Deutscher Bundestag Elterngeld, Unterhaltsvorschuss und beitragsfreie Mitversicherung in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung – Auswirkungen einer Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrags bzw. des Kindergeldes und verfassungsrechtliche Maßstäbe für eine mögliche Kürzung dieser familienpolitischen Leistungen Stellungnahme zu den Fragen 1 und 2 des Auftrags im Zuständigkeitsbereich des Fachbereichs WD 9 Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste © 2013 Deutscher Bundestag WD 9 – 3000 - 028/13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 028/13 Seite 2 Elterngeld, Unterhaltsvorschuss und beitragsfreie Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenund sozialen Pflegeversicherung – Auswirkungen einer Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrag bzw. des Kindergeldes und verfassungsrechtliche Maßstäbe für eine mögliche Kürzung dieser familienpolitischen Leistungen Stellungnahme zu den Fragen 1 und 2 des Auftrags im Zuständigkeitsbereich des Fachbereichs WD 9 Aktenzeichen: WD 9 – 3000 - 028/13 Abschluss der Arbeit: 16. April 2013 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 028/13 Seite 3 1. Einleitung 4 2. Auswirkungen einer Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrages bzw. einer Erhöhung des Kindergeldes auf das Elterngeld, den Unterhaltsvorschuss und die beitragsfreie Mitversicherung in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung 4 2.1. Elterngeld 4 2.1.1. Allgemeines 4 2.1.2. Auswirkungen einer Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrags auf den Elterngeldanspruch 6 2.1.3. Auswirkung einer Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrags auf die Höhe des Elterngeldes 6 2.1.4. Auswirkung einer Erhöhung des Kindergeldes auf das Elterngeld 7 2.2. Unterhaltsvorschuss 7 2.2.1. Allgemeines 7 2.2.2. Auswirkung einer Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrags auf den Unterhaltsvorschuss 9 2.2.3. Auswirkung einer Erhöhung des Kindergeldes auf den Unterhaltsvorschuss 9 2.2.4. Ergebnis 10 2.3. Beitragsfreie Mitversicherung in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung (§§ 10 SGB V, 25 SGB XI) 10 2.3.1. Allgemeines 10 2.3.2. Ausschluss der beitragsfreien Mitversicherung bei Überschreiten bestimmter Einkommensgrenzen 11 2.3.3. Begriff des Gesamteinkommens im Sinne der §§ 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Halbsatz 1, Abs. 3 SGB V, 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Halbsatz 1, Abs. 3 SGB XI 12 2.3.3.1. Begriff der Einkünfte i. S. d. § 2 Abs. 2 EStG 12 2.3.3.2. Nichtabzugsfähigkeit von Kinderfreibeträgen im Sinne des § 32 Abs. 6 EStG bei der Ermittlung des Gesamteinkommens 13 2.3.3.3. Nichtberücksichtigung des Kindergeldes i. S. d. §§ 62 ff EStG, 1 ff BKGG bei der Ermittlung des Gesamteinkommens 14 2.3.4. Ergebnis 14 3. Mögliche Kürzung des Elterngeldes, des Unterhaltsvorschusses und der beitragsfreien Mitversicherung in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung bei Erhöhung des steuerlichen Kinderfreibetrags bzw. des Kindergeldes 14 3.1. Elterngeld 14 3.2. Unterhaltsvorschuss 16 3.3. Beitragsfreie Mitversicherung in der Gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung 16 4. Literatur 17 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 028/13 Seite 4 1. Einleitung In Deutschland gibt es eine Vielzahl familienpolitischer Leistungen, durch die unter anderem die finanzielle Situation von und die Rahmenbedingungen für Familien verbessert werden sollen. Die diversen Leistungen können in verschiedenen Beziehungen zueinander stehen. So besteht häufig nebeneinander ein Anspruch auf mehrere dieser staatlichen Leistungen, die in unterschiedlicher Weise aufeinander bezogen bzw. miteinander verknüpft sein können und zum Teil aufeinander anzurechnen sind. Werden die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen und/oder die Höhe einzelner Leistungen geändert, kann dies deshalb auch Auswirkungen auf den Anspruch und/oder die Höhe anderer familienpolitischer Leistungen haben. Im Mittelpunkt der nachfolgenden Ausführungen steht die Frage, ob und inwieweit sich eine Anhebung des Kinderfreibetrags und/oder die Erhöhung des Kindergeldes auf den Anspruch auf Elterngeld, Unterhaltsvorschuss sowie die beitragsfreie Mitversicherung Familienangehöriger in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der sozialen Pflegeversicherung (SPV) auswirken würden1. Im Anschluss daran wird der Frage nachgegangen, ob und inwieweit der Gesetzgeber – gemessen an verfassungsrechtlichen Maßstäben2 – das Elterngeld, den Unterhaltsvorschuss und die beitragsfreie Mitversicherung in der GKV und SPV bei Erhöhung des steuerlichen Kinderfreibetrags bzw. des Kindergeldes kürzen könnte3. 2. Auswirkungen einer Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrages bzw. einer Erhöhung des Kindergeldes auf das Elterngeld, den Unterhaltsvorschuss und die beitragsfreie Mitversicherung in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung 2.1. Elterngeld 2.1.1. Allgemeines Eltern, die ihre Kinder nach der Geburt selbst betreuen und erziehen, haben nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG4) einen Anspruch auf Elterngeld, wenn sie gemeinsam mit dem Kind ihren Wohnsitz in Deutschland haben und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit (maximal 30 Wochenstunden) ausüben5. Elterngeld kann gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 BEEG vom Tag der Geburt bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats des Kindes bezogen werden. Grundsätzlich kann jeder Elternteil Elterngeld für mindestens zwei und maximal 12 Monate beziehen; insgesamt liegt die maximale Bezugsdauer bei 14 Monaten. Alleinerziehende Elternteile können abweichend davon Elterngeld für den maximalen Zeitraum von 14 Monaten beziehen (§ 4 Abs. 3 BEEG). Auf Antrag ist die Verdoppelung des Be- 1 Vergleiche nachfolgende Ausführungen zu Gliederungspunkt 2. 2 Eine über die diesbezüglichen Ausführungen hinausgehende verfassungsrechtliche Prüfung der aufgeworfenen Fragen liegt in der Zuständigkeit des Fachbereichs WD 3 – Verfassung und Verwaltung. 3 Vergleiche nachfolgende Ausführungen zu Gliederungspunkt 3. 4 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz vom 5. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2748), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. Februar 2013 (BGBl. I S. 254), im Internet abrufbar unter http://www.gesetze-iminternet .de/bundesrecht/beeg/gesamt.pdf. 5 In § 1 Abs. 2 und 3 BEEG sind weitere Personengruppen definiert, die ebenfalls einen Anspruch auf Elterngeld nach dem BEEG haben. Eine Darstellung der speziellen Anspruchsvoraussetzungen erfolgt im Rahmen dieser Ausarbeitung nicht. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 028/13 Seite 5 zugszeitraums bei gleichzeitiger Halbierung des monatlichen Auszahlungsbetrags möglich (§ 6 BEEG). Bei Inanspruchnahme dieser Verlängerungsmöglichkeit kann Elterngeld demnach für maximal 28 Monate bezogen werden. Ziel des Elterngeldes ist es vor allem, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen , wenn sich die Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern6. Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, soll einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr erhalten7. Durch die Betreuung des Kindes sollen die Eltern keine allzu großen Einkommenseinbußen befürchten müssen8. Das Elterngeld soll insoweit die Wahlfreiheit zwischen Familie und Beruf stärken und richtet sich im Kern – über die Mindestförderung in Höhe von 300 Euro (vgl. § 2 Abs. 5 S. 1 BEEG) hinaus – an Erwerbstätige, die durch die Betreuung eines Kindes einem Bruch in ihrer Erwerbsbiographie ausgesetzt sind bzw. Einkommenseinbußen hinzunehmen haben9. Gemäß § 2 Abs. 1 BEEG wird Elterngeld grundsätzlich in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes (S. 1), maximal bis zu einem Betrag von 1.800 Euro (S. 2) gewährt. In Abhängigkeit vom erzielten Einkommen beträgt das Elterngeld gemäß § 2 Abs. 2 BEEG tatsächlich zwischen 65 und 100 Prozent des maßgeblichen Einkommens10. Unabhängig von einer vor der Geburt des Kindes ausgeübten Erwerbstätigkeit wird Elterngeld in Höhe von mindestens 300 Euro gezahlt (§ 2 Abs. 4 BEEG). Der Anspruch auf Elterngeld entfällt bei einem im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum zu versteuernden Einkommen von über 500.000 Euro pro Jahr bei Elternpaaren bzw. 250.000 Euro bei Alleinerziehenden (§ 1 Abs. 8 BEEG). Das Einkommen der Eltern – und damit möglicherweise das Kindergeld bzw. der steuerliche Kinderfreibetrag – spielt im Zusammenhang mit dem Elterngeld demnach an zwei Stellen eine Rolle: zum einen bei der Prüfung, ob ein grundsätzlich bestehender Anspruch auf Grund des Überschreitens der Einkommensgrenze ggf. entfällt, zum anderen bei der Ermittlung der Höhe des Elterngeldanspruchs. Diesbezügliche Einzelheiten werden im Folgenden dargestellt. 6 Vergleiche die Begründung des Gesetzesentwurfs in BT-Drs. 16/1889, S. 2, 15 und in BT-Drs. 16/2454, S. 2. 7 BT-Drs. 16/1889, S. 2, 15 und in BT-Drs. 16/2454, S. 2. 8 Vergleiche den Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des BEEG vom 13. Oktober 2008 in BT-Drs. 16/10770, S. 5f. 9 BT-Drs. 16/1889, S. 2, 15 und in BT-Drs. 16/2454, S. 2. 10 So wird in den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1.000 Euro war, der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1.000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 Prozent erhöht. In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1.200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1.200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent. Der Prozentsatz in Höhe von 67 Prozent findet demnach nur für Einkommen zwischen 1.000 und 1.200 Euro Anwendung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 028/13 Seite 6 2.1.2. Auswirkungen einer Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrags auf den Elterngeldanspruch Der Anspruch auf Elterngeld entfällt gemäß § 1 Abs. 8 BEEG, sofern die Eltern im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum ein zu versteuerndes Einkommen von über 500.000 Euro bzw. 250.000 Euro (Alleinerziehende) erzielt haben. Der Begriff des zu versteuernden Einkommens ist in § 2 Abs. 5 Einkommensteuergesetz (EStG11) definiert. Dabei wird zunächst die Summe aller Einkünfte i.S.d. § 2 Abs. 1 EStG errechnet, diese wird anschließend um bestimmte Beträge gekürzt und erst im Anschluss daran finden die Steuertabellen Anwendung. Zu den einkommensmindernden Freibeträgen zählen unter anderem die steuerlichen Freibeträge für Kinder. So werden nach Maßgabe von § 32 Abs. 6 EStG bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 2.184 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1.320 Euro für den Betreuungs - und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen. Bei zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehegatten verdoppeln sich die genannten Beträge, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht. Insgesamt kann pro Kind demnach ein Betrag von 3.504 Euro bzw. 7.008 Euro (gemeinsam veranlagte Eltern) von den zu berücksichtigenden Einkünften abgezogen werden12. Durch die Anhebung des Kinderfreibetrages reduziert sich somit das zu versteuernde Einkommen. In Abhängigkeit vom erzielten Einkommen kann eine entsprechende Anhebung demnach zu einer Unterschreitung der in § 1 Abs. 8 BEEG festgelegten Grenzbeträge und damit zu einem Anspruch auf Elterngeld führen, der anderenfalls nicht bestanden hätte. 2.1.3. Auswirkung einer Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrags auf die Höhe des Elterngeldes Die Höhe des Elterngeldes wird auf der Grundlage des vor der Geburt erzielten Einkommens des anspruchsberechtigten Elternteils berechnet13. Maßgeblich für die Einkommensberechnung sind die Regelungen des § 2 Abs. 1 S. 3 i.V.m. §§ 2c bis 2f BEEG. Danach wird die im Bemessungszeitraum 14 erzielte Summe der positiven, im Inland zu versteuernden Einkünfte – berücksichtigt werden ausschließlich Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit15 sowie aus Land- und Forstwirtschaft , Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit16 17 – pauschal um Abzüge für Steuern und 11 Einkommensteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Oktober 2009 (BGBl. I S. 3366, 3862), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 21. März 2013 (BGBl. I S. 556). 12 Allerdings kommen die steuerlichen Freibeträge für Kinder nur zum Tragen, wenn die steuerliche Entlastung über dem ausgezahlten Kindergeldbetrag liegt (vergleiche hierzu § 31 EStG). Ist dies der Fall, wird der den Kindergeldbetrag übersteigende Teil der Steuerentlastung an die Eltern ausgezahlt. 13 Zur Berechnung des Elterngeldes vergleiche näher BMFSJF (2013), S. 18 ff. 14 Nach § 2b BEEG sind für die Ermittlung des Elterngeldes grundsätzlich die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich (Bemessungszeitraum). Allerdings werden Monate, in denen bestimmte Leistungen – wie z.B. Elterngeld für ein älteres Kind – bezogen wurden oder bestimmte Sachverhalte – wie z.B. eine maßgeblich durch die Schwangerschaft bedingte Krankheit – vorlagen, nicht berücksichtigt. 