© 2017 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 026/17 Zur Frage der Angleichung der Landesbasisfallwerte bei der Krankenhausfinanzierung Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 026/17 Seite 2 Zur Frage der Angleichung der Landesbasisfallwerte bei der Krankenhausfinanzierung Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 026/17 Abschluss der Arbeit: 23. Juni 2017 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 026/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Ausgangslage 4 2. Zu den Ursachen unterschiedlicher Basisfallwerte 5 3. Weitere Beiträge, die sich mit dem Thema Landesbasisfallwerte befassen 6 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 026/17 Seite 4 1. Ausgangslage Im Rahmen der politischen Zielsetzung einer flächendeckend guten Gesundheitsversorgung ist die Krankenhausversorgung und damit die Krankenhausfinanzierung nach wie vor ein wichtiges Thema. Die Vergütung der voll- und teilstationären Leistungen der Krankenhäuser erfolgt über das sog. DRG (Diagnosis Related Groups)-System1 nach den Regelungen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes 2. Zur Deckung der anfallenden Betriebskosten pro Patient erhalten die Krankenhäuser für jeden Patienten eine sog. Fallpauschale von dessen Krankenkasse. Die genaue Höhe dieser Pauschale ergibt sich aus der jeweiligen Bewertungsrelation3 und dem bundeslandspezifischen Preis, dies ist der sog. Landesbasisfallwert. Dieser Wert wird jeweils für ein Jahr auf Landesebene zwischen den Krankenkassen und Vertretern der Krankenhäuser verhandelt. Die Landesbasisfallwerte in den einzelnen Bundesländern unterschieden sich in der Vergangenheit zum Teil deutlich. Noch im Jahr 2012 betrug der Basisfallwert in Baden-Württemberg 3.036 €, während er in Thüringen nur bei 2.925 € und in Schleswig Holstein bei 2.946 € lag. Inzwischen haben sich die Landesbasisfallwerte schrittweise angenähert4. Baden-Württemberg weist aktuell einen Basisfallwert von 3.350 € auf, Thüringen einen Wert von 3.342 €.5 In einer im Februar 2012 an den Deutschen Bundestag gerichteten Petition ist– ausgehend von dem in Schleswig-Holstein geltenden sehr niedrigen Basisfallwert – vorgetragen worden, die Vereinbarung auf Landesebene verstoße gegen das Gleichbehandlungsrecht aller Bürger und sei deshalb verfassungswidrig6. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft und das Bundesministerium für Gesundheit wiesen daraufhin in ihren Stellungnahmen auf die gesetzlichen Regelungen und insbesondere den bereits seit 2010 bestehenden sog. Korridor um einen einheitlichen Basisfallwert hin, an den sich die Landesbasisfallwerte nach und nach annähern sollen. Neben weiteren 1 DRGS sind Patientenklassifikationssysteme, mit denen einzelne stationäre Behandlungsfälle anhand bestimmter Kriterien, wie z.B. Diagnose oder Schweregrad zu Fallgruppen zusammengefasst werden. S. http://www.aokgesundheitspartner .de/bund/krankenhaus/drg/aktuell/index_09425.html#drgs (abgerufen am 23. Juni 2017). 2 Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung von Krankenhäusern und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG) vom 29. Juni 1972, BGBl I S. 1009, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 2016, BGBl I S. 2986. 