© 2018 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 029/18 Zur Gleichstellung intergeschlechtlicher Menschen in Deutschland und in anderen ausgewählten Ländern Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 029/18 Seite 2 Zur Gleichstellung intergeschlechtlicher Menschen in Deutschland und in anderen ausgewählten Ländern Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 029/18 Abschluss der Arbeit: 10. Juli 2018 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 029/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Situation in Deutschland 4 2.1. Erfahrungen zur Akzeptanz und Gleichstellung Intergeschlechtlicher 4 2.2. Zur staatlichen Förderung der Gleichstellung Intergeschlechtlicher 5 3. Überblick über die Situation in anderen Ländern 10 4. Situation in ausgewählten Ländern 11 4.1. Finnland 11 4.2. Frankreich 12 4.3. Kanada 13 4.4. Luxemburg 14 4.5. Malta 15 4.6. Niederlande 15 4.7. Norwegen 16 4.8. Polen 17 4.9. Schweden 17 4.10. Schweiz 18 4.11. Tschechien 18 4.12. Vereinigtes Königreich 19 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 029/18 Seite 4 1. Einleitung Intergeschlechtliche oder Intersexuelle1 sind Menschen, deren geschlechtliches Erscheinungsbild von Geburt an, hinsichtlich der Chromosomen, der Keimdrüsen, der Hormonproduktion und der Körperform nicht nur männlich oder nur weiblich ausgeprägt ist, sondern eine Mischung darstellt .2 Bei ihnen ist die Einordnung des Individuums zum männlichen oder zum weiblichen Geschlecht nicht eindeutig möglich, weil bei den inneren und äußeren Geschlechtsorganen sowohl typisch weibliche als auch typisch männliche Ausprägungen vorhanden sind.3 In einigen Ländern wird Intergeschlechtlichkeit nicht anerkannt und intergeschlechtliche Menschen werden diskriminiert. In anderen Ländern erfahren diese Menschen – jedenfalls nach dem Gesetz – den gleichen Schutz vor Diskriminierungen wie andere Menschen auch. Der vorliegende Sachstand stellt die Situation und Maßnahmen zur Gleichstellung von intergeschlechtlichen Menschen in Deutschland und anderen ausgewählten Ländern vor. 2. Situation in Deutschland 2.1. Erfahrungen zur Akzeptanz und Gleichstellung Intergeschlechtlicher Nach § 27 Absatz 4 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)4 legt die unabhängige Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) dem Bundestag alle vier Jahre Berichte über Benachteiligungen einschließlich Empfehlungen zu deren Beseitigung vor. Nach dem im Jahr 2017 herausgegebenen Dritten Bericht sind in Deutschland Diskriminierungen wegen Intergeschlechtlichkeit im Bereich Gesundheit und Pflege besonders häufig. Auch der Bereich Öffentlichkeit und Freizeit spielt danach eine wesentliche Rolle. Im Bildungsbereich wird der unsensible Umgang mit 1 Intersexuell ist ein weit verbreiteter, aber nicht unumstrittener Begriff. Wegen der suggerierten Nähe zu Sexualität wird auch der Begriff intergeschlechtlich verwendet oder mit inter* der Bezug auf Geschlecht weg- bzw. offengelassen . Näher hierzu Adamietz, Laura/ Remus, Juana, Begrifflichkeiten und Bedeutungswandel von Trans- und Intergeschlechtlichkeit in der Rechtswissenschaft in: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Gutachten: Begrifflichkeiten, Definitionen und disziplinäre Zugänge zu Transund Intergeschlechtlichkeiten, 2015, S. 13, abrufbar unter: https://www.bmfsfj.de/blob/93956/ba3f7d5070103da9f2b62d08b23b2bac/imag-band-1-gutachten-begrifflichkeiten -data.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018); Hechler, Andreas, Intergeschlechtlichkeit als Thema geschlechterreflektierender Pädagogik, S. 127, abrufbar unter: https://www.dissens.de/de/dokumente/jus/veroeffentlichung /intergeschlechtlichkeit.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 2 Intersexuelle Menschen e.V., Bundesverband, Intersexualität, was ist das?, abrufbar unter: http://www.imev .de/intersexualitaet/ (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 3 Deutscher Ethikrat, Intersexualität, Stellungnahme, 2012, S. 24, abrufbar unter: http://www.ethikrat.org/dateien /pdf/stellungnahme-intersexualitaet.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). Hier finden sich auch weitere Einzelheiten und Hintergründe zur Intergeschlechtlichkeit. 4 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 3. April 2013 (BGBl. I S. 610) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 029/18 Seite 5 intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen durch pädagogisches Personal kritisiert.5 Die den Ergebnissen zugrundeliegenden Befragungen erfolgten im Jahr 2015. Nach dem Ergebnis einer im Jahr 2016 von der ADS durchgeführten Onlinebefragung unter Lehrkräften in Deutschland, die sich selbst im Spektrum der lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*, inter*6 und queeren ((LSBTIQ*) Lehrkräfte verorten, wurde nur ein geringer Anteil der teilnehmenden Lehrkräfte vom Arbeitgeber über den gesetzlichen Diskriminierungsschutz aufgeklärt . Schulische Ansprechpersonen gebe es selten. Knapp ein Drittel aller teilnehmenden Lehrkräfte hatte danach in den zurückliegenden 24 Monaten Diskriminierung anhand der LSBTIQ*- Identität erlebt. Dabei wurden insbesondere soziale Herabwürdigungen, aber auch materielle Benachteiligungen häufig genannt, körperliche Übergriffe hingegen deutlich seltener. Den intergeschlechtlichen Personen ordnete sich allerdings lediglich 1 Prozent der Befragten zu.7 Bereits im Jahr 2011 führte der Deutsche Ethikrat die Online-Umfrage „Zur Situation von Menschen mit Intersexualität“ durch und kam zu dem Ergebnis, dass intergeschlechtliche Menschen häufig diskriminiert werden: „ Diskriminierungs- und Ausgrenzungserlebnisse, negative Erfahrungen mit der Tabuisierung des Themas, Probleme mit der binären Geschlechtseinordnung, körperliche Gewalt, fehlende Aufklärung und Verwechslung mit Transsexualität, falsche medizinische Behandlung sowie Spott und Beleidigung. Die wenigen Befragten dieser Gruppe, die berichten , keine belastenden Erfahrungen gemacht zu haben, sind ganz überwiegend (8 von 9 Befragten ) jünger als 37 Jahre.“8 2.2. Zur staatlichen Förderung der Gleichstellung Intergeschlechtlicher In Deutschland verbietet Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG)9 eine Ungleichbehandlung ausdrücklich auch wegen des Geschlechts. Davon umfasst ist 5 Unterrichtung durch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Dritter Gemeinsamer Bericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und der in ihrem Zuständigkeitsbereich betroffenen Beauftragten der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages, Diskriminierung in Deutschland, Bundestags-Drucksache 18/13060 vom 30. Juni 2017, S. 120, 161 und 232, abrufbar unter: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/130/1813060.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 6 Trans* für z.B. transgender, transident, transgeschlechtlich, transsexuell und inter* für z.B. intergeschlechtlich, intersex, zwischengeschlechtlich. 