© 2016 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 025/16 Gender Begriff, Historie und Akteure Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 025/16 Seite 2 Gender Begriff, Historie und Akteure Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 025/16 Abschluss der Arbeit: 22. April 2016 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 025/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Zum Begriff Gender 4 3. Zur Historie 5 4. „Gender“ in den Gender Studies und diesbezügliche Akteure 6 5. „Gender“ in Gender Mainstreaming und diesbezügliche Akteure 9 5.1. Rechtliche Grundlagen 10 5.2. Umsetzungsstrategien 11 6. Gender und Bildung 16 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 025/16 Seite 4 1. Einleitung Der Begriff Gender (aus dem Englischen, Übersetzung „Geschlecht“) wird in unterschiedlichen Zusammenhängen benutzt. Gender Mainstreaming etwa wird als Strategie in der Bundesverwaltung mit dem Ziel der Förderung der tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter eingesetzt. Dennoch ist dieses Ziel in unterschiedlichen Lebensbereichen auch heute noch nicht bewerkstelligt , wie der 2014 veröffentlichte Bericht des Statistischen Bundesamtes „Auf dem Weg zur Gleichstellung? Bildung, Arbeit und Soziales – Unterschiede zwischen Frauen und Männern“ zeigt1. Ausgehend von der Einordnung des Begriffs Gender geht der Sachstand auftragsgemäß kurz auf die Historie ein und behandelt anschließend Gender im Rahmen der Gender Studies sowie des Gender Mainstreamings einschließlich Gender Budgeting. Die Gender-Thematik wird heute auch im Bildungsbereich, wie z. B. derzeit in Baden-Württemberg anlässlich der Diskussion um die Leitperspektive „Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt“ im Rahmen des Bildungsplans , behandelt. 2. Zum Begriff Gender Der Begriff Gender wird im wissenschaftlichen Bereich kontrovers diskutiert. Der englische Begriff Gender hat im Deutschen kein unmittelbares Äquivalent und wird einer Ansicht nach als Bezeichnung für das durch Gesellschaft und Kultur geprägte soziale Geschlecht und in Abgrenzung zu dem biologischen Geschlecht definiert2. Danach kommen zu dem biologischen Geschlecht eine Vielzahl von Zuschreibungen, Tätigkeiten und Verhaltensweisen hinzu, die als weiblich oder männlich bewertet werden3. Mit der Abgrenzung soll verdeutlicht werden, dass mit dem Geschlecht einhergehende Vorstellungen von Frauen und Männern veränderbar sind. Nach anderer Ansicht wird die begriffliche Trennung zwischen dem biologischen und dem sozialen Geschlecht abgelehnt. Gender bezeichnet danach das Geschlecht als ein Zusammenspiel aus 1 Statistisches Bundesamt, Bericht abrufbar unter https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressekonferenzen /2014/Gleichstellung/begleitheft_Gleichstellung_2014.pdf?__blob=publicationFile (Stand: 21.04.2016). 2 Rudolph, Clarissa, Geschlechterverhältnisse in der Politik: Eine genderorientierte Einführung in Grundfragen der Politikwissenschaft, Opladen & Toronto 2015, S. 12 ff; Ehrhardt, Angelika/ Jansen, Mechtild, Gender Mainstreaming: Hintergründe und Arbeitshilfen in: Jansen, Mechtild/ Röming, Angelika/ Rohde, Marianne (Hrsg.), Männer Frauen Zukunft Ein Genderhandbuch, München 2013, S. 19; Stiegler, Barbara, Wie Gender in den Mainstream kommt: Konzepte, Argumente und Praxisbeispiele zur EU-Strategie des Gender Mainstreaming / [Electronic ed.], Bonn 2000, abrufbar über die Friedrich-Ebert-Stiftung unter http://www.fes.de/fulltext /asfo/00802toc.htm (Stand: 21.04.2016); Projektgruppe Gender-Portal der MA-Gender Studies an der Universität Bielefeld, abrufbar unter https://www.uni-bielefeld.de/gendertexte/gender.html (Stand: 21.04.2016); Gender -Portal der Universität Duisburg-Essen, abrufbar unter https://www.uni-due.de/genderportal/gender.shtml (Stand: 21.04.2016); Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften der Freien Universität Berlin, abrufbar unter http://www.geisteswissenschaften.fu-berlin.de/administration/fachbereichsverwaltung/frauenbeauftragte /lernpfad_gender_mainstreaming/LernpfadGendermainstreaming2.html (Stand: 21.04.2016). 3 Gender-Portal der Universität Duisburg-Essen, abrufbar unter https://www.uni-due.de/genderportal/gender .shtml (Stand: 21.04.2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 025/16 Seite 5 biologischen, körperlichen und sozialen Faktoren. Die Tatsache, dass es Frauen und Männer gibt und diese als zwei unterschiedliche Gruppen von Menschen wahrgenommen werden, sei vorrangig das Ergebnis einer Reihe von gesellschaftlichen Zuschreibungen und Erwartungen, die durch Erziehung, Medien, Rollenvorstellungen und Normen vermittelt werden. Wie Frauen und Männer ihr Geschlecht „verkörpern“ und was als „natürlich“ und „normal“ gilt, sei demnach immer auch abhängig von gesellschaftlichen Vorstellungen und Normen4. 