican sugar-sweetened beverage tax have a signaling effect? ENSANUT 2016, PLOS ONE 2018, 13(8):e0199337, online abrufbar unter: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6104929/. Neben der Verbrauchssteuer für zuckerhaltige Getränke gilt in Mexiko eine Wertsteuer von 8 Prozent für Lebensmittel mit hoher Kaloriendichte. Eine am 1. Oktober 2018 veröffentlichte Studie untersucht den Rückgang der Käufe von energiereichen, nährstoffarmen Lebensmitteln im Zusammenhang mit der Einführung dieser Steuer im Jahr 2014. Die Ergebnisse zeigen eine Reduktion der Käufe von besteuerten Lebensmitteln von 5,4 g pro Woche und pro Kopf, was einer relativen Reduktion von 5,3 Prozent entspricht. Die größten relativen Reduzierungen gab es in städtischen Gebieten (6,9 Prozent), bei Haushalten mit Kindern (7,0 Prozent), bei Haushalten mit mittlerem Bildungsniveau (9,9 Prozent) und in der südlichen Region (14,8 Prozent). In ländlichen Gebieten wurde keine signifikante Reduktion festgestellt: Hernández-F, Mauricio et al., Reduction in purchases of energy-dense nutrient-poor foods in Mexico associated with the introduction of a tax in 2014, Preventive Medicine Volume 118, January 2019, S. 16-22, online abrufbar unter: https://www.sciencedirect.com/science/article /abs/pii/S0091743518302974. 2.4. Portugal In Portugal gilt seit dem 1. Februar 2017 eine Steuer auf zuckerhaltige Getränke. Um die Auswirkungen dieser Steuer zu evaluieren, hat die portugiesische Regierung eine interministerielle Arbeitsgruppe eingesetzt, welche insbesondere die Veränderungen im Konsumverhalten untersuchen sollte. Der durch die Einführung der Steuer angeregte Reformulierungsprozess hat dazu geführt , dass die durchschnittliche Kalorienzahl pro 100 ml konsumierter Erfrischungsgetränke in Portugal im ersten Jahr der Umsetzung der Steuer um rund elf Prozent gesunken ist. Der Gesamtumsatz von zuckerhaltigen Getränken sank um sieben Prozent. Siehe den Bericht der Arbeitsgruppe vom 30. Juni 2018 (auf Portugiesisch): Baptista, S. et al., Impacto do Imposto Especial sobre o Consumo de Bebidas Açucaradas e Adicionadas de Edulcorantes: Relatório do Grupo de Trabalho (Despacho N.º 2774/2018), online abrufbar unter: https://repositorio-aberto.up.pt/handle/10216/118046. Den Bericht erläuternd: Goiana-Da-Silva, Francisco et al., The future of the sweetened beverages tax in Portugal, The Lancet Public Health, 1. Dezember 2018, Band 3, Ausgabe 12, e562-e562, online abrufbar unter: https://www.thelancet.com/journals/lanpub/article/PIIS2468- 2667(18)30240-8/fulltext. 2.5. Südafrika Seit dem 1. April 2018 erhebt Südafrika eine SSB-Steuer. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 034/21 Seite 8 Eine im April 2021 veröffentlichte Studie untersucht die Veränderungen beim Kauf von Getränken vor und nach der Ankündigung und Umsetzung der Steuer. Der Studie zufolge sank der durchschnittliche Zuckerkonsum aus steuerpflichtigen Getränkekäufen von 16,25 g pro Kopf und pro Tag in der Zeit vor der Ankündigung der Steuer auf 14,26 g pro Kopf und pro Tag in der Zeit nach der Ankündigung und dann auf 10,63 g pro Kopf und pro Tag im Jahr nach der Implementierung der Steuer: Stacey, Nicholas et al., Changes in beverage purchases following the announcement and implementation of South Africa's Health Promotion Levy: an observational study, The Lancet Planetary Health, Band 5, Ausgabe 4, S. e200-208, online abrufbar unter: https://www.thelancet .com/journals/lanplh/article/PIIS2542-5196(20)30304-1/fulltext. 