7 Antidiskriminierungsstelle des Bundes, LSBTIQ*-Lehrkräfte in Deutschland Diskriminierungserfahrungen und Umgang mit der eigenen sexuellen und geschlechtlichen Identität im Schulalltag, 2017, S. 4, 44 ff., abrufbar unter : https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/Downloads/DE/publikationen/Umfragen/LSB- TIQ_Lehrerkraeftebefragung.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 8 Unterrichtung durch den Deutschen Ethikrat, Stellungnahme des Deutschen Ethikrates, Intersexualität, Bundestags -Drucksache 17/9088 vom 14. Februar 2012, S. 28, abrufbar unter: http://dipbt.bundestag .de/doc/btd/17/090/1709088.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 9 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. Juli 2017 (BGBl. I S. 2347) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 029/18 Seite 6 auch die Ungleichbehandlung intergeschlechtlicher Menschen.10 Darüber hinaus dient das im Jahr 2006 in Kraft getretene AGG dem Schutz vor Diskriminierungen, indem den Betroffenen bei unzulässigen Diskriminierungen im Arbeitsbereich und in bestimmten Bereichen des Zivilrechts Ansprüche auf Entschädigung und Schadensersatz zustehen. Ziel des AGG ist es, Benachteiligungen – auch wegen des Geschlechts oder der sexuellen Identität – zu verhindern oder zu beseitigen (§ 1 AGG). Zudem berät und unterstützt die ADS Personen, die Benachteiligungen zum Beispiel wegen des Geschlechts oder der sexuellen Identität erfahren haben, und führt dazu wissenschaftliche Untersuchungen durch (§ 27 AGG). Die deutsche Bundesregierung bekräftigt in ihrem aktuellen Koalitionsvertrag, geschlechtliche Vielfalt zu respektieren und jeder Diskriminierung entgegenzuwirken: „Alle Menschen sollen unabhängig von ihrer sexuellen Identität frei und sicher leben können – mit gleichen Rechten und Pflichten.“11 Konkret setzt sich das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) dafür ein, dass die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität beendet wird und geschlechtliche Vielfalt geschützt und akzeptiert wird. Dazu wurde im Jahr 2014 eine Interministerielle Arbeitsgruppe „Inter- und Transsexualität“ unter Federführung des BMFSFJ gebildet.12 Neben dem BMFSFJ sind auch die Bundesministerien des Innern (BMI), für Gesundheit (BMG) und der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) in der Arbeitsgruppe vertreten. Die Arbeitsgruppe hat sich zum Ziel gesetzt, den Respekt für diese Menschen als Teil gesellschaftlicher Vielfalt zu fördern, sie zu unterstützen und sie so vor medizinischen Fehlentwicklungen und Diskriminierungen der Gesellschaft zu schützen. Die vielfältigen Problemlagen von trans- und intergeschlechtlichen Menschen sollen durch den Austausch mit Fachpersonen und Interessenvertretungen beleuchtet und Vorschläge für mögliche gesetzgeberi- 10 Langenfeld in: Maunz/Dürig, GG-Kommentar, 81. EL September 2017, Art. 3 Abs. 3 Rn. 42. 11 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, Ein neuer Aufbruch für Europa, Eine neue Dynamik für Deutschland, Ein neuer Zusammenhalt für unser Land, 19. Legislaturperiode, S. 20, abrufbar unter: https://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/2018/03/2018-03-14-koalitionsvertrag.pdf;jsessionid =87AD63B3C727C96EF7040336158CEF1E.s7t1?__blob=publicationFile&v=2 (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 12 Zur Interministeriellen Arbeitsgruppe siehe BMFSFJ, Den Schutz und die Akzeptanz von geschlechtlicher Vielfalt stärken, abrufbar unter: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/den-schutz-und-die-akzeptanz -von-geschlechtlicher-vielfalt-staerken-/119682 (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018) sowie Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Monika Lazar sowie weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Intergeschlechtliche Menschen in Deutschland, Bundestags-Drucksache 18/7310 vom 20. Januar 2016, S. 13 und 14, abrufbar unter: http://dip21.bundestag .de/dip21/btd/18/073/1807310.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 029/18 Seite 7 sche Lösungen diskutiert werden. Das BMFSFJ sieht im Ergebnis der Arbeit der Interministeriellen Arbeitsgruppe – neben der Änderung des Personenstandsrechts – folgende Handlungsbedarfe 13: Ersetzung des Gesetzes über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (Transsexuellengesetz – TSG)14 durch ein menschenrechtsbasiertes Gesetz zum Schutz und zur Anerkennung der geschlechtlichen Vielfalt15, klarstellende Verbotsregelung im Bürgerlichen Gesetzbuch, dass Eltern von Kindern mit angeborenen Variationen der körperlichen Geschlechtsmerkmale in Operationen ohne zwingende medizinische Notwendigkeit nicht einwilligen dürfen – ergänzend dazu eine obligatorische Beratungspflicht für Eltern, klarstellendes Diskriminierungsverbot im Hinblick auf geschlechtliche Vielfalt, Ausbau von Maßnahmen zur Akzeptanzförderung und zum Abbau von Diskriminierung Schaffung von flächendeckenden Beratungs- und Unterstützungsstrukturen für Trans- und intergeschlechtliche Menschen und ihre Familien16. Zum Abbau von Diskriminierung bzw. zum Ausbau der Akzeptanz wurden bzw. sollen folgende Maßnahmen getroffen werden: Im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ werden im Rahmen von Modellprojekten seit Januar 2015 mit einer Laufzeit von fünf Jahren und mit jeweils 130.000 Euro pro Jahr Maßnahmen gefördert, die zur Akzeptanz gleichgeschlechtlicher, trans- und intergeschlechtlicher Lebensweisen beitragen, Vorurteile gegen diese Gruppen 13 Siehe BMFSFJ, Schutz und Akzeptanz von geschlechtlicher Vielfalt, Schlussfolgerungen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aus der Arbeit der Interministeriellen Arbeitsgruppe Trans- und Intersexualität, 2017, abrufbar unter: https://www.bmfsfj.de/blob/119686/619f9892b9f7d198c205dbdc82bcad56/positionspapier-schutz-anerkennung -inter-trans-data.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 14 Transsexuellengesetz vom 10. September 1980 (BGBl. I S. 1654), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 3 des Gesetzes vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2787) geändert worden ist. Es ist abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet .de/tsg/BJNR016540980.html (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 15 Siehe zu dieser Thematik auch den Beschluss des Bundesrates, Entschließung des Bundesrates zur Aufhebung des Transsexuellengesetzes sowie zur Erarbeitung eines Gesetzes zur Anerkennung der Geschlechtsidentität und zum Schutz der Selbstbestimmung bei der Geschlechterzuordnung, Bundesrats-Drucksache 362/17(B) vom 2. Juni 2017, abrufbar unter: https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2017/0301-0400/362- 17(B).pdf?