© 2021 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 031/21 Mutterschaft von Alleinstehenden durch künstliche Befruchtung Soziale Lage sogenannter „Single Moms by Choice“ Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Vorbemerkung Häufig wird in den Medien über die Möglichkeiten alleinstehender Frauen berichtet, die sich bewusst entschließen, ohne Partner ein Kind zu bekommen – so genannte „Solomütter“, engl. „Single moms by choice“1. Neben der Möglichkeit einer privaten Samenspende besteht die Option einer künstlichen Befruchtung mit Spendersamen, der etwa von einer Samenbank vermittelt wird (heterologe Insemination).2 Neben Kliniken in Deutschland3 werben auch Kliniken in Dänemark ausdrücklich um deutsche Patientinnen bzw. Kundinnen.4 Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der sozialen Situation solcher Solomütter. Nicht Gegenstand der Arbeit sind mögliche psychologische und sonstige Auswirkungen auf die so gezeugten Kinder und damit verbundene ethische Fragestellungen. 2. Statistik Viele Frauen und Paare in Deutschland geben in Umfragen einen unerfüllten Kinderwunsch an. Laut einer bevölkerungsrepräsentativen Untersuchung im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren Frauen und Jugend (BMFSFJ) zum Thema „Ungewollte Kinderlosigkeit 2020“5, 1 Vgl. aktuell etwa Mitternacht, Kerstin, Neue Familienmodelle: Mama will ein Kind – aber keinen Papa, faz.net, 20. April 2021, abrufbar unter https://www.faz.net/aktuell/stil/leib-seele/wenn-frauen-ihren-kinderwunschalleine -verwirklichen-17296748.html. Dieser und alle weiteren Nachweise wurden zuletzt am 11. Mai 2021 abgerufen . 2 Homologe Insemination ist demgegenüber die künstliche Befruchtung mit Samen des eigenen Partners, in der Regel des Ehemanns. Zur rechtlichen Zulässigkeit der heterologen Insemination vgl. Raude, Karin, Wunschkindvereinbarungen bei privaten Samenspenden unter besonderer Berücksichtigung des neuen Samenspenderregisterrechts , Rheinische Notar-Zeitschrift (RNotZ) 2019, S. 451, 453 mwN. 3 Nicht alle Bundesländer haben jedoch die aktualisierte Richtlinie der Bundesärztekammer aus dem Jahr 2018 umgesetzt, die die heterologe Insemination bei Alleinstehenden nicht mehr ausschließt, vgl. Übersichtskasten bei Schiller, Hanna, “Der Bedarf und der Mut, als Singlefrau alleine eine Familie zu gründen, steigen rapide” Interview mit Constanze Bleichrodt von der Cryobank München, solomamapluseins.de, März 2019, abrufbar unter https://www.solomamapluseins.de/interview-constanze-bleichrodt-cryobank-muenchen-bedarf-als-singlefrau -familie-zu-gruenden-steigt-rapide/. Solomamapluseins ist eins der in den Medien präsentesten Blogs zum Thema. 4 Für Viele: Ein Kind ohne Mann? VivaNeo Dänemark erfüllt auch Singles den Kinderwunsch, vivaneo.dk, abrufbar unter https://www.vivaneo.dk/de/lebenssituation/alleinstehende-frauen/. 5 BMFSFJ, Ungewollte Kinderlosigkeit 2020, Leiden – Hemmungen – Lösungen, Stand: September 2020, abrufbar unter https://www.bmfsfj.de/resource/blob/161018/2027ee7422f420d004ebcb026bbb277b/ungewollte-kinderlosigkeit -2020-data.