2.6. Spanien Seit dem 1. Mai 2017 erhebt die Region Katalonien in Spanien eine Steuer auf zuckerhaltige Getränke . Eine am 21. November 2019 veröffentlichte Studie untersucht die Auswirkungen dieser Steuer auf den Konsum von zuckergesüßten Getränken von 1929 Personen im Alter von 12 bis 40 Jahren, die in einkommensschwachen Vierteln von Barcelona (Interventionsgruppe) und Madrid (Kontrollgruppe) wohnen. Die Prävalenz der regelmäßigen Konsumenten von besteuerten Getränken in Barcelona ging im Vergleich zu Madrid um 39 Prozent zurück. Als Hauptgrund für die Reduzierung des Konsums von zuckergesüßten Getränken nannten mehr als zwei Drittel der Befragten den Preisanstieg, gefolgt von einem gestiegenen Bewusstsein für die gesundheitlichen Auswirkungen : Royo-Bordonada, Miguel Ángel et al., Impact of an excise tax on the consumption of sugarsweetened beverages in young people living in poorer neighbourhoods of Catalonia, Spain: a difference in differences study, BMC Public Health 2019, 19:1553, online abrufbar unter: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6873539/. 2.7. Vereinigtes Königreich Seit dem 6. April 2018 wird im Vereinigten Königreich auf zuckerhaltige Getränke eine Abgabe erhoben. Eine am 10. März 2021 veröffentlichte Studie untersucht die daraus folgenden Veränderungen des Kaufverhaltens. Ein Jahr nach Einführung der Zucker-Abgabe sank der Zuckeranteil in Erfrischungsgetränken um etwa 30 g (9,8 Prozent) pro Haushalt und Woche, was drei Teelöffeln entspricht . Die Menge der gekauften Erfrischungsgetränke insgesamt änderte sich hingegen nicht. Danach komme die Abgabe der öffentlichen Gesundheit zugute, ohne der Softdrink-Industrie zu schaden: Pell, David et al., Changes in soft drinks purchased by British households associated with the UK soft drinks industry levy: controlled interrupted time series analysis, BMJ 2021, 372:n254, online abrufbar unter: https://www.bmj.com/content/372/bmj.n254. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 034/21 Seite 9 2.8. Berkeley (USA) Im März 2015 ist in Berkeley ein Gesetz zur Besteuerung zuckerhaltiger Getränke in Kraft getreten . Eine am 13. März 2019 veröffentlichte Studie untersucht die Veränderungen im Konsum von zuckergesüßten Getränken und Wasser drei Jahre nach Einführung der SSB-Steuer im Vergleich zu Städten ohne SSB-Steuer (San Francisco). Zu Beginn der Studie wurden in Berkeley SSBs 1,25 Mal pro Tag und in den Vergleichsstädten 1,27 Mal pro Tag konsumiert. Der Konsum von SSBs sank in Berkeley um 0,55 Mal pro Tag und stieg für Wasser um 1,02 Mal pro Tag. Die Veränderungen des Konsums in Berkeley unterschieden sich deutlich von denen der Vergleichsgruppe, in der keine signifikanten Veränderungen auftraten. In den ersten drei Jahren nach Einführung der SSB-Steuer konnte der SSB-Konsum in den demografisch unterschiedlichen Stadtteilen von Berkeley im Vergleich zu den Vergleichsstädten somit nachhaltig gesenkt werden: Lee, Matthew M. et al., Sugar-Sweetened Beverage Consumption 3 Years After the Berkeley, California , Sugar-Sweetened Beverage Tax, American Journal of Public Health 109, no. 4, S. 637- 639, online abrufbar unter: https://ajph.aphapublications.org/doi/10.2105/AJPH.2019.304971. 2.9. Philadelphia In Philadelphia gilt seit dem 1. Januar 2017 eine Steuer auf zuckerhaltige Getränke. Eine Studie vom 14. Mai 2019 untersucht die Veränderungen bei den Getränkepreisen und -käufen nach der Einführung der Steuer in Philadelphia im Vergleich zu Baltimore im Bundesstaat Maryland (Kontrollstadt ohne Steuer). Zudem wurden grenzüberschreitende Einkäufe zur Vermeidung der Steuer untersucht. Der Gesamtabsatz von besteuerten Getränken in Philadelphia sank nach Einführung der Steuer um 51 Prozent. Der Absatz in den Gebieten an der Grenze zu Pennsylvania stieg hingegen an und glich dadurch den Rückgang des Absatzes in Philadelphia um rund ein Viertel aus: Roberto, Christina A. et al., Association of a Beverage Tax on Sugar-Sweetened and Artificially Sweetened Beverages With Changes in Beverage Prices and Sales at Chain Retailers in a Large Urban Setting, JAMA 2019, 321(18), S. 1799-1810, online abrufbar unter: https://jamanetwork .com/journals/jama/article-abstract/2733208. Eine im Juli 2018 veröffentlichte Studie, welche die unmittelbaren Auswirkungen der Steuer auf den Konsum von Limonaden, Fruchtgetränken, Energydrinks und abgefülltem Wasser untersuchte , kam zu ähnlichen Ergebnissen. Innerhalb der ersten zwei Monate nach Einführung der Steuer sank in Philadelphia, im Vergleich zu den Vergleichsstädten, die Wahrscheinlichkeit des täglichen Konsums von regulären Limonaden um 40 Prozent, der Konsum von Energiedrinks um 64 Prozent, während der Konsum von Wasser in Flaschen um 58 Prozent stieg: Zhong, Yichen et al., American Journal of Preventive Medicine, Band 55, Ausgabe 1, S. 26-34, online abrufbar unter: https://www.sciencedirect.com/science/article /abs/pii/S0749379718316003. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 034/21 Seite 10 3. Alkopopsteuer Das Gesetz über die Erhebung einer Sondersteuer auf alkoholhaltige Süßgetränke (Alkopops) zum Schutz junger Menschen, kurz Alkopopsteuergesetz3, regelt seit dem 1. Juli 2004 in Deutschland eine Verbrauchssteuer auf sogenannte Alkopops. Das Gesetz war Teil einer Gesetzesinitiative des Bundesministeriums für Gesundheit zur Verbesserung des Schutzes junger Menschen vor den Gefahren des Alkoholkonsums mit dem Ziel, die „Preise von Alkopops [...] so zu verteuern, dass sie von jungen Menschen nicht mehr gekauft werden“. 4 Ab 2004 war ein kontinuierlicher Rückgang des Konsums von Alkopops in allen Altersgruppen zu beobachten. Im Jahr 2004 konsumierten 28 Prozent der 12- bis 17-Jährigen mindestens einmal im Monat Alkopops. 2005 waren es 16 Prozent und zwei Jahre später 10 Prozent. Siehe dazu: Farke, Walter, Auswirkungen des Alkopopsteuergesetzes in Deutschland, Abhängigkeiten 2008, Jahrgang 14, Ausgabe 2, S. 15-30, hier S. 22, online abrufbar unter: https://www.suchtschweiz.ch/forschung/fachzeitschrift-abhaengigkeiten/2008/2008-n-2; Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Alkoholkonsum der Jugendlichen in Deutschland 2004 bis 2007 Ergebnisse der Repräsentativbefragungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Kurzbericht, Juni 2007, online abrufbar unter: https://www.bzga.de/fileadmin /user_upload/PDF/studien/alkohol_jugend_2007_kurzbericht-- 64967b04ac33def94dad871cd7e63d8c.pdf. Die Europäische Schülerstudie zu Alkohol und anderen Drogen 2007 (ESPAD), die seit 1995 regemäßig alle vier Jahre durchgeführt wird, kam auch zu dem Ergebnis, dass die Alkopopsteuer den Konsum von Alkopops deutlich reduziert hat. Dies wurde aber durch die Verlagerung auf die anderen Getränkearten kompensiert, so dass die Alkopopsteuer insgesamt zu keiner Reduktion des Gesamtalkoholkonsums geführt hat: IFT Institut für Therapieforschung (Hrsg.), Kraus, Ludwig et al., Europäische Schülerstudie zu Alkohol und anderen Drogen 2007 (ESPAD): Befragung von Schülerinnen und Schülern der 9. und 10. Klasse in Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland und Thüringen, München 2008, IFT-Berichte Band 165, hier S. 6, online abrufbar unter: https://www.ift.de/fileadmin/user_upload/Literatur/Berichte/Bd_165_Espad-2007.pdf; die Studie von Andersson, Barbro et al., ESPAD, The European School Survey Project on Alcohol and Other Drugs, Alcohol and Drug Use Among European 17–18 Year Old Students, Data from the ESPAD Project, Februar 2007, ist online abrufbar unter: http://espad.org/reports-documents. Spirituosenhaltige Alkopops würden vor allem deshalb nicht mehr gekauft, weil sie als Folge der Einführung der Alkopopsteuer zu teuer geworden seien und weil die Jugendlichen besser über die gesundheitlichen Gefahren Bescheid wüssten. Siehe: 3 Alkopopsteuergesetz vom 23. Juli 2004, BGBl. I S. 1857, zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 30. März 2021, BGBl. I S. 607. 4 Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes junger Menschen vor Gefahren des Alkohol- und Tabakkonsums , BT-Drs. 15/2587 vom 3. März 2004. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 034/21 Seite 11 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Entwicklung des Alkoholkonsums bei Jugendlichen unter besonderer Berücksichtigung der Konsumgewohnheiten von Alkopops. Eine Befragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Kurzbericht, Juni 2005, online abrufbar unter: https://www.bzga.de/fileadmin/user_upload/PDF/studien/alkopops_kurzbericht _05_06--7af8a23ce8cb7787afc0b9165edd69fd.pdf. ***