__blob=publicationFile&v=5 (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 16 Als Ergebnis einer Online-Befragung wurden die vorhandenen Beratungsstrukturen als unzureichend angesehen . Siehe hierzu BMFSFJ, Kurzzeitbefragung zu Strukturen und Angeboten zur Beratung und Unterstützung bei Variationen der körperlichen Geschlechtsmerkmale, 2016, abrufbar unter: https://www.bmfsfj.de/blob/73940/e2f19dcd64ab5afbeca1c9d6a6203dc6/kurzzeitbefragung-intersexualitaetdata .pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 029/18 Seite 8 abbauen helfen und sich gegen Diskriminierung und Gewalt auf Grund von Geschlecht, Geschlechtsidentität und sexueller Orientierung richten.17 Derzeit wird das Online-Informationsportal „Wissensnetz Geschlechtliche Vielfalt/Geschlechtsidentität & Gleichgeschlechtliche Lebensweisen“ zu sexueller und geschlechtlicher Vielfalt aufgebaut. Damit soll ein strukturiertes und vernetzendes Informationsangebot bereitgestellt werden.18 Aus Sicht des BMFSFJ sollte der bestehende Nationale Aktionsplan gegen Rassismus19 durch einen unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft zu erarbeitenden Nationalen Aktionsplan zum Schutz und zur Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Lebensweisen und geschlechtlicher Vielfalt ersetzt werden.20 17 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Köln) sowie weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Situation und Beratung von Trans-Menschen in Deutschland, Bundestags-Drucksache 18/9217 vom 19. Juli 2016, S. 6, abrufbar unter: http://dipbt.bundestag .de/doc/btd/18/092/1809217.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). Zur Liste der Modellprojekte siehe BMFSFJ, Liste der Modellprojekte zu ausgewählten Phänomenen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und zur Demokratiestärkung im ländlichen Raum, Homosexuellen- und Transfeindlichkeit, abrufbar unter: https://www.demokratie-leben.de/mp_modellprojekte-zu-ausgewaehlten-phaenomenen-gruppenbezogenermenschenfeindlichkeit -und-zur-demokratiestaerkung-im-laendlichen-raum.html (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 18 BMFSFJ, Zusammenfassung - Forschungsergebnisse und Erkenntnisse des Bundesministeriums für Familie, Senioren , Frauen und Jugend aus der Begleitarbeit zu der Interministeriellen Arbeitsgruppe „Inter- und Transsexualität “ (IMAG), S. 25, abrufbar unter: https://www.bmfsfj.de/blob/120644/e2068b3d513b7f772760becf8bd4c70a/imag-band-12-zusammenfassung-derforschungsergebnisse -data.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 19 Die Bundesregierung, Nationaler Aktionsplan gegen Rassismus, Positionen und Maßnahmen zum Umgang mit Ideologien der Ungleichwertigkeit und den darauf bezogenen Diskriminierungen, 2017, abrufbar unter: https://www.bmfsfj.de/blob/116798/5fc38044a1dd8edec34de568ad59e2b9/nationaler-aktionsplan-rassismusdata .pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). Neu aufgenommen wurde, dass der Vielfalt von Lesben, Schwulen , Bisexuellen, Transgendern und Intergeschlechtlichen (LSBTI) Rechnung getragen werden müsse und sie gestärkt werden müssten (S. 12 und 40). 20 BMFSFJ, Schutz und Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt, 5. Ausbau von Maßnahmen zur Akzeptanzförderung und zum Abbau von Diskriminierung, abrufbar unter: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen /gleichstellung/gleichgeschlechtliche-lebensweisen-geschlechtsidentitaet/arbeitsgruppe-intersexualitaettranssexualitaet /schutz-und-akzeptanz-geschlechtlicher-und-sexueller-vielfalt/73928 (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 029/18 Seite 9 Zur Thematik der Schaffung von flächendeckenden Beratungs- und Unterstützungsstrukturen wird auf zahlreiche in den Bundesländern und auf kommunaler Ebene tätige staatlich geförderte Beratungsstellen verwiesen.21 Auf folgende ausgewählte und staatliche bzw. staatlich geförderte Veröffentlichungen, die die Akzeptanz intergeschlechtlicher Menschen fördern sollen, wird verwiesen: BMFSFJ, Gutachten: Geschlechtervielfalt im Recht. Status quo und Entwicklung von Regelungsmodellen zur Anerkennung und zum Schutz von Geschlechtervielfalt, 2017, siehe insbesondere Diskriminierungsschutz und Geschlechtergleichstellung ab S. 59, abrufbar unter: https://www.bmfsfj.de/blob/114066/8a02a557eab695bf7179ff2e92d0ab28/imagband -8-geschlechtervielfalt-im-recht-data.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018); das Gutachten untersucht, wie der rechtliche Schutz und die Anerkennung insbesondere bei Inter- und Transgeschlechtlichkeit in Deutschland verbessert werden können. pro familia, Leitfaden: psychosoziale Beratung von inter* und trans* Personen und ihren Angehörigen, 2016, abrufbar unter: https://www.profamilia.de/publikationen/themen/beratung .html (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018); der Beratungsleitfaden will Kenntnisse und Kompetenzen vermitteln und so die Rechte von inter* und trans* Personen stärken. BMFSFJ, Gutachten: Begrifflichkeiten, Definitionen und disziplinäre Zugänge zu Transund Intergeschlechtlichkeiten, 2015, abrufbar unter: https://www.bmfsfj.de/blob/93956/ba3f7d5070103da9f2b62d08b23b2bac/imag-band-1- gutachten-begrifflichkeiten-data.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018); das Gutachten fasst die Begriffs- und Diskussionsansätze zur Situation von trans- und intersexuellen Menschen aus verschiedenen Disziplinen zusammen. QUEER LEBEN, Inter* und Trans* Beratung, Weiblich? Männlich? – Ihr intergeschlechtliches Kind!, 2015, abrufbar unter: https://www.bmfsfj.de/blob/94014/4c6ebd633b36acf7f66eb5c7098b5872/ihr-intergeschlechtliches -kind-data.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018); der Flyer soll Eltern und das Umfeld der Familie sensibilisieren und ermutigen, fachkundige Beratung aufzusuchen . 21 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Köln) sowie weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Situation und Beratung von Trans-Menschen in Deutschland, Bundestags-Drucksache 18/9217 vom 19. Juli 2016, S. 6, abrufbar unter: http://dipbt.bundestag .de/doc/btd/18/092/1809217.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). Auch wenn sich die Fragen überwiegend auf Trans-Menschen beziehen, sind in den Antworten zahlreiche Hinweise zur Beratung von intergeschlechtlichen Menschen gegeben. Zur Beratungssituation für intergeschlechtliche Menschen siehe auch BMFSFJ, Situation von trans- und intersexuellen Menschen im Fokus, 2016, S. 21, abrufbar unter: https://www.bmfsfj.de/blob/112092/f199e9c4b77f89d0a5aa825228384e08/imag-band-5-situation-von-trans-undintersexuellen -menschen-data.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018) sowie Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Harald Petzold (Havelland) sowie weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE., Zwischen Geschlecht – Zur sozialen Lage Transsexueller, Intersexueller und Transgender, Bundestags -Drucksache 18/2482 vom 5. September 2014, insbesondere zu 3. und 5., abrufbar unter: http://dipbt.bundestag .de/dip21/btd/18/024/1802482.