© 2019 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 029/19 Einzelfragen zur Regelungskompetenz von Bund und Ländern im Bereich der Personalbemessung in Krankenhäusern Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 029/19 Seite 2 Einzelfragen zur Regelungskompetenz von Bund und Ländern im Bereich der Personalbemessung in Krankenhäusern Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 029/19 Abschluss der Arbeit: 12. April 2019 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 029/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Bundesrechtliche Ausgangslage 4 2. Zur Einbindung der Bundesländer in den Gesetzgebungsprozess 5 3. Zur Beteiligung von Experten im Zuge der Gesetzgebungsarbeiten 5 3.1. Expertenkommission 5 3.2. Öffentliche Anhörung 5 3.3. Zwischenbericht Pflegepersonaluntergrenzen in Krankenhäusern nach § 137i SGB V 6 4. Zu verfassungsrechtlichen Bedenken gegenüber den bundesrechtlichen Regelungen aus kompetenzrechtlicher Sicht 6 5. Volksbegehren und gesetzgeberische Entwicklungen auf Landesebene 7 5.1. Bayern 7 5.2. Berlin 8 5.3. Bremen 9 5.4. Hamburg 10 5.5. Hessen 10 5.6. Saarland 11 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 029/19 Seite 4 1. Bundesrechtliche Ausgangslage Seit Inkrafttreten des Krankenhausstrukturgesetzes (KHSG)1 am 1. Januar 2016 zählt die „qualitativ hochwertige Versorgung“ zu den Zwecken des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG), § 1 KHG2. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde immer wieder diskutiert, ob unter dem Gesichtspunkt der „Leistungsfähigkeit“ infrastrukturbezogene Mindeststandards bundesrechtlich geregelt werden durften oder ob dies Sache der Länder war3. Zur Sicherung des Qualitätsziels hat der Bundesgesetzgeber ein kompliziertes mehrstufiges Verfahren etabliert, das verschiedene kompetenzrechtliche Fragen aufwirft: Nach § 136c Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)4 beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss Qualitätsindikatoren zur Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität , die als Grundlage für qualitätsorientierte Entscheidungen der Krankenhausplanung geeignet sind und nach § 6 Abs. 1a Satz 1 KHG Bestandteil des Krankenhausplans werden. Er übermittelt die Beschlüsse zu diesen planungsrelevanten Qualitätsindikatoren als Empfehlungen an die für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörden (§ 136c Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V). Allerdings legt § 6 Abs. 1a Satz 2 KHG fest, dass durch Landesrecht die Geltung der planungsrelevanten Qualitätsindikatoren ganz oder teilweise ausgeschlossen oder eingeschränkt werden kann und dass weitere Qualitätsanforderungen zum Gegenstand der Krankenhausplanung gemacht werden können. Als Bestandteil des Krankenhausplans gewinnen die Qualitätsindikatoren nach § 8 Abs. 1a und 1b KHG Bedeutung für die Aufnahme oder Herausnahme von Krankenhausträgern aus dem Krankenhausplan. Soweit die Empfehlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 6 Abs. 1a Satz 2 KHG nicht Bestandteil des Krankenhausplans geworden sind, gelten die Absätze 1a und 1b des § 8 KHG nur für die im Landesrecht vorgesehenen Qualitätsvorgaben . Die Bestimmung des § 137i SGB V, die durch das Gesetz zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten vom 17. Juli 20175 ins SGB V eingefügt wurde, sieht die Einführung von Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen von DRG- Krankenhäusern vor. Auf dieser gesetzlichen Grundlage hat das Bundesministerium für Gesundheit die Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung6 erlassen. Vor diesem Hintergrund wurde mit 1 Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung (Krankenhausstrukturgesetz – KHSG) vom 10. Dezember 2015 (BGBl I S. 2229). 2 Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (KHG) vom 10. April 1991 (BGBl I S. 886), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl I S. 2394). 3 Vgl. Wollenschläger/Schmiedel, Vierteljahresschrift für Sozialrecht (VSSR) 2014, S. 117. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – Art. 