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 031/21 Seite 5 in deren Rahmen kinderlose Frauen und Männer befragt wurden, sind 32,3 Prozent der kinderlosen Frauen im Alter von 20 bis 50 Jahren ungewollt kinderlos.6 Es sei – bezogen auf die Gesamtbevölkerung – etwa jede zehnte Frau in dieser Altersgruppe betroffen.7 Gegenüber 2013 habe dieser Wert um sechs Prozent zugenommen. Im Milieu der „Etablierten“ mit größtenteils akademischer Bildung sei der Anteil überdurchschnittlich hoch. 40 Prozent der ungewollt kinderlosen Frauen sind der Untersuchung zufolge alleinstehend.8 Wie häufig alleinstehende Frauen derartige Kinderwunschbehandlungen in Deutschland in Anspruch nehmen, ist unklar, da Daten hierzu nur von den Samenbanken selbst erhoben werden und im Übrigen keine Statistik geführt wird. Das Samenspenderregister erhebt etwa keine Daten zum Familienstand der Empfängerin.9 In der Begründung zum Gesetzentwurf zum Samenspenderregistergesetz (SaReG)10 wird mit etwa 2.500 Schwangerschaften und 1.200 Geburten aufgrund einer heterologen künstlichen Befruchtung pro Jahr gerechnet. 11 Das Deutsche IVF-Register gibt für das Jahr 2018 niedrigere Zahlen an, die 1.129 angegebenen IVF12- und ICSI13-Behandlungen umfassen allerdings nicht die ebenfalls von Samenbanken angebotene Methode der Heiminsemination. Beide Zahlen erfassen allerdings 6 BMFSFJ, Ungewollte Kinderlosigkeit 2020, Leiden – Hemmungen – Lösungen, insbesondere S. 37 ff. 7 BMFSFJ, Ungewollte Kinderlosigkeit 2020, Leiden – Hemmungen – Lösungen, S. 6.; zum Anteil der kinderlosen Frauen nach Geburtsjahrgängen siehe Statistisches Bundesamt (Destatis), Kinderlosigkeit, Geburten und Familien , Ergebnisse des Mikrozensus 2018, 11. Dezember 2019, abrufbar unter https://www.destatis.de/DE/Themen /Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Haushalte-Familien/Publikationen/Downloads-Haushalte/geburtentrends -tabellenband-5122203189014.pdf?__blob=publicationFile. 8 BMFSFJ, Ungewollte Kinderlosigkeit 2020, Leiden – Hemmungen – Lösungen, insbesondere S. 37 ff. 9 Zu den gespeicherten Daten vgl. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Samenspender -Register, abrufbar unter https://www.dimdi.de/dynamic/de/weitere-fachdienste/samenspender-register/. 10 Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung bei heterologer Verwendung von Samen, 22. Februar 2017, BT-Drs. 18/11291. 11 Deutsches IVF-Register, Jahrbuch 2019, Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie, Sonderheft 1, 2020, abrufbar unter https://www.deutsches-ivf-register.de/perch/resources/dir-jahrbuch-2019-de.pdf. 12 In-Vitro-Fertilisation. 13 Intracytoplasmatische Spermieninjektion. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 031/21 Seite 6 sämtliche Fälle, in welchen nicht der Samen des Partners der Mutter verwendet wird, also auch Paare, bei denen der Mann zeugungsunfähig ist und homosexuelle Paare. Der Anteil an Alleinstehenden bleibt unklar.14 3. Gesellschaftliche Akzeptanz und Beweggründe Gründe für die Inanspruchnahme von Kinderwunschbehandlungen durch Alleinstehende werden nicht zentral erhoben. Es finden sich zahlreiche Einzelfallberichte von Frauen, die teils keinen Partner gefunden haben und sich aufgrund des Alters für die Solomutterschaft entschieden haben; ebenso geben Frauen an, sich bewusst für ein Leben ohne Partner entschieden zu haben. Verschiedene Studien in mehreren Ländern haben gezeigt, dass die Solomütter sich zwar für die Alleinelternschaft entschieden haben, dies aber nicht tun, weil sie die wünschen, sondern weil sie keinen Partner haben und Sorge haben, aus Altersgründen kein Kind mehr bekommen zu können.15 Viele gaben an, dass sie lieber eine traditionelle Familie gegründet hätten, aber aufgrund ihres Alters nicht länger hätten warten können. Eine Studie aus dem Jahr 2014 stelle fest, dass diese Frauen entgegen des Begriffs „Single Mom by Choice“ keine wirkliche Wahl gehabt hätten, wenn sie ihren Kinderwunsch erfüllen wollten.16 14 Als Anhaltspunkt gibt etwa die Geschäftsführerin der Cryobank München im Jahr 2019 einen Anteil von 15 Prozent alleinstehender