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 029/18 Seite 10 3. Überblick über die Situation in anderen Ländern Ende 2015 hat sich die Bundesregierung im Rahmen einer Großen Anfrage detailliert zur internationalen Lage der Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen (LSBTI) geäußert.22 Auf die Frage hin, in welchen Ländern LSBTI den gleichen Schutz vor Diskriminierung wie andere Gruppen haben, heißt es: „Nach Kenntnis der Bundesregierung haben LGBTI-Personen23 in folgenden Ländern den gleichen Schutz vor Diskriminierungen wie andere Gruppen, insbesondere im Straf-, Arbeits- bzw. Zivilrecht: Argentinien (Verbot staatlicher Diskriminierung), Belgien , Bosnien und Herzegowina, Bolivien, Brasilien, Bulgarien (allgemeines Benachteiligungsverbot ), Chile, Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Island, Israel, Italien, Japan, Kanada, Malta, Mexiko, Mosambik (im Arbeits-, nicht jedoch Strafrecht), Niederlande , Neuseeland, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, Serbien , Slowakei, Spanien, Südafrika (qua Verfassung), Taiwan, Tschechien (allgemeines Antidiskriminierungsgesetz ), Ukraine (vom Verfassungsgericht aus allgemeinem Gleichheitsgebot abgeleitet ), Ungarn, Uruguay, USA, Venezuela, Zypern. In manchen dieser Länder bezieht sich der Schutz nach Kenntnis der Bundesregierung auf das Verbot von Ungleichbehandlungen aufgrund der sexuellen Orientierung, während Diskriminierung in Zusammenhang mit Geschlechtsidentität nicht explizit verboten ist.“ (S. 27) Zur Frage, in welchen Ländern es zu gewaltsamen Übergriffen kommt, äußert sich die Bundesregierung folgendermaßen: „Nach Kenntnis der Bundesregierung ist es in den vergangenen Jahren in Afghanistan, Ägypten, Algerien, Bosnien und Herzegowina, China, Côte d’Ivoire, El Salvador, Haiti, Honduras, Indonesien, Irak, Jamaica, Kamerun, Kolumbien, Liberia, Libyen, Malaysia, Mali, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, Mexiko, der Republik Moldau, Namibia , den Philippinen, Sri Lanka, Sierra Leone, Südafrika, Tadschikistan, Tansania, der Türkei und Uganda zu gewaltsamen Übergriffen auf LGBTI-Personen gekommen, die weit überwiegend von nicht staatlicher Seite ausgingen. Die Bundesregierung ist der Überzeugung, dass jeder Staat die Verpflichtung hat, seine Bevölkerung vor Gewalt zu schützen und Gewaltverbrechen aufzuklären .“ (S. 14) Zur Frage der staatlichen Einschränkung der Vereinigungs-, Versammlungs-, Meinungs- bzw. Pressefreiheit von LSBTI heißt es: „Nach Kenntnis der Bundesregierung kam es in den letzten Jahren in folgenden Ländern zur gezielten staatlichen Einschränkung der Vereinigungs-, Versammlungs -, Meinungs- und/oder Pressefreiheit von LGBTI-Personen: Nicaragua, Russland und Türkei. 22 Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Köln) sowie weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Zur internationalen Lage der Menschenrechte von Lesben , Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen, Transgendern und Intersexuellen, Bundestags-Drucksache 18/6970 vom 8. Dezember 2015, abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/069/1806970.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 23 Zum Teil wird statt LSBTI auch die Abkürzung LGBTI verwendet, da von der englischen Bezeichnung ausgegangen wird (gay für schwul). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 029/18 Seite 11 In vielen Ländern, in denen gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen strafbar sind oder die öffentliche Meinung gegenüber LGBTI sehr ablehnend eingestellt ist, findet eine öffentliche Auseinandersetzung mit der Thematik, beispielsweise in den Medien und auf Veranstaltungen, kaum oder gar nicht statt. Dies muss nicht unbedingt auf direkte staatliche Maßnahmen zur Beschränkung der Vereinigungs-, Versammlungs-, Meinungs- und/oder Pressefreiheit von LGBTI zurückzuführen sein. In manchen Zusammenhängen wirkt als Ergebnis des öffentlichen Klimas bereits eine Art Selbstzensur. Darüber hinaus wird in einer Vielzahl von Ländern das Recht auf Vereinigungs -, Versammlungs-, Meinungs- bzw. Pressefreiheit der gesamten Bevölkerung verletzt, nicht nur gegenüber LGBTI-Personen.“ (S. 14 f.) Aus der Antwort der Bundesregierung lässt sich außerdem ablesen, dass LSBTI in Russland nicht ausreichend vor Diskriminierung geschützt werden und z. B. in Ägypten, Irak, Kasachstan, Myanmar , Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten auch allgemeine Sitten- und Moralgesetze oder Jugendschutzgesetze für eine faktische Einschränkung der Rechte für LGBTI-Personen sorgen. 4. Situation in ausgewählten Ländern 4.1. Finnland Finnland sieht sich als sicheres Land für LSBTI. In einer größeren Stadt gebe es mehr Möglichkeiten für LSBTI, offen nach ihrer Identität zu leben.24 Das finnländische Gleichbehandlungsgesetz 25 hat zum Ziel, Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität oder des Geschlechtsausdrucks 26 zu verhindern (Section 1). Ausdrücklich finden die Vorschriften zur Verhinderung von Diskriminierung auf intergeschlechtliche Menschen Anwendung (Section 3). Ein von Diskriminierung betroffener Intergeschlechtlicher hat Anspruch auf Beratung durch die Ombudsstelle für Gleichberechtigung. Die Ombudsstelle setzt sich im Einzelfall für die Abschaffung der Diskriminierung ein und kann in der Sache vor dem Nationalen Gerichtshof für Diskriminierungsfreiheit und Gleichbehandlung klagen.27 Zur Gleichstellung von LSBTI fördert der Staat (das Ministerium für Bildung und Kultur sowie die Kommunen) die Menschenrechtsorganisation Seta, die 24 Mitgliedsorganisationen betreut und sich für die Rechte von LSBTI einsetzt. Seta bietet Schulungen an, betreibt Öffentlichkeitsarbeit und berät Gruppen oder im Einzelfall.28 Der Nationale Beirat für Sozialfürsorge und Gesundheitsethik (ETENE) kritisiert in einem Positionspapier schnelle ge- 24 Finnländische Menschenrechtsorganisation Seta, abrufbar unter: https://seta.fi/life-of-lgbti-people-in-finland/ (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 25 In englischer Sprache: Act on Equality between Women and Men, 609/1986, abrufbar unter: http://finlex .fi/en/laki/kaannokset/1986/en19860609_20160915.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). Das Gesetz hat besonders die Gleichstellung von Frauen und Männern im Fokus, so dass der Titel sich darauf bezieht. 26 In section 3 wird Geschlechtsausdruck definiert als Ausdruck des Geschlechts durch Kleidung, Verhalten oder andere Mittel. 