© 2018 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 028/18 Studien zu gesundheitlichen Auswirkungen einer Zuckersteuer Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 028/18 Seite 2 Studien zu gesundheitlichen Auswirkungen einer Zuckersteuer Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 028/18 Abschluss der Arbeit: 28. Mai 2018 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 028/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Studien zu den Auswirkungen von Zuckersteuern auf den Body-Mass-Index 5 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 028/18 Seite 4 1. Einleitung Ein hoher Konsum von zuckerhaltigen Nahrungsmitteln wird immer mehr als gesundheitliches Problem angesehen. Übermäßiger Zuckerkonsum wird für die Entstehung verschiedener Krankheiten verantwortlich gemacht, etwa Adipositas (krankhafte Fettleibigkeit) oder Diabetes Typ 2.1 Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt zur Senkung des Zuckerkonsums insbesondere die Einführung einer Steuer auf zuckerhaltige Getränke.2 In einigen Ländern wurde eine solche Steuer bereits eingeführt. Die Auswirkungen dieser Steuern auf das Konsumverhalten der Bevölkerung sowie Rezepturveränderungen der Hersteller wurden bereits untersucht.3 Studien zu gesundheitlichen Auswirkungen der Zuckersteuer sind hingegen nur vereinzelt zu finden. Die Autoren eines Berichtes des New Zealand Institute of Economic Research (NZIER) an das neuseeländische Gesundheitsministerium kamen 2017 nach der Auswertung von 47 Studien zu dem Ergebnis : “There are very few studies linking a tax to any improvement in health status or even to physiological risk factors, and those that do have made a range of assumptions to which results are highly sensitive. The difficulty in making the link from a tax to improvements in health is that long-term effects are involved and sugar taxes have not been in place long enough for these to be captured by existing data. The best that can be done in the meantime is to accurately measure responses to price changes, control for other possible influences, and make predictions based on epidemiological models that assume behaviours will not change. Quite apart from the lack of evidence that behaviour change will be permanent, these models rely on existing estimates of elasticities which may be flawed and typically assume that few or no substitutions involving compensatory calories take place.”4 Der Bericht enthält eine Übersicht von Studien, die die hypothetischen Auswirkungen einer Zuckersteuer einschätzen. Studien, die die tatsächlichen gesundheitlichen Auswirkungen von Zuckersteuern evaluieren, existieren hingegen – soweit ersichtlich – nur in Bezug auf die Vereinigten Staaten von Amerika, wo in einigen Bundesstaaten bereits seit mehr als zehn Jahren Steuern auf zuckerhaltige Erfrischungsgetränke (Soft Drinks) erhoben werden.5 Die Studien untersuchen ausschließlich den Body-Mass-Index (BMI), der sich aus dem Verhältnis von Körpergewicht und 1 Siehe dazu Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Steigender Zuckerkonsum – Zahlen, Positionen und Steuerungsmaßnahmen, WD 9 – 3000 – 53/16, abrufbar unter http://www.bundestag .de/blob/480534/0ae314792d88005c74a72378e3a42aec/wd-9-053-16-pdf-data.pdf (Stand: 22. Mai 2018). 2 World Health Organisation, Fiscal Policies for Diet and Prevention of Noncommunicable Diseases, 2016, abrufbar unter http://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/250131/9789241511247-eng.pdf?sequence=1 (Stand: 23. Mai 2018). 3 Siehe dazu Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Ausgestaltung einer Zuckersteuer in ausgewählten Ländern und ihre Auswirkung auf Kaufverhalten, Preise und Reformulierung, WD 5 – 3000 – 064/18. 4 New Zealand Institute of Economic Research (NZIER), Sugar taxes. A Review of the Evidence, 2017, abrufbar unter https://nzier.org.nz/static/media/filer_public/f4/21/f421971a-27e8-4cb0-a8fc- 95bc30ceda4e/sugar_tax_report.pdf (Stand: 22. Mai 2018), S. 20. 5 Im Jahr 2007 besteuerten 28 Bundesstaaten Soft Drinks höher als andere Nahrungsmittel, siehe Sturm et al., Soda Taxes, Soft Drink Consumption, and Children’s Body Mass Index, Health Affairs 2010, 29(5), S. 1052 - 1058, abrufbar unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2864626 (Stand: 22. Mai 2018). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 028/18 Seite 5 Körpergröße ergibt und als Richtwert für das Vorliegen von Übergewicht und Adipositas herangezogen wird. Im Folgenden werden einige dieser evaluierenden Studien kurz dargestellt. 