© 2020 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 024/20 Tracking-Apps zur Bekämpfung der Corona-Pandemie in Österreich, China, Südkorea und Singapur (Stand: 16. April 2020) Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 024/20 Seite 2 Tracking-Apps zur Bekämpfung der Corona-Pandemie in Österreich, China, Südkorea und Singapur (Stand: 16. April 2020) Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 024/20 Abschluss der Arbeit: 16. April 2020 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 024/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Österreich 4 1.1. „Stopp-Corona“ – App vom Österreichischen Roten Kreuz 4 1.2. „Beacon“ – Alternative bluetoothfähige Schlüsselanhänger 5 1.3. „Novid 20“ – App 5 1.4. Handybewegungsdaten von österreichischem Mobilfunkanbieter 5 2. China 5 3. Südkorea 6 3.1. Tracking-Apps auf Smartphones 6 3.2. Tracking-Armband 7 4. Singapur 7 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 024/20 Seite 4 1. Österreich 1.1. „Stopp-Corona“ – App vom Österreichischen Roten Kreuz Am 25. März 2020 veröffentlichte das Österreichische Rote Kreuz die Tracking-App „Stopp- Corona“, um die Infektionskette der Corona-Infektionen schnellstmöglich zu unterbrechen. Für Informationen zur aktuellsten Version der App wird verwiesen auf die Website des Österreichischen Roten Kreuzes, siehe: Ein Überblick zur STOPP CORONA APP, abrufbar unter: https://www.roteskreuz.at/site/ueberblick-stopp-corona-app/ (alle Links zuletzt aufgerufen am 16. April 2020). Die App ist kostenlos in den App-Stores von Apple und Google verfügbar und wurde bislang 300.000 Mal von den Österreicherinnen und Österreichern heruntergeladen, siehe: "Stopp Corona"-App speichert Kontakte ab sofort auch automatisch, in: futurezone.at vom 10. April 2020, abrufbar unter: https://futurezone.at/apps/stopp-corona-app-speichert-kontakteab -sofort-auch-automatisch/400809302. Bis zur Veröffentlichung einer neuen Version der „Stopp-Corona“-App am 9. April 2020 wurden dem Benutzer die Smartphones der anderen App-Nutzer aufgelistet, die sich in örtlicher Nähe befanden. Der Benutzer musste diese Nummern auf der Liste einzeln manuell bestätigen und so händisch registrieren. Seit dem 9. April 2020 kann durch die neue Version diese Vernetzung der Nutzer untereinander bei einem Kontakt von unter 2 Metern für länger als 15 Minuten nun auch automatisch erfolgen - vorausgesetzt, die Nutzer haben dafür ihr Einverständnis abgegeben, siehe: Stopp-Corona-App bekommt ab Donnerstag neue Funktionen, in: futurezone.at vom 5. April 2020, abrufbar unter: https://futurezone.at/apps/stopp-corona-app-bekommt-ab-donnerstag -neue-funktionen/400803773, sowie : https://futurezone.at/apps/stopp-corona-app-speichertkontakte -ab-sofort-auch-automatisch/400809302. Im Falle eines Verdachtes auf eine Corona-Infektion werden die Personen, mit denen der möglicherweise infizierte App-Nutzer in den letzten 54 Stunden in Kontakt stand, benachrichtigt (gelbe Ampel). Sobald der Absender der Warnmeldung das Testergebnis zur Infektion mit COVID-19 erhält, kann er in der "Stopp-Corona"-App entweder eine Entwarnung geben (grüne Ampel) oder die Warnung bestätigen (rote Ampel), siehe: Stopp Corona – Mein Kontakt-Tagebuch , FAQS zur App, abrufbar unter: https://www.roteskreuz.at/site/faq-app-stopp-corona/. Die App kann anonym und ohne Registrierung genutzt werden; lediglich im Fall des Infektionsverdachts wird die Angabe einer Telefonnummer