3. Zur Historie Mit der historischen Aufbereitung des Begriffs „Gender“ hat sich insbesondere auch die Uni Bielefeld befasst. Nach Darstellung der dort arbeitenden Projektgruppe Gender-Portal der MA- Gender Studies5 wurde Gender als Begrifflichkeit erstmals in der Medizin bei der Forschung mit Intersexuellen in den 1960er Jahren verwendet, um die Annahme zu verdeutlichen, dass die Sozialisation der Individuen für die Geschlechterzugehörigkeit bzw. Geschlechtsidentität verantwortlich ist6. So sei das soziale Geschlecht im weiteren Verlauf als unabhängig vom biologischen Geschlecht betrachtet worden. In den 70er Jahren sei der Begriff Gender im feministischen Sprachgebrauch als Analysekategorie aufgenommen worden, um die Unterscheidung zwischen biologischem und sozialen Geschlecht zu betonen und so einen Ansatz zu entwickeln, der die Veränderbarkeit von Geschlecht in den Blickpunkt rückt: Geschlechterrollen seien kein biologisches Phänomen, sondern stellten soziale Zuschreibungen dar. Sie würden in sozialen Interaktionen und symbolischen Ordnungen konstruiert und seien damit veränderbar. Mit Gender würden scheinbare geschlechtsspezifische Fähigkeiten, Zuständigkeiten und Identitäten in Frage gestellt und kritisiert – danach gebe es keine homogene Gruppe von "Frauen" oder "Männern" bzw. keine Definition für das, was es heiße männlich oder weiblich zu sein7. In den 1980er Jahren seien an deutschen Universitäten erste Frauen- und Geschlechterforschungszentren entstanden, die seit 4 Smykalla, Sandra, Sex und Gender, Berlin 2006, abrufbar über das Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien der HU Berlin unter http://www.genderkompetenz.info/w/files/gkompzpdf/gkompz_was_ist_gender.pdf (Stand: 21.04.2016); siehe auch Butler, Judith, Das Ende der Geschlechterdifferenz? In Die Macht der Geschlechtsnormen und die Grenzen des Menschlichen, 1. Auflage, Frankfurt am Main 2009, S. 281 ff; Connell, Raewyn, Gender, Wiesbaden 2013, S. 26 ff. 5 Projektgruppe Gender-Portal der MA-Gender Studies an der Universität Bielefeld, abrufbar unter https://www.uni-bielefeld.de/gendertexte/gender.html (Stand: 21.04.2016). 6 Der Psychologe und Sexualwissenschaftler John Money (1921 - 2006) führte bereits 1955 die Begriffe „gender identity“ (Geschlechtsidentität) und „gender role“ (Geschlechterrolle) ein, um die Diskrepanz zwischen erwartetem und tatsächlichem Verhalten bei Intersexuellen oder Transsexuellen zu beschreiben. Seine Theorie, dass das Identitätsgeschlecht eines Menschen erst mit etwa drei Jahren entwickelt und vorher beliebig veränderbar sei, versuchte er 1966 an einem 22 Monate alten Zwillingsjungen anhand einer feminisierenden Operation nach einer missglückten Beschneidung zu belegen. Das Experiment gilt heute als menschenverachtend und gescheitert ; siehe hierzu auch Frey, Regina, Von Mythen und Vermischungen – Zur Konstruktion des „Genderismus“ in Gender, Wissenschaftlichkeit und Ideologie, Argumente im Streit um Geschlechterverhältnisse, Heinrich- Böll-Stiftung (Hrsg.), Großbeeren 2014, abrufbar unter http://www.boell.de/sites/default/files/gender_wissenschaftlichkeit _ideologie_2.auflage.pdf (Stand: 21.04.2016); Colapinto, John, abrufbar über das Deutsche Institut für Jugend und Gesellschaft unter http://www.dijg.de/paedophilie-kindesmissbrauch/john-money-gender-jungepenis -maedchen/ (Stand: 21.04.2016). 7 Siehe Fußnote 4; vgl. auch Deutsche Stiftung, Frauen- und Geschlechterforschung, abrufbar unter http://www.stiftung-frauenforschung.de/index.php/historie-der-gender-studies (Stand: 21.04.2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 025/16 Seite 6 den 1990er Jahren verstärkt institutionalisiert worden seien8. Heute gibt es in Deutschland Studienschwerpunkte , Wahlfächer und eigene Studiengänge im Bereich der Gender Studies (Geschlechterforschung ). Unter dem Motto "Handeln für Gleichberechtigung, Entwicklung und Frieden" fand im September 1995 die Vierte UN-Weltfrauenkonferenz in Peking statt, an der Delegierte aus 189 Ländern teilnahmen9. Das Ergebnis der Diskussionen war ein Forderungskatalog, die so genannte Aktionsplattform , welche von 189 Staaten im Konsens als Resolution verabschiedet wurde. In dieser Resolution verpflichteten sich die Staaten insbesondere, die Gleichstellung der Geschlechter in allen Bereichen der Gesellschaft (d. h. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft) zu fördern, die Rechte der Frauen zu schützen, die Armut von Frauen zu bekämpfen, Gewalt gegen Frauen als Menschenrechtsverletzung zu verfolgen, und geschlechtsspezifische Unterschiede in der Gesundheitsversorgung und im Bildungssystem abzubauen. Damit wurde Gender Mainstreaming als eine eigenständige Strategie zur Gleichstellung von Frauen und Männern festgelegt 10. Eine Dokumentation der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages zu den völkerrechtlichen Grundlagen des Gender Mainstreaming vom 13. Dezember 2013, WD 2 – 3000 – 098/13 ist als Anlage 1 beigelegt. 4. „Gender“ in den Gender Studies und diesbezügliche Akteure Der Begriff „Gender Studies“ (Geschlechterforschung) bezeichnet inter- und transdisziplinär ausgerichtete Forschungsansätze, die in allen gesellschaftlichen und kulturellen Bereichen die Bedeutung von Geschlecht und das Verhältnis der Geschlechter untersuchen. Dabei werden Fragen der Ungleichartigkeit und Ungleichheit zwischen den Geschlechtern behandelt und Differenzen innerhalb der Geschlechter thematisiert. Die Studierenden werden sensibilisiert für die Veränderbarkeit sozialer Praxis11.. Konkret befasst sich der Studiengang mit folgenden Fragen12: Welche Bedeutung hat die Einteilung von Menschen in zwei Geschlechter? Was folgt daraus für die Selbst- und Fremdwahrnehmung, für die Identität und Lebensverhältnisse von Individuen? 8 Projektgruppe Gender-Portal der MA-Gender Studies an der Universität Bielefeld, abrufbar unter https://www.uni-bielefeld.de/gendertexte/von_der_frauen_zur_geschlechterforschung.html (Stand: 21.04.2016). 