2. Studien zu den Auswirkungen von Zuckersteuern auf den Body-Mass-Index Fletcher et al., Can Soft Drink Taxes reduce Population Weight?, Contemporary Economic Policy , 2010 Jan, 28(1), S. 23 - 35, abrufbar unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles /PMC2908024/ (Stand: 22. Mai 2018) Die Studie evaluiert die Auswirkungen von Änderungen einer Steuer auf Soft Drinks in 28 amerikanischen Bundesstaaten in den Jahren 1990 bis 2006. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass die Steuern nur eine sehr geringe Auswirkung auf das Gewicht der Bevölkerung hatten, wobei die untersuchten Steueränderungen auch nur sehr gering ausgefallen waren. So wird festgestellt , dass eine Erhöhung der Steuern um einen Prozentpunkt in den untersuchten Bundesstaaten zu einer Senkung des BMI-Wertes um 0,003 Punkte, einer Senkung der Fettleibigkeit um 0,01 Prozentpunkte und einer Senkung des Übergewichts um 0,02 Prozentpunkte führte. Die größten Veränderungen wurden in den drei niedrigsten (bis unter 20.000 USD) sowie in der höchsten (über 50.000 USD) untersuchten Einkommensklasse gemessen, außerdem bei Frauen, mittelalten bis älteren Konsumenten sowie bei Konsumenten mit höherem Bildungsgrad. Die Autoren errechnen , dass eine Erhöhung der Steuern um 55 Prozentpunkte den Anteil der gesamtamerikanischen Bevölkerung, die übergewichtig oder fettleibig sind, um 0,7 Prozentpunkte senken werde. Des Weiteren werde bei einer Erhöhung der Steuern auf 58 Prozent der durchschnittliche amerikanische BMI-Wert um 0,16 Prozentpunkte sinken. Zum Vergleich weisen die Autoren darauf hin, dass der Wert zwischen 1990 und 2006 um 2,3 Prozentpunkte gestiegen ist. Fletcher et al., Taxing Soft Drinks and restricting Access to Vending Machines to curb Child Obesity, Health Affairs 2010, 29(5), S. 1059 - 1066, zitiert nach Wright et al., Policy Lessons from Health Taxes: A systematic Review of empirical Studies, BMC Public Health 2017, 17:583, abrufbar unter https://bmcpublichealth.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12889-017-4497-z (Stand: 22. Mai 2018). Die Autoren untersuchen den Effekt von Steuern auf Soft Drinks bei Kindern und kommen zu dem Ergebnis, dass die Steuern keine statistisch relevanten Auswirkungen auf das Gewicht der Kinder hatten. Kinder in Bundessstaaten ohne Zuckersteuer hätten sogar weniger Kalorien durch zuckerhaltige Getränke zu sich genommen als in Staaten mit einer solchen Steuer. Die Autoren merken an, dass eine Steuer auf Soft Drinks dazu führen könne, dass Konsumenten diese Getränke durch nicht besteuerte, aber ähnlich zuckerhaltige Getränke, wie etwa Säfte, austauschten. Fletcher et al., The Effects of Soft Drink Taxes on Child and Adolescent Consumption and Weight Outcomes, Journal of Public Economics 2010(94), S. 967 - 974., abrufbar unter https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0047272710001222?via%3Dihub (Stand: 22. Mai 2018). In dieser Studie werden anhand von Befragungen die Auswirkungen von Steuern auf Soft Drinks auf die Kalorienaufnahme bei Kindern und Jugendlichen untersucht. Die Steuern hätten im überprüften Zeitraum zwischen 4,1 und 5,1 Prozent betragen. Es werden keine signifikanten Änderungen der täglichen Kalorienaufnahme gemessen. Die Autoren stellen fest, dass die befragten Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 028/18 Seite 6 Kinder und Jugendlichen zwar weniger zuckerhaltige Erfrischungsgetränke konsumierten, dafür aber mehr stark kalorienhaltige Vollmilchgetränke zu sich nahmen. Powell et al., Associations between state-level Soda Taxes and Adolescent Body Mass Index, Journal of Adolescent Health 2009(45), S. 57 - 63, zitiert nach Wright et al., Policy lessons from health taxes: a systematic review of empirical studies, BMC Public Health 2017, 17:583, abrufbar unter https://bmcpublichealth.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12889-017-4497-z (Stand: 22. Mai 2018). Die Autoren beurteilen den Effekt von Steuern auf Soft Drinks in Supermärkten und Getränkeautomaten auf den BMI von Jugendlichen in den Jahren 1997 bis 2006. Dabei werden keine statistisch signifikanten Änderungen festgestellt. Sturm et al., Soda Taxes, Soft Drink Consumption, and Children’s Body Mass Index, Health Affairs 2010, 29(5), S. 1052 - 1058., abrufbar unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles /PMC2864626/ (Stand: 22. Mai 2018). In dieser Studie werden die Auswirkungen von Steuern auf Soft Drinks, die im Jahr 2004 in Kraft waren, auf den BMI von Kindern untersucht. Die Höhe der Steuern habe dabei im Durchschnitt 4,2 Prozent betragen. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass eine Erhöhung der Steuern um einen Prozentpunkt den BMI bei Kindern um 0,013 Punkte senke. Die tatsächliche Höhe der Steuern sei nach Auffassung der Autoren zu gering gewesen, um messbare Auswirkungen zeigen zu können. ***