15 § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG; zur Ermittlung des maßgeblichen Betrags vergleiche § 2c Abs. 1 S. 1 BEEG. 16 § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 EStG; zur Ermittlung des maßgeblichen Betrags vergleiche § 2 d Abs. 1 BEEG. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 028/13 Seite 7 Sozialabgaben vermindert. Als Abzüge für Steuern werden nach § 2e Abs. 1 S. 1 BEEG Beträge für die Einkommensteuer, den Solidaritätszuschlag und – bei bestehender Kirchensteuerpflicht – die Kirchensteuer berücksichtigt. Im Hinblick auf die zu berücksichtigende Einkommensteuer werden als steuermindernde Pauschalen nach § 2e Abs. 2 BEEG ausschließlich der Arbeitnehmer -Pauschbetrag sowie die Vorsorgepauschale berücksichtigt; Freibeträge für Kinder finden in diesem Zusammenhang keine Berücksichtigung. Im Gegensatz dazu fließen Kinderfreibeträge grundsätzlich in die Ermittlung der abzuziehenden Pauschalen für den Solidaritätszuschlag sowie die Kirchensteuer ein (vgl. hierzu § 2e Abs. 4 und 5 BEEG)18. Durch die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags wird die abzuziehende Pauschale für Steuern vermindert, was zu einem höheren zu berücksichtigendem Einkommen und damit zu einem höheren Elterngeldbetrag führt. Eine Erhöhung des Kinderfreibetrags hätte insofern eine Erhöhung des bei der Elterngeldberechnung zu berücksichtigenden Einkommens und damit einen höheren Elterngeldbetrag zur Folge19. 2.1.4. Auswirkung einer Erhöhung des Kindergeldes auf das Elterngeld Im Rahmen der Ermittlung des Elterngeldanspruchs an sich sowie bei der konkreten Höhe des Anspruchs spielt das Kindergeld keine Rolle. So zählt das Kindergeld gemäß § 31 S. 3, § 3 Nr. 24 EStG nicht zu den steuerpflichtigen Einnahmen und ist somit kein Bestandteil des zu versteuernden Einkommens der Eltern. Darüber hinaus gehört das Kindergeld nicht zu einer der Einnahmen , die bei der Ermittlung der Höhe des Elterngeldanspruchs berücksichtigt werden. Insofern wirkt sich eine Erhöhung des Kindergelds weder auf das Bestehen eines Anspruch auf Elterngeld noch auf dessen Höhe aus. 2.2. Unterhaltsvorschuss 2.2.1. Allgemeines Eltern sind ihren minderjährigen Kindern20 gegenüber grundsätzlich unterhaltspflichtig. Sofern das Kind mit beiden Elternteilen in einem gemeinsamen Haushalt lebt, wird der Unterhalt in 17 Die im Rahmen der Ermittlung der Einkommensteuer ebenfalls herangezogenen Einkünfte aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 5-7) fließen nicht in die Elterngeldberechnung ein. 18 Inwieweit die Berücksichtigung der steuerlichen Kinderfreibeträge von weiteren Voraussetzungen abhängt, wurde im Rahmen dieser Ausarbeitung nicht untersucht. Eine entsprechende Betrachtung fiele in die Zuständigkeit des Fachbereich WD 4 – Haushalt und Finanzen. 19 Die dargestellten Berechnungsgrundsätze gelten gem. § 27 BEEG nicht für Kinder, die vor dem 31. Dezember 2012 geboren wurden. Für diese wird das tatsächlich erzielte Nettoeinkommen der Eltern der Elterngeldberechnung zugrunde gelegt (vergleiche BMFSFJ 2012, S. 21ff.). Die Umstellung der Berechnung des maßgeblichen Einkommens kann sich zwar auf die Höhe des Elterngeldes auswirken, jedoch sind diese auf die veränderte Berücksichtigung von Sozialversicherungsbeiträgen zurückzuführen und stehen in keinem Zusammenhang mit den steuerlichen Kinderfreibeträgen. So wird auch bei der Ermittlung des Nettoeinkommens durch den Arbeitgeber das Lohnsteuerabzugsverfahren verwendet, in dessen Rahmen die Kinderfreibeträge ebenso wie bei der seit Beginn des Jahres 2013 geltenden Berechnung des Elterngeldes nicht bei der in Abzug zu bringenden Einkommensteuer , sondern lediglich beim Solidaritätszuschlag und der Kirchensteuer berücksichtigt werden. 20 Unter bestimmten Voraussetzungen – zum Beispiel während der Zeit der Berufsausbildung – können mitunter auch volljährige Kinder einen Anspruch auf Unterhalt gegenüber ihren Eltern haben. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 028/13 Seite 8 Form von Pflege und Erziehung, Unterkunft, Verpflegung usw. (sog. Sachunterhalt) erbracht. Lebt das Kind jedoch aufgrund der Trennung der Eltern nur mit einem der beiden Elternteile in einem gemeinsamen Haushalt, ist der andere Elternteil, der keinen Sachunterhalt erbringt, barunterhaltspflichtig . Ist dieser jedoch nicht in der Lage oder willens, der bestehenden Unterhaltspflicht (vollständig) nachzukommen, kann das Kind unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf staatliche Unterhaltsleistungen – den sog. Unterhaltsvorschuss – haben. Anspruchsgrundlage hierfür ist das Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfalleistungen (Unterhaltsvorschussgesetz - UVG21). Zweck des Gesetzes ist es, alleinerziehenden Elternteilen in finanzieller Hinsicht durch die in diesem Gesetz vorgesehene Unterhaltsleistung eine gewisse Erleichterung zu verschaffen22. Alleinerziehende Elternteile müssen ihre Kinder nämlich in der Regel unter erschwerten Bedingungen betreuen und erziehen. Diese Lage kann sich noch verschärfen, wenn das Kind von dem nicht bei der Familie lebenden Elternteil nicht wenigstens einen Mindestunterhalt erhält. Diese zusätzliche Belastung soll durch die Unterhaltsleistung nach dem UVG ausgeglichen werden23. Anspruchsberechtigt nach dem UVG ist das Kind. Voraussetzung für den Bezug von Unterhaltsleistungen ist nach § 1 Abs. 1 UVG, dass das Kind das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (Nr. 1) und in Deutschland bei einem alleinerziehenden Elternteil lebt (Nr. 2). Ein Anspruch auf staatliche Unterhaltsleistungen besteht jedoch nur, sofern der unterhaltspflichtige Elternteil keinen oder zu geringen Unterhalt zahlt bzw. die Unterhaltszahlung nicht regelmäßig erfolgt (Nr. 3). Der gezahlte Unterhalt ist dann zu gering, wenn er den sich aus § 1612a Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB24) ergebenden gesetzlichen Mindestunterhalt unterschreitet. Nach § 1612a Abs. 1 S. 2 BGB richtet sich der Mindestunterhalt nach dem doppelten Freibetrag für das sächliche Existenzminium eines Kindes (Kinderfreibetrag) gemäß § 32 Abs. 6 S. 1 EStG. In Abhängigkeit vom Alter des Kindes errechnet sich der Mindestunterhalt nach § 1612a Abs. 1 S. 3 BGB als bestimmter Prozentsatz des doppelten Kinderfreibetrags; der monatliche Mindestunterhalt beträgt ein Zwölftel des jeweiligen Betrages. So liegt der monatliche Mindestunterhalt je nach Alter des Kindes bei 87 Prozent (Kinder bis Vollendung des sechsten Lebensjahres), 100 Prozent (Kinder vom siebten bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres) bzw. 117 Prozent (Kinder vom 13. Lebensjahr an)25 des durch 12 geteilten doppelten Kinderfreibetrags. Der Kinderfreibetrag liegt gemäß § 32 Abs. 6 S. 1 EStG derzeit bei 2.184 Euro, der doppelte Betrag bei 4.368 Euro. Für Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres ergibt sich danach ein monatlicher 21 Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder –ausfalleistungen (Unterhaltsvorschussgesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Juli 2007 (BGBl. I S. 1446), neugefasst durch Bekanntmachung vom 17.7.2007 I 1446, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3194). 