WD 9 - 3000 – 029/17 (12. Juli 2017) © 2017 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. In Deutschland gibt es keine generelle Verpflichtung zu bestimmten ärztlichen Untersuchungen von Schwangeren und Neugeborenen; es gibt aber Untersuchungen, die empfohlen und von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden. Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sind im Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V1) geregelt. Nach § 24c und 24d SGB V haben Schwangere Anspruch auf ärztliche Betreuung zur Schwangerenvorsorge und auf Hebammenhilfe bis zum Ablauf von zwölf Wochen nach der Geburt. Während der Schwangerschaft gehören zur regulären Vorsorge 12 bis 13 Untersuchungen. Die erste sollte kurz nach Beginn der Schwangerschaft stattfinden, die folgenden in Abständen von etwa vier Wochen. In den letzten zwei Monaten vor dem Geburtstermin haben werdende Mütter Anspruch auf einen Vorsorgetermin alle 14 Tage.2 Die Betreuung einer Schwangeren bis zur Geburt kann von einem Arzt oder einer Hebamme übernommen werden3; Ultraschall-Untersuchungen werden in der Regel in einer gynäkologischen Praxis vorgenommen. Nach der Geburt hat die Mutter Anspruch auf zwei ärztliche Untersuchungen, von denen eine innerhalb der ersten Woche nach der Entbindung vorzunehmen ist und die zweite sich innerhalb der ersten sechs Wochen nach der Geburt anschließt.4 Bis zum 10. Tag nach der Geburt können Mütter die Hilfe einer Hebamme bis zu zwanzigmal in Anspruch nehmen, innerhalb von zwölf 1 Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 30 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 1966) geändert worden ist. 2 Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung („Mutterschafts-Richtlinien“), abrufbar unter https://www.g-ba.de/downloads/62-492- 1223/Mu-RL_2016-04-21_2016-07-20.pdf , Abschnitt A, Nummer 4. 3 Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung („Mutterschafts-Richtlinien“), Abschnitt A, Nummer 7. 4 Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung („Mutterschafts-Richtlinien“), Abschnitt F. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Medizinische Betreuung von Schwangeren und Neugeborenen Kurzinformation Medizinische Betreuung von Schwangeren und Neugeborenen Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Wochen können darüber hinaus 16 Hebammen-Leistungen mit der gesetzlichen Krankenkasse abgerechnet werden.5 Für Familien in belastenden Lebenssituationen bietet das bundesweite Netzwerk „Frühe Hilfen“ darüber hinaus die Möglichkeit der gesundheitlichen Vorsorge und der psychosozialen Unterstützung durch sog. „Familienhebammen“ bis zu einem Jahr nach der Geburt des Kindes. Das Angebot der Initiative „Frühe Hilfen“ wird – basierend auf einer Regelung des Kinderschutzgesetzes 6 - nicht von den gesetzlichen Krankenkassen, sondern von den Kommunen finanziert und kann von betroffenen Familien auf freiwilliger Basis zusätzlich in Anspruch genommen werden. Neugeborene und Kinder, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, haben nach § 26 SGB V Anspruch auf insgesamt elf ärztliche Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten, die von niedergelassenen Ärzten durchgeführt werden können, und zwar: U 1: Neugeborenen-Untersuchung unmittelbar nach der Geburt bis zum dritten Lebenstag (mit Hörscreening und Screening auf Mukoviscizose bei Neugeborenen) U 2: 3.-10. Lebenstag U 3: 4.-5. Lebenswoche U 4: 3.-4. Lebensmonat U 5: 6.-7. Lebensmonat U 6: 10-12. Lebensmonat U 7: 21.-24. Lebensmonat U 7a: 34.-36. Lebensmonat U 8: 46.-48. Lebensmonat U 9 60.-64. Lebensmonat sowie J 1: 13.-14. Lebensjahr.7 Diese Untersuchungen werden von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt, die Teilnahme daran ist aber nicht verpflichtend. Nach § 26 Abs. 3 SGB V sind die Krankenkassen angehalten, „auf eine Inanspruchnahme der Leistungen hinzuwirken.“ Auf welchem Weg dies geschieht, hängt von den unterschiedlichen rechtlichen Vorgaben und Vereinbarungen in den jeweiligen Bundesländern ab.8 In den Schulgesetzen ist eine Schuleingangsuntersuchung (oder der Nachweis über die Teilnahme an der letzten Früherkennungsuntersuchung) zumeist verpflichtend 5 Details zu den einzelnen Leistungen sind im Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach §134a SGB V geregelt, eingestellt unter https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung _1/ambulante_leistungen/hebammen/aktuelle_dokumente/Hebammen_Vertrag _nach__134a_SGB_V_in_der_Fassung_des_Schiedsspruchs_2015.pdf . 6 Gesetz zur Stärkung eines aktiven Schutzes von Kindern und Jugendlichen vom 22. Dezember 2011, Bundesgesetzblatt Jg. 2011 Teil I Nr.70, ausgegeben zu Bonn am 28. Dezember 2011. 7 Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres (Kinder-Richtlinie) in der Fassung vom 18. Juni 2015, zuletzt geändert am 24. November 2016, §§ 1, 2, S. 6 f., abrufbar unter https://www.g-ba.de/downloads/62-492-1333/RL_Kinder_2016- 11-24_iK-2017-01-28.pdf . 8 Übersicht über die Kinderschutzkonzepte der Länder unter https://www.fruehehilfen.de/qualitaetsentwicklungim -kinderschutz/kinderschutzkonzepte-der-bundeslaender/?L=0 Kurzinformation Medizinische Betreuung von Schwangeren und Neugeborenen Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 3 vorgesehen; in vielen Ländern ist auch eine Kita-Eingangsuntersuchung (oder der Nachweise über die Teilnahme an der letzten Früherkennungsuntersuchung) verpflichtend.9 Die Teilnahmequote an den Früherkennungsuntersuchungen liegt nach einer Erhebung aus dem Jahr 2006 insgesamt bei 97 Prozent. 10 9 Vgl. dazu auch: Einführung verpflichtender Kindervorsorgeuntersuchungen? Überblick über die Verfassungsund Rechtslage, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, WD 3 – 143/14 vom 4. Juli 2014, abrufbar unter http://www.bundestag.de/blob/406316/8f4c316937f69892c86fce34c6946d28/wd-3-143-14-pdfdata .pdf 10 Erkennen – Bewerten – Handeln: Zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland, herausgegeben vom Robert-Koch-Institut Berlin und von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Köln im Dezember 2008, S. 127.