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S. 2477), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 22. März 2019 (BGBl I S. 350). 5 BGBl I S. 2615. 6 Verordnung zur Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen in Krankenhäusern vom 5. Oktober 2018 (BGBl I S. 1632). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 029/19 Seite 5 dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz vom 11. Dezember 20187 die Vorschrift des § 137i SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2019 geändert. Nach § 137i Abs. 1 Satz 1 SGB V in der nunmehr geltenden Fassung überprüfen der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) bis zum 31. August 2019 im Benehmen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. die in § 6 der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung festgelegten Pflegepersonaluntergrenzen und vereinbaren gemeinsam mit Wirkung zum 1. Januar 2020 eine Weiterentwicklung der in der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung festgelegten pflegesensitiven Bereiche in Krankenhäusern sowie der zugehörigen Pflegepersonaluntergrenzen. 2. Zur Einbindung der Bundesländer in den Gesetzgebungsprozess Im Vorfeld des KHSG wurde im Jahr 2014 eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Krankenhausreform eingesetzt. Diese hat sich u. a. mit Qualitätsindikatoren zur Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität als Grundlage für qualitätsorientierte Entscheidungen der Krankenhausplanung beschäftigt . Ihre am 5. Dezember 2014 vorgelegten Eckpunkte sind abrufbar unter: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/B/Bund_Laender _Krankenhaus/Eckpunkte_Bund_Laender_Krankenhaus.pdf. 3. Zur Beteiligung von Experten im Zuge der Gesetzgebungsarbeiten 3.1. Expertenkommission Die Einführung und Ausgestaltung der Regelungen zu Pflegepersonaluntergrenzen für pflegesensitive Bereiche in Krankenhäusern in § 137i SGB V und die darauf beruhende Pflegepersonaluntergrenzen -Verordnung geht maßgeblich zurück auf die Empfehlungen der am 1. Oktober 2015 eingesetzten Expertinnen- und Expertenkommission „Pflegepersonal im Krankenhaus“ vom 7. März 2017: Schlussfolgerungen aus den Beratungen der Expertinnen- und Expertenkommission „Pflegepersonal im Krankenhaus“ vom 7. März 2017, https://www.bundesgesundheitsministerium .de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/P/Pflegekommisison/170307_Abschlusspapier_Pflegekommission .pdf. Mitglieder dieser Kommission waren neben einer Reihe von Bundestagsabgeordneten Vertreter der Hessischen Landesregierung und des Hamburger Senats sowie die DKG, der GKV-Spitzenverband, der Verband der Privaten Krankenversicherung e.V., der Deutsche Pflegerat und darüber hinaus mehrere Experten aus der Wissenschaft. Anlage 1 3.2. Öffentliche Anhörung Im Rahmen der Öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages am 17. Mai 2017 wurde auch über die Personaluntergrenzen diskutiert. Der Deutsche Pflegerat, wie viele andere Sachverständige auch, begrüßte die Gesetzesinitiative des Bundes zur Einführung der Personaluntergrenzen, siehe die Stellungnahme des Deutschen Pflegerates vom Mai 2017, https://www.bundestag.de/resource /blob/506786/d3d6ac3317d9121564bbce5f2e578104/18_14_0259-5-_PflegePersUntergrenze _DPR-data.pdf. Soweit ersichtlich, wurden verfassungsrechtliche Bedenken gegen die 7 Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals – Pflegepersonal-Stärkungsgesetz, (BGBl I S. 2394). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 029/19 Seite 6 Kompetenz des Bundes zur Regelung des § 137i SGB V im Rahmen dieser Anhörung nicht thematisiert . 