9 Die erste UN-Weltfrauenkonferenz hatte bereits 1975 stattgefunden. Ergebnis war seinerzeit ein Welt-Aktionsplan mit dem Ziel, die Stellung der Frauen weltweit zu verbessern. 10 Siehe United Nations, abrufbar unter http://www.un.org/Depts/german/conf/beijing/beij_bericht.html (Stand: 21.04.2016). 11 Gender Studies, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, abrufbar unter https://www.genderstudies.uni-freiburg .de/Masterstudiengang (Stand: 21.04.2016). 12 Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, abrufbar unter https://www.uni-oldenburg.de/studium/studiengang /?id_studg=322 (Stand: 21.04.2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 025/16 Seite 7 In welcher Weise prägen Geschlechterkonstruktionen die sozialen und kulturellen Ordnungen von Gesellschaften? Welche Rolle spielen andere Ordnungsmuster wie etwa Alter, Ethnizität, Sexualität oder soziale Position? Welche Herrschafts- und Machtmechanismen werden wirksam? Einen Überblick über die Koordinationsstellen, Studiengänge und Graduiertenkollegs im deutschsprachigen Raum hat die Konferenz der Einrichtungen für Frauen- und Geschlechterstudien im deutschsprachigen Raum (KEG) unter http://www.genderkonferenz.eu/deutsch/ueberblick _genderstudies/ueberblick_genderstudies.htm zusammengestellt. Mit dem Abschluss Bachelor of Arts sind Studiengänge im Bereich der Geschlechterforschung an folgenden Universitäten eingerichtet: Humboldt-Universität zu Berlin, Universität Bremen, Georg-August-Universität Göttingen, Universität Konstanz, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg , Universität Regensburg und Goethe Universität Frankfurt am Main. Mit dem Abschluss Master of Arts sind an folgenden Universitäten entsprechende Studiengänge wählbar: Humboldt-Universität zu Berlin, Universität Bielefeld, Ruhr-Universität Bochum, Albert -Ludwigs-Universität Freiburg, Georg-August-Universität Göttingen, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Ludwig-Maximilians-Universität München, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und Universität Paderborn. Verschiedene interdisziplinäre Studienschwerpunkte zur Thematik Geschlechterforschung innerhalb bestehender Studiengänge sind an folgenden Universitäten zu finden: Technische Universität Berlin, Zentrum Gender Wissen Hamburg (hochschulübergreifend), Goethe Universität Frankfurt am Main, Universität Kassel, Leuphana Universität Lüneburg, Philipps-Universität Marburg, Universität Potsdam, Universität Regensburg, Universität Siegen und Universität Trier. Weitere Akteure im Rahmen der Gender Studies sind ebenfalls über die KEG abrufbar unter http://www.genderkonferenz.eu/deutsch/beteiligte_einrichtungen.htm. Beispielhaft seien hier folgende - teilweise hochschulübergreifende - Einrichtungen genannt, die sich für die Vermittlung von Gender-Kompetenz einsetzen sowie Forschungsarbeiten und Projekte fördern: Gender- und Frauenforschungszentrum der hessischen Hochschulen, abrufbar über http://www.gffz.de/. Zentrum Genderwissen mit seinen Einrichtungen Gemeinsame Kommission für Frauenforschung , Gender und Queer Studies sowie Zentrale Bibliothek Frauenforschung, Gender und Queer Studies, abrufbar über http://www.zentrum-genderwissen.de/de/gemeinsamekommission /. Kompetenzzentrum Frauen in Wissenschaft und Forschung (CEWS), abrufbar über http://www.gesis.org/das-institut/kompetenzzentren/kompetenzzentrum-frauen-in-wissenschaft -und-forschung/. Gender-Institut Sachsen Anhalt, abrufbar über http://www.g-i-s-a.de/13. 13 Homepage derzeit in Überarbeitung (Stand: 21.04.2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 025/16 Seite 8 Tübinger Institut für frauenpolitische Sozialforschung e. V. http://www.tifs.de/wir-ueberuns /. Zudem sind Akteure auf dem Gebiet der Gender Studies in Deutschland auch unter http://www.geschlechterforschung.org/de/de/ aufgelistet. Hier seien beispielhaft genannt: Die Fachgesellschaft Geschlechterstudien/Gender Studies Association (Gender e. V.) dient dazu, die Geschlechterstudien im deutschsprachigen Raum weiter zu entwickeln, eine Verständigung über den Forschungsstand in den Geschlechterstudien zu ermöglichen, die inter- und transdisziplinäre Kooperation in den Geschlechterstudien und die Verankerung von Geschlechterstudien in Forschung und Lehre als eigenes Feld und in anderen akademischen Fächern zu befördern; siehe hierzu: http://www.fg-gender.de/ . Die Sektion Frauen- und Geschlechterforschung in der Deutschen Gesellschaft und die Sektion Frauen- und Geschlechterforschung in der Erziehungswissenschaft stellen Informationen zu Tagungen und zu eigenen Publikationen zur Verfügung; siehe hierzu http://www.frauen-undgeschlechterforschung .de/home.html bzw. http://www.dgfe.de/sektionen-kommissionen/sektion- 11-frauen-und-geschlechterforschung-in-der-erziehungswissenschaft.html. Der seit 1991 bestehende Arbeitskreis Politik und Geschlecht in der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft hat unter anderem den Austausch über Forschungsergebnisse und Projekte in der politologischen Frauen- und Geschlechterforschung, die Unterstützung des Nachwuchses sowie den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis zum Ziel; siehe hierzu http://www.politik-und-geschlecht.de/index.html?http://www.politik-und-geschlecht.de/arbeitskreis .htm. Das GenderKompetenzZentrum der Humboldt-Universität zu Berlin stellt auf einer Internetseite sein historisches Archiv