27 Die Aufgaben des Ombudsmannes sind im Gleichbehandlungsgesetz festgeschrieben, vgl. section 21a. 28 Seta, abrufbar unter: https://seta.fi/seta-in-english/ (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 029/18 Seite 12 schlechtsbestimmende Operationen bei intergeschlechtlichen Kindern und fordert eine breite gesellschaftliche Debatte zu dem Thema. Aufklärung und die Stärkung der Rechte der Kinder müssten im Vordergrund stehen. Eine Operation dürfe nur dann erfolgen, wenn ein Kind sein Geschlecht selbst definieren und sich eine eigene Meinung dazu bilden könne.29 4.2. Frankreich In Frankreich gelangt die Thematik der Intergeschlechtlichkeit erst in letzter Zeit mehr und mehr in die Öffentlichkeit.30 Im Jahr 2016 gründete sich ein Verein, der sich für Intergeschlechtliche einsetzt und dazu aufklärt.31 Intergeschlechtliche Menschen können sich in Frankreich im Falle einer Diskriminierung wegen des Geschlechts, die z. B. zur Verweigerung einer Dienstleistung oder einer Einstellung führt, auf Artikel 225-2 des französischen Strafgesetzbuches berufen, der eine Strafe von bis zu drei Jahren Freiheitsentzug und 45.000 Euro vorsieht.32 Zudem wurde im Jahr 2014 eine dem Premierminister unterstellte Interministerielle Delegation eingerichtet, die unter anderem die Diskriminierung von LSBTI bekämpfen soll.33 Diese Delegation widmet sich in einem Masterplan auch der Problematik der geschlechtsbestimmenden Operationen bei intergeschlechtlichen Kindern und verlangt, diese zu unterlassen, wenn sie aus medizinischen Gründen nicht zwingend sind. Zudem wird der Ausbau der Forschung zur Intergeschlechtlichkeit gefordert .34 Auch das Parlament befasst sich mit der Thematik. So hat die Frauenrechtsdelegation des 29 National Advisory Board on Social Welfare and Health Care Ethics, ETENE, Position Statement, Care and treatment of intersex children, 22. März 2016, abrufbar unter: https://etene.fi/documents/1429646/1561478/2016+POSITION+STATEMENT+intersex/77dc4b30-2a6d-4811- aa99-c30032f400b0 (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 30 Siehe Presseberichterstattung, Libération, Une personne intersexe dépose plainte pour mutilation vom 29. November 2017, abrufbar unter: http://www.liberation.fr/france/2017/11/29/une-personne-intersexe-deposeplainte -pour-mutilation_1613112 (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 31 Collectif Intersexes et Allié-e-s (CIA), abrufbar unter: https://collectifintersexesetalliees.org/accueil/ (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 32 Code pénal, Section 1 : Des discriminations, abrufbar unter: https://www.legifrance.gouv.fr/affichCode.do;jsessionid =E2A197FECFC4C39268B2BE852ECD435E.tplgfr24s_3?idSectionTA=LEGISCTA000006165298&cid- Texte=LEGITEXT000006070719&dateTexte=20180613 (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). Eine englische Version ist abrufbar unter: https://www.legifrance.gouv.fr/Traductions/en-English/Legifrance-translations (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 33 Délégation Interministérielle à la lutte contre le racisme, l'antisémitisme et la haine anti-LGBT (DILCRAH), abrufbar unter: https://www.gouvernement.fr/dilcrah (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). Obwohl im französischen Titel lediglich der Personenkreis LSBT genannt ist, beschäftigt sich die Interministerielle Delegation auch mit der Intergeschlechtlichkeit. 34 Plan de mobilization contre la haine et les discriminations anti-LGBT, la Répblique mobilisée contre la haine et les discriminations anit-LGBT, 2016, S. 25, abrufbar unter: https://www.gouvernement.fr/sites/default/files /contenu/piece-jointe/2017/01/plan_de_mobilisation_contre_la_haine_et_les_discriminations_antilgbt _dilcrah.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 029/18 Seite 13 Senates im Februar 2017 einen Bericht zur Intergeschlechtlichkeit vorgelegt.35 Empfohlen wird die Prüfung der Entschädigung von intergeschlechtlichen Personen, die unter den Folgen von geschlechtsbestimmenden Operationen gelitten haben, im Rahmen eines speziellen Fonds.36 4.3. Kanada Im kanadischen Menschenrechtsgesetz37 wurde im letzten Jahr die Liste der verbotenen Diskriminierungsgründe um die Punkte Geschlechtsidentität und Geschlechtsausdruck ergänzt, die regionalen Menschenrechtsgesetze gleichlautend geändert und eine entsprechende Ergänzung in das Strafgesetzbuch38 aufgenommen.39 Darüber hinaus hat die kanadische Regierung kürzlich ein LSBTI40-Sekretariat eingerichtet, das den Sonderberater des Premierministers für LSBTI-Themen unterstützt. Der Sonderberater arbeitet mit LSBTI-Akteuren in ganz Kanada zusammen und hat die Aufgabe, sicherzustellen, dass Fragen im Zusammenhang mit sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität und Geschlechtsausdruck bei der Entwicklung von Gesetzen und Programmen Berücksichtigung finden.41 Die kanadische Regierung stellt die rechtlichen Grundlagen, die dem Schutz von LSBTI dienen, zusammen.42 Die kanadische Menschenrechtskommission informiert über ihre Aktivitäten zu den Rechten von LSBTI und über Aktivitäten anderer Institutionen 35 Sénat, Rapport d’information fait au nom de la délégation aux droits des femmes et à l’égalité des chances entre les hommes et les femmes sur les variations du développement sexuel : lever un tabou, lutter contre la stigmatisation et les exclusions (Veränderungen in der sexuellen Entwicklung: Das Brechen eines Tabus, Kämpfen gegen Stigmatisierung und Ausgrenzung), abrufbar unter: https://www.senat.fr/rap/r16-441/r16-441.html (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 36 Variations du développement sexuel: lever un tabou, lutter contre la stigmatisation et les exclusions, IV. Recommandations , abrufbar unter: http://www.senat.fr/rap/r16-441/r16-441.html (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 37 Canadian Human Rights Act, abrufbar unter: http://laws-lois.justice.gc.ca/eng/acts/h-6/page-1.html#h-4 (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 38 Criminal Code, abrufbar unter: http://laws-lois.justice.gc.ca/eng/acts/C-46/FullText.html (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 39 Gesetzgebungsverfahren abrufbar unter: https://www.parl.ca/LegisInfo/BillDetails.aspx?Language=E&bill Id=8269852 (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 40 Die kanadische Regierung verwendet den Begriff LGBTQ2 (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Queer, Two- Spirit), weist aber darauf hin, dass international LSBTI verwendet werde, abrufbar unter: https://www.canada .ca/en/privy-council/campaigns/free-to-be-me/about-us/about-special-advisor-lgbtq2-issues.html (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 41 Government of Canada, About the LGBTQ2 Secretariat, abrufbar unter: https://www.canada.ca/en/privy-council /campaigns/free-to-be-me/about-us/about-lgbtq2-secretariat.html (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018); Government of Canada, About the Special Advisor to the Prime Minister on LGBTQ2 issues, abrufbar unter: https://www.canada.ca/en/privy-council/campaigns/free-to-be-me/about-us/about-special-advisor-lgbtq2-issues .html (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). Weitere Informationen zu Aktivitäten der kanadischen Regierung zu LSBTI sind zu finden über die Government of Canada, Free to be me, abrufbar unter: https://www.canada .ca/en/privy-council/campaigns/free-to-be-me.html (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 42 Government of Canada, Rights of LGBTI persons, abrufbar unter: https://www.canada.ca/en/canadian-heritage /services/rights-lgbti-persons.html (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 029/18 Seite 14 wie der Regierung oder der UN.43 Auf regionaler Ebene wurden weitere gesetzliche Maßnahmen getroffen, um Menschen im Hinblick auf ihre Geschlechtsidentität und ihren Geschlechtsausdruck zu schützen, z. B. in Ontario und Alberta zur Bekämpfung von Diskriminierung an Schulen .44 Die Menschenrechtskommission in Ontario hat z. B. im Jahr 2014 eine Richtlinie zur Verhütung von Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität und des Geschlechtsausdrucks erlassen. Dieser Richtlinie beschäftigt sich mit Fragen der Nutzung von Waschräumen und Umkleideräumen , mit Bekleidungsvorschriften, Gesundheitsdiensten, dem Bildungssystem, Strafverfolgungs - und Justizbehörden, Einzelhandelsgeschäften, Wohnungen und Arbeitsplätzen.45 4.4. Luxemburg Auch in Luxemburg wird das Thema Intergeschlechtlichkeit erst seit wenigen Jahren öffentlich diskutiert. So wurde im Regierungsprogramm 2013 vereinbart, sich mit Fragen zur Intergeschlechtlichkeit zu befassen und nachfolgend wurden in einigen parlamentarischen Anfragen die Rechte trans- und intersexueller Menschen diskutiert.46 Zudem bildete sich eine Interministerielle Arbeitsgruppe „LGB+T+I“. Diese steht auch in Kontakt zum Nationalen Referenzzentrum für die Förderung der affektiven und sexuellen Gesundheit. Das Referenzzentrum verfolgt das Ziel, die sexuelle Gesundheit in Luxemburg durch Information, Sensibilisierung und Fortbildung zu fördern.47 Eine im Juni 2016 erfolgte Neuregelung im Arbeitsgesetzbuch behandelt die Diskriminierung aufgrund einer Geschlechtsumwandlung als Diskriminierung wegen des Geschlechts, die verboten ist.48 43 Canadian human rights commission, LGBTQ2I + Rights, abrufbar unter: http://www.chrc-ccdp.gc.ca/eng/content /lgbtq2i-rights (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 44 Education Act, abrufbar unter: https://www.ontario.ca/laws/statute/90e02 (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018); Bill 24, An Act to Support Gay-Straight Alliances, abrufbar unter: http://www.assembly.ab.ca/ISYS/LAD- DAR_files/docs/bills/bill/legislature_29/session_3/20170302_bill-024.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). Dazu siehe auch CBC, Sarah Rieger, Alberta judge dismisses bid to place gay-straight alliance law on hold, 27. Juni 2018, abrufbar unter: https://www.cbc.ca/news/canada/calgary/gsa-injunction-overturned-1.4724713 (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 45 Ontario Human Rights Commission, Policy on preventing discrimination because of gender identity and gender expression, 13. Preventing and responding to discrimination, abrufbar unter: http://www.ohrc.on.ca/en/policypreventing -discrimination-because-gender-identity-and-gender-expression/13-preventing-and-responding-discrimination (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 46 Programme gouvernemental, S. 13, abrufbar unter: https://gouvernement.lu/content/dam/gouvernement/fr/dossiers /gouv-2013/assermentation/programme-gouvernemental.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018); vgl. dazu auch eine Antwort des Justizministeriums zur Begriffsklärung Intersexualität, abrufbar unter: http://www.mj.public.lu/Courrier_public/QP-1912_2125-Reponse.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 47 Nationales Referenzzentrum für die Förderung der affektiven und sexuellen Gesundheit, abrufbar unter: http://www.cesas.lu/de/cesas.html sowie zum Netzwerk http://www.cesas.lu/de/reseau.html (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 48 Code du travail, Art. L. 241-1, S. 117, abrufbar unter: http://data.legilux.public.lu/file/eli-etat-leg-code-travail- 20161231-fr-pdf.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). Zur Diskriminierung am Arbeitsplatz allgemein stellt die Arbeitskammer (Chambre des salariés Luxembourg) Informationen zur Verfügung, abrufbar unter: https://www.csl.lu/fr/vos-droits/droit-du-travail/la-discrimination (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 029/18 Seite 15 4.5. Malta Das im Jahr 2015 beschlossene Gesetz über Geschlechtsidentität, Geschlechtsausdruck und Geschlechtsmerkmale 49 hat zum Ziel, die Diskriminierung trans- und intersexueller Personen zu verhindern und sie in allen Bereichen des Lebens vollständig zu integrieren. Es führt ein schnelles , transparentes und zugängliches Verfahren der geschlechtsspezifischen Anerkennung ein, das im Sinne des Selbstbestimmungsrechts auf eigenen Angaben und nicht auf medizinischer Diagnose oder Behandlung beruht. Darüber hinaus enthält es ein Verbot geschlechtsbestimmender Operationen bei Neugeborenen und Kindern. Sie dürfen erst dann operiert werden, wenn sie einwilligungsfähig sind.50 4.6. Niederlande Nach Artikel 1 der niederländischen Verfassung51 ist die Diskriminierung wegen des Geschlechts untersagt. Darüber hinaus schützt das Gleichbehandlungsgesetz vor unmittelbarer und vor mittelbarer Diskriminierung wegen des Geschlechts.52Auch der aktuelle Koalitionsvertrag bekräftigt, dass die Rechte und Positionen der LSBTI gestärkt werden sollen und die strafrechtliche Sanktion von Diskriminierungen aufrechterhalten bleibt.53 Zur Gleichstellung des LSBTI-Personenkreises in den Bereichen Bildung, Sicherheit, Gesundheit, Arbeitsmarkt, Medien, Politik, Recht und Lebensformen ist ein Subventionsprogramm zur Förderung sozialer Einrichtungen mit einer 49 Gender Identity, Gender Expression and Sex Characteristics Bill, abrufbar unter: https://www.parlament.mt/media /37237/bill-70-gender-identity-gender-expression-and-sex-characteristics-bill.pdf (zuletzt abgerufen am 10. April 2018). Zum Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens siehe: https://www.parlament.mt/billdetails ?bid=494&l=1&legcat=13 (zuletzt abgerufen am 10. April 2018). 50 Zum Inkrafttreten des Gesetzes siehe auch Transgender Europe, Malta adopts ground-breaking trans- and intersex law vom 1. April 2015, abrufbar unter: https://tgeu.org/malta-adopts-ground-breaking-trans-intersex-law/ (zuletzt abgerufen am 10. April 2018). 51 De Nederlandse Grondwet, abrufbar unter: https://www.denederlandsegrondwet.nl/id/vkjaj9crtkv7/hoofdstuk _1_grondrechten (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018) und vgl. hierzu in deutscher Sprache NiederlandeNet Münster, abrufbar unter: https://www.uni-muenster.de/NiederlandeNet/nl-wissen/rechtjustiz/vertiefung/grundrechte /klassischegrundrechte.html (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 52 Algemene wet gelijke behandeling aus dem Jahr 1994 mit Stand 2015 ist abrufbar unter: http://wetten.overheid .nl/BWBR0006502/2015-07-01 (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018); vgl. Artikel 1. Eine englische Übersetzung mit Stand allerdings von 2013 ist abrufbar über das College voor de Rechten van de Mens unter: https://mensenrechten.nl/sites/default/files/2013-05-08.Legislation%20Equal%20Treatment.