22 Siehe Gesetzesbegründung in BT-Drs. 8/1952, S. 6. 23 Grube (2009), Einleitung, Rn. 2. 24 Bürgerliches Gesetzbuch der Bundesrepublik Deutschland - BGB, Fassung vom 02. Februar 2002, BGBl. I S. 42, zuletzt geändert am 19.10.2012 (BGBl. I S. 2182). 25 Da für Kinder ab Vollendung des 12. Lebensjahres keine Unterhaltsleistung nach dem UVG gewährt werden kann, ist der sich für diese Altersgruppe ergebende Mindestunterhaltsbetrag in diesem Zusammenhang irrelevant und wird nicht gesondert aufgeführt. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 028/13 Seite 9 Mindestunterhalt in Höhe von 317 Euro. Kinder, die das sechste Lebensjahr vollendet haben, jedoch noch keine 12 Jahre alt sind, haben Anspruch auf einen Mindestunterhalt in Höhe von 364 Euro pro Monat. Besteht ein Anspruch auf staatliche Unterhaltsleistung, wird diese gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 UVG in Höhe des gesetzlichen Mindestunterhalts26 gewährt. Bezieht der alleinerziehende Elternteil Kindergeld für das unterhaltsvorschussberechtigte Kind, wird dieses nach Maßgabe von § 2 Abs. 2 S. 1 UVG in voller Höhe auf den Anspruch auf Unterhaltsleistung angerechnet. Ein Kindergeldanspruch kann entweder nach § 66 EStG oder nach § 6 Bundeskindergeldgesetz (BKGG27) bestehen. Nach beiden Vorschriften beträgt das Kindergeld 184 Euro pro Monat für das erste und zweite Kind, 190 Euro pro Monat für das dritte und 215 Euro pro Monat für jedes weitere Kind. Bei Bezug des vollen Kindergeldbetrages ergibt sich derzeit für das erste und zweite Kind ein monatlicher Auszahlungsbetrag der Unterhaltsleistung in Höhe von 133 Euro für Kinder vor Vollendung des sechsten Lebensjahres bzw. in Höhe von 180 Euro für ältere Kinder vor Vollendung des zwölften Lebensjahres. 2.2.2. Auswirkung einer Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrags auf den Unterhaltsvorschuss Wie bereits dargestellt, richtet sich die Höhe des Anspruchs auf Unterhaltsvorschuss nach dem gesetzlich festgelegten Mindestunterhalt, der wiederum in Abhängigkeit vom steuerlichen Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG ermittelt wird. Wird der steuerliche Kinderfreibetrag angehoben , erhöhen sich folglich der gesetzliche Mindestunterhalt und damit auch der Anspruch auf Unterhaltsleistung nach dem UVG. 2.2.3. Auswirkung einer Erhöhung des Kindergeldes auf den Unterhaltsvorschuss Für die Ermittlung des Mindestunterhalts als Grundlage für die Berechnung des Unterhaltsvorschussbetrages ist die Höhe des Kindergeldes nicht relevant. Allerdings wird Kindergeld, das für ein nach dem UVG anspruchsberechtigtes Kind bezogen wird, in voller Höhe auf den Mindestunterhalt angerechnet. Dadurch wird der Anspruch des Kindes auf Unterhaltsvorschuss nach dem UVG entsprechend gemindert. Insofern wirkt sich eine Erhöhung des Kindergeldes direkt auf die Höhe des staatlichen Unterhaltsvorschusses aus. Je höher das Kindergeld ist, umso niedriger fällt demnach der Leistungsanspruch nach dem UVG aus. 26 Die staatliche Unterhaltsleistung muss mindestens in Höhe von monatlich 279 Euro für Kinder im Alter von unter sechs Jahren bzw. in Höhe von monatlich 322 Euro für ältere Kinder, die das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet haben gezahlt werden. Seit 1. Januar 2008 wird die staatliche Unterhaltsleistung im gesamten Bundesgebiet wie dargestellt berechnet. Vor dieser Umstellung wurde für die Ermittlung des Leistungsbetrags die Regelbetrag-Verordnung (vom 6. April 1998 (BGBl. I S. 666), zuletzt geändert durch Art. 4 G zur Änd. d. Unterhaltsrechts vom 21. 12. 2007 (BGBl. I S. 3189)) herangezogen, die für die alten und neuen Bundesländer unterschiedliche Beträge vorsah. Die ab dem Jahr 2008 geltenden Berechnungsvorschriften hätten in den alten Bundesländern – nach Anrechnung des Kindergeldes – zu einem geringeren Leistungsbetrag geführt. Um eine Schlechterstellung der betroffenen Kinder zu vermeiden, wurden die o.g. Mindestbeträge in das UVG aufgenommen (vergleiche hierzu Grube (2009), K § 2 UVG, Rn. 7-10. Zur Berechnung des Unterhaltsleistungsbetrages vor der Umstellung vergleiche Helmbrecht (2004), K § 2 UVG, Rn. 1, 2.). 27 Bundeskindergeldgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Januar 2009 (BGBl. I S. 142, 3177), zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 7. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2592). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 028/13 Seite 10 2.2.4. Ergebnis Auf die Höhe der staatlichen Unterhaltsleistung nach dem UVG haben sowohl die Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrages als auch die Erhöhung des Kindergeldes direkten Einfluss, wobei beide Maßnahmen in entgegengesetzter Richtung wirken. Während eine Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrags die Erhöhung des gesetzlichen Mindestunterhalts und damit einen höheren Leistungsanspruch zur Folge hätte, würde durch eine Anhebung des Kindergeldes die Höhe der staatlichen Unterhaltsleistung reduziert. Würde parallel zur Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrags das Kindergeld angehoben werden, würden sich die jeweiligen Effekte (zumindest zum Teil) gegenseitig aufheben. 