aus den Jahren 2003 bis 2010 zur Verfügung. Themen sind Genderkompetenz , Kooperationen und Publikationen, siehe hierzu http://www.genderkompetenz.info/. Das Institut für Geschlechterforschung in der Medizin an der Charité in Berlin betreibt u. a. geschlechterspezifische Grundlagenforschung, siehe hierzu http://gender.charite.de/institut/. Das Gunda-Werner-Institut für Feminismus und Geschlechterdemokratie, angesiedelt in der Heinrich-Böll-Stiftung, initiiert Diskurse zwischen Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft und reflektiert geschlechterdemokratische Ansätze kritisch, siehe hierzu http://www.gwiboell .de/de/institut. Das Heidelberger Institut für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung betreibt Frauen- und Geschlechterforschung und fördert die Kommunikation über Disziplinen- und Ländergrenzen hinaus, siehe hierzu http://www.hifi-heidelberg.de/start.htm. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 025/16 Seite 9 5. „Gender“ in Gender Mainstreaming und diesbezügliche Akteure Aus Sicht des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) lässt sich der internationale Begriff Gender Mainstreaming am besten mit Leitbild der Geschlechtergerechtigkeit übersetzen. Das Leitbild der Geschlechtergerechtigkeit bedeute, bei allen gesellschaftlichen und politischen Vorhaben die unterschiedlichen Auswirkungen auf die Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern grundsätzlich und systematisch zu berücksichtigen. Dieses Vorgehen, für das sich seit der UN-Weltfrauenkonferenz 1995 international der Begriff Gender Mainstreaming etabliert hat, basiere auf der Erkenntnis, dass es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gebe, und Männer und Frauen in sehr unterschiedlicher Weise von politischen und administrativen Entscheidungen betroffen sein könnten. Das Leitprinzip der Geschlechtergerechtigkeit verpflichte die Politik, Entscheidungen so zu gestalten, dass sie zur Förderung einer tatsächlichen Gleichberechtigung der Geschlechter beitragen. Ein solches Vorgehen erhöhe nicht nur die Zielgenauigkeit und Qualität politischer Maßnahmen, sondern auch die Akzeptanz bei Bürgerinnen und Bürgern. Gender Mainstreaming bedeute also, zu berücksichtigen, dass eine Entscheidung für Frauen und Männer verschiedene Auswirkungen haben kann. Das solle auf allen Entscheidungsebenen geschehen. Deshalb heiße es Mainstreaming. Das Ziel sei die Gleichstellung , also die praktische Verwirklichung der formal gleichen Rechte von Frauen und Männern 14. Dabei stößt Gender Mainstreaming als Strategie teilweise auf Kritik, da sie die Zweigeschlechtlichkeit verstärke. Aus diesem Grund habe Gender Mainstreaming nicht die Wirkungsfähigkeit, positiv zu einer Entwicklung der Geschlechterdemokratie beizutragen, welche nicht hierarchisch und dualitätsorientiert sei15. Das BMFSFJ betont die Vielfalt der Lebensentwürfe, deren Umsetzung den Frauen und Männern ermöglicht werden soll. Die jeweiligen im Lebensverlauf immer wieder neu zu treffenden Entscheidungen sollen dabei nicht zu strukturellen Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts führen16. 14 BMFSFJ zu Strategie Gender Mainstreaming, abrufbar unter http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung ,did=192702.html (Stand: 21.04.2016). 15 Dr. Frey, Regina/Heilmann, Andreas/Nordt, Stefanie/Dr. Hartmann, Jutta/Kugler, Thomas/Smykalla, Sandra: Gendermanisfest, abrufbar unter http://www.gender.de/mainstreaming/GenderManifest01_2006.pdf (Stand: 21.04.2016). 16 Auskunft des BMFSFJ gegenüber Verf. am 11.04.2016. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 025/16 Seite 10 5.1. Rechtliche Grundlagen Die völkerrechtlichen Grundlagen des Gender Mainstreaming werden neben der bereits erwähnten Resolution auf der Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking wesentlich durch weitere Resolutionen der UN-Generalversammlung sowie des UN-Sicherheitsrates bestimmt17. Die europarechtliche Verankerung der Gleichstellung von Frauen und Männern findet sich sowohl im Primärrecht als auch in diversen Richtlinien wieder, siehe hierzu den Sachstand des Fachbereichs Parlament und Europa des Deutschen Bundestages vom 28. November 2013, PE 6 – 3000 – 124/13: Gender Mainstreaming in der Europäischen Union (EU). Anlage 2 Maßgebend im deutschen Recht ist Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes18. Dieser führt in Satz 1 aus, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind und fordert den Staat in Satz 3 auf, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken. Am 14. August 2006 trat das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)19 in Kraft. Es zielt gemäß § 1 AGG unter anderem darauf ab, Benachteiligungen wegen des Geschlechts zu verhindern oder zu beseitigen. Das AGG gilt im Arbeitsrecht für alle Bereiche der Beschäftigung. Ebenso ist der Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum vom Schutzzweck umfasst. Schwerpunkt des zivilrechtlichen Anwendungsbereichs sind daher sogenannte Massengeschäfte, die eine Vielzahl von Fällen betreffen. Benachteiligte Personen können Ansprüche auf Beseitigung, Unterlassung, Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend machen. Die Zielsetzung des Grundgesetzes findet ihre Fortsetzung auch in dem Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst, das am 01. Mai 2015 in Kraft getreten ist20. Es hat zum Ziel, den Anteil von Frauen an Führungspositionen signifikant zu verbessern und letztlich eine Geschlechterparität herzustellen. Es regelt sowohl den Bereich der Privatwirtschaft als auch den Bereich des Öffentlichen Dienstes. Danach gilt für Aufsichtsräte von Unternehmen, die börsennotiert sind und der paritätischen Mitbestimmung unterliegen, eine Geschlechterquote von 30 Prozent. Die Unternehmen müssen die Quote ab dem 01. Januar 2016 sukzessive für die neu zu besetzenden 17 Zu den Einzelheiten wird auf die entsprechende Dokumentation der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages: Zu den völkerrechtlichen Grundlagen des Gender Mainstreamings, WD 2 – 3000 – 098/13 verwiesen , s. oben unter 3., Anlage 1. 