3.3. Zwischenbericht Pflegepersonaluntergrenzen in Krankenhäusern nach § 137i SGB V Der GKV-Spitzenverband und die DKG haben im Januar 2018 einen Zwischenbericht „Pflegepersonaluntergrenzen in Krankenhäusern nach § 137i SGB V“ zur Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben vorgelegt, https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung _1/krankenhaeuser/pflegepersonaluntergrenzen/2018_01_30_Pflegepersonaluntergrenzen _Zwischenbericht_an_BMG.pdf. Anlage 2 4. Zu verfassungsrechtlichen Bedenken gegenüber den bundesrechtlichen Regelungen aus kompetenzrechtlicher Sicht In der rechtswissenschaftlichen Literatur wird eingehend diskutiert, ob die vom Bundesgesetzgeber im KHSG getroffenen Neuregelungen zur qualitätsorientierten Krankenhausplanung aus kompetenzrechtlicher Sicht als verfassungsgemäß angesehen werden können. Ternick, René, Qualitätsindikatoren des G-BA als Grundlage für die Krankenhausplanung, in: Neue Zeitschrift für Sozialrecht (NZS) 2017, S. 770-777. Dieser Beitrag stellt die Neuregelungen des KHSG zur qualitätsorientierten Krankenhausplanung vor und erläutert ihren rechtlichen Hintergrund sowie ihren aktuellen Umsetzungsstand. Aus Sicht des Autors sind die bundesrechtlichen Regelungen verfassungskonform. Anlage 3 Stollmann, Frank, Qualitätsvorgaben in der Krankenhausplanung – Änderungen durch das Krankenhausstrukturgesetz , in: NZS 2016, S. 201-206. Nach Auffassung des Autors bewegen sich die Regelungen „auf einem kompetenzrechtlich schmalen Grat“. Anlage 4 Ricken, Oliver, Qualität und Krankenhausplanung, in: Kranken- und Pflegeversicherung (KrV), 2018, S. 89-95. Nach Ansicht dieses Autors ist neben noch ungeklärten Fragen der Umsetzung die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen den bundes- und landesrechtlichen Kompetenzen nicht unproblematisch. Anlage 5 Wollenschläger, Ferdinand/ Schmidl, Annika, Kompetentielle Grundfragen des Krankenhausstrukturgesetzes : das neue Qualitätsziel in der Krankenhausplanung, in: GesundheitsRecht (GesR) 2016, S. 542-550. Nach ihrer Auffassung begegnen die derzeitigen Regelungen angesichts der beschränkten Bundeskompetenzen für den Bereich des Krankenhauswesens „erheblichen kompetentiellen Bedenken“ und würden die Frage aufwerfen, ob den entsprechenden Regelungsbedürfnissen nicht durch eine Verfassungsänderung Rechnung getragen werden müsse. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 029/19 Seite 7 Anlage 6 Pitschas, Rainer, Kompetenzgerechte Qualitätssicherung der Krankenhausversorgung? Verfassungsfragen rechtlich institutionalisierter Qualitätsvorsorge nach dem Krankenhausstrukturgesetz , in: Gesundheit und Pflege (GuP) 2016, S. 161-166. Seiner Ansicht nach hat der Bund in unzulässiger Weise seine Regelungskompetenz aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 Grundgesetz (GG) gegen Art. 74 Abs. 1 Nr. 19a GG ausgespielt, „ohne dessen Sperrwirkung zu beachten“ und damit einen Kompetenzverstoß begangen. Anlage 7 Quaas, Michael, Qualitätsindikatoren des G-BA als Teil der Krankenhausplanung : eine verfassungsrechtliche Gratwanderung, in: GesR 2018, S. 626-633. Nach Auffassung des Autors greifen die neuen Regelungen des KHSG zur qualitätsorientierten Krankenhausplanung „tief in das verfassungsrechtlich den Ländern ‚zur Ausübung‘ überlassene Krankenhausplanungsrecht ein“. Damit habe der Bund selbst „Krankenhausplanung“ betrieben, was ihm durch die Kompetenzverteilung des GG verwehrt sei. Anlage 8 5. Volksbegehren und gesetzgeberische Entwicklungen auf Landesebene In einigen Bundesländern gibt es seit dem vergangenen Jahr Volksbegehren bzw. -initiativen, mit denen durch die Vorlage von entsprechenden Entwürfen die jeweiligen Landesregierungen aufgefordert wurden, landesrechtliche Regelungen zu erlassen, die dazu beitragen sollen, den Pflegenotstand zu beheben und deshalb insbesondere Bestimmungen zur Personalbemessung enthalten sollen. Als bundesgesetzliche Grundlage für derartige landesrechtliche Regelungen wird hier jeweils § 6 Abs. 1a Satz 2 KHG angeführt. 