zum Erhalt eines TAN-Codes notwendig, um seine Angaben (bestätigte Warnung oder Entwarnung an alle Kontakte) zu bestätigen. Die Telefonnummer wird nach 30 Tagen von den Servern gelöscht. Die Anwendung speichert keine personenbezogenen Daten und zeichnet keine Bewegungsdaten auf - lediglich den Abstand zu anderen Geräten, sieht oe24.at vom 10. April 2020, abrufbar unter: https://www.oe24.at/digital /Stopp-Corona-App-zeigt-Wirkung/425725680. Das Österreichische Rote Kreuz veröffentlichte hierzu einen Bericht über die Datenschutz- Folgenabschätzung für die Anwendung Stopp Corona-App mit Stand vom 10. April 2020, siehe: https://www.roteskreuz.at/fileadmin/user_upload/Bericht_Datenschutz-Folgenabschaetzung_Oe RK_StopCoronaAppR1.1_RI_09-04-2020_V1.1_public.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 024/20 Seite 5 1.2. „Beacon“ – Alternative bluetoothfähige Schlüsselanhänger Für rund zwei Millionen Österreicherinnen und Österreicher, die kein Smartphone besitzen, sollen bluetoothfähige Schlüsselanhänger – sog. „Beacons“ – eine Alternative sein, siehe „Kurz plant Handy-Tracking“, in n-tv vom 5. April 2020, abrufbar unter: https://www.n-tv.de/politik /Kurz-plant-Handy-Tracking-article21693780.html. Derzeit arbeiten das österreichische Entwicklerteam Novid20, das Österreichische Rote Kreuz und Accenture an der Entwicklung und Umsetzung von Beacons. 1.3. „Novid 20“ – App Experten aus den Bereichen Softwareentwicklung, Data Science, Datenschutz und Recht haben die Corona-Tracking-App „Novid 20“ entwickelt, siehe: https://www.novid20.org/en. Diese App verwendet Bluetooth, um festzustellen, welche Smartphones sich in unmittelbarer Nähe zueinander befinden. Die Smartphones speichern gegenseitig ihre Identifikationsnummern, sowie Datum und Uhrzeit des Kontaktes lokal und in verschlüsselter Form jeweils auf dem Gerät selbst. Wird ein Infektionsfall von einem App-Nutzer gemeldet und verifiziert, wird die Kontaktinformation anonymisiert an das jeweilige Smartphone übertragen und werden dadurch potenziell infizierte Personen gewarnt. Da in Österreich bereits mit der o. g. "Stopp Corona"-App des Österreichischen Roten Kreuzes eine Anwendung existiert, werde die „Novid20“-App in Österreich nicht veröffentlicht, sondern eine Weiterentwicklung in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz angestrebt , siehe: Novid 20: Österreichische Corona-App für Georgien, Code als Open Source veröffentlich , in Der Standard vom 7. April 2020, abrufbar unter: https://www.derstandard .at/story/2000116604627/novid20-oesterreichische-corona-app-fuer-georgien-code-als-opensource , sowie Neue innovative Monitoring-App "STOP COVID" der österreichischen Nichtregierungsorganisation Novid20 in Georgien online, in APA vom 7. April, abrufbar unter: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20200407_OTS0069/neue-innovative-monitoringapp -stop-covid-der-oesterreichischen-nichtregierungsorganisation-novid20-in-georgien-online. Die Entwickler stellen den Quellcode der App öffentlich auf Github abrufbar zur Verfügung, siehe: https://github.com/novid20org. 1.4. Handybewegungsdaten von österreichischem Mobilfunkanbieter Die Österreichische Bundesregierung erhält vom Mobilfunkbetreiber A1 derzeit die Bewegungsdaten ihrer Kundinnen und Kunden, anhand derer der Regierung ermöglicht werden soll nachzuvollziehen , ob die Einschränkung sozialer Kontakte eingehalten wird. Der Mobilfunkbetreiber betonte , dass die Daten