18 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2438) geändert worden ist. 19 BGBl. I S. 1897. 20 BGBl. I S. 641. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 025/16 Seite 11 Aufsichtsratsposten beachten. Unternehmen, die entweder börsennotiert oder mitbestimmt sind, sind verpflichtet, Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten, Vorständen und obersten Management-Ebenen festzulegen. Das mit dem Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst geschaffene Gesetz über die Mitwirkung des Bundes an der Besetzung von Gremien - Bundesgremienbesetzungsgsetz (BGremBG), das damit ebenfalls am 01. Mai 2015 in Kraft getreten ist21, hat die paritätische Vertretung von Frauen und Männern in Gremien zum Ziel, soweit der Bund Mitglieder für diese bestimmen kann. Das in diesem Kontext ebenfalls erarbeitete und auch am 01. Mai 2015 in Kraft getretene Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG)22 hat das Ziel, die Gleichstellung von Frauen und Männern zu verwirklichen , die Familienfreundlichkeit sowie die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Berufstätigkeit von Frauen und Männern zu verbessern. Es gilt für die gesamte Bundesverwaltung und löst das Gleichstellungsdurchsetzungsgesetz (DGleiG) aus dem Jahr 200123 ab. In den Bundesländern wurden ebenfalls Gleichstellungsgesetze mit dem Geltungsbereich für die jeweilige Landesverwaltung erlassen. 5.2. Umsetzungsstrategien Die Bundesregierung hat am 23. Juni 1999 per Kabinettsbeschluss das Leitprinzip der Geschlechtergerechtigkeit als durchgängiges Prinzip anerkannt und bestimmt, dass zur Umsetzung dieser Aufgabe die Gender Mainstreaming-Strategie einzuführen ist24. In der Folge wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen. In § 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO)25 wurde die Verpflichtung aller Ressorts aufgenommen, Gender-Mainstreaming bei allen politischen, normgebenden und verwaltenden Maßnahmen der Bundesregierung zu beachten. 21 BGBl. I S. 642. 22 BGBl. I S. 642, 643. 23 BGBl. I S. 3234. 24 BMFSFJ zur Strategie Gender Mainstreaming, abrufbar unter http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Service/volltextsuche ,did=192702.html (Stand: 21.04.2016). 25 GGO, Stand September 2011, abrufbar unter http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet .de/bsvwvbund_21072009_O11313012.htm (Stand: 21.04.2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 025/16 Seite 12 Ausgehend davon, dass Veränderungen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft neue Ungleichheiten im Geschlechterverhältnis erzeugen können, gab das BMFSFJ einen kommentierten „Datenreport zur Gleichstellung von Frauen und Männern“26 heraus. Dazu wurde vorhandenes Datenmaterial zur sozialen Lage und zur Lebensführung von Frauen und Männern zusammengetragen, ausgewertet und interpretiert. Die Daten stammten dabei aus den Jahren 2002-2005. Der Blick wurde nicht nur auf die Benachteiligungen von Frauen, sondern auch auf die von Männern gerichtet . Als Themenbereiche wurden aufgeführt: Bildung, Ausbildung und Weiterbildung, Erwerbstätigkeit, Erwerbseinkommen, Familien- und Lebensformen, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, politische Partizipation und bürgerschaftliches Engagement, soziale Sicherung, Gesundheitsstatus und Gesundheitsrisiken, die Situation von Frauen und Männern mit Behinderung sowie Gewalthandlung und Gewaltbetroffenheit. Gender Mainstreaming im Rahmen von einer Gesetzesfolgenabschätzung bedeutet, auch die voraussichtlichen Auswirkungen bezogen auf die Gleichstellung der Geschlechter zu ermitteln, darzustellen und zu bewerten. Denn nahezu alle Regelungsvorhaben – auch scheinbar neutrale – wirken auf das bestehende Geschlechterverhältnis ein – ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt – und lassen sich demnach als positiv oder negativ für die Gleichstellung der Geschlechter bewerten 27. Das BMFSFJ hat dazu 2005 eine entsprechende Arbeitshilfe erlassen28. Im Jahr 2005 legte darüber hinaus der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD fest, dass in jeder Legislaturperiode ein „Bericht zur Gleichstellung von Frauen und Männern“ erstellt werden soll. Vor diesem Hintergrund wurde drei Jahre später eine interdisziplinär zusammengesetzte Sachverständigenkommission damit beauftragt, das Gutachten für den Ersten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung zu erstellen29. Das Bundeskabinett nahm am 15. Juni 2011 dieses Gutachten der unabhängigen Sachverständigenkommission "Neue Wege - gleiche Chancen - Gleichstellung von Frauen und Männern im Lebensverlauf" zur Kenntnis und beschloss die vom BMFSFJ erarbeitete Stellungnahme der Bundesregierung. Gutachten und Stellungnahme bilden den „Ersten Gleichstellungsbericht- Neue Wege – gleiche Chancen – Gleichstellung von Frauen und Männern im Lebensverlauf“30. Der „Erste Gleichstellungsbericht“ erörtert politischen Handlungsbedarf in verschiedenen Lebensphasen wie der beruflichen Orientierung, der Familiengründung oder des Wiedereinstiegs ins Berufsleben. Dabei werden ebenfalls beide Geschlechter in den Blick genommen. 