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 53 Vertrouwen in de toekomst, Regeerakkoord 2017 – 2021 (Vetrauen in die Zukunft, Koalitionsvertrag 2017 – 2021), S. 10, abrufbar unter: https://www.kabinetsformatie2017.nl/documenten/publicaties/2017/10/10/regeerakkoord -vertrouwen-in-de-toekomst (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). Eine englische Version ist abrufbar unter: https://www.kabinetsformatie2017.nl/documenten/verslagen/2017/10/10/coalition-agreement-confidence -in-the-future (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 029/18 Seite 16 Laufzeit von 2017 bis 2022 geschaffen worden.54 Mit diesem Programm sollen einerseits strategische Partnerschaften zwischen Regierung und sozialen Organisationen durch institutionelle Förderung und andererseits Projektförderungen entwickelt werden. Die Organisationen haben beispielsweise die Aufgabe: Wissen über LSBTI für die Öffentlichkeit und Einzelpersonen zur Verfügung zu stellen, unabhängige Forschung zu betreiben, eine Plattform zum Austausch und zur Unterstützung betroffener Personen zu schaffen oder individuelle Unterstützung und Beratung anzubieten. Das niederländische Parlament berät derzeit über einen Gesetzentwurf, wonach der Schutz gegen Diskriminierung nach dem Gleichbehandlungsgesetz explizit Transgender und Intergeschlechtliche umfassen soll.55 4.7. Norwegen Sexuelle Minderheiten fühlen sich nach Darstellung Norwegens heute im Grundsatz akzeptiert und treffen auf einen offenen Umgang. Das norwegische Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsgesetz fördert die Gleichheit im Sinne einer Gleichstellung und Chancengleichheit und verbietet Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Geschlechtsidentität und des Geschlechtsausdrucks .56 Eine Ombudsstelle für Gleichstellung und Antidiskriminierung überwacht die Einhaltung des Gesetzes, berät und unterstützt Betroffene kostenlos.57 Der Staat unterstützt finanziell verschiedene Organisationen wie die landesweit tätige Society for Gender and Sexual Diversity (FRI), die sich auch für die Gleichstellung Intergeschlechtlicher vor allem durch Öffentlichkeitsarbeit und Projekte einsetzt.58 54 Regeling van de Minister van Onderwijs, Cultuur en Wetenschap van 22 november 2016, nr. 890779, houdende regels voor het verstrekken van subsidies gender- en LHBTI-gelijkheid (Subsidieregeling gender- en LHBTI-gelijkheid 2017–2022), abrufbar unter: https://zoek.officielebekendmakingen.nl/stcrt-2016-64836.html (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 55 Informationen zum Stand des Gesetzgebungsverfahrens abrufbar unter: https://www.tweedekamer.nl/kamerstukken /wetsvoorstellen/detail?id=2017Z00395&dossier=34650 (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 56 Act relating to equality and a prohibition against discrimination (Equality and Anti-Discrimination Act), abrufbar unter: https://lovdata.no/dokument/NLE/lov/2017-06-16-51 (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 57 The Equality and anti-discrimination Ombud, abrufbar unter: http://www.ldo.no/en/nyheiter-og-fag/om-ombudet /arbeidet-vart/ (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 58 Foreningen for kjønns- og seksualitetsmangfold (FRI), abrufbar unter: https://foreningenfri.no/ (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 029/18 Seite 17 4.8. Polen Nach Artikel 32 Absatz 1 der polnischen Verfassung59 sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Artikel 32 Absatz 2 der Verfassung verbietet jegliche Diskriminierung im öffentlichen, sozialen oder wirtschaftlichen Bereich. Der Beauftragte für die Bürgerrechte wacht über die Einhaltung der in der Verfassung festgeschriebenen Rechte (Artikel 208 Absatz 1 der Verfassung). 4.9. Schweden Sexuelle Minderheiten und insbesondere intersexuelle Personen erfahren nach Darstellung Schwedens eine weitaus offenere und tolerantere Haltung in der Gesellschaft, als dies noch vor einigen Jahren der Fall war. Das Diskriminierungsgesetz60 verbietet eine Diskriminierung am Arbeitsplatz , im Bildungsbereich, in der Wirtschaft und im Wohnungswesen (zum Beispiel bei Vermietung ) auch aufgrund des Geschlechts. Eine im Diskriminierungsgesetz geregelte Ombudsstelle tritt für die Stärkung von Gleichheitsrechten ein und bekämpft Diskriminierungen. Im Einzelfall kann die Ombudsstelle auch Fälle vor Gericht bringen.61 Der Staat unterstützt finanziell mehrere Interessengruppen (z. B. die landesweit tätige LSBTQ-Organisation Riksförbundet för homosexuellas , bisexuellas och transpersoners rättigheter – RFSL62), die sich auch für die Belange Intersexueller einsetzen. Das Gesetz über die Anerkennung des Geschlechts sah bis zum Jahr 2013 in bestimmten Fällen vor, dass Personen, die ihr rechtliches Geschlecht ändern wollten, sterilisiert werden sollten. Nunmehr erhalten Personen, die sich aufgrund der vorherigen Rechtslage einer Sterilisation unterziehen mussten, eine staatliche Entschädigung in Höhe von 225.000,- schwedischen Kronen (ca. 22.000,- Euro).63 Nach einer Pressemitteilung des Ministers für Krankenversicherung , Gesundheitswesen und Sport entspräche das Erfordernis einer Sterilisation nicht mehr dem heutigen Gesellschaftsbild. Die Regierung sehe die Regelung als falsch an und verurteile sie ausdrücklich.64 59 Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej, 1997, abrufbar unter: http://www.sejm.gov.pl/prawo/konst/polski/kon1.htm zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018) und in deutscher Sprache abrufbar unter: http://www.sejm.gov.pl/prawo/konst/niemiecki/kon1.htm zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 60 Diskrimineringslag (2008:567), eine englische Übersetzung des Gesetzes ist abrufbar unter: https://www.government .se/4a788f/contentassets/6732121a2cb54ee3b21da9c628b6bdc7/oversattning-diskrimineringslagen_eng.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 61 Equality Ombudsman, in englischer Sprache abrufbar unter: http://www.do.se/other-languages/english/ (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 62 RFSL, abrufbar unter: https://www.rfsl.se/en/ (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 63 Siehe hierzu auch die deutsche Berichterstattung bei queer.de vom 26. März 2018, abrufbar unter: http://www.queer.de/detail.php?article_id=30878 (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 64 Pressemitteilung des schwedischen Ministers für Krankenversicherung, Gesundheitswesen und Sport vom 29. April 2016, Government takes initiative for bill on compensation for people sterilised in connection with changes of gender, abrufbar unter: https://www.government.se/press-releases/2016/04/government-takes-initiative -for-bill-on-compensation-for-people-sterilised-in-connection-with-changes-of-gender/ (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 029/18 Seite 18 4.10. Schweiz Artikel 8 Absatz 1 und 2 der Bundesverfassung regeln die Rechtsgleichheit der Menschen und das Diskriminierungsverbot auch aufgrund des Geschlechts.65 Der Bundesrat nahm im letzten Jahr Stellung zu mehreren Fragen einer Abgeordneten zum Thema intersexuelle Kinder.66 Im Jahr 2012 legte die Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK) einen Bericht zum Umgang mit Varianten der Geschlechtsentwicklung vor.67 Der Bericht enthält 14 Empfehlungen , die sich vor allem an die Mediziner und die Fachverbände, teils aber auch an staatliche Stellen richten. Im Zentrum steht die Forderung, gegen jede Form von Diskriminierung vorzugehen. Geschlechtsbestimmende Operationen bei Kindern sollen nur ausnahmsweise zur Abwendung schwerer Schäden am Körper und an der Gesundheit durchgeführt werden können. Die Schweizer Regierung teilt die Auffassung der