Frauen an den Kinderwunschpatienten an, von denen aber nicht alle ihren Wunsch auch umsetzten, so bei Schiller, Hanna, “Der Bedarf und der Mut, als Singlefrau alleine eine Familie zu gründen, steigen rapide” Interview mit Constanze Bleichrodt von der Cryobank München, solomamapluseins.de, März 2019, abrufbar unter https://www.solomamapluseins.de/interview-constanze-bleichrodt-cryobank-muenchen-bedarfals -singlefrau-familie-zu-gruenden-steigt-rapide/. Zu beachten ist, dass nicht alle Samenbanken Alleinstehende Frauen behandeln. Der Gesamtanteil in Deutschland dürfte daher geringer sein. 15 Ein Überblick mit weiteren Nachweisen findet sich bei Golombok, Susan/Zadeh, Sophie et al., Single Mothers by Choice: Mother–Child Relationships and Children’s Psychological Adjustment, Journal of Family Psychology , online veröffentlicht am 11. Februar 2016, abrufbar unter https://doi.apa.org/fulltext/2016-07216- 001.html. 16 Graham, Susanna, Stories of an absent 'father': Single women negotiating relatedness through donor profiles. in: Graham, Susanna et al., Relatedness in assisted reproduction: Families, origins and identities, Cambridge University Press, Wiedergabe nach Golombok et. al, https://doi.apa.org/fulltext/2016-07216-001.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 031/21 Seite 7 Gesellschaftlich werden sowohl Alleinerziehende17 als auch Samenspende-Empfängerinnen18 häufig stigmatisiert; bei den Solomüttern treffen beide Faktoren zusammen. Ein Projekt des Instituts für Sozial- und Organisationspädagogik der Universität Hildesheim setzt sich mit Normierungen von Elternschaft im Sinne gesellschaftlicher Normalitätsvorstellungen und deren Niederschlag in rechtlichen Regelungen auseinander.19 Einzelne Betroffene haben sich mit Blogs oder in Büchern an die Öffentlichkeit gewandt und stehen anderen Frauen aktiv unterstützend oder mit Informationen zur Verfügung.20 Dort finden sich einzelne Beiträge zu stigmatisierenden Erfahrungen in der Öffentlichkeit oder im Bekanntenkreis .21 In Deutschland sind die Solomütter, soweit ersichtlich, darüber hinaus nicht auf überregionaler Ebene verbands- oder vereinsmäßig organisiert. 4. Kosten als limitierender Faktor Die Kosten einer Kinderwunschbehandlung mittels heterologer künstlicher Befruchtung schwanken stark und sind abhängig von Behandlungsmethode und Leistungsumfang der gewählten Einrichtung . Ein Überblick der Stiftung Warentest beziffert die Kosten für Privatversicherte und Selbstzahler mit etwa 3.700 Euro für eine IVF- und 5.000-10.000 Euro für eine ICSI-Behandlung. Hinzu kämen Kosten für Transfer von Ei- oder Samenzellen sowie Aufbewahrung.22 17 Vgl. etwa Wieland, Sigune, Die Macht der öffentlichen Meinung – Charisma und Stigma von Familienmodellen, in: Der (Mehr-) Wert der Zwei-Elternteil-Familie, VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2012, https://doi.org/10.1007/978-3-531-19199-7_9. 18 So etwa Nationale Akademie der Wissenschaften / Union der deutschen Akademien der Wissenschaften, Fortpflanzungsmedizin in Deutschland –für eine zeitgemäße Gesetzgebung, Stellungnahme, 2019, abrufbar unter https://www.leopoldina.org/uploads/tx_leopublication/2019_Stellungnahme_Fortpflanzungsmedizin _web_01.pdf. 19 MOM - Macht und Ohnmacht der Mutterschaft, Teilprojekt: Elternschaft jenseits der Geschlechternorm, Single Mothers by Choice, gleichgeschlechtliche und multiple Elternschaft, Universität Hildesheim, Institut für Sozialund Organisationspädagogik, Ansprechpartnerin: Richarz, Theresa, abrufbar unter https://www.uni-hildesheim .de/mom-projekt/elternschaft-jenseits-der-geschlechternorm-single-mothers-by-choice-gleichgeschlechtliche -und-multiple-elternschaft/. 