3 Die Bewertungsrelation fällt je nach Schwere oder Komplikation des Falles unterschiedlich hoch aus. 4 S. zu der Entwicklung der Werte von 2011 bis 2016: Verband der Ersatzkassen e.V. (Hrsg.), Gesamtübersicht über die Entwicklung der Landesbasisfallwerte in den einzelnen Bundesländern von 2011 bis 2016, Stand 6. Januar 2016, http://www.vdek.com/vertragspartner/Krankenhaeuser/landesbasisfallwerte/_jcr_content /par/download_1/file.res/2_lbfw_2005_2016_DMH.pdf. 5 Verband der Ersatzkassen, Landesbasisfallwerte 2017, Mai 2017, abrufbar unter: https://www.vdek.com/vertragspartner /Krankenhaeuser/landesbasisfallwerte/_jcr_content/par/download _12/file.res/11_lbfw%202017_ex_DMH.pdf. 6 Petition 22758, eingereicht am 14. Februar 2012. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 026/17 Seite 5 Möglichkeiten, den Petenten konkret abzuhelfen, etwa in Form von Sicherstellungszuschlägen7, sei die Aufhebung von Unterschieden bei den Landesbasisfallwerten, die insbesondere nicht auf Grund von Besonderheiten bei der Versorgungs- und Kostenstruktur bestehen, in der 18. Legislaturperiode vorgesehen8. Die Aufhebung bestimmter Unterschiede bei den unterschiedlichen Landesbasisfallwerten wurde im Koalitionsvertrag vom 16. Dezember 20139 als Zielsetzung formuliert. Entsprechend legte eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe Endes des Jahres 2014 im Hinblick auf eine geplante Krankenhausreform Eckpunkte dar, die 2015 verwirklicht werden sollten10. Unter anderem wurden weitere Schritte zur Qualitätssicherung in den Krankenhäusern sowie Maßnahmen zur Betriebskostenfinanzierung geplant. Die Bund-Länder Arbeitsgruppe sah vor allem eine Fortführung der Angleichung der Landesbasisfallwerte an einen bundeseinheitlichen Korridor ab 2016 vor. Die Umsetzung der von der Arbeitsgruppe festgesetzten Ziele erfolgte mit der Weiterentwicklung des Bundesbasisfallwertkorridors auf Grundlage des Krankenhausstrukturgesetzes (KHSG), was zu den entsprechenden Änderungen im Krankenhausentgeltgesetz im Dezember 2015 führte 11: In § 10 Absatz 8 KHSG wurde eine schrittweise Angleichung der Landesbasisfallwerte zwischen 2016 und 2021 vorgesehen, mit der Folge, dass die vollständige Angleichung an den Korridor im Jahr 2021 erreicht sein soll. 2. Zu den Ursachen unterschiedlicher Basisfallwerte Im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit hat das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung eine wissenschaftliche Untersuchung zu den Ursachen unterschiedlicher Basisfallwerte der Länder durchgeführt. Der Bericht wurde im Dezember 2013 veröffentlicht, http://www.rwi-essen.de/media/content/pages/publikationen/rwi-projektberichte /PB_LBFW_Endbericht.pdf (darin: u. a. Identifizierung von Einflussfaktoren durch Auswertung der Ergebnisse von Befragungen mit Hilfe standardisierter Fragebögen an Experten sowie Experteninterviews). 7 Die Vereinbarung von Sicherstellungszuschlägen ist möglich, wenn die Kosten der medizinischen Versorgung in einem Krankenhaus nicht durch die Fallpauschalen-Vergütung abgedeckt werden können. Die Voraussetzungen für Sicherstellungszuschläge werden von der zuständigen Landesbehörde überprüft. 8 Das Votum und die Begründung des Petitionsausschusses sind abrufbar unter: https://epetitionen.bundestag .de/petitionen/_2012/_02/_14/Petition_22758.nc.html. (zuletzt abgerufen am 21. Juni 2017). 9 Deutschlands Zukunft gestalten, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 18. Legislaturperiode, 16. Dezember 2013, S. 57, abrufbar unter: https://www.cdu.de/sites/default/files/media/dokumente/koalitionsvertrag .pdf 10 Eckpunkte der Bund-Länder-AG zur Krankenhausreform 2015, 5. Dezember 2014, abrufbar unter: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/Downloads/B/Bund_Laender_Krankenhaus /Eckpunkte_Bund_Laender_Krankenhaus.pdf. 11 Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung (Krankenhausstrukturgesetz – KHSG) vom 10. Dezember 2015, in Kraft getreten am 1. Januar 2016, BGBl. I S. 2229. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 026/17 Seite 6 Balmberger, Timo, Hohls, Jeanette, Grundsätze der Krankenhausfinanzierung, in: Arbeitsrecht und Kirche 2014, S. 2-8, http://www.bab-gmbh.de/files/bab/content/PDF/5_AuK3_14.pdf (Hinweis auf historische Ursachen, unterschiedliche Kostenstrukturen und strukturelle Unterschiede wie Flächen- und Stadtstaaten bei den Bundesländern). Parlamentarischer Berater- und Gutachterdienst des Landtags NRW, Der Basisfallwert in der Krankenhausfinanzierung, 26. Januar 2007, https://www.landtag.nrw.de/portal /WWW/GB_I/I.5/PBGD/Ausarbeitungen_14._Wahlperiode/2007/KH_Fianzierung _230107doc.pdf (Ausführungen zu den Ursachen S. 25 ff.). 3. Weitere Beiträge, die sich mit dem Thema Landesbasisfallwerte befassen Zur Situation in Schleswig-Holstein: Kassen und Kliniken einig: 70 Millionen Euro mehr, in: NDR.de vom 31. Januar 2017, s. http://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Kassen-und- Kliniken-einig-70-Millionen-Euro-mehr,basisfallwert108.html (abgerufen am 23. Juni 2017). Landtag Schleswig-Holstein, Kleine Anfrage des Abgeordneten Heinemann, SPD, an die Landesregierung und Antwort der Landesregierung , Drs. 17/924 vom 6. Oktober 2010, http://www.landtag .ltsh.de/infothek/wahl17/drucks/0900/drucksache-17-0924.pdf. Landesbasisfallwert in Rheinland-Pfalz mit Abstand am höchsten, 12. September 2016, in: aerzteblatt.de, https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/70454/Landesbasisfallwert-in-Rheinland -Pfalz-mit-Abstand-am-hoechsten (abgerufen am 23. Juni 2017). Reifferscheid, Antonius/Pomorin, Natalie/Wasem, Jürgen, Ausmaß von Rationierung und Überversorgung in der stationären Versorgung, Ergebnisse einer bundesweiten Umfrage in deutschen Krankenhäusern, in: Deutsche Medizinische Wochenschrift 2015, S. 129-135, abrufbar unter https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/html/10.1055/s-0041-102550 (zuletzt abgerufen am 23. Juni 2017). Krankenhausgesellschaft Sachsen, Informationsveranstaltung: Ausgewählte finanzierungrelevante Sachverhalte und weitere aktuelle Themen, 26. Januar 2016, http://www.kgs-online.de/media /file/15541.Vortrag_Kristof.pdf (darin: zahlreiche übersichtliche Darstellungen zur Entwicklung der Basisfallwerte) Schnack, Dirk, Landesbasisfallwerte machen Forscher ratlos, in: Ärzte Zeitung online, 12. Dezember 2013, http://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/aerztliche_verguetung/article /851937/unterschiede-landesbasisfallwerte-machen-forscher-ratlos.html (abgerufen am 23. Juni 2017), zum Gutachten des RWI (s. Gliederungspunkt 2). Hinrichs, Wilfried, Warum das Klinikum Osnabrück von der Substanz lebt, in: Neue Osnabrücker Zeitung, 30. November 2013, https://www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/432371/warumdas -klinikum-osnabruck-von-der-substanz-lebt#gallery&20180&0&432371 (abgerufen am 23. Juni 2017). Wolff, Johannes/Klein-Hitpaß, Uwe, 16 Länder, ein Ziel, in: führen und wirtschaften im Krankenhaus (f&w), 2012, S. 28-31, https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversi- Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 026/17 Seite 7 cherung_1/krankenhaeuser/budgetverhandlungen/bundesbasisfallwert/fw_2012_01_Klein-Hitpass _Wolff_Konvergenz_auf_einheitl_Basisfallwertkorr.pdf (u. a. mit kritischen Anmerkungen zum geplanten starren Korridor) ***