Nationalen Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK), „dass der offene, nicht diskriminierende Umgang mit Menschen uneindeutigen Geschlechts eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe ist“. Eine wichtige Rolle spielten zudem die erhöhte Sensibilität in der breiten Öffentlichkeit und die Anstrengungen der Medizin, bei der Betreuung und Behandlung von Betroffenen deren Selbstbestimmungsrecht und die Achtung ihrer körperlichen und psychischen Integrität in den Vordergrund zu stellen.68 4.11. Tschechien Nach einer aktuellen Umfrage des Instituts für Soziologie der Tschechischen Akademie der Wissenschaften zu Homosexualität steht die tschechische Gesellschaft im Allgemeinen dem Personenkreis LSBT nicht feindselig gegenüber.69 Auch wenn sich die Fragen nicht auf Intergeschlechtliche beziehen, so wird dennoch daraus gefolgert, dass sich die liberalen Einstellungen auch auf die Akzeptanz gegenüber Intergeschlechtlichen übertragen lassen. Allerdings sei das Risiko einer Diskriminierung nach einer operativen Geschlechtsanpassung erhöht, wenn im behördlichen und im privatrechtlichen Umgang z. B. im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, diese 65 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 mit Stand 1. Januar 2018, abrufbar unter: https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19995395/index.html (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 66 Interpellation 17.4183, Intersexuelle Personen. Kinderschutz, Statistiken und Informationen für das medizinische Personal und die Eltern, abrufbar unter: https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft ?AffairId=20174183 (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 67 Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin, Zum Umgang mit Varianten der Geschlechtsentwicklung : Ethische Fragen zur „Intersexualität“, Stellungnahme Nr. 20/2012, November 2012, abrufbar unter: https://www.nek-cne.admin.ch/inhalte/Themen/Stellungnahmen/NEK_Intersexualitaet_De.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 68 Der Bundesrat, Das Portal der Schweizer Regierung, Menschen mit uneindeutigem Geschlecht - Sensibilität fördern , Mitteilung vom 6. Juli 2016, abrufbar unter: https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen .msg-id-62507.html (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 69 Zur Umfrage der Tschechischen Akademie der Wissenschaften siehe Bericht Postoje veřejnosti k právům homosexuálů – květen 2013 unter: https://web.archive.org/web/20150101072706/http://cvvm.soc.cas.cz/media /com_form2content/documents/c1/a7023/f3/ov130604.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). So stimmten 74 Prozent der Befragten der Anerkennung des Rechts auf Eintragung einer eingetragenen Partnerschaft zu, 51 Prozent der Befragten sprachen sich für die gleichgeschlechtliche Ehe aus. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 029/18 Seite 19 Umwandlung offen gelegt werden müsse. Das tschechische Allgemeine Antidiskriminierungsgesetz 70 verbietet die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung. Eine Ombudsstelle verfolgt die Einhaltung dieses Gesetzes und tritt für die Gleichbehandlung aller Menschen ein.71 Vor bereits mehr als zehn Jahren befasste sich eine der Regierung unterstellte Arbeitsgruppe für sexuelle Minderheiten mit diesem Thema.72 Diese Arbeitsgruppe setzt sich heute für die Rechte der LSBTI ein. Zu den Mitgliedern dieser Arbeitsgruppe gehören Vertreter der öffentlichen Verwaltung sowie Nichtregierungs- und gemeinnützige Organisationen, die mit LSBTI-Minderheiten in der Tschechischen Republik in Verbindung stehen. Für die Rechte von Transsexuellen und Intergeschlechtlichen setzt sich in Tschechien die 2015 gegründete „Organisation Heumann“ ein.73 4.12. Vereinigtes Königreich Nach dem Gleichheitsgesetz74 sind Diskriminierungen wegen des Geschlechts und aufgrund von Geschlechtsumwandlungen verboten. Nach der Gesetzesbegründung75 ist damit jedoch lediglich eine Geschlechtsumwandlung von Frauen und Männern, nicht aber von Intersexuellen gemeint. Das Gesetz geht insofern noch von einem binären Geschlechtsverständnis aus und schützt transsexuelle Menschen. Ein von der Universität Huddersfield erstellter Beitrag fordert einen nationalen Bericht zur Lage Intersexueller im Vereinigten Königreich sowie eine Anpassung des Gleich- 70 ACT of 23 April 2008 on equal treatment and on the legal means of protection against discrimination and on amendment to some laws (the Anti-Discrimination Act), abrufbar unter: https://www.ochrance.cz/fileadmin /user_upload/DISKRIMINACE/pravni_predpisy/Anti-discrimination-Act.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 71 Ombudsman, Public defender of Rights, abrufbar unter: https://www.ochrance.cz/en/public-defender-of-rights/ (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 72 Analysis of the Situation of Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender Minority in the Czech Republic, Working Group for the Issues of Sexual Minorities of the Minister for Human Rights and National Minorities, 2007, abrufbar unter: https://www.vlada.cz/assets/ppov/rlp/vybory/sexualni-mensiny/EN_analyza_web.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). Zum Kapitel Intergeschlechtliche siehe ab S. 43 sowie Mitteilung der tschechischen Regierung vom 6. Dezember 2008, abrufbar unter: https://www.vlada.cz/en/ppov/rlp/working-group-for-sexualminorities -46632/ (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 73 Siehe Artikel Genders in Prague, abrufbar unter https://www.politico.eu/article/between-genders-in-praguetransgender -czech-republic-id-card/ (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018) bzw. Artikel vom 31. März 2017 bei iROZHLAS (öffentlich-rechtlicher Hörfunk in Tschechien), abrufbar unter: https://www.irozhlas.cz/zpravydomov /kvuli-udaji-v-obcance-museji-na-sterilizaci-transgender-lide-v-cesku-pozaduji-upravuzakona _201703311220_pjadrny (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 74 Equality Act 2010, abrufbar unter: http://www.legislation.gov.uk/ukpga/2010/15/pdfs/ukpga_20100015_en.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018). 75 Explanatory Notes to the Equality Act 2010, abrufbar unter: http://www.legislation .gov.uk/ukpga/2010/15/notes/division/3/2/1/4 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 029/18 Seite 20 heitsgesetzes, damit auch Intersexuelle ausdrücklich bei Geschlechtsumwandlungen vor Diskriminierungen geschützt werden. Der Staat wird aufgefordert, zu handeln, damit Kinder nicht irreversibel geschlechtsbestimmend operiert werden. 76 *** 76 Monro, Surya, Crocetti, Daniela, Yeadon-Lee, Tray, Garland, Fae and Travis, Mitch (2017), Intersex, Variations of Sex Characteristics, and DSD: The Need for Change. Research Report. University of Huddersfield, October 2017, abrufbar unter: http://eprints.hud.ac.uk/id/eprint/33535/1/Intersex%20Variations%20of%20Sex%20Characteristics %20and%20DSD%20%20the%20Need%20for%20ChangereportOct10.pdf (zuletzt abgerufen am 10. Juli 2018).