26 BMFSFJ, Gender Datenreport, abrufbar über http://www.bmfsfj.de/doku/Publikationen/genderreport/0-einleitung .html (Stand: 21.04.2016). 27 Lewalter, Sandra, Gesetzesfolgenabschätzung, Eine Einführung, abrufbar über das GenderKompetenzZentrum unter http://www.gleichstellungsinstitut.de/pdfs/wir/mitgl/lewalter/Gesetzesfolgenabschaetzung_Lewalter.pdf (Stand: 21.04.2016). 28 BMFSFJ: Gender Mainstreaming bei der Vorbereitung von Rechtsvorschriften, abrufbar über http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did=192702.html (Stand: 21.04.2016). 29 Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e. V., Geschäftsstelle Zweiter Gleichstellungsbericht, abrufbar unter http://www.gleichstellungsbericht.de/de/topic/6.erster-gleichstellungsbericht.html (Stand: 21.04.2016). 30 Erster Gleichstellungsbericht abrufbar über http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did=126762.html (Stand: 21.04.2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 025/16 Seite 13 Als zentrale Empfehlungen des „Ersten Gleichstellungsberichts“ listet die Geschäftsstelle Zweiter Gleichstellungsbericht folgende Punkte auf31: Rollenbilder im Recht: Modernisierung der Rollenbilder und konsistente Ausrichtung des Rechts am Leitbild der Gleichberechtigung Bildung: Abwärtsspiralen verhindern und Wahlmöglichkeiten in allen Lebensphasen fördern Erwerbsleben: Fehlanreize beseitigen, Entgeltgleichheit und Aufstiegschancen schaffen Zeitverwendung: Flexibilität ermöglichen und unterschiedliche Formen von Arbeit stärken Alter: Honorierung der Pflegearbeit verbessern und Alterssicherung armutsfest machen. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 23. September 2011 den „Ersten Gleichstellungsbericht“ begrüßt, jedoch erheblichen weiteren politischen Handlungsbedarf bekundet sowie eine kontinuierliche Fortschreibung des Berichtes gefordert32. Im Mai 2015 wurde den Sachverständigen der Berichtsauftrag für ihr nachfolgendes Gutachten erteilt und somit mit der Arbeit für den „Zweiten Gleichstellungsbericht“ begonnen. Dabei sollen die Sachverständigen bei ihrer Arbeit der Frage nachgehen, welche konkreten politischen Schritte es Frauen und Männern ermöglichen, sich in der Arbeitswelt und in der Familie tatsächlich auf Augenhöhe zu begegnen. Berufseinstieg, Berufskarriere, Familiengründung und familiäre Pflege sind gleichstellungspolitisch bedeutende Schlüsselstellen, die besonders betrachtet werden sollen.33 Im Jahr 2009 wurde der „Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland – Eine Standortbestimmung“ veröffentlicht34. In Zusammenarbeit der Länder und des Bundes wurden erstmals Indikatoren entwickelt, mit denen Informationen zu wichtigen gleichstellungspolitischen Sachverhalten gewonnen wurden. Der Atlas lieferte bis auf Kreisebene einen umfassenden und anschaulichen Überblick über die Unterschiede zwischen den Bundesländern bei der Umsetzung wichtiger gleichstellungspolitischer Ziele und der Schaffung gleichstellungsförderlicher Rahmenbedingungen. Ergänzend zum Atlas steht für die Kreis- und für die Länderebene je ein Tabellenband bereit. In diesen beiden Bänden sind die Zahlen und Werte aufgeführt, die dem Atlas zugrunde liegen. 31 Siehe Fußnote 29. 32 https://www.gleichstellungsministerkonferenz.de/documents/Bundesrat-Beschluss_376-11(B).pdf (Stand: 21.04.2016). 33 Pressemitteilung des BMFSFJ, abrufbar unter http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did=215674.html (Stand: 21.04.2016). 34 BMFSFJ, Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland – eine Standortbestimmung, abrufbar unter http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Service/publikationen,did=130048.html (Stand: 21.04.2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 025/16 Seite 14 Der im Jahr 2013 veröffentlichte „2. Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland“35 liefert erneut auf Landes- und Kreisebene einen umfassenden und anschaulichen Überblick über die regionalen Unterschiede bei der Umsetzung wichtiger gleichstellungspolitischer Ziele und der Schaffung gleichstellungsförderlicher Rahmenbedingungen. Auch hier werden zahlreiche Statistiken zu einem ländereinheitlichen Indikatorensystem zusammengeführt und damit der Stand der Gleichstellung vergleichbar in Karten, Diagrammen und Tabellen abgebildet . Der Atlas enthält Daten und Statistiken zu Indikatoren wie beispielsweise Mandate in den Länderparlamenten, Hochschul- oder Juniorprofessuren oder Teilzeitbeschäftigung. Die insgesamt 36 erfassten Indikatoren sind dabei den vier Kategorien Partizipation, Bildung und Ausbildung , Arbeit und Einkommen sowie Lebenswelt zugeordnet. So werden neben der Umsetzung auch die Potenziale sichtbar, die bei der Verwirklichung einer tatsächlichen Gleichberechtigung von Frauen und Männern in den Ländern und Kommunen zu beobachten sind. Mit dem "2. Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland“ wird die erste Auflage des Atlas aus dem Jahr 2009 aktualisiert und umfassend erweitert. Die Fortschreibung hatte die Gleichstellungs - und Frauenministerkonferenz (GFMK) beschlossen, um Entwicklungen im Zeitverlauf abbilden zu können. Ergänzend zum Atlas steht für die Kreis- und für die Länderebene je ein Tabellenband bereit. In diesen beiden Bänden sind die Zahlen und Werte aufgeführt, die dem Atlas zugrunde liegen36. Als Teilaspekt des Gender Mainstreaming definiert der Europarat Gender Budgeting wie folgt37: „Gender Budgeting ist eine Anwendung von Gender Mainstreaming im Haushaltsprozess. Es umfasst eine geschlechtsbezogene Analyse der Haushalte, die auf allen Ebenen des Haushaltsprozesses eine Gleichstellungsperspektive integriert und die Einnahmen und Ausgaben so umverteilt, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern gefördert wird.“ Das übergeordnete Ziel von Gender Budgeting ist die Gleichstellung von Frauen und Männern bei der Ressourcenverteilung. Das Genderbüro hat die Ergebnisse einer Internetrecherche von April/Mai 2014 präsentiert, die Materialien zu den verschiedenen Ebenen in Deutschland – Bund, Länder und Kommunen - beinhaltet 38. Danach nimmt insbesondere Berlin eine Vorreiterrolle ein, da es als erstes Bundesland Gender Budgeting eingeführt hat und konsequent verfolgt. Die Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen- und -minister, -senatorinnen und – senatoren der Länder, in der alle 16 Bundesländer als Mitglieder vertreten sind, stellt auf ihrer 35 BMFSFJ, 2. Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland, abrufbar unter http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Service/volltextsuche,did=195710.html (Stand: 21.04.2016). 36 Tabellenband Kreis- und Länderebene abrufbar über das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren in Baden-Württemberg, siehe https://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/de/menschen /gleichstellung/atlas-zur-gleichstellung/ (Stand: 21.04.2016). 37 Europarat (2005): Gender Budgeting - Final report of the Group of specialists on gender budgeting (EG-S- GB), S. 10. Weitere Informationen auf: Agentur für Gleichstellung im ESF (Hrsg.), Im Fokus: Gender Budgeting, Berlin 2010, eingestellt auf: http://www.esf-gleichstellung.de/fileadmin/data/Downloads/Infoletter/infoletter_agenturfuer -gleichstellung-im-esf_1.pdf (Stand 21.04.2016). 38 Genderbüro, abrufbar unter http://www.gender.de/cms-gender/wp-content/uploads/20140516_genderbuero _GB_D.pdf (Stand. 21.04.2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 025/16 Seite 15 Internetseite Informationen aus zwölf Ländern zur Verfügung. Aufgeführt werden unter anderem Aktionspläne, gleichstellungspolitische Rahmenprogramme, Statistiken, Landesregelungen, Studien , Berichte sowie Informationsmaterial zur Thematik Gleichstellung und Gleichberechtigung 39. Ergänzend dazu wird auf die Informationen aus dem Bundesland Baden-Württemberg40 verwiesen . Am 09. Juli 2002 hat der dortige Ministerrat die Implementierung von Gender Mainstreaming in der baden-württembergischen Landesverwaltung beschlossen. Die Ministerien und die anderen Landesbehörden sind somit verpflichtet, im Rahmen ihrer fachlichen Arbeit den auf Chancengleichheit abzielenden Ansatz des Gender Mainstreaming umzusetzen. Der Beschluss des Ministerrats wurde rechtlich im Gesetz zur Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst des Landes Baden-Württemberg (Chancen G)41, das am 22. Oktober 2005 in Kraft getreten ist, verankert. Dieses Gesetz wurde im Jahr 2016 novelliert42. In § 2 ChancenG wird Folgendes ausgeführt: „Alle Beschäftigten, insbesondere diejenigen mit Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben, fördern die tatsächliche Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und berücksichtigen Chancengleichheit als durchgängiges Leitprinzip in allen Aufgabenbereichen der Dienststelle.“ Die Broschüre „Chancengleichheit konkret. Eine Arbeitshilfe zur Umsetzung von Gender Mainstreaming in den Ministerien des Landes Baden-Württemberg“ wurde im Frühjahr 2012 bereits in der 4. Auflage herausgegeben43. 2013 wurde erstmalig für Baden-Württemberg ein Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern veröffentlicht. Dieser Atlas wird als wichtige Ergänzung zu dem bundesweiten 2. Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland gesehen44. 39 Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen- und – minister, - senatorinnen und – senatoren der Länder, abrufbar unter https://www.gleichstellungsministerkonferenz.de/Informationspool.html (Stand: 21.04.2016). 40 Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Baden-Württemberg, abrufbar unter https://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/de/menschen/gleichstellung/gender-mainstreaming/ (Stand: 21.04.2016). 41 Gesetzblatt Baden-Württemberg. S. 650. 42 Aktuelle Fassung des ChancenG vom 23.02.2016 abrufbar über http://www.landesrecht-bw.de/jportal/portal /t/ahm/page/bsbawueprod.psml;jsessionid=B96B5E6B4A76988C9C5AA35FCFD38306.jp90?pid=Dokumentanzeige &showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc =yes&doc.id=jlr-ChancGleichGBW2016rahmen&doc.part=X&doc.price=0.0#focuspoint (Stand: 21.04.2016). 43 Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Baden-Württemberg, abrufbar über https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/publikation/did/chancengleichheit-konkret-eine-arbeitshilfezur -umsetzung-von-gender-mainstreaming-in-den-ministeri/ (Stand: 21.04.2016). 