20 Beispielhaft die (vermutlich unvollständige) Übersicht bei Schiller, Hanna, Portale für Singlefrauen mit Kinderwunsch , Solomamas und Spenderkinder, solomamapluseins.de, 1. Mai 2018, abrufbar unter https://www.solomamapluseins .de/portale-singlefrauen-mit-kinderwunsch-solomamas-und-spenderkinder/. 21 Vgl. etwa Schiller, Hanna, 7 Sätze, die du einer (künftigen) Solomama lieber nicht sagen solltest, solomamapluseins .de, 30. Dezember 2018, abrufbar unter https://www.solomamapluseins.de/7-saetze-die-du-einerkuenftigen -solomama-lieber-nicht-sagen-solltest/. 22 Stiftung Warentest, Künstliche Befruchtung Die Kinderwunschbehandlung optimal finanzieren, test.de, zuletzt aktualisiert am 23. April 2021, abrufbar unter https://www.test.de/Kuenstliche-Befruchtung-Die-Kinderwunschbehandlung -optimal-finanzieren-5592906-0/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 031/21 Seite 8 In Deutschland werden die Kosten einer heterologen Insemination durch die gesetzliche Krankenversicherung nicht übernommen. § 27a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)23 sieht eine Kostenübernahme nur dann vor, wenn es sich um eine homologe Insemination handelt, also ausschließlich Ei- und Samenzellen der Partner verwendet werden. Zudem müssen die Personen, die diese Maßnahmen in Anspruch nehmen wollen, miteinander verheiratet sein.24 Das Bundesverfassungsgericht hat diese Regelung im Jahr 2007 gebilligt und sie vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) damit gerechtfertigt, dass es sich bei den Maßnahmen nach § 27a nicht um medizinische Maßnahmen der Beseitigung einer Krankheit handele. Der Gesetzgeber habe medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a SGB V nicht als Behandlung einer Krankheit angesehen, sondern sie nur den für Krankheiten geltenden Regelungen des SGB V unterstellt. Der Gesetzgeber könne hinreichende sachliche Gründe vorweisen, die Gewährung der Leistung nach § 27a SGB V daran zu knüpfen, dass die Personen, die diese Maßnahmen in Anspruch nehmen wollen, miteinander verheiratet seien. Insbesondere habe der Gesetzgeber in typisierender Betrachtung die Ehe wegen ihres besonderen rechtlichen Rahmens und Schutzes als eine Lebensbasis für ein Kind ansehen können, die den Kindeswohlbelangen mehr Rechnung trage als eine nichteheliche Partnerschaft.25 In einzelnen Ländern werden staatliche Zuschüsse auch für unverheiratete Paare gewährt. Diese sind für Alleinstehende allerdings nicht verfügbar. Die gegenwärtige Regelung wird auf politischer Ebene von verschiedener Seite kritisiert. Die vorläufigen Wahlprogramme von FDP26 und der Partei Die LINKE.27 für die Bundestagswahl 2021 sehen eine Ausweitung der Kostenübernahme auf unverheiratete und homosexuelle Paare und 23 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung, Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2477, 2482), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 22. April 2021 (BGBl. I S. 802). 24 Vgl. auch Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA), Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über ärztliche Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung („Richtlinien über künstliche Befruchtung“) in der Fassung vom 14. August 1990, zuletzt geändert am 16. März 2017, abrufbar unter https://www.gba .de/downloads/62-492-1402/KB-RL_2017-03-16_iK-2017-06-02.pdf. 25 Vgl. Bundesverfassungsgericht (VerfG), Beschluss vom 28. Februar 2007, Az. 1 BvL 5/03. 