anonymisiert seien und sich daher keinerlei Rückschlüsse auf den individuellen Smartphone-Nutzer ziehen ließen. So würde jedes Handy eine für das Tracking automatisch zufällig generierte Nummer zugewiesen bekommen. Diese Nummern würden sämtlich alle 24 Stunden frisch vergeben. Dadurch sei es ausgeschlossen nachzuvollziehen, wohin sich die anonymisierten Nutzer über längere Zeitintervalle bewegen, siehe: Regierung bekommt Handybewegungsdaten , in orf.at vom 17. März 2020, abrufbar unter: https://orf.at/stories/3158211/. 2. China China will mit der flächendeckenden Verwendung von sog. Health-Code-Apps eine zweite Infektionswelle verhindern. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 024/20 Seite 6 Bei der Anwendung dieser Apps werden personenbezogene Daten gesammelt, typische Covid-19- Symptome abgefragt und Bewegungsprofile angelegt. Auf Grundlage dieser Informationen errechnet das Tool dann einen Gesundheitsstatus und vergibt an den App-Nutzer einen farblichen QR-Code. Grün bedeutet, dass sich der Nutzer frei bewegen kann, gelb setzt eine Woche Quarantäne an, und rot bedeutet zwei Wochen Quarantäne. Folglich bestimmt der Code über die Bewegungsmöglichkeit und -freiheit seiner Nutzer, siehe: China's coronavirus health code apps raise concerns over privacy, The Guardian vom 1. April 2020, abrufbar unter: https://www.theguardian .com/world/2020/apr/01/chinas-coronavirus-health-code-apps-raise-concerns-over-privacy. Dabei sei jedoch nicht ersichtlich, wie die Apps den Gesundheitsstatus der Nutzer klassifizieren und welche Daten tatsächlich an wen übermittelt werden. Weder die Regierung noch die Entwickler haben sich bisher dazu geäußert, siehe: In Coronavirus Fight, China Gives Citizens a Color Code, With Red Flags, in The New York Times vom 01.März 2020, abrufbar unter: https://www.nytimes.com/2020/03/01/business/china-coronavirus-surveillance.html. Ende Februar 2020 war der „Alipay Health Code“ bereits in mehr als 200 chinesischen Städten in Benutzung und soll nun weiter auf das ganze Land ausgeweitet werden. Zwar ist die Nutzung der Funktion nicht verpflichtend, dennoch wird sie mittlerweile faktisch zur Bedingung, um am öffentlichen Leben in China noch teilnehmen zu können. Sie ist die digitale Eintrittskarte für den Zutritt zu Verkehrsmitteln, Restaurants, Bürogebäuden und sogar dem eigenen Wohnhauskomplex , siehe: China rolls out software surveillance for the COVID-19 pandemic, alarming human rights advocates, in abc News vom 14. April 2020, abrufbar unter: https://abcnews.go.com/International /china-rolls-software-surveillance-covid-19-pandemic-alarming/story?id=70131355, sowie unter: QR-Codes werden in China im Zuge der Epidemie eingesetzt, in german.china.org.cn vom 9. April 2020, abrufbar unter: http://german.china.org.cn/txt/2020-04/09/content _75911723.htm. 3. Südkorea 3.1. Tracking-Apps auf Smartphones Südkorea ist es vergleichsweise schnell gelungen, die Ausbreitung der Corona-Infektionen einzudämmen . Das wird vor allem zurückgeführt auf die Durchführung von bis zu 15.000 Schnelltests täglich, auf die Auswertung von Überwachungsvideos und Bankdaten – und insbesondere auf die umfangreiche freiwillige Bereitschaft der südkoreanischen Bevölkerung zur Nutzung der Tracking -Apps und Webseiten lokaler Verwaltungen, die vor Orten warnen, an denen sich Infizierte mit ihrem Smartphone aufgehalten haben, siehe: Warum Südkorea, Taiwan und Singapur bisher vergleichsweise gut durch