WD 9 - 3000 – 028/19 (17. April 2019) © 2019 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Die gesetzlichen Regelungen der Kinder- und Jugendhilfe bieten ein breites Spektrum an Unterstützungsleistungen für Kinder und Jugendliche. Für eine Reihe von Leistungen sieht das Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) 1 Kostenbeteiligungen vor, die in einer Kostenbeitragsverordnung 2 konkretisiert werden. Zu den ambulanten Leistungen, für die Kostenbeiträge erhoben werden können (§ 90 SGB VIII), gehört etwa die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege. Zu den stationären und teilstationären Leistungen gehören beispielsweise die Unterkunft in einer sozialpädagogisch begleiteten Wohnform, die Betreuung von Kindern in Notsituationen , Hilfen zur Erziehung in Vollzeitpflege, in einem Heim oder anderen betreuten Wohnformen oder die Eingliederungshilfe seelisch behinderter Kinder und Jugendlicher in Tageseinrichtungen und anderen teilstationären Einrichtungen (§ 91 SGB VIII). Für alle hier genannten stationären und teilstationären Leistungen sowie vorläufigen Maßnahmen sehen die §§ 91-94 SGB VIII Kostenbeteiligungen der Leistungsberechtigten vor. Nach § 92 SGB VIII werden die jungen Menschen selbst, ihre Ehe- bzw. Lebenspartner und ihre Eltern zu Kostenbeiträgen herangezogen. Die Eltern sind nach dem Gesetzeswortlaut zwar erst an dritter Stelle zu beteiligen , sie sind damit aber auch dann in der Pflicht, wenn der vorrangig Haftende nicht die vollen Kosten ausgleichen kann. 1 Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder und Jugendhilfe - in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2012, BGBl. I S. 2022, zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 19. Dezember 2018, BGBl. I S. 2696. 2 Verordnung zur Festsetzung der Kostenbeiträge für Leistungen und vorläufige Maßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe (Kostenbeitragsverordnung - KostenbeitragsV) vom 1. Oktober 2005, BGBl. I S. 2907, zuletzt geändert durch die Verordnung vom 5. Dezember 2013, BGBl. I S. 4040. Siehe auch: Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter , Gemeinsame Empfehlungen zur Kostenbeteiligung nach dem SGB VIII. Heranziehung zu den Kosten nach §§ 91ff. SGB VIII, beschlossen auf der 124. Arbeitstagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter vom 2. bis 4. Mai 2018 in Hamburg in der jeweils gültigen Fassung, Stand 4. Mai 2018, abrufbar unter https://lsjv.rlp.de/fileadmin/lsjv/Dateien/Aufgaben/Kinder_Jugend_Familie/Materialien_Sonstige/wirt-Jugendhilfe _Gemeinsame_Empfehlungen_gem._91_ff_SGB_VIII.pdf . Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Zur Anrechnung des Einkommens Jugendlicher auf Kostenbeiträge im Kinder- und Jugendhilferecht Kurzinformation Zur Anrechnung des Einkommens Jugendlicher auf Kostenbeiträge im Kinder- und Jugendhilferecht Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Nach § 93 SGB VIII gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert (mit Ausnahme von Renten und Beihilfen) abzüglich gezahlter Steuern, der Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung sowie (angemessener) Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen zur Absicherung der Risiken Alter, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit. Dabei zählen Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II3 oder dem SGB XII4 zu den Einkünften, die bei der Festlegung der Kostenbeteiligung dem Einkommen zuzurechnen sind.5 Die Heranziehung zu jugendhilferechtlichen Kostenbeiträgen unterliegt anderen Vorgaben als zivilrechtliche Unterhaltspflichten , wobei dem Kostenbeitrag ein Vorrang eingeräumt wurde.6 Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 20107 ist ein Kostenbeitrag allerdings nur dann angemessen und damit rechtmäßig, wenn er der kostenbeitragspflichtigen Person den unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt belässt. Da dieser höher liegt als der Regelsatz der Grundsicherung, kann in der Regel ein Kostenbeitrag von Grundsicherungsbeziehern nicht erhoben werden.8 *** 3 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende -, Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954, zuletzt geändert Zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 18. Dezember 2018, BGBl I, S. 2651.. 4 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - , Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022, zuletzt geändert durch Art. 2 G vom 10. Juli 2018, BGBl. I, S. 1117. 5 § 93 Abs. 1 SGB VIII benennt alle Ausnahmen, vgl. dazu: Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familienrecht: DIJuF-Rechtsgutachten vom 5. September 2013, J 8.300 Sch, abgedruckt in: Das Jugendamt. Zeitschrift für Jugendhilfe und Familienrecht (JAmt) 09/2013, S. 456; Söfker, Carolin, Änderungen im Kostenbeitragsrecht der Kinder – und Jugendhilfe. Das Gesetz zur Verwaltungsvereinfachung in der Kinder- und Jugendhilfe und die Änderungsverordnung zur Kostenbeitragsverordnung, in: Das Jugendamt. Zeitschrift für Jugendhilfe und Familienrecht (JAmt) 09/2013, S. 434-439; Krekeler, Michael, Kostenbeitrag der Eltern bei Fremdunterbringung des Kindes nach dem SGB VIII, in: Familie und Recht (FuR) 2016 Ausgabe 4, S. 216 – 219. 6 Krome in: Schlegel/Voelzke, juris-pk-SGB VIII, 2. Aufl. 2018, § 92 SGB VIII, Rn 20. Ausführlich dazu: Schürmann , Heinrich, Großeltern in der Verantwortung. Vollzeitpflege im Spagat zwischen Kostenbeitrag und Unterhaltsrecht , in: Die Sozialgerichtsbarkeit (SGb) 2017, S. 683-690. 7 BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 – 5 C 10/09 – (OVG Schleswig), abgedruckt in: NJW 2011, 97. 8 Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familienrecht: DIJuF-Rechtsgutachten vom 5. September 2013, J 8.300 Sch, abgedruckt in: Das Jugendamt. Zeitschrift für Jugendhilfe und Familienrecht (JAmt) 09/2013, S. 456.