44 Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Baden-Württemberg, abrufbar über https://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-sm/intern/downloads/Downloads _Gleichstellung/Landesgleichstellungsatlas_BW.pdf (Stand: 21.04.2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 025/16 Seite 16 In Berlin trat bereits am 13. Januar 1991 das Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) in Kraft45. Dieses Gesetz – seit 1993 Landesgleichstellungsgesetz (LGG) betitelt – hat zahlreiche Änderungen erfahren, wurde im Jahr 2010 einer umfassenden Novellierung unterzogen46 und hat die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Berliner Verwaltung zum Ziel. Die Verpflichtung zur Umsetzung des Gender Mainstreaming als präventive Handlungsstrategie der Gleichstellungspolitik in der Berliner Verwaltung beruht darüber hinaus auf verbindlichen Beschlüssen, die seit 2002 vom Berliner Senat und Abgeordnetenhaus – und auf Bezirksebene ergänzend vom Rat der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister– gefasst wurden47. Gender Mainstreaming ist danach als ein komplexer und langjähriger Organisationsentwicklungsprozess zu betrachten. Ziel ist es, Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit für Frauen/Mädchen und Männer/Jungen auch durch eine modernisierte Verwaltung herzustellen48. Mit dem Berliner Gender Datenreport werden jährlich aktuelle Grundlagendaten zur Situation von Frauen und Männern in Berlin zur Verfügung gestellt. Thematisch folgt der Report den Schwerpunkten der Gleichstellungspolitik des Senats in den Bereichen Bildung, Erwerbstätigkeit und soziodemografische Entwicklung49. 6. Gender und Bildung Gender und Bildung wird in den nachfolgenden Arbeiten unter unterschiedlichen Aspekten behandelt : Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Benachteiligung von Jungen im Bildungswesen , Dokumentation, WD 8 – 3000 – 068/15 vom 12. Oktober 2015 Anlage 3 45 Gesetz-und Verordnungsblatt Berlin. S. 8. 46 Aktuelle Fassung des LGG vom 18.11.2010 abrufbar unter http://gesetze.berlin.de/jportal/portal /t/puw/page/bsbeprod.psml;jsessionid=6FF82A1FCB98F39A1B9DF9F5E9CD1C0D.jp26?pid=Dokumentanzeige &showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc =yes&doc.id=jlr-GleichstGBE2010rahmen&doc.part=X&doc.price=0.0#focuspoint (Stand: 21.04.2016). 47 Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen, abrufbar unter https://www.berlin.de/sen/frauen/gleichstellung / (Stand: 21.04.2016). 48 Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen, abrufbar unter https://www.berlin.de/sen/frauen/gleichstellung /gender-mainstreaming/ (Stand: 21.04.2016). 49 Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen, abrufbar unter https://www.berlin.de/sen/frauen/gleichstellung /gender-datenreport/ (Stand: 21.04.2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 025/16 Seite 17 Interparlamentarisches Treffen – Ausschuss für die Rechte der Frau und Gleichstellung der Geschlechter (FEM) des Europäischen Parlaments am 5. März in Brüssel, WD 8 – 3000 - 003/15 vom 27. Januar 2015 Anlage 4 Gleichstellung von Frauen in Wissenschaft und Forschung, Aktueller Begriff, Nr. 54/08 vom 19. September 2008 Anlage 5 Das Thema Gender und Bildung wird aktuell in Baden-Württemberg behandelt und kontrovers diskutiert. Im Schuljahr 2016/2017 treten in Baden-Württemberg neue Bildungspläne für die Schulen in Kraft50. Darin enthalten ist erstmalig die Leitperspektive „Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt“. Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport in Baden-Württemberg führt zu dieser Leitperspektive aus, dass sich in der modernen Gesellschaft Menschen unterschiedlicher Staatsangehörigkeit, Nationalität, Ethnie, Religion oder Weltanschauung, unterschiedlichen Alters, psychischer, geistiger und physischer Disposition sowie geschlechtlicher Identität und sexueller Orientierung begegnen. Kennzeichnend seien Individualisierung und Pluralisierung von Lebensentwürfen. Kernanliegen der Leitperspektive sei es, Respekt sowie die gegenseitige Achtung und Wertschätzung von Verschiedenheit zu fördern. Grundlagen seien die Menschenwürde, das christliche Menschenbild sowie die staatliche Verfassung mit dem besonderen Schutz von Ehe und Familie51. Unter dem Stichwort „Gender-Ideologie“ im Sinne einer Gleichwertigkeit aller Optionen von Partnerschaft, Elternschaft und Sexualität stieß vor allem die vorangegangene Entwurfsfassung der Bildungspläne, wonach die Leitperspektiven unter dem Gesichtspunkt der „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ berücksichtigt werden sollten, teilweise auf Kritik 52. Ende der Bearbeitung 50 Ministerium für Kultus, Jugend und Sport in Baden-Württemberg, abrufbar unter http://www.bildungsplaenebw .de/,Lde/3852292 (Stand: 21.04.2016). 51 Ministerium für Kultus, Jugend und Sport in Baden-Württemberg, abrufbar unter http://www.bildungsplaenebw .de/,Lde/2128165_3748368_3852292_3786952 (Stand: 21.04.2016). 52 Siehe hierzu die Berichterstattung in der Süddeutschen Zeitung vom 01.04.2016, abrufbar unter http://www.sueddeutsche .de/bildung/schule-baden-wuerttemberg-schueler-sollen-verschiedenheit-akzeptieren-lernen- 1.2929977 (Stand: 21.04.2016) sowie in der Südwestpresse vom 06.04.2016, abrufbar unter http://www.swp.de/ulm/nachrichten/suedwestumschau/Kultusministerium-stellt-rund-800-Lehrern-Bildungsplaene -vor;art1157835,3770067 (Stand: 21.04.2016).