die Coronakrise kommen, in: Deutschlandfunk vom 10. April 2020, abrufbar unter: https://www.deutschlandfunk.de/covid-19-warum-suedkorea-taiwan-und-singapur -bisher.1939.de.html?drn:news_id=1119268. Diese Strategie der konkreten Bewegungsortung wird allerdings – mit Blick auf eine Einführung auch in Deutschland – unter Datenschutzaspekten kritisch betrachtet, siehe: Corona-App: Südkorea ist kein gutes Beispiel, in: WDR vom 14. April 2020, abrufbar unter: https://blog.wdr.de/digitalistan /corona-app-suedkorea-ist-kein-gutes-beispiel/, sowie: Corona-App: Nun doch mit Zwang und ohne Datenschutz?, in: Bayerischer Rundfunk vom 15. April 2020, abrufbar unter: https://www.br.de/nachrichten/netzwelt/corona-app-nun-doch-mit-zwang-und-ohne-datenschutz ,RwE4W7z. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 024/20 Seite 7 3.2. Tracking-Armband Am 11. April 2020 verkündete der Premierminister Chung Sye-kyun das Vorhaben der Regierung , unter Quarantäne Stehende, die gegen Selbstisolationsregeln verstoßen, zur Überwachung elektronische GPS-Tracker-Armbänder anzulegen. So seien strengere Kontrollen erforderlich, weil einige der 57.000 unter Quarantäne stehenden Menschen die Quarantäne nicht befolgten, indem sie die Smartphones mit Tracking-Apps in den Wohnungen zurückließen. Die Armbänder sollen über Bluetooth mit den auf den Smartphones installierten Tracking-Apps kommunizieren und Polizei und lokale Verwaltungsbeamte alarmieren, wenn die Träger das Haus verlassen oder versuchen, sie zu zerstören oder abzuschneiden, siehe: South Korea plans tracking wristbands, Buisness Standard vom 11. April 2020, abrufbar unter: https://www.business-standard.com/article /pti-stories/south-korea-plans-tracking-wristbands-120041100298_1.html, sowie unter: South Korea to track coronavirus quarantine violators with wristbands, New York Post 11. April 2020, abrufbar unter: https://nypost.com/2020/04/11/south-korea-to-track-coronavirus-quarantine-violators -with-wristbands/. Trotz laut gewordener Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre und bürgerlichen Freiheit sollen nach zweiwöchiger Vorbereitung und Herstellung die Tracking-Armbänder durch Polizei und lokale Verwaltungsbeamte eingesetzt werden. Nach dem derzeitigen rechtlichen Rahmen wäre eine solche Anordnung zum Tragen eines Armbands jedoch nur auf freiwilliger Basis möglich, siehe: South Korea to strap electronic wristbands on those who defy quarantine, in NBCNews vom 11. April 2020, abrufbar unter: https://www.nbcnews.com/health/health-news/blog/2020- 04-11-coronavirus-news-n1181761/ncrd1181766#blogHeader. 4. Singapur Singapurs staatliche Corona-Tracing-App heißt "Trace Together" und wird von knapp einem Fünftel aller Singapurer auf freiwilliger Basis verwendet (Stand 1. April 2020). Die App erfasst für 21 Tage über den Funkstandard Bluetooth gegenseitig die Mobilfunkdaten von allen App- Nutzern, die in örtlicher Nähe zueinander standen. Der singapurische Gesundheitsminister Gan Kim Yong versicherte, dass die Übertragungstechnik Bluethooth einerseits sehr präzise sei und sich andererseits damit keine Bewegungsprofile erstellen ließen, siehe: Wie Singapur Handydaten nutzt, in Tagesschau vom 1. April 2020, abrufbar unter: https://www.tagesschau.de/ausland /corona-singapur-app-101.html, für Informationen zur Anwendung der „Trace Together“- App wird auf die direkte Website der App verwiesen, abrufbar unter: https://www.tracetogether .gov.sg/. ***