2.3. Beitragsfreie Mitversicherung in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung (§§ 10 SGB V, 25 SGB XI) 2.3.1. Allgemeines Die beitragsfreie Versicherung von Familienangehörigen in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung ist in § 10 SGB V28 bzw. § 25 SGB XI29 geregelt. Sie ist ein wesentliches Element des sozialen Ausgleichs (Familienlastenausgleich), das die gesetzliche Kranken- und die soziale Pflegeversicherung prägt30. Beitragsfrei bedeutet, dass der Familienversicherte selbst keine Beiträge entrichtet (vgl. § 3 S. 3 SGB V bzw. § 1 Abs. 6 S. 3 SGB XI) und keine Abstufung der Beiträge des Mitglieds nach der Zahl der mitversicherten Angehörigen erfolgt31. Beitragsfrei familienversichert sind nach den vorgenannten Bestimmungen der Ehegatte, der gleichgeschlechtliche eingetragene Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern, wenn diese Familienangehörigen die in § 10 SGB V bzw. § 25 SGB XI näher genannten Voraussetzungen erfüllen. Die Vorschrift des § 10 SGB V geht davon aus, dass Ehegatten, Lebenspartner und Kinder, deren Lebensunterhalt vom Erwerbseinkommen des Mitglieds bestritten wird und für die im Krankheitsfall in aller Regel das Mitglied im Rahmen seiner Unterhaltspflicht entstehende Aufwendungen tragen müsste, den Schutz der GKV erhalten sollen. Im Zusammenhang mit den Finanzierungsproblemen der Sozialversicherung wurde wiederholt auch erörtert, ob die Beitragsfreie Mitversicherung eine sog „versicherungsfremde Leistung“ sei, weil der Versicherungsschutz für Familienangehörige primär eine aus der grundgesetzlichen Verpflichtung zum Schutz und zur Förderung von Ehe und Familie (Art 6 Abs. 1 GG) abzuleitende familienpolitische Aufgabe sei, die der gesamtstaatlichen Verantwortung zuzuordnen und aus allgemeinen Steuermitteln zu finanzieren sei. Vor allem die beitragsfreie Mitversicherung der nicht kindererziehenden Ehegatten wird dabei als Fremdlast qualifiziert, während die Familienversicherung der Kinder – auch im Hinblick auf die Entscheidung des BVerfG zur Berücksichtigung des generativen Beitrags der 28 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Art. 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 20. Februar 2013 (BGBl. I S. 277). 29 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung – (Art. 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 4 des Gesetzes vom 15. Februar 2013 (BGBl. I S. 254). 30 Vergleiche BVerfG, SozR 2200, § 205 Nr. 18 S. 37; Just, in: Becker/Kingreen SGB V, § 10 Rn 1; Peters, in: Kasseler Kommentar, SGB V, § 10 Rn. 2. 31 Just, in: Becker/Kingreen SGB V, § 10 Rn 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 028/13 Seite 11 Mitglieder mit Kindern zur Funktionsfähigkeit umlagefinanzierter Sozialversicherungssysteme32 – als Teil des solidarischen Ausgleichssystems gewertet werden kann. Bislang überwiegt allerdings weiterhin die – auch vom traditionellen Versicherungsschutz für Familienangehörige in der GKV beeinflusste – Auffassung, die Familienversicherung könne durchaus dem Solidarausgleich innerhalb der Versichertengemeinschaft zugeordnet werden und sei deshalb nicht als versicherungsfremde Leistung anzusehen33. 2.3.2. Ausschluss der beitragsfreien Mitversicherung bei Überschreiten bestimmter Einkommensgrenzen Die Familienversicherung in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung ist nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Halbsatz 1 SGB V bzw. § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Halbsatz 1 SGB XI ausgeschlossen , wenn die Familienangehörigen ein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV34 überschreitet. Die Bezugsgröße wird nach den in § 18 SGB IV genannten Vorgaben berechnet und alljährlich durch die Sozialversicherungs -Rechengrößenverordnung (SVRechGrV) festgesetzt. Die Bezugsgröße im Sinne des § 18 Abs. 1 SGB IV beträgt nach § 2 Abs. 1 SVRechGrV 201335 im Jahr 2013 jährlich 32.340 Euro und monatlich 2.695 Euro. Die nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Halbsatz 1 SGB V bzw. § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Halbsatz 1 SGB XI maßgebliche Einkommensgrenze, bei deren Überschreiten eine Familienversicherung in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung ausgeschlossen ist, liegt im Jahre 2013 somit bei 385 Euro (1/7 von 2.695 Euro). Dieser Wert gilt für das gesamte Bundesgebiet einheitlich.36 Abweichend davon beträgt das zulässige Gesamteinkommen für geringfügig Beschäftigte nach § 8 Abs. 1 Nr. 1, § 8 a SGB IV 450 Euro (§§ 10 Abs.1 S. 1 Nr. 5 Halbsatz 2 u. 3 SGB V, 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Halbsatz 2 u. 3 SGB XI). Das Gesamteinkommen ist ferner bei der Prüfung des Ausschlusstatbestandes nach § 10 Abs. 3 SGB V bzw. § 25 Abs. 3 SGB XI festzustellen. Danach ist die Familienversicherung für Kinder ausgeschlossen, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte oder gleichgeschlechtliche eingetragene Lebenspartner des Mitglieds nicht Mitglied einer Krankenkasse ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der maßgebenden Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist. Bei der Feststellung des 32 BVerfG vom 3.4.2001 – 1 BvR 2014/95 = NZS 2001, S. 309. 33 Vergleiche Baier in: Krauskopf, SGB V § 10 Rn. 3. 34 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (Art. 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) i. d. F. d. Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I S. 3710, 3973; 2011 I S. 363), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2474). 35 Verordnung über maßgebende Rechengrößen in der Sozialversicherung für 2013 (Sozialversicherungs- Rechengrößenverordnung 2013) vom 26. November 2012 (BGBl. I S. 2361). 36 Vergleiche Gerlach, in: Hauck/Noftz, SGB V § 10 SGB V Rn 186. Für das Beitrittsgebiet wird zwar in § 18 Abs. 2 SGB IV eine eigenständige Bezugsgröße bestimmt; diese Bezugsgröße hat jedoch für die Familienversicherung seit dem 1. Januar 2001 an keine Bedeutung mehr. Die Unterscheidung zwischen alten und neuen Bundesländern wurde durch das Gesetz zur Rechtsangleichung in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2657) beseitigt. Zwar wurde § 10 SGB V nicht unmittelbar geändert oder ergänzt; aufgrund der Aufhebung des bisherigen § 309 Abs. 2-4 und 6 SGB V sowie der Neufassung des § 309 Abs. 1 SGB V durch Art. 1 Nr. 1 und 2 des Gesetzes zur Rechtsangleichung in der gesetzlichen Krankenversicherung unterscheiden sich jedoch seit dem 1. Januar 2001 an die maßgeblichen Grenzwerte nicht mehr zwischen alten und neuen Bundesländern. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 028/13 Seite 12 Gesamteinkommens im Rahmen des § 10 Abs. 3 SGB V bzw. § 25 Abs. 3 SGB XI sind aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, einkommensmindernd zu berücksichtigen37. Zwar gilt vom Wortlaut und der Systematik des SGB V her die Entscheidung des Gesetzgebers, mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlte Zuschläge unberücksichtigt zu lassen, unmittelbar nur für die Frage der Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 letzter Halbsatz SGB V; eine verfassungskonforme Auslegung des § 10 Abs. 3 SGB V gebietet es jedoch, derartige Zuschläge auch im Rahmen der Familienversicherung einkommensmindernd zu berücksichtigen. Der Ausschluss der beitragsfreien Familienversicherung bei der Höhe nach bestimmten eigenen Einkünften trägt den Grundsätzen des Solidarausgleichssatzes und der Beitragsgerechtigkeit Rechnung. Familienangehörige, die entsprechende Einkünfte erzielen, werden in der Folge auf eine eigenständige Absicherung verwiesen. 