5.1. Bayern Seit dem Sommer 2018 läuft in Bayern das Volksbegehren „Stoppt den Pflegenotstand an Bayerns Krankenhäusern“. Die Initiative hat den „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Krankenhausgesetzes (BayKrG) erarbeitet und am 8. März 2019 den Antrag auf Zulassung des Volksbegehrens dem Bayerischen Staatsministerium des Innern und für Integration vorgelegt. Ziel ist eine verbindliche Pflege-Personalbemessung, die für alle Stationen und Funktionsbereiche und für alle Patientinnen und Patienten gelten soll, vgl. https://stoppt-pflegenotstand.de/wpcontent /uploads/2018/07/VB_Pflegenotstand_BY-Gesetzestext.pdf. Anlage 9 Das Innenministerium prüft derzeit die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung des Volksbegehrens. Falls der Antrag als nicht zulässig angesehen werden sollte, muss der Bayerische Verfassungsgerichtshof über die Zulassung entscheiden, siehe: Volksbegehren „Stoppt den Pflegenotstand an Bayerns Krankenhäusern, Pressemitteilung der Bayerischen Staatsregierung vom 8. März 2019, http://www.bayern.de/volksbegehren-stoppt-den-pflegenotstand-an-bayernskrankenhaeusern /. Die Bayerische Gesundheitsministerin, Melanie Huml, verweist auf die bundesrechtlichen Regelungen und sieht keinen Bedarf für darüber hinausgehende landesrechtliche Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 029/19 Seite 8 Vorschriften, vgl. Volksbegehren zu Pflegenotstand reicht Unterschriften ein, in: Bayerischer Rundfunk, 8. März 2019, https://www.br.de/nachrichten/bayern/volksbegehren-zu-pflegenotstand -reicht-unterschriften-ein,RK6AYEC. Die Fraktion der SPD hatte am 23. März 2018 einen Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Krankenhausgesetzes in den Bayerischen Landtag eingebracht: Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zur Änderung des Bayerischen Krankenhausgesetzes, in: Bayerischer Landtag Drs. 17/21463 vom 23. März 2018. Dieser hatte u. a. das Ziel verfolgt, Mindestpersonalregelungen einzuführen (Art. 15). Der Gesetzentwurf sah in Art. 15 vor, dass das Staatsministerium in einer Rechtsverordnung personelle Anforderungen für die medizinischen und pflegerischen Bereiche der Krankenhäuser festlegen sollte. Dies wurde damit begründet, dass neben den bundesweit eingeführten Qualitätskriterien die Länder gemäß § 6 Abs. 1 a Satz 2 KHG weitere Qualitätsanforderungen zum Gegenstand der Krankenhausplanung machen könnten. Qualitätsanforderungen umfassten grundsätzlich Anforderungen an die Struktur-, Prozess-, Indikations- und Ergebnisqualität. Strukturqualität sei insbesondere durch personelle Voraussetzungen wie beispielsweise Anzahl und Qualifikationen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gekennzeichnet (S. 20 f.). Dieser Gesetzentwurf wurde im Gesundheitsausschuss für Gesundheit und Pflege am 7. Juni 2018 jedoch abgelehnt, vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit und Pflege in: Bayerischer Landtag, Drs. 17/22688. 5.2. Berlin Das Berliner Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus hat im Januar 2018 den Volksentscheid für Gesunde Krankenhäuser gestartet: Gesunde Krankenhäuser sind besser für alle, https://volksentscheid -gesunde-krankenhaeuser.de/wp-content/uploads/2018/02/Vorstellung_Volksentscheid .pdf. In dem Volksentscheid wird ein „Gesetz zur Verbesserung der Patient*innensicherheit im Krankenhaus“ vorgeschlagen, mit dem das Landeskrankenhausgesetz Berlin (LKG) vom 18. September 20118 geändert werden soll. Siehe hierzu: https://volksentscheid-gesunde-krankenhaeuser .de/gesetzestext-und-begruendungen/. Dieser Entwurf sieht die Einführung eines § 6a zu Qualitätsanforderungen und einer Mindestpersonalbemessung vor. Im Rahmen der nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 im Krankenhausplan aufzunehmenden Qualitätsanforderungen sollen insbesondere auch Regelungen zu Mindestpersonalzahlen für den Bereich der stationären Krankenhausbehandlung getroffen werden. Anlage 10 Die Initiative für das Volksbegehren für Gesunde Krankenhäuser hat die Unterschriften am 19. Juli 2018 an die Senatsverwaltung für Inneres übergeben. Die Berliner Senatorin für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, Dilek Kolat, erklärte hierzu, der von der Initiative eingereichte Gesetzesvorschlag müsse rechtlich geprüft werden. Erst dann könne beurteilt werden, welche Spielräume auf Landesebene bestünden, vgl. Dilek Kolat zu Volksbegehren „Gesunde Krankenhäuser“, 8 Landeskrankenhausgesetz (GVBl S. 483), zuletzt geändert durch Art. 15 des Gesetzes vom 2. Februar 2018 (GVBl S. 160). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 029/19 Seite 9 Pressemitteilung der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung vom 19. Juni 2018, https://www.berlin.de/sen/gpg/service/presse/2018/pressemitteilung.713440.php Anlage 11 5.3. Bremen Im Land Bremen wurde im Hebst 2018 ein Volksbegehren für eine bessere Personalbemessung in den Krankenhäusern initiiert. Im Rahmen des Antrags auf Zulassung des Volksbegehrens „Bremer Gesetz gegen den Pflegenotstand, für mehr Personal und gute Versorgung im Krankenhaus“ wurde der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bremischen Krankenhausgesetzes formuliert . Darin wird ausgeführt, das Bundesland könne nach § 6 Abs. 1a Satz 2 KHG ergänzende Qualitätsanforderungen im Rahmen der Landeskrankenhausplanung entwickeln. Deshalb sei es möglich, im Rahmen des Bremischen Krankenhausgesetzes verbindliche - über die Personaluntergrenzen des § 137i SGB V hinausgehende – Regelungen zur Personalbemessung in Krankenhäusern festzulegen. https://volksbegehren-krankenhauspersonal-bremen.de/wp-content/uploads /2018/10/2018_10_22_Antrag_auf_Zulassung_des_Volksbegehrens_Pflegenotstand_Bremen _Begr_kurz-final.pdf Anlage 12 Die Fraktion DIE LINKE hat daraufhin zwei Anträge in die Bremische Bürgerschaft eingebracht: Antrag der Fraktion DIE LINKE, Pflegenotstand verhindern – Unterbesetzung auflösen – Fachkräftelücke im Gesundheitswesen nachhaltig schließen, in: Bremische Bürgerschaft, Drs. 19/1850 vom 27. September 2018, https://www.bremische-buergerschaft.de/dokumente /wp19/land/drucksache/D19L1850.pdf Anlage 13 Mit Datum vom 26. März 2019 wurde der Antrag neu gefasst: Antrag der Fraktion DIE LINKE, Pflegenotstand verhindern – Personalbemessung und Ausbildungsinitiative jetzt! In: Bremische Bürgerschaft, Drs. 19/2122 vom 26. März 2019, https://www.bremische-buergerschaft.de/dokumente /wp19/land/drucksache/D19L2122.pdf. Es wird Bezug genommen auf das deutliche Signal aus der Bevölkerung (mehr als 11.000 Unterschriften) und vorgetragen, der Bremer Senat solle sich das Ansinnen des Volksbegehrens zu eigen machen und einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen. Anlage 14 Am 7. April 2019 wird in der Presse von dem beantragten Volksbegehren berichtet und darauf hingewiesen, dass der Senat dieses für unzulässig halte und voraussichtlich den Staatsgerichtshof um eine juristische Klärung bitten werde. Dem Pressebericht zufolge ist die Gesundheitssenatorin der Auffassung, einer entsprechenden landesgesetzlichen Regelung fehle die Rechtsgrundlage . „Bremen habe keine Gesetzgebungskompetenz für eine Regelung der Personalausstattung von Kliniken, weil der Bund von dieser Kompetenz bereits Gebrauch gemacht habe, unter anderem durch das sogenannte Pflegepersonal-Stärkungsgesetz, das im November 2018 den Bundestag passierte.“, siehe: Theiner, Jürgen, Pflege-Volksbegehren steht auf der Kippe, Weser Kurier Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 029/19 Seite 10 vom 7. April 2019, https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-pflegevolksbegehren -steht-auf-der-kippe-_arid,1820601.html. 5.4. Hamburg Auch in Hamburg gibt es eine Volksinitiative, „Hamburger Volksentscheid gegen Pflegenotstand in Krankenhäusern“. Die Unterschriften wurden im März 2018 beim Hamburger Senat eingereicht . Gegenstand der Initiative ist ein Entwurf zur Änderung des Hamburgischen Krankenhausgesetzes : Petitum zur Volksinitiative gegen den Pflegenotstand für ein „Hamburger Gesetz für mehr Personal und gute Versorgung im Krankenhaus“. Danach soll in das Hamburgische Krankenhausgesetz u. a. ein neuer § 6c zur Mindestpersonalbemessung eingefügt werden. In der Begründung zu dieser Regelung wird darauf verwiesen, dass es gemäß § 6 Abs. 1a KHG den Ländern ausdrücklich frei stehe, ergänzende Qualitätsanforderungen im Rahmen der Krankenhausplanung zu entwickeln. Es sei dringend nötig, verbindliche Vorgaben für den Landeskrankenhausplan durch das Hamburger Krankenhausgesetz zu schaffen. Anlage 15 Der Gesundheitsausschuss der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg hat sich am 7. Juni 2018 mit