26 FDP, Programmentwurf der Freien Demokraten zur Bundestagswahl 2021, Leitantrag des Bundesvorstandes zum 72. Ord. Bundesparteitag der Freien Demokraten am 14.-16. Mai 2021 (vorbehaltlich der Überprüfung des Wortprotokolls), S. 34 unten, abrufbar unter https://www.fdp.de/sites/default/files/import/2021-04/110463- programmentwurf-nie-gab-es-mehr-zu-tun-2.pdf. 27 DIE LINKE., Leitantrag zum Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2021. Vorabveröffentlichung, S. 84 oben, abrufbar unter https://www.die-linke.de/fileadmin/download/wahlen2021/leitantrag/2021-04-13_leitantrag _neu.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 031/21 Seite 9 Alleinstehende vor. Das vorläufige Wahlprogramm von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt demgegenüber auf die Notwendigkeit einer Paarbeziehung ab und schließt Alleinstehende damit derzeit von den Reformbestrebungen aus.28 Auch ein Anspruch auf Kindesunterhalt scheidet für Alleinstehende, die eine künstliche Befruchtung in Anspruch nehmen, aus, da § 1600d Abs. 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eine Feststellung der Vaterschaft ausschließt. Auch das Unterhaltsvorschussgesetz29 knüpft in § 1 Abs. 1 Nr. 3 an eine bestehende Unterhaltsverpflichtung eines Elternteils (etwa nach §§ 1612, 1601, 1602 Abs. 2 BGB) an, so dass staatliche Leistungen ebenfalls ausscheiden. Diese Faktoren tragen dazu bei, dass Solomütter in der Regel finanziell gut gestellt sein müssen, um die Kosten für die Behandlung aufzubringen und die Lebenshaltungskosten der Familie zu finanzieren. Während spezifisch für Deutschland keine Daten hierzu vorliegen, haben Studien aus anderen Ländern gezeigt, dass „Single Moms by Choice“ in aller Regel gut ausgebildete berufstätige Frauen sind, die mit Ende 30 bis Anfang 40 Mutter werden.30 5. Zur Situation in anderen Ländern Auch zur Situation alleinstehender Mütter durch Samenspende im europäischen Ausland finden sich zum Großteil nur wenige Informationen. In zahlreichen Ländern ist die künstliche Befruchtung bei Alleinstehenden von vornherein rechtlich unzulässig, da eine Ehe oder eheähnliche Lebensgemeinschaft Voraussetzung ist.31 Dänemark, einem Bericht zufolge das Land mit der höchsten Zahl von Geburten in Folge von Fruchtbarkeitsbehandlungen, hat einen großen Anteil sogenannter „solomors“, also Solomütter.32 Dem Bericht zufolge bestehen in Dänemark gute Netzwerke zur Unterstützung und die Solomütter seien finanziell in der Regel gut gestellt. Der Direktor der Samenbank Cryos International in 28 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Programmentwurf, Grünes Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2021, S. 56 oben, abrufbar unter https://cms.gruene.de/uploads/documents/2021_Wahlprogrammentwurf.pdf. 29 Unterhaltsvorschussgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Juli 2007 (BGBl. I S. 1446), zuletzt geändert durch Artikel 38 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451). 30 Ein Überblick mit weiteren Nachweisen findet sich bei Golombok, Susan/Zadeh, Sophie et al., Single Mothers by Choice: Mother–Child Relationships and Children’s Psychological Adjustment, Journal of Family Psychology , online veröffentlicht am 11. Februar 2016, abrufbar unter https://doi.apa.org/fulltext/2016-07216- 001.html. 31 Siehe hierzu auch Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Familienrechtlicher Status des Samenspenders bei einer Solomutterschaft - Zur Rechtslage in ausgewählten Staaten, Sachstand vom 30. April 2021, WD 7 – 3000 -036/21, S. 5 f. 32 Russell, Helen, ‘There’s no stigma’: why so many Danish women are opting to become single mothers, The Guardian, 14. September 2015, abrufbar unter https://www.theguardian.com/lifeandstyle/2015/sep/14/nostigma -single-mothers-denmark-solomors. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 031/21 Seite 10 Aarhus, der nach eigenen Angaben größten Samenbank der Welt33, gab im Jahr 2015 an, dass mittlerweile etwa 50 Prozent der Interessentinnen alleinstehend seien. Hiervon seien 85 Prozent zwischen 31 und 45 Jahren alt gewesen. Er prognostizierte, dass bis zum Jahr 2020 etwa 70 Prozent der Interessentinnen Singlefrauen sein würden.34 Einer Studie der Universität Kopenhagen aus dem Jahr 201135 zufolge hätten 90 Prozent der befragten Frauen in den öffentlichen Fruchtbarkeitskliniken lieber ein Kind mit einem männlichen Partner gehabt, hätten aber aufgrund ihres Alters schließlich den Weg der Solomutterschaft gewählt. Dies wird durch eine Studie aus dem Jahr 202036 bestätigt, die zu dem Ergebnis kam, dass die Kernfamilie auch unter Solomüttern als Idealbild der Familie angesehen werde. Der Entscheidung für die Solomutterschaft sei in der Regel ein langer Planungsprozess vorangegangen, in dem die Frauen ihre Vorstellung von Familie neu bilden mussten. Um sich sicherer zu fühlen, hätten viele bereits frühzeitig einen detaillierten Plan für die Mutterschaft gefasst. Eine Studie aus dem Jahr 201937 setzt sich mit den Charakteristika und Beweggründen von Single Mothers by Choice in Schweden auseinander. 86 alleinstehende Frauen, die aufgrund ihres unerfüllten Kinderwunsches an einer schwedischen Universitätsklinik in Behandlung waren, erhielten einen Fragebogen per Post zugesandt. Die 54 Frauen, die die Fragen beantworteten, seien im Durchschnitt 35,1 Jahre alt und gut ausgebildet gewesen; die meisten hätten in Vollzeit und in unbefristeten Arbeitsverhältnissen gearbeitet. Sie hätten zuvor Langzeitbeziehungen geführt, die aber nicht zur Erfüllung des Kinderwunsches geführt hätten. Der am häufigsten genannte Grund für die Entscheidung, eine Kinderwunschbehandlung in Anspruch zu nehmen, sei es gewesen, dass es ihnen aufgrund ihres Alters wichtiger gewesen sei, ein Kind zu bekommen, als auf den Partner zu warten, mit dem dies gemeinsam möglich sei, dass sie aber darauf hofften, dass dies in Zukunft noch passieren würde. Schwedische Solomütter würden sich der Studie zufolge daher nicht von solchen in anderen Ländern unterscheiden. *** 33 Cryos International, Ein Traum wird wahr – über Cryos, abrufbar unter https://www.cryosinternational.com/dede /dk-shop/fachpersonen/uber-uns/uber-cryos/. 34 Russell, Helen, ‘There’s no stigma’: why so many Danish women are opting to become single mothers, The Guardian, 14. September 2015, abrufbar unter https://www.theguardian.com/lifeandstyle/2015/sep/14/nostigma -single-mothers-denmark-solomors. 35 Vgl. Engholm Frederiksen, Marie/Christensen, Ulla et al., Solo mother by donor – the plan B of motherhood. A perspective on person-centered reproductive medicine, International Journal of Person Centered Medicine, 20. Dezember 2011, abrufbar unter http://www.ijpcm.org/index.php/IJPCM/article/view/56. 36 Vgl. Werner, Anette/Frydenrejn Funderskov, Karen et al., The journey to solo motherhood – An explorative study, Sexual & Reproductive Healthcare, online veröffentlicht am 13. Dezember 2020, abrufbar unter https://doi.org/10.1016/j.srhc.2020.100586. 37 Vgl. Volgsten, Helga/Schmidt, Lone, Motherhood through medically assisted reproduction – characteristics and motivations of Swedish single mothers by choice, Human Fertility. veröffentlicht am 30. April 2019, abrufbar unter https://doi.org/10.1080/14647273.2019.1606457.