2.3.3. Begriff des Gesamteinkommens im Sinne der §§ 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Halbsatz 1, Abs. 3 SGB V, 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Halbsatz 1, Abs. 3 SGB XI Der Begriff des Gesamteinkommens im Sinne des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Halbsatz 1 SGB V bzw. § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Halbsatz 1 SGB XI wird in § 16 SGB IV durch eine Legaldefinition umschrieben , die auch für die Durchführung der Familienversicherung maßgebend ist. Nach dieser Vorschrift in Verbindung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist bei der Ermittlung des Gesamteinkommens von der Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts auszugehen38; es umfasst insbesondere das Arbeitsentgelt und das Arbeitseinkommen (§ 16 Halbsatz 2 SGB IV). Die Orientierung an dem Begriff „Gesamteinkommen“ (und nicht etwa an den Einnahmen zum Lebensunterhalt oder an sonstigen Einnahme-Begriffen) soll bewirken, dass insbesondere der Bezug steuerfreier Sozialleistungen nicht zum Ausscheiden aus der Familienversicherung führen kann39. 2.3.3.1. Begriff der Einkünfte i. S. d. § 2 Abs. 2 EStG Nach § 2 Abs. 1 EStG 40 unterliegen sieben Einkunftsarten der Einkommensteuer. Für diese Einkunftsarten sind in § 2 Abs. 2 EStG zwei unterschiedliche Arten der Einkunftsermittlung vorgesehen : Während in der ersten Fallgruppe der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten als Einkünfte anzusehen ist (Überschuss-Einkünfte, §§ 8 bis 9 a EStG), ist es in der zweiten Fallgruppe der Gewinn (Gewinnermittlung nach §§ 4 bis 7 k und 13 a EStG). Zu den Überschuss- Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG gehören die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, und zwar in erster Linie das Arbeitsentgelt (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, §§ 19, 19 a EStG), die Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, § 20 EStG), die Einkünfte aus Vermietung 37 BSG, Urteil vom 29. Juli 2003 - B 12 KR 16/02 R - , USK 2003-18. 38 Vergleiche die Nachweise zur Rechtsprechung des BSG bei Gerlach, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 10 Rn 134; aus der Literatur vergleiche etwa Just, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 10 Rn 20; Peters, in: Kasseler Kommentar, § 10 SGB V Rn 17, Baier, in: Krauskopf, § 10 SGB V Rn 37; Gerlach, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 10 Rn 134 jeweils mit weiteren Nachweisen. 39 Vergleiche den Ausschussbericht in BT-Drs. 11/3480 S. 49 zu Art. 1 § 10 Abs. 1 Nr. 5 SGB V. 40 Einkommensteuergesetz (EStG) i. d. F. d. Bekanntmachung vom 8. Oktober 2009 (BGBl. I S. 3366, 3862), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 20. Februar 2013 (BGBl. I S. 285). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 028/13 Seite 13 und Verpachtung (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6, § 21 EStG) und die sonstigen Einkünfte im Sinne des § 22 EStG (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 EStG). Zu den Einkunftsarten aus selbständiger Tätigkeit im Sinne der zweiten Fallgruppe (Gewinnermittlung nach den §§ 4 bis 7 k und § 13 a EStG) gehören gem. § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, §§ 13 bis 14 a EStG), die Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, §§ 15 bis 17 EStG) und die Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 18 EStG). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts41 stellt das Gesamteinkommen im Sinne des § 16 Halbsatz 1 SGB IV mit seiner Bezugnahme auf die Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts auf den vorgenannten Einkunftsbegriff im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG, d. h. auf die Überschuss- Einkünfte bzw. den Gewinn ab42. 2.3.3.2. Nichtabzugsfähigkeit von Kinderfreibeträgen im Sinne des § 32 Abs. 6 EStG bei der Ermittlung des Gesamteinkommens Da bei der Ermittlung des Gesamteinkommens – wie dargelegt – der Begriff der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG zugrunde zu legen ist, dürfen Sonderausgaben (z. B. Vorsorgeaufwendungen ) und ausschließlich für die Berechnung der Lohn- oder Einkommensteuer geltende Freibeträge , wie insbesondere die Kinderfreibeträge im Sinne des § 32 Abs. 6 EStG, sowie sonstige vom Einkommen abzuziehende Beträge (z. B. für außergewöhnliche Belastungen) bei der Feststellung der Summe der Einkünfte und damit auch bei der Ermittlung des Gesamteinkommens nicht in Abzug gebracht werden43. Zur Bestimmung des Gesamteinkommens nehmen § 16 Halbsatz 1 SGB IV und § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Halbsatz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 SGB V bzw. § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Halbsatz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 SGB XI nicht auf den Gesamtbetrag der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG, nicht auf das Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 4 EStG und auch nicht auf das zu versteuernde Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 5 EStG Bezug. Anknüpfungspunkt ist vielmehr die Summe der Einkünfte vor Abzug der in § 2 Abs. 3 bis 5 EStG genannten Abzugsposten. Diese Abzugsposten sind nur für den Gesamtbetrag der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG, das Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 4 EStG und das zu versteuernde Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 5 EStG bedeutsam. Der Gesamtbetrag der Einkünfte ergibt sich, wenn von der Summe der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG (entspricht dem Gesamteinkommen) der Altersentlastungsbetrag , der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende oder Abzüge nach § 13 Abs. 3 EStG abgezogen werden (§ 2 Abs. 3 EStG). Das Einkommen des Steuerpflichtigen ergibt sich, wenn vom Gesamtbetrag der Einkünfte weiter die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen abgezogen werden (§ 2 Abs. 4 EStG). Wird das Einkommen schließlich um die Kinderfreibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG oder sonstige vom Einkommen abzuziehende Beträge vermindert, erhält man das zu versteuernde Einkommen, das die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer bildet (§ 2 Abs. 5 S. 1 EStG)44. Dass Kinderfreibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG bei der Ermittlung des Gesamteinkommens im Sinne des § 16 Halbsatz 1 SGB IV in Verbindung mit § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Halbsatz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 SGB V bzw. § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Halbsatz 1, Abs. 41 Vergleiche insbesondere BSG, Urteil vom 25. August 2004 – B 12 KR 36/03 R – USK 2004-20. 