dem Hamburger Volksentscheid befasst und in diesem Rahmen den Senatsvertretern Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, vgl. den Bericht des Gesundheitsausschusses zum Thema Senatsbefragung zum Vortrag der Initiatorinnen und Initiatoren der Volksinitiative „Hamburger Volksentscheid gegen Pflegenotstand in Krankenhäusern“, in: Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, Drs. 21/14104 vom 20. August 2018, https://www.buergerschafthh .de/parldok/dokument/63586/bericht_des_gesundheitsausschusses_zum_thema_senatsbefragung _zum_vortrag_der_initiatorinnen_und_initiatoren_der_volksinitiative_hamburger_volksentsche .pdf Anlage 16 Die Senatsvertreter führten aus, zwar seien verbindliche Personalvorgaben erforderlich, der Bund habe aber im Bereich der Schaffung von Personalvorgaben seine Gesetzgebungskompetenz umfassend wahrgenommen und es bestehe kein Raum für mehr weitere Regelungen wie die von der Volksinitiative vorgeschlagenen. Öffnungsklauseln für länderspezifische Regelungen habe der Bundesgesetzgeber nicht geschaffen (S. 2-5). In der Presse wird berichtet, dass der Hamburger Senat im Oktober 2018 das Hamburgische Verfassungsgericht angerufen hat, um zu überprüfen, ob die Volksinitiative rechtlich zulässig ist. Vgl. Senat zieht Pflege-Initiative vor das Verfassungsgericht, in: Hamburger Abendblatt vom 30. Oktober 2018, www.pflegenotstand-hamburg.de/media/files/2018-10-30-Senat-zieht-Pflege-Initiative -vor-das-Verfassungsgericht---HA.pdf. 5.5. Hessen Die Fraktion der SPD im Hessischen Landtag hat im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der CDU und Bündnis 90/ Die Grünen zur Änderung des Hessischen Krankenhausgesetzes 2011 und anderer Rechtsvorschriften einen Änderungsantrag eingebracht , der Regelungen zu Mindestpersonalzahlen im Krankenhaus vorsah. Danach sollte § 8 des Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 029/19 Seite 11 Hessischen Krankenhausgesetzes 2011 durch eine Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung ergänzt werden, in der spätestens zum 1. Januar 2020 verbindliche Mindestpersonalzahlen für die Krankenhäuser festgelegt werden sollten, vgl. Hessischer Landtag, Drs. 19/6756 vom 4. September 2018, http://starweb.hessen.de/cache/DRS/19/6/06756.pdf. Dieser Antrag wurde jedoch vom federführenden Ausschuss am 11. September 2018 abgelehnt und ist dementsprechend nicht Gesetz geworden. 5.6. Saarland Im Saarland ist zum 13. Juli 2018 eine Änderung in § 22 des Saarländischen Krankenhausgesetzes vom 6. November 20159 in Kraft getreten. Diese Vorschrift, die die Aufgaben und Grundsätze der Krankenhausplanung regelt, sieht in Abs. 3a Satz 1 vor, dass das zuständige Ministerium zur Sicherung der Qualität in den saarländischen Krankenhäusern eigene Qualitäts- und Strukturanforderungen festlegen kann. Gemäß Abs. 3b Satz 1 hat das für die Krankenhausplanung zuständige Ministerium durch Rechtsverordnung personelle Anforderungen für die medizinischen und pflegerischen Bereiche der Krankenhäuser zu bestimmen. Nach Satz 2 sollen die personellen Anforderungen dabei u. a. auf Gutachterbasis beruhende, stationsbezogene Personalmindestzahlen (Personaluntergrenzen) umfassen. Die Landesregierung führt in ihrem Gesetzentwurf aus, dass die Länder befugt seien, Qualitätsvorgaben in ihre Krankenhausplanung aufzunehmen. Die Regelung in § 6 Abs. 1a Satz 2 KHG ermächtige die Länder ausdrücklich, neben den bundesweit eingeführten Qualitätskriterien weitere Qualitätsanforderungen zum Gegenstand der Krankenhausplanung zu machen. Die Vorgaben auf Bundesebene zur Strukturqualität reichten aus Sicht der Landesregierung bisher kaum aus, so dass Bedarf für eine landesrechtliche Regelung bestehe. Zur Begründung der Neuregelungen in § 22 Abs. 3a und 3b vgl. den Gesetzentwurf der Landesregierung, in: Landtag des Saarlandes, Drs. 16/139 vom 8. November 2017, S. 14-16 und S. 20 f. Anlage 17 *** 9 Bekanntmachung der Neufassung des Saarländischen Krankenhausgesetzes vom 6. November 2015, ABl I S. 857, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 22. August 2018 (ABl I S. 674).