42 Ebenso das gemeinsame Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Begriff des „Gesamteinkommens “ vom 24. Oktober 2008 S. 5; abrufbar im Internet unter: http://www.vdek.com/content/vdeksite/- vertragspartner/mitgliedschaftsrecht_beitragsrecht/familienversicherung/gr_gesamteinkommen.pdf . 43 BSG, Urteil vom 25. August 2004 – B 12 KR 36/03 R - , USK 2004-20. 44 BSG, Urteil vom 25. August 2004 – B 12 KR 36/03 R - , USK 2004-20. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 028/13 Seite 14 3 Halbsatz 1 SGB XI nicht abzugsfähig sind, entspricht – soweit ersichtlich - der allgemeinen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur45. 2.3.3.3. Nichtberücksichtigung des Kindergeldes i. S. d. §§ 62 ff EStG, 1 ff BKGG bei der Ermittlung des Gesamteinkommens Aufgrund der Anbindung des Begriffs „Gesamteinkommen“ i. S. d. § 16 Halbsatz 1 SGB IV an das Steuerrecht bleiben steuerfreie Einnahmen auch im Rahmen der Einkommensprüfung in der Familienversicherung unberücksichtigt. Zu diesen steuerfreien Einkünften zählt auch das Kindergeld nach den §§ 62 ff EStG bzw. den §§ 1 ff BKGG46. Das Kindergeld ist kein der Einkommensteuer unterliegender Bestandteil des Gesamteinkommens. Nach § 31 S. 1 EStG dient es vielmehr der steuerlichen Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung. Das Kindergeld ist deshalb als Steuervergünstigung zu verstehen und steuerfrei (§ 31 S. 3, § 3 Nr. 24 EStG). Es gehört nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur47 nicht zum Gesamteinkommen i. S. d. § 16 Halbsatz 1 SGB IV und darf im Rahmen der §§ 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Halbsatz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 SGB V, 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Halbsatz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 SGB XI bei den Einkünften keine Berücksichtigung finden. Dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, da der Bezug steuerfreier Sozialleistungen – wie bereits erwähnt – nicht zum Ausscheiden aus der Familienversicherung führen soll48. 2.3.4. Ergebnis Im Ergebnis ist damit festzustellen, dass eine Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrages bzw. eine Erhöhung des Kindergeldes keine Auswirkungen auf die Familienversicherung in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung hätte. 3. Mögliche Kürzung des Elterngeldes, des Unterhaltsvorschusses und der beitragsfreien Mitversicherung in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung bei Erhöhung des steuerlichen Kinderfreibetrags bzw. des Kindergeldes 3.1. Elterngeld Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG49) erlegt dem Staat als wertentscheidende Grundsatznorm unter anderem die Pflicht auf, Ehe und Familie durch geeignete Maßnahmen – und zwar auch im Be- 45 Vergleiche BSG, Urteil vom 25. August 2004 – B 12 KR 36/03 R - ; Just, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 10 Rn 22; Peters, in: Kasseler Kommentar, § 10 SGB V Rn 20; ebenso das gemeinsame Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Begriff des „Gesamteinkommens“ vom 24. Oktober 2008 S. 6. 46 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) i. d. F. d. Bekanntmachung vom 28. Januar 2009 (BGBl. I S. 142, 3177), zuletzt geändert durch Art. 9 des Gesetzes vom 7. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2592). 47 BSG, Urteil vom 29. Juli 2003 – B 12 KR 16/02 R = SozR 4 – 2500 § 10 SGB V Nr. 3 Rn 9; Just, in: Becker /Kingreen, SGB V, § 10 Rn 20; Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Begriff des „Gesamteinkommens“ vom 24. Oktober 2008, S. 30. 48 Vergleiche den Ausschussbericht in BT-Drs. 11/3480, S. 49. 49 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. Juli 2012 (BGBl. I S. 1478). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 028/13 Seite 15 reich der Gewährung staatlicher Leistungen und Vorteile50 – zu schützen und zu fördern51. Hinsichtlich der aus dieser Grundrechtsnorm folgenden Vorgaben für die Ausgestaltung des Familienlastenausgleichs gilt jedoch, dass dem Gesetzgeber Gestaltungsfreiheit bei der Entscheidung darüber zusteht, auf welche Weise er der Verpflichtung aus Art. 6 Abs. 1 GG nachkommt. Aus dieser Norm lässt sich zwar in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip nach den Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 S. 1 GG die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen , nicht aber darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen ist. Die Maßnahmen des Familienlastenausgleichs müssen es den Eltern jedoch ermöglichen, zu Gunsten der Kindererziehung auf eine Erwerbstätigkeit zu verzichten und Familien- und Erwerbsarbeit miteinander zu verbinden52. Konkrete Leistungsansprüche des Einzelnen gegen den Staat lassen sich aus Art. 6 Abs. 1 GG hingegen nicht ableiten53, insbesondere ist es nicht erforderlich, jede Belastung der Familie auszugleichen oder jeden Unterhaltspflichtigen zu entlasten54. Die finanzielle Familienförderung ist vielmehr ein Element in der Gesamtheit der dem Staat durch die Verfassung zugewiesenen Aufgaben. Sie steht unter dem Vorbehalt dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann. Der Gesetzgeber hat im Interesse des Gemeinwohls neben der Familienförderung auch andere Gemeinschaftsbelange bei seiner Haushaltswirtschaft zu berücksichtigen und dabei vor allem auf die Funktionsfähigkeit und das Gleichgewicht des Ganzen zu achten55. Mit dem der Familienförderung dienenden Elterngeld nach dem BEEG verwirklicht der Gesetzgeber den ihm durch Art. 6 Abs. 1 und 2 GG verfassungsrechtlich aufgetragenen Schutz der Familie . Bei der Ausgestaltung der durch Art. 6 Abs. 1 und 2 GG gebotenen Familienförderung kommt dem Gesetzgeber jedoch – wie dargelegt – ein weiter Gestaltungsspielraum zu56. Die gesetzgeberische Entscheidung, zu Gunsten einer Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrags bzw. einer Erhöhung des Kindergeldes das als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung gestaltete Elterngeld entsprechend zu kürzen, dürfte unter dem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt des Art. 6 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden sein, da sich aus dieser Norm in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip der Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 GG lediglich die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich ableiten lässt, nicht aber die Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher Ausgleich vorzunehmen ist. Unter rechtspolitischen Gesichtspunkten ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich das Elterngeld in seiner Zielsetzung vom Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag deutlich unterscheidet. Während das Ziel des Elterngeldes vor allem darin besteht, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich die Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern57, dient das Kindergeld bzw. 50 BVerfGE 28 S. 324 (347). 51 BVerfG, NJW 1990 S. 2869 (2870); 1992 S. 2213; BVerfGE 6 S. 55 (76); 55 S. 114 (126). 52 BVerfG, NJW 1999 S. 557 (558). 53 BVerfGE 39 S. 316 (326); BSG SozR 3-4100 § 111 Nr. 14; BSG, SozR 3-5750 Art. 2 § 62 Nr. 10; BSG, SozR 3-7833 § 1 Nr. 9 = NJW 1993 S. 115; BSG vom 23.5.1996, 13 RJ 67/95. 54 Vergleiche BVerfGE 23 S. 258 (264); 28 S. 104 (113); 43 S. 108 (121); BVerfG, NJW 1988 S. 757 (758); 1990 S. 2869 (2870); 1992 S. 2213; BSG vom 18.3.1998, B 6 KA 37/96 = NZS 1999 S. 98. 55 So BVerfG, NJW 1992 S. 2213 (2214). 56 Vergleiche BVerfG, Beschluss vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 -, juris. 57 Vergleiche näher oben zu Gliederungspunkt 2.1.1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 028/13 Seite 16 der steuerliche Kinderfreibetrag der Sicherstellung des steuerlichen Existenzminimums des Kindes . 3.2. Unterhaltsvorschuss Das in Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 S. 1 GG verankerte Sozialstaatsprinzip gebietet dem Gesetzgeber unter anderem, zur Erhaltung und Sicherheit der menschlichen Würde für einen Ausgleich der sozialen Gegensätze und damit für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen58. Die Konkretisierung dieses Staatsziels liegt mit Rücksicht auf das dem Sozialstaatsgrundsatz gleichrangige, ebenso in Art. 20 Abs. 1 GG verankerte Demokratieprinzip weitgehend im gesetzgeberischen Ermessen59; lediglich dort, wo es um die Mindestvoraussetzungen für eine menschenwürdige Existenz geht, ist der Staat auf Grund von Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip verpflichtet , soziale Hilfen zu erbringen60. Soweit es nicht um die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein geht, steht es in der Entscheidung des Gesetzgebers, in welchem Umfang soziale Hilfe unter Berücksichtigung der vorhandenen Mittel und anderer gleichrangiger Staatsaufgaben gewährt werden kann und soll61. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nach Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 GG dürfte bei einer Absenkung der staatlichen Unterhaltsleistungen nach dem UVG zumindest solange nicht verletzt sein, wie durch die Höhe des Kindergeldes und der gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 UVG gekürzten Unterhaltsleistung nach dem UVG sichergestellt wird, dass ein Kind im Ergebnis monatliche Leistungen erhält, die der Höhe nach das sächliche Existenzminimum, wie es in § 32 Abs. 6 S. 1 EStG steuerrechtlich ab dem 1. Januar 2010 mit dem Kinderfreibetrag in Höhe von 2.184 Euro jährlich (d.h. 182 Euro monatlich) fixiert ist, abdecken62. 3.3. Beitragsfreie Mitversicherung in der Gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung Die im Zusammenhang mit dem Elterngeld skizzierten verfassungsrechtlichen Maßstäbe des Art. 6 Abs. 1 GG63 gelten nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts64 auch für die Ausgestaltung der GKV und SPV. Aus Art. 6 Abs. 1 GG folgt für die Ausgestaltung der Familienversicherung danach nicht, dass sie in der bisherigen Form uneingeschränkt erhalten bleiben müsste, da aus Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip sich lediglich die allgemeine 58 Vergleiche BVerfGE 22 S. 180 (204); 35 S. 202 (235); 69 S. 272 (314); 94 S. 241 (263). 59 BVerfG, NJW 1990 S. 2869 (2870). 60 Vergleiche BVerfGE 40 S. 121 (133); BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 1991 - 1 BvR 1159/91 -, juris; BVerwG, Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 142; BSG, NJW 1987 S. 463; OVG NRW, Beschluss vom 21.10.2010 - 12 A 1269/10 -, juris. 61 Vergleiche BVerfG, Beschluss vom 11. März 2010 - 1 BvR 3163/09 -, FamRZ 2010, 800, juris, mwN (zu der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Anrechnung des vollen Kindergeldes auf das Sozialgeld nach § 11 Abs. 1 SGB II). 62 Vergleiche OVG NRW, Beschluss vom 21.10.2010 - 12 A 1269/10 -, juris. 63 Vergleiche hierzu näher oben zu Gliederungspunkt 3.1. 64 BVerfG, Urteil vom 12.2.2003 - 1 BvR 624/01 - , juris. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 - 028/13 Seite 17 Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen lässt, nicht aber die Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen ist. Es liegt deshalb in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, durch welche Maßnahmen er die ihm auch im Rahmen der GKV und SPV aufgetragene Pflicht zur Förderung der Familie bei der Ausgestaltung der beitragsfreien Mitversicherung verwirklichen will. 4. Literatur Becker, Ulrich/ Kingreen, Thorsten (2012), SGB V - Gesetzliche Krankenversicherung, Kommentar , 3. Auflage, Verlag C. H. Beck, München, 2012. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2012), Elterngeld und Elternzeit – Das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, 11. Auflage, Stand März 2012, im Internet abrufbar unter http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-Anlagen/- Elterngeld-und-Elternzeit,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,rwb=true.pdf. BMFSFJ (2013), Elterngeld und Elternzeit – Das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, 12. Auflage , Stand Januar 2013, in Internet abrufbar unter http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/- Broschuerenstelle/Pdf-Anlagen/Elterngeld-und-Elternzeit-2013,property=pdf,bereich=bmfsfj,- sprache=de,rwb=true.pdf. Grube, Christian (2009), Unterhaltsvorschussgesetz – Kommentar, Verlag C. H. Beck, München 2009, [P 328139]. Hauck, Karl/ Noftz, Wolfgang (2012), Sozialgesetzbuch (SGB) V: Gesetzliche Krankenversicherung , Loseblattwerk, Stand: Oktober 2012, Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG, Berlin. Helmbrecht, Felix (2004), Unterhaltsvorschussgesetz – Kommentar, 5. Ausgabe, Forum Verlag Godesberg, Mönchengladbach 2004, [M 577447]. Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht (2012), Loseblattwerk, Stand: 75. Ergänzungslieferung 2012, Verlag C. H. Beck, München. Krauskopf, Dieter (2012), Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Loseblattwerk, Stand: